Beugung, Diffraction, Diffraktion
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Die Beugung (Diffraktion) ist eines der oft diskutierten, aber am wenigsten verstandenen Themen.
Hier erfahren Sie einiges über die hinter der Beugung (Diffraktion) stehenden Theorie und deren tatsächlichen Auswirkungen auf die Praxis der Fotografie. Ferner erhalten Sie Tipps, wie man die Wirkung der Beugung (Diffraktion) zumindest einschränken kann.
Das Wissen um die Beugung hilft Ihnen, die richte Ausrüstung auszuwählen und diese optimal einzustellen, um bessere Fotos zu machen.
Wem die hier bereits vereinfachend dargestellte Theorie der Beugung zu kompliziert erscheint, dem sei der Einstieg unten mit den Einflüssen der Beugung auf die Foto-Praxis empfohlen.
Theorie: Physik der Beugung
Einleitung Beugung
- Die Beugung gehört physikalisch zu den wirklich anspruchsvollen Themen.
- Um dies zu verkomplizieren, wird auch noch - oft ohne Hinweis oder Erklärung - zwischen zwei Modellen (Wellenoptik und geometrischer Optik / Strahlenoptik) gewechselt.
- Auch auf die Gefahr hin, dass es nun einigen Physikern die Zehennägel hochwölbt, will ich die Beugung hier zum leichteren Verständnis vereinfachend (und weitgehend ohne mathematische Formeln) erklären.
Definition Beugung
- Unter Beugung versteht man diverse Wellen-Phänomene der Veränderung des Lichtes an undurchsichtigen Hindernissen, wie z.B. an den Rändern der Blende.
- Die eigentliche Ursache für die Beugung ist allerdings nicht das Hindernis an sich, sondern das Fehlen des Lichts dahinter. Die Welle kann sich dahinter (hinter der Blende) - quasi mangels Konkurrenz - nichtlinear ausbreiten.
- Als Beispiel wird gerne das Bild der Wasserwelle genommen, welche auf einen Hafen zuläuft. An der Kante der Hafenöffnung erzeugt die Hauptwelle Störwellen (also neue Wellen), welche ihrerseits wiederum die ursprüngliche Welle überlagern und verändern (Interferenzen). Sofern die Hafeneinfahrt relativ groß ist, wird die Hauptwelle kaum gestört. Je kleiner das Loch in der Hafenmole hingegen ist, desto deutlicher wird die ursprüngliche Welle verändert.
- Vereinfachend nimmt man an, dass von allen (beliebig vielen) Punkten in der Hafenöffnung (im Spalt) nun sogenannte Huygensche Elementarwellen ausgehen, welche interferieren (sich gegenseitig überlagern) - (Siehe die verständliche Grafik). Hierbei wird jeder Punkt einer Wellenfläche als Ausgangspunkt einer Elementarwelle angesehen. Am Rand des Hindernisses finden sich jedoch keine weiteren Partialwellen, mit denen sie interferieren können. Deshalb breiten sich diese Wellen am Rand als Kugelwellen aus und gelangen so in den Raum hinter dem Hindernis.
- Dass der Beugungseffekt mit kleiner Blendenöffnung zunimmt, lässt sich damit erklären, dass bei einer großen Blendenöffnung der prozentuale Anteil des geradlinig sich fortsetzenden Lichtanteils hoch ist. Mit anderen Worten: Bei offener Blende ist der Anteil des gestreuten Lichtes (Kreisumfang) im Verhältnis zum direkten Licht (Kreisfläche) gering.
Je kleiner der Blendendurchmesser jedoch wird, desto geringer wird allerdings dieser prozentuale Anteil des geradlinig sich fortsetzenden Lichtes (Kreisfläche). Der prozentuale Anteil der gebeugten Randstrahlen (Kreisumfang) wächst bei kleinem Blendendurchmesser an. - Das hat mit der Kreisberechnung zu tun: Der Kreisumfang verhält sich zur Kreisfläche wie 2 zum Radius. Je kleiner der Radius wird, umso größer wird der Anteil des Umfangs gegenüber der Fläche. - Sie finden eine vergleichbare Formel oft in der Literatur, wobei die 2/r ersetzt werden durch 1/d, dem Durchmesser der Blendenöffnung. Das ist natürlich dasselbe (Durchmesser = 2 * Radius).
Vier Blendenöffnungen mit Durchmesser 200, 100, 50, 25 Pixeln. Von Bild zu Bild reduziert sich der Durchmesser (Radius) auf jeweils die Hälfte. Das entspricht Stufen von jeweils 2 Blenden.
Im 1. (größten) Bild beträgt das Verhältnis von Umfang des Kreises zur Fläche 1 zu 50 = 2%.
Im 2. Bild beträgt das Verhältnis von Umfang des Kreises zur Fläche 1 zu 25 = 4%.
Im 3. Bild beträgt das Verhältnis von Umfang des Kreises zur Fläche 1 zu 12,5 = 8%.
Im 4. (kleinsten) Bild beträgt das Verhältnis von Umfang des Kreises zur Fläche 1 zu 6,25 = 16%.
Der Anteil des Umfanges (= gebeugte rote Lichtstrahlen) zur Kreisfläche (ungebeugte gelbe Lichtstrahlen) nimmt ständig zu.
Deshalb nimmt auch die Beugung des Lichtes an der Blende linear zu.
Airy-Scheiben
Durch diese Beugung entstehen aus einem ursprünglich kleinen Lichtpunkt Airy-Scheiben.
- Beim Auftreffen des Lichtes auf eine Hindernis (z.B. Blende) ändern sich die sowohl die Amplitude (maximale Auslenkung) als auch die Phase (Winkel) einiger Wellen. Hinter dem Hindernis interferieren dann diese unterschiedlichen Teile der ursprünglichen Wellenfront (wirken gegenseitig aufeinander ein und verändern sich dadurch).
- Gemäß diesem Wellenoptik-Modell wird dann aus einem idealen Punkt in der Welt draußen immer ein komplexes Beugungsmuster (eigentlich Interferenzmuster) auf dem Sensor im Inneren der Kamera mit mehreren Maxima und Minima (in der Fotografie durch die Lochblende sichtbar als Wellenringe um das helle Zentrum). Letztendlich wird somit aus einem scharf umrissenen Punkt in der Welt draußen auf dem Sensor eine unscharfe Kreisfläche mit Ringen.
- Die Ringe um das Zentrum entstehen durch die Überlagerung von Wellen: Wellen können sich extrem verstärken, wenn ein Wellenberg auf einen anderen Wellenberg oder ein Wellental auf ein Wellental treffen. Sie können sich jedoch auch auslöschen, wenn ein Wellental auf einen gleichgroßen Wellenberg trifft. Zwischen diesen beiden Extremen sind alle denkbaren Verstärkungen und Abschwächungen möglich. Deshalb entstehen Helligkeitsübergänge zwischen dem Zentrum und dem ersten Ring, sowie zwischen den äußeren Ringen.
- In der Mitte findet sich eine helle Kreisfläche und um sie herum Ringe, wobei die Intensität der hellen Ringe nach außen gemäß der Bessel-Funktion abnimmt.
- Personen, welche vom Lichtstrahl ausgehen, sprechen hierbei von einer Ausdehnung / Verbreiterung / Verdickung / einem Auffächern des Lichtstrahles zu einem Lichtkegel.
- Man kann dies auch mit einer verständlichen Analogie erklären: Wenn man Wasser langsam aus einem Schlauch fließen lässt, kommt es relativ gerade aus der Öffnung. Wenn man den Wasserdruck jedoch erhöht, oder den Schlauch am Ende einengt, dann spritzt es auch rundherum zur Seite hinaus. (Vorsicht: Physikalisch ist dies nicht vergleichbar, aber ein einprägsames Bild.)
- Sie können diesen Effekt des Lichtes übrigens selbst im Alltag leicht überprüfen: Kneifen Sie Ihre Augen ganz fest zusammen oder schauen Sie durch ein kleines Loch in einem Karton. Die Welt dahinter wird durch Beugung etwas unscharf werden.
- Diese Scheiben auf dem Sensor (nach dem englischen Physiker Sir George Biddell Airy auch Airy-Scheiben (Airy disk, Airy disc genannt, ferner Beugungsscheibchen) besitzen einen Durchmesser, der von der Größe der Blende abhängt. Airy pattern, Airy-Muster oder Beugungsringe meint jedoch das Gesamtbild aus Airy-Scheibe im Zentrum und Ringen darum herum. Je kleiner die Blendenöffnung, umso größer werden diese Scheiben auf dem Sensor. (Siehe die erklärende Grafik des Lichtes zweier Blendeneinstellungen.)
Auflösungsfähigkeit
Diese Airy-Scheiben beeinflussen die Auflösungsfähigkeit Ihres Kamera-Systems nachteilig.
- Meist wird der (maximale) Durchmesser der innersten Airy-Scheibe zur Bestimmung der Auflösungsfähigkeit einer Kamera herangezogen.
- Solange der Durchmesser eines Airy-Lichtscheibchens kleiner als oder gleichgroß wie ein einziges Pixel auf dem Sensor ist, ist das Abbild beugungstechnisch absolut scharf.
- Blendet man weiter ab, so wird das Airy-Scheibchen immer größer und überdeckt schließlich weitere benachbarte Pixel auf dem Sensor. Handelte es sich nur um einen einzigen Lichtstrahl, wäre dies verschmerzbar. Aber alle Lichtstrahlen sind nun breiter und überlagern jeweils die Nachbarpixel. Dadurch wird das Abbild insgesamt unschärfer.
- Wächst die Größe der Airy-Scheibe über die Pixelgröße auf dem Sensor bzw. den Zerstreuungskreis / Unschärfekreis (circle of confusion), dann erscheint das Bild dem Betrachter als unscharf.
- Diese Definition ist unpräzise, da für Schärfe keine intersubjektiv festen Grenzen existieren.
- Hinzu kommt, dass die immer wieder angegebenen Kreisdurchmesser der Airy-Scheibe deren theoretisches Maximum angeben. In der Realität sind die Airy-Scheiben meist kleiner und somit ist die tatsächliche Unschärfe auch geringer.
- Ferner liegt die Empfindlichkeitsschwelle mancher Sensoren unter der Lichtstärke des Randbereiches der Airy-Scheibe, sodass die feststellbare Unschärfe durch Beugung noch geringer ist.
- Der Randbereich des Airy-Scheibchens sowie die Intensität der Ringe auf dem Sensor (quasi die messbare Beugung) hängt auch von der Lichtintensität der Wellenlänge ab. So ist grünes Licht, das in der Natur am häufigsten vorkommt, am hellsten. Bei Rot und vor allem Blau ist der Effekt geringer. D.h. dort ist der wahrgenommene Beugungseffekt bereits durch die geringe Lichtstärke und die nicht optimale Empfindlichkeit der Sensoren nochmals geringer.
Rayleigh Kriterium - Zwei Punkte voneinander unterscheiden können
Es existieren jedoch verschiedene Grenzen der Auflösungsfähigkeit.
- Diese Beugung beeinflusst das Auflösungsvermögen des Kamerasensors. D.h. mit zunehmender Beugung werden feine Strukturen nicht mehr unterscheidbar. Feinste Details
verschwimmen
, versumpfen
oder vermatschen
- das Bild wirkt unscharf.
- Mathematisch genau tritt das Phänomen gemäß Rayleigh Kriterium spätestens auf, wenn zwei Punkte, so nahe zusammen liegen, dass das Helligkeitszentrum des zweitens Punktes auf den ersten Nullpunkt des ersten Airy-Scheibchens fällt. D.h. die Kreise der beiden Punkte dürfen sich zur Hälfte ihres Durchmessers überlagern und können dennoch voneinander unterschieden werden. - Also nicht der theoretisch maximale Rand des Airy-Scheibchens, sondern die Hälfte davon bestimmt die Auflösbarkeit idealer Systeme. Man kann sogar noch weiter gehen und die Sparrow-Grenze (Kontrast = 0) als Limit ansehen.
- D.h., dass die Beugung zwar zweifellos die Auflösung herabsetzt, aber die Möglichkeit der Unterscheidung zweier eng beieinander liegender Punkte nicht allein von der Beugung abhängt, sondern auch noch von anderen Faktoren (u.a. des Sensors).
Verkomplizierungen
Die Einflüsse der Beugung sind auch nicht so eindeutig und einfach, wie manche Autoren dies immer wieder in ihren kurzen Artikeln behaupten.
- Kameras stellen z.B. keine idealen Systeme dar, wovon in der Wissenschaft beim Thema Beugung immer ausgegangen wird.
- Im Übrigen setzt man bei Überlegungen zur Beugung meist pauschal fest, dass eine völlige Kohärenz der Teilwellen vorliegt. Auch das ist jedoch ein Ideal.
- Ferner ist auch der Begriff Auflösungsfähigkeit nicht so klar definiert, wie man meinen könnte:
- Ab wann sind zwei Linien nicht mehr voneinander unterscheidbar?
- Oder:
- Warum können kleinere Details als die Artefaktgröße dennoch zum Gesamteindruck der Schärfe beisteuern?
- Zieht man weitere beeinflussende Faktoren wie Anti-Aliasing Filter am Sensor in Betracht, so kann ein Airy-Scheibchen einen Durchmesser von 2-3 Pixel einnehmen, bevor es die Auflösung endgültig beeinflusst.
- Weiter verkompliziert wird das Phänomen durch die Bayermatrix, welche über den meisten Sensoren liegt. Dabei werden 4 Pixel zusammengefasst: 2 werden für das grüne Licht, 1 Pixel für Rot und 1 Pixel für Blau verwendet. Einerseits erhält man so eine größere Fläche, welche größere Airy-Scheiben erlaubt. Andererseits wird vor allem die doppelt vorhandene Farbe Grün schneller durch Beugung beeinflusst.
Ferner kommt es bei der Bayer-Matrix bei Überlagerungen von Airy-Scheiben zu einer Abnahme des Unterschiedes der Leuchtkraft der einzelnen Pixel. D.h. die Helligkeitsunterschiede nehmen ab.
- Noch weiter verkompliziert wird die Thematik durch den Umstand, dass die Pixel auf dem Sensor nicht immer quadratisch, sondern teilweise rechteckig sind. Dadurch tritt die Beugung in der kürzeren Richtung früher auf als in der längeren.
- Die Beugungsunschärfe wird zwar oft anhand der Airy-Scheiben in Bezug auf die Pixelgröße des Sensors beschrieben. Man kann sie jedoch auch in Bezug auf die Bilddiagonale des Ausdruckes eines Fotos definieren, indem man die Beugungsunschärfe in Relation zum zulässigen Unschärfekreis (z.B. aus der Schärfentiefe) setzt (z.B.: zulässigen Unschärfekreise von 1/1500 der Bilddiagonale oder 1/3000).
- Siehe hierzu z.B. den folgenden Rechner. Sie müssen dazu weit nach unten scrollen, bis zum
Diffraction Limit Calculator
und dort rechts oben auf show advanced
klicken, um diese Einstellung vornehmen zu können.
- Da es sich bei der Beugung jedoch um ein immer vorhandenes und stetig zunehmendes physikalisches Phänomen handelt, können sehr feine Strukturen bereits bei Offenblende leicht unscharf wirken, wenn sich Airy-Scheiben bereits nur leicht überlagern.
Einflussgrößen
Die Beugung wird von folgenden Faktoren beeinflusst:
Wellenlänge
Die Beugung ist für jede Wellenlänge des Lichtes unterschiedlich:
- Je länger die Wellenlänge, desto stärker fällt die Beugung aus.
- So wird kurzwelliges blaues Licht kaum gebeugt, längerwelliges grünes Licht hingegen bereits deutlich stärker. Und bei rotem Licht ist der Beugungseffekt am größten.
- D.h. die Airy-Scheiben für z.B. blaues, grünes und rotes Licht unterscheiden sich. Sie besitzen alle eine unterschiedliche Größe / einen unterschiedlichen Durchmesser.
- Sehr langwelliges rotes Licht am oberen Rand des sichtbaren Spektrums wird folglich viel stärker gebeugt als kurzwelliges blaues Licht am unteren Rand des sichtbaren Spektrums.
- Weißes Mischlicht wird z.B. in jeder Einzelfarbe anders gebeugt (Siehe hierzu u.a. das Kreisbild). Diese Phänomene kennen Sie im Übrigen aus der Natur bei der Korona um die Sonne oder den Mond.
- Daraus folgt, dass man in der Regel keine exakten Aussagen über den Beugungswert eines ganzen Fotos treffen kann, da es sich bei vielen Farben letztendlich meist um einen Durchschnittswert handelt.
- Noch längerwelliges Infrarotlicht wird noch stärker gebeugt. Wer mit seiner Kamera solche Infrarot-Aufnahmen macht, muss somit beim Abblenden mit noch unschärferen Bildern rechnen.
Öffnungsweite / Blende
- Die Beugung hängt maßgeblich von der Öffnungsweite (Apertur) = dem Durchmesser der Blende des Objektives ab.
Pixelgröße und Sensor
- Je größer das einzelne Pixel auf dem Kamerasensor ist, desto später tritt die Beugung negativ in Erscheinung.
- In der Umkehrung gilt auch: Je kleiner die Pixel auf dem Sensor sind, umso früher tritt dieser Effekt auf.
- Nun wird auch klar, warum die Sensorgröße eine wichtige Rolle für die Bildqualität spielt: Die heute obligatorischen 20 Mega-Pixel sind auf einem Vollformatsensor viel größer als auf einem 1/2,3 Zoll einer Kompaktkamera.
- Bei gleicher Sensorgröße spielt die Anzahl der Mega-Pixel eine Rolle, da die Pixelgröße sinken muss, will man mehr Pixel auf die gleiche Fläche packen. D.h. ein Sensor mit 12 Mega-Pixeln weist erst wesentlich später sichtbare Beugungseffekte auf als ein gleichgroßer Sensor mit 24 Mega-Pixeln. - Oder mit anderen Worten: Bei 12 MP kann man weiter abblenden als bei 24 MP.
- Bei der Anzahl der Pixel darf man jedoch nur die tatsächlich für Aufnahmen verwendeten und nicht die insgesamt auf dem Sensor verbauten zur Berechnung heranziehen. Die meisten Hersteller verwenden bei weitem nicht alle verfügbaren Pixel für die Aufnahme: Vor allem am Rand bleiben oft viele Pixel unbenutzt.
- Die Beugung ist über die eigentliche Pixelgröße somit indirekt abhängig von der Sensorgröße sowie der Pixelanzahl auf dem Sensor.
Weitere Abhängigkeiten der Beugung
- Abstand der Blendenöffnung vom Sensor. Dieser kann je nach Objektiv und Kameraanschluss etwas schwanken.
- Der Grund liegt darin, dass vereinfachend mit der Strahlentheorie ausgedrückt, der Lichtstrahl hinter der Blende etwas auseinanderläuft. Je weiter nun der Abstand der Blende zum Sensor hinten wird, desto weiter / breiter kann der Lichtstrahl werden. (Hinweis: De facto handelt es sich jedoch um komplexe Welleninterferenzen, die sich nur mathematisch sauber erklären und verstehen lassen.)
- Immer wieder (vor allem in der Makrofotografie) findet sich die Behauptung, dass die Beugung vom Abbildungsmaßstab abhängt. Das ist pauschal so nicht korrekt. Aber es existiert eine Formel, welche früher die förderliche Blende (kf) aus dem Unschärfekreis (u) geteilt durch (1,22 * der Wellenlänge des Lichtes * (Abbildungsmaßstab +1)) herleitete. Dabei wurden dann meist der Mittelwert des sichtbaren Lichtes von 550 nm (grünes Licht) und ein Unschärfekreis von 0,03 mm angesetzt.
Dies hat etwas mit den Balgengeräten zu tun, die man für extreme Makroaufnahmen / besondere Vergrößerungsfaktoren verwendet. Dort befindet sich die Blende im Objektiv, das man weg von der Kamera und damit der Sensorebene schiebt. Mit größerem Abstand der Blende vom Sensor wächst jedoch auch die Kreisfläche der Airy-Scheiben an. Deshalb sprechen manche Fotografen bei Balgengeräten von einer sogenannten effektiven Blende
.
- Die Lichtrichtung spielt eine Rolle. Zur Vereinfachung geht man meist von einer einzigen punktförmigen Lichtquelle aus, die geradlinig auf die Blende fällt.
- Die Form der Blende spielt eine große Rolle. In der Theorie geht man meist von kreisrunden Blenden aus. In der Fotopraxis bestehen diese jedoch aus sich überlagernden Teilscheiben (Lamellen), welche zusammen genommen nur annähernd einen Kreis bilden. De facto wird bei jeder Blendeneinstellung eine andere mit (meist 5-11) Ecken versehene polygone Form erzeugt, die wiederum ein anderes Beugungsbild produziert (Blendensterne). Ferner verwendet jeder Hersteller in jedem Objektiv wiederum etwas unterschiedlichen Blendenformen, sodass die Beugung nicht pauschaliert vorhergesagt werden kann.
- Je nach Wellenlänge wird die Beugung auch mehr oder weniger stark von den im Objektiv verwendeten Gläsern beeinflusst, da es zu Beugung an den Gitterstrukturen der verwendeten Materialien kommen kann. In dieser Hinsicht können auch Filter und aufgedampfte Beschichtungen eine Rolle spielen. (Zu Beugung am Gitter)
- Andere Sensoren, wie der Foveon oder Fujifilm oder Leica M Monochrom (Schwarz-Weiß) oder Red Epic Monochrome, welche nicht die Bayer-Matrix verwenden, zeigen leicht veränderte Effekte bei der Beugung. Allerdings hängt dies dann auch wieder von den jeweiligen Details wie z.B. Pixelgröße etc. ab.
- Generell sollte man die in der Praxis sichtbaren Unterschiede nicht dramatisieren. Meines Erachtens liegen sie alle innerhalb einer Blende Abweichung nach oben und unten, die man sowieso als subjektive Spannweite betrachten kann.
Fehleinschätzungen
Daneben finden sich in der Literatur hartnäckig Fehleinschätzungen, wovon die Beugung angeblich sonst noch abhängen soll:
- Die Beugung ist - trotz gegenteiliger Behauptungen - unabhängig von der Brennweite.
- Wenn man die Brennweite (in mm) mit dem Durchmesser der Blende (auch in mm) ins Verhältnis setzt, ergibt sich eine dimensionslose Zahl: Die Blendenzahl.
- Das Gleiche folgt bei den Winkeln: Wenn man den Bildwinkel (in Grad - gemeint ist vor der Linse), welcher einer Brennweite entspricht, mit dem Beugungswinkel des Lichts hinter der Blende (auch in Grad) ins Verhältnis setzt, ergibt sich eine dimensionslose Zahl: Die Blendenzahl.
- Zwar ist die Blendenöffnung bei Teleobjektiven größer. Aber das Licht muss einen weiteren Weg bis zum Sensor zurücklegen, wobei die Airy-Scheibe auf dieselbe Größe anwächst, wodurch sich alles wieder aufhebt.
- Auch bei Zoomobjektiven und bei der Fokussierung auf Punkte vor Unendlich wird über kleine Ungenauigkeiten bei der Betrachtung der Beugung meist kommentarlos hinweggesehen.
- Moderne (direkt an der Kamera angeschlossene) Makro-Objektive übermitteln bei Nahaufnahmen der Kamera meist sowieso die effektive Blende.
- Die Behauptung, dass Weitwinkelobjektive weniger unter diesem Problem der Beugung leiden als Teleobjektive, ist unzutreffend. Normalerweise liegt bei Weitwinkelobjektiven jedoch kein Grund vor, bis in den deutlich sichtbaren Beugungsbereich abzublenden, da aufgrund der enormen Schärfentiefe solcher Objektive bereits vorher alles scharf abgebildet werden kann.
- Die immer wieder zu findende Behauptung, dass die Beugung ein Problem nur der Makrofotografie sei, ist nicht zutreffend. Korrekt ist jedoch, dass man in der Makrofotografie aufgrund des geringen Abstandes vom Motiv meist extreme Blenden benötigt, um dreidimensionale Objekte mit einer gewissen Schärfentiefe darzustellen. Folglich zeigen sich in der Makrofotografie die Beugungseffekte sehr oft.
- Auch die Behauptung, dass die Beugung etwas mit der Belichtungsdauer zu tun hätte, ist falsch.
- Die oft zu lesende Behauptung, dass Beugung erst bei kleinen Blenden oder exakt bei f8 oder f11 etc. einsetzt, ist unzutreffend. Beugung existiert immer (auch bei Offenblende), da es kein unendlich großes Objektiv gibt. Auch die größten astronomischen Teleskope leiden darunter - immer. - Je schlechter das Objektiv jedoch ist, umso später erkennt der Betrachter das Beugungsphänomen.
- Auch die immer wieder zu lesende Dramatik über die angeblich schrecklichen Beugungseffekte ist zumindest übertrieben. Normalerweise lässt sich auch bei 36-Mega-Pixel-Vollformat-Kameras f16 und bei APS-C Blende f11 (auch ohne nachzuschärfen) noch durchaus als gutes Bildergebnis bezeichnen. Führen Sie einfach hierzu einmal Tests mit Ihrer Kamera durch. Selbst Fakten zu wissen ist immer besser, als von anderen etwas zu glauben. Oft ist f16 sogar noch schärfer als die Offenblende. Insbesondere die Eckenbereiche der meisten älteren Objektive profitieren vom Abblenden.
- Auch der meist implizit vermittelte Eindruck, dass Beugung eine plötzlich einsetzende und endgültige Grenze darstellt, hinter der sich die Fotografie mit dieser speziellen Kamera nicht mehr lohnt, ist Unsinn. Jede Kamera leidet immer unter Beugung. Und diese Beugung nimmt langsam zu. Man kann Beugung deshalb durchaus mit einem Kontinuum vergleichen. Es existiert also keine markierte Grenze, hinter der ein unberechenbares Ungeheuer das Foto plötzlich auffrisst.
- Vorsicht: Die im Zusammenhang mit der Beugung immer wieder zu lesende Behauptung, dass wenige große Pixel insgesamt besser wären als viele kleine, ist pauschal gesehen unzutreffend.
- Sofern es sich um die gleiche Sensorklasse handelt, ist es eher umgekehrt. Zwar mag eine Vollformatkamera mit 20 Mega-Pixeln noch unterhalb der Beugungsgrenze betrieben werden können und eine mit 60 Mega-Pixeln bei gleicher Blende schon deutlich darüber.
- Aber beide gleichgroßen Sensoren besitzen zumindest dieselbe Auflösung. Die Kamera mit vielen kleinen Pixeln wird jedoch i.d.R. weniger Artefakte produzieren.
- Ferner bieten höhere Mega-Pixel-Zahlen auch die Möglichkeit, bei offener Blende eine höhere Auflösung zu produzieren (siehe hierzu auch den Artikel Mega-Pixel).
- Dieser Mythos reduziert sich dann oft auf die Behauptung, dass Kameras mit Pixeldurchmessern geringer als 1 Airy-Kreis generell schlecht wären. Ganz im Gegenteil bieten viele Pixel bei eng zusammenliegenden Lichtpunkten noch weit mehr Potential zur Differenzierung beim Nachschärfen, da die Ortsauflösung höher ist (mehr Pixel je mm). D.h. man holt de facto eine höhere Auflösung heraus als mit wenigen großen Pixeln. Diesen DLA-Mythos (Diffraction limited Aperture - Beugungsbegrenzende Blende, Beugungsgrenze) kann man getrost in das Reich der Märchen schieben.
- Einen gravierenden Nachteil besitzen jedoch Sensoren mit sehr kleinen Pixeln bei großer Blendenzahl (kleiner Blendenöffnung): Schmutz auf dem Sensor wird überdeutlich sichtbar.
- Völlig ignorieren sollte man die immer wieder zu findenden pauschalen Angaben, dass man z.B. keine Blende über f8 oder f11 verwenden sollte. Wie oben beschrieben hängt das alles von sehr vielen Faktoren ab. Testen Sie es bei Ihrer Kamera einfach auf einem Stativ (bei DSLRs mit Spiegelvorauslösung) sowie Fernbedienung aus.
- Allerdings ist es völlig unzutreffend, dass man bei Crop-Kameras (also z.B. APS-C) die förderliche Blende mit dem Crop-Faktor (1,5 respektive 1,6) multiplizieren könne, bevor man in den Beugungsbereich gelangt. Crop-Kameras besitzen kleinere Sensoren mit meist kleineren Pixeln, sodass dort die Beugung meist früher einsetzt, als bei Vollformat-Kameras. - Auch die pauschale Umkehrung, dass man bei Crop-Kameras einfach die Werte der Vollformat-Sensoren nehmen könne und durch 1,5 oder 1,6 dividieren, kommt der Sache zwar etwas näher, ist dennoch unzutreffend, da die Beugung exakt von den auf jedem Sensor - meist unterschiedlichen - verbauten Pixeln abhängt.
- Auch spielt es für die Beugung keine Rolle, ob man ein Objektiv einer Vollformat-Kamera oder einer APS-C-Kamera an die APS-C-Kamera anschließt, sofern die Blende identisch bleibt. - Jedoch sind Objektive für Vollformat-Kamera oft hochwertiger und lichtstärker, sodass sich sowohl die Gesamtbildqualität verbessern lässt, als auch durch eine größere Offenblende evtl. der Bereich der starken Beugung an der APS-C-Kamera länger vermeiden lässt.
- Ebenso unsinnig ist es, dass es bei der förderlichen Blende - oder insbesondere darunter - keine Beugung gäbe. Beugung existiert immer. Man kann Beugungsunschärfe somit nicht
vermeiden
. Man kann nur deren Ausmaß beeinflussen.
- Auch die Behauptung, dass analoger Film weniger für Beugung anfällig war / sei, ist so nicht zutreffend. Das hängt immer von der Korngröße des Films ab. Hinzu kommt ein Phänomen der digitalen Fotografie. Erst mit der modernen digitalen Fotografie wurden preiswerte Ausschnittsvergrößerungen möglich und alltäglich. Würde man analoge Negative so extrem vergrößern, dann würden sich auch dort die Grenzeffekte der Beugung deutlich zeigen.
- Ferner ist es ein Märchen, dass schlechte Objektive weniger anfällig für Beugung wären. Bei diesen ist die Abbildungsleistung bereits (bei Offenblende oder relativ offener Blende) - vor sichtbarem Einsetzen der Beugung - derart gering, dass man die Nachteile der Beugung im Vergleich dazu nur nicht so deutlich erkennt. Mit anderen Worten: Derartige Objektive sind über alle Blenden hinweg ziemlich unscharf. - Umgekehrt gilt allerdings, dass man bei sehr hochwertigen Objektiven, welche bereits ab Offenblende extrem scharfe Bilder liefern, den zunehmenden Effekt der Beugung sehr deutlich sehen kann.
- Ein grundsätzlicher Fehler besteht teilweise darin, die Schärfentiefe mit der gesamten Bildschärfe zu verwechseln. Je weiter man abblendet, umso größer wird zwar die Schärfentiefe (der Raum, in dem Objekte in der Tiefe scharf abgebildet werden), aber die Beugung nimmt langsam zu, sodass die Gesamtschärfe des Bildes an jedem einzelnen Punkt dann wieder abnimmt.
Beugung berechnen
- Berechnen kann man die Beugung mittels Beugungsintegral
- Allerdings verwendet man mehrere Formeln.
- Bei den im Internet auffindbaren Beugungsrechnern wird selten angegeben, welche Formel sie verwenden.
- Beugungsrechner:
Objektive, Blende, Blendenzahl, Schärfe, Förderliche Blende
Zum Verständnis und dem korrekten Umgang mit der Beugung sind zahlreiche Fachausdrücke erforderlich.
- Die meisten Objektive besitzen eine im Durchmesser veränderliche Blende.
- Allerdings verwenden die Fotografen auf den ersten Blick unverständliche Bezeichnungen:
- Die Blendenzahl beschreibt das Verhältnis von Brennweite zur Blendenöffnung. Die oft zu findende Blendenzahl f2,8 sagt z.B. aus, dass das Verhältnis des Loches zur Brennweite des Objektives 2,8 ist. Bei einem 100 mm Objektiv wäre der Durchmesser der Lichtöffnung damit ungefähr 36 mm. Die dimensionslose Blendenzahl beschreibt somit das Verhältnis von Brennweite eines Objektivs in mm zu seiner Blendenöffnungsweite in mm.
- Allerdings handelt es sich hier immer um einen Bruch. Also 1 geteilt durch die gewählten 2,8. Wobei die Fotografen den ersten Teil
1 durch
- also den Zähler - entfallen lassen.
- Da es sich um einen Bruch handelt, wird von Fotografen folglich nur der Nenner angegeben. D.h. je größer die Blendenzahl ist, desto kleiner die Blendenöffnung.
- Hinzu kommt, dass man früher in der Fotografie zur Vereinfachung in Größenklassen von Verdopplungen und Halbierungen rechnete. D.h. die Blende wurde so verändert, dass mit jeder Stufe sich immer eine Verdopplung oder Halbierung der Lichtmenge ergab. Da kreisförmige Blenden ihre Fläche jedoch mittels der Formel Radius * Radius * Pi errechnen, ergab sich zur Berechnung des Radius' die Quadratwurzel von 2 (=1,4...).
- Dies ergibt die typische Reihe der Blendenzahlen (Blendenreihe), die man in jedem Fotobuch findet: 1, 1,4, 2, 2,8, 4, 5,6, 8, 11, 16, 22, 32. Gemeint ist jedoch immer 1/x.
- Nun verstehen Sie, warum Fotografen von großer Blendenzahl (z.B. 32) sprechen, und damit eine kleine Blendenöffnung von 1/32 meinen.
- Abblenden meint immer, die Blendenöffnung zu verkleinern. Unter Aufblenden versteht man hingegen das Öffnen der Blende zu einem größeren Lochdurchmesser.
- Blendet man ab, so reduziert man die Lichtöffnung im Objektiv und damit die je Zeiteinheit hindurchfallende Lichtmenge.
- Blendet man ab, so erhöht sich die Schärfentiefe - also der Raum, welcher relativ scharf abgebildet werden kann.
- Gleichzeitig wird bei den meisten Objektiven von der weitesten = offenen Blende angefangen die Schärfe des Abbildes beim stufenweisen Abblenden (Verkleinern der Lichtöffnung) zuerst schärfer, denn die Aberrationen (Abbildungsfehler wie: chromatische und sphärische Aberration, Koma, Astigmatismus, Bildfeldwölbung, Verzeichnung (Distortion) etc. nehmen beim Abblenden ab, da die besonders anfälligen Randbereiche der Linsen zunehmend abgedeckt werden.
- Ab einer gewissen großen Blendenzahl (= kleinen Lichtöffnung) wird das Abbild jedoch durch die Beugung wieder sichtbar unschärfer.
- Den idealen Mittelwert mit den minimalen Abbildungsfehlern, der minimalen Beugung des Objektivs und der maximalen räumlichen Tiefe des Motivs nennt man förderliche Blende (oder seltener optimale Blende).
- D.h. der Fotograf sucht sich seinen (je nach Motiv, Kamera und Objektiv abhängigen) Kompromiss zwischen maximal möglicher Bildschärfe und maximaler Schärfentiefe.
- Die kritische Blende (früher: optimale Blende) ist hingegen die Blende, bei welcher die Abbildungsfehler und die Beugung zusammen minimal sind. - Oder Präzise: Die kritische Blende ist das mathematisch bestimmbare Optimum bestehend aus der kleinsten Summe der absoluten Beträge der beim Abblenden abnehmenden Aberrationsunschärfe des Objektives und der zunehmenden Beugungsunschärfe. Diese Kritische Blende gibt das höchste Auflösungsvermögen an. Sie hängt vom jeweiligen Objektiv und bei Zooms auch noch von dessen eingestellter Brennweite ab.
- Ein Beugungslimitiertes Objektiv (Diffraction limited lense) ist so hochwertig gefertigt, dass es bereits bei Offenblende die höchste Schärfe besitzt, und dann nur durch die Beugung langsam unschärfer wird. Das gilt als Ziel moderner hochwertiger Optik, hat jedoch auch seinen Preis.
Gegenmaßnahmen gegen die Effekte der Beugung
Da es sich bei der Beugung um ein Naturgesetz handelt, nennt man die Fotografie auch ein durch Beugung begrenztes System (Diffraction-limited system). Deshalb setzt man an allen anderen Stellschrauben an.
Offenblende
- Unter Offenblende versteht man die maximale Lichtstärke eines Objektivs - den maximalen Wert von Brennweite : Blendendurchmesser.
- Je größer die Lichtöffnung ist, desto geringer ist der Beugungseinfluss.
- Objektive mit einer Offenblende von f1,4, f1,2, f1 oder sogar f0,8 gelten oft als Lösung.
- Allerdings verursachen bei ganz geöffneter Blende die Abbildungsfehler eine geringere Auflösung. Mit anderen Worten: Das Bild wirkt nicht besonders scharf.
- D.h. man muss einen extremen finanziellen, Forschungs- und Entwicklungs-Aufwand treiben, um jene Abbildungsfehler zu reduzieren und damit wirklich offenblendtaugliche Objektive herzustellen.
- Überdies werden derartige Objektive oft voluminös und schwer.
- Im Übrigen nimmt bei derartigen extremen Blendenwerten die Schärfentiefe dramatisch ab, sodass die Fokussierung zur Herausforderung wird.
- Dennoch wird mit zunehmender Pixelzahl auf den Sensoren der Trend zwangsläufig zu hochpreisigen, schweren sogenannten
Lichtriesen
mit heute kaum vorstellbaren Offenblenden gehen.
Durchgehende Blende bei Zooms
- Preiswerte Zooms besitzen eine sich verändernde Offenblende über den Zoombereich hinweg. D.h. der durchaus noch akzeptable Wert für den Weitwinkelbereich mag zwar bei f4 liegen, aber im Telebereich sinkt er schnell auf f5,6 - oder noch schlechter. D.h. am Ende des Telebereiches gelangt weniger Licht durch eine engere Öffnung. Dies sorgt automatisch für eine höhere Beugung.
- Zooms mit durchgehender Blende von f2,8 bieten dann deutlich weniger Beugung - und das über den gesamten Zoom-Bereich hinweg. Dafür sind sie auch teurer, voluminöser und schwerer.
- Angesichts stetig wachsender Mega-Pixel-Zahlen auf den Sensoren wird der Trend jedoch zu immer lichtstärkeren Zooms (mit idealerweise konstanten Offenblenden) gehen (müssen).
Blende verschieben
- Die Ausdehnung des Airy-Scheibchens hängt auch vom Abstand der Blende vom Sensor ab.
- Rein theoretisch kann man sich auch Objektive vorstellen, welche wesentlich baukleiner wären und somit die Blende näher an den Sensor rücken.
- In der Praxis sind hier jedoch bisher enge Grenzen gesetzt.
Pixel vergrößern
- Die Überschrift klingt bizarr. Aber es ist zutreffend.
- Die immer wieder bei Sensoren genannten Kenngrößen sind Pixel-Pitch (Abstand vom Mittelpunkt eines einzelnen Pixels zur Mitte des nächst benachbarten Pixels), Dot Pitch und Pixel-Grid. Sie meinen den Abstand der Pixel voneinander und sollten so etwas über die Pixelgröße aussagen.
- Eines der zahlreichen Probleme vieler Sensoren liegt allerdings darin, dass der lichtempfindliche Sensor bei weitem nicht die ganze Fläche einnimmt. Je nach Chip-Konstruktion entfällt ein erheblicher Teil auf Leiterbahnen, Trennbereiche etc.
- Je größer der einzelne Sensor ist, desto mehr Licht fällt auf ihn und umso leichter lassen sich Störungen später auch wieder herausrechnen.
- Zur Klarstellung: Das ändert nichts an der Beugung und der dadurch entstehenden Größe der Airy-Scheibchen. Aber mit entsprechender Rechenleistung hinter dem Sensor kann man dann Lichtstrahl-Überlagerungen / Störungen einfacher erkennen und herausrechnen.
- Dennoch wurden inzwischen zahlreiche technische Verfahren angewandt, um die Pixelfläche zu vergrößern, wie z.B.:
- Microlinsen über den Pixeln, welche das Licht der ganzen Fläche sammeln und gebündelt nach unten auf den kleinen Sensor abgeben,
- oder Verringern der Zwischenräume durch Verlegen der Leiterbahnen etc. in den Hintergrund.
Rechenleistung erhöhen
- Das Phänomen der Beugung ist zwar sehr komplex, aber wissenschaftlich mathematisch aufgearbeitet, so dass es rein theoretisch berechenbar ist. Somit kann man - rein theoretisch sowie die Rechenkraft und die Software vorausgesetzt - die Auswirkungen der Beugung aus einem Bild herausrechnen.
- Da das Problem der Beugung seit langem allen Technikern bekannt ist, wird mittels dem Sensor nachgelagerter Schärfung (Signalaufbereitung, Signalverarbeitung etc.) bereits eine gewisse Schärfung durchgeführt.
- Der Vorteil der kamerainternen Bearbeitung liegt darin, dass die Techniker die exakten Werte der Abbildungsfehler und Beugung für ihre Objektive und diesen Sensor sehr genau kennen und damit quasi als Datenbank in der Kamera hinterlegen können.
- Je größer die Rechenleistung der verwendeten Prozessoren ist, desto präziser lassen sich beugungsbedingte Verluste bereits kameraintern korrigieren.
- Mittels moderner Software lassen sich zukünftig auch bisherige Nebenwirkungen wie erhöhtes Rauschen, Artefakte und Texturverluste bereits kameraintern reduzieren. Siehe hierzu z.B. die Dekonvolution, mit einem beeindruckenden Beispielbild. (Allerdings muss man sich inzwischen zum Betrachten des Beispielbildes anmelden.)
- Bisher funktioniert dieses Vorgehen jedoch eher in Ansätzen und nur mit JPEG-Dateien.
- Technisch gesehen ließe sich das jedoch auch als Meta-Dateien an RAW-Formate anhängen.
- Der Trend wird folglich zu immer stärkeren Prozessoren in den Kameras gehen, die dann jedoch wohl auch mehr Strom und ggf. größere / schwerere Akkus erfordern.
Größere Sensoren
- Die Sensorgrößen der einzelnen Sensorklassen haben sich in den letzten Jahren natürlich nicht verändert. So ist APS-C und Vollformat bei den jeweiligen Herstellern weitgehend gleich geblieben.
- Aber der Trend in der Bevölkerung hin zu immer noch größeren Sensoren wurde (auch marketing-technisch) verstärkt.
- Waren vor 2005 Vollformat-Sensoren etwas für wirklich betuchte Amateure und wenige Profis, so ist heute diese Kleinbildgröße bei zahlreichen Herstellern zum zentralen Produktzweig geworden.
- Und selbst Mittelformat-Kameras werden inzwischen immer öfter in eher populären Fotomagazinen besprochen und getestet.
- Je größer der Sensor ist, desto geringer ist der Effekt der Beugung, da man dann wieder größere Pixel verbauen kann. D.h. die Airy-Scheiben sind dann auch noch stärker abgeblendet immer noch kleiner als ein einzelner Pixel.
- Dennoch dürfte der Trend so nicht weitergehen - zumindest nicht so schnell. Denn nach Vollformat benötigt man für den Wechsel auf Mittelformat komplett neue Objektive. Selbst bei deutlich sinkenden Preisen ist ein kompletter Aufstieg sehr teuer. Ferner nimmt das Gewicht bei diesem Klassensprung noch deutlich zu.
- D.h. auf mittlere Sicht dürfte bei Vollformat für die meisten Fotografen die Grenze des Aufstiegs liegen. Beugung hin oder her.
Hochwertige Objektive
- Eine möglichst runde Blende verringert nicht unbedingt die Beugung, aber macht sie leichter berechenbar.
- D.h. eine hochwertig gefertigte Blende aus möglichst vielen Teilelemente, die sich bei jedem Öffnungsdurchmesser der idealen Kreisform annähert, ist vorteilhaft, da dann die nachgelagerte Elektronik Beugungsfehler leichter herausrechnen kann.
- Hochwertige Objektive lohnen sich grundsätzlich, da die allgemeinen Schärfeverluste durch Beugungseffekte meist deutlich geringer sind, als diejenigen durch schlechte Linsen sowie durch Fehleinstellungen resp. Fehlausrichtung der Linsenelemente und Objektive.
Noch mehr Pixel
- Das klingt zuerst Paradox, da die Beugung doch das fotografische System insgesamt begrenzt.
- Allerdings wird dies immer missverstanden. Die Beugung hat Einfluss auf die Schärfe eines Lichtstrahles - aber nicht auf die Ortsauflösung des Sensors. Letztere hängt von der Pixel-Anzahl ab.
- Die Beugung sagt bezüglich der Schärfe (Auflösung zweier Punkte) bei der Rayleigh- bzw. Sparrow-Grenze nur aus, dass zwei Punkte (Airy-Scheiben) so nahe ineinander liegen, dass man sie nicht mehr als getrennte Punkte erkennen kann.
- Jedoch kann man mit stetig erhöhter Pixelzahl exakt diese Stelle deutlich weiter hinausschieben. D.h. mit 100 Mega-Pixeln kann man sehr wohl noch - auch durch Beugung veränderte - eng beieinander liegende Punkte viel leichter auseinander halten als mit z.B. 20 Mega-Pixeln.
- Solange der Kontrast über 0 liegt, kann man nachschärfen. Und hierbei scheint derzeit noch sehr viel Potential verschenkt zu werden.
- Trotz Beugung dürfte somit das Mega-Pixel-Rennen noch lange nicht zu Ende sein.
Ultraviolett-Bereich
- Da die Beugung wellenlängenabhängig ist, werden sehr kurze Wellen (unterhalb der Farbe Blau) auch weniger gebeugt.
- Zwar können Menschen dieses Ultraviolette Licht nicht sehen. Aber es spricht nichts dagegen, einen Sensor zu bauen, der auch auf diesen Wellenbereich reagiert und die Ergebnisse zur Bereinigung der Beugung im höherwelligen sichtbaren Bereich verwendet.
- Das klingt zwar nach ganz ferner Zukunftsmusik. Aber in der Astronomie werden schon lange viel kürzere Wellen genutzt, um Sterne etc. sichtbar zu machen.
Problemfälle - Kompakt- und Bridge-Kameras
Allerdings existieren auch tatsächliche Problemfälle der Beugung.
- Bei Kompaktkameras treten kurz gefasst 2 negative Phänomene zusammen auf:
- ein meist sehr kleiner Sensor
- ein relativ lichtschwaches Objektiv, das die Offenblendenzahl im Zoom-Bereich sogar noch drastisch erhöht.
- Dabei wird mit zunehmender Brennweite die Offenblende immer kleiner und somit die Beugung immer stärker sichtbar.
- Mit solchen Kameras befinden Sie sich fast immer im Bereich sichtbarer Beugung. - Diese wird sogar mit jedem Schritt weiter hin zum Telebereich stärker sichtbar.
- Je größer die Mega-Pixel-Zahl auf dem Sensor (aus rein marketing-technischen Motiven) wird, desto schneller werden kleine Sensoren nur noch im Beugungsbereich betrieben.
- Bereits heute sind die meisten Kameras mit kleinsten Sensoren der Klassen 1/3,2, 1/2,8, 1/2,7, 1/2,5, 1/2,3 Zoll aufgrund der eher durchschnittlichen Objektive nur noch im Beugungsbereich zu betreiben.
- Um es ganz deutlich zu sagen. Oft würden die Menschen mit einer 10-15 Jahre alten preiswerten Pocket-Kamera mit nur 8-12 Mega-Pixel schärfere Bilder erzielen, als mit den heute üblichen 20-Mega-Pixeln im Pocket-Bereich.
- Auch beim Sektor der Bridge-Kameras, welche meist die gleichen Sensorgrößen verwenden, sieht es nicht besser aus.
- Nur wenige moderne - allerdings teure - Edelkompaktkameras und Edel-Bridge-Kameras mit flächenmäßig deutlich größeren Sensoren bei gleichzeitig bescheidenen Mega-Pixel-Zahlen und hochwertigen Objektiven können (zumindest bei Offenblende) außerhalb des Beugungsbereiches betrieben werden.
- Der 1-Zoll-Sensor bietet je nach Angaben im Internet bei 12,8 mm Länge und 9,3 mm Breite ca. 119 Quadratmillimeter Fläche. Bei den von Sony im Datenblatt vermerkten 8,8 *13,2 mm sind es 116 m². Das entspricht etwa einem kleinen Daumennagel. - Zum Vergleich: Das ist noch immer deutlich kleiner als die Fläche einer 1-Cent-Münze (ca. 207 Quadratmillimeter). Zu den sinnvollen Sensorgrößen der (Micro-) 4/3"- der APS-C- oder Vollformat-Kameras ist dieser Winzling weit entfernt.
- Auf diese kleine Fläche packen die meisten Hersteller 20 oder mehr Mega-Pixel, eine sehr hohe Pixeldichte. Daraus folgt, dass trotz der größeren Fläche der Pixelpitch, also die Größe der einzelnen Pixel bzw. der Abstand der einzelnen Pixel voneinander, durchaus vergleichbar ist mit einer 10 Mega-Pixel-Kamera und einem kleinen Sensor 1/2,3 Zoll.
- Daraus folgt, dass physikalisch nicht viel gewonnen wurde: Die schädliche Beugung setzt bereits bei etwa f4 ein. Bei Blende 6 ist auch hier das sichtbare Ende erreicht. Die Bildqualität kann rein technisch bedingt nicht viel besser sein. Die bei dieser Kamera möglichen Blenden f8-11 sollte man nicht verwenden, sofern man auch nur halbwegs scharfe Fotos wünscht.
- Verschärfend kommt bei diesen Kameras mit kleinem Sensor hinzu, dass sie entweder keine RAW-Dateien anbieten, oder nur ein erheblich komprimiertes RAW-Format. In der Folge kann man die Beugungseffekte kaum durch mehrstufiges Nachschärfen mildern.
- De facto fielen u.a. aufgrund der Beugung bereits die winzigsten Sensorklassen ganz weg und weitere werden aussterben. Der Trend geht zu sehr teuren Edelkompaktkameras mit deutlich größerem Sensor.
- Verschlimmert wird das Beugungsproblem, da man bei den meisten Kameras mit kleinem Sensor mechanisch auch nur bis 1/1.000 oder selten 1/2.000 die Belichtungszeit reduzieren kann. D.h. man muss an hellen Sommertag fast immer abblenden, um das Motiv korrekt zu belichten.
- Das ist im Übrigen der Grund, warum man in manchen Edelkompaktkameras bereits einen Graufilter eingebaut hat. Dieser verhindert das extreme Abblenden, das die Beugungseffekte verschlimmern würde.
- Ferner bieten Edelkompaktkameras nun elektronische Verschlüsse an, welche die Belichtungszeit reduzieren (bis zu 1/32.000) und damit das starke Abblenden bei Tageslicht seltener erforderlich machen.
Beugung bekämpfen
Da es sich um ein physikalisches Phänomen handelt, können andere Hersteller es auch nicht wegzaubern. Ein Hersteller- oder Modell-Wechsel innerhalb derselben Sensor-/Preisklasse führt nicht zum Ziel.
Generell helfen hardware-seitig (also bei der Fotoausrüstung selbst) nur wenige Dinge gegen die Beugungsunschärfe:
- Ein sehr lichtstarkes Objektiv. Dabei handelt es sich allerdings um Festbrennweiten. - Dann sind jedoch viele Megazooms nicht mehr für das Geld herstellbar, und auch deren Volumen sowie Gewicht stiegen deutlich an.
- Ein größerer Sensor mit relativ wenigen Pixeln (also z.B. Vollformat mit 16 MP).
- Falls Sie beim Fotografieren in den Beugungsbereich Ihrer Kamera gelangen, weil das vorhanden (Tages-)Licht zu hell ist, dann kann ein ND-Filter (Neutral-Dichte- oder Graufilter) helfen. Damit wird der Lichteinfall reduziert und man kann wieder mit relativ weit geöffneter Blende arbeiten. Allerdings fügen die meisten (preiswerten) ND-Filter dem Foto einen (oft rötlichen) Farbstich hinzu. Entweder schafft man sich extrem teure Filter (ohne Farbstich) an oder man muss den Farbstich nachträglich am PC entfernen.
Der Rest bleibt momentan noch Zukunftsmusik:
- In Analogie zum Dunkelbild bei Langzeitaufnahmen, könnte man nach jeder Aufnahme mit den gewählten Einstellungen Vergleichsbilder mit genormtem Licht bestimmter Wellenlängen durchführen und deren störende Ergebnisse aus dem Originalbild herausrechnen. Welche Lichtfarben (Wellenlängen) in welcher Intensität zu berücksichtigen sind, kann man vom RGB-Histogramm des Bildes ablesen.
- In Analogie zu HDR(I)-Aufnahmen in modernen Kameras, bei denen sogar ohne Stativ kurz hintereinander ein Gesamtbild hoher Dynamik / hohen Lichtwerteumfanges erstellt wird, könnte man in der Kamera bereits sogenannte Stack-Aufnahmen durchführen: Dabei werden bei einer relativ weiten Blendenöffnung mehrere Aufnahmen hintereinander gemacht, wobei der Fokus systematisch verschoben wird. Danach wird kameraintern die Schärfentiefe des Gesamtbildes deutlich erweitert, indem man alle Aufnahmen zusammenrechnet. Dies kann man heute bereits am PC durchführen, wo es zur Standard-Software vieler Makrofotografen gehört. Bei steigender Rechenleistung der Prozessoren wird dies in absehbarer Zeit auch in Kameras möglich sein. Allerdings hilft dies nur bei relativ ruhigen Motiven. Für Sportaufnahmen ist es keine Lösung. Und selbst Landschaftsaufnahmen bei Wind dürften damit ziemlich schwierig werden.
Nachschärfen
Angesichts der hohen Kosten für die Bekämpfung der Beugung auf Seiten der Hardware bieten sich für die meisten Fotografen eher nachträgliche software-seitige Korrekturen an.
- Zwar mag die Auflösungsgrenze zweier Linien voneinander im Beugungsbereich der Kamera nicht mehr gegeben sein, dennoch enthalten die Fotos weitere Details (Artefakte). Diese tragen zum Schärfeeindruck bei.
- Moderne Algorithmen sowohl in der Kamera als auch in PC-Software können dann anhand der vorgefundenen Motiv-Inhalte sowie der Artefakte den Schärfeeindruck deutlich verstärken.
- Dazu empfiehlt sich ein mehrstufiges Vorgehen:
- Idealerweise sollte man dies mit unkomprimierten 14- bis 16-Bit-RAW-Dateien durchführen, die man danach auch als 16-Bit-Version weiterverarbeitet.
- Bereits im RAW-Converter sollte man die Klarheit (Mikrokontraste) erhöhen, sowie das Bild schärfen, wobei man inzwischen auch Maskierungen für bestimmte Bereiche verwenden kann. (Siehe hierzu z.B. Lightroom und Camera-RAW).
- Anschließend kann man im eigentlichen Grafikprogramm weitere oft unterschiedliche und mehrstufige Scharfzeichnungsfilter anwenden, die man mit Masken lokal begrenzen kann. Manche Profis gehen hier wiederum in Stufen vor, wobei sie einmal mit einem kleinen Radius und dann mit einem großen Radius schärfen.
- Zum Schluss lässt sich dann nochmals auf das Druckmedium optimiert nachschärfen (unscharf maskieren für die Kontrastanhebung).
- Grafiksoftware-Spezialisten können so selbst aus Fotos, die bereit 2-3 Blenden über der Beugungsgrenze liegen, noch extrem scharfe Bilder gestalten. Mit viel Aufwand lassen sich f22 bei einer 36-Mega-Pixel-Vollformat-Aufnahme scharf ausarbeiten.
- Grundlage dafür sind jedoch hochwertige Objektive und entsprechende Sensoren in der Kamera. Denn nur, was irgendwie aufgezeichnet wurde, kann man danach mit Tricks noch schärfen.
- Dies ist im Übrigen ein Grund, warum man aus derzeitigen hochauflösenden Vollformat-Sensoren der 36- bis 60-Mega-Pixel-Klasse (und zukünftigen mit 100 Mega-Pixeln) mit erheblichem Aufwand am PC - dennoch schärfer wirkende Fotos erzeugen kann, als aus einer 16-18-Mega-Pixel-Vollformat-Kamera, die bei gleicher Blende erst später in den Beugungsbereich gelangt.
- Allerdings lohnt sich der hohe Zeitaufwand beim Nachschärfen nur bei Fotos, welche dann tatsächlich entweder erheblich vergrößert ausgedruckt (ab ca. 75*50 cm) oder für Ausschnitte daraus extrem beschnitten werden. Wer seine Fotos hingegen für das Internet oder den Ausdruck 15*10 cm verkleinert, wird bereits dabei eine sehr effiziente Schärfung wahrnehmen, da viele kleine, störende Details verschwinden.
- Um es nochmals deutlich zu erwähnen: Man kann nur das nachschärfen, was vorhanden ist. D.h. eine geringe Schärfentiefe mit ihrem engen Feld der räumlich klaren Darstellung und ihren weiten Unschärfen (Bokeh) kann durch nachträgliches Schärfen nicht gerettet werden. Durch eine offene Blende bewusst herbeigeführte Unschärfe des Vorder- und Hintergrundes kann somit nicht nachgeschärft werden. Probieren Sie es einfach einmal aus: Das Bild zerfällt dort nur in unschöne Artefakte. - Hingegen kann man ein durch Beugung unscharf gewordenes Foto immer nachschärfen.
Verwechslungen
Nicht selten werden unscharfe Bilder der Beugung zugeschrieben, wobei die Ursachen auf anderen Feldern liegen.
- Die Effekte der Verwacklungsunschärfe sind oft viel größer als die Beugung. Dies gilt insbesondere, seit sich viele Fotografen blind auf ihren Verwacklungsschutz verlassen (auch wenn er überhaupt nicht aktiviert ist).
- Fokussierfehler des Menschen oder Fokussierschwächen der Kamera (zumindest bei manchen kontrastarmen Motiven) folgen in der Reihe der Faktoren, welche die Schärfe reduzieren.
- Suboptimale Objektive: Billigware, Serienstreuung und fehlende Wartung trotz Unfällen / Beschädigungen sind weitverbreitet.
- Sehr hohe ISO-Zahlen, weil man kein Stativ verwenden, noch immer aus der Hand fotografieren, keinen Blitz einsetzen, oder die Lichtsituation insgesamt nicht optimieren will, bzw. weil man die tatsächlich erforderliche Blende (gefühlsmäßig - also ohne Berechnung) zu hoch eingestellt hat.
In vielen Fällen ist die Beugung nur dann der tatsächlich begrenzende Schärfe-Faktor, wenn man hochwertige Objektive auf einem stabilen Stativ, (bei DSLRs mit Spiegelvorauslösung) und natürlich Fernbedienung verwendet.
Praxiseffekte - Praxistipps
Zugegeben, Beugung ist ein extrem theorielastiges Gebiet. Aber man kann dennoch durchaus brauchbare Daumenregeln für die fotografische Praxis ableiten.
- Sofern Sie eine Kamera mit Bayer-Matrix vor dem Sensor besitzen (das ist die überwiegende Mehrheit aller digitalen Kameras), wird - trotz der Abhängigkeit der Beugung von der Wellenlänge - die grüne Farbe zuerst unter der Beugung leiden, dann folgt die Farbe Rot und zuletzt die Farbe Blau.
- Normalerweise nimmt die Gesamt-Schärfe einer Aufnahme langsam beim Abblenden zu und dann wieder ab. Diesen optimalen Schärfepunkt kann man mit Beugungsrechnern grob bestimmen. Da es sich jedoch um ein kontinuierlich zunehmendes Phänomen handelt, müssen Sie dann im Detail für sich festlegen, bei exakt welcher Blende das für Sie ideale Optimum liegt.
- Wann die Beugung subjektiv unerträglich wird, hängt auch vom Motiv ab. Großflächige Farben sind unempfindlicher als sehr feine, insbesondere sich regelmäßig wiederholende Muster. D.h. die als negativ wahrgenommene Beugung kann sich je nach Bild durchaus um ca. 1 Blende nach oben oder unten bewegen.
- Für Normalaufnahmen mit brauchbaren Objektiven und APS-C sowie Vollformat-Kameras gilt noch immer: 1-2 Stufen von der Offenblende abzublenden. Dann erhalten Sie das für die meisten Motive brauchbare mittlere Schärfeoptimum.
- Für Normalaufnahmen mit brauchbaren Objektiven und Micro-Four-Thirds und kleineren Sensoren, sollten Sie zuerst die Beugungsgrenze berechnen. Oft kann man hier nur 1 Stufe von der Offenblende abblenden. Dann erhalten Sie das für die meisten Motive brauchbare mittlere Schärfeoptimum.
- Für Normalaufnahmen mit preiswerten Kompakt-Kameras sowie Bridge-Kameras sollten Sie generell mit der Offenblende arbeiten, da man mit derartigen Produkten fast immer entweder an der Grenze zur Beugungsunschärfe oder schon deutlich in diesem Bereich arbeitet.
- Nur wenige hochwertige Objektive sind offenblendtauglich. Preiswerte Objektive sind bei Offenblende meist zu unscharf und müssen immer etwas abgeblendet werden.
- Wenn Sie absolute Schärfe für Feinstrukturen bei einer nur geringen Tiefe benötigen, hilft eine möglichst weit offene Blende - selbstredend nur bei einem hochwertigen, lichtstarken Objektiv.
- Wenn Sie brauchbare Schärfe bei großer Schärfentiefe benötigen, hilft Abblenden (auch weit) über den Beugungspunkt hinaus und anschließendes mehrstufiges Nachschärfen am PC - idealerweise mit einer mindestens 14-Bit-RAW-Datei als Grundlage.
- Wenn Sie in der Landschaftsfotografie absolute Schärfe und große Schärfentiefe wollen, dann empfiehlt sich ein gutes Ultra-Weitwinkel-Objektiv, da es bereits bei geringen Blenden eine enorme Raumtiefe scharf abbilden kann.
- Für fortgeschrittene Fotografen, die gerne das Optimum aus ihrer Kamera herausholen wollen, empfehlen sich bei vielen Landschaftsaufnahmen einerseits eine ausgiebige Beschäftigung mit den hyperfokalen Entfernungen (= Hyperfokale Distanz) aller Brennweiten und andererseits die manuelle Fokussierung auf diesen jeweiligen Punkt. Dafür finden sich ausdruckbare Tabellen. (Siehe am besten den DOF Master). - Ich habe mir z.B. für meine zahlreichen Zoom-Objektive der Einfachheit halber die ganzen Tabellen aller Brennweiten ausgedruckt, die man sich mit dem Zusatzprogramm erstellen kann. Alternativ können Sie das Excel-Foto-Tool verwenden.
- Wenn Sie absolute Schärfe in Feinstrukturen und gleichzeitig große Schärfentiefe benötigen (z.B. in der Makro-Fotografie), hilft nur Focus-Stacking - Reihenaufnahmen mit jeweils in der Tiefe versetztem Focus.
- Sofern Sie kein Stativ oder Blitz verwenden, und somit Verwacklungsunschärfe und ISO-Rauschen einen Einfluss haben, so führt das (ggf. deutliche) Aufblenden meist zu schärferen Fotos.
- Wer bei mehreren Aufnahmen hintereinander eine gewisse gleichbleibende Beugungsschärfe wünscht, sollte unbedingt die allgemeinen Automatiken Programm (P) und Zeit (T) meiden, da dort die Blende nicht immer vorhersagbar verändert wird. Mit der Blende ändert sich jedoch auch die Beugung. Mit einer A(v)-Einstellung, bei welcher der Fotograf die Blende vorwählt, oder Manuell (M), bei welcher der Fotograf Blende und Zeit fest einstellt, und nur die ISO-Automatik frei variiert, erhält man bezüglich der Beugung konstantere Ergebnisse.
- Wer bei hellem Tageslicht Langzeitaufnahmen mit relativ geringer Beugung machen möchte, sollte ND-Filter (Graufilter) verwenden, damit er nicht zu sehr abblenden muss. Ferner hilft auch teilweise ein (zusätzliches) Absenken der manuell eingestellten ISO-Zahl in den L- (low-) Bereich moderner Kameras.
- Ob Beugung frühzeitig auffällt, hängt auch vom Kontrast und den Strukturen des Motivs ab. Strukturreiche Bilder mit hohem Kontrast neigen eher dazu als strukturarme mit geringen Kontrasten.
- Achten Sie auf die Farben im Bild. Bei Kameras mit Bayer-Matrix gilt: Grün wird zuerst gebeugt, dann Rot, dann Blau.
- Im Falle von Langzeitaufnahmen von Wasser mit Weichzeichnungseffekt kann Beugung sogar positiv eingesetzt werden. Dann können Blende 22 und mehr sogar positiv zum gewünschten Bildeindruck beitragen.
- Ferner kann man die beugungsbedingte Weichzeichnung auch in manchen Porträts vorteilhaft verwenden.
- Wer Sterneneffekte in der Nacht (von allen denkbaren Lichtern) oder am Tage (Sonne) haben möchte, benötigt keine teuren Sternenfilter oder Spezialsterneneffekte einer Software: einfach deutlich abblenden reicht aus. Nachts fügt man so eine verträumte, friedvolle Stimmung und am Tag einen dramatischen und interessanten Effekt zum sonst eher langweiligen Himmel hinzu.
- Man sollte Beugung nicht verteufeln oder sogar von ihr als
heimtückisch
sprechen, denn der Fotograf ist weder ein argloses noch wehrloses Opfer. Sondern man sollte die Beugung als weiteren begrenzenden Faktor im Zusammenhang mit der Schärfentiefe sehen, mit dem man spielen kann und muss, wie auch beim Paar ISO-Zahl zu Belichtungszeit.
- Hören Sie zumindest auf, irgendwelchen selbsternannten Gurus im Internet oder in Büchern zu glauben, die felsenfest pauschal behaupten, ab Blende f## könne man nicht mehr fotografieren. Probieren Sie es mit jedem Ihrer Objektive mit Ihrer Kamera selbst aus. Sie werden selbst deutliche Unterschiede erkennen.
- Lernen Sie, wie man im Fotobearbeitungsprogramm Ihrer Wahl in mehreren Stufen mit unterschiedlichen Radien nachschärft. Das hilft im Beugungsbereich immer - je besser Ihre Objektive und Ihre Kamera sind, umso mehr.
Fazit
- Man kann trotz Beugung dennoch schöne Fotos mit jeder Kamera machen.
- Es fehlt nur etwas an der absoluten Schärfe. Aber die Qualität nicht jedes Foto wird von der Schärfe allein bestimmt.
- Oder anders herum formuliert: Auch ein Bild mit Blende 32 wird trotz der sichtbaren Beugung nicht per se zum schlechten Foto.
- Schauen Sie sich nur einmal die vielen alten künstlerischen Fotos in Museen und Büchern an. Viele davon sind wesentlich unschärfer als alles, was selbst eine preiswerte Pocket-Kamera heute produziert. Der Bild-Aufbau und das Licht entscheiden viel stärker über die Qualität eines Fotos als die Schärfe.
- In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin viel Freude beim Fotografieren.
Weiterführende Literatur
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