Das Ende der klassischen Fotografie mit dedizierten Kameras
Dieser Artikel befasst sich mit der Foto-Wirtschaft, den ökonomischen Rahmenbedingungen der Kamerahersteller, der Krise der digitalen Kamerahersteller, dem Niedergang der Fotobranche, der Ökonomie in der Fotografie, sowie allgemeinen kommerziellen Aspekten des Fotografierens.
Aufgrund jahrelanger falscher Grundlagenanalysen kombiniert mit verheerendem Aussitzen der Probleme sowie Optimieren an falschen Stellschrauben durch das Management der Kamerahersteller steht die Fotobranche in den kommenden Jahren vor epochalen Umbrüchen. Erhebliche Teile der heutigen klassischen Fotoindustrie werden in den kommenden Jahren mit anderen Firmenbereichen zusammengelegt werden, untergehen, fusionieren oder aufgekauft werden.
Diese angespannte wirtschaftliche Lage der Hersteller im Fotobereich hat erhebliche Auswirkungen auf Ihre persönliche Fotografie. Nicht nur, dass die Fotografie zukünftig wesentlich teurer werden wird. Sondern ganze Produktzweige, Sensorklassen oder sogar Marken können bald vom Markt komplett verschwinden mit den Folgen, dass Sie nicht nur Fehlinvestitionen getätigt haben, sondern eventuell sogar nicht einmal mehr Ihr Hobby mit der bisherigen Ausrüstung weiter betreiben können.
Da sich über die Fotobranche als Gesamtheit - insbesondere den Zubehörhandel - mangels fundierter Quellen kaum etwas Präzises sagen lässt, beschränkt sich diese Analyse auf den (für Fachleute mit viel Zeit, Geduld und Detailkenntnis) relativ gut dokumentierten Bereich der Kamerahersteller. Dieser hat jedoch direkten Einfluss auf den Produktabsatz sowie Umsatz und letztendlich Gewinn der anderen nachgelagerten Marktteilnehmer.
Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle bei der Foto-Wirtschaft behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.
Die Werte für das Jahr 2017 und Analysen: Sinnlose Überproduktion in der ersten Jahreshälfte, dann zog man die Notbremse bei den Kameras kontinuierlich an. Man hatte schon zu lange auf hohem Niveau auf Halde produzierte und diese Produktion in den Weltmarkt geschwemmt.
Das Jahr 2018 und Analysen - Das schlechteste Jahres-Ergebnis seit den späten 1970er Jahren.
Analysen 2019: 2019 war das schlechteste Jahr seit den frühen 1970ern.
Dieser Artikel stammt in der ersten Fassung ursprünglich vom Juli 2015, enthält die gesamten theoretischen Grundlagen sowie die Detailanalysen der Einzel-Jahre 2015-2019 und wurde aktualisiert sowie ergänzt.
Es handelt sich um keine Marktsättigung, sondern um eine Marktschrumpfung: Der Markt für digitale Kameras (und in der Folge auch für das Zubehör) wird weiterhin drastisch schrumpfen. Die Talsohle ist weder erreicht noch durchschritten. - 2015 prognostizierte ich in für den Zeitraum 2016-2020 einen weiteren Rückgang von 75% der Verkäufe auf Basis der Zahlen aus dem Jahr 2015.
Die Käuferschicht der Kamerahersteller wird sich im Wesentlichen wieder auf den harten Kern der ernsthaften Fotografen - ähnlich der Zeiten der analogen Fotografie - reduzieren. Und der früher übliche 2/3 Beifang an Gelegenheitsfotografen wird sich zusätzlich reduzieren.
Für den drastisch sich verkleinernden Kameramarkt finden sich derzeit zu viele Firmen mit einem viel zu großen Produktenangebot, sodass nicht nur zahlreiche Produkte, sondern auch einige Firmen vom Markt verschwinden werden.
Gleichgültig, welche Marke und welches Modell Sie als Fotograf besitzen, die Folgen dieser Marktschrumpfung werden für die Endkunden einschneidend sein: Verteuerung neuer Produkte, Wertverlust alter Ausrüstung bis hin zu totaler Inkompatibilität.
Viele bisherige Analysen sind angesichts falscher Grundlagen, Quellen und Annahmen erheblich zu optimistisch und gehen an Kernproblemen der Fotoindustrie vorbei.
Vor allem in Europa wird es die Händler in den kommenden Jahren hart treffen.
Nachtrags-These September 2016: Die Fotoindustrie hat bereits die Weichen gestellt, sich vom klassischen Fotografen abzuwenden, hin zu neuen Zielgruppen wie Auto, Überwachung, Smart Home, Medizin etc.
Nachtrags-These Mai 2017: Die Fotoindustrie will angebotsseitig die weltweit mangelnde Nachfrage durch ein Überangebot in der Produktion zumindest bis zu den olympischen Spielen 2020 in Tokio zur eigenen Gesichtswahrung ankurbeln.
Nachtrags-These Dezember 2018: Die Fotoindustrie hat - wie vorausgesagt - im Herbst 2018 die Reißleine gezogen und die Weichen neu gestellt. Das neue Ziel liegt für alle im teuren Vollformat unter Vernachlässigung aller anderen (sogenannten Crop-) Sensorklassen. Ferner legte man den Schwerpunkt mit neuen inkompatiblen Bajonetten auf Video. Dadurch halte ich alle vorherigen Annahmen erneut für zu optimistisch und sehe mittelfristig sogar die 10 Mio. Linie an jährlich produzierten Kameras für nicht haltbar.
Nachdem der Canon Vorstands-Vorsitzende in einem Interview im Januar 2019 fast alle meine Thesen bestätigt hat, können Sie diesen Artikel mit seinen Prognosen nun als weitgehend bestätigte Fakten lesen.
Nachdem Nikon in seinem Halbjahresbericht im November 2019 sogar meine negativsten Szenarien mit seiner Prognose eines mittelfristigen jährlichen Weltbedarfs / einer Nachfrage von nur noch 3 Mio. Systemkameras unterbot, halte ich kritische Marken für unterschritten und muss meine pessimistischen Szenarien nochmals deutlich nach unten korrigieren.
Jährlich verschiffte Kameras 1970 bis heute (laut CIPA).
Hier die große Grafik bildschirmfüllend.
Hinweise zum Schaubild:
Einige wichtige Firmen - wie Samsung, Leica etc. - sind in diesen Zahlen nicht enthalten.
Deutlich erkennt man, dass bis Mitte der 90er Jahre die Steigerungen der Produktion / des Verkaufs eher gering waren. Erst 1996 wurde die Marke von 30 Mio. Kameras pro Jahr überschritten. Das war so ungefähr der damalige Markt der Fotografen. Dann setzte der enorme Aufschwung durch die Digitalisierung der Fotografie ein, der völlig neue Zielgruppen zur Fotografie brachte.
Der Absturz seit 2010 lässt sich nicht mehr nur durch normale Marktschwankungen erklären.
Der Abschwung verstärkte sich 2016 sogar nochmals. 2018 war zwar das Niveau der vor-digitalen Zeit der Krisenjahre 1984-85 erreicht. Trotz allem bleibt noch eine erhebliche Fallhöhe, da derzeit ganze Zielgruppen aus der Fotobranche zu Smartphone, Video etc. abwandern.
Nachdem die psychologisch wichtige Unterstützungslinie bei 20 Mio. Kameras (rote durchgezogene Linie) 2018 durchbrochen wurde, bleibt nur noch die 10 Mio. Kameras (violette gepunktete existenzielle Linie), welche hoffentlich nicht unterschritten wird.
Die 2017 durch Überproduktion künstlich erzeugte Sockelbildung hielt erwartungsgemäß nicht.
Die Grafik ist nicht ganz fair, da früher auch noch zahlreiche andere Hersteller aus anderen Ländern eine große Anzahl an Kameras produzierten. D.h. diese japanischen Zahlen vor 2000 sind somit für den Weltmarkt teilweise deutlich zu niedrig angesetzt. Daraus wird ersichtlich, dass der Abschwung 2019 bereits dramatisch war. Korrekt berechnet lag der Wert der 2019 verkauften Kameras weltweit nur noch etwa auf dem Niveau der frühen 1970er Jahre.
Fragen?
Falls Sie Fragen zu dem Thema oder diesem Artikel haben oder als Firma den Wunsch nach weitergehender Beratung verspüren, so können Sie sich gerne per Kontakt-Formular an mich wenden.
Wirtschaftlicher Abschwung seit 2010
Seit den 1990er Jahren bescherte die digitale Fotografie den Kamera-Herstellern jährlich meist zweistellige prozentuale Wachstumsraten sowohl beim nominalen Produkt-Absatz als auch beim Gewinn.
Nach der weltweiten Finanzkrise Ende 2008 brach der Markt 2009 ein, erholte sich kurz im Jahr 2010, um dann kontinuierlich abzugleiten. Besonders seit 2012 befindet sich die gesamte Fotobranche weltweit in einem unfassbaren wirtschaftlichen Abschwung.
Wenn man genau hinsieht, traten Abschwächungen des Wachstums in Europa und den USA allerdings bereits ab ca. 2005 ein. - Letzteres deutet auf langfristige, grundlegende Veränderungen hin. Siehe hierzu die neuen Grafiken unten über das abnehmende Interesse an bestimmten Suchworten bei Google.
Auch, wenn mindestens einmal im Jahr in wohlklingenden Marketing-Aussagen auf Pressekonferenzen sowohl der Dachverbände als auch der einzelnen Hersteller das exakte Gegenteil behauptet wird, die Talsohle war auch 2020 noch nicht erreicht.
Ganz im Gegenteil hat sich der Abwärtstrend 2019 sogar nochmals verstärkt, vor allem weil erstmals der Zukunftsmarkt spiegellose Systemkameras unerwartet rückläufig war.
Abgefragte Suchworte Canon (rot) und Nikon (blau) bei Google vom 01.01.2004 bis 01.05.2019 (weltweit). Das Interesse an beiden Marken nahm seit 2004 kontinuierlich ab. Beide Firmen hatten bereits im Dezember 2004 die höchsten Nachfragen (Weihnachtsgeschäft).
Einzeln betrachtet erreichte Canon 2019 noch rund 23% seiner maximalen Abfragen aus dem Jahr 2004, Nikon noch rund 25%. Man kann somit pauschal beim Interesse von einem Rückgang auf ein Viertel ausgehen.
Abgefragte Suchworte photography (rot, links) bei Google vom 01.01.2004 bis 01.05.2019 (weltweit). Sogar das Interesse am gesamten Thema der Fotografie nahm sowohl im englischen als auch im deutschen Sprachraum ab. Im deutschen Sprachraum nahm es kontinuierlich seit dem Messbeginn 2004 ab, weltweit seit Oktober 2011. Im englischsprachigen Raum hat sich das Interesse an der Fotografie fast gedrittelt (37%), im deutschsprachigen Raum mehr als geviertelt.
Leider hat Google, dessen Suchalgorithmus sowieso extrem von dafür bezahlten Hackern aus der Dritten Welt gespammt wird, inzwischen einen massiven Fehler eingebaut, da es keine deutschen Wörter/Themen weltweit mehr korrekt anzeigt. D.h. fotografie (blau, rechts) zeigt die korrekten deutschsprachigen Daten bei Google deshalb nur vom 01.01.2004 bis 01.09.2016 weltweit an.
Die rein für Deutschland angegebenen Wert kann man ebenfalls nicht verwenden, da dort nachweislich grobe Fehler durch externe Manipulation vorliegen, welche Google Ende 2009 zu beheben versuchte.
Wie auch immer: Trotz aller externen Manipulation zeigen alle Grafiken steil nach unten.
Dies korreliert im Übrigen mit den praktisch überall rückläufigen Zahlen für Fotomagazine (siehe z.B. die veröffentlichten Zahlen. Auch wenn hierfür sicherlich noch andere Gründe eine Rolle spielen.
Die Beweise für den langfristigen und strukturell begründeten Niedergang waren also seit Jahren verfügbar, werden aber bis heute von fast allen Analytikern ignoriert. (Jeder kann die Fakten kostenlos und bequem bei Google Trends selbst nachprüfen.)
Die Gründe des Niedergangs
Die Gründe für die Schrumpfung der Fotobranche sind vielfältig:
Fehleinschätzungen des Marktes: Wie so oft, hat man die früheren Erfolgszahlen der Jahre bis einschließlich 2008 einfach fortgeschrieben. Gemäß den überall anzutreffenden beiden Denkmustern: Es war schon immer so und es war noch nie anders wurde erste, zaghafte Kritik lange Zeit abgetan. - Zu langer Erfolg macht blind.
Technische Entwicklungen, wie die des Smartphones mit eingebauter Kamera, wurden übersehen bzw. in ihrer Auswirkung völlig falsch eingeschätzt - und werden dies bis heute.
Soziale Veränderungen, wie die der schnellen und ubiquitären Kommunikation der jungen Generation wurden ignoriert.
Viele Reaktionen der Kamerahersteller auf Veränderungen von außen erfolgten verspätet, zu zaghaft sowie unkoordiniert.
Die Wirkung der eigenen Marketing-Maßnahmen zur Ankurbelung des Absatzes wurde überschätzt.
Das Problem der zunehmenden Überalterung der Kundschaft mit den damit u.a. verbundenen Wünschen nach weniger zu tragendem Gewicht und transportierendem Volumen der Ausrüstung wurden weitgehend vernachlässigt.
Vertrieb und Marketing gingen fälschlicher Weise davon aus, dass man die früheren technischen Revolutionen immer weiter fortsetzen könnte. Aber seit 2012 kommt es maximal noch zu kleinen Evolutionen im Technikbereich der dedizierten Foto-Kameras.
Das aus der bisher erreichten technischen Perfektion erzeugte Problem des Gut-genug respektive der letzten Kamera wurde weitgehend verkannt. Viele Fotografen können mit neuen Kameras kaum mehr bessere Bilder erzeugen, als mit der alten. Somit fehlt vielen der Kaufanreiz.
Die Hersteller konzentrierten sich zunehmend auf den Video-/Filmbereich, obwohl die meisten Fotografen keine Video-Filmer sind. Die ernsthaften Video-Filmer schaffen sich dann sowieso eine Video-Kamera an, die jedem Fotoapparat in puncto Film überlegen ist.
Obwohl die Bereiche Service, Support und Kommunikation mit den eigenen Kunden bei vielen Firmen als verbesserungswürdig angesehen werden, fanden auf diesem sensiblen Feld oft weitere Einsparungen statt, wodurch ganze Kundengruppen verärgert wurden.
Bisherige Gegenmaßnahmen der Hersteller
Nachdem die Branche bereits 2009 hart getroffen wurde, leitete man verschiedene Gegenmaßnahmen ein.
Die meisten Hersteller haben inzwischen die meisten der unten aufgelisteten Varianten mit teilweise kurzfristigem Erfolg für die Bilanzen ausprobiert.
Produktionsverlagerung
Abzug von Produktionsstätten aus zu teuren Produktionsorten wie Thailand und Verlagerung in noch billigere Gegenden der Welt.
Einerseits halfen damals die Naturkatastrophen wie Hochwasser bei der Produktionsverlagerung, und andererseits handelt es sich hierbei um den allseits bekannten und bei allen Firmen beliebten Subventions-Tourismus.
Die Nebenwirkungen dieses Heilmittels bestanden jedoch in geringerer Qualität, Rückrufen und erheblichem Verwaltungsaufwand. Von den verärgerten Kunden und dem Image-Schaden ganz zu schweigen.
Aus diesen Gründen wurden vereinzelt Kernbereiche auch wieder in das Heimatland zurückverlagert.
Sparen
Grundsätzlich erfreuen derartige Spar-Maßnahmen die Börsen und Aktieninhaber.
Sparen hat jedoch eher kurz- bis mittelfristig positive Auswirkungen. Langfristig zeigen sich oft gravierende Nachteile.
Denn gespart wird meist in den folgenden Bereichen (produktionstechnologische Reihenfolge):
Forschung (Research) - Siehe hierzu den Artikel: das Sensor-Dilemma
Entwicklung (Development) - Siehe hierzu den Artikel: das Sensor-Dilemma
Produktqualität (z.B. immer mehr billiges, kurzlebiges Plastik)
Für den Kunden sind dies alles eher nachteilige Effekte.
Vor allem Einsparungen in den Bereichen Forschung und Entwicklung (Research and Development, R&D) haben katastrophale Auswirkungen auf die Zukunftsfähigkeit einer Firma. So habe ich im Artikel: das Sensor-Dilemma nachgewiesen, dass fast alle Hersteller im Bereich R&D einsparten. - Zum Verständnis: Die Kosten für Forschung und Entwicklung einer einzigen Kamera resp. eines einzigen Objektives stiegen über die Jahre aufgrund des bereits erreichten technischen Niveaus ständig an. Aber die Gesamtetats in den Firmen hielten nicht mit dieser technisch erforderlichen Steigerung Schritt. Insbesondere gilt dies, wenn man die oft deutliche Ausweitung des Produktportfolios der Firmen betrachtet. Hinzu kommt, dass die Etats über immer mehr Produktklassen verteilt werden. D.h. pro Kamera-Modell / Objektiv bliebe sogar bei steigenden Etats weniger übrig. Selbst, wenn nicht alle Firmen ihren gesamten Forschungsetat kürzen, so reichen die minimalen Steigerungen oder die Stagnation weder zum Ausgleich der Inflation noch zum Ausgleich der steigenden technischen Erfordernisse noch zur getätigten Ausweitung des Produktangebotes aus. - Bei ständig weiter einbrechenden Verkaufszahlen werden die Investitionen in Forschung und Entwicklung in Zukunft weiter sinken. Dies wird dazu führen, dass die Fotografen bereits mittelfristig kaum mehr nennenswerte Neuerungen erwarten dürfen.
Bereits kurzfristig wirken sich jedoch die Kürzungen im Bereich Support sehr negativ aus.
Persönlich beschleicht mich das ungute Gefühl, dass einige Manager in manchen Firmen notwendiges Controlling mit schädlicher Kürzung (vor allem bei der Qualität) verwechseln.
Zur Klarstellung: Rationalisierung kann und muss als stetiger Prozess in jeder Firma verinnerlicht und tagtäglich praktiziert werden. Aber hier geht es nicht selten um vom höheren Management ohne Fachkompetenz oder Detailwissen festgelegte Einsparziele von oft pauschal 1/3, die dann von externen Beratern mit 2/3 noch übertroffen werden. Der Autor war bereits mehrfach bei solchen grotesken Sitzungen anwesend. Das kommt einem Kahlschlag gleich und widerspricht einer Rationalisierung, da es nichts mit Ratio (Vernunft) zu tun hat.
Zur Erklärung des pejorativen Wortes Plastik: Selbstredend finden sich heute hochwertige Kunststoffe. Aber zwei der zumindest in Europa wichtigen Kriterien sind Langlebigkeit und Haptik. Und dies wird selbst von Testern bei vielen preiswerten Kameras zunehmend moniert (resp. bei Fuji-Kameras mit viel Metall zu Recht hoch gelobt). Hochwertige Kunststoffe sind teuer in der Anschaffung und Verarbeitung und werden deshalb sehr gerne von den Bereichen Produktion/Vertrieb/Einkauf (oft gegen den ausdrücklichen Wunsch der Entwickler) gegen nur minimal preiswertere aber deutlich minderwertigere Plastikteile ersetzt. Manchmal handelt es sich um Cent-Beträge, die darüber entscheiden, ob ein Schalter, Griffstück etc. ergonomisch zu bedienen ist, oder einen schwammigen, billigen Eindruck hinterlässt. Darum wissen auch die Hersteller und bewerben ihre teuren, hochwertigen Produkte folglich gerne mit dem Zauberwort Magnesium. Und in der Tat macht es beim Anschluss schwerer Objektive etwas aus, ob man sie an billige Plastik- oder hochwertige Metallbajonette anschließt, sofern man sie oft wechseln und die Ausrüstung im Alltag wirklich belasten will.
Nikon plante (laut zahlreicher Gerüchte) Ende 2015 sogar, die Gewährleistung der Kameras - insbesondere für Europa - zu kürzen. Rechtlich wird dies so nicht funktionieren, da 2 Jahre Gewährleistung in der EU bindend sind. Aber bereits das laute Nachdenken darüber deutet darauf hin, wie man beim Kunden sparen will. Besseren Service darf man zukünftig (zumindest kostenlos) kaum mehr erwarten.
Marketing
Noch mehr Werbung.
Wenn der Kunde zu dumm ist, unsere Werbebotschaft für unsere genialen neuen Produkte zu verstehen, dann müssen wir es ihm mit noch mehr Werbung überall einbläuen. Ganz nach dem Marketing-Motto: Der Kunde entkommt uns nicht - Wir verfolgen Ihn bis in seine Privatsphäre.
Verstärkt wurde dies dadurch, dass viele (z.B. elektronische) Werbeformen in den letzten Jahren immer preiswerter wurden. D.h. man konnte für gleichgroße oder sogar reduzierte Marketing-Etats mehr Werbung buchen.
Die Effekte waren eher bescheiden. Inzwischen gelten viele Werbeformen durch die übertriebene Anwendung als unseriös. Oder ein großer Teil - wie die Werbebanner - werden durch geeignete Gegenmittel (Blocker) ausgeblendet und verpuffen somit wirkungslos.
Die sprichwörtlichen Übertreibungen der Marketing-Abteilungen trafen auf die harte Realität der Fotopraxis und trugen keineswegs zur Besserung des Images der jeweiligen Firmen bei. - Auch, wenn alle dafür bezahlten Marketing-Experten selbstredend nun das Gegenteil behaupten.
Wer behauptet, dass die Marketing-Etats angeblich nicht gestiegen wären, soll bitte einmal die in den Bilanzen oft versteckten Marketing-Kosten betrachten. So gehören laut Ansicht vieler Ökonomen die ständigen Preisnachlässe (Rabattaktionen von 10 bis teilweise weit über 20 Prozent) dazu.
Missbrauch sozialer Medien für Schleichwerbung
Das unappetitliche Thema der halblegal bezahlten horrenden Schmiergelder für Werbung, Falschaussagen und gezielte Beeinflussungen durch sogenannte Meinungsführer und Meinungsbildner in den sozialen Medien (Influencer) seit 2014 soll hier zugunsten der Hersteller nicht weiter ausgebreitet werden (siehe z.B. Photo business: the rise and impending fall of social media 'influencers'. Aber auch dies sind - sofern korrekt verbucht - natürlich Marketing-Kosten.
In den USA sind derartige - höflich ausgedrückt - product-placements / Produkteinbettung schon lange üblich. Aber in Deutschland und vielen anderen Ländern ist so eine Schleichwerbung schlicht verboten. Und in den Sozialen Medien, wurde so das Vertrauen der Nutzer vorsätzlich missbraucht, und diese Menschen wurden bewusst getäuscht.
Nebenbei: Dass sich vor allem die sonst so kritischen Jugendlichen durch diese knallhart als Beeinflusser (Influencer) bezeichneten teilweise hochbezahlten Fotografen derart manipulieren lassen, erstaunt.
In Europa boomt der Markt mit der vorsätzlichen Beeinflussung derart, dass inzwischen ganze Agenturen davon gut leben können, jeweils hunderte Fotografen dafür zu vermitteln. Laut Spiegel (Bettina Hensel: Vollzeitjob Social Media) wurden Mitte 2016 noch immer offiziell 600 Euro oder 1.500 US$ bezahlt, in Deutschland rund 1.000 Euro je vorsätzlich gefälschtem Artikel, der nicht als Werbung gekennzeichnet wird. Offiziell räumen Firmen ein, 500-2.000 Euro für ein Advertorial in Deutschland zu bezahlen. Dabei handelt es sich meist um eine als Produkttest getarnte Werbung, selbstredend mit ins Positive gedrehten und gefälschten Inhalten.
Mir liegen Informationen vor, dass die Preise im Fotobereich deutlich nach oben gehen, wenn man im Text zu den (Reise- etc.) Fotos auf die Herstellermarke und deren angebliche Vorteile eingeht oder die Ausrüstung (ganz zufällig) mit ins Bild bringt.
Und wer postet nur 1 Foto am Tag?
Für jede der ebenso gefälschten positiven Antworten und Kurz-Stellungnahmen sogenannter angeblicher Freunde, Buddys und vermeintlichen Kritiker etc. unter dem Artikel werden in Deutschland laut Agenturangaben jeweils 150 Euro bezahlt.
Und wenn die externe Werbe-/Marketing-Agentur den Absatz dennoch nicht ankurbeln kann, dann wird sie ausgewechselt - statt eine solide Ursachen-Analyse durchzuführen.
Dass inzwischen viele Kunden aufgrund der seit Jahren gebrochenen Werbeversprechen sowieso kaum mehr etwas glauben, will in den Marketing-Abteilungen auch niemand hören.
Preisdumping
Offiziell groß angekündigt oder inoffiziell durchgeführt, fanden sich fast überall - zuerst vereinzelte und dann regelmäßig wiederkehrende - Sonderangebote, um die extreme Überproduktion im Fotobereich absetzen zu können.
Hinzu kam bei völliger Fehleinschätzung des Marktes mit folglich großer Überproduktion ein massiver Absatz im sogenannten grauen Markt.
Sie haben richtig gelesen: Manche Hersteller beliefern regelmäßig selbst den Graumarkt mit 1A-Produkten zu extrem niedrigen Preisen.
Damit sie dabei jedoch letztendlich keinen Verlust erleiden, wird der Service ausbedungen. D.h. man kann ein Spitzenprodukt z.B. eine Original Nikon D850 auf dem Graumarkt weltweit für 30-50% unter dem üblichen nationalen Marktpreis erwerben, erhält dann jedoch vom Hersteller in seinem Land keinen Support.
Bei manchen Foto-Produkten aus niedrigeren Preisregionen wurden die Weltmärkte sogar richtiggehend mit Grauware geflutet.
Im Endergebnis werden beide Kundengruppen jedoch verunsichert: Die einen erhalten keinen Support und die anderen, welche in offiziellen Kanälen eingekauft haben, sehen sich einem dramatischen Wertverlust ihrer Kameras auf dem Gebrauchtmarkt ausgesetzt. Abgesehen davon, dass sich die meisten Menschen darüber ärgern, dass ein Nachbar die identische Kamera oder dasselbe Objektiv 30-50% preiswerter erwerben konnte.
Bei beiden Käufergruppen bleibt bewusst oder unbewusst ein Image-Schaden zurück.
In Kombination mit oben geschilderter allgemeiner Einschränkung des nationalen Supports wird dadurch bei einer steigenden Zahl die Kaufbereitschaft im Graumarkt erhöht. Frei nach dem Motto: Wenn ich sowieso keine brauchbare Unterstützung bei Problemen erhalte, dann kann ich mir den nationalen Aufpreis dafür auch sparen.
Langfristig scheint das zunehmende Preisdumping sowohl durch Sonderangebote als auch den Graumarkt eher kontraproduktiv für die Kamerahersteller zu sein.
Um neue Produkte auf den Markt werfen zu können - und auch 2020 wird wieder ein Jahr für zahlreiche Neuankündigungen sein -, muss man die alten Lagerbestände jedoch räumen. D.h. das Preisdumping wird noch eine Zeit weitergehen und paradoxer Weise mit drastischen Preiserhöhungen für Neuprodukte (insbesondere in Europa) kombiniert sein. Nur so lässt sich das Preisdumping der Altprodukte finanzieren.
Seit 2019 kam es jedoch auch bei Neuprodukten zu einem wahren Preiskrieg, nur um Marktanteile zu halten oder zurückzugewinnen.
Konzern-Umstrukturierungen
Bereits die Ankündigung einer Umstrukturierung lässt die Börsenkurse ansteigen.
Dies ist auch der Hauptgrund, warum man sie durchführt. Die Zielgruppe sind die Börsianer - nicht die Fotografen. Und Börsenhändler sind keineswegs so naiv wie viele Fotoapparat-Käufer. Die Börsianer haben den Niedergang der Foto-Branche seit Jahren mitverfolgt und lassen sich durch Marketing-Sprüche nicht mehr bluffen.
Falls Konzern-Umstrukturierungen perfekt durchgeführt werden, dann spart das Unternehmen ganzheitlich betrachtet langfristig sogar Geld.
In der Regel sehen die Effekte jedoch anders aus:
Fast überall findet sich in der Übergangszeit Chaos, bis die neuen Strukturen gelebt und die unterschiedlichen Prozesse von allen Mitarbeitern verinnerlicht werden.
Leerlauf, Ineffizienz, Frustration vieler Mitarbeiter sind oft die Folge.
Der Letzte in der Kette, der schließlich alles abbekommt, ist der Kunde.
Produktschwemme
Vertriebstechnische Pseudologik: Wenn der Kunde aus drei Produkten nicht sein Idealprodukt finden kann, dann müssen wir mehr anbieten.
Auf die Spitze trieb es Nikon. Ich bezweifle, dass ein Vertragshändler derzeit in der Lage ist, die exakte Anzahl der heute lieferbaren Nikon-Kameras aus dem Stand zu nennen. Diesbezügliche Testberatungsgespräche bei meinen Nikon-Händlern verliefen niederschmetternd. (Auflösung des Rätsels: Im Februar 2016 waren es weltweit 27 offizielle Modelle alleine im APS-C- und Vollformat-Bereich. - Nachdem mehrere Mitarbeiter von Nikon Deutschland und Nikon Japan diesen Artikel mit meiner Kritik gelesen hatten, wurden im Spätsommer 2016 sowohl der internationale als auch der deutsche Internet-Auftritt ausgemistet. Ende 2016 fanden sich international und in Deutschlandnur noch 15 Modelle. Zwar waren 2017 manche alten Modelle immer noch im Handel erhältlich, wurden jedoch von Nikon zumindest nicht mehr aktiv beworben. - P.S. Die zwei Angebote unterscheiden sich: International findet sich noch die D4S im Angebot, in Deutschland stattdessen die analoge F6-Kleinbildkamera.) - Selbst Anfang 2020 waren es bei Nikon weltweit 22 und in Deutschland noch 13 offiziell beworbene Modelle. Daneben fanden sich im Internet und beim Fachhandel noch weitere ältere Modelle im Angebot, die noch immer nicht abverkauft werden konnten. - Bei Canon sah es 2020 noch schlimmer aus: 3 R-Modelle, 9 DSLR-Vollformat-Modelle, 6 spiegellose APS-C-Modelle, 9 APS-C-DSLRs - zusammen 21 offiziell beworbene Kameras in Deutschland. Und weitere (teilweise ältere Modelle und Sondervarianten) im Ausland und im Fachhandel. Die zahllosen weiteren Modelle im Bereich Kompakt-, Bridge- und Sofortbild-Kameras habe ich dabei nicht einmal eingerechnet.
Wenn jedoch bereits die Händler mit der Produktschwemme überfordert sind, wie soll ein Normalkunde da noch durchblicken.
Im Übrigen fand ich bei meinen Recherchen zu diesem Artikel eine Analyse, welche bereits 2005 darauf hinwies, dass die japanischen Kunden schon damals angesichts der (faktisch noch minimalen) Auswahl an digitalen Kameras überfordert waren. - 10 Jahre lang haben manche Kamerahersteller also nichts dazugelernt.
Die Unterschiede der einzelnen Produkte wurden gleichzeitig immer geringer - und in der Foto-Praxis immer irrelevanter.
Der Nachteil liegt jedoch auch für die Hersteller darin, dass sie bei großen Produktspektren kaum mehr die Skaleneffekte je Einzelprodukt nutzen können und so viel seltener mit einem Modell in die Gewinnzone gelangen.
Eine Untervariante der Produktschwemme war die Nischenabdeckung. Wenn irgendein wohlhabender Kunde zu einer Herstellerfirma kam und dort auf einen Marketing- oder Vertriebsfachmann stieß, konnte er seine absoluten Sonderwünsche loswerden. Jene glaubten dann allen Ernstes, dass derartige Mindermeinungen einen lukrativen Markt darstellten. So entstanden z.B. Retro-Kameras mit schlechteren Leistungen aber zu wesentlich höherem Preis. Derartige Auswüchse führten sogar zu vergoldeten Kameras für die wirklich Reichen. Insgesamt waren und sind derartige Märkte jedoch der Mode unterworfen, d.h. zeitlich begrenzt. Ferner ist die Zielgruppe überschaubar klein. Selbst GoPro musste mit seinen Action Cams Ende 2015 einräumen, dass der Verkauf stagniert. U.a. war nicht nur mir unklar, was der Unterschied zwischen einer Foto-/Video-Kamera und einer Action-Kamera sein sollte. Etwas kleiner und leichter reichte nicht mehr aus. Heute besitzen fast alle Kameras vergleichbare Foto- und Video-Eigenschaften. Inzwischen ist auch dieser Teilmarkt / diese Nische derer, die für so etwas extra Geld bezahlten, abgedeckt. Folglich stellte GoPro 2016 zahlreiche Produktserien komplett ein. - Generell hege ich den Verdacht, dass derartige Nischen oft viel schneller gesättigt sind, als die meisten Hersteller das wahrhaben wollen.
Extreme Pseudo-Innovationszyklen
Vertriebstechnische Pseudologik: Wir machen es den Smartphone-Herstellern nach: Jedes Jahr ein neues Nachfolgemodell der Kamera. Wer angeblich jedes Jahr ein neues Smart-Phone kauft, kauft auch eine neue Kamera.
Das einzige, was man von den Smartphones kopierte, war somit ein Detail, das exakt so auf den Fotobereich nicht zutraf.
Ein neues Smartphone ist ein extremer Imageträger, den man täglich bei sich trägt und laut Studien durchschnittlich über 80 Mal täglich in die Hand nimmt. Eine ausgewachsene Fotokamera wird im Vergleich dazu nur von relativ wenigen Menschen besessen und von noch viel weniger Enthusiasten ständig mit sich herumgetragen. Letztendlich ist der Image-Faktor auch der teureren Fotokamera-Modelle eher gering.
Völlig übersehen wurde, dass Smartphones in vielen Ländern meist an Anbieterverträge mit 2 Jahren Laufzeit gebunden sind, nach deren Ablauf der Kunde automatisch ein neues Modell zum oft extrem reduzierten Preis angeboten erhält. - Ganz im Gegenteil zu neuen Kameras.
Nebenbei bemerkt wird gerne übersehen, dass das Smartphone psychologisch wirkungsvoll somit quasi im Ratenvertrag oder wie bei moderner Software für anscheinend überschaubare monatliche Gebühren gemietet resp. geleast wird. Von derart geleasten Dingen trennt man sich auch viel leichter wieder. Man tauscht sie ja angeblich nur kostenlos gegen bessere ein.
Überdies wurde übersehen, dass im Smartphone-Bereich aufgrund der bisher kurzen Entwicklungsgeschichte tatsächlich noch technische Revolutionen stattfinden.
Das Verhalten der Hersteller ist auch deshalb erstaunlich, weil der Photoindustrie-Verband bereits 2013 gemäß eigenen Untersuchungen feststellte, dass die Kunden schon damals ihre Kamera durchschnittlich 4,6 Jahre behielten.
Im Fotobereich werden jedoch inzwischen nicht selten Details als revolutionäre Neuerung angepriesen, die sich bereits in den Vorgängerversionen der Kamera befanden oder sich dort zumindest mit deutlich preiswerterem Zubehör hätten ergänzen lassen.
Am extremsten treibt es derzeit die Firma Sony, die inzwischen bei vielen Kameras jährlich das Nachfolgemodell herausbringt (z.B. RX100I-VII oder selbst die Top-Modelle der A7-Vollformatkameras).
Da hierbei die Qualitätssicherung anfangs auf der Strecke blieb, machen erste Gerüchte die Runde, die behaupten, man könne Sony-Kameras inzwischen erst ab Version 3 verwenden, da sie vorher unausgereift seien - wie bei früheren Microsoft-Produkten - hier jedoch Bananen-Hardware: reift beim Anwender.
Somit stehen kurzfristigen Marketing-Erfolgen langfristige Image-Schäden gegenüber.
Den damit einhergehenden Wertverlust von teilweise über 50% je Jahr trägt der Endkunde. Und das bei Preisen im vierstelligen Bereich.
Noch ungemütlicher und teurer wird es für den Kunden, wenn dann der Hersteller jedes Jahr ein zentrales Detail ändert, wie bei Sony die Objektivanschlüsse oder Bildstabilisierung (im Objektiv statt wie früher in der Kamera), sodass auch das teure Zubehör entwertet wird.
Geradezu grotesk wirken derartige Fortschritte, wenn wie bei Sony die Bildstabilisierung im Folgejahr wieder zurückgenommen wird und allen Ernstes der alte Zustand (Bildstabilisator in der Kamera) nun erneut als revolutionäre Neuerung vermarktet wird.
Noch niederschmetternder wirken nur noch angeblich verbesserte Nachfolgeprodukte, die in Tests schlechter abschneiden als das Vorgängermodell.
Fatale Auswirkungen für die Praxis der Fotografen zeigen inzwischen auch die von Fachzeitschriften bejubelten kurzen Innovationszyklen bei Nikon. Nachweislich führten sie in den letzten Jahren vor allem im hochpreisigen Vollformat-Bereich zu gravierenden Nachteilen.
Zuerst wurde die D4 durch die D4s ersetzt (Nikon sprach eher von ergänzt, da das alte Produkt weiter verfügbar blieb), weil die D4 nicht die Erwartungen erfüllte.
Dann wurde die mit zahllosen kleinen Ärgernissen gebeutelte D800/800E durch die D810 ersetzt, bei der die meisten Fehler ab Werk behoben waren oder sich zumindest (z.B. Display-Farbe) selbst korrigieren ließen. Aber z.B. das Problem der weißen Pixel war noch immer nicht gelöst.
Das Desaster kam bei der D600 (fehlerhaft konstruiertes Scharnier am Schlitzverschluss), welche erst durch die Androhung von Sammelklagen in den USA zu einem Nachfolgemodell D610 führte. - Mir liegen Berichte von Nutzern vor, die selbst nach mehreren Reparaturen noch immer unter den typischen Verschluss- / Sensorproblemen dieser Kamera leiden.
Und schließlich folgte das Langzeit-Drama von 2014 bis 2017 mit der D750, von Banding bis hin zu Randabschattung. Schließlich 2016 der halbherzige Rückruf des Modelles wegen des defekten Verschlusses. 2017 kam es zur dritten ziemlich kleinlauten Rückrufaktion. - Zahlreiche Gurus vermuteten damals bereits, dass aufgrund des inzwischen erheblich beschädigten Images dieses Kameramodells bald eine völlig überarbeitete D780 auf den Markt geworfen wird. Es kam 2020 als abgespeckte Kamera zum höheren Preis heraus.
Beschämend ist dann die ungenügende bzw. sogar fehlende Kommunikation des Herstellers gegenüber dem Kunden - vor allem in Deutschland: Auf den deutschen Nikon-Seiten musste man sehr kompliziert vorgehen, um überhaupt eine Information darüber zu finden. In den meisten Fällen wurden die Endkunden, welche sowohl dem Hersteller als auch dem Verkäufer namentlich und mit Adressen bekannt sind, weder angeschrieben noch per E-Mail informiert. Oft musste er sich sogar selbst zuerst im englischsprachigen Ausland aktiv informieren, um etwas über die Probleme zu erfahren, da in Deutschland so etwas fast immer heruntergespielt oder tabuisiert wird. - Wir sprechen hier über den nicht-vorhandenen Service bei Produkten im vierstelligen Euro-Bereich.
Inzwischen scheint es auch bei manchen Firmen in der Foto-Branche üblich zu sein, dass man nur noch in der Salamitaktik das zugibt, was bereits dutzende oder hunderte von Anwendern wissenschaftlich als Fehler nachgewiesen und im Internet publiziert haben. Einzelfälle werden immer öfter als Anwenderfehler und der jeweilige Kunde als Dummkopf abgetan.
Bis heute hat Nikon nicht über die wahren Ursachen und Probleme aufgeklärt. Der Kunde bleibt im Dunkeln. - Schenken Sie deshalb auch keinen beschwichtigenden Gurus, angeblichen Insidern etc. irgendwelchen Glauben. Solange Nikon nichts Offizielles verlautbaren lässt, raten alle nur herum. Und da Nikon keine Details preisgibt, darf man vermuten, dass es sich um keine Lappalie handelt.
Dem Autor sind mehrere Personen bekannt, welche für die D750 bewusst erst bis zum Sommer oder Herbst 2015 mit dem Kauf warteten, weil Nikon damals offiziell mitgeteilt hatte, nun alle Fehler behoben zu haben. D.h., selbst wenn Nikon einmal etwas Seltenes verlautbaren lässt, ist es keinesfalls immer zutreffend.
Und kurz darauf kam es 2016 zu gravierenden Schwierigkeiten mit der nagelneuen D500 (APS-C-Top-Modell), die neben unerklärlichen Batteriephänomenen u.a. Schreibprobleme mit zahlreichen teuren Speicherkarten aufwies. Hinzu kamen Probleme mit Objektiven bei Fremdherstellern. Trotz mehrerer Firmware-Updates ließen sich die zahlreichen Probleme bis heute (Stand: Anfang 2020) nicht bei allen Kunden beheben.
Auf die in den letzten Jahren auch bei Objektiven und der Software aufgetretenen Problemen sei ebenfalls kurz hingewiesen.
Und im Herbst 2017 mehrten sich die Meldungen, dass sich exakt dieselben sporadischen Probleme der D500 auch bei der neuen D850 fanden. Bei dem Preis will der Kunde eigentlich nicht immer wieder einen harten Kaltstart der Kamera durch Herausnehmen des Akkus durchführen. Hinzu kam, dass DPReview in einem sehr genauen Test der Bildqualität feststellte, dass in dunklen Bildpassagen Sensorprobleme auftreten: So finden sich sporadisch auftretende Hot-Pixel, die 5-20 Mal heller sind als die Umgebung. Es handelt es sich um ein unerklärliches Phänomen, das man nachträglich mit einem weiteren Bearbeitungsschritt (Chroma = Farbe Rausch-Reduzierung) in Lightroom oder Photoshop mildern muss / kann. Aber es beeinträchtigt die so gelobte ISO-Invarianz der neuen Nikon-Sony-Sensoren.
Danach war das Problem des sich aufhängenden 3D-Verfolgungsautofokus im Dauerfeuer auf immer mehr Kameras feststellbar. Exakt in diesem Sportmodus würde man ihn benötigen.
Angesichts der Fakten ist es wohl nicht übertrieben, zu behaupten, dass Nikon zu wenig testet und seine Produkte zu früh auf den Markt wirft. Die Endkontrolle scheint man zumindest in einigen Produktionsstandorten auch nicht in den Griff zu bekommen. Meines Erachtens sind das Folgen der harten Sparpolitik.
Fazit: Da ich von den derzeitigen Vorteilen der Sony-/Nikon-Sensoren überzeugt bin (sofern die Kameras funktionieren), wollte ich mir 2016/17 eine der neuen Nikon-Kameras kaufen, habe dies jedoch um mindestens ein Jahr verschoben, bis die wohl kaum vermeidbaren Probleme erkannt und behoben sind. - Wie so viele ernsthafte Fotografen will ich sorgenfrei fotografieren und keinen Frust aufbauen, weil ich wieder einmal als Testkaninchen herhalten soll.
Abgesehen von den jeweiligen Marketing-Abteilungen glaubt sowieso weltweit kein ernst zu nehmender Fotograf mehr, dass man angesichts der überall ausgereiften Technik binnen eines Jahres noch Revolutionen erzielen kann.
Im Übrigen ist bereits die Grundannahme sehr fragwürdig: Neue Technik zwingt die meisten oder alle Kunden zum (sofortigen) Neukauf.
Selbst die Revolution von analogem Film zu digitalem Sensor zwang viele Fotografen erst nach mehr als 10 Jahren zum Umstieg.
Und angesichts weitgehend ausgereifter Fototechnik lösen ein paar Prozent mehr Leistung hier oder dort schon lange keinen Kaufrausch mehr aus.
Noch extremer gilt dies für Objektive, wo sogar an modernsten hochauflösenden Kameras selbst heute 10-20 Jahre oder ältere analoge Objektive verwendet werden - mit durchaus guten Ergebnissen.
Angesichts des überall nachweisbaren Effektes des Gut-genug respektive der letzten Kamera bleibt es unverständlich, warum selbst in modernsten Analysen immer wieder (geradezu Mantra-artig) auf den angeblich großen Druck der Neuanschaffung / Ersatzbeschaffung (replacement demand) in Europa und USA hingewiesen wird, der nun endlich den Markt ankurbeln müsse. Das klingt so, als ob die europäischen und amerikanischen Fotografen seit Jahren sehnsüchtig auf die neue Technik warten, um dann spontan und bereitwillig tausende zu investieren.
Man könnte meinen, viele Analysten glauben allen Ernstes, dass man mit der bisherigen Ausrüstung überhaupt keine (oder zumindest keine guten) Fotos machen kann, oder dass die Produkte alle zwei bis drei Jahre (also nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung und der Herstellergarantie) automatisch zerfallen.
Vermutlich handelt es sich bei zahlreichen Analysten nicht um Fotografen. Und sie haben zu einer derartigen Analyse wahrscheinlich auch keine durchschnittlichen Fotografen befragt.
Zur Ehrenrettung sei angemerkt, dass erste Analysten (Link / Seite / Quelle nicht mehr vorhanden) in Europa seit Ende 2014 zaghaft davon sprechen, dass Fotografen ihre Kamera länger behalten. Sie leiten daraus sogar korrekt ab, dass diese Fotografen mit ihrer bisherigen Ausrüstung offensichtlich zufrieden sind.
Allerdings scheint mir dies angesichts ausgereifter Kameratechnik weltweit zu gelten - und zwar auch für Neueinsteiger - sogar in Schwellenländern. Ich wage deshalb die These, dass die meisten Einsteiger bereits mit der ersten Kamera für lange Zeit zufrieden sind. Falls sich bei einigen ambitionierten Fotografen diese als Fehlkauf herausstellen sollte, dann reicht spätestens die zweite angeschaffte Kamera für sehr lange Zeit aus.
Wenn man somit die Ereignisse der letzten Jahre bei Kameraherstellern Revue passieren lässt, kann man vieles davon durchaus als Panikmodus bezeichnen.
Geringe Innovationszyklen
Andere Firmen, wie Canon, gehen vereinzelt den gegenteiligen Weg, um Geld einzusparen bzw. die Kunden auf die wenigen alten Produkte zu leiten.
Sie reduzieren die Produkterneuerungszyklen bis hin zu dem Punkt, an dem sich Kunden ernsthaft fragen, ob da überhaupt noch ein Nachfolgeprodukt kommt, oder man die Serie aussterben lässt (7DII nach 5 Jahren, respektive keine 7D Mark III mehr).
Lange Laufzeiten mögen die Skaleneffekte erhöhen, die Gewinne steigern, den Werterhalt sichern etc. und in den Augen vieler Fotografen auch sinnvoll sein. Aber so funktioniert der aktuelle Fotomarkt nicht. Die Kunden erwarten alle 3-4 Jahre ein neues Produkt - nicht, weil man es sich mehrheitlich sofort kaufen will, sondern quasi als Lebenszeichen des Herstellers.
Auch hier werden nicht alle Kunden wirklich glücklich. Und manche wandern in der Zwischenzeit zur Konkurrenz ab.
Abschließend muss man es auch einmal knallhart formulieren, wie es Investmentbanker schon seit Jahren inoffiziell tun: Japan ist schon lange nicht mehr das Zentrum der Innovation oder der Technologie. Das zeigt sich inzwischen auch deutlich im Fotobereich.
Vernachlässigung ganzer Sparten
Um modernen Trends (der Konkurrenten) zu folgen, werden wertvolle eigene Kapazitäten der Hersteller oft in neue Bereiche verlagert.
Da man derartige Fachkräfte kaum oder zumindest nicht schnell extern beziehen kann, vernachlässigen die meisten namhaften Kamerahersteller inzwischen de facto den APS-C-Bereich, indem sie z.B. keine wirklich hochwertigen Objektive dafür herstellen.
Niederschmetternd sieht es bei den Platzhirschen in Bezug auf Micro-Four-Thirds oder vergleichbare spiegellose Produkte aus. Alles bisher Angebotene war - höflich ausgedrückt - suboptimal und halbherzig. - Diese kesse Aussage halte ich sogar für die neuen spiegellosen Vollformat-Modelle von Nikon und Canon bis einschließlich 2019 aufrecht.
Noch deutlicher sieht es bei zahlreichen anderen Herstellern aus, die sich sowieso von vornherein auf wenige oder nur ein Segment (z.B. Micro-Four-Thirds) beschränkt hatten.
So wird ein sinnvoller Auf- oder bewusster Abstieg (neudeutsch vornehm als Downsizing bezeichnet) kaum mehr möglich. Jede Veränderung erzwingt vom Fotografen folglich einen kompletten Systemwechsel und birgt für die Hersteller somit die Gefahr, dass der Kunde dann auch gleich für immer die Firma wechselt.
Erstaunlich bleibt auch noch immer, dass selbst 2015 in Europa der Anteil der Kompaktkameras (Kameras mit kleinem Sensor) über 70% aller verkauften Kameras betrug (in anderen Regionen lag er zumindest bei oder über 60%). D.h. 6 bis 7 von 10 Käufern entschieden sich für leichte, kleine, eher preiswerte Kameras.
Sogar 2019 lag das Verhältnis der produzierten Kompakt- und Bridge-Kameras zu allen Systemkameras noch immer bei 45% zu 55%. Auch, wenn es zu weit ginge, alle als Rentner zu bezeichnen, so dürfte deren Anteil dabei doch groß sein. Selbst, wenn es ferner sicherlich zu weit ginge, die meisten eher als dokumentierenden Touristen abzustempeln, so dürfte es dennoch den Firmen sehr schwer fallen, einen großen Anteil davon zu ambitionierten Fotografen zu machen und in den teureren Sektor der Systemkameras zu migrieren. Meine persönliche Erfahrung ist hierbei in Europa erschreckend: Über 90% der Menschen, denen ich aus vielen Gründen und trotz deren auch selbst anerkannten Wünsche nach höherer Qualität zu einer Systemkamera riet, bleiben dennoch bei den Bridge- und Reisekompakten. Jene sind jedoch technisch weitgehend ausentwickelt, die Margen der meisten Modelle gering und der Markt ist aufgrund der Überalterung der Kunden rückläufig. Als Folge lässt sich sogar feststellen, dass die Qualität der Produkte und vor allem die Endkontrolle in diesem Bereich der preiswerten Kompaktkameras nachlassen. Langfristig wird dies vermutlich viele Kunden vertreiben.
Einen Bereich scheinen die meisten Hardware-Hersteller nicht zu sehen: Die Software. Für Kameras erhält man selten Software = Firmware. Meistens werden nur die gröbsten Fehler nachträglich behoben, damit die Hardware so halbwegs läuft, dass die größten Beschwerden der unzufriedenen Kunden nachlassen. Aber neue Funktionen der Kamera erhält der Kunde nur, wenn er das Nachfolgemodell für noch mehr Geld kauft. Die meisten Hardware-Hersteller denken somit in großen Stufen. Noch scheinen nur wenige erkannt zu haben, dass heute der Schwerpunkt auf Software liegt, und dass man die Kundenbindung erheblich erhöhen kann, wenn man diese Software ständig weiterentwickelt. Man kann für ein Update mit neuen Funktionen sogar Geld verlangen. Andere Branchen haben dies schon lange erkannt. Auch technisch spricht nichts dagegen, die Kameras regelmäßig mit gewissen neuen Zusatzfunktionen auszustatten (siehe z.B. Magic Lantern für Canon). - IBM hatte dies im letzten Jahrhundert als Computerbauer ebenfalls nicht begriffen. Die großen Gewinne machten deshalb anschließend die Software-Hersteller. - Und bei den Dreingaben besteht keine Gefahr der eigenen Kannibalisierung. Wie bei Software so üblich, wird dem Kunden nach ein paar Jahren Software-Aufrüstung schon selbst deutlich werden, dass seine alte Hardware-Kamera (der Prozessor) zu langsam ist. Dann kauft er neu - wie bei den PCs seit Jahrzehnten.
Konzentration auf Vollformat und Qualität
Im Gegenzug konzentrieren sich immer mehr Firmen auf den Bereich der Vollformatkameras (teilweise sogar Mittelformat), bei denen die Gewinnmargen noch ansehnlich sind.
Aber immer weniger Menschen benötigen tatsächlich die Fähigkeiten der modernen Vollformatkameras mit 50 oder weit mehr Mega-Pixeln etc. und sehen dies auch selbst ein.
Ökonomisch kommt hinzu, dass ganze Medienkonzerne (wie Springer) sich vom Print-Bereich trennen und zu digitalen Medien wechseln. Dies wird auch massive Auswirkungen auf den Profi-Bereich haben, da man zukünftig keine doppelseitigen A3-Fotos in 300 dpi-Auflösung mehr benötigt.
Ferner wurde bereits 2016 immer deutlicher, dass nicht nur Profis (selbst der öffentlich-rechtlichen Anstalten, die alles ersetzt und ihre Arbeit lukrativ bezahlt bekommen) Angst haben, mit großer, auffälliger, teurer Ausrüstung in sogenannte No-Go-Areas (in Europa) zu laufen, sondern auch immer mehr Privatpersonen aufgrund zunehmender Gewalt sich keineswegs selbst durch eine Vollformatkamera zum Opfer machen lassen wollen.
Man darf somit abwarten, ob wirklich alle dem Lockruf der Hersteller zur teuren Vollformat-Kamera folgen.
2015 hielt der gesamte Bereich der DSLR und Spiegellosen (= der Systemkameras) - je nach Region - zwischen 1/4 bis zur Hälfte der Marktanteile, wobei sie in Europa am niedrigsten und in Asien am höchsten lagen. Es wäre völlig unzutreffend, alle diese als Vollformat zu bezeichnen. Man darf optimistisch eher von einem maximal ca. 10% großen Anteil für Vollformat ausgehen. Die meisten Kunden weltweit kauften auch 2015 noch immer Micro-Four-Thirds- und APS-C-Modelle (in Deutschland in umgekehrter Reihenfolge). Selbst Anfang 2020 kann man noch immer getrost von einem Verhältnis von 5:1 kleinere (= Crop-) Sensor-Kameras zu Vollformat und Mittelformat ausgehen.
Und zumindest für Deutschland lässt sich eine klare Abnahme des Interesses an großen DSLR Kameras nachweisen. Das Interesse fiel seit 2013 auf ein Fünftel.
Zumindest für Deutschland kann ich ein nachlassendes Interesse am Kerngeschäft DSLR-Kameras nachweisen.
Abgefragtes Suchwort dslr (blau) bei Google vom 01.01.2004 bis 01.05.2019 (nur Deutschland). Das Interesse stieg bis März 2013 an und fünftelte sich seitdem beinahe auf ca. 22%.
Andere Hersteller konzentrieren sich auf den High-End-Bereich, in dem man zwar weniger Kunden aber auch die betuchteren anspricht, mit denen noch Profite erzielbar sind.
Grundsätzlich scheint mir jedoch die zunehmende Konzentration fast aller Hersteller auf den hochpreisigen Luxus-Bereich nicht zu Ende gedacht. Wollen alle Kamerahersteller wirklich im Marktsegment von Leica und Zeiss landen? Dafür scheint mir der derzeitige Fotomarkt kaum geeignet. Konservativ geschätzt kann mindestens die Hälfte der mir bekannten Fotografen diesen Weg finanziell überhaupt nicht mitgehen. Könnten oder wollten Sie es, dann wären sie ja bereits Kunde bei Leica und Zeiss.
Nachtrag März 2017: Inzwischen mehren sich die Gerüchte, welche behaupten, dass viele Fotofirmen tatsächlich diesen Schritt gehen wollen. Angeblich hätten sie Fotokameras in der Preisklasse 5.000 Euro aufwärts in der Entwicklung. Wohl gemerkt umfasst dieser Preis nur das reine (=leere) Kameragehäuse. Wenn dann - wie üblich - in den unteren Preissegmenten nur noch die alte Technik von oben heruntergereicht würde - also keine Entwicklung mehr stattfände -, wäre dies das Ende aller halbwegs erschwinglichen Sensor-/Kameraklassen für Normalverdiener. Millionäre können sich diese teuren Kameras immer leisten. Obwohl deren Anzahl drastisch ansteigt, werden jene die Fotoindustrie jedoch kaum retten können.
Bereits heute zeigen sich negative Effekte, dass zahlreiche Menschen sich die völlig überteuerten Edel-Kompaktkameras nicht mehr als Zweitkamera leisten können oder wollen. - Und um den Marketing-Fachleuten der Hersteller gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen: Diese vergraulten Fotografen kaufen dann keine preiswertere Kompaktkamera beim gleichen Hersteller, sondern vorübergehend meist keine kleine Zweitkamera.
Dies lässt sich im Übrigen auch gut an den Bewertungen zu den Sony-RX100 bei Amazon zeigen: Für das 1. Modell I fanden sich Anfang 2020 600 Kaufrezensionen, für das Folgemodell II 201, für die Version III 322, für das Modell IV nur 158, für Modell V inklusive das Nachfolgegerät Va nur 87, für das Modell VI zählte man 53, für das überteuerte Modell VII nur 40 Rezensionen. Auch wenn man dies nur cum grano salis mit Käufern gleichsetzen darf und die Zeiträume auch schwanken so kann man doch zumindest maximal eine Stagnation herauslesen. Da alle Modelle noch immer angeboten werden, kaufen sich nachweislich viele Interessenten erst Jahre später das dann preiswerte Vor-Vor-Vor-Modell. Offensichtlich sind viele Kunden preisbewusster und intelligenter als die Marketing-Abteilungen der Hersteller vermuten.
Die Folgen der Kombination von hohem Preis und schneller Iteration neuer Modelle lassen sich bereits jetzt für die Hersteller belegen und fortschreiben:
Erhebliches Aufsehen dank hohem Preis und ständiger vermeintlicher Innovation in den Medien, welches die Marketing-Abteilungen in ihrem Vorgehen bestätig.
Ein hoher Preis führt bei momentan hoher Produktion kombiniert mit geringer Nachfrage zu vollen Lagern (inklusive hohen Lagerkosten).
Um nicht darauf sitzen zu bleiben, beginnen die ersten Händler nach ein paar Monaten, den Preis zu senken. Die Mitbewerber folgen (zwangsweise). Schließlich muss der Hersteller seine Abgabe-Preise senken. Diese Spirale setzt sich fort.
Sobald ein Nachfolgemodell herauskommt, müssen für die Altmodelle bedeutende Rabatte eingeräumt werden. Ansonsten lässt sich die Überproduktion überhaupt nicht absetzen. Sowohl die firmeneigene Marketing-Abteilung als auch der Vertrieb bestehen auf derartigen Sonderangeboten.
Die Händler begreifen den Zyklus und setzen bereits kurz nach Erscheinen des neuen Modells ihre Preise herab, da sie nicht auf der teuer eingekauften Ware sitzen bleiben wollen. Frei nach dem Motto: Lieber jetzt ein kleiner Gewinn, als lange volle Lager, Verwaltungsaufwand und am Ende doch noch einen Verlust. Die Mitbewerber folgen, und der Hersteller muss noch früher die Abgabepreise senken.
Die Kunden erkennen den Zyklus und kaufen überwiegend die sowieso ausgereifte Technik erst 1-3 Jahre nach Erscheinen zu einem dann akzeptablen Marktpreis.
So ergeben sich insgesamt hohe Vertriebs-Kosten für Hersteller und Händler, die zumindest den Gewinn reduzieren.
Die geringe Zahl der Early Adopters, denen der Preis einer Ware gleichgültig ist, reicht kaum aus, um die Gesamtkosten zu tragen.
Bis die Fehlinterpretation der Marketing-Abteilung vom Management erkannt und durch eine Reduktion der Produktion korrigiert wird, befinden sich viele Altlasten (wie bei Sony bereits 8 Modelle, inklusive Va) gleichzeitig auf dem Markt, so dass es Jahre benötigt oder drastische Rabatte erfordert, um Platz für neue Produkte zu schaffen.
Der Hersteller beliefert nur noch ausgewählte Händler (siehe Nikon D810, D850), welche sich exakt an die überzogenen Hersteller-Preis-Vorgaben halten, worauf die Nachfrage einbricht. Die Interessenten wandern zu anderen Modellen oder gleich zu anderen Firmen ab. Als Folge senkt dann der Hersteller selbst die Preise oder beliefert den Graumarkt mit seiner Überproduktion, was wiederum die angeblich ausgewählten Händler vergrault, die Kompensation fordern resp. sich zukünftig nicht mehr zu solch einer (in einigen Ländern sowieso illegalen) Preisabsprache überreden lassen.
Ob sich durch stetige Anhebung der Preise für Neuprodukte langfristig die für das Überleben der Gesamtfirma notwendigen Skaleneffekte im digitalen Bereich erzielen lassen, muss folglich erst noch bewiesen werden.
Zwar kann man die Skaleneffekte erzielen, wenn man wie Sony die Modelle identisch über viele Jahre im Programm lässt. Aber bei Preisen, die nach über 7 Jahren - trotz Inflation und über vierzigprozentiger Euroabwertung - bei ca. 1/4 des Ersteinführungspreises liegen, scheint mir kein Gewinn mehr erzielbar. Ferner steigen dann z.B. die Ersatzteilvorhaltekosten im Service etc. für so viele Modelle an.
Neue Zielgruppe Frauen
Mit der Digitalisierung wurden die Frauen in ganz anderer Zahl als zu analogen Zeiten zur Fotografie hingezogen.
Und in der Tat blieben auch einige dem Hobby treu bzw. wurden sogar Berufsfotografinnen.
Allerdings zeigten die meisten Frauen - zumindest in Deutschland - ein deutlich anderes Kaufverhalten als Männer.
Auch, wenn die Untersuchungen aus anderen Bereichen (u.a. Automobil) stammen, so wage ich die Behauptung, dass sie cum grano salis übertragbar sind.
Die folgenden Untersuchungsergebnisse werden hier sachlich aufgelistet, ohne eine Bewertung.
Für Frauen ist der Preis bei der Auswahl viel entscheidender als für Männer. Hochpreisige Foto-Produkte sind deshalb nicht leicht zu verkaufen - vor allem, wenn der Mehrwert nicht sofort und deutlich ersichtlich wird.
Für viele Frauen ist die Qualität resp. der minimale Qualitätsvorsprung nicht so auschlaggebend wie für Männer, insbesondere, da die Qualität heute bei allen Fotoprodukten erstaunlich hoch ist. U.a. hat dies Auswirkungen auch bei der (regelmäßigen) Neu-/Wiederbeschaffung.
Beim Komfort wollen die Frauen jedoch etwas weniger Abstriche machen als die Männer, welche in diesem Punkt offensichtlich leidensfähiger sind für etwas mehr Leistung.
Frauen sind auch weniger markentreu resp. markenbewusst als Männer. Die Rechnung mit den subventionierten Einstiegsmodellen zur langfristigen Kundenbindung geht somit nicht in dem Maße auf, wie bei Männern.
Frauen legen meist auch weniger Wert auf eine üppige Ausstattung als Männer. Sie gelten auch in anderen Untersuchungen eher als ziel- und ergebnisorientierter.
Man darf somit viele der oben geschilderten Maßnahmen der Fotoindustrie in Bezug auf ihre positive Wirkung auf Frauen zumindest bezweifeln.
Auch, wenn ich persönlich einige Fotografinnen mit kiloschweren Profi-Vollformat-Kameras kenne, so sehe ich die Mehrheit der Damen nicht dorthin migrieren.
Obwohl diese ergriffenen Gegenmaßnahmen zusammengenommen sehr beeindruckend klingen, so handelt es sich dennoch m.E. eher um eine Symptombehandlung. Ketzerisch formuliert handelt es sich sogar nur um die klassischen Maßnahmen aus einem Grundseminar BWL. An die wahren Probleme geht keine Firma heran, da man sie offensichtlich entweder nicht wahrnimmt oder nicht wahrhaben will.
Generelle Herausforderungen
In fast allen Analysen werden zwei Faktoren für den Niedergang der Verkaufszahlen im Fotobereich zitiert, die jedoch eher Symptome als Ursachen sind: Die Finanzkrise 2008, nach welcher der Verkauf 2009 deutlich einbrach, und die Smartphones, welche spätestens ab 2012 äußerst erfolgreich waren. Sicherlich sind diese beiden Dinge wichtig. Aber die wahren Ursachen der anhaltenden Krise der Kamerahersteller lagen und liegen viel tiefer.
2016 und 2017 entscheiden über die Zukunft der Branche
Die wirtschaftliche Situation ist in zahlreichen Fotofirmen inzwischen sehr angespannt. Auch wenn alle Firmen das vehement bestreiten.
Nach inzwischen sechs Jahren Niedergang zielten fast alle Kamerahersteller nach 2016 auch 2017 mit einem Feuerwerk neuer Produkte auf die Kundengunst. D.h. fast alle Firmen gingen optimistisch davon aus, dass die Talfahrt der Fotobranche damit umkehrbar ist. Aber das glaubten sie schon seit 2009 resp. sie lassen sich öffentlich so zitieren. Auch für 2020 wurde uns wieder einmal ein Feuerwerk neuer Modelle avisiert.
Gemäß der Gerüchteküche war damals und ist auch heute noch jedoch eine Verbesserung der Produkte im gewohnten olympischen Stil des citius, altius, fortius (schneller, höher, stärker) zu erwarten. Ein klassisches Konzept, das bereits die letzten Jahre keinen nachhaltigen Erfolg mehr erzielte. - Selbstredend wird man im Zweifel 20 Bilder je Sekunde, oder ISO 3,3 Mio. und 75 Mega-Pixel nehmen, bevor man sich schlagen lässt. Aber nur die wenigsten Normalkunden werden für diesen minimalen Mehrwert zur jetzigen Kamera hohe vierstellige Summen ausgeben.
Falls auch dieses Produkt-Spektakel - aus meiner Sicht voraussagbar - nicht beim Kunden großflächig zünden sollte, werden die letzten Träumer der Herstellerfirmen den dreistetesten Schönrednern externer Werbeagenturen nicht mehr glauben und handeln. Und meine Erfahrung in solchen Angelegenheiten deutet darauf hin, dass die Verantwortlichen in den Konzernzentralen dann überreagieren werden.
Aufgrund der recht unterschiedlichen aber vom Kalenderjahr meist abweichenden Wirtschafts-/Produktionsjahre der Fotokamerahersteller werden erste Ergebnisse Ende 2016 und durchgreifende Entscheidungen wohl erst Ende 2017 erfolgen. Dann werden diese jedoch manchen Träumer auf Seiten der Fotokunden 2018 kalt erwischen. - Nachtrag: Das trat exakt im Sommer 2018 auch ein. Aber nach den olympischen Spielen 2020, auf die alle Japaner zur Gesichtswahrung positiv denkend hinarbeiten, wird es noch viel härter kommen.
Kein Manager kann gegenüber seinem CEO und dieser wiederum nicht gegenüber dem Aufsichtsrat oder den Aktionären 6 Jahre Verlust in Folge schönreden, vor allem, wenn die Produktions-/Verschiffungs-/Verkaufskurve derart steil nach unten zeigt.
Auch bei sehr wohlhabenden Konzernen gilt in der Regel nach 6 Jahren eine Daueranschubfinanzierung als nicht mehr länger tragbarer Verlust.
Das Märchen von den reichen Kunden, die alles bezahlen
Wert in 1.000 Yen je verschickter DSL. So wertvoll / teuer waren die DSL im Durchschnitt wirklich.
Alle Hersteller beteuern, dass sie einen massiven Trend zu teureren - pardon: hochwertigeren - Kameras feststellen und marketing-technisch auch bewerben, weil alle Firmen darin ihr Heil sehen, und der Kunde dies nicht nur bereitwillig mitmacht, sondern sogar wünscht. - Man ist hier an den Chevas-Regal-Effekt erinnert: Falls ein Produkt nicht gekauft wird, dann überteure den Preis. Dieser Trick aus der Verkaufspsychologie funktionierte bei vielen (nicht-technischen) Produkten.
Und in der Tat hat sich der durchschnittliche Wert der DSL-Kameras (alle Systemkameras mit und ohne Spiegel zusammen) zwischen 2011 und 2019 immerhin um 58,6% auf rund 54.010 Yen erhöht. (Zum Vergleich: Das waren im Februar 2020 etwa 449 Euro. Vorsicht: Hierbei handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um reine Netto-Produktionspreise.)
Erstaunlich ist die deutliche Zunahme 2017 und 2018. Offensichtlich waren durchschnittlich rund 59% Preissteigerung bis 2019 dem Endkunden vermittelbar. Aber es bleibt abzuwarten, wie viel er nochmals obendrauf mitträgt.
Jedoch ist dieser aus Firmensicht so erfreuliche Trend nichts im Vergleich zu den früheren Werten, welche die CIPA seit 2003 ausweist.
Um es ganz klar festzuhalten: DSL (Systemkameras mit Wechselobjektiv) sind heute (für die Hersteller) durchschnittlich nur halb so wertvoll wie 2003. Da die Inflation, Wechselkurse etc. nicht berücksichtigt wurden, lässt sich somit eher ein langfristiger Trend der Kunden hin zu preiswerteren Kameras ablesen.
Mit aller Vorsicht lässt sich somit behaupten, dass die meisten Kunden die in Fachzeitschriften und Foren bejubelten immer teureren Kameras zwar bewundern, aber sich dann doch mehrheitlich noch immer eher preiswerte Modelle anschaffen.
Der durchschnittliche Wert der verschifften Kameras wird jedoch auf jeden Fall zukünftig weiter steigen, da einerseits immer mehr Kunden aus den unteren Einkommensschichten den Firmen zu Smartphones weglaufen und andererseits die Firmen ihre Angebotspalette systematisch um hochpreisige Produkte ergänzen. Letzteres lässt sich u.a. gut an Nikon demonstrieren, wo man 2016 die D500 (eine APS-C-Kamera - für in Deutschland über 2.300 Euro UVP - nur für das Kameragehäuse) einführte. Kurz darauf übertraf dies Canon mit einer 4.065 Euro teuren 5D Mark IV Vollformatkamera. Auf die Spitze trieb es im Herbst 2017 Sony mit der teuersten Bridge-Kamera für 1.999 Euro (Cyber-Shot RX10 Mark IV). Olympus schockte alle 2019 mit der neuen 3.000 Euro teuren OM-D E-M1X - einer Micro-Four-Thirds-Kamera.
Wert in 1.000 Yen je verschickter Kompakt- und Bridge-Kamera. So wertvoll / teuer waren die Kompakt- und Bridge-Kameras im Durchschnitt wirklich.
Alle Hersteller beteuern, dass sie vor allem bei - und Bridge-Kameras einen massiven Trend zu wertvolleren Modellen feststellen und marketing-technisch auch bewerben, weil alle Firmen nur noch darin ihr Heil sehen, und der Kunde dies nicht nur bereitwillig mitmacht, sondern angeblich sogar wünscht.
Und in der Tat hat sich der durchschnittliche Wert der Kompakt- und Bridge-Kameras zwischen 2012 und 2019 auf 209% mehr als verdoppelt auf rund 19.264 Yen erhöht. (Zum Vergleich: Das waren im Februar 2020 etwa 160 Euro. Vorsicht: Hierbei handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um reine Netto-Produktionspreise.)
Jedoch ist dieser aus Firmensicht so erfreuliche Trend nichts im Vergleich zu den früheren Werten, welche die CIPA ausweist.
Um es ganz klar festzuhalten: Kompaktkameras (Kameras mit festem Objektiv) sind heute (für die Hersteller) durchschnittlich weniger als halb so viel wert wie um die Jahrtausendwende. Da die Inflation, Wechselkurse etc. nicht berücksichtigt wurden, lässt sich somit eher ein langfristiger Trend der Kunden hin zu preiswerteren Kameras ablesen.
Mit aller Vorsicht lässt sich somit behaupten, dass die meisten Kunden auch die in Fachzeitschriften und Foren bejubelten immer teureren Edel-Kameras zwar bewundern, aber sich dann doch mehrheitlich noch immer eher preiswerte Modelle (oder ältere, siehe Sony) anschaffen.
Ferner wird dieser für die Firmen erfreuliche Wert dadurch getrübt, dass die preiswerten Kompaktkameras schlichtweg weniger nachgefragt wurden, weil sie durch Smartphones ersetzt wurden. Teure Kompaktkameras gab es immer und sie fanden auch immer ihre Kunden - meist ernsthafte Fotografen, welche eine qualitativ hochwertige Kompaktkamera als Zweitkamera zur großen DSL wünschten. Nun entfallen seit Jahren die Kunden aus dem billigen Preissegment. Zwischen 2010 und 2019 sanken die Verschiffungen von über 108 Mio. Kompaktkameras auf unter 6,8 Mio. Bereits dadurch verschiebt sich automatisch der durchschnittliche Wert der Kameras nach oben zu den hochpreisigen.
Der lange Weg bei spiegellosen Kameras
SLR (blau) und spiegellose Kameras (rot) in Millionen verschifften Gehäusen.
Vorab: Erst seit 2011 werden die beiden Kameratypen mit und ohne Spiegel bei CIPA separat aufgelistet.
Während man bei Kameras mit Spiegel einen deutlichen Rückgang erkennt, konnten sich die Spiegellosen zumindest auf einem beachtlichen Niveau halten.
Aber vom vielfach vorhergesagten schnellen Umstieg aller Fotografen auf spiegellose Systeme kann man noch nicht sprechen.
SLR (blau) und spiegellose Kameras (rot) im prozentualen Vergleich (der verschifften Einheiten).
Prozentual fällt die Marktveränderung zwischen den beiden Kameratypen mit und ohne Spiegel zwar deutlicher zugunsten der Spiegellosen aus.
Aber mehr als die Hälfte aller Kunden bei Systemkameras greifen noch immer zu klassischen Kameras mit Spiegel.
SLR (blau) und spiegellose Kameras (rot) im Wert-Vergleich in 1.000 Yen.
Hier die große Grafik bildschirmfüllend.
Vorsicht: Um die Unterschiede sichtbar zu machen, musste die Grafik in ihrer Höhe drastisch verändert werden. D.h. die Y-Achse beginnt unten nicht bei 0.
Während man bei Kameras mit Spiegeln einen leichten Rückgang des Wertes zwischen 2014 und 2016 und erneut 2018 sowie 2019 feststellen musste, konnte man bei spiegellosen Systemen den Wert je Kamera steigern.
Bei beiden Systemen stieg der Wert 2017 deutlich an. Dies lag einerseits an neuen teuren Modellen, aber andererseits auch am Einbruch in den preiswerten APS-C-Modellen. Es brechen unten die ärmeren Fotografen / Neueinsteiger weg.
Bei spiegellosen Systemen lässt sich zweifelsfrei ein deutlicher Trend zu immer teureren Kameras feststellen: Eine Steigerung von 31.645 auf 71.369 Yen in 7 Jahren ist beachtlich. Einerseits waren die Kunden hier offensichtlich bereit, über 126% mehr zu bezahlen. Andererseits lag dies sicherlich zu einem erheblichen Teil auch daran, dass erst in den letzten ca. 4-5 Jahren wirklich hochwertige spiegellose Kameras auf den Markt kamen - zu allerdings auch entsprechend hohen Marktpreisen (siehe z.B. Sony A9II, A7RIV, Fuji X-T3, OM-D E-M1X).
Bereits 2015 hatten somit die spiegellosen Kameras diejenigen mit Spiegel nicht nur im durchschnittlichen Wert eingeholt, sondern sogar etwas überholt. Seitdem festigte sich dieser Trend.
Damit dürfte nun hoffentlich auch endlich der Mythos vom Tisch sein, dass gleichwertige spiegellose Kameras preiswerter wären, als solche mit Spiegel.
Ganz vorsichtig darf man somit vermuten, dass diejenigen Kunden, welche sich spiegellose Kameras zulegten, im Durchschnitt bereit waren, dafür sogar mehr zu bezahlen als für Kameras mit Spiegel.
Vergleicht man die jährlichen Wertsteigerungen bei spiegellosen Systemen, so zeigt sich zwar mit plus 16%, 13%, 7% und 6% bis 2016 zum jeweiligen Vorjahr eine gewisse Abschwächung an. Jedoch brachen 2017 alle Preisdämme bei den Kunden. 15% Mehrpreis spielte offensichtlich keine Rolle. 2018 kamen nochmals 18% Preissteigerung dazu. Und 2019 waren es erneut plus 12% zum Vorjahrespreis.
Dass der Wert der Kameras mit Spiegel 2015 und 2016 absank, liegt vermutlich auch an dem Umstand, dass die immer sündhaft teuren neuen Profimodelle von Nikon (D5 - für in Deutschland fast 7.000 Euro) und Canon (1D X Mark II - für in Deutschland 6.300 Euro) bereits für 2016 erwartet wurden. Dementsprechend sinkt der Absatz der Vorgängermodelle im Jahr davor meist deutlich. Ferner waren die neuen sehr teuren Modelle 2016 (wie z.B. Canon 5D Mark IV) doch nicht so erfolgreich, wie immer behauptet. Ab 2018 machten sich Nikon und Canon ihre eigenen teuren DSLRs madig, indem sie (zu Unrecht) behaupteten, die neuen eigenen spiegellosen Modelle wären hochwertiger bei geringerem Preis.
Dollar-Wechselkurs
Gleichgültig wie alle Einsparmaßnahmen der Herstellerfirmen greifen sollten, das Hauptproblem liegt im steigenden Dollar, dem relativ hohen Yen sowie im komplementär vorsätzlich herabgewirtschafteten Euro. Seit 2012 haben sich die Wechselkurse aus Eurosicht um ca. 30-50% gegenüber dem US$ verschlechtert.
Die meisten Kameras werden im faktischen Dollar-Raum oder zumindest auf Dollar-Basis hergestellt. Deshalb boomte 2015/16 auch nur noch der Absatz im starken Dollar-Raum (insbesondere den USA).
Im Euroraum sind Kameras trotz massiver Subventionen der Hersteller (z.B. bei Rabattaktionen) extrem teuer. Die sowieso vorhandene Marktschrumpfung wird durch hohe Preise für Neuprodukte somit verstärkt.
Die EZB plant jedoch den Euro weiter zu schwächen (Mario Draghi: Wir werden tun, was wir tun müssen, um die Inflation so schnell wie möglich zu steigern. - Dass dies irgendwie wie John Wayne klingt, ist sicherlich reiner Zufall), und in den USA ist es ein typischer Effekt, dass zur Präsidentenwahl der Dollar-Kurs ansteigt, was 2016 auch wieder geschah und bis heute anhielt. Draghis französische Nachfolgerin Christine Lagarde will übrigens den Euro noch schwächer machen.
Hinzu kommen weltweit ungelöste Wirtschaftsprobleme, Staatsfinanzierungskrisen und eine abnehmende Konsumenten-/Käufer-Laune. Von anderen finanziell und psychologisch bisher unvorhersehbar belastenden Faktoren wie Kriegen, Terror und Flüchtlingsströmen oder Klimakatastrophen sowie Folgen der Umweltzerstörung und Erderwärmung ganz zu schweigen.
Der unerwartete Brexit verschärfte das Problem 2016 nochmals, weil dadurch der Euro sowohl gegenüber dem Dollar als auch besonders dem Yen unter weiteren Druck geriet - und dies vermutlich für mehrere Jahre. Diese Dramatik könnte sich Ende 2020 mit dem Endgültigen Austritt Großbritanniens wiederholen.
Um es nochmals klar festzuhalten: Angesichts der Dollar-Stärke und der Euroschwäche wird es kaum einem Hersteller der Fotomarken gelingen, in Europa - und besonders in Deutschland - auf absehbare Zeit Gewinne zu erwirtschaften.
Hinzu kommt, dass Europa aufgrund der noch immer im Detail unterschiedlichen Gesetze und vor allem des aufwändigen vielsprachigen Vertriebs- und Support-Netzwerkes für Firmen sehr kostenintensiv ist. D.h. Gewinne sind hier noch schwerer zu erzielen als sonst in der Welt.
Nikon kündigte bereits an, 2016 die Preise in Europa aufgrund des schwachen Euros deutlich zu erhöhen. Ob es sich am schwächelnden Markt in voller Höhe realisieren lässt, ist fraglich. Aber man hat es Ende 2015 ganz offen angekündigt. - Während man gleichzeitig in den USA Preisnachlässe bis zu über 20% anbot. Canon zog 2016 mit 4.065 Euro für die neue 5D Mark IV nach. Das waren (selbst im Dezember 2016 noch) umgerechnet weit über 4.000 US$ gegenüber dem US-Preis von 3.499. Das dürfte so manchen interessierten Fotografen abschrecken.
Für die ersten Firmen wie Samsung war dies bereits 2015 nicht mehr finanzierbar. Weitere Rückzüge kompletter Firmen oder zumindest ganzer Produktgruppen aus Europa / Deutschland werden folgen.
Diese Abwertungen des Euro sowie mancher anderen Währungen belasten die Bilanzen der Kamerahersteller enorm - zusätzlich zu den Rückgängen bei den Verkaufszahlen. Hinzu kam seit Jahren eine von der japanischen Notenbank kaum zu verhindernde Aufwertung des eigenen Yen.
Und auch für die Kunden wird das unangenehm. Kompaktkameras mit Einführungs-Richtpreisen (bereits im Jahr 2015) von weit über 1.000 Euro sind keine Schnäppchen mehr, die man sich für den kleinen Fotohunger zwischendurch oder als Geburtstagsgeschenk für Freunde oder Kinder einfach mal so gönnt.
2020 muss man festhalten, dass sich bei praktisch allen Herstellern im Melkkuhland Deutschland ca. 30% höhere Preise als im für Fotoartikel interessanten Markt der USA etabliert hatten.
Technologiekosten
Die seit mindestens 10 Jahren immer wieder postulierte physikalische Grenze in der Fotografie wurde noch nicht erreicht und wird in absehbarer Zeit auch nicht erreicht (siehe hierzu u.a. Mega-Pixel). Aber die Entwicklungskosten werden angesichts des bereits erreichten hohen technischen Niveaus immer weiter steigen.
So erzeugt z.B. die Beugung einen enormen Druck hin zu wesentlich hochwertigeren Objektiven, um die beeindruckenden Fähigkeiten der neuen 36-, 42-, 50-, 60- und mehr Mega-Pixel-Kameras auszureizen.
Wir benötigen in absehbarer Zeit Zoom-Objektive mit durchgehender Lichtstärke von 2,0 (von Canon seit 2018/19 am R-Bajonett angeboten). Festbrennweiten werden zwangsweise f1,4 oder weniger bieten müssen.
Der technologische, finanzielle, aber auch Fachkräfteaufwand zur Forschung und Entwicklung wie auch zur späteren präzisen Serienproduktion ist sehr hoch. Vermutlich ist das die entscheidende Hürde, welche über die Zukunft einzelner Firmen entscheidet.
Software und Sensoren sind einfach und preiswert weiterentwickelbar. D.h. 100-Mega-Pixel-Kameras werden bald auch bei Vollformat verfügbar sein. Aber die Entwicklung vergleichbarer Objektive dauert viele Jahre.
Und bei der Optik findet dann auch die rasante Aufholjagd der High-Tech-Konzerne ein jähes Ende. Auf dem Bereich Chips und Software sind sie führend und können extreme Synergieeffekte im Konzern nutzen, um ihre Kameras voranzutreiben. Aber auf dem Gebiet der Optik sind Canon, Nikon, Sigma, Zeiss etc. erfahrener. So einfach lassen sich auf optischem Gebiet nicht die Erfahrung und vor allem die Patente herbeizaubern.
Demographischer und sozialer Wandel
Zwar weist jeder auf das seit Jahrzehnten erkennbare Phänomen hin, dass die Bevölkerung überaltert. Aber kaum jemand zieht die Konsequenzen, dass diese Menschen kleinere, leichtere ergonomischere und einfachere Kameras und Objektive benötigen.
Gleichzeitig wünscht sich die junge, mobile Gesellschaft eher schnelle Kommunikation, statt perfekter Fotos.
D.h. vor allem in Europa und den USA finden sich somit zwei Strömungen, die das Gut-genug bereits leben. Diese vorhandene Marktsättigung lässt sich durch die derzeitige Produktpalette der Kamerahersteller nicht beheben.
Die immer wieder beschworenen Märkte der Dritten Welt haben sich als Illusion herausgestellt. Trotz Wachstums dort konnten sie zahlenmäßig nie die Verluste in den anderen Regionen ausgleichen.
Auch der frühere Ansatz, dass man dort und insbesondere in Asien sogenannte 'B-Ware' losschlagen konnte, ist heute nicht mehr umsetzbar. Vor allem in Asien ist man sehr technikorientiert und wünscht nur das Beste. Minderwertige Produkte werden heute eher nach Europa exportiert, denn in den USA läuft man Gefahr, durch Sammelklagen hohe Strafzahlungen leisten zu müssen.
Verkannte Technik-Folge-Kosten
Die meisten Herstellerfirmen scheinen nicht erkannt zu haben, dass die mit Kameras verknüpften Technikkosten hoch sind und ständig ansteigen - vor allem in Europa.
Wer sich heute eine neue Kamera mit mehr Mega-Pixeln anschafft, muss über Kurz oder Lang dafür auch einen neuen Hochleistungs-PC mit noch mehr RAM und größerem externen Sicherungsspeicher anschaffen. Das sind ebenfalls alles Produkte aus dem Dollar-Raum, die sich in Europa in den letzten Jahren durch den schwachen Euro drastisch verteuert haben.
Während PCs seit 10 Jahren bereits mehr als ausreichend Leistung für Büroprogramme und Internet-Surfen besitzen, fordert jede neue Foto-Software und vor allem jede Video-Schnitt-Software für jedes neue Video-Format erschreckend mehr Leistung.
Hinzu kommt der leidige Effekt, dass neue Kameras und neue Objektive nur von der neuesten Software auf dem PC erkannt und korrigiert werden. Für ältere Software-Versionen werden von deren Herstellern oft absichtlich keine Updates der Kameramodelle oder Objektivdaten geliefert. Dies betrifft ganz besonders die RAW-Konverter. D.h. der Fotograf muss zu einer neuen Kamera die neueste Software anschaffen. Diese läuft jedoch wiederum nur noch auf einem neuen Betriebssystem (zunehmend sogar nur noch der neuesten 64-Bit-Version) und mit wesentlich schnellerer Hardware.
Je weniger Fotos man jedoch macht, desto größer werden anteilig diese Technikfolgekosten. Das ist übrigens ein gravierender Unterschied der digitalen Fotografie zur analogen mit klassischem Film.
Allerdings lässt sich zumindest in Europa eine gewisse Unlust erkennen, - nur für die Fotografie - ständig neue noch leistungsfähigere, noch teurere PCs mit noch komplizierterer Software anzuschaffen, Software die ebenfalls noch teurer und oft nur noch auf dem Mietwege legal zu erwerben ist.
Vor allem das Mieten (Leasing als zeitweiser Besitz) der Software, statt dem in Deutschland beliebten und bisher standardmäßigen Kaufen (Eigentum) verunsichert und verärgert viele Fotografen. Sie sind nun gezwungen, jedes Update bei sich zu installieren. Das erfordert nicht nur extrem viel Zeit, sondern auch Nerven, da vor allem die Updates von Adobe suboptimal sind und nicht selten zu PC-Abstürzen oder sogar schlimmeren Problemen führen. Für den PC-Laien stellt dies den Schrecken schlechthin dar.
Im Übrigen leben viele europäische Fotografen und besonders deutsche nicht in den Großstädten oder Technologiestädten der Telekom mit perfektem Internet-Anschluss von bis zu 300 MBit/Sek. Bereits in meiner eher durchschnittlichen 80.000 Einwohner-Stadt kann ich im Zentrum nur VDSL mit 25 MBit beziehen. In manchen Stadtteilen und vor allem den Vororten ist nur noch 1 Mbit möglich. In der ländlichen Region darum herum erhalten die meisten Kunden nur 384 KBit nominal. Ja, Sie lesen richtig. Das ist de facto die deutsche Realität auf über der Hälfte der Fläche des ganzen Landes. Ein regelmäßiges Update macht da wirklich keinen Spaß mehr.
Selbst das zuständige Ministerium räumte 2016 ein, dass nur 71% der deutschen Haushalte überhaupt die Möglichkeit besäßen, irgendwie 50 MBit zu erhalten. Auf dem Lande waren es hingegen nur 30%. - Vorsicht. Hierbei handelt es sich um die nicht geprüfte rein theoretische Möglichkeit laut Selbst-Angaben der Netzbetreiber. Diese sind jedoch oft erwiesenermaßen falsch. Denn laut dieser Angabe sollte auch ich in meiner 80.000 Einwohner zählenden Stadt über 50 MBit verfügen, erhalte jedoch nur 25. (Für Mitte 2020 wurden mir 50 MBit versprochen und mit 44 MBit auch fast geliefert.) Und vieles ist auch nur über Fernsehkabel verfügbar, was jedoch in der Praxis erhebliche Nachteile aufweist. Ferner gehört zum Land auch der unbeliebte Satellitenempfang sowie die teuren Telefonfunknetze für Internet. Überdies meint theoretisch auch die für viele Privatleute schlichtweg unerschwinglichen Firmenanschlüsse für mehrere hundert Euro im Monat, oder eine erstmalige Anschlussgebühr von 2.000 Euro. - Nicht wenige Kritiker bezeichnen Deutschland deshalb als Internet-Entwicklungsland.
Ferner steht ganz nebenbei und unscheinbar auch ein Wechsel der Speicherkarten an - zumindest bei Compact Flash (CF) und zumindest für schnelle Vollformat-Kameras.
Oder um es nochmals ganz deutlich zu sagen: Viele Fotografen hätten sogar das Geld, aber nicht die technische Möglichkeit, die Zeit und die Nerven, um die Folgen zu bewältigen.
Den meisten Fotofirmen fehlt schlichtweg das ganzheitliche Denken, um derartige (verborgene) Folgekosten zu berücksichtigen.
Den Kunden ist dieser untragbare Effekt schon längst aufgefallen. Viele würden zwar gerne eine neue Kamera kaufen. Aber die Folgen lassen sich oft nicht mehr bewältigen. Und deshalb zögern sie.
Klassische Logistische Funktion - Sättigungskurve. - Allerdings entspricht der Verlauf der Absatzzahlen der Kamerahersteller nicht dieser immer wieder behaupteten Sättigungs-Kurve. Sie ist also zu optimistisch, wie die Annahme einer einfachen Marktsättigung als Ursache der Krise.
Marktsättigung
Vorab die Definition für ernsthafte Fotografen: Eine Person, welcher bereits der Akt des Fotografierens Freude bereitet. Für sie bildet das Fotografieren selbst den Kern ihres Hobbies / Berufes. Für sie steht das Fotografieren an sich im Zentrum ihrer Tätigkeit. Ernsthafte Fotografen betreiben die Fotografie letztendlich als Selbstzweck. Nur sie bilden den für Hersteller verlässlichen Kern des Fotomarktes, der regelmäßig investiert. Davon grenzen sich z.B. alle Gruppen ab, die Fotografie als Mittel für etwas oder als Medium betrachten.
Selbstverständlich findet sich eine wachsende Gruppe wirklich reicher Menschen, welche sich eine sündhaft teure Fotokamera mit Zubehör ausschließlich als Statusobjekt zulegt. Diese Klientel ist dennoch eher begrenzt und vor allem kaum zu Folgekäufen zu überreden, da es sich meist nicht um ernsthafte Fotografen handelt. Ernsthafte Fotografen sind hingegen eher ergebnis- und technikorientiert und unterliegen faktisch oder unterlegen sich selbst psychologisch gewissen finanziellen Grenzen. - Hier sollte man in den Marketing-Abteilungen klarer zwischen den in Befragungen angegebenen Wünschen nach Vollformat- oder sogar Mittelformat-Kameras und den tatsächlichen Anschaffungen unterscheiden lernen.
Die neuen wohlhabenden Menschen in den Schwellenländern (immer wieder werden Indien und Brasilien genannt) konnten oder wollten bisher nicht die Verluste in der alten Welt ausgleichen. Sie scheinen zu einem großen Teil die Fotoindustrie zu überspringen, indem sie gleich sehr teure Smartphones anschaffen. Alle Hoffnungen der Kamerahersteller der letzten Dekade zerplatzten angesichts der Realität der Verkaufszahlen in diesen Regionen.
Hierin zeigt sich ein generelles Problem der Kamerahersteller: Sie haben ihr Produkt in den letzten Jahrzehnten nicht wirklich den Veränderungen angepasst. Noch immer erzeugen Kameras auf mehr oder weniger umständliche Weise ein festes Bild, das man mit letztendlich denselben unkomfortablen, nachgelagerten Produktionsschritten zeitversetzt und mit viel zusätzlichem Aufwand hochwertig publiziert. Dass man den körnigen Film durch Sensoren und die manuelle Ausbelichtung im Labor durch diejenige mit Software am PC ersetzte, verursachte aus Kundensicht eher mehr Arbeit und machte den gesamten Prozessweg zwar flexibler aber wesentlich teurer. Dennoch wurde die klassische Prozesskette an sich beibehalten. - Alle Versprechen der Analytiker der 1990er Jahre, dass die digitale Fotokamera dem Fotografen binnen Sekunden nach der Aufnahme ein an den Endbetrachter weiterreichbares fertiges Bild erzeugen würde, sind bis heute von den Kameraherstellern nicht erfüllt worden.
In einigen Fällen kam es sogar zu für den Laien überhaupt nicht mehr verständlichen oder bewältigbaren Problemen beim Workflow, wie man z.B. bei Thema Farbtreue sehen kann. Nicht irgendein angeblich fehlendes technisches Feature stört die meisten Fotografen an ihren modernen Kameras, sondern das weitgehende Versagen der Kameras und vor allem deren Hersteller, den zunehmend frustrierenden Arbeitsablauf in der Fotografie zu beschleunigen, zu vereinfachen oder am besten komplett zu revolutionieren.
Da offensichtlich viele Leser sich derartige Revolutionen nicht vorstellen können, hier ein Beispiel: Wenn ich einen Sonnenuntergang aufnehme, dann wäre es schön, wenn ich diesen sofort (also zum Zeitpunkt der Aufnahme) automatisch aus der Kamera in einen elektronischen Bilderrahmen oder auf den Fernseher meiner weit entfernt lebenden Tante etc. senden könnte, wo er wiederum automatisch in für das Medium optimierter Form angezeigt wird. Oder ein Foto-Reporter, der sein soeben aufgenommenes Bild vor Ort mit einem Fingertipp auf den Touchscreen der Kamera direkt in den Artikel auf der Website oder in das Zeitungssetzsystem seines Verlages überträgt.
Die reine Foto-Technik ist seit ca. 2012 ausgereift. Alle jüngeren Neuentwicklungen sind de facto minimale Evolutionen, aber stellen keine technische Revolution mehr dar, welche einen Kaufzwang ausüben.
Die meisten ernsthaft an der reinen Fotografie interessierten Menschen weltweit besitzen inzwischen eine wirklich gute Kamera.
Umfragen deutscher Fotomagazine unter den Lesern (zweifelsohne ernsthafte Fotografen gemäß obiger Definition) ergaben im Übrigen schon vor Jahren 3-4 Kameras als Eigentum. Man darf also zumindest von einer deutlichen Sättigung dieser Zielgruppe ausgehen.
Gute Hardware ist seit einigen Jahren bereits relativ langlebig, sodass kurzfristig kaum der Zwang zum Neukauf aufgrund einer größeren Anzahl an Defekten besteht. Man darf somit auch von einem weitgehenden Wegfall der kurzfristigen Ersatzbeschaffung sprechen.
Der mit unglaublichen Geldmitteln marketing-technisch forcierte Druck auf die APS-C-Kunden zum möglichst sofortigen Aufstieg in die Vollformatklasse (weil man angeblich nur damit überhaupt fotografieren kann) wirkt ohne Zweifel. Inzwischen halten sogar zahlreiche Fotomagazine die APS-C-Klasse entweder offen oder verklausuliert für überholt, altmodisch, unmodern, nicht mehr zeitgemäß oder nicht mehr sinnvoll. Das ist zwar aus fotografischer Sicht völliger Unsinn, aber man sieht, dass sich selbst Fachautoren nicht dem aufgebauten Markt- oder wohl eher Marketing-Druck entziehen können.
Aber diese Kunden brechen aus dem sowieso kränkelnden Bereich der APS-C-Kameras weg, wodurch dieser langfristig für keinen Hersteller mehr finanzierbar wird. Ferner hat man mit den meisten dieser Aufsteiger nichts gewonnen, da sie sich oft bereits mit der Anschaffung der Kamera finanziell übernommen haben und in der Folge überhaupt nicht in der Lage sind, die extrem teure Zusatzausrüstung im Bereich Vollformat zu erwerben. Nur die wenigsten Fotografen erkennen vor dem Umstieg, dass dieser insgesamt mindestens 10.000 Euro kosten wird.
Der Traum, dass sich diese Kunden nach der ersten Vollformatkamera zwangsweise die sündhaft teuren Festbrennweiten oder Zoom-Objektive im Vollformatbereich mit hohen vierstelligen und von teilweise über 10.000 Euro Stückkosten anschaffen werden, wird sowohl für die meisten Kunden als auch die Hersteller ein Traum bleiben.
Durch diese Aufsteiger wird überdies der Gebrauchtmarkt im APS-C-Bereich derart mit guten Kameras und Ausrüstung überschwemmt, dass sich Neuprodukte der Hersteller daran orientieren müssen und niemals die anvisierten und erforderlichen Gewinnmargen erreichen können.
Letztendlich werden viele Aufsteiger unglücklich werden und die Firmen ihre Verkaufsziele im Vollformatbereich nicht erreichen. Dafür wird man sich jedoch den eigenen APS-C-Bereich systematisch und irreparabel zerstören, wenn das nicht bereits jetzt geschehen ist.
Die meisten Fotografen nehmen zwar gelegentlich einmal einen Film / ein Video auf. Sie sind jedoch weder fähig noch willens, sich in die völlig neue Materie der Kameraführung bei Filmen einzulernen. Kurzum: Es liegen Welten zwischen guten Fotografen und guten Filmemachern. - Wer es nicht glaubt, schaue sich einen der zahllosen statischen Videos von Fotografen auf YouTube an im Vergleich zu einem dynamischen Fernseh- oder sogar Kinofilm, mit mehreren Schnitten und Perspektivwechseln je Minute.
Die technischen Anforderungen der modernen 4K- und bald 8K-Videos überfordern sowohl die technische Leistung der meisten Home-PCs als auch die Software-Kenntnisse vieler Fotografen.
Auch die momentane Ausrichtung aller Hersteller bei neuen Fotokameras auf den Bereich Video dürfte somit kaum zu einer Marktbelebung führen.
Viel eher entspricht der Verlauf der Absatzzahlen der Kamerahersteller der Kurve der klassischen Lebenszyklusmodelle / Produktlebenszyklen. - Allerdings wäre es wohl verfrüht, bereits jetzt das komplette Ableben der Branche vorauszusagen.
Marktschrumpfung
Zwar sprechen alle Analysten höflich von einer Marktsättigung. Aber in Wirklichkeit handelt es sich - insbesondere in Europa und vor allem in Deutschland - um einen seit Jahren nachweisbaren Rückgang des Interesses an der Fotografie, der sich in kontinuierlich abnehmenden Käufen auf breiter Front für reine (klassische, dedizierte) Fotoapparate äußert. Manche Analysten sprechen auch von einem Rückgang beim Zubehör wie Objektiven, ja sogar bei Video-Kameras.
Alle Prognosen der letzten Jahre zum Fotomarkt gingen von einer kurzen Delle mit anschließendem erneutem Wachstum aus. Da dies bisher nicht eintraf, stellt sich durchaus die berechtigte Frage, ob nicht die gesamten Grundlagen der Analysen und Hochrechnungen falsch sind.
Implizit und oft auch explizit ging man bis heute davon aus, dass die Digitalisierung der Fotografie, neue Menschen = Kunden zur Fotografie brachte, denen es vorher zu kompliziert war. D.h. mit anderen Worten: Eine ganz neue Schicht wurde und wird (oder sogar mehrere Bevölkerungsschichten wurden und werden) mit der Digitalisierung zu Fotografen. Die Anzahl der Fotografen an der Bevölkerung nimmt also kontinuierlich deutlich zu. So die niemals hinterfragte Annahme.
Und in der Tat sprach hierfür auch einiges. So ließ sich nachweisen, dass aus dem PC-Bereich zahlreiche Computerexperten zur Fotografie fanden. Aber nur wenige davon wurden zu ernsthaften Fotografen. Viele entwickelten sich eher zu Grafik-/Software-Experten in der Fotonachbearbeitung. Das ist positiv gemeint, da ich diese Personen mit ihrem Können sehr schätze. Aber viele dieser Fotografen aus dem frühen PC-Digitalzeitalter sind inzwischen bereits zum nächsten Technologiefeld weitergewandert: zu Smartphones, Video, 3D, Action Video, Augmented Reality, Virtual Reality, Computer-Games etc. - oder werden dies in den kommenden Jahren tun. Meines Erachtens konnten und können nur wenige Personen aus dem PC-Bereich für die Fotografie langfristig gewonnen werden.
Ganz deutlich wurde dieser digitale Effekt bei den Damen mittleren und höheren Alters nachgewiesen. Auch in meinem Bekanntenkreis besaßen zeitweise fast alle Damen digitale (Pocket-) Kamera. Diese Personen kauften auch durchaus nach 2-4 Jahre eine Nachfolgekamera. Aber sie benutzten diese Kameras eher zur Dokumentation im weitesten Sinne: Reisen, Urlaub, Enkel, Sport usw. Das ist alles absolut in Ordnung und legitim. Aber dieser Personenkreis wurde m.E. überwiegend nicht zu ernsthaften Fotografinnen. Sie konnten somit nicht langfristig für die Fotografie gewonnen werden. Hier zeigt sich am deutlichsten, dass die angebliche Aufstiegstendenz nicht zutraf. Nur die wenigsten aus dieser Gruppe legten sich anschließend eine APS-C- oder Vollformatkamera zu. Und es kam noch schlimmer für die Kamerahersteller: Bei dieser Zielgruppe war der Gut-Genug-Effekt mit den modernen Smartphones ab 2012 erreicht. Sie kauften sich danach fast keine digitale Kamera mehr. Nicht das reine Aufnehmen des Bildes, sondern die Kommunikation - das Zeigen am großen Display etc. - steht für sie im Vordergrund. - Fotografie als Medium lässt sich jedoch mit Smartphones effizienter betreiben: Das Fotografieren, Speichern, (im Internet) Publizieren und Archivieren werden in einem weitgehend automatischen, schnellen und bequemen Fluss organisiert.
Abgefragte Suchworte iphone (blau, oben) und dslr (rot unten) bei Google vom 01.01.2004 bis 01.05.2019 (weltweit). Bei dem roten Strich unten handelt es sich nicht um die farblich hervorgehobene Null-Linie, sondern um das weltweite Interesse an DSLR-Kameras. Im Vergleich zu iphones liegt es allerdings bei ca. einem Hundertstel. - Wer genau hinsieht, kann jedoch beim Interesse an iphones eine Sättigungskurve erkennen. - Dennoch: Die weit überwiegende Mehrheit interessiert sich nicht für die Fotografie mit klassischen dedizierten Fotokameras.
Wer das Wort Effizienz im Kameraumfeld nicht versteht, der soll sich einmal den unterschiedlichen Arbeitsweg (neudeutsch: Workflow) bei der Bildverarbeitung auf einem Smartphone und einer klassischen digitalen Kamera ansehen. Meist läuft der Prozess auf einem Smartphone automatisch ab. Maximal wischt der Anwender ein paar Mal über irgendwelche schlauen Apps, die das Bild gut genug aber vor allem schnell optimieren. Bei den klassischen digitalen Kameras hingegen beginnt ein meist stundenlanger Ablauf am PC, den sich nur noch wenige überzeugte Fotografen wirklich immer antun.
Abschließend noch ein Hinweis zu den Analysten, welche noch immer behaupten, dass viele Nutzer der Smartphones zukünftig (wieder) zu klassischen Fotokameras (zurück-) wechseln werden, weil die Bildqualität der Smartphone-Kameras zu gering sei: Zwar ist die Bildqualität bei Smartphones geringer als bei hochwertigen Fotokameras. Aber der Gut-Genug-Faktor (mit Pocket-Kameras halten die Smartphones heute mit) und vor allem die umständlichere Bedienung der klassischen Fotokameras in Kombination mit fehlendem großen Display sowie der archaischen Bildnachbearbeitung und zusätzlichen Kosten stoßen die meisten Interessenten ab. Warum sollte man sich 2 Geräte anschaffen, wenn eines (das Smartphone) ausreicht? Bereits die typische Damenhandtasche spricht eindeutig dagegen. Daraus folgt, dass die zu Smartphones abgewanderten Kunden kaum zurückkommen. Sie sind für immer verloren. Dies belegt auch eine Untersuchung von YouGov über Smartphone Nutzer in Deutschland. Nur 26% wünschten sich eine bessere Kamera im Smartphone. Für drei Viertel war die bisherige Bildqualität somit bereits 2016 gut genug. Dank KI und Computational Photography hat sich die Bildqualität bei Smartphones in den letzten Jahren sogar nochmals drastisch verbessert und wird sich in den 2020er Jahren geradezu revolutionieren.
Bei den mittelalten und vor allem älteren Herren trat ein ähnlicher Effekt ein. Die Digitalisierung trieb sie in Scharen den Herstellern von zuerst Zoom-Kompaktkameras und dann Bridge-Kameras in die Hände. Aber auch hier kam es zu keinem nennenswerten Aufstieg in APS-C- oder Vollformat-Bereiche. Ganz im Gegenteil ist für diese Gruppe sogar oft eine Micro-Four-Thirds-Kamera zu kompliziert, da sie mit Wechselsystemen generell nicht klarkommen. Noch viel mehr ältere Rentner gaben die Fotografie inzwischen wieder weitgehend auf oder machen zumindest deutlich weniger Fotos, da sie mit der aufwändigen Nachbearbeitung am PC nicht immer glücklich werden. Zahlreiche lassen sich die gemachten Fotos von einer Helferin im Drogeriemarkt ausdrucken oder kopieren sie nur zum Ansehen auf den eigenen PC. Einige engagierte Herren drucken alle diese Fotos auf dem PC dann für sündhaft viel Geld auf ihrem eigenen billigen Tintenstrahldrucker im Format 10*15 cm zu Hause
aus. Auch für diese Gruppe ist der Gut-genug-Effekt mit der letzten Kamera schon lange erreicht.
Während angeblich 1/3 der Fotografen ihre Fotos noch auf CDs sichern, lässt ein weiteres Drittel aller Fotografen die Fotos überhaupt nur auf dem Speicherchip der Kamera. Wenn er voll ist, dann wird gelöscht. Letztere Gruppe kauft keinen weiteren Chip und somit vermutlich auch keine weitere Kamera.
Zu diesen Erkenntnissen passen auch neuere Verkaufsbefragungen, die ungefähr auf Folgendes hinauslaufen: rund 1/3 kauft eine Kamera als Ersatz für eine alte Kamera (potentiell also ein ernsthafter Fotograf), rund 1/3 kauft eine Kamera für den Urlaub und rund 1/5 für ein bestimmtes Ereignis (Hochzeit, Geburt etc.). Derartige Zahlen (-Verhältnisse) fanden sich seit den 70er Jahren immer wieder. Auch dies belegt, wie klein der harte Kern ist, von dem man Folgekäufe erwarten kann.
Dieser harte Kern tut sich überdies zunehmend schwerer mit Neuanschaffungen: Inzwischen werden von Psychologen bereits ganze Generationen von Menschen als entscheidungsunfähig kategorisiert, da sie alles optimieren - d.h. nur das Beste für sich wollen. Das hat zur Folge, dass man bei einer (Kauf-) Entscheidung riskiert, die später kommende noch bessere Chance zu verpassen. Und logischer Weise gibt es für jede Kamera irgendwann ein Nachfolgemodell oder ein Konkurrenzmodell, das zumindest in einem Detail etwas besser ist. Allerdings verschlimmern viele Hersteller seit einigen Jahren durch sogenannte offizielle Vorankündigungen und das gezielte Streuen von inoffiziellen Rumors / Gerüchten diese Angst, welche letztendlich in Kaufzurückhaltung mündet.
Im Zuge der Digitalisierung fanden auch immer mehr Künstler aus anderen Bereichen Zugang zur digitalen Fotografie. Aber die meisten davon hätten sich irgendwann auch mit der analogen Fotografie beschäftigt. Und vor allem sind viele Künstler experimentierfreudig. Zahlreiche Künstler sind inzwischen zu weiteren Feldern gewandert. Auch sie gehen den Kameraherstellern somit dauerhaft verloren.
Ferner kam es im Zuge der Digitalisierung zu einem Aufblühen / einer Aufblähung des professionellen Bereiches. Überspitzt formuliert glaubten viele Arbeitslose, die eine Kamera halten konnte, sie können Berufsfotograf werden. Angesichts verfallender Preise für Aufträge wird momentan eine ganze Branche in den Ruin getrieben. An Folgeinvestitionen in teure Kameras und Ausrüstung denken angesichts sinkender Einkommen nur noch wenige solide aufgestellte Berufsfotografen. Auch hier bricht deshalb fast ein kompletter Teilmarkt den Kameraherstellern für immer weg.
In diesem soziologischen Zusammenhang wird es auch verständlich, dass die Einsparungen der Hersteller beim Support schädlich waren. Während ernsthafte Fotografen generell sehr leidensfähig sind, und PC-Begeisterte schon immer Lösungen in Foren fanden, waren diese riesigen neuen Kundengruppen auf guten Service angewiesen. Ohne ihn kommen sie mit der immer noch relativ komplexen Fotografie oft nicht zurecht.
Man kann somit festhalten, dass vor allem Kompaktkameras der Preisklasse um 200 Euro jahrelang zahllose Menschen der digitalen Fotografie zuführten. Preiswerte und für damalige Verhältnisse einfache Technik ermöglichte vielen Menschen in der ersten Dekade unseres Jahrhunderts erstmals das Fotografieren. Aber die Meisten davon wollten nicht die Fotografie als ernsthaftes Hobby betreiben. Sie wollten nur nebenher ihr Leben und die Ereignisse um sich herum dokumentieren. Sie betrieben und betreiben somit im Grunde eine dokumentarische Fotografie - eine Fotografie als Mittel zu einem anderen Zweck, und nicht als Selbstzweck.
Da somit für die meisten Menschen, welche in den letzten 20 Jahren den Weg zur digitalen Fotografie gefunden hatten, die Fotografie jedoch ein Mittel zum Zweck darstellte, ist es nur logisch, dass diese Menschen, sobald sich ihnen ein neues, aus ihrer Sicht leichter zu bedienendes und handhabendes Mittel anbot (Smartphone, Phablet, Tablet), sie auf dieses umstiegen.
Soziologisches Fazit: Manche ehemaligen Zielgruppen wandern ab, andere sterben weg. Der Käufermarkt für Fotogeräte reduziert sich somit um zahlreiche Zielgruppen.
Ich wage somit die These, dass trotz Digitalisierung nur wenige neue Zielgruppen (= Käufer als Wiederholungstäter) langfristig zur ernsthaften Fotografie fanden. Dies gilt vor allem, wenn man die weltweiten Einkommenszunahmen und Freizeitüberschüsse über die letzten 20 Jahre betrachtet, welche für sich genommen automatisch derartige Hobbies begünstigen. - D.h. die Anzahl der Personen, welche bereit sind, in die Vollformatklasse aufzusteigen, weil es aus fotografischen / künstlerischen Gründen erforderlich ist, ist nur minimal über die ökonomisch bedingte Grundmenge gewachsen.
Hinzu kommt ein Umstand, der bei Ökonomen gerne übersehen wird: Ernsthafte Fotografie erfordert nicht nur Geld, sondern auch viel Zeit. Exakt dieser freie Zeitbedarf scheint vielen Menschen heute zu fehlen - seien die Gründe hierzu faktischer Natur oder nur eingebildet.
Ferner bestätigten mir die meisten Fachverkäufer, dass viele Kunden im Systembereich / APS-C-Bereich eine Kamera mit einem einzigen, billigen Kit-Objektiv erwerben, das während der gesamten Lebenszeit der Kamera nicht gewechselt wird. Es mag auch sein, dass ein Teil dieser Käufer sich zu einem Aufstieg in den Vollformat-Bereich durch Werbung überreden lässt, wobei sie dann aber ebenfalls meist nur ein billiges Kit-Objektiv an die zigtausend Euro teure Kamera hängen. - Wer kennt nicht die stolzen Besitzer einer D800 oder 5DIII mit mäßig gutem 24-120 mm- resp. 24-105 mm-Zoomobjektiv, das überdies noch durch einen billigen, verschmutzen oder sogar verkratzen UV-Filter vorne geschützt wird. - Es mag zutreffen, dass die Kamerahersteller solche Kunden wünschen. Aber langfristig können sie von dieser Klientel nicht leben, da das lukrative Folgegeschäft mit Objektiven etc. fehlt.
Zur Klarstellung: Selbstverständlich fanden einige Menschen Zugang zur Fotografie und zwar ausschließlich aufgrund der Digitalisierung. Aber nur wenige davon blieben bei diesem Hobby in dem Sinne, dass sie ernsthafte Fotografen wurden, die sich (kaufend) aufsteigend weiterbilden wollen. Sehr viele ehemalige Einsteiger haben inzwischen das Fotografieren reduziert oder ganz aufgegeben. Ein Großteil des Restes wird es in den kommen Jahren noch tun.
Damit ist auch das Märchen der Marketing-Abteilungen und externen Fachberater widerlegt: Es lohnt sich für die Firmen nicht, defizitäre Fotosparten zu betreiben (vor allem bei billigen Einsteigerkameras), um dadurch Neu-Kunden zu gewinnen, die mehrheitlich bei dieser Marke bleiben und sich aufsteigend ein Leben lang kaufend weiterentwickeln. - Nachweislich kamen und kommen die meisten derartigen Neukunden, fotografieren eine Zeit lang, kaufen evtl. sogar ein zweites Produkt und ziehen dann weiter.
Meine umfassenden Studien bei mehr als 1.000 deutschsprachigen Fotoclubs belegen - gegen den digitalen Trend der ersten Dekade unseres Jahrhunderts - eine in allen drei Ländern (Deutschland, Österreich und der Schweiz) deutliche Stagnation und oft sogar einen Niedergang. Auch wenn die Ursachen dafür vielfältig sind, so sind sie ein weiteres Indiz dafür, dass der Markt der ernsthaften Fotografen in den letzten 15 Jahren zumindest nicht signifikant oder konstant zugenommen hat.
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte, dass selbst aus dieser Gruppe, welche sich dann zu ernsthafteren Fotografen weiterentwickelte, viele von ihrem neuen Hobby der Fotografie in absehbarer Zeit wieder abspringen werden. Die Gründe liegen einerseits darin, dass sich andere Hobbys in großer Zahl anbieten und andererseits an unserer schnelllebigen Zeit, in der immer mehr Menschen immer mehr erleben und ausprobieren wollen. Die Fotografie wird sich so anderen Freizeitbeschäftigungen angleichen wie dem Sport, in welchem seit Jahrzehnten bei Befragungen die Mehrheit angibt, mehr als ein halbes Dutzend Sportarten angeblich aktiv zu betreiben. Jeder, der auch nur eine Sportart ernsthaft betreibt, kennt den dazu erforderlichen Aufwand und weiß solche Aussagen einzuschätzen. - Einige Analytiker der Fotobranche müssen dies erst noch lernen.
Viele sichtbare Fotos = viele Fotografen ?
Viele Leser werden nun einwenden, dass das alles nicht wahr sein kann. - Überall sieht man doch haufenweise Fotografen.
Genau das scheint ein Grundproblem der Analysten zu sein: Sie nehmen seit der Jahrtausendwende etwas wahr, das sie früher nicht wahrgenommen hatten. Aber das hat weniger mit der Anzahl der Fotografen zu tun, als mit anderen Zeiterscheinungen und der Psychologie.
Es finden sich inzwischen zahllose Fotoforen. In der Tat sind diese angefüllt mit unglaublich vielen Karteileichen, die schon lange keine Themen mehr einstellen.
Es finden sich zahllose Fotoportale, Fotogalerien etc., auf denen täglich Millionen Fotos veröffentlicht werden. Korrekt. Diese ersetzen seit Jahren die früher gefürchteten Diaabende. Hinzu kommt ein überall nachweisbarer Effekt der öffentlichen Selbstdarstellung (zunehmende Extrovertiertheit), der in vielen Bereichen (teilweise auch der Fotografie) eher peinlich ist.
Es finden sich zahllose Foto-Wettbewerbe, an denen sich immer mehr Fotografen beteiligen. Zutreffend. Etwas Ähnliches findet sich auch seit Jahren im Fernsehen mit Casting-Shows, bei denen sich die meisten angesichts eines teilweise erschreckend überhöhten Selbstbildes durch Nichtkönnen blamieren. Hinzu kommt, dass sich bei Fotowettbewerben ein richtiger Zirkus entwickelt hat, wobei die meisten Fotografen gleichzeitig mit denselben Fotos bei dutzenden Wettbewerben teilnehmen. Es kommt somit zu einer optischen Vervielfachung des Identischen.
Selbstredend hat sich die Zahl der Fotografen im weitesten Sinne erhöht. Aber deren zunehmende Wahrnehmung steht in keinem direkten Verhältnis zur wahren Anzahl. Verantwortlich sind hier eher das ubiquitäre Medium Internet sowie eine zunehmende Extrovertiertheit der Personen. Da man die Anzahl der früheren Fotoausstellungen und Diaabende, gemeinsamen Fotoalbum-Stunden etc. nicht kannte, darf man das damalige Nichtwissen nicht einfach mit dem heutigen leicht ermittelbaren Wissen in einen Vergleich setzen. Schon gar nicht darf man daraus Ableitungen auf das Kaufverhalten ziehen.
Noch gravierender ist die Zeitverschiebung. Bis ein wie auch immer gearteter Fotograf mit seinen Bildern deutlich in Erscheinung tritt, ist bereits einige Zeit vergangen, seitdem er seine Kamera gekauft hat. Jene Effekte kann man folglich nicht auf diesjährige Innovationen, Verkäufe etc. zurückführen. - Ganz im Gegenteil könnte man - bei sorgfältiger Analyse - aufgrund der oft abnehmenden Tendenz der Einstellung neuer Fotos in Internet-Portale (zumindest in Europa) das Gegenteil der meisten Analysten prognostizieren. Jene Fotografen werden nicht neu kaufen, da sie bereits jetzt weniger fotografieren.
Noch gravierender ist der Fehler, aus der reinen medialen Präsenz / Sichtbarkeit von Fotografen auf deren zukünftiges (am besten steigendes) Kaufverhalten zu schließen. Dagegen sprechen bereits die überall zunehmende Flexibilität und Unstetigkeit sowie der Hunger nach Abwechslung. Warum sollte für das Hobby Fotografie eine Ausnahme gelten im Vergleich zu anderen Freizeitbeschäftigungen oder Sportarten. Angesichts des riesigen Angebotes versuchen viele Menschen heute vieles, aber bleiben nur wenigem ein Leben lang treu.
Nur weil die Fotografie heute präsenter in den Medien ist, heißt dies nicht, dass es wirklich erheblich mehr ernsthafte Fotografen gibt, welche Folgeeinkäufe im Fotobereich tätigen.
Gerne wird als Beispiel des gigantischen Wachstums des Fotomarktes in den Schwellenländern darauf hingewiesen, dass in China z.B. der Fotoclub in Shanghai zehntausende Mitglieder zählt und dessen Vereinssitzungen in Fußballstadien stattfinden. Das ist korrekt. Aber man muss diese Zahlen auch mit der Einwohnerzahl von über 14 Millionen in dieser Großstadt in Relation setzen und dazu anmerken, dass es sich dort um die wohlhabendste Stadt Chinas handelt. Auf dem flachen Land sieht es auch in China nicht ganz so gut aus. Ferner scheint die Mitgliedschaft in einem (Foto-) Club in China etwas Anderes zu sein, als in Europa oder den USA. Kulturelle Unterschiede sind zwar oft klein, aber fein. Letzteres kann einen durchaus entscheidenden Einfluss auf die Käuferschicht und deren Kaufverhalten im Kameramarkt haben.
Ein weiteres Missverständnis bei der Sichtbarkeit ist, dass Fotografien mit ernsthaften Fotografen verwechselt werden. Die meisten Fotos im Internet werden heute von Smartphone-Besitzern gemacht. Erst sie führten zur wahrgenommenen Bilderflut. Das lag auch daran, dass Smartphones mit zu kleinem internem Speicher geradezu dafür konzipiert wurden, dass man Bilder in den für alle sichtbaren Online-Speicher auslagert - statt wie bei ernsthaften Fotografen auf den eigenen PC.
Wegbrechender Beifang der Normal-Fotografen
Und in der Umkehrung haben Plattformen wie Instagram sich sogar auf Fotos von Smartphones fokussiert. Für Besitzer großer Kameras bedeutet es seit Ende 2010 einen erheblichen Aufwand, dort eigene Fotos einzustellen. (Von der Kamera auf den PC übertragen, dort bearbeiten, exportieren, auf ein Smartphone spielen, oder eine Spezialsoftware zum Upload verwenden und dann erst zu Instagram senden.) - Es funktioniert. Aber es ist umständlicher als mit einem Smartphone. Ähnliches gilt für Snapchat und Facebook.
Das ist auch ein Grund, warum ich der Überzeugung bin, dass der früher so große Beifang an dokumentierenden Gelegenheitsfotografen bei den Kameraherstellern drastisch zurückgehen wird.
Korrekt ist, dass früher die meisten Fotografen - von Ansel Adams bis zu mir - mit einer preiswerten Einsteiger-/Normalkamera begannen und sich langsam hocharbeiteten. Aber das war nur so, weil es damals keine Alternative gab. Das Smartphone war noch nicht erfunden.
Die meisten Gelegenheitsfotografen hatten und haben kein wirkliches Interesse an der Fotografie, sondern an der Dokumentation ihres Lebens, ihrer Familie (Stichwort: Erinnerungen festhalten) und der Kommunikation darüber mittels Bilder mit anderen Menschen.
Warum sollten Sie sich die nun extrem teuren perfekten DSL(R)-Kameras zulegen? Oder auch nur Edel-Kompaktkameras für vierstellige Summen?
Früher gab es dafür preiswerte Normalkunden-Kameras (im Englischen findet sich hierfür das Wort Consumer-Cameras), die einfach zu bedienen waren sowie schöne Fotos produzierten, welche man in Fotoalben kleben und / oder Freunden herumzeigen konnte - oder in Diaabenden stolz präsentierte. Mit der Digitalisierung wurden daraus Pocket- und Bridge-Kameras.
Seit Jahren wird dieses Kunden- und Preissegment jedoch von fast allen Kameraherstellern vernachlässigt und - gemäß den mir vorliegenden Unterlagen und Berichten - sogar bald komplett eingestellt werden.
Und um gleich allen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen: Für die meisten Menschen ist eine Einsteiger APS-C- Kamera zu kompliziert und mit den anzuschaffenden Objektiven zu teuer, zu voluminös und zu schwer. Ähnliches gilt auch für viele Micro-Four-Thirds-Kameras. Die meisten Einsteiger verstehen noch nicht einmal etwas von Blende oder Belichtungszeit, und die Schnittstellen (User-Interfaces = UI) sind veraltet sowie im Vergleich zu einem modernen Smartphone ungewohnt.
D.h. fast der gesamte Bereich der Dokumentationsfotografen (Baby, Reise, Familie etc.) muss und wird gezwungener Maßen auf Smartphones ausweichen. Dies funktioniert zukünftig umso leichter, als im September 2016 sogar der Kamera- und Objektiv-Spezialist Leica mit dem Smartphone-Hersteller Huawei eine Forschungsgemeinschaft mit dem Ziel gründete, die Bildqualität der Smartphones nochmals optisch drastisch zu verbessern. Seit 2017 wirbelt Computational Photography die Szene auf, da sich dadurch die Bildqualität auch rein rechnerisch (auf Smartphones) verbessern lässt.
Neuere Lösungen wie SnapBridge sind nur ein erster (später) Schritt und nur für die Profis sowie ambitionierten Fotografen mit ihren großen, schweren Kameras geeignet. Einsteiger sowie Kinder und Jugendliche lachen darüber.
Der zunehmend flächendeckend schlechte Service im Reparaturfall verschreckt letztendlich auch noch die letzten Kunden aus diesem klassischen Beifang-Bereich: Bereits in meinem engeren Umfeld kenne ich mehrere Personen, welche z.B. an einem Schmutzfleck im fest verbauten Objektiv einer Pocket- und oder Bridge-Kamera leiden. Die Foren und selbst YouTube-Channels sind angefüllt mit zahllosen weiteren Opfern, die teilweise nach wenigen Tagen normalem Einsatz oder sogar nach einem Tag bei einer Neukamera darüber klagen. Die meisten Fotohändler vor Ort wollen oder können diese nicht reparieren, oder z.T. dürfen sie diese sogar nicht reparieren. Auch die Kamera-Hersteller wollen diese im Grunde noch funktionierenden Kameras nicht gerne reinigen / reparieren. Sofern man dennoch darauf besteht, verlangen sie extrem hohe Preise (oft über dem Zeitwert der Kamera) dafür, lassen die Kameras dann lange in der Werkstatt liegen, es fallen hohe Versandgebühren an, und manche Sendung geht inzwischen in Deutschland auf dem Versandweg verloren. All das schreckt die meisten Besitzer ab. Aufgrund dieser gemachten negativen Erfahrungen kaufen sie keine neuen Kameras, sondern verwenden zukünftig nur noch das Smartphone, wo derartige Probleme kaum bekannt sind. Hier werden die immer wieder vom Marketing zitierten, umworbenen und angeblich gewünschten Aufsteiger seit Jahren systematisch verprellt.
Um abschließend auch in einem weiteren Punkt fast allen Analytikern zu widersprechen: Die Kameras und deren Software auf Smartphones werden jährlich besser. D.h. die Smartphones werden auch weiterhin immer größere Teile der klassischen Kamera-Nutzer, des Fotomarktes und der Kameraindustrie vereinnahmen. Keineswegs ist somit die Gefahr gebannt, oder die Kundenabwanderung gebremst oder gestoppt. Ganz im Gegenteil wird das Marktsegment für die klassischen Fotokameras immer kleiner.
Hinweis: Es handelt sich um eine additive Flächendarstellung. Beide Flächen zusammen ergeben die (bereits oben dargestellte) Jahresverschiffung von 2003 (Anfang der dezidierten Messung) bis 2019. Die Einheiten sind in tausend Stück verschiffte Kameras.
Man erkennt auf den ersten Blick, dass bis heute der Beifang (orange Fläche) der Gelegenheitsfotografierer, welche überwiegend Kompakt- und Bridge-Kameras erwerben, extrem hoch ist. Dieser wird zukünftig weitgehend wegbrechen.
Man erkennt jedoch ebenso, dass die Anzahl der verschifften Systemkameras (blaue Fläche) seit 2012 auch deutlich zurückging. 2012 waren es noch fast 20,2 Mio. DSL (Systemkameras mit und ohne Spiegel) und 2019 nur noch weniger als 8,5 Mio. Ein Minus von über 58%.
Neue falsche Thesen zu Smartphones
Nachdem der Niedergang der Fotobranche 2020 von keinem vernünftigen Menschen mehr zu leugnen war, wurden die letzten verzweifelten theoretischen Abwehrkämpfe geführt:
Smartphones ersetzen nun angeblich die klassischen Kompaktkameras, indem sie deren alten Platz einnähmen.
Das ist leider eine unzulässige Verdrehung meiner Thesen und derjenigen anderen Analysten, welche seit ca. 2008 darauf hinweisen, dass Smartphones die klassischen Kompaktkameras verdrängen.
Bei klassischen Kompaktkameras handelt es sich um dedizierte Geräte: Mit ihnen kann man nur Fotos und Videos aufnehmen. Ganz anders sieht es hingegen bei multifunktionalen Smartphones aus.
Die Bedienung und vor allem der Workflow, also der gesamte Weg von der Benutzung über die Bilderstellung, Bearbeitung, Versand bis hin zur Bildbetrachtung unterscheidet sich völlig auf beiden Geräten.
Wer es nicht glaubt, soll einfach einmal eine moderne (gerne auch modernste spiegellose) Systemkamera einem jungen Smartphone-Besitzer in die Hand geben. Das bleibt ein Buch mit sieben Siegeln für jeden Nicht-Eingeweihten.
Dass die Fotografie auf den inzwischen weltweit rund 4 Milliarden verwendeten Smartphones floriert (seit 2016 wurden jedes Jahr rund 1,5 Mrd. Smartphones verkauft, bei einer durchschnittlichen Benutzungsdauer von 3 Jahren), liegt an deren einfachen und grundlegend anderen Workflow.
Somit handelt es sich bei Smartphones um völlig andere Produkte.
Das ist wie mit der Postkutsche und der Eisenbahn im 19. Jahrhundert. Beide dienten zwar der Fortbewegung. Aber es waren zwei unterschiedliche Produkte. Deshalb gibt es auch die Produktlebenskurve der Lebenszyklusmodelle / Produktlebenszyklen. Folglich trifft dies auch für die klassische Fotografie zu.
Smartphones und Computational Photography sowie KI / AI. werden in den kommenden Jahren die klassische Fotografie weitgehend ersetzen. Das Produkt klassische Fotografie hat sich für die Mehrheit der Menschen erledigt und neigt sich dem Nischenbereich der Liebhaber zu.
Was die meisten Analytiker bis heute übersehen, ist der Umstand, dass sich die Amateurfotografen inzwischen mit den fotografisch zweifellos hochwertigen Smartphones begnügen.
Gleichzeitig haben sich die klassischen Fotoapparate (Systemkameras mit Wechselobjektiven) in den letzten Jahren zu Spezialkameras für nur noch wenige, hochambitionierte (Amateur-)Fotografen und die Berufsfotografen entwickelt. Smartphones und Systemkameras sind zwei Produktkategorien und zwei Kundenzielgruppen, zwischen denen inzwischen kaum mehr Schnittmengen oder Verbindungen existieren.
Kompaktkameras wurden von den bekannten Kamera-Herstellern produziert oder zumindest unter deren Namen vertrieben. Es handelte sich somit - wie schon in analogen Zeiten - um preiswerte Einsteigerprodukte in die Welt der Foto-Kameras und der Fotografie, mit denen man eine Markenbindung beim Kunden herstellen konnte. De facto unterschieden sie sich im Aussehen, in der Bedienung und vor allem im Workflow der Bildentstehung nicht merklich von den hochwertigen Systemkameras. Ein Auf- / Umstieg auf teurere Produkte war somit leicht möglich. Deshalb wurden diese kleinen und preiswerten Kompakt-/Einsteigerkameras von Sarkasten auch gerne als Produkte zum Anfixen der Kunden bezeichnet.
Erfolgreiche Smartphones werden jedoch von Apple, Samsung, Huawei etc. hergestellt. Die klassischen Kamera-Hersteller fehlen hier. Selbst die Firma Sony, welche mit rund 50% Marktanteil bei den kleinen Smartphone-Kamera-Modulen / -Sensoren den Weltmarkt dominiert, wird im Smartphone-Bereich für seine eigenen Mobiltelefone nur belächelt, da deren eigene Produkte technisch rückständig, dafür jedoch völlig überteuert als Ladenhüter enden.
Letzteres ist allerdings das Kernproblem im Vergleich von Smartphones und klassischen Fotokameras: Es fehlen den Kameraherstellern heute die früher großen Zahlen der Auf- und Umsteiger. Gleichzeitig sterben die alten klassischen Fotografen weg oder geben das Hobby aus Altersgründen auf.
Von den übrig gebliebenen ernsthaften klassischen Fotografen sehen viele schlichtweg derzeit keinen technischen Grund, eine neue Kamera zu erwerben, die fotografisch kaum mehr kann als ihre bisherige. Wie die spiegellosen Vollformat-Kameras (Nikon Z, Canon R, Panasonic S) zeigten, liegen deren aktuelle Leistungen sogar hinter denjenigen der klassischen älteren DSLRs.
Solange die Hersteller nichts Hochwertigeres liefern - vor allem bei den Punkten Workflow der Bildbe- und -verarbeitung - wird sich diese zutreffende und verständliche Einstellung (letzte Kamera-Syndrom) kaum ändern.
Hinzu kommt bei den - tatsächlich vorhandenen aber faktisch in absoluten Zahlen wenigen - wechselbereiten Fotografen von Smartphones zu klassischen Systemkameras ein Finanzproblem. Sie hegen die irrige Vorstellung, dass eine dedizierte Kamera, mit der man nur fotografieren und / oder filmen kann, auch nur weniger kosten darf als ein Multitalent wie das Smartphone. In Befragungen und allgemeinen (Experten-)Einschätzungen werden immer wieder völlig unrealistische Preiskategorien von 500 Euro/US$ genannt. Bei den aktuellen Einstiegspreisen von mindestens 1.000 Euro für eine Vollformat-Kameras und mehreren tausend für hochwertige Objektive werden die meisten Wechsel-Interessierten abgeschreckt.
Einstellungsveränderung und Perspektivenwechsel
Die Gründe hierfür beruhen auf tiefgreifenden soziologischen Verwerfungen:
Die Gesellschaft hat sich weltweit in ihrem Verhalten grundsätzlich geändert. Als ein Symptom lässt sich in allen Bereichen z.B. ein zunehmender Exhibitionismus erkennen. Die Menschen wollen nicht nur sehen, sondern selbst gesehen werden - sich darstellen. Man denke nur an die Aquariums- / Exhibitionismus- / Schaufenster-Architektur der letzten Jahrzehnte mit vollverglasten Wänden bis zum Boden - auch im Bad und Schlafzimmer. Oder den Casting-Shows. Die breite Masse macht dies jedoch nur den Eliten nach, wie sie diese sowieso in fast allem kopiert.
Wenn man einmal von seltenen Selbstporträts und der relativ komplizierten Selbstauslösefunktion bei Fotoapparaten absieht, so fand in der klassischen Fotografie fast immer eine bewusste Exklusion des Fotografen statt. Er stand hinter der Kamera. Nur deshalb konnte überhaupt der allseits bekannte Spruch aufkommen: Das Foto entsteht hinter der Kamera. - Folglich war die Dokumentationsweise früher auch indirekt: Jemand nahm den Eifelturm auf, und jeder wusste, er war in Paris gewesen. Er fotografierte das Kolosseum, wodurch dokumentiert wurde, dass er sich in Rom befunden hatte. Er zeigte ein Dia vom Prado, woraus jeder indirekt schloss, dass er in Madrid Urlaub gemacht hatte. - Die Kunst im Foto wurde so weit getrieben, dass man Unwesentliches beschnitt und sogar Techniken ersann, wie man auch die störenden Touristen aus dem Foto entfernte, um quasi das Zeitlose festzuhalten. Und sogar bei den sogenannten Momentaufnahmen versuchte man, ein Stück der Ewigkeit einzufangen, in das man sich dann jahrelang an der Wand aufgehängt vertiefen konnte.
Die Mehrheit der jungen Menschen will heute jedoch eher den aktuellen Moment des bewegten Lebens einfrieren, diesen sofort anderen mitteilen, sowie dann weitergehen, um den nächsten Moment der Vergänglichkeit zu dokumentieren. Vor allem wollen viele sich heute jedoch mitaufnehmen und sich auch als voll integriert in einen möglichst großen Freundeskreis sehen. - Deshalb auch die Wichtigkeit der friends and followers. Sie wollen ihre eigene Integration plakativ demonstrieren. Der indirekten Darstellung wird als unpersönlich und pseudoneutral sogar misstraut. Überspitzt könnte man Descartes für die Gegenwart abwandeln: Ich bin im Bilde, also bin ich. Und, weil ich auf dem Foto / Video bin, ist es auch echt. - Die Dokumentation findet heute beim Selfie wesentlich direkter statt: Ich vor der Freiheitsstatue, ich mit meinen Freunden auf dem Strand der Malediven, ich mit meinen Buddys auf dem Dach des Burj Al Arab in Dubai. Vor allem immer: Ich im Zentrum des Geschehens. Nur diese platte und extrem direkte Darstellung wird noch als authentisch angesehen. Nur noch dieser eine Moment zählt, und ich war dabei. Hier werden Fotos und Videos wieder zu reinen Beweismitteln. Ich, Euer Berichterstatter vor Ort. Deshalb ein (Ultra-)Weitwinkelobjektiv mit extremer Schärfentiefe und der Verzicht auf fast jede künstlerische Note: authentisch verwackelt und echt schief. Aber immer nah dran am pulsierenden Leben.
Folglich entsteht das Foto heute überwiegend vor der Kamera. Das funktioniert jedoch mit den klassischen Kameras der Fotoapparatehersteller nicht. 2016 arbeitete ich zwar an einer einfachen technischen Lösung. Da sich jedoch kein Hersteller dafür interessiert, wird es wohl - wie so viele andere Erfindungen - eine Lösung für mich und ein paar Freunde bleiben.
Die Kamerahersteller hätten das übrigens auch selbst erkennen können. Wo waren die Fotokameras in den letzten 10 Jahren besonders erfolgreich? - Im Videobereich! - Dort konnten sich die Menschen mit den kombinierten Video-/Fotokameras in ihren kleinen Heimstudios (oft nur das Wohnzimmer) erstmals selbst vor die Kamera setzen und sich in Szene setzen. Die Videofunktion brachte Otto Normalbürger in die Medien. Der kleine Mann und die kleine Frau von der Straße wurden in den eigenen (meist jungen) Insiderkreisen plötzlich zu Moderatoren, Meinungsmachern und Stars. Zwar wurde YouTube von allen Eliten belächelt und von den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten bis vor kurzem ignoriert. Aber die junge Generation interessiert sich schon lange nicht mehr für das klassische Fernsehen oder überhaupt die etablierten Medien. Das Internet sind für sie die neuen demokratischen Medien, die sie aktiv selbst gestalten, während die klassischen Medien überwiegend als elitäre Zensurstelle sowie exklusive und reine Darstellung der selbstherrlichen Arroganzia wahrgenommen wird - langweilige Hofberichterstattung für die Gruftis. - Das ist keine einfache Establishment-Kritik. So haben inzwischen nicht nur viele junge Menschen das Establishment durch den Aufbau einer separaten Medienwelt bereits völlig umgangen und faktisch entmachtet. Das Establishment hat es in großen Teilen nur noch nicht begriffen. - Und die Kamerahersteller auch nicht. Sie produzieren noch immer klassische Kameras für die etablierten Medien sowie deren zentralistisch und misstrauisch über künstliche Nadelöhre gesteuerten Workflow.
Lebensformen
Lassen Sie mich ein paar Dinge verallgemeinern und zuspitzen, um den Kern herauszuarbeiten. Sie werden selbst erkennen, welcher Kategorie Sie eher zuneigen:
Immer wieder wird explizit behauptet oder implizit unterstellt, die klassischen Fotografen und Videografen wären aus dem Zug - genannt Fortschritt - irgendwann aktiv und selbst ausgestiegen. Sie hätten somit selbst Schuld, wenn sie den Anschluss verpasst hätten. Das halte ich für unzutreffend. Sie haben seit der Erfindung der aufnehmbaren Bilder im frühen 19. Jahrhundert alle Entwicklungen wie die Eisenbahn mitvollzogen: Sie stiegen also - damit wir im Bilde bleiben - brav und oft sogar früh auf den Diesel- und dann den Elektrozug um. Der Unterschied liegt in anderen Details.
Viele klassische Foto- und Videografen sitzen trotz aller modernen Elektrozüge - als eher introvertierte Künstler - lieber alleine in ihrem eigenen, ruhigen Abteil und schauen von dort ungestört nach draußen auf die Welt, und das Treiben.
Der typische klassische Foto- und Videograf überlegt sich in der Gegenwart, welche Wirkung sein Foto und Film in der Zukunft auf die Betrachter ausüben wird. Fotografen suchen nach der einen perfekten Perspektive, welche das Model oder das Empfundene am besten darstellt sowie charakterisiert. Klassische Videografen suchen nach der idealen Szenenfolge sowie bestmöglichen Szenenkombinationen und Reihenfolge der Bildsequenzen, um den Moment und das Erlebte plastisch darzustellen.
Während künstlerische Fotografen und Videografen in der Gegenwart arbeiten, denken sie also ständig an die Zukunft: wie das Ergebnis aussehen wird und wie es wo auf wen wirkt. Das Ziel liegt jedoch bei beiden in der späteren Darstellung der Gegenwart.
Danach gestaltet er alles perfekt aus und lebt erst später mit seinem fertiggestellten Produkt in der Retrospektive - also der Vergangenheit. Sie - wie alle Betrachter - schauen zurück und werfen einen Blick in die Vergangenheit. Ein künstlerisches Foto und ein künstlerischer Film zeigen immer etwas Vergangenes, das der Aufnehmende damals erlebt und dabei gefühlt hat. Das kann etwas Zeitloses sein. Aber es bleibt immer Vergangenheit. Deshalb sprechen Philosophen den Fotografen auch einen konservativen im Sinne von das Alte (aber auch das Tote) bewahrenden Kontext zu.
Der klassische Fotograf und Videograf lebt somit gleichzeitig in der Zukunft und in der Vergangenheit. Über seine Gegenwart will er zuerst den eigenen gestalterischen Filter seiner künstlerischen Gestaltung laufen lassen, bevor andere das perfekte Ergebnis sehen dürfen.
Der harte Kern dieser Bild-Künstler wünscht im Grunde keine direkte, platte oder unmittelbare Kommunikation, sondern liebt die zeitlose, indirekte Anspielung, das Detail, für das der Betrachter ein besonderes Auge benötigt, um es vollständig zu erkennen und in seiner ganzen Tiefe zu würdigen. Der wahre Künstler kommuniziert somit im Grunde nicht mit der Masse, sondern auf höchstem geistigen und anspruchsvollem Niveau mit den wenigen Wissenden und Verständigen.
Ein moderner extrovertierter (Smartphone-) Foto- und Videograf hingegen sucht im selben Zug das lärmige mit Leben erfüllte Großraumabteil, in welches er sich integriert und ständig mit anderen kommuniziert.
Ein moderner extrovertierter (Smartphone-) Foto- und Videograf lebt somit in der Gegenwart und arbeitet auch mit seinen Fotos und Videos in Echtzeit in der Gegenwart. Selbstschau in Echtzeit, das Smartphone als mobiles Spieglein in der Hand. Er will das jetzt Erlebte allerdings auch unverzüglich kommunizieren, mit anderen teilen und so quasi gemeinsam mit anderen oder im Idealfall allen gemeinsam erleben. Also globale Selbstdarstellung mittels Video-Streaming in Echtzeit. Seine Freunde sollen seine Gegenwart live miterleben.
Selbstverständlich blicken diese (Smartphone-) Foto- und Videografen auch aus dem Fenster des fahrenden Zuges nach draußen. Aber sie blicken vor allem auf sich selbst im fahrenden Zug und die Mitreisenden. Sie wollen nicht nur Ihre eigenen Gefühle kommunizieren, sondern sie wollen sich selbst dabei - jetzt - sehen. Dies scheint mir ein wichtiger Grund für den durchschlagenden Erfolg der ultra-Weitwinkel Selfie-Kamera zu sein. Sie wollen über sich kommunizieren und sie wollen sich in das Erlebte in die Gegenwart integrieren, indem sie sichtbar ihre Gegenwart (im Sinne von Anwesenheit) belegen. In einer sich de facto vereinzelnden und vereinsamenden Welt der Individuen scheint dies ein wichtiges Bedürfnis für viele Menschen geworden zu sein. Letztendlich wird so das Smartphone zum Symbol der überall geforderten Integrationsfähigkeit des Einzelnen und gleichzeitig zum Beweis seiner gelungenen Integration in die Gesellschaft. Nach den Freiheitsbewegungen der Frühen Neuzeit könnte man somit von einer post-individuellen Gesellschaft sprechen.
Überdies lebt und arbeitet der moderne (Smartphone-) Foto- und Videograf in der Gegenwart - oder wie man modern sagt: in der Echtzeit. Mit diesem Kommunikationsinstrument kann er sich in der momentan erlebten Gegenwart zeigen. Die höchste und somit authentischste Form von Gegenwart ist das Live-Video-Streaming, bei dem man auf dem eigenen Bildschirm nicht nur sich selbst sieht, wie man in der Gegenwart in dem Raum alles erlebt, sondern es auch gleichzeitig (oder modern: zeitgleich) allen anderen mitteilen kann. Mit diesen Kommunikationswerkzeugen kann man andere in Echtzeit an seinem Leben teilhaben lassen.
Wenn wir ehrlich sind, ist dies auch nichts wirklich Neues. Es handelt sich im Prinzip um die Fortführung des Unterschiedes zwischen einem Fernseh-/Kinofilm und einer Live-Sportübertragung. Im ausge- und vielfach überarbeiteten Fernseh-/Kinofilm steht das künstlerische Wie im Vordergrund. Bei der Live-Übertragung geht es zentral um das sofortige aktive Miterleben des Momentes, der Gegenwart, des Was. Das Echtzeit-Ergebnis - der aktuelle Torstand 3:2 - ist somit wichtig, das vermeintlich alle Zuschauer gleichzeitig erleben. So entsteht Gemeinschaft. Bei Live-Übertragungen geht es um den faktischen Inhalt, weniger um den künstlerischen Aspekt. Die Personen an den Mischpulten (meist sind es extrem multitasking-fähige Frauen) müssen blitzschnell und im ständigen Wechsel eine von vielen Kamerapositionen auswählen, um näher am Geschehen dran zu sein, damit man besser erkennt, was gerade wo passiert. Deshalb nehmen viele Zuschauer auch hin, dass es - trotz aller Routine der Moderatoren und Fernsehfachleute - oft an allen Ecken und Enden bei einer derartigen Live-Übertragung hakt und holpert. Da kommt es - wie im eigenen Leben - zu emotionalen bis hirnlosen Kommentaren, falschen Kameraeinspielungen, störenden Hintergrundgeräuschen etc.
Den gravierenden Unterschied der zwei Gruppen sehe ich somit nicht in der verwendeten Technik. Bei beiden ist sie oft hochmodern und erfüllt definitiv ihren Zweck. Auch die Art, wie man Fotos und Videos aufnimmt, ist ebenfalls ähnlich.
Es stehen sich heute eher die perfekte Qualität der wenigen Künstler der Spontanität der Masse gegenüber.
Das perfekte Ergebnis der klassischen Foto- und Videografen ist aber auch immer das Perfekt.
Der berühmte Mediävist Arno Borst nannte völlig verschiedene Verhaltensweisen und Lebensumstände des Mittelalters, die uns heute unverständlich, oft geradezu unerträglich vorkommen, unterschiedliche Lebensformen. So wie wir jedoch nicht im Mittelalter leben wollten, so unwohl würden sich jene Zeitgenossen in unserer modernen Welt fühlen und würden mit der post-industriellen Welt nicht zurechtkommen.
Die modernen Foto- und Videografen praktizieren mit Ihren Smartphones somit eine andere Lebensform: gute Lösungen - aber heute - reichen ihnen zur Darstellung ihrer Gegenwart aus.
Im Übrigen handelt es sich auch nicht um einen Generationenkonflikt. Da stehen nicht die Jungen gegen die Alten, oder die Männer gegen die Frauen oder die reichen gegen die Armen. Es sind inzwischen oft sogar die älteren Rentnerinnen und Rentner, welche ein Video vom Smartphone live von der Kreuzfahrt oder dem sonstigen Urlaubsort an die Enkel oder gleichaltrige Freunde/innen senden.
Da es sich um zwei unterschiedliche Lebensformen handelt, verstehen sich die beiden Gruppen auch kaum. Da wird oft pauschal (ab-)qualifiziert und (ab-)gewertet. Es geht jedoch nicht um gut oder schlecht, sondern es geht um anders. Die beiden Gruppen trennt ein unterschiedlicher Gegenwartsbezug: Wie betrachtet man die Gegenwart und wie geht man mit der Gegenwart um? Die Einen leben in dieser Gegenwart aktiv und kommunizieren diese direkt als lebendige Gegenwart - mit all ihren Fehlern. Die anderen sehen sie als Zukunft sowie als zeitlose Vergangenheit - als Retrospektive auf Vergangenheit, gleichzeitig Gegenwart und auch mit Wirkung auf die Zukunft.
In der Folge kommen beide Gruppen im wahrsten Sinne des Wortes nicht zusammen. Deshalb sehe ich auch kaum eine Möglichkeit, eine größere Zahl an Smartphone-Nutzern auf das Gebiet der klassischen Fotografie und deren Kameras zu ziehen. Da es den Smartphone-Besitzern überwiegend nicht um etwas höhere Bildqualität geht, werden sie sich keine Systemkamera zulegen. Dazu müssten sie zuerst ihre Lebensform ändern.
Inkompetente teure Analytiker
Aber die Analysten haben doch seit 20 Jahren immer das Gegenteil behauptet.
Auch der Einwand, dass einige Analysen ein Wachstum im gesamten Fotobereich feststellen, kann nicht gelten, denn sie vermischen hierbei gerne den hier untersuchten Kameraherstellerbereich mit dem - auch zeitlich nachgelagerten - sonstigen Zubehör. Vor allem muss eingewandt werden, dass die meisten Daten zum Zubehörbereich auf ganz wackligen Füßen stehen. Oft beruhen sie auf sehr vagen Schätzungen, wobei man großzügig benachbarte Produktionsbereiche (wie z.B. Li-Ionen-Akkus) miteinbezieht.
Die bis heute immer wieder zu lesende Behauptung, dass der digitale Kameramarkt ein stetig wachsender sei, der seit 2009 nur durch den weltweiten Wirtschaftsabschwung kurzeitig abgeschwächt wurde, ist reines Wunschdenken. - Deshalb sind über 4.000 US$ (Beleg 2) für derartige Analysen auch sinnlos verschwendetes Geld. Es steht jedoch zu vermuten, dass das optimistische Top-Management vieler Firmen den größten Analyse-Unsinn glaubt, solange er nur teuer verpackt wird.
Ketzer wussten schon immer: Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Aber das, was in den letzten Jahren von fast allen Analytikern für die Fotoindustrie an Wachstum prophezeit wurde, beruhte nicht auf wissenschaftlicher Analyse und logischem Nachdenken oder gar eigenem Nachprüfen, sondern auf Wunschdenken. Folglich lag es weit neben der Realität.
Inzwischen versteigen sich manche Analysten sogar in eine völlige Umkehr von Ursache und Wirkung, indem sie behaupten, die Software zur Fotonachbearbeitung würde die Nachfrage nach neuen Kameras erhöhen.
Bei zahlreichen Analysen beschleicht einen das Gefühl, dass die Analytiker von jedem fotografischen Fachwissen unbelastet allgemeine Aussagen anderer Gurus zusammenfassten und ungeprüft fortschrieben. In der Tat lesen sich die Quellenangaben zahlreicher Analysen wie eine Adressliste der Herstellerlabors, der Dach- und Fachverbände, Zulieferer, der Handelskammern aller industrialisierten Länder, der Statistikämter der Welt sowie sonstiger Aufsichtsbehörden für die Fotobranche. Nur vereinzelt finden sich dort Fotofachzeitschriften als Quelle angegeben, die (wie viele der anderen Quellen auch) im Zirkelschluss meist jedoch ihre Daten von den Analysten und den Herstellern beziehen. Wenn Kunden in Quellen erwähnt werden, dann meint man oft ausgewählte Key-Consumers bzw. Reference customers.
Als ein Beleg der viel zu optimistischen Prognosen seien die noch im Februar 2016 (z.B. Folie 26) genannten Werte für das Gesamtjahr 2016 angeführt. Man ging von weit über 30 Mio. produzierten / verschifften Kameras aus. - Ca. 24 Mio. dürften der Wahrheit jedoch näher kommen. So waren alle mir bekannten Prognosen der CIPA (Dachverband der Fotobranche) seit 2012 viel zu optimistisch.
Erstaunlich bleibt nur, dass viele Hersteller in der Fotobranche offensichtlich diesen Scharlatanen glaubten, obwohl einige Hersteller sogar eigene Befragungen bei Durchschnittskunden durchführten und dabei zu ganz anderen Ergebnissen kamen.
Dennoch ist die einzige Reaktion auf inzwischen 10 Jahre kontinuierlichen Niedergang bisher, die alte Prognose, man werde das Tal der Tränen durchschreiten jeweils um ein bis mehrere Jahre in die Zukunft zu schieben. Derzeit hat man es auf die Mitte der 2020er Jahre gelegt, in welchem alle Zahlen besser werden sollen: Absatz, Umsatz und Gewinn. - Bezüglich des klassischen Fotomarktes handelt es sich um reines Wunschdenken.
Wie bei den Wahlen zum Brexit und der US-Präsidentschaft 2016 werden uns noch immer Dinge über den Fotomarkt aufgetischt und von den Massenmedien bereitwillig sowie unkontrolliert millionenfach publiziert, welche nichts mit der Realität zu tun haben. Wann hören diese Analytiker und Journalisten endlich auf, den Foto-Kunden die eigenen Wünsche zu prognostizieren und beginnen endlich mit ihrer eigentlichen Aufgabe - nämlich damit, den Kunden nach seiner Meinung zu befragen und sich diese auch aufmerksam anzuhören - sprich: den Kunden endlich ernst zu nehmen?
Der Fotokunde besitzt nicht die Möglichkeit, den Herstellern an einem Stichtag die Quittung zu präsentieren, wie den Politikern. Aber nach nunmehr 10 kontinuierlichen Jahren des Niedergangs sollten die Analytiker, Journalisten und Hersteller endlich von ihrem hohen Ross herabsteigen.
Und auch die Data-Ware-House-Spezialisten, die angeblich sowieso alles über jeden Menschen voraussagen können, irrten sich bisher konstant. Die Anschaffung eines Fotoapparates und der Ausrüstung dazu ist ein eher seltener und emotionaler Akt, der nicht präzise vorhersagbar ist, wie der rational notwendige permanente Kauf von Klopapier. Es geht den Käufern somit im Fotobereich nicht um rein mathematische Entscheidungen, sondern um emotionale mit sozialen Komponenten. Für Fotoapparate besteht kein naturgesetzlicher Kaufzwang: Der Kunde kann kaufen, er muss es aber nicht.
Um es wissenschaftlich zusammenzufassen: Datenanalyse, Umfragen und jede Datenauswertung liefern Fragen, aber primär keine Antworten. Die Antworten muss man wissenschaftlich aus vielen zusätzlichen, anderen Quellen herleiten.
Der neueste Trick der hochbezahlten Analytiker besteht seit 2017 darin, nur noch auf die Systemkameras abzuzielen. Diese hatten 2012 ihren Höhepunkt und schrumpfen somit erst seit 8 Jahren - und vor allem viel geringer als das Segment der Kompakt- und Bridge-Kameras. Man verengt einfach das Bewertungssegment und lässt 4/5 aller früheren Kameras außer Betracht. So werden die dramatischen Rückgänge ausgeblendet, bagatellisiert und schöngerechnet. Bei George Orwell hieß dies noch Neusprech (Newspeak) - Heute nennt man dies alternative Fakten.
Seit März 2017 verwenden international tätige Analytiker gerne den Euphemismus mature market, einem reifen, vollentwickelten Markt in der Fotowirtschaft. Offensichtlich haben sie den Niedergang - ja Absturz - der Branche seit 2010 komplett ausgeblendet.
Fazit: Kontinuierliche Marktschrumpfung
Sehr erstaunlich ist auch, dass niemand wahrhaben will, dass der Markt seit Jahren komplett rückläufig ist. - Nachtrag im September 2016: Erste Analysten ändern - obwohl Sie meinen Artikel zuerst kritisierten - inzwischen ihre Meinung langsam.
Es handelt sich somit spätestens seit 2009 nicht um eine kurzzeitige Delle der Verkäufe, sondern um eine neue Ära der digitalen Fotografie, in der wir uns befinden. In ihr reduziert sich zunehmend die Anwenderzahl (entspricht ungefähr der Käuferschicht hochwertiger Kameras) wieder auf die wenigen ernsthaft an der Fotografie interessierten Fotografen. Diese Masse ist zwar größer als zur analogen Zeit und wird parallel zu den steigenden Einkommen und vermehrter Freizeit weltweit auch langsam wachsen. Aber diese Zahl ist weit geringer als implizit in fast allen Analysen zu Grunde gelegt wird.
Im Übrigen scheint mir bei diesem Schrumpfungsprozess der Boden noch lange nicht erreicht, da viele ernsthafte alte Fotografen altersbedingt in den kommenden Jahren ausscheiden.
Dies hat gravierende Folgen vor allem für die Hersteller mit vielen Modellen, da dadurch die Skaleneffekte schrumpfen und sich bald ins Negative umkehren. Je weniger Stück eines Modells verkauft werden, umso prozentual höher werden nun jährlich die darum herum gruppierten (Fix-) Kosten. Diese werden wachsen - trotz Einsparungen durch übliche Rationalisierung. D.h. der Gewinn wird deutlich zurückgehen.
Prognosen
Als ich den Artikel erstmals im Sommer 2015 verfasste, prognostizierte ich vorsichtig einen weiteren 25-35% Rückgang für die Jahre 2015-2020 - auf der Basis der Jahresgesamtdaten von 2014. (Produktion 2014: 42.768.140; erwarteter Rückgang auf 32 bis 27,8 Mio. Kameras. Das wurde bereits 2016 mit nur 23,8 Mio. Kameras weit unterschritten.)
Im Halbjahrestakt musste ich seitdem meine - öffentlich immer wieder als zu pessimistisch kritisierten - Prognosen weiter nach unten korrigieren, weil die noch negativere Realität mich schneller einholte, als erwartet.
Auf Basis der Jahreszahlen für 2014 gehe ich - und zwar weltweit - von einer nochmaligen Reduktion der Verkaufszahlen um 75% bis zum Jahr 2020 aus. (Produktion 2014: rund 43 Mio.; erwarteter Rückgang auf ca. 11 Mio. Kameras aller Klassen. - Hinweis: Dieses Szenario geht davon aus, dass die Hersteller die Produktion rechtzeitig an die sinkende Nachfrage anpassen. Ansonsten fällt zwar die Produktion höher aus. Aber an den wegbrechenden Verkäufen wird sich meines Erachtens nichts ändern.)
Bitte beachten Sie, dass ich hier von an Endkunden verkauften Kameras spreche und nicht den überall lesbaren produzierten und verschifften Produkten. Dies gilt umso mehr, als sich seit Herbst 2016 eine massive Überproduktion der Hersteller abzeichnete. Ferner würden oder könnten die Hersteller in einem solchen Fall nicht die wahren Zahlen veröffentlichen. Lieber füllt man die eigenen und fremden Lager damit.
Exakt letzter Effekt der Gesichtswahrung aufgrund der 2020 in Tokio stattfindenden olympischen Spiele ergibt jedoch erhebliche Unwägbarkeiten. Evtl. werden tatsächlich die Überproduktionen auf Halde bis zu den olympischen Spielen weiter durchgeführt und die ganze Wahrheit somit erst 2021 veröffentlicht. Dann würde die offizielle Kurve der produzierten und verschifften Kameras bis 2020 eher seitwärts verlaufen und 2020/21 steiler abstürzen.
Von der übrig bleibenden Grundmenge der ernsthaften, langfristig an der Fotografie interessierten Fotografen (inklusive marketing-technisch erzieltem Beifang an Reichen, Gelegenheitsfotografen und Sammlern) kann die derzeit völlig überdimensionierte Fotobranche jedoch nicht überleben.
Die Fotoindustrie hat - wie vorausgesagt - im Schicksalsjahr 2018 (genau gesagt im Spätsommer und Herbst) die Reißleine gezogen und die Weichen neu gestellt:
Das neue Ziel liegt für fast alle Hersteller im teuren Vollformat (oder sogar Mittelformat) unter Vernachlässigung aller anderen (kleineren und preiswerteren Crop-) Sensorklassen (Sensor-Sterben).
Ferner legte man den Schwerpunkt mit neuen inkompatiblen Bajonetten auf Video.
Dadurch halte ich alle vorherigen Annahmen erneut für zu optimistisch und sehe mittelfristig die 10 Mio. Linie an jährlich produzierten Kameras für nicht mehr haltbar. - Vermutlich wird sie bereits 2021 bei der Produktion unterschritten.
Die Fotoindustrie hat - wie vorausgesagt - im Jahr 2019 ein miserables Ergebnis eingefahren und deshalb selbst die eigenen Prognosen weiter reduziert:
Nachdem Nikon in seinem Halbjahresbericht im November 2019 sogar meine negativsten Szenarien mit seiner Prognose eines mittelfristigen jährlichen Weltbedarfs / einer käuferseitigen jährlichen Nachfrage von nur noch 3 Mio. Systemkameras unterbot, halte ich kritische Marken für unterschritten und muss meine pessimistischen Szenarien nochmals deutlich nach unten korrigieren.
Dadurch sehe ich mittel- bis langfristig sogar die 5 Mio.-Linie an jährlich produzierten Kameras für kaum mehr haltbar.
DSLRs halte ich inzwischen für langfristig nicht mehr haltbar. Diese werden kurz- bis mittelfristig entfallen. Siehe DSLR-Zukunft.
Bereits kurzfristig werden sich die Zahlen sogar bei spiegellosen Kameras weiter reduzieren.
Spätestens 2025 halte ich weniger als 5 Mio. verkaufter Kameras (aller Klassen) insgesamt weltweit für ein nunmehr realistisches Szenario.
Und dies gilt auch nur, sofern wir zwischenzeitlich keine schwere Wirtschaftskrise erleiden, tatsächlich viele Fotografen zu Video umsteigen und Smartphones sich mit ihrer künstlichen Intelligenz nicht so schnell wie vorhergesehen entwickeln.
Ansonsten könnte die 5 Mio.-Latte bereits vor 2025 gerissen werden.
Ganz offen sehe ich bei der von Nikon prognostizierten 3 Mio.-Größenordnung bei Systemkameras wichtige Skaleneffekte sich umkehren:
Im von vielen Fotoamateuren erhofften Szenario 1 würden sich die Anteile gleichmäßig auf Vollformat, APS-C und Micro-Four-Thirds verteilen. Das ist jedoch unrealistisch, da die Kameras dann wegen der fast gleichteuren Forschung, Entwicklung und Produktion etwa gleichteuer sein müssten. Das bezahlt allerdings kein APS-C-Kunde und definitiv kein MFT-Kunde. Es wird folglich unweigerlich zum baldigen Sensor-Sterben kommen.
Bei dem auch von Nikon nun als unabwendbar angesehenen Preiskrieg, der vermutlich lange anhalten wird, sehe ich auch den Markt für Kompakt- und Bridge-Kameras selbst der 1-Zoll-Luxusklasse nun deutlich geringer.
Der mittelfristig denkbar schlechteste Fall / das denkbare Worst-Case-Szenario stellt sich inzwischen folgendermaßen dar:
Ca. 1/2 Mio. verkaufte Kompaktkameras weltweit.
Ca. 1/2 Mio. verkaufte Bridge-Kameras weltweit.
Ca. 3 Mio. verkaufte spiegellose Systemkameras weltweit, überwiegend im Bereich Vollformat.
Im Gegensatz zu allen Prognosen der Kamerahersteller sehe ich im klassischen Fotobereich keine stabile Größe an loyalen Kunden mehr. D.h. die Nachfrage wird somit kontinuierlich weiter sinken.
Prognose bis 2025 für Systemkameras:
Bei Systemkameras (DSL - mit und ohne Spiegel zusammen) kann man das optimistische Szenario - das ist die kühne Hoffnung der Kamerahersteller - mit jährlichem leichtem Wachstum ab 2022 von ca. 100.000 Kameras bis 2025 (orange) durchspielen und kommt 2025 auf rund 6,2 Mio. Kameras weltweit.
Das pessimistische Szenario mit -10% jährlichem Rückgang (grau) kommt 2025 auf 4,3 Mio. Systemkameras (DSL - mit und ohne Spiegel) weltweit.
Das extrem pessimistische Szenario mit -20% jährlichem Rückgang (blau) kommt 2025 auf 3,0 Mio. Systemkameras (DSL - mit und ohne Spiegel) weltweit.
Analytiker des Canon Konzerns bestätigten diese Prognosen und unterboten sie sogar noch: So sprach der CEO im Januar 2019 von einer Marktkapazität von nur noch 5-6 Mio. Kameras 2020 weltweit. Das waren auch die Fakten 2020 und 2021 mit 5,3 Mio. Stück.
Nikon ging Ende 2019 mittelfristig (gewöhnlich 5 Jahre) sogar von nur noch 3 Mio. System-Kameras aus.
Prognose bis 2025 für Kompakt- und Bridge-Kameras:
Bei Kompakt- und Bridge-Kameras kann man das optimistische Szenario mit durchschnittlich 20% jährlichem Rückgang (das waren weniger als die Werte seit 2010) bis 2025 (orange) durchspielen und kommt 2025 auf rund 1,1 Mio. Kameras weltweit.
Das pessimistische Szenario mit 30% jährlichem Rückgang bis 2025 (grau) kommt 2025 auf rund 0,7 Mio. Kameras bei Kompakt- und Bridge-Kameras weltweit.
Und diese bereits negativen Prognosen sind nur zu halten, wenn die Sicherheit wieder hergestellt wird.
Nach den Silvester-Überfällen in zahlreichen deutschen Städten 2016 sowie insgesamt einem Dutzend europäischen Metropolen wurde vielen Menschen plötzlich bewusst, dass Sicherheit kein Naturgesetz ist. Angesichts der Tatsache, dass sich in Köln laut ersten Aussagen der Polizei mehrere tausend A. mittels Mobiltelefonen zur gemeinsamen Durchführung von bewaffneten Raubüberfällen verabredet, getroffen und die Straftaten trotz Polizeiaufgebotes durchgeführt haben, wobei allein in Köln über 1.000 und deutschlandweit sogar weit über 1.000 Opfer zu beklagen waren, räumte selbst der deutsche Justizminister Maas ein: Das ist eine völlig neue Dimension organisierter Kriminalität.
Wer es nicht glaubt, wie es selbst in - von unseren Behörden als angeblich als friedlich eingestuften - Städten zuging, soll einfach einmal das Video von Berlin ansehen, das von den deutschen Behörden nicht gelöscht werden darf, da es in den USA liegt. (Falls die deutsche Zensur es dennoch sperrt, dann finden Sie das Video weltweit unter dem Titel Shock Video Shows Migrants in Berlin Shooting Guns, Throwing Fireworks.) Man sieht darauf A., die sich mit Schusswaffen auf den Straßen eine eineinhalbstündige Schlacht liefern. Wer will da noch fotografieren?
Kurz darauf kam es trotz hohen Polizeiaufgebotes zu gleichartigen Verbrechen an öffentlichen Plätzen in meiner eher verschlafenen Stadt, die man angesichts der Ort- sowie Zeitwahl nur als abgesprochene Bandenkriminalität bezeichnen kann. - Köln ist somit inzwischen fast überall in Deutschland. Die hiesige Polizei teilte ihre Hilflosigkeit dann in der Zeitung mit durch den allgemeinen Ratschlag: Die Polizei riet, Wertgegenstände dicht am Körper zu tragen oder sie zu Hause zu lassen. (Quelle: SK vom 08.02.2016) - Genau das wollten Fotografen schon immer hören.
Nachtrag im Juli 2016: Nach dem Terrormonat Juli forderte sogar die Vorsitzende der Linksfraktion - Sarah Wagenknecht: Der Staat muss jetzt alles tun, damit die Menschen wieder sicher sind. (Twitter 25.07.2016).
Interessanter Weise gab kurz darauf ein Polizeibeamter in einer Dokumentation zu, dass weite Teile Westdeutschlands inzwischen völlig von A.-Banden beherrscht werden, welche die Kleinkriminalität (wie Diebstahl und Einbruch) komplett unter sich aufgeteilt und alle anderen Kriminellen bereits mit Gewalt aus ihren Städten vertrieben haben. Aufgeteilte Distrikte der Bandenkriminalität wie im Chicago der Prohibitionszeit. Und Berlin vermeldete im August, dass sich im ersten Halbjahr 2016 die Zahl der angezeigten Diebstähle zum sowieso bereits katastrophalen Vorjahreszeitraum nochmals verdoppelte. Im Dezember eskalierte der Kampf a. Clans weiter, die in manchen Städten - angesichts einer Stärke von teilweise über 1.000 Mann - sogar vor öffentlichen Mordanschlägen / Exekutionen nicht mehr zurückschreckten und der Polizei offen drohten.
Nachtrag im September 2016: Inzwischen mehren sich die Zeichen, dass meine Befürchtungen bezüglich der Sicherheit sich auf die Fotografie auswirken. Immer mehr Fotografen berichten mir, dass sie mit ihrer wertvollen Ausrüstung nur noch zu zweit oder in Gruppen (zumindest an bestimmte Orte) gehen. Andere haben inzwischen Angst, mit einem für moderne hochauflösende Kameras erforderlichen Stativ herumzulaufen und sich so zum potentiellen Opfer zu machen. Es finden sich sogar schriftliche Aussagen hierzu im Internet u.a. bei Amazon, in denen erste Fotografen angeben, dass sie die Kamera aus Angst wieder verkauften: Es gab öfters im Morgengrauen oder Abendstunden im Hamburger Hafen diverse Situationen die brenzelig wurden, durch zwielichtige Gestalten. Bis man dann so Stativ und das ganze Geraffel verpackt hatte.... Also wieder verkauft. (Quelle bei Amazon) - Für alle Kritiker: Es kommt nicht darauf an, ob eine Gefahr real existiert, sondern nur darauf, dass sie so empfunden wird. - Dazu passt auch die Allensbacher Studie, welche der Spiegel Anfang September 2016 überschrieb mit: Deutschland, Angstland.
Angesichts erneut deutlich zugenommener Diebstähle an Bahnhöfen und in Zügen riet auch die Bundespolizei im September 2016: zum Selbstschutz ... Wertsachen stets eng am Körper am besten in verschlossenen Innentaschen zur tragen. Wie sollen Fotografen dies bewerkstelligen? - Also wurde auch vor Reisen mit den öffentlichen Verkehrsmitteln abgeraten. (Quelle: Welt, 26.09.2016)
Man kann somit festhalten, dass sich zumindest in Deutschland - und vermutlich auch in Frankreich sowie Belgien - eine bisher unbekannte Angst unter Fotografen ausbreitet, die sich nachteilig auf die Nachfrage nach Kameras auswirken wird. Dies wurde im Oktober mit einer repräsentativen Umfrage von YouGov in Deutschland belegt, bei der 68% der Befragten in Deutschland angaben, dass sich die Sicherheitslage im öffentlichen Raum verschlechtert hat. Weitere Umfragen bis Ende 2017 bestätigten immer wieder diesen hohen Wert von ca. 2/3 der Bevölkerung, die inzwischen Angst um ihre eigene Sicherheit im öffentlichen Raum hat. Die Zahl liegt sogar nochmals dramatisch höher, wenn man sich nur die älteren Menschen ansieht, welche potentiell Fotokameras kaufen. - Es ist auffällig, dass die Nachfrage nach Fotoausrüstung in Deutschland fast um denselben Betrag zurückging.
Die Marktanalysten täten gut daran, zukünftig nicht nur in den Geschäften und auf Fotomessen die angesichts der Auslagen modernster Kameras nach Neuem gierenden Interessenten zu fragen, ob sie etwas Neues kaufen wollen, sondern auch, ob sie sich mit diesen teuren Geräten dann nachts in No-Go-Areas bewegen würden. Zwischen diesen beiden sicher deutlich divergierenden Angaben wird sich der schrumpfende Markt vermutlich einpendeln.
Sofern die Industrie nicht massiven Druck auf die Regierung ausübt, damit die Polizei wieder die Hoheit über die deutschen Straßen zurückgewinnt, so wird öffentliche Fotografie weitgehend unmöglich. Inzwischen finden sich in fast allen deutschen Städten sogenannte No-Go-Areas, in die sich Fotografen nicht mehr mit ihrer Ausrüstung getrauen. Fotografie wurde jedoch bisher überwiegend im Freien praktiziert. Ob die Fotoindustrie von den wenigen Studiofotografen leben kann, darf bezweifelt werden. Es mag sein, dass manche Fotografen unter diesen Einschränkungen sich von der Fotografie im Freien auf das Studio und die Table-Top-Fotografie verlagern. Ob sie noch eine weitere Kamera speziell dafür kaufen, kann sein. Aber das war es dann wohl für die Zukunft. Fotografie benötigt Sicherheit im öffentlichen Raum - insbesondere auf der Straße. Wer nicht nur riskiert, dass ihm auf offener Straße von kriminellen Banden seine wertvolle Ausrüstung gestohlen wird, sondern er sich bereits durch den Besitz einer solchen Kamera zum Opfer macht, wird dies nicht mehr tun. - Die Studiofotografen sollten sich jedoch nicht zu sicher fühlen. Sobald die kriminellen Banden herausgefunden haben, dass ihnen von der toleranten deutschen Justiz keine ernst zu nehmende Strafe droht, werden diese Kriminellen zu hunderten Geschäfte und danach Privaträume überfallen. Fotoelektronik ist teuer, klein, leicht und vor allem völlig risikolos auf eBay zu verkaufen - das ideale Diebesgut.
Die Sicherheitsexperten gehen sogar von einer weiteren deutlichen Verschlechterung der Sicherheitslage im kommenden Jahr aus: So titelte eine deutsche Zeitung am 17.12.2016 2017 wird es nirgends mehr richtig sicher - Englische Sicherheitsexperten schreiben ganz pauschal The ubiquity of risk (= Gefahren überall) - Das sind denkbar schlechte Voraussetzungen für die Fotografie.
(P.S.: Diese Zeilen wurden von mir vor dem Anschlag in Berlin geschrieben. - Manchmal tritt die Zukunft schneller und negativer ein, als erwartet.)
Obwohl solche Zahlen inzwischen ungern publiziert werden, steht die Sicherheitsproblematik bis heute noch immer bei Befragungen bei vielen Menschen ziemlich weit oben.
Anzahl der ernsthaften Fotografen
Kann man die Zielgruppe der ernsthaften Fotografen bestimmen, auf die sich die Kamerahersteller als regelmäßige Käufer verlassen können? Diese ist als Basismenge für die Zukunft der Branche wichtig.
Bei Befragungen würde fast jeder Fotograf sich als ernsthaften oder sogar ambitionierten Fotografen bezeichnen, sodass dies nicht weiterführt.
Die Anzahl aller jährlich verkauften Kameras ist eindeutig zu groß, da sie auch den Beifang an Gelegenheitskäufern umfasst.
Die Anzahl der jährlich verkauften DSLs (Kameras mit Wechselobjektiven) ist hingegen zu schwankend resp. zu unspezifisch. Nicht jeder Fotograf schafft sich jedes Jahr eine neue Kamera an. Im absoluten Boom-Jahr 2012, als alle Hersteller fast ihr gesamtes Sortiment mit teilweise revolutionären Produkten erneuerten, handelte es sich um knapp über 20 Mio. verkaufte DSL-Kameras. Multipliziert mit den immer wieder genannten 3 Jahren ergäben sich maximal 60 Mio. ernsthafter Fotografen weltweit als theoretisch Obergrenze.
Verwendet man die Gesamtzahl der 2007-2015 (9 Jahre) verschifften DSLs von aufgerundet 120 Mio. und nimmt ferner an, dass sich jeder Fotograf alle 3 Jahre eine neue Kamera anschaffte, dann kommt man - optimistisch aufgerundet - auf 40 Mio. Interessenten in der Käufer-/Zielgruppe. Aber auch davon können die Hersteller nur träumen.
Ich versuche deshalb einmal eine Annäherung über die Anzahl der verkauften Objektive.
Jeder mir bekannte ernsthafte Fotograf besitzt mindestens drei Objektive. De facto besitzt jeder mir bekannte ernsthafte Fotograf deutlich mehr, wobei ich 1,4- oder 2-fach-Konverter etc. noch nicht einmal dazuzähle.
Nimmt man sehr optimistisch eine Lebensdauer und tatsächliche Verwendungsdauer von 10 Jahren je Objektiv an, so kann man die veröffentlichten Zahlen zu den Objektiven der CIPA verwenden.
2005-2014 wurden aufgerundet 188 Mio. Objektive produziert/verschifft. Runden wir die Zahl großzügig auf, um irgendwelche nicht aufgelisteten Drittanbieter mit einzuschließen, dann kommen wir auf 200 Mio. Objektive
Teilt man dies nun durch die Anzahl der Objektive je ernsthaften Fotografen (3), so kommt man auf eine maximale theoretische Obergrenze von deutlich aufgerundet 70 Mio. ernsthaften Fotografen weltweit.
Nimmt man optimistisch - wie viele Analysten - an, dass diese Zielgruppe alle 3 Jahre eine Kamera kaufen muss, dann lägen die jährlichen Neukäufe bei rund 23 Mio. Davon können die Kamerahersteller jedoch nur träumen. Also kann das nicht stimmen. Entweder kaufen die Kunden nur noch alle 6 Jahre, lassen also jeweils ein Modell in der Erneuerung aus, oder es handelt sich um eine geringere Zielgruppe, oder beides.
Jedem Kenner der Branche ist klar, dass es sich bei den meisten Objektiven um Kit-Objektive handelt, welche mit der Kamera (als Paket fest verbunden) verkauft werden. Dies wird besonders ersichtlich, wenn man die durchschnittlichen Werte von weit unter 200 Euro je Objektiv betrachtet. D.h. die meisten Objektive werden von den wenig erfahrenen Fotografen überhaupt nie gewechselt, da es sich bei diesen Menschen nicht um ernsthafte Fotografen handelt, sondern überwiegend um marketing-technisch irregeleitete dokumentarische Fotografen, die mit einer Reise-Pocket-/Bridge-Kamera besser bedient wären.
Ferner sind in der veröffentlichten Zahl der Objektive auch diejenigen für Video-/Filmkameras enthalten. D.h. die Zahl derjenigen Objektive für Fotokameras ist erheblich geringer
Schätzt man nun sehr optimistisch die Kit-Objektive auf nur 50%, würde sich die Zielgruppe der ernsthaften Fotografen bereits auf rund 30 Mio. reduzieren. Geht man jedoch von einem realistischen Preis/Wert der höherwertigen Objektive für ernsthafte Fotografen aus, dann bleiben nicht einmal 10 Mio. ernsthafte Fotografen übrig - weltweit.
Auch wenn die Zahl von 10 Mio. zuerst einmal als sehr niedrig erstaunt, so ist auffällig, dass sich die Produktion der Objektive früher über Jahrzehnte hinweg (1980-2004) auf einem Jahresniveau von rund 5 Mio. bewegte. Erst danach dominierte die große Umrüstaktion auf digitale Objektive für hochwertigere Kameras.
Daraus lässt sich auch ableiten, dass nach erfolgter Umrüstung die Zahlen der verkauften neuen digital gerechneten Objektive in den kommenden Jahren weiter sinken werden. Sie wird nicht auf das Vorniveau von 5 Mio. Stück jährlich absinken, da man bei hochwertigen Kameras immer mehr hochwertige einzelne Festbrennweiten benötigt, aber die Verkaufszahl wird wieder deutlich sinken.
Im letzten Fall (10 Mio. als Zielgruppe der ernsthaften Fotografen) bliebe selbst bei der Annahme, dass sich diese ernsthaften Fotografen regelmäßig alle drei Jahre eine neue Kamera anschaffen, noch eine extreme Fallhöhe für die DSL-Produktion der Kamerahersteller.
Aber selbst im optimistischen Fall von 30 Mio. ernsthaften Fotografen weltweit und einer Neubeschaffung einer Kamera alle 3 Jahre ergäben sich daraus nur 10 Mio. Käufe je Jahr. Wenn man jedoch annimmt, dass die vernünftigen Fotografen (mangels relevanter Innovation) nur noch jede zweite Modellneuerscheinung kaufen, also nur noch alle 6 Jahre Geld für die Kamera ausgeben, dann bleiben bereits nur noch 5 Mio. verkaufte Apparate je Jahr übrig.
Bevor nun Panik ausbricht: Das sind diejenigen Menschen, die über viele Jahre hinweg regelmäßig neue Produkte der Kamerahersteller kaufen werden. - Einzeltäter, die gelegentlich (anlassbezogen: Hochzeit, Kinder, Urlaub etc.) einmal - sporadisch - eine Kamera kaufen, kommen hinzu. Aber auf Letztere kann man sich nicht verlassen. Und deren Anzahl wird angesichts der sich ständig verbessernden Smartphones kontinuierlich sinken.
Die Einzelhersteller im Fokus
Selbstredend ist dem Autor bewusst, dass sich der Markt ständig verändert und es erhebliche weltweite, nationale und regionale Unterschiede sowie überdies nochmals Unterschiede je Produktkategorie gibt. Ferner werden viele unterschiedliche (und kaum vergleichbare) Zahlen als Produktion oder Verschiffung oder Verkauf oder Marktanteil in Produktklassen oder in Umsatz und dann wieder in unterschiedlichen Zeiträumen und vor allem verschiedenen Währungen angegeben. Deshalb werden Sie immer Ausnahmen in positiver wie negativer Richtung finden. Aber um überhaupt etwas aussagen zu können, muss man gewisse Dinge vereinfachen und zusammenfassen. Ich räume vorab auch ein, dass ich diese Analyse durchaus aus europäischer / deutscher Sicht betreibe. Analysten in Asien oder dem jeweiligen Mutterland Japan / Korea mögen positivere Werte erhalten.
Und nochmals: Alle Zahlen, die sich zu Marktanteilen finden, sind indirekt errechnete Schätzzahlen. Niemand (noch nicht einmal in den Konzernzentralen) besitzt die tatsächlichen Werte. Auch sie verwenden Befragungen und (teilweise externe) Marktanalysen. Grauimporte, Reimporte, Lagerbestände, auf dem Transportwege sich befindende Waren etc. sind unüberschaubar. Sogenannte Verkäufe der Hersteller erfolgen nicht selten an Importeure, Großhändler oder Zwischenhändler, sodass auch diese Zahlen nicht wirklich etwas über den Verkauf an den Endkunden aussagen. Also können Sie überall (vor allem im Internet) abweichende Zahlen finden, die (hoffentlich) mit derselben Akribie erhoben und berechnet wurden, wie die folgenden hier. Sie beruhen auf mehreren Jahren und nicht einzelnen Quartalen oder Wirtschaftsjahren oder sonstigen unvergleichbaren Berichtszeiträumen. - Aufgrund der unsicheren und nur bedingt vergleichbaren Basiszahlen halte ich eine relative Abweichung der von mir selbst errechneten Marktanteile von jeweils +-10% für möglich. Also aus z.B. 31% Marktanteil könnten 28-34 werden. D.h. man sollte angebliche kleinere jährliche Veränderungen innerhalb dieses Fehlerbereiches ignorieren. Bei z.B. +1 oder -2% Veränderung kann man seriöser Weise weder von Wachstum noch von Verlusten sprechen. Das gibt die suboptimale Zahlenbasis nicht her.
Alle Kamerahersteller
Vorab zur Vermeidung von Glaubenskriegen: Ich halte alle derzeit erhältlichen Produkte der Kamerahersteller für gut bis sehr gut. Das ist hier nicht der Punkt, sondern die wirtschaftliche Situation und Ausrichtung der Herstellerfirmen soll untersucht werden.
Alle Veröffentlichungen zu den Kameraherstellern finden Sie bei der CIPA - dem vermutlich wichtigsten Dachverband.
Generell kann man für alle Hersteller anhand der 2015 veröffentlichen Zahlen festhalten, dass sie nur noch mit sehr hochpreisigen Kameras Gewinne erwirtschaften. Die eigentliche Sensorklasse des High-End-Luxusbereiches scheint hierbei nebensächlich zu sein.
Bei einigen Kameraherstellern scheinen die ausgewiesenen Gewinne bei seit Jahren rückläufigen Absatzzahlen aus drastischen Sparmaßnahmen zu resultieren.
Andere Firmen subventionieren noch immer ihren gesamten defizitären Fotobereich quer. Die meisten Hersteller subventionieren jedoch zumindest ihre preiswerten Einsteigerkameras.
Canon
Der Marktführer Canon ist im Fotobereich zwar die größte Firma, aber sie wird in absoluten Zahlen vom Rückgang der letzten Jahre auch am härtesten betroffen.
Canon gab seit 2014 meist einen Marktanteil von 40-50% an. In Einzelregionen oder Ländern lag er zeitweise auch bei bis zu 60%.
Im Gegensatz zu anderen Analytikern sehe ich Canon als Marktführer bereits theoretisch in der undankbarsten Position in einem schrumpfenden Markt, den zusätzlich andere Neulinge aggressiv attackieren. Eigentlich kann ein derartiger Gigant nur relativ gesehen Marktanteile und absolut betrachtet erhebliche Volumina verlieren. Er wird also in absoluten Zahlen am härtesten getroffen.
Je nach Region leicht schrumpfende Marktanteile (ca. 40-50% Marktanteil) bei einem gleichzeitig extrem schrumpfenden Gesamtmarkt geben Anlass zur Sorge in der Fotosparte von Canon.
Es ist kaum vorstellbar, dass der vermögende Mutterkonzern alle kränkelnden Teilsparten des Kameraherstellers auf lange Sicht subventioniert.
Die halbherzig betriebenen spiegellosen kleinen Kameras werden wie die Kompaktkameras und letztendlich auch die APS-C-Klasse vermutlich zur Disposition stehen. Zumindest eine langfristige Reduktion des Produktangebots ist zu erwarten.
Vor allem der kostenintensive Sensorbereich hinkt technologisch derzeit dem Marktführer Sony etwas hinterher. Hier stellt sich bald eine bedeutende Frage: Mit riesigen Investitionen wieder die Führung übernehmen oder outsourcen? - Siehe hierzu meine Ende 2017 erstellte Analyse des F&E-Bereiches: Das Sensor-Dilemma.
Ferner zeigen sich Unstimmigkeiten bei der Sensorentwicklung / Strategie: Die Technologie der Dual-Pixel ist im Grunde nur für Video sinnvoll. Aber Canon bot in den letzten Jahren keine Foto-Kamera mit marktgerechten Video-Funktionen an.
Zwar beunruhigen die insgesamt langen Entwicklungszyklen vieler Kamerahersteller, welche nicht immer neueste Forderungen der Kunden schnell berücksichtigen, aber Canon gilt als sehr langsam.
Wie bei den Konkurrenten wird es vermutlich zu weiteren Einsparungen in den weichen Bereichen wie Support kommen, welche die Kunden spüren.
Da man bereits zahlreiche Einsparprogramme durchgeführt hat, dürfte auch hier bald die Grenze des Sparens erreicht sein.
2017 zeigte sich immer deutlicher, dass Canon alte Kunden an Sony verlor. Der Grund lag in der Technikaffinität vieler Canon-Nutzer. Canon stellt heute zwar ausgereifte und vor allem für die tägliche Fotopraxis gute bis sehr gute Kameras her. Aber die technischen Spitzenwerte wurden damit kaum mehr erzielt. Ganz im Gegensatz zu Sony, deren Kameras zumindest bei den Papierwerten (in den Werbe-Prospekten) viele Fotografen beeindrucken. Dies trifft Canon und seine Nutzer umso härter, als man von Canon bis vor ca. 10 Jahren genau das Gegenteil gewohnt war: technische Spitzenleistungen auf vielen Gebieten und beeindruckende Überraschungen bei Neuerscheinungen. Die Gefahr liegt meines Erachtens darin, dass sich diese zuerst unmerkbare Erosion ständig verstärkt und schließlich zu einem lawinenartigen Erdrutsch führen kann. Bei solchen Trends gilt es, frühzeitig gegenzusteuern.
2017 zeigte sich ein weiterer Effekt: Canon nutzt in der APS-C-Klasse inzwischen denselben Sensor für fast alle Kameras. Das erhöht die Skaleneffekte und reduziert somit die Stückkosten und erhöht den Gewinn. Für die Kunden hat dies den Vorteil, dass bereits die preiswerten Einsteigermodelle mit 24-MP-Sensor de facto dieselbe Bildqualität liefern, wie vielfach so teure Kameras. Der Nachteil für Canon besteht allerdings darin, dass es immer schwerer wird, dem Kunden den Vorteil der wesentlich teureren APS-C-Modelle zu erklären. So ergeht es Nikon im APS-C-Bereich schon länger. Der Einwand des höheren Metallanteils bei teureren Modellen gegenüber einem höheren Plastikanteil bei preiswerten halte ich für vorgeschoben. Einen wirklichen Unfall überstehen alle Kameramodelle nicht ohne schweren und somit teuren Schaden.
Am 05. September 2018 enttäuschte Canon mit seiner ersten spiegellosen Vollformat-Kamera alle Erwartungen. Dies lag daran, dass die meisten Fotografen noch immer nicht eingesehen hatten, dass Canon als optische Firma bereits 2011 den Umstieg auf Video eingeleitet hatte und den sowieso bedrängten Fotosektor niedergehen lässt. Da darf man auch zukünftig nichts mehr eigenständig Neues erwarten. Der niedergehende Fotobereich wird noch mitgeführt, hinter den anderen Vorreitern her. So verspielt man evtl. schnell die Marktführung: Im ersten Halbjahr 2018 verlor Canon sie in den USA bereits an Sony im Bereich Vollformat-Foto-Kameras. Im dritten Quartal schlug die Misere voll durch. Wie bei Nikon bereits 2017 so kam es nun bei Canon zum dramatischen Schrumpfen im Bereich APS-C. Die Verhältnisse waren sogar noch schlimmer als publiziert: In den Geschäftsberichten läuft Fotografie unter dem Dach Imaging, worunter auch die Drucker gruppiert sind. Da die Drucker sich 2018 jedoch gut verkauften, waren die Rückgänge bei der Sparte Fotokameras und Objektive noch gravierender.
Auch das Geschäftsjahr 2019 verlief extrem negativ für Canon. Siehe den detaillierten Bericht unten. Der niedrigste Gewinn des Gesamtkonzerns seit über 20 Jahren.
Weltweit sanken Canons Marktanteile und das bei einem ohnedies stark schrumpfenden Gesamtmarkt.
Es bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten, um zu prognostizieren, dass Canon nun drastische Schritte vor allem im Bereich Fotokameras unternehmen muss. Oder der Markt wird es selbst bereinigen. - Canon kündigte solche Schritte Anfang 2020 an.
Nikon
Nikons Marktanteile der DSL-Kameras schwankten 2010 bis 2015 zwischen ca. 30 und 35%. Die Marktanteile der Kompaktkameras stiegen in gleichen Zeitraum hingegen steil von 13% auf 28% an. Dieser Marktanteil sank seitdem kontinuierlich auf ca. 19% 2019. Hinzu kommt insgesamt schrumpfende Fotomarkt, sodass der Gesamteffekt für Nikon extrem schmerzlich war.
Nach drastischen Einsparungen in vielen Firmenbereichen kann man zukünftig nur noch wenig einsparen.
Wenn dann die angekauften Sparten wie Medizintechnik weiterhin extrem defizitär bleiben, fehlen auch die erforderlichen Mittel zur Quersubventionierung der Fotobranche.
Die halbherzig betriebenen spiegellosen kleinen Kameras werden wie die Kompaktkameras und dann auch der APS-C-Bereich wohl zur Disposition stehen. Zumindest eine langfristig deutliche Reduktion des großen Produktangebots ist zu erwarten.
Die Abhängigkeit bei Sensoren von Drittanbietern - insbesondere dem Konkurrenten Sony - ist erheblich und könnte langfristig einschneidende wirtschaftliche Folgen haben. Kurzfristig zeigte sich dies bereits in den Erdbeben in Südjapan, bei welchen wichtige Produktionsanlagen für Monate ausfielen und auch nachträglich - zumindest 2016 - für monatelange Lieferengpässe sorgten.
Nikon ist m.E. in einer ebenfalls kaum beneidenswerten Position: Als Sandwich wird Nikon von oben durch den Marktführer Canon mit dessen etwas größeren Skaleneffekten bedrängt und von unten durch sehr aggressiv auftretende Firmen wie Sony, Olympus und Panasonic, welche ihre Produkte in immer schnelleren Erneuerungszyklen auf den Markt werfen, um überhaupt nennenswerte Marktanteile zu erringen.
Hinzu kam ein 2017 deutlich spürbarer Verlust der Markenwirkung - trotz vieler hochwertiger Produkte. D.h. viele Nikon-Fotografen und auch sonstige Fotografen sowie Analysten begannen an der Firma insgesamt zu zweifeln und dies nun auch deutlicher zu äußern. Teile, die auf reinem Frust basieren, scheinen mir eine typisch wellenartige Überreaktion zu sein. Andere, welche hingegen u.a. auf den reduzierten Kundenkontakt, Service, Qualitätssicherung und das Marketing zielen, scheinen bereits ihre von mir und manchen anderen Beobachtern vorhergesagten negativen Folgen zu zeigen.
Gravierender könnten sich jedoch Gerüchte auswirken, welche besagen, dass Nikon keinen Zugang mehr zu hochwertigen Sony-Sensoren erhält. Diese Gerüchte leiten sich daraus ab, dass Nikon bei der D5 und der D500 2016 und bei der D7500 auf deutlich weniger gute Sensoren zurückgriff (zurückgreifen musste?). Die aktuelle Situation entnehmen sie bitte der neu erstellte Analyse des F&E-Bereiches: Das Sensor-Dilemma.
2018 zeigten sich positive Effekte der massiven Einsparungen: Die Umsätze sanken zwar weiterhin. Aber der Gewinn nahm zu, und die Lagerbestände gingen fast ständig zurück, da man die Produktion fast kontinuierlich herunterfuhr. Die Werbungskosten wurden reduziert oder Werbemaßnahmen verschoben, was ebenso zu Einsparungen führte. Aus ökonomischer Sicht machte Nikon seit einigen Jahren vieles richtig, indem es sich auf den abstürzenden Markt einstellte. Die zunehmende Konzentration auf teure High-End-Produkte mit hohen Gewinnmargen nahm zu, auch wenn der meiste Umsatz noch immer mit APS-C-Kameras erzielt wird. (Vorsicht: Dies alles bezieht sich nur auf den Mutterkonzern, nicht die Töchter, Großhändler und Einzelhändler, die schließlich an die Kunden verkaufen Geräte.)
Aber dieser erfolgreiche ökonomische Kurs konnte nicht eingehalten werden, da es ab September 2018 mit dem neuen Bajonett zu einer erneuten Ausweitung der Produktpalette auf zusätzliche spiegellose Kameras kam. Diese werden zwar wieder den Marktanteil aber auch die Kosten erhöhen und den Gewinn (insbesondere je Produkt) schmälern, da die neuen Produkte eigene ältere Nikon-Produkte kannibalisieren. Die neuen spiegellosen Kameramodelle Z 6 und Z 7 begannen ab Herbst 2018 damit.
Nikon hat mit dem neuen Bajonett alles auf eine Karte gesetzt. Dieses Bajonett, die neuen Kameras und Objektive müssen ein Erfolg werden. Der Druck ist hoch. Entsprechend aggressiv gehen alle Beteiligten vor.
Aber man ist mit allen Einsparungen an der Grenze der Möglichkeiten angekommen. Nikon hat z.B. seine Mitarbeiterzahl zwischen 2010 und 2019 von rund 17.000 auf 10.000 reduziert. Das war 2019 bereits negativ spürbar. Wichtige Personen fehlen und verzögern die zeitgerechte Entwicklung und Produktion. Vom Service redet sowieso kein Mensch mehr.
Im Gegensatz zu den anderen Herstellern ist Nikon noch nicht ganz so stark diversifiziert und zumindest derzeit noch im stärksten Maße von allen vom Kamerageschäft und dessen Einnahmen abhängig. Die erstmals seit Jahrzehnten wieder für das Geschäftsjahr 2019 (bis April 2020) erwarteten Verluste sind deshalb schmerzhaft.
Sony
Einerseits ist Sony ein riesiger Weltkonzern. Andererseits hat er aber in sehr vielen Bereichen erhebliche Probleme aufzuarbeiten.
Sony versinnbildlicht als Nachzügler im Fotobereich geradezu die olympischen Ideale. Bereits frühere Strategiepapiere und vor allem das jetzige Marketing verdeutlichen diese mit Schlagworten wie höchste Auflösung, schnellste Kamera, größter Pufferspeicher, geringstes Rauschen, größter Dynamikumfang, schnellster Speicher etc.
Vor allem regional seit Jahren teilweise deutlich steigende Marktanteile im Fotobereich (laut eigenen Angaben Nummer 1 bei spiegellosen Kameras) sind lobenswert, aber bei einem gleichzeitig extrem schrumpfenden Gesamtmarkt und hohen Investitionen in diesen Bereich in der Vergangenheit auch kein sicheres Polster zum Ausruhen.
Die 2015 unerwartet angekündigte und am 01.04.2016 erfolgte Ausgliederung der sehr profitablen Sensorherstellung erhöht den Druck auf die übriggebliebene Fotoabteilung, nun endlich Gewinn zu erwirtschaften.
Die Sensor-Sparte wird hingegen - nach Milliarden-Investitionen - immer erfolgreicher. Die aktuelle Situation entnehmen sie bitte der neu erstellte Analyse des F&E-Bereiches: Das Sensor-Dilemma. Ferner halten sich Gerüchte, wonach Sony viel lieber mit seinen Sensoren in den hochlukrativen Health-Care Bereich einsteigen will. Insgesamt scheint sich in einigen Firmenbereichen des Sony-Konzerns die Einsicht durchzusetzen, dass es viel lukrativer ist, als Zulieferer ein sehr wichtiges Teil eines großen Produkts herzustellen, statt das ganze Produkt. So verdient Sony an den in fremden Smartphones eingebauten Foto-Sensoren bereits sehr viel Geld.
Gleichzeitig steuert Sony gezielt auf eine Monopolstellung bei Sensoren in klassischen Fotokameras hin, indem es z.B. die Sensor-Fertigung bei Toshiba 2015 komplett übernahm. Außer Canon und Samsung produziert zumindest im APS-C-Bereich keine andere Firma diese Sensoren mehr.
Allerdings erstaunt der eher geringe Kaufpreis für das komplette Produktionswerk. Offensichtlich sind sich Käufer und Verkäufer darüber einig, dass man mit diesen APS-C-Sensoren wohl nicht mehr viel Geld verdienen wird. Und ganz nebenbei scheint Toshiba nicht unglücklich zu sein, so elegant mehr als 1.000 teure Mitarbeiter losgeworden zu sein.
Für die notwendigen neuen Objektive in allen Kamera-/Sensor-Bereichen wären jedoch noch Milliarden-Investitionen in den kommenden 10 Jahren erforderlich. Das ist auch für ein immer wieder etwas kränkelndes Großunternehmen kein geringer Betrag - trotz der strategischen Partnerschaft mit Zeiss.
Derzeit gilt Sony als der Liebling der Analysten, der Presse und vieler Fotografen, da sie in ungeheurem Tempo jährlich neue Produkte auf den Markt werfen. Allerdings liegt dies einerseits an dem bis 2018 erkennbaren technischen Rückstand und andererseits an dem Wunsch, den Platzhirschen Marktanteile zu entreißen. Ob sich die enormen Investitionen in einem schrumpfenden Markt jemals auszahlen, muss sich erst noch zeigen. 2016 zeigten sich erste Ermüdungserscheinungen / Konsequenzen, da man die Preise in für viele Nutzer zu hohe Preisbereiche getrieben hatte. Die Innovationen können nur noch durch hohe Endproduktpreise halbwegs eingespielt werden. Aber diese Preise reduzieren wieder die Anzahl der Käufer.
Auch wenn Sony mit seinen neuen Kameras in Europa und den USA derzeit der absolute Liebling der Foto-Medien und der Meinungsführer im Internet ist, so sollte ein Blick auf die tatsächlichen Verkaufszahlen in Japan dieses (allzu?) rosige Bild etwas relativieren. Bei den kritischen und preissensitiven japanischen Fotokunden spielen Sony-Kameras eine untergeordnete Rolle. Bei Kameras belegte Sony in den letzten Jahren in Japan mit meist unter 20% verkaufter Kameras nur Platz 3 - hinter Canon und Nikon.
Allerdings bringt Sony mit der in den letzten Jahren an den Tag gelegten Innovationen (bis hin zur A9) die anderen Hersteller in ernst zu nehmende Bedrängnis. Dies gilt nicht nur für Nikon, sondern besonders für Canon, welche seit Jahren weder schnell entwickeln noch die Sensor-Technik anführen.
Sony gelang es durch seine extreme Technikorientierung, immer mehr technikaffine Altkunden von Canon zu gewinnen. Seit der zweiten Jahreshälfte 2017 schien sich dieser Trend sogar zu beschleunigen. Dies gilt, obwohl die Kosten eines Wechsels für die Fotografen erheblich sind.
Dennoch muss Sony nicht nur einen Profi-Service aufbauen, sondern auch den Normalservice - entsprechend der erzielten neuen Marktanteile / verkauften Kameras - weltweit massiv aufstocken.
Allerdings besitzt Sony durch sein gewinnträchtiges Engagement im Smartphone-Bereich einen erheblichen strategischen Vorteil, der sich langfristig gegen alle Konkurrenten auszahlen könnte (siehe Sensor-Dilemma).
2018 zeigten sich auch - zumindest in den USA - die ersten Erfolge, als man im ersten Halbjahr sowohl beim Umsatz als auch bei den verkauften Stückzahlen die Nummer 1 im Bereich Vollformat-Kameras wurde.
Festzuhalten bleibt, dass die drei bisher beschriebenen großen Hersteller sich 85% bis über 90% des Gesamtkameramarktes aufteilten. Für die folgenden kleineren Hersteller blieben in den letzten Jahren nur noch 10-15% übrig.
Pentax / Ricoh
Pentax gehörte ab 2008 zum japanischen Konzern Hoya und wurde schon 2011 an Ricoh weiterverkauft. Bereits das zeigt die Instabilität an und belegt den geringen erzielten Gewinn.
Als reiches Unternehmen leistete sich Ricoh schon so manchen Alleingang in der Fotografie, der bei den Käufern nicht ankam. Deshalb sollte man glauben, die Firma kann und will sich die Fotoabteilung als Hobby leisten. Aber jahrelange Verluste hinterlassen überall ihre Spuren.
Pentax / Ricoh ist im APS-C- und im Mittelformat-Bereich sowie seit 2016 auch im Vollformat-Sektor tätig. Zwar sind die Produkte gut, aber die Stückzahlen und die weltweite Marktverbreitung eher gering, sodass sich der Gesamtgewinn in Grenzen halten dürfte.
Selbst von Anhängern wird eingeräumt, dass der Support für Pentax-Kameras in einigen Teilen der Welt ziemlich weitmaschig ist.
Ob man den bereits seit Jahren als Gerücht vernommenen und im Februar 2016 tatsächlich getätigten Schritt in die Vollformat-Klasse angesichts der aktuellen Marktlage und der erforderlichen enormen Investitionen in Objektive wirklich alleine erfolgreich durchhalten kann, muss sich erst noch zeigen.
Man sollte bei Ricoh einmal Samsungs gescheiterten Eintritt im APS-C-Bereich genau studieren. Dort hatte ein eigenes Bajonett trotz zahlreicher eigener Objektive keinen Erfolg. Man benötigt die Unterstützung zumindest der Drittanbieter oder perfekt funktionierende Adapter. - Ich halte es somit noch immer für einen groben Fehler, ohne wirklichen Bedarf und ohne Unterstützung in eine neue Sensorklasse zu investieren. - 2019 stellte Sigma sogar seine bisherige Unterstützung für Pentax-Objektive ein und nahm alle Produkte mangels Nachfrage aus der Produktion.
Da Pentax bereits bei der Präsentation 2016 überdeutlich auf die Kompatibilität der neuen Kamera zu allen alten Objektiven hinwies, dürfte das Problem bald deutlich werden: Ein hochmoderner 36-MP-Sensor ohne AA-Filter wird von alten analogen Vollformat-Objektiven nicht wirklich ausgereizt werden können. Im Firmentext findet sich dann auch noch ein unscheinbarer Hinweis auf ggf. erforderliche Adapter. Und die angebliche Eignung der wenigen neueren D FA Objektive muss sich erst noch zeigen. Pentax-Fans werden nun einwenden, dass man für analogen Film gerechnete Objektive verwenden kann. Korrekt. Aber bei 36 MP-Dichte erkennt man sehr wohl den Unterschied zu perfekt auf den Sensor berechneten modernen digitalen Objektiven. Und auch modernere digitale Objektive sind keineswegs alle für 36 MP optimiert.
Der Vollformat-Sensor ist keine Eigenentwicklung, sondern stammt von Sony, weshalb man von Sony abhängt. D.h. es wird bei der sehr abhängigen Nachzüglerrolle bleiben.
Für alte Pentax-Kunden mag die neue K-1 einen Anreiz darstellen. Für Neulinge oder Umsteiger darf dies bezweifelt werden. Der einzige Trost für Fotografen dürfte der für Europa niedrige Preis von 2.000 Euro für das Technikpaket sein. Aber bei dem Preis dürfte Pentax zumindest in Europa kaum Gewinn erwirtschaften. - Und bereits Ende 2016 zeigte sich, dass diese K-1-Kamera - trotz sehr hoher Bildqualität des Sensors und eines absoluten Kampf- oder Dumpingpreises - zumindest in Deutschland dennoch keine großen Verkaufszahlen erreichte. Die im Angloamerikanischen auffindbare Kritik an Pentax: zu wenig, zu spät mag übertrieben sein. Aber ein Korn Wahrheit ist für die ökonomische Auswirkung enthalten, da es Nachzüglern auf einem schrumpfenden Markt sehr schwer fällt, Gewinne zu erzielen.
Beim Kameraangebot im Kompaktbereich von Ricoh sieht es düster aus, da es gnadenlos von unten von Smartphones verdrängt wird.
Als 2019 praktisch alle anderen Hersteller die Flucht zu spiegellosen Systemen und zwar im Bereich Vollformat oder Mittelformat angetreten hatten, gaben Pentax-Manager ein merkwürdiges Interview, in welchem sie den umgekehrten Firmenweg publizierten: Man wolle weiterhin nur an Kameras mit Spiegel festhalten. - Faktisch fehlt dem Konzern wohl auch das Geld sowie das Wissen für einen derartigen Umstieg zu spiegellosen Systemen.
Ob diese Präsenz auf so vielen Märkten / Bereichen / Sensorgrößen langfristig für eine insgesamt kleine Foto-Sparte finanziell erfolgreich sein kann, darf trotz der treuen Anhänger bezweifelt werden.
Bei den Micro-Four-Thirds deckt Olympus vor allem den High-End-Bereich der Fotografie ab.
Früher ging ich davon aus, dass sofern die seit Jahren versprochenen Objektive in allen Brennweiten endlich verfügbar sein werden und der seit 10 Jahren postulierte Trend hin zu MFT endlich weltweit spürbar einsetzt, diese Marke überleben wird.
Allerdings scheint Olympus seit Jahren damit keinen nennenswerten Gewinn zu erwirtschaften. Bisher waren die Entwicklungskosten sehr hoch, bei insgesamt noch geringen Stückzahlen (meist schwanken sie jährlich um 500.000 Kameras. Die Umsätze sollen sich in den letzten Jahren durch die drastisch angestiegenen Preise) etwas verbessert haben.
Vor allem die preiswerteren Modelle (z.B. PEN) werden von unten bedrängt und sind m.E. langfristig kaum zu halten. 2018/19 stellte Olympus die Produktion der PEN-Modell endgültig ein.
Olympus hatte Ende 2017 bis zu über 20 Kameramodelle in der MFT- = 4/3-Klasse bei Händlern im Angebot stehen. Das sind zu viele Modelle. Selbst die Modellanzahl im halbwegs lukrativen Obersegment war 2018 bei Olympus schlichtweg zu groß. Man bekommt offensichtlich die vollen Lager mit den alten Kameras nicht leer und schleppt sie weiter mit.
Der bisher geringe Marktanteil zwingt Olympus in die aggressive Angreiferrolle, um Marktanteile zu gewinnen. Nur so könnten die Skaleneffekte steigen. Das ist jedoch in einem schrumpfenden Markt sehr schwierig und wird durch die immer weiter steigenden Endproduktpreise nicht einfacher.
Als sich Olympus 2012 aufgrund eklatanter (Buchfälschungs-) Skandale in der Krise befand, erwarb Sony 11,5% der Anteile (vor allem im Bereich Medizin), sodass eine weitere Zusammenarbeit denkbar erscheint, auch wenn Sony die Hälfte seiner Anteile an Olympus 2015 wieder abstieß.
Als sehr nachteilig ist hingegen zu werten, dass sich die Bank of Japan 2016 massiv an der Börse durch Aufkäufe von Olympus-Aktien bemerkbar machte. Offensichtlich benötigte diese Firma derartige Stützungskäufe.
Da es dem Gesamtkonzern Olympus 2019 wieder besser ging, kaufte er im Sommer auch die letzten 5% der Aktien wieder von Sony zurück. Dennoch wollen Sony und Olympus weiterhin zusammenarbeiten.
Seit 2018 sehe ich zunehmend langfristige Probleme auf Olympus in der Fotosparte zukommen: So sehr ich von dem offenen Konzept (u.a. auch der Zusammenarbeit aufgrund von Standards) überzeugt bin, so deutlich muss man auch zur Kenntnis nehmen, dass die meisten Fotografen davon nichts halten. Sie kaufen derzeit lieber firmenspezifisch bindende spiegellose Kameras im APS-C-Segment bei Sony und Fuji oder steigen sogar ganz oben bei spiegellosen Kameras im Vollformat-Bereich ein. Olympus fällt es somit immer schwerer, die hohen Kosten für Forschung und Entwicklung für technologischen Wandel zu amortisieren.
Zwischen 2016 und 2018 soll Olympus ungefähr 1/3 Rückgänge bei den Verkaufszahlen, Umsätzen und Erlösen erlitten haben. Aber auch jede 2019 verkaufte Kamera erhöhte scheinbar noch immer den Verlust, statt endlich Gewinne zu erwirtschaften. Im Geschäftsjahr 2018 soll Olympus' Marktanteil nur noch bei ca. 3% (von einst bis zu 8%) gelegen haben. Ich prognostiziere weitere drastische Rückgänge.
Nachdem Olympus in einem Interview eines Vizepräsidenten, das im Oktober 2018 gegeben aber erst Anfang 2019 veröffentlicht wurde, klar feststellte, dass Olympus bei Micro-Four-Thirds bleibt und dort die Preise mit neuen Profikameras weiter in die Höhe schrauben will (3.000 Euro für die E-M1X und noch mehr für dazu passende Teleobjektive), sehe ich ernste Probleme. Das bezahlen - trotz unbezweifelbarer Vorteile - nur wenige Fotografen - gleichgültig, ob sie Profis oder begeisterte Amateure sind. - Offensichtlich fehlt Olympus das Geld zum Wechsel auf Vollformat und die Firma bereitet sich gezielt auf die teure Hi-Fi-Nische der reichen Liebhaber vor.
Olympus hat in den letzten 4 Finanzjahren angeblich folgende Verschiffungszahlen erzielt: 2015: 550.000, dann 450.000, 420.000, 340.000. Das sind aus der Fabrik verschickte aber nicht an Endkunden verkaufte Micro-Four-Thirds-Kameras. Abgesehen vom hohen Lagerbestand und der sowieso kontinuierlich sinkenden Produktion halte ich die prognostizierten 330.000 Kameras für das Geschäftsjahr 2019/20 für völlig unrealistisch.
Hinzu kamen 2019 Gerüchte, dann Interviews, dann halbherzige Rücknahmen der in Interviews geäußerten Verkaufsabsichten der Fotosparte, die alle für viel Wirbel sorgten und das Weihnachtsgeschäft schädigten.
Am 24. Juni 2020 gab Olympus offiziell bekannt, seinen gesamten Bereich Imaging bis Ende 2020 an eine Investmentgesellschaft abzugeben.
Panasonic
Panasonic kann sich als einer der weltweit größten Hersteller von Unterhaltungselektronik und Elektrogeräten das Verlustgeschäft im Fotobereich vermutlich relativ lange leisten.
Panasonic hatte Ende 2017 bis zu rund 30 Kameramodelle in der MFT- = 4/3-Klasse bei Händlern im Angebot stehen. Das sind zu viele Modelle.
Man wird sich ein langes Zuschussgeschäft in aussichtlosen Bereichen kaum leisten wollen, sodass die Kompaktklasse als erste entfallen dürfte. Aber auch bei den Spitzenmodellen (Lumix G) in der MFT-Klasse wird es zwangsläufig zu einer Ausdünnung des sehr großen und für Normalkunden kaum verständlichen Produktspektrums kommen.
Deutlich wird vor allem an den hochwertigeren Produkten jedoch die zielstrebige Firmenausrichtung hin zum Videobereich. Derzeit bieten sie auch die einzigen Fotokameras mit denen man gut 4K filmen kann (z.B. GH5).
Auch Panasonic wird in der Rolle des aggressiven Angreifers bleiben müssen, um den Platzhirschen Marktanteile zu entreißen. Aber da finden sich auch schon Sony und Olympus, sodass dies in einem schrumpfenden Markt leichter gesagt ist, als getan. Im Spätherbst 2017 versuchte Panasonic den Angriff mit der neuen G9-Kamera, welche erstmals auf ambitionierte Fotografen sowie Profis abzielte.
Im Frühjahr 2017 kam heraus, dass Panasonic bereits seit längerem seinen gesamten Konzern umstrukturieren wollte und jetzt mit den Sparten ernst macht, die keine 5% RoI (Return on Investment) im Jahr liefern. Der Kamerabereich scheint dieses Gewinn-Ziel mit erneut hohen Verlusten völlig verfehlt zu haben und wird vermutlich reduziert.
Langfristig sehe ich auch für Panasonic Probleme, da die Nische Video mit dem derzeitigen Sensorformat an Grenzen stößt. Spätestens 2020 wird Japan bei den olympischen Spielen in Tokio 8K demonstrieren und die Welt (abgesehen vom technikfeindlichen Deutschland und Frankreich) in Euphorie versetzen. Für 8K-Video benötigt man jedoch mindestens 7.680×4.320 Pixel. Das sind 33MP. Aber auf einem 4:3-Sensor benötigt man dazu mindestens 7.680×5.760 Pixel. Das sind über 44MP. Panasonic hat bereits mehrfach seine diesbezüglichen Vorhaben und Ankündigungen revidieren müssen. Das dürfte technisch auf so einem kleinen Sensor nicht einfach sein - und definitiv nicht billig. Das eigentliche Problem liegt jedoch darin, dass es für Multi-Sensor-Systeme auf Smartphones (mit 4 * 4K-Video) hergestellt werden kann. D.h. Panasonic wird spätestens ab 2022 von Smartphones in seiner Kernkompetenz bedrängt.
Panasonic erkannte dies 2018 und bot 2019 mehrere neue Vollformat-Kameras an. Damit kann man nicht nur preiswert 6K-Video produzieren, sondern legt auch die technischen Grundlagen für 8 und 16K-Video. Mit den bisherigen kleinen MFT-Sensoren wäre dies im ersten Fall sehr teuer, im zweiten Fall vermutlich technisch in den kleinen Gehäusen kaum möglich gewesen.
Samsung
Samsung könnte sich als der größte südkoreanische Mischkonzern auch ein verlustreiches Kamerageschäft sehr lange leisten, wollte es aber bereits 2015 nicht mehr und zog sich völlig unerwartet teilweise aus Europa zurück und im Laufe des Jahres 2016 weltweit.
Ganz offensichtlich sieht man die Chancen eher im Smartphone-Bereich und gliedert den Fotobereich diesem zunehmend an und unter.
Nachdem man vermutlich insgesamt Milliardeninvestitionen in die Forschung, Entwicklung und den Aufbau der Kamerabranche versenkt hat, zeigt sich bei einem der größten Konzerne der Welt, dass so etwas auch ganz schnell beendet werden kann, wenn einem Entscheider die Geduld ausgeht. Und dies, obwohl man - nach jahrelanger Aufholjagd mit der einzigartigen neuen 28-Mega-Pixel-Kamera - seit 2015 technologisch an der absoluten Spitze im APS-C-Bereich - und das sogar als spiegelloses System - mitmischte.
Samsung führte bereits mehrfach drastische Korrekturen durch. Aber auch allgemein stehen asiatische Konzerne keineswegs noch immer für Nachhaltigkeit und Ausdauer. Wenn das die größten Konzerne inzwischen so handhaben, kann man sich ausmalen, wie es mit kleineren der Fotobranche zukünftig geschehen kann.
Wie es mit den existierenden Modellen (insbesondere der modernen APS-C-Klasse) weitergeht, war auch Anfang 2016 unklar. Gerüchte in Korea liefen darauf hinaus, dass Samsung seinen kompletten Fotobereich auflöst und in die Smartphones integriert. Der Kunde würde schlagartig im Regen stehen. Die bereits angeschaffte Fotoausrüstung hätte dann nur noch Sammlerwert.
Am 19. November 2015 bestätigte Samsung öffentlich und offiziell den Rückzug aus Deutschland. Danach folgte der Rückzug aus Großbritannien, den Niederlanden und weiteren Absatzmärkten
Anfang Dezember 2015 kamen Gerüchte auf, dass Samsung das NX1-Projekt an Nikon verkauft hätte. Kurz darauf folgten ein halbherziges Dementi und ein vager Hinweis auf eine Art Zusammenarbeit mit Nikon im Jahr 2016.
Um alle noch weiter zu verunsichern, kamen nicht dementierte Gerüchte auf, Samsung wolle eine spiegellose Vollformat-Kamera vorstellen. Warum sollten Milliarden-Defizite im APS-C-Bereich durch einen ebenso überstürzten und nicht mit anderen Firmen koordinierten Einstieg in den auch für Firmen noch teureren Vollformat-Bereich kompensiert werden können? Auch hier käme Samsung zu spät, bis man Kameras und Objektive endlich marktreif entwickelt hätte.
De facto war es Ende 2016 um Samsung im Kamerabereich ganz ruhig geworden. Angesichts der herben Rückschläge im Smartphone-Sektor aufgrund der defekten Akkus ist kaum zu erwarten, dass man im Kamerabereich noch etwas investiert.
Das ist bis heute der Stand der Dinge. Eine Rückkehr Samsung ist kaum mehr denkbar. Die Altkunden stehen im Regen.
Dieser Schock dürfte erst ein Vorgeschmack der zukünftigen Umbrüche in der Fotobranche sein.
Die Zielgruppe der Leica-Käufer kann sich das sehr hohe Preissegment leisten. Deshalb kommt die Firma auch mit kleinen Stückzahlen in die Gewinnzone. Hierzu verhilft ihr der sicher im Fotobereich weltweit überragende Wert des Markennamens, der bei vielen alten Fotografen noch Ehrfurcht erweckt.
Aber das Produktspektrum ist mit derzeit 7 Reihen (ohne Sondermodelle) von Kompaktkameras bis Mittelformat extrem groß. Ob sich langfristig alle halten, darf zumindest bezweifelt werden. Überdies ist die rein technische Qualität der Sensoren und Kameras in Testberichten nicht immer im Spitzenbereich zu verorten.
Ferner wird auch gerne verschwiegen, dass es der unterkapitalisierten Firma ab etwa 2004 finanziell nicht gut ging. Erst durch kontinuierliche Investitionen (von angeblich über 30 Mio. Euro) durch Dr. Andreas Kaufmann mit einem Teil seines geerbten Vermögens rettete er die Firma, indem er insgesamt über 96% der Anteile übernahm und sie restrukturierte. Seit 2009 erwirtschafte sie wieder Gewinne. 2011 übernahm der US-Investor Blackstone angeblich 45% der Firmenanteile.
Als typische nicht börsennotierte deutsche Firma veröffentlicht Leica jedoch wenig, so dass man über die tatsächliche Finanzsituation nichts aussagen kann. Mir wurde jedoch von gewöhnlich gut unterrichteter Seite Mitte 2016 mitgeteilt, dass es ihr bisher noch gut geht, und sie mit den zahlreichen Sondermodellen - zumindest jeweils kurzfristig - Gewinn erzielt. Reuters vermutet, dass Leica 2017 70 Mio. Euro Gewinn erwirtschaften wird. - Allerdings ist bei zwei großen Investoren nie auszuschließen, dass zumindest der neuere US-Investor eventuell auch einen spürbaren Gewinn erwartet. Ob dieser langfristig zu erzielen ist, muss auch in diesem Liebhabersegment erst noch bewiesen werden.
Nachtrag: Allerdings war ich wieder einmal zu optimistisch. Im August 2017 wurde bekannt, dass Blackstone seine 45% Anteile an Leica bereits 2016 verkaufen wollte und nun definitiv alles loswerden will. Anscheinend sieht der Investor keine Aussicht mehr, mit Leica auch zukünftig Gewinn zu erwirtschaften. Aber die Interessenten (u.a. Zeiss) wollen nur einsteigen, wenn sie die Aktienmehrheit erhalten. Dagegen sträubt sich jedoch der Mehrheitsaktionär Dr. Kaufmann.
Positiv ist jedoch die 2016 eingeleitete Zusammenarbeit mit Huawei bei der Produktion von Smartphones und Software zur Kamera-Kommunikation zu sehen - auch wenn die Details noch etwas unklar sind.
Die seit Jahren bestehende Zusammenarbeit mit Panasonic führte jedoch aus meiner Sicht eher zu einem für die Marke Leica schädlichen Relabelling: Es wurde Panasonic-Technik unter dem Namen Leica zu extremen Preisen vertrieben. Irgendwann fällt so etwas den Kunden auf.
Im Geschäftsjahr 2018 soll der Umsatz nach Firmenangaben bei 413 Mio. Euro und der operative Gewinn bei 20,3%, also 83,8 Mio. Euro gelegen haben.
Im April 2019 fügte sich die Firma Leica jedoch einen bisher nicht abschätzbaren Schaden selbst zu. Die geplante IPO (Börsengang) kann Leica schon deshalb vergessen.
Die überblicksmäßigen Geschäftszahlen können Sie dem Bundesanzeiger entnehmen. Geben Sie dort in das Suchfeld Leica Camera Aktiengesellschaft Wetzlar ein und suchen Sie in der angegebenen Trefferliste dann die passenden Jahresberichte heraus.
Fujifilm
Manche Firmen wie Fujifilm können sich den Fotokamerabereich mit den X-Modellen evtl. als Hobby weiter leisten und quer subventionieren.
Beim APS-C-Sensor hing man bis zu den 2018 erschienenen Modellen den Mitbewerbern oft signifikant hinterher.
Allerdings verlangte man für viele Top-Modelle immer einen extrem hohen Preis für diesen kleinen Sensor
Überdies liegen zahlreiche grundlegende technische Probleme vor: kein Bayer Filter, sondern nicht standardisierter Eigenbau, eigene teure Objektive ohne breite Unterstützung von Drittanbietern, firmenspezifische (unkorrekte) Wahl der Basis-ISO.
Ferner ist in den meisten verwendeten Sensorbereichen die technologische Entwicklung in absehbarer Zeit am Ende resp. für Endkunden sind weitere Verbesserungen dann kaum mehr spürbar.
Von den Spiegelreflexkameras (auf Nikon-Gehäusen basierend) trennte man sich bei Fujifilm bereits vor Jahren. Dies belegt auch, wie schnell Fuji schon mehrfach - vor allem seit 2000 - die Pferde wechselte - ohne Rücksicht auf Kunden oder eigene Mitarbeiter. Im Grunde wird Fuji eher wie eine gewinnorientierte US-Firma betrieben: schnell in einen neuen Markt einsteigen, kurzfristig genau auf die Kundenwünsche hören und aggressiv vorgehen, sowie bei drohenden Verlusten wieder aussteigen. Bereits deshalb darf bezweifelt werden, ob diese Firma wirklich langfristig die heutigen Amateure der Fotografie subventioniert. - M.E. zielt sie eindeutig auf das Luxussegment und den Profibereich, in dem man mit abstrusen Preisen und dicken Margen auch langfristig Gewinn erzielen kann.
An der X-Serie wird man wohl noch einige Zeit festhalten, zumindest solange sie nicht allzu hohe Verluste erwirtschaftet. Aber Gewinn scheint man damit seit Jahren nicht zu erzielen. Ansonsten würde man es erwähnen und nicht nebulös von konstanten Verkäufen im höherwertigen Produktbereich sprechen. Oder 2019: In the electronic imaging business, the sales of FUJIFILM X-T3 and FUJIFILM X-T30 ... contributed to the revenue. = Die Verkäufe dieser Modelle trugen zu den Brutto-Einnahmen bei. Folglich ist bei derartigen Verlautbarungen oft das Verschwiegene sehr aufschlussreich.
Allerdings profitiert Fuji seit einigen Jahren ungemein von den Fehlern der Firma Nikon, sodass immer mehr Altkunden von dort zu Fuji abwandern.
Geradezu unglaublich klingt es auch, dass Fujifilm einen großen Teil seines Gewinnes 2015 bis heute mit Sofortbildkameras (Instax) machte - einer alten analogen Technologie der 1970er Jahre. 2015 und 2016 wurden jeweils sogar mehr davon verkauft als zur früheren Boom-Zeit 1991. So viel zum Marketing-Mantra: Alle Menschen wollen bessere Digitalkameras. Gleichzeitig belegt es Fujis Flexibilität und kurzzeitige Kundenorientierung.
Im September 2016 bestätigten sich die Gerüchte, dass Fujifilm die Vollformat-Klasse überspringt und 2017 direkt eine Mittelformat-Kamera anbietet (Vorankündigung). Ganz offensichtlich sieht man im Vollformat ein langfristig nicht mehr lukratives Auslaufsegment für Profis und den Luxusbereich. Ferner wären die Investitionen sehr hoch bei nur etwa einem Lichtwert Gewinn im Vergleich zur von Fuji besetzen APS-C-Sensor-Größe. D.h. man hat bewusst eine Sensorgröße ausgelassen, um die technischen Vorteile dem Kunden leichter verkaufen zu können. Es bleibt allerdings rätselhaft, warum viele Hersteller noch immer davon ausgehen, dass der Kunde angeblich ständig zu noch größeren Sensorformaten aufsteigen will. - Fujifilm hat zwar früher einmal Film-Mittelformat-Kameras hergestellt. Aber das ist nicht ohne Weiteres 1:1 so umsetzbar. Letztendlich bleibt bei allen Erfolgen festzuhalten, das Fuji nur im unteren Segment der kleinen Mittelformat-Sensoren mitspielt.
Ferner scheint mir mit dem drastischen Schrumpfungsprozess bei der Neuanschaffung von Kameras auch ein Rückgang bei der Ausbelichtung (einem sehr wichtigen Bereich für Fujifilm) einherzugehen. Zumindest bei meinen Dienstleistern kann ich dies nachweisen: Die Anzahl der Fotos und Fotobücher geht deutlich zurück. - Es war so schlimm, dass die Firmen im Dezember 2016 sogar teure Werbung für Fotobücher im Fernsehen schalteten.
Vor allem seit 2017 nimmt die Anzahl an Produkten / Kameras zu, welche aber fast identische Hardware enthalten. Das mag zwar die Skaleneffekte erhöhen, sowie die Kosten senken. Aber auf einen schrumpfenden Markt immer weitere neue, technisch fast identische Modelle zu werfen, erhöht die Unübersichtlichkeit und erschwert die Entscheidungsfindung der eigenen Kunden.
Da Fuji 2018 zunehmend von den Vollformatkameras preislich von oben bedrängt wurde, musste es die Preise für die eigenen neuen APS-C-Kamera-Modelle senken und eröffnete über noch preiswertere Kameramodelle im Mittelformat seinerseits ein neue Preisfront von oben gegen die gesamte Riege von Canon, Nikon und Sony im Vollformatbereich. Die Rechnung könnte für Fuji aufgehen: Bei ähnlichem Preis ist die Bildqualität bei Mittelformat höher und 16K-Video lässt sich dort zukünftig leichter umsetzen.
Dass Fuji sich mittel- bis langfristig von den stark defizitären unteren APS-C-Modellen trennt, wurde 2018 erkennbar, als man die Produktion aller Modelle bis auf das Top-Modell X-H# ins Ausland auslagerte. Das ist üblicherweise der erste Schritt zum Exit. Der langfristige Wechsel zu Mittelformat wurde 2019 auch durch die unerwartet hohen Einnahmen dort beschleunigt.
Manche Firmen können sich den Fotokamerabereich evtl. als Hobby weiter leisten und quer subventionieren.
Zumindest vom Kompaktkameramarkt werden sich alle Hersteller bald trennen, da dieser endgültig von Smartphones übernommen wird. Dies gilt m.E. in fünf Jahren inklusive der heute luxuriösen 1-Zoll Kameras, deren Sensor dann wohl auch in Smartphones eingebaut wird.
Wie lange sich die Bridge-Kameras noch halten werden, ist unklar. Es finden sich erste Patente bei Smartphones, welche diese Kameras bald obsolet machen könnten.
Zahlreiche kleine Firmen werden jedoch ihre Fotoabteilung anderen Bereichen anschließen und somit letztendlich schließen. Dies betrifft vor allem Firmen, welche (wie Casio) nur Produkte im extrem bedrängten Kompaktkamerabereich anbieten. Nachtrag: Im April 2018 gab Casio seinen Rückzug aus dem digitalen Fotobereich bekannt.
Ähnliches gilt meines Erachtens für Sigma, die inzwischen zwar hochwertige und überall gelobte Objektive erfolgreich produzieren, deren Kamerasparte jedoch nicht mehr konkurrenzfähig ist. Auch in der neuen Partnerschaft mit Leica und Panasonic für Vollformatkameras 2018/19 räume ich Sigma keine Chancen im Kamerabereich ein, wohl jedoch im Bereich Objektive.
Es wird in den kommenden Jahren wohl auch einige Verkäufe, Fusionen und Kooperationen geben.
Von der Beschreibung weiterer Hersteller sehe sich hier ab, da es sich überwiegend um Nischenanbieter (z.B. Mittel- oder Großformat-Kameras) handelt, oder sie sowieso nur noch als Vertriebs-Marke existieren. (Siehe z.B. die Liste der Kamerahersteller).
Starres Festhalten und falsche Schnellschüsse als Firmenstrategie
Um alles noch unübersichtlicher zu machen, verfolgen die im Bereich der Fotografie tätigen Herstellerfirmen auch noch unterschiedliche Ziele.
Canon will vermutlich unbedingt weiterhin Nummer 1 bleiben und ist wahrscheinlich dafür auch bereit, Verluste hinzunehmen, weil man sie wohl für temporär hält. Was passiert, wenn sich diese nicht belegbare Vermutung nach vielen verlustreichen Jahren als unzutreffend herausstellt?
Nikon als Nummer zwei will vermutlich seinen Marktanteil dank derzeitiger technologischer Führungsposition halten, was jedoch hohe Investitionen in die Weiterentwicklung, weiterhin schnelle Iterationszyklen und somit letztendlich geringe Skaleneffekte nach sich zieht. Was wenn die Anzahl derjenigen Pixelzähler und Perfektionisten weiter schrumpft - auch bereits aus Altersgründen? Oder wenn die Zulieferer - wie Sony - nicht mehr die neuesten Sensoren dafür an die Konkurrenz liefern?
Gegenüber den beiden eher unflexiblen Platzhirschen hat Sony das Ziel vor Augen, im Fotobereich endlich Nummer 2 (oder sogar mehr) zu werden, und ist dafür bereit, ständig auch drastische Kurswechsel vorzunehmen. In einem neuen, sich noch entwickelnden und vor allem wachsenden Markt kann so etwas funktionieren. Aber wird es in einem ständig schrumpfenden seine Wirkung zeigen? Und was nützt es überhaupt irgendeiner großen Firma, die Nummer 1 auf einem zukünftig vielleicht irrelevant kleinen Markt zu sein? - Ich kann mich noch genau an die Zeit der großen Börsengänge (IPOs) um die Jahrtausendwende erinnern, als jede Firma stolz behauptete, Marktführer zu sein. Das gelang jedoch nur, weil man die Marktsegmente so klein zugeschnitten hatte, dass keine zweite Firma da mehr hineinpasste. Die meisten dieser damaligen Firmen sind heute insolvent.
Bei den anderen kleineren Herstellern im Fotobereich scheint es - cum grano salis - darum zu gehen, weiterhin mitzuspielen, so lange man es sich leisten kann. Ein Motiv findet sich hier (wie aber auch bei den großen Mitbewerbern): Man will zumindest in mehr oder weniger großen Abständen etwas bieten, damit die bisherige Kundschaft nicht ganz zur Konkurrenz abspringt. Aber exakt dies kostet eher Geld, als dass es der Firma insgesamt hilft. Und ist das hehre olympische Ideal: Dabeisein ist alles auf die Dauer wirklich Verluste wert?
Vor allem in Deutschland sehe ich einen zunehmenden Trend zum Fremdgehen der Fotografen. Sie kaufen sich mehrheitlich keine Vollformat- oder APS-C-Kamera der Konkurrenz. Aber vor allem im Pocket-Bereich schafft man sich - aus technischer Sicht völlig unlogisch, da man das Zubehör nicht dafür besitzt - ein Modell der Konkurrenz an. So sind mir Nikon-Enthusiasten bekannt, die sich eine edle Canon-Kompakte zulegten, oder Canon-Anhänger, welche eine Nikon kauften oder Fotografen aus beiden Lagern, welche sich eine Sony-Modell RX100I-VII zulegten. Dennoch wechselt kaum einer davon danach sein bestehendes großes Hauptsystem. Es ist oft nur der - durch das teure Marketing angestachelte - kurzzeitige Reiz des völlig Neuen. Von diesem Kirschenpflücken der modernen Fotografen werden die Hersteller nicht reich. Aber auch von denen wenigen (meist Profis, die damit viel Geld verdienen), die oft mehrfach hintereinander ihr gesamtes teures System - nicht selten wegen eher kleiner technischer Vorteile - zwischen den verschiedenen Herstellern wechseln, kann keine Firma leben.
Im Übrigen finden die meisten Wechsel sowieso nur statt, weil man sich in Deutschland aufgrund des Henne-Ei-Prinzips sowieso kaum Kameras leihen kann, weil kaum jemand sie leihen, sondern lieber gleich besitzen möchte. - Kurzum: Insgesamt stehen die Marketing-Kosten für die sogenannte Neukundenakquise in keinem Verhältnis zu den Erträgen, da die meisten Kunden Ihrem Hauptsystem eher treu sind. Allerdings scheint dieser (im Grunde aus Firmensicht sehr positive) Aspekt bei den Herstellerfirmen (noch) nicht so richtig angekommen zu sein.
Wenn man ehrlich ist, sind das alles sowieso keine Strategien. Man kann nur hoffen, dass die jeweiligen Geschäftsführer noch etwas mehr zu bieten haben. - Wie wäre es z.B. mit einer Strategie wie im Autobereich, bis hin zu selbstfahrenden Miettaxies aus anderem Material und mit einem völlig anderen Antrieb, statt mühsam selbst zu lenkende, die Umwelt belastende, metallene Großinvestitionen, die 90% der Zeit nur unbenutzt vor sich hin rosten? Der Vergleich mit der Autoindustrie ist angebracht, denn auch dort vollzieht sich ein Wandel von der Hardware zur Software, den die Hersteller lange nicht wahrhaben wollten. - Ich hätte da noch viel kühnere Ideen. Aber bereits der letzte Satz ist derzeit nicht nur Zukunftsmusik, sondern reine Utopie für die Fotoindustrie.
Entwicklung 2016
Als Nachtrag werde ich hier regelmäßig fortlaufend die aktuelle Detailentwicklung kurz erläutern. - Quasi als regelmäßiges Update des Artikels.
Die Produktionszahlen / verschiffte Einheiten gingen in den ersten 11 Monaten des Jahres 2016 deutlich zurück - sogar noch deutlicher als ich befürchtet hatte.
In jedem Monat (außer Dezember) lag die Gesamtzahl produzierter Kameras unter dem bereits schlechten Vorjahr 2015 - siehe Grafik.
Die offiziellen Zahlen für das Gesamtjahr 2016 lauten: ca. 23,8 Mio. produzierte Kameras und rund 24,2 Mio. verschiffte Kameras. Das entspricht einem Rückgang um über 30% zum Vorjahr.
Kompaktkameras sanken um rund 44% bei Produktion (12,4 Mio.) und Verschiffung (12,6 Mio.) im Vergleich zum Vorjahr 2015.
Systemkameras (mit Wechselobjektiven = ILC = Interchangeable Lens Cameras) gingen 13% bei den Produktionszahlen (12,4 Mio.) und 11 % bei der Verschiffung (11,4 Mio.) zurück. Nur die Untergruppe der spiegellosen Systemkameras konnte in etwa ihr Niveau vom Vorjahr halten.
Die Verschiffung der Kameras nach Europa ging 2016 um 36 % zurück.
Der Anteil der spiegellosen Systemkameras betrug bei der Produktion 2016 27,5% gegenüber 72,5% Kameras mit Spiegel.
Politik und Weltwirtschaft
Das Jahr 2016 war politisch und ökonomisch bewegend:
Erst wurde den Europäern von den Politikern eingeredet, dass ein Brexit die Schützengräben des Ersten Weltkriegs wieder aufleben ließe, was erstaunlicher Weise nicht geschah. Nicht einmal die von allen vorhergesagte Wirtschaftskrise geschweige denn der herbeigeredete komplette Wirtschaftszusammenbruch traten in Großbritannien ein. Ganz im Gegenteil.
Dann kam auch noch die für Europäer unerwartete Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten. - Und erneut kam es nicht zu dem vorab medial herbeigeredeten Weltuntergang.
Der Ölpreis und manche Rohstoffpreise wurden für viele Analytiker unerwartet aber gezielt manipuliert, mit weitreichenden Auswirkungen auf die Wirtschaft und Verbraucher.
In Japan kam in Frühjahr ein Erdbeben hinzu, das die Sensorproduktion in Sonys Hauptwerk beeinträchtigte. Jedoch wurde z.B. Canon davon nicht betroffen. Aber auch dort sanken Produktion und Verschiffung.
Und EZB-Chef Draghi tat weiterhin alles, um den Euro massiv abzuwerten, und dadurch alle Fotoprodukte für Europäer weiter drastisch zu verteuern.
In den europäischen Kernländern kamen massive Gewaltexzesse und Terror in bisher ungekanntem Ausmaße hinzu, sodass die Angst der meisten Menschen, sich auf der Straße zu bewegen, deutlich zunahm.
Von den Kriegen und sonstigen Krisen ganz zu schweigen.
Alles hatte sicherlich Einfluss auf die Kaufunlust bei Kameras. Aber das alles waren nur zusätzliche Faktoren, die den Niedergang der Kameraindustrie nur beschleunigten. Die Hauptschuld trugen die Hersteller selbst, indem sie noch immer fast alle Markttrends missachteten.
Vertrauensverlust und die scheue Wahrheit
Viele Menschen haben inzwischen Angst. Angst das Falsche zu sagen, zu tun, zu kaufen. Und das Marketing zahlreicher Firmen trägt daran eine gehörige Portion Mitschuld. Viele Jahre wurden Angstpraktiken verwendet, die indirekt und subkutan den Fotointeressierten einredeten, wenn Du nicht unsere Marke und zwar ganz exakt das Produkt X kaufst, dann kannst Du niemals gute Fotos machen. Drohungen sind immer schlecht. Aber inzwischen erkennen immer mehr Menschen, dass diese Drohungen - wie in der Politik - nur leere Worthülsen sind, um sie selbst zu manipulieren und zu übervorteilen. - Das ist vermehrt ein Grundproblem, mit dem sich anscheinend niemand im Marketing auseinandersetzen will.
Immer mehr Menschen teilen mir mit - aber nur nach langer vertrauensbildender Maßnahme und nur unter vier Augen und nur nach einem weiteren deutschen Rundumblick (sicherheitshalber) -, dass Sie inzwischen überall und immer und zu fast jedem nur noch das sagen, was erwartet wird. Für alles andere würde man sonst bestraft, beschimpft, diskreditiert oder zumindest ausgegrenzt. - Weder die Wahrheit noch eine abweichende andere Meinung seien mehr erwünscht.
Ein erheblicher Teil der Eliten hat es durch Geldgier, Machtgier, Dummheit, Arroganz, Machtmissbrauch, Übertreibung und aktiv geschürter Angst offensichtlich so weit gebracht, dass die Masse sich nun exakt so verhält, wie sie es selbst taten, um zu Eliten zu werden.
Ein ganzes Gesellschaftssystem führt sich momentan ad absurdum.
Man erhält jedoch den Eindruck, dass viele Eliten - auch in den Kameraherstellerfirmen und in deren Marketing - das noch nicht begriffen haben, oder zumindest nicht wahrhaben wollen.
Die Zielgruppen, die sich schon immer für Fotografie interessierten, besitzen auch heute noch Geld - es handelt sich somit um keine Armutsdiskussion. Aber sie lassen sich auch von den Kamerahersteller-Eliten und deren bezahlten Werbeträgern nicht mehr ständig sagen, was sie zu kaufen haben. Die Zeit der dumm-gläubigen Herde, die sich regelmäßig zur pekuniären Schlachtbank führen ließ, neigt sich - zumindest im Fotobereich - zunehmend dem Ende entgegen.
Die Kunden - Menschen - werden widerborstig. Sie haben von den Politikern und anderen Eliten das Lügen gelernt und geben nun hemmungslos, konsistent und ziemlich überzeugend an, sich natürlich das Produkt x und y und auch noch z zu kaufen. Die sogenannte Kauflaune sei bestens - vor allem für die Fotoindustrie. Und selbstredend sind die neuesten Features der Kamera A wirklich beeindruckend und ein zwingender Kaufgrund. Und naive Markt-Analysten glauben dies.
Mit dem bekannten, trotzigen Weiter so, wie bisher, werden weder das Marketing noch die Kamerahersteller das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen.
Schicksalsjahr der Fotografie
Das Jahr 2016 war - wie ich bereits 2015 voraussagte - eines der entscheidenden Schicksalsjahre der Fotoindustrie.
2016 kam es zu einer deutlichen Beschleunigung der Marktschrumpfung - nach bereits ca. 18% Schrumpfung im Vorjahr kam es 2016 zu einem Rückgang von über 30% (genau 32,3% bei der Produktion und 31,7% bei der Verschiffung). Dieses von mir vorausgesagte Faktum widerspricht allen anderen Prognosen der teuren und anerkannten Analysten, die vom Erreichen einer Talsohle oder sogar von einem Durchschreiten der Talsohle ausgingen.
Das insgesamt weiter abnehmende Interesse am Kauf von Fotokameras zeigte sich auch an den Anfragen über Google zu meinem Internet-Auftritt. 2016 kamen nur noch rund 1/4 wegen Kameras der Sensorklassen Pocket bis Mittelformat. Über 3/4 der Fotointeressierten suchten eher praktische Dinge, wie Objektivreinigung, Sensorreinigung und sonstigen Service sowie Zubehör.
Nachdem 2015 und Anfang 2016 eher in Europa der Verkauf schwächelte, kamen im Herbst 2016 auch immer mehr Nachrichten aus den USA, dass dort - trotz mangelnden Angebots aufgrund des Erdbebens in Japan - ebenfalls die Nachfrage unerwartet zurückging. Sonderrabatte auf Objektive bei Canon (vor Weihnachten) und die Nichteinführung der Nikon D5600, weil man die Lager noch mit den D5500 voll hatte, waren bezeichnende Signale in einem Land, das angesichts des starken Dollars und der boomenden Wirtschaft die Nachfrage hätte signifikant steigern müssen. Auch dort gab es keinen Mangel, sondern Überfluss an alten Kameras, die immer weniger Kunden wollten. Und dies sogar, obwohl dort die Preise durchschnittlich 1/3 unter denjenigen in Europa lagen. Dass man den Kranken Mann in Europa aufgrund des schwachen Euro als Ursache für den Rückgang sieht, mag ja noch halbwegs angehen. Aber in den USA werden die immer wieder angeführten finanziellen Motive definitiv widerlegt. Die Kamerahersteller sollten nun endlich einmal anfangen, die Ursachen des Niedergangs bei sich zu suchen.
2016 Ergriffene Gegenmaßnahmen
Die Hersteller haben die Gefahren nicht ernst genommen, und die Chance weitgehend vertan. Die weiterhin durchgeführten und zukünftig geplanten Einsparungen waren notwendig und sinnvoll. Auch die bei Nikon begonnene Reduktion des unüberschaubaren Produkt-Angebots war sinnvoll. Die Vernetzung der modernsten Kameras nahm zu, sowie erste Touchscreen-Funktionen fanden Eingang. Aber alles war zu zaghaft und nicht ausreichend.
Sogar neue Produkte konnten den Verkauf nicht nachhaltig ankurbeln. Weder für die lange herbeigesehnten Profikameras Nikon D5 und Canon 1DX Mark II gab es Engpässe oder lange Lieferzeiten. Noch rissen die Kunden den Händlern die anderen neuen Produkte aus den Händen. Selbst zahlreiche herausgebrachte neue hochwertige Objektive konnten die Nachfrage nicht nachhaltig ankurbeln. - Man darf somit derzeit von einer deutlichen Käuferzurückhaltung ausgehen.
Letztendlich waren die 2016 ergriffenen Maßnahmen veraltete Tricks eines Erstsemesters aus dem Lehrbuch des Grundstudiums BWL, die alle der neuen Zeit nicht mehr angemessen sind.
Es scheint so, als ob zahlreiche verantwortliche Firmenlenker noch immer nicht begriffen haben, dass es nun um den gesamten Bereich der klassischen Fotografie geht.
Vor allem die Tendenz praktisch aller Hersteller, die Zuflucht in völlig überteuerten Produkten zu suchen, ist fatal, da man so die wichtigen Einsteiger der Jugendlichen verprellt. Diejenigen reichen Kinder, welche sich Kameras für vierstellige Euro-Beträge aus dem Taschengeld leisten können, werden keine ernsthaften Fotografen. Diejenigen Schichten hingegen, welche immer großes Interesse an der Fotografie hatten - die künstlerisch und technisch affine Mittelschicht -, werden sich im Alter zwischen 10 und 25 - also während ihrer zunehmend teureren Schulausbildung - das kaum noch zusätzlich leisten können. Die Folgen werden langfristig verheerend sein. Denn nach der Ausbildung kommen die ersten anstrengenden Berufsjahre und dann erst die zunehmend späte Heirat. Erst dies und die ersten Kinder bilden dann den Grund für hochwertigere Fotos. Aber das wird dann meist keine klassische Fotokamera mehr sein. Wer die ersten 35-40 Jahre seines Lebens keinen Kontakt zur klassischen Fotografie aufgenommen hat, der wird sich eher selten damit noch beschäftigen wollen. Vor allem, da es inzwischen (und vor allem in 10-20 Jahren) hochwertigere Smartphones geben wird.
Die Zeit läuft ab. Wer seine Hausaufgaben nicht bis 2020 gemacht hat, wird sitzen bleiben, auf seinen Waren und seinen Verlusten.
Bisher waren alle Maßnahmen zu wenig. Aber ich bin noch immer der Überzeugung, es ist noch nicht zu spät. Allerdings rinnt der Sand unentwegt weiter durch das Stundenglas.
Ergebnisse 2016
Die offizielle Zahl für 2016 der produzierter / verschiffter Kameras lag bei rund 24 Mio.
Jährlich verschiffte Kameras (laut CIPA, Zahlen bis 2019.
Der Absturz seit 2010 lässt sich nicht mehr nur durch normale Marktschwankungen erklären.
Der Abschwung verstärkte sich 2016 sogar nochmals. 2016 war zwar das Niveau der vor-digitalen Zeit der Krisenjahre 1986-88 erreicht. Trotz allem bleibt noch eine erhebliche Fallhöhe, da derzeit ganze Zielgruppen aus der Fotobranche zu Smartphone, Video etc. abwandern.
Es bleiben noch zwei wichtige und kritische Unterstützungslinien: bei 20 Mio. Kameras (rote durchgezogene psychologische Linie), welche vermutlich vor 2020 bereits durchbrochen wird, und 10 Mio. Kameras (violette gepunktete existenzielle Linie), welche hoffentlich nicht unterschritten wird.
Dies entspricht dem niedrigen Niveau der Jahre 1986, 1987, 1988, als eine tiefgreifende Weltwirtshaftkrise herrschte, die auch Japan betraf.
Hinzu kommt, dass jene alten Zahlen zu niedrig waren, da es damals weltweit auch noch andere Kamerahersteller gab. D.h. die Weltproduktion und der Weltmarkt lagen früher sogar noch höher, ist jedoch in diesen rein japanischen CIPA-Zahlen nicht enthalten. Daraus folgt, dass die Jahreszahlen 2016 vermutlich sogar dem Weltmarkt Ende der 1970er Jahre entsprechen.
Man muss sich dies einmal vor das geistige Auge führen: Die Absatzzahlen der 1980er Jahre waren größer als heute. Damals lebten nur ca. 4,5 Milliarden Menschen auf der Erde, heute ca. 7. Damals waren weder China noch die Dritte Welt noch die Schwellenländer auf dem heutigen technischen Niveau - noch besaßen sie deren Wohlstand.
Das Jahresergebnis 2016 war somit sehr schlecht.
Überdies muss man darauf hinweisen, dass es sich hier um Produktionszahlen resp. Verschiffungen und nicht um Verkäufe handelt. Gemäß den mir vorliegenden Informationen brach die Nachfrage weltweit sogar noch deutlicher ein. Massive Rabattschlachten (z.B. Canon Summer Cashback 2016 mit bis zu 800 Euro Preisvorteil = Preisnachlass), die teilweise sogar über fast das ganze Jahr liefen, bestätigen diese Informationen. Die Regale in den Fotogeschäften waren 2016 nie leer, und sie leerten sich auch im Weihnachtsgeschäft 2016 - zumindest in meiner Region - nicht.
Absehbare Gefahren
Sobald der Absatz an Kameras nachhaltig unter die - psychologische - Stützlinie von 20 Mio. im Jahr sinkt, werden es die Firmen sehr schwer haben: Die Skaleneffekte werden noch negativer, die Verluste größer. Von Gewinnen mag ich dann nicht mehr sprechen. - Aufmerksame Leser haben das Sobald bereits bemerkt. Es handelt sich um kein Falls. Falls es unglücklich läuft, dann wird diese Marke bald unterschritten. - Ich nenne es eine psychologische Grenze, weil sich dieser Niedergang dann unter den Fotografen herumspricht und sie von weiteren Investitionen in ein ggf. unsicheres System abhält. - Der psychologische Effekt ist jedoch, dass aus derartigen Zweifeln weiter Kreise dann schnell eine tatsächlich existentielle Krise für alle entstehen kann.
Wie oben bereits geschrieben, befürchte ich sogar einen Absturz unter die 10 Mio. Marke an verkauften Kameras je Jahr weltweit, falls die Kamerahersteller sich weiterhin so verhalten. Diese Grenze halte ich für eine existenzielle Größe für die klassische Kameraproduktion.
Die panikartigen verbalen Reaktionen mancher Hersteller aus dem Fotobereich nach dem Brexit waren bezeichnend. Sie deuten an, dass diese Firmen vermutlich doch keine solide Strategie besitzen. Denn eine umfassende Strategie zielt viel weiter, ist unabhängig davon, ob ein einziges von rund 200 Ländern der Welt irgendeinem politischen Bündnis angehört oder nicht, oder hätte auch den Brexit als Möglichkeit eingeschlossen, schließlich war er jahrelang angekündigt worden. Den Brexit sehe ich somit nicht als das Problem der Fotoindustrie, sondern die dadurch sichtbar gewordene Kopflosigkeit und Hektik der Akteure in vielen Hersteller-Firmen.
Im Sommer 2016 bestätigen sich Gerüchte, dass bei vielen Herstellern bereits das Weihnachtsgeschäft 2015 unterdurchschnittlich verlief. Vor allem brach der Markt der sogenannten Einsteigerkameras (APS-C) deutlich ein. Bei Nikon waren die Modellreihen unter der D7200 und bei Canon alles unter der 80D betroffen. Dieser Trend hielt auch 2016 an. Es könnte sein, dass zahlreiche Kunden, welche es gewohnt sind, 700-1.000 Euro für Smartphones mit mäßiger Bildqualität auszugeben, in der Übertragung nun auch von Kameras unter dieser Summe wenig erwarten. D.h.: Selbst, wenn die Firmen sich meinem bereits 2015 geäußerten Rat nicht anschließen und endlich die billigen umfangreichen APS-C-Modellreihen auf 2-3 hochwertige reduzieren, dann werden es die Kunden für sie tun. Die Regale und Lager sind mit Billigkameras bereits heute voll. Die letztendlich zu tragenden Verluste werden hoch sein - je länger man mit dem harten Schnitt wartet, umso höher.
Auch die nur alle zwei Jahre stattfindende photokina enttäuschte - vor allem die klassischen Fotografen. Erstens wurde sehr wenig Neues und nichts Revolutionäres im reinen Fotobereich geboten. Viel Aufsehen erregten sündhaft teure Mittelformatkameras, die sowieso nur für ganz wenige professionelle Fotografen und reiche Liebhaber interessant sind. Der Rest konzentrierte sich oft auf Video. Viele Firmen konnten überhaupt nur unvollendete Prototypen zeigen und vage Vorankündigungen für 2017 oder später machen. Andere boten Produkte (Nikons Actioncams), die inzwischen keine Nachfrage mehr erzeugen.
Für erschreckend halte ich die Tatsache, dass man - trotz aller verfügbaren Analysen - die Produktion der sowieso kaum mehr verkaufbaren Kompakt- und Bridge-Kameras seit September 2016 - gegen den Trend der Käufer - nochmals erhöhte. Viele Produkte dieser beiden Kategorien dürften vermutlich Ladenhüter werden, welche man 2017 mit Verlust abstoßen muss. Für Interessenten lohnt es sich also, zu warten.
Wie jedes Jahr kam es zur erwarteten Jahresendrally bei Produktion und Verschiffung zum Weihnachtsgeschäft. Das grundlegende Problem dürfte jedoch in der mangelnden Nachfrage liegen. Warum sollten die enthaltsamen Fotografen nun plötzlich das kaufen, was sie über die ersten 9 Monate nicht wollten. Es ist zwar Weihnachten, aber die Kamerapreise waren zumindest in Europa sehr hoch.
Das Weihnachtsgeschäft wird - wie jedes Jahr - eher ein Strohfeuer sein, das man nicht überbewerten sollte. Und auch bei Neuprodukten sieht es ähnlich aus: Sobald die Erstinteressenten, die grundsätzlich alles Neue blind kaufen, bedient sind, wird die Nachfrage 2017 wieder auf das normale niedrige Niveau nachlassen oder es sogar unterschreiten.
Dass Nikon in Deutschland vom 14.10.2016 - 15.01.2017 eine Cash-Back-Werbeaktion startete - also im absatzstärksten Zeitsegment des ganzen Jahres überhaupt Preisnachlässe anbot - lässt Schlimmes befürchten.
Es steht allerdings zu befürchten, dass die Firmen in völliger Verkennung der Marktlage tatsächlich auf Halde produzieren und dadurch im kommenden Jahr eine Schwemme verursachen. Vor allem die Novemberzahlen scheinen dies erneut zu bestätigen. M.E. kann nur noch ein kleiner Teil der Novemberproduktion rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft in den US-amerikanischen und europäischen Geschäften gelangt sein. So kann man zwar die Zahlen für 2016 schönen. Aber die wirtschaftlichen Probleme werden dann im Folgejahr umso gravierender. Dies gilt umso mehr, als für 2017 weitere zahlreiche Folgeprodukte bereits geplant sind. - Und in der Tat wurde im Dezember 2016 die Produktion auf ca. 120% des Vorjahres hochgefahren. Bei spiegellosen Systemen wurde sogar fast die doppelte Menge des Dezembers 2015 erreicht. - Man wird das ungute Gefühl nicht los, dass die Hersteller versuchen, den Markt nun über die Angebotsseite zu stimulieren: Ein größeres Angebot soll den Verkauf ankurbeln. Ob das in einem schrumpfenden Markt (bei gleichzeitig steigenden Preisen) funktioniert?
Der von mir vorhergesagte positive Trend bei Produktion und Verschiffung hielt zwar im Oktober bis Dezember 2016 an, änderte jedoch nicht mehr viel am Gesamtjahresergebnis.
Fazit: Bei den schlechten Zahlen für 2016 beunruhigen mich weder die absoluten Rückgänge noch die prozentualen Zahlen an sich. Beide waren in früheren Jahren schon höher. Das Problem ist, dass sich diese Einbrüche nun nochmals auf einem tiefen Niveau ereignen. Es geht jetzt an die Substanz / den eigentlichen Kernbereich der Kamerahersteller.
Grafiken zum Verlauf 2016
Prozentualer Verlauf der Produktion von Januar bis Dezember 2016 der unterschiedlichen Kamera-Typen:
Dass die Kompakt- & Bridge-Kameras (blaue Linie) auf insgesamt 64 % des Vorjahres abgestürzt sind, ist erschreckend. Alle anderen Analysten (außer mir) gingen von einem minimalen Rückgang aus. Diese beiden Kamera-Klassen betreffen überwiegend die Gelegenheitsfotografierer (Consumer).
Auf den ersten Blick sieht es bei den Systemkameras besser aus: Beide Linien durchstoßen in einzelnen Monaten sogar kurz die 100% Marke des Vorjahres.
Über das ganze Jahr 2016 gerechnet liegen die Kameras mit Spiegel (DSLR) - rote Linie - jedoch bei nur unter 84 % der Vorjahresproduktion.
Über das ganze Jahr 2016 gerechnet liegen die Kameras ohne Spiegel - graue Linie - auch nur bei knapp 96 % der Vorjahresproduktion.
Und alle drei Werte kamen nur zustande, weil man in den Monaten November und vor allem Dezember sinnlos auf Halde produzierte, um die Jahresdaten zu schönen.
Prozentualer Verlauf 2016 der Produktionaller Kameras - im Vergleich zum Vorjahr 2015.
Die ersten 11 Monate 2016 lagen weit unter den jeweiligen Vorjahreswerten. Ganz deutlich erkennt man den Anstieg im November und die sinnlose Überproduktion im Dezember (über 120% des Dezembers 2015), um die Jahresdaten zu schönen.
Am niedrigsten war die Produktion relativ gesehen im Juli mit rund 47%.
Von Mai bis August - also vier Monate lang - pendelt der relative Produktionswert um die 50% der Vorjahreswerte. Erst im September und Oktober stieg er - erwartungsgemäß zum Weihnachtsgeschäft - wieder etwas an.
Prozentualer Verlauf 2016 der Verschiffung nach Europa - im Vergleich zum Vorjahr 2015. Der negative Verlauf ist in Europa noch dramatischer als der weltweite Rückgang.
Die ersten 11 Monate 2016 lagen weit unter dem Vorjahreswert.
Von Mai bis August - also vier Monate lang - pendelte der relative Verschiffungswert unter 50% der Vorjahreswerte. Erst zum Weihnachtsgeschäft stieg der Wert im September 2015 wieder auf rund 64% des Vorjahreswertes an. Er sank jedoch unerwartet im Oktober wieder auf unter 56% ab. Im November stieg er wieder unerwartet steil an. - Auch hier erkennt man die sinnlose Liefersteigerung im Dezember, die für das Weihnachtsgeschäft zu spät kam (nämlich erst im Januar und Februar 2017).
Da in Europa - trotz Lieferungsrückgang 2016 um fast 36% zum Vorjahr - dennoch keine Engpässe auftraten, belegt dies, dass die Nachfrage nach Kameras in Europa noch stärker einbrach.
DSLR - mit Spiegel, absolute Zahlen - Verlauf der Produktion von Januar bis Dezember 2016:
Absolut gesehen ist der Rückgang bei DSLRs beachtlich im Vergleich zum Vorjahr. 2016 wurden nicht einmal 8,3 Mio. Stück produziert. Und dies gelang auch nur durch die unvernünftige Überproduktion im Dezember.
Meine Prognose von ca. 8 Mio. DSLR für das ganze Jahr 2016 war somit erstaunlich genau. 2015 waren es noch 9,8 Mio. produzierte DSLR. D.h. die Rückgänge bei den produzierten Kameras (über 15%) sind a) noch katastrophaler als bei den verschifften (-13%) und b) schneiden nun tief in den Kernbereich der Hersteller.
Spiegellose Kameras - absolute Zahlen - Verlauf der Produktion im Gesamtjahr 2016:
Absolut gesehen ist der Rückgang bei spiegellosen Kameras beachtlich im Vergleich zum Vorjahr. 2016 wurden nur 3,1 Mio. Stück produziert. Und dies gelang auch nur aufgrund der völlig unerwarteten und sinnlosen Überproduktion im November und Dezember.
Meine Prognose von ca. 3 Mio. spiegellosen Kameras für das ganze Jahr 2016 war somit relativ genau. 2015 waren es noch 3,3 Mio. produzierte spiegellose Kameras.
Bereits jetzt lässt sich sagen, dass der seit 2008 so euphorisch gefeierte kometenhafte Aufstieg der spiegellosen Kameras noch immer sehr zäh und langsam verläuft. Der Anteil lag 2016 bei 27,5%. Die DSLR - also Kameras mit Spiegel - hielten noch immer 72,5% des Marktes weltweit.
Temps perdu? - Das Jahr 2016 als verlorenes Jahr zu bezeichnen, wäre zu früh. Wir wissen noch nicht, was die Forschungslabors und die Technikabteilungen sowie das Management unternommen haben, und was davon wann oder wie umgesetzt wird. Das wird letztendlich erst ein historischer Rückblick in einigen Jahren zeigen. Da die Firmen jedoch kaum etwas verlautbaren lassen, sind meine Befürchtungen eher pessimistisch.
Die meisten Analytiker sprachen noch Ende 2016 nur von schrumpfenden resp. abnehmenden Märkten. Mit Verlaub: Wenn eine übergewichtige Person von 121,5 kg 5-10 kg abnimmt, ist dieses Wort angemessen. Bei der oben ersichtlichen Produktions-/Verschiffungskurve seit 2010 ist das jedoch reiner Euphemismus. Hier nahm der Wert 121,5 Mio. (2010) auf nur ca. 24 Mio. (2016) - auf ein Fünftel - ab. Man sollte angesichts des steilen Abfallwinkels schon ehrlicher Weise deutlich von abstürzenden, wegbrechenden oder kollabierenden Märkten sprechen. - Ein Mensch läge bei einer derartigen Gewichtsreduktion schon lange auf der Intensivstation.
2017
Fakten für 2017
Wie bereits Ende 2016 vermutet, haben die Hersteller in völliger Verkennung der Marktlage die Produktion in vielen Monaten auf dem Niveau von 2016 oder sogar deutlich darüber weiterlaufen lassen. Offensichtlich gingen die Manager der Hersteller von der Annahme aus, dass das Erdbeben in Japan im April 2016 die Fotografen weltweit in einen mindestens halbjährigen Kaufstau schickte, der nachträglich abgebaut werden muss. Man ging somit auch 2017 von der Annahme aus, dass die Fotografen kaufen würden, sofern es nur genügend Kameras gäbe. Allerdings gab es weder 2016 noch 2017 Käuferschlangen vor den Fotogeschäften. Nur bei ganz wenigen neuen Luxusmodellen (u.a. spiegellose Mittelformat-Kameras), welche ein halbes Jahr zuvor mit sehr viel Werbeaufwand angekündigt, aber nicht produziert wurden, gab es zu Jahresbeginn 2017 Wartelisten. - Hierbei handelte es sich um den klassischen Versuch der Ankurbelung eines Marktes durch die Angebotsseite. - Da sich die Hersteller irrten, fanden sich ab dem Sommer erhebliche Preisnachlässe für die Ladenhüter.
Ferner wollte man durch Überproduktion in den ersten drei Monaten 2017 in einigen Firmen unter allen Umständen die Bilanzzahlen für 2016 schönen, da das Abrechnungsjahr vieler Kamerahersteller jeweils von Anfang April bis Ende März läuft. Passend dazu brach April 2017 die Produktion erwartungsgemäß ein. Man fuhr die Produktion sogar etwas unter diejenige des Erdbebenmonats April 2016 herunter! Auch die Verschiffung der Kameras nach Europa brach im April im Vergleich zum Vormonat März drastisch ein.
Im April räumte Canon klein gedruckt in den Statistiken zum 1. Quartalsbericht ein, dass durch die monatelange Überproduktion der Lagerbestand (Inventories, S5) sowohl absolut als auch im Verhältnis zu den Verkäufen deutlich angestiegen war. Die Kunden kauften die gesteigerte Produktion also nicht ab. Über 1 Mrd. Euro als Warenbestand des Mutterkonzerns waren historisch betrachtet keine Seltenheit. Aber in Krisenzeiten würde ich mir keine noch größeren Warenlager anlegen. Denn hinzu kamen bereits die Lagerbestände der weltweiten Tochterunternehmen, der Groß- und Zwischen-Händler sowie der Fotofachgeschäfte.
Anfang Mai mehrten sich - wie bei meinen eigenen Analysen direkt vor Ort in Fotofachgeschäften - weltweit die Anzeichen, dass die japanischen Hersteller zumindest in die westliche Welt mehr Kameras verschifft hatten, also dort im ersten Quartal abgesetzt wurden. Die Lager füllten sich rapide. Der Absatz stockte hingegen.
Wie vorausgesagt begannen ab Mai die Preisrabattschlachten (zumindest in den USA), um die Überproduktion abzusetzen. Kurz darauf folgte Europa. Gleichgültig, was andere Analysten aus den steigenden Produktionszahlen der Kamerahersteller euphorisch herauslesen, die meisten Produkte verkauften sich 2017 keineswegs so gut. Vor allem erstaunte mich eine Rabattaktion für spiegellose Kameras von Sony mit mehreren hundert Euros (z.B. für die A7RII). So groß scheint der überall herbeigeredete Trend hin zu diesem Topmodell und generell zu spiegellosen Kameras doch nicht zu sein.
Den weltweit beklagten Ausstieg der Firma Nikon aus dem Kamera-Projekt DL halte ich aus ökonomischer Sicht für einen sehr positiven Schritt: Erstmals haben Manager erkannt, dass man derzeit nicht mehr, sondern weniger Modelle / Modellreihen benötigt. Und wenn man die Kritiker genau untersucht, dann räumten sie ein, dass von der gesamten geplanten Modellreihe DL nur ein einziges Kameramodell interessant gewesen wäre. Meine Erfahrung ist, dass das Prädikat interessant jedoch noch nicht bedeutet, dass selbst jene Analytiker es gekauft hätten.
Ende Mai 2017 wurden Details der Umstrukturierung bei Nikon deutlich: Forschung und Entwicklung wurde als Bereich deutlicher von der Produktionsumsetzung getrennt. Ferner wurden Neuanschaffungen aus dem Medizinischen Bereich unter einer Abteilung Healthcare (Gesundheitswesen) zusammengefasst. Überdies wurde der Firmensupport auf die einzelnen Bereiche verteilt. - Positiv gesehen strukturiert man um, um die Firmenprozesse noch effizienter zu gestalten. - Ketzerisch gesprochen tut man dies jedoch ständig und hatte diese separaten Strukturen früher bereits einmal so. Noch kritischer darf man die Trennung von Forschung und deren Umsetzung sehen. Dies geht auf ein im angloamerikanischen Bereich bekanntes Sprichwort des Marketings zurück: Ab einer gewissen Stufe des Projektes sollte man alle Forscher und Entwickler erschießen. Sie halten die Markteinführung neuer Produkte nur auf. Das führt bei Nikon zukünftig vermutlich dazu, dass man in kürzerer Folge neue Produkte erhält, die jedoch kaum wirklich brauchbar Neues für die fotografische Praxis bieten.
Von Nikon erwartete man zum hundertjährigen Jubiläum ein Produktfeuerwerk im Jahr 2017. Rückblickend auf 2017 muss ich jedoch bilanzieren, dass abgesehen von einer einzigen neuen APS-C-Kamera (D7500) und der D850 Vollformat-Kamera nur ziemlich überteuerte Jubiläums-Editionen alter Kameras herauskamen.
Zu den Gerüchten um die Sensorproduktion bei Sony siehe den Artikel: das Sensor-Dilemma.
Während ich Mitte 2015, als der Artikel entstand, noch von einer Neukaufperiode / einem Neukaufintervall von jeweils 2 Kameramodell-Zyklen ausging, komme ich inzwischen zur Überzeugung, dass sich dies 2017 zunehmend auf 2,5 bis 3 erhöhte. Mit anderen Worten: Viele Fotografen ließen 2 Modellneuerungen aus, um erst wieder bei der dritten Neuerung zuzugreifen. Einerseits liegt dies daran, dass die erfahrenen Fotografen inzwischen mit wirklich hochwertigen Kameras und Objektiven arbeiten, die mehr als nur gut-genug sind, und andererseits am zunehmenden Alter der Käuferschicht. Das klingt harmlos, führt jedoch zu einem Rückgang von bis zu 50% bei Neukäufen in dieser (Kernziel-) Gruppe der klassischen Fotografie.
Ab Mai 2017 konkretisierten sich Gerüchte, über neue APS-C und Vollformat-Kameras von Canon und Nikon ohne Spiegel für 2018. Zu den denkbaren Migrationspfaden der Kamerahersteller von Spiegel-Kameras zu spiegellosen Systemen siehe den neuen Artikel.
Im Juli 2017 ging der Blitzgerätehersteller und Studio-Zubehörlieferant Bowens nach 94 Jahren in Liquidation. - Während man in den Vorjahren bereits einen deutlichen Schrumpfungsprozess in Zubehörbereich bei Stativen feststellen konnte, der zu massiven Fusionen und Ausscheiden von Firmen führte, kam es 2017 zu einem Rückgang beim Blitz- und Studio-Bereich. Auch hier schieden mehrere u.a. bekannte Firmen aus wie zum Jahresende 2017 deutsche Studioblitzhersteller Multiblitz. Somit kann man inzwischen auch klar nachweisen, dass die Krise den gesamten Fotobereich erfasst hat - nicht nur die Kamerahersteller.
Die Monate Mai bis September waren durch eine überproportional hohe Produktion gekennzeichnet, da die gleichen Monate im Vorjahr durch das schwere Erdbeben sehr tief lagen. Allerdings wurde im Juni und Juli die Produktion der spiegellosen Systeme nach dem Höhenflug zu Jahresbeginn unerwartet deutlich gedrosselt.
Nachdem es im September 2017 nochmals zu einem Anstieg der Gesamtproduktion als auch der Verschiffung kam, brach dies im Oktober völlig unerwartet ein und verschlimmerte sich sogar noch im bis zum Jahresende 2017. Dass man die Reißleine sogar zum Weihnachtsgeschäft zog, stimmt bedenklich. Normalerweise wurde fast jedes Jahr die Oktober- und November-Produktion und Verschiffung sogar massiv hochgefahren im Vergleich zu den jeweiligen Vormonaten. Die in den ersten drei Quartalen angehäufte Überproduktion lässt sich vermutlich auch an Weihnachten nicht mehr nachhaltig absetzen - trotz einer weltweit unglaublichen Rabattaktion.
Auch in den USA verschlechterte sich das gesamte Fotowirtschaftsklima weiter. So kam es 2017 im Verleihbereich zu Verkäufen, Firmenschließungen und Fusionen. Dies belegt, dass die Krise der Primärwirtschaft (Kamerahersteller) inzwischen im Sekundär- und sogar Tertiärmarkt voll durchschlägt. Es handelt sich nicht nur darum, dass die Fotografen weniger neue Kameras und Objektive kaufen. Das breite Interesse der Bevölkerung an der klassischen Fotografie nimmt seit Jahren ab.
Bei meinen persönlich durchgeführten regionalen Marktbeobachtungen entstand der subjektive Eindruck, dass im Weihnachtsgeschäft das Interesse an Fotowaren wieder etwas größer war und wieder etwas mehr aus dem Bereich Foto gekauft wurde. Allerdings muss ich dies etwas relativieren. Während der Online-Handel boomte, waren z.B. in einer bekannten Elektronik-Kette die Einkäufe in der letzten Weihnachtswoche sehr gering.
Am 23.12.2017 nannte der Landesbischof der Nordkirche (Deutschlands) in einem Tagesschauinterview Deutschland derzeit eine zutiefst verunsicherte Gesellschaft. Das ist keine gute Grundlage für optimistische Zukunftseinkäufe in einem Luxusbereich wie der Fotografie.
Wie hart die Fotoindustrie getroffen wurde, zeigte sich 2017 auch an den Folgeprodukten. Der Niedergang traf immer mehr Firmen: Die Mutterfirma Micron hat den Namen Lexar verkauft und die Produktion von Speicherkarten für Fotokameras aufgegeben. Der zweite große Speicherkartenhersteller SanDisk war ebenfalls in Schieflage geraten und wurde von Western Digital aufgekauft. Auch wenn Anfang 2018 ProGrade Digital ein Management-Spin-Off von Lexar neue schnelle Karten anbot, so sind die Zukunftsaussichten für Fotografen nicht rosig. Da kommen erhebliche Kostensteigerungen bei (neuen) Speicherkarten auf sie zu.
Letztendlich wurde 2017 etwas völlig falsch interpretiert: Viele Fotografen kritisierten 2017 weltweit mündlich und schriftlich die Bildqualität der Smartphones als noch immer zu gering (vor allem bei RAW). Erstens trifft dies faktisch so nicht mehr pauschal zu (siehe Computational Photography bei Smartphones). Und zweitens muss man diese Kritik genau analysieren: Erstmals befassten sich nun nämlich Profifotografen mit Smartphones und begannen, diese ernst zu nehmen. Die Kritik an der angeblich noch unzureichenden Bildqualität ist somit ein dramatisches Frühwarnzeichen. Seit 2007 gingen die Amateure und in den letzten Jahren zunehmend die ernsthafteren / ambitionierteren Fotografen der klassischen Fotografie verloren und wanderten zu Smartphones. Nun droht auch noch der Profibereich abzuwandern. - Wer nun lacht, sollte sich einmal weltweit in den Testzirkeln / Interviews umsehen. Da geben gestandene Profifotografen, die sich erst kürzlich die neueste A9, A7R3, D850, D5, D1XII, 5DIV etc. zugelegt haben, nebenbei offen zu, dass auch sie inzwischen die meisten Fotos mit ihrem High-End-Smartphone aufnehmen.
Die Jahresgesamtzahlen 2017 der Produktion:
Die Firmen versuchten 2017, die Produktion massiv über das schlechte Jahresergebnis von 2016 anzuheben. Deshalb stieg die Jahresgesamt-Produktion aller Kameras 2017 auf knapp über 25 Mio. - rund 5% mehr als 2016. Das ist positiv zu werten. Aber es handelt sich um keinen euphorisch guten Wert.
Bei Kompakt- und Bridge-Kameras lag die Jahresgesamt-Produktion 2017 bei fast 13,4 Mio. Stück - mehr als 7% Plus im Vergleich zum Vorjahr.
Bei DSLR (also mit Spiegel) lag die Jahresgesamt-Produktion 2017 fast 7,6 Mio. Stück - über 8% weniger als im Vorjahr.
Bei spiegellosen Kameras lag die Jahresgesamt-Produktion 2017 bei über 4,1 Mio. Stück - über 31% mehr als im Vorjahr.
Die Verschiffung der Kameras nach Europa lag mit 1,6% nur knapp über dem Niveau des Vorjahres.
Bei den meisten obigen Zahlen handelt es sich um die Produktion.
Ob sich diese Überproduktion tatsächlich am Markt absetzen ließ resp. zukünftig lässt, muss sich erst noch zeigen. Aufgrund meiner 2017 durchgeführten ernüchternden Vor-Ort-Kontrollen erwarte ich - neben den bisher schon verfügbaren Sonderangeboten - weitere Rabattaktionen - auch im (Nach-) Weihnachtsgeschäft.
Inzwischen deutet sich eine in der Langzeitperspektive unschöne Variante an: Es könnte tatsächlich sein, dass die japanischen Hersteller bis zu den olympischen Spielen 2020 eine Überproduktion betreiben, um das Gesicht zu wahren. D.h. die Werte für Produktion und Verschiffung werden künstlich auf einem erstaunlich hohen Niveau gehalten. Man nimmt dabei in Kauf, dass die Tochterfirmen im Ausland und vor allem die Fotofachgeschäfte auf den Waren und Verlusten sitzen bleiben.
Der von vielen Herstellern und Analysten prognostizierte Kaufrausch bleib 2017 aus.
Wirklich gut verkauften sich - vor allem in Europa und den USA (vermutlich jedoch auch weltweit) - nur die teuersten Luxusmodelle, vor allem: Sony A9 und A7R3, Nikon D850 und D500.
Vor allem in den unteren Kameraklassen und dort wieder bei denen mit kleineren Sensoren (APS-C und Micro-Four-Thirds) war die Nachfrage gering. - Wie mir mehrfach berichtet wurde, gaben / gewähren vor allem stationäre Händler auf Kundenachfrage Rabatte bis zu über 20% auf Kameras vor allem in diesen unteren Klassen.
Wichtig bleibt, dass es sich bei allen verfügbaren verlässlichen Zahlen um Produktion und Verschiffung der japanischen Hersteller handelt und diese nichts über den Lagerbestand resp. den tatsächlichen Verkauf an private Endkunden aussagen.
Deshalb sehe ich - Entgegen allen positiven Reden der Hersteller im Jahr 2017 und vieler weltweiter Analysten - das Tal der Tränen noch nicht als durchschritten an.
Man erkennt 2017 nur eine Sockelbildung. Ob dies die herbeigesehnte Talsohle ist, oder nur ein Zwischenplateau zum weiteren Niedergang, werden die kommenden Jahre zeigen.
Spiegellose Kameras - absolute Zahlen - Verlauf der Produktion 2017 (grau):
Absolut gesehen ist die Steigerung der Produktion bei spiegellosen Kameras beachtlich im Vergleich zu beiden Jahren davor. Man scheint dieses Jahr die Trendwende hin zu spiegellosen Systemen auf der Angebotsseite erzwingen zu wollen. Aber die größte Euphorie wurde im Juni und Juli gedämpft, als die Produktion unter der von 2015 lag. August und September stieg die Produktion an, um völlig unerwartet im Oktober um ca. 10% einzubrechen, und stieg im November wieder leicht an, um im Dezember unerwartet drastisch abzustürzen.
4,1 Mio. spiegellose Kameras 2017 ergaben ein Plus von 31% zum Vorjahr. Aber die Berg- und Talfahrt lässt noch immer keinen endgültigen Durchbruch der spiegellosen Kameras erkennen.
Kameras mit Spiegel - absolute Zahlen - Verlauf der Produktion 2017 (grau):
Absolut gesehen ist der Rückgang der Produktion bei Kameras mit Spiegel zwar gering. Aber insgesamt scheinen einige Firmen den Spiegel als Auslaufmodell zu sehen.
Nur noch fast 7,6 Mio. Kameras mit Spiegel 2017 entsprechen einem Rückgang von 8,4% zum Vorjahr.
Prozentualer Verlauf 2017 je Modellklasse - Verlauf der Produktion 2017:
Vor allem bei der prozentualen Betrachtung wird der Unterschied der drei Klassen: Spiegellose Kameras, Kameras mit Spiegel und Kompakt-/Bridge-Kameras deutlich.
Im Jahr 2017 lagen die Kompakt-/Bridge-Kameras mit fast 108% über der Vorjahresproduktion, die Kameras mit Spiegel bei insgesamt rund 92% und die spiegellosen Kameras bei 131% der Produktion - jeweils im Vergleich zu 2016.
Insbesondere der starke Anstieg im Mai liegt am durch das Erdbeben 2016 verursachten Einbruch des damaligen Referenzmonats. Beunruhigend ist allerdings der Einbruch zum Weihnachtsgeschäft (Herbst), der bis zum Jahresende anhielt.
Vor allem hier bei der Produktion zeigt sich deutlich, dass man in der ersten Jahreshälfte 2017 sinnlos auf Halde produzierte und in der zweiten Jahreshälfte die Reißleine zog, weil die Produkte nicht im erwarteten Ausmaß absetzbar waren.
Verschiffung nach Europa 2017 in Prozent:
Die Verschiffung nach Europa lag 2017 mit insgesamt fast 102% nur minimal über dem Vorjahresniveau. Die Schwankungen sehen hier zwar dramatisch aus, liegen jedoch im durchaus üblichen monatlichen Rahmen. Vor allem der starke Anstieg ab Mai lag am durch das Erdbeben 2016 verursachten Einbruch des damaligen Referenzmonats. Der Rückgang im Herbst verwundert: Die Nachfrage scheint nicht den - zugegeben hohen - Erwartungen entsprochen zu haben. Siehe hierzu auch meine diesjährigen ernüchternden Vor-Ort-Kontrollen in Fotogeschäften.
2018
Analysen 2018
Wie ich bereits 2015 voraussagte, wurde 2018 das entscheidende Jahr des Umbruches, auch, wenn viele Fotografen die Folgen noch nicht erkennen oder am eigenen Leibe verspüren.
Die allgemeine Wirtschaft boomte zwar in Deutschland wie in den USA, und auch in zahlreichen anderen Ländern ging es wirtschaftlich zumindest gut. Aber in Europa sowie weltweit fand sich keine wirklich nachhaltige Erholung, sondern überwiegend eher eine durch den künstlich tief gehaltenen Euro gnadenhalber erlaubte Seitwärtsbewegung. Weltweit gerieten einige Länder sogar in beträchtliche ökonomische Schwierigkeiten. Im zweiten Halbjahr verdüsterten sich die wirtschaftlichen Prognosen weltweit. Zoll- Und Wirtschaftsstreitigkeiten belasteten zunehmend den Handel. - Störungen, die sich langfristig auch auf den Fotobereich negativ auswirken können.
Ende Februar wurde eine Studie bekannt, laut welcher 47% der Deutschen - bis hinein in die wohlhabende Mittel- und Oberschicht - unter Abstiegsangst leiden. Das ist keine solide Grundlage für Einkäufe im Luxusbereich Fotografie.
Recht:
Die seit einigen Jahren angespannte innere Sicherheitslage verbesserte sich nicht im Geringsten. Dass der öffentliche Eindruck anders ist, liegt daran, dass selbst schwerste Straftaten von den Behörden verschwiegen, sowie von den Medien zensiert werden, und die Bevölkerung erkannt hat, dass es nur ihnen selbst schadet, Anzeige zu erstatten. Ich erhielt immer häufiger Post von Fotografen, welche sich nicht mehr getrauten, mit ihrer wertvollen großen Ausrüstung unbeschwert überall hinzugehen.
Hinzu kam die DS-GVO, welche es in Europa rechtlich fast unmöglich macht, im öffentlichen Raum zu fotografieren. Ich erhalte immer öfter Nachrichten von Fotografen, welche angezeigt wurden, weil sie erlaubte Dinge fotografierten. Sie wurden zumindest verunsichert, werden weniger fotografieren und definitiv keine neue Ausrüstung anschaffen. Auch ich wurde im Stadtgarten von der Polizei kontrolliert, weil ich einen Springbrunnen fotografierte, während der gleichzeitig bandenmäßig dort betriebene Drogenhandel nicht kontrolliert wird. Aber was soll man von einem Land erwarten, in dem seit einigen Jahren wieder ganz öffentlich, ungeniert und weitgehend unbestraft Antisemitismus in Wort, Schrift und (Gewallt-)Taten praktiziert wird.
Systemwechsel - Neue Bajonette, neues Glück?
Das Sommertheater im August wurde dominiert vom Nikon-Spektakel um das Z-Bajonett und 2 neue Z-Kameras. Alles ist aus meiner Sicht grundsolide, aber doch so konservativ konzipiert, dass es nur eigene Bestandskunden vom Abwandern abhält, aber derzeit keine Kunden von anderen Herstellern zurück- oder neu gewinnt. D.h. man wird sich mit diesem System mittelfristig wohl eher selbst den Bereich der DSLRs kannibalisieren, auch wenn man kurzfristig einige seit Jahren zögernde eigene Altkunden zum Wechsel zu spiegellosen Kameras aus dem eigenen Haus bewegen kann und somit den Umsatz ankurbelt sowie den Gewinn erhöht. - Aufgrund des gigantischen Werberummels stieg die Nachfrage sprunghaft an. Aber Nikon konnte aufgrund seiner bekannten Unfähigkeit in der Produktionsanpassung - wie so oft - anfangs diese Nachfrage bei weitem nicht bedienen = also viele Kunden nicht beliefern. - Alle weiteren Fakten zur Z6 und Z7.
Anfang September 2018 ließ Canon seine spiegellose R-Katze aus dem Sack und enttäuschte - wie ich vorhersah - viele Beobachter. Canon ist eine optische Firma, die sich 2011 bereits auf Video verlagert hatte. Seitdem nimmt man in Kauf, dass die Fotosparte niedergeht.
Wie bereits seit Anfang des Jahres in meine Statistiken und Prognosen eingearbeitet, halte ich die Wechselbereitschaft der Bestandskunden bei Canon und Nikon zu spiegellosen Systemen für sehr hoch: Rund 1 Mio. Nutzer wollen bald wechseln. Erstens sehe ich dieses Kaufvolumen bei Bestandskunden - nicht bei Neukunden zur Neukundenakquise. Zweitens sehe ich es überwiegend bei Vollformat-Kameras, bei denen Gewicht und Volumen sicht- und spürbar eingespart werden können, weniger bei APS-C-Kameras, die vor allem im Einsteigerbereich sowieso schon bei oder sogar unter den Modellen der meisten spiegellosen Kameras liegen. Drittens teile ich das Volumen ca. hälftig zwischen Canon und Nikon auf, auch wenn Canon einen rund doppelt so großen Marktanteil besitzt wie Nikon. Unsicher ist nur, wie sich das Verhalten der APS-C-Kunden auswirkt. Canon besitzt dort schon spiegellose Modelle, welche in Asien von Frauen gekauft werden, im Westen jedoch eher überteuerte Ladenhüter sind. Bei Nikon deutet sich immer mehr an, dass es vermutlich kurzfristig keine spiegellosen APS-C-Modelle geben wird. D.h. in beiden Firmensegmenten könnte viele Altkunden den Aufstieg zu spiegellosen Vollformatkameras wagen. - Das Weihnachtsgeschäft wird es zeigen. Spiegellose Kameras sind klassische Weihnachtsprodukte. - Aber das Weihnachtsgeschäft 2017 wurde nur mäßig.
Die Zukunft wird für Nikon und Canon allerdings anstrengend, da man versprochen hat, vorläufig zweigleisig zu fahren. Deshalb vermute ich, dass man Nachfolger bestimmter DSLR - mit Spiegel - herausbringen wird, nicht weil man es eigentlich will, sondern weil diese Kameras bereits entwickelt sind. Und spätestens 2020 - nach den olympischen Spielen - wird man das Spiegelsystem, aufgrund der Arbeitsüberlasten und der nicht für zwei Systeme tragbaren Kosten im Bereich Forschung und Entwicklung, Produktion sowie Vertrieb bis hin zum Marketing einschlafen lassen.
Auch bei den Objektiven stehen Canon und Nikon in den kommenden 3-5 Jahren unter einem enormen Druck: Es müssen sehr viele neue Objektive in kurzer Zeit herausgebracht werden, und jedes muss qualitativ hochwertiger sein als die Vorgänger aus dem Bereich DSLR. Das war ja schließlich die - aus physikalischer Sicht abenteuerliche - Begründung für das neue Bajonett.
Wie im Artikel Migration zu spiegellosen Systemen bereits vor Jahren erklärt, halte ich die Entscheidung Canons und Nikons, ihr bestehendes Bajonett mit allen Objektiven aufzugeben, für falsch. Beide öffneten eine gefährliche Flanke, die man in einer derart schweren Wirtschaftskrise niemals hätte ungedeckt lassen dürfen. Damit wurden die Uhren in der Vollformat-Klasse auf 0 zurückgestellt. Alle Firmen befanden sich somit wieder auf Start. Deshalb konnten weitere Hersteller mit realen Erfolgsaussichten bei Vollformat-Sensoren einsteigen: Panasonic und Sigma ergriffen sofort die Chance und kündigten zumindest Produkte für 2019 an. Siehe spiegellose Vollformat-Kameras und Panasonic S.
Für die praktische Fotografie sehe ich in neuen Bajonetten jedoch keine Vorteile, sondern eher Nachteile im kompletten Systemwechsel der großen Firmen. Die Early Adopters unter den Fotografen werden mit unausgereiften Kamera-Produkten, weitgehend fehlenden hochwertigen Objektiven, mäßig guten Adaptern und anderen Einführungsproblemen kämpfen. Es dauert (wie man zuletzt bei Sony sah) erfahrungsgemäß viele Jahre, um ein komplettes und ausgereiftes System aufzubauen. Meine Bekannten und auch ich, die eher an in der Praxis tatsächlich erzielbaren Fotoergebnissen interessiert sind, werden alles aufmerksam beobachten, aber Neukäufe vorerst einschränken.
Noch immer gilt meine Mahnung: Der niedergehende klassische Foto-Markt fordert weniger Modelle, nicht noch mehr.
Nach dem Rauschzustand folgte im Herbst die Ernüchterung, und die Nachteile stellten sich langsam ein: Eine wachsende Anzahl an Altkunden interpretierte den Bajonettwechsel der Platzhirsche als den GAU und erkannten erhebliche Nachteile für sich. Viel sind seitdem verunsichert: Soll ich mir noch ein Objektiv # für meine alte DSLR kaufen?Soll ich umsteigen? Aber das ist für mich sehr teuer und jetzt mangels der für mich erforderlichen Objektive noch nicht einmal wirklich möglich. Die ersten - vor allem älteren - Fotografen resignierten auch und sagten ganz offen: Diesen Systemwechsel mach ich nicht mehr mit. - Vermutlich hätten jene sowieso das Hobby in einigen Jahren altersbedingt aufgegeben oder zumindest langsam eingeschränkt. Aber die Platzhirsche beschleunigen und erhärten den Entschluss nun.
Deshalb sehe ich den kurzfristigen Umsatz- und Gewinnsteigerungen eine langfristige Konsumabnahme folgen, die sich vermutlich zumindest finanziell die Waage halten dürfte. Ob sich unter solchen Bedingungen die hohen Investitionen der Hersteller in die neuen Systeme wirklich rechnen, ist keineswegs sicher.
Prognose: Da der klassische Foto-Markt noch immer drastisch schrumpft, wird der Wettbewerb um die wenigen verbleibenden klassischen Foto-Kunden und Marktanteile für alle Beteiligten härter werden. Daher prognostizierte ich bereits früh ein systematisches Sensor-Sterben beginnend von den kleinsten Formaten nach oben bis zu APS-C, wobei die APS-C-Klasse nach spürbaren Rückgängen 2017 im Jahr 2018 sogar unerwartete Einbrüche zu verzeichnen hatte.
Nur derjenige Kunde profitiert von dem nun einsetzenden harten Wettbewerb, der auf die richtige, d.h. am Schluss übrig bleibende Firma setzt. Alle anderen werden ihre Investitionen komplett verlieren, wenn der jeweilige Hersteller aufgibt. Natürlich werden die Firmen das dann anders nennen. Aber de facto werden nicht alle nach 2020 den klassischen Fotomarkt so weiter bedienen wie bisher. D.h. viele Firmen werden ihre klassischen Foto-Kameras still und leise auslaufen lassen. Als erstes betrifft dies alle Nutzer der Kameras mit Spiegeln (=DSLR).
Man muss als Fazit für 2018 festhalten, dass praktisch alle Herstellerfirmen die Flucht nach oben zur Vollformat-Klasse und zu noch teureren Produkten darum herum angetreten haben. Die einzig übrig gebliebenen interessanten Zielgruppen fast aller Hersteller sind ganz offensichtlich nur noch Berufsfotografen sowie hochambitionierte Fotografen mit viel Geld. Für alle anderen wird die Fotografie zukünftig aufgrund der vagen Ankündigungen nicht nur zum unsicheren, sondern sehr teuren Hobby. - Aber das habe ich ja alles bereits 2015 prognostiziert, wofür ich weltweit heftig kritisiert wurde, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. - Aber wie schrieb Goethe schon vor rund 200 Jahren so treffend: Man schlingt die Lüge, die uns schmeichelt, in vollen Zügen hinab und kostet nur Tropfen für Tropfen die Wahrheit, die uns bitter ist.
Preissteigerungen:
Nachdem früher bereits erbrachten Beweis, dass viele Kunden bereit sind, für spiegellose Kameras deutlich mehr zu bezahlen als für (in puncto Bildqualität) gleichwertige Kameras mit Spiegel, erkannten die Hersteller, dass sie mit preiswerter herzustellenden spiegellosen Systemen deutlich höhere Gewinne erwirtschaften. Auch deshalb wurde 2018 tatsächlich der seit 10 Jahren Mantra-artig beschworene Systemwechsel herbeigeführt.
Dass mit den neuen Bajonetten / Systemen noch hochwertigere Objektive (für die Hersteller noch preiswerter) hergestellt werden können, ist erfreulich. Dass man diese für extrem hohe Preise anbietet - nicht selten für über 3.000 Euro das Stück - ist hingegen weniger erfreulich für Fotografen und dürfte die Nachfrage auch einschränken.
Im Herbst 2018 räumte der Objektivhersteller Sigma ein, dass die Anzahl der verkauften Objektive nicht weiter steigen wird, aber die Anzahl der Bajonette. D.h. die Zahl der produzierten Objektive verteilt sich auf viel mehr Bajonette, wodurch die Effizienz sinkt und die Kosten für Entwicklung, Produktion, Vertrieb etc. steigen werden. Eine ökonomische Banalität. Aber immerhin hat es jetzt ein Spitzenmanager offiziell zugegeben. Auf die Fotografen kommen in den nächsten Jahren - wie bereits 2015 von mir vorhergesagt - stetig steigende Kosten zu.
Produktionsverlauf:
Bitte beachten Sie, dass die extern verlinkten Monatsgrafiken der CIPA jeweils die Verschiffung zeigen, welche von der bei mir als wichtiger bewerteten Produktion der Einzelmonate etwas abweichen.
Der Januar 2018 fing schlecht an. Das hatte ich zwar bereits im Herbst 2016 aufgrund der seit damals laufenden sinnlosen Überproduktion vorhergesagt. Aber manche Analytiker scheinen es erst jetzt so langsam zu begreifen: Die Lager waren fast weltweit mit Kameras überfüllt.
Danach hob man in völliger Verkennung der fehlenden Nachfrage die Produktion im Frühjahr 2018 dennoch wieder an, musste sie jedoch im Sommer nicht nur jahreszeitlich bedingt einschränken, sondern weil überall - bei Herstellern, bei Importeuren, bei Großhändlern und bei den Einzelhändlern - unglaubliche Lagerbestände aufgelaufen waren. Spätestens im Sommer erkannten immer mehr Firmen, dass man die bereits im ersten Halbjahr weltweit angelaufenen Lagerbestände selbst im gesamten Restjahr (trotz Weihnachten) nicht mehr absetzen konnte.
Die gesunkene September-Produktion und stagnierende Verschiffung erstaunten dann auch nicht mehr. Alle Segmente fielen prozentual (im Vergleich zum Vorjahresmonat) zurück. Das ist besonders gravierend, da im September und Oktober die Weihnachtsproduktion läuft. Offensichtlich erwartete man von diesem Weihnachtsgeschäft nicht viel. Die Lagerbestände mit alter Ware waren zu groß dafür.
Im Oktober kam es zwar zu einer leichten Erholung in allen Bereichen, aber insgesamt handelte es sich um eine zu geringe Steigerung für das Weihnachtsgeschäft. Und bereits im November zeigte sich eine deutliche Schwäche zum Jahresende hin bei der Produktion und Verschiffung.
Produktionsdetails:
Vor allem bei Kameras ohne Spiegeln stieg die Produktion zuerst markant über das Vorjahresniveau an.
DSLRs wurden zunehmend als Auslaufmodell betrachtet und von den Herstellern die Produktion mit starken monatlichen Schwankungen heruntergeschraubt.
Bei Kompakt- und Bridge-Kameras sah es weiterhin katastrophal aus: ein Rückgang um ca. 36%.
Die geringen Verschiffungszahlen / Exportwerte für Europa kann man nur als extrem negativ bewerten. Offensichtlich haben die japanischen Firmen den europäischen Markt weitgehend abgeschrieben.
Ähnlich sah ich es anhand meiner in den Monaten April und Mai wieder in mehreren Fotofachgeschäften und Fotofachabteilungen durchgeführten Vorortanalysen.
Angebotsveränderungen
Hinzu kommt ein von mir zumindest in den drei deutschsprachigen Ländern festgestellte Veränderung der Einzelhändler. Nachdem die Kundennachfrage nach Fotogeräten und Zubehör bereits 2017 einbrach, stellten vor allem die größeren Elektronik-Märkte spätestens 2018 Ihr Sortiment um. Ganze Filialen wurden komplett umgebaut, der Fotobedarf drastisch reduziert und in die Ecke verbannt. Statt dessen wurden großräumig und perfekt platziert hochmoderne Smartphones mit beeindruckend hochwertigen Kamerafunktionen angeboten.
Hinzu kam, dass der kleine Fach-Foto-Handel 2018 weiter deutlich litt. Man muss inzwischen sogar von einem Sterben in der Fläche sprechen. Viele Fachhändler schlossen, andere stellten sich auf Smartphones um und wieder andere beschränkten sich auf (Passbild- und Hochzeits-) Fotografie sowie die mit den Fotos zusammenhängenden Dingen wie T-Shirts etc.
Dadurch kommt es zu einer optischen Angebotsreduktion mit Folgen. Inzwischen erkennt jeder unbedarfte Otto-Normal-Verbraucher, dass klassische Foto-Kameras nicht mehr erwünscht sind.
Für die Hersteller bleibt oft nur noch der eigene Internet-Shop, der Waren zum in Europa überhöhten Herstellerpreis anbietet, Amazon, deren Anbieter die Herstellerpreise unterbieten, und eBay, deren Anbieter oft Grauware mit 30-50% Preisnachlass offerieren.
Langfristig hat dies nachteilige Folgen, da Fotoprodukte zunehmend nur noch von Insidern (= klassischen Fotografen) gekauft werden. So wird die Neukunden-Akquisition schwierig. Überdies geben die klassischen Fotografen zunehmend altersbedingt und aus obigen Gründen die Fotografie auf oder schränken sie zumindest ein.
Die im Internet auf Foto-Foren und von Influencern vor allem 2018 veranstalteten Hysterien täuschten auch dort darüber hinweg, dass selbst in Online-Medien das Interesse an klassischen Kameras sowie der klassischen Fotografie insgesamt zurückging. Allerdings wird hier in einem unvorstellbaren Ausmaß gelogen und Media-Daten sowie Zugriffszahlen werden systematisch gefälscht, da es jeweils um Werbeeinnahmen und Sponsorengeldern in Millionenhöhe geht. Und selbst bei den nicht gefälschten Anhängerzahlen handelt es sich inzwischen überwiegend um Karteileichen. Auch YouTube sollte diesbezüglich dringend einmal seine Milliarden an Uralt-Abos ausmisten und nur noch diejenigen der letzten 12 Monate tatsächlich je Kanal auch aktiven verwenden. Wer vor 5 oder zehn Jahren etwas blind anklickte, ist keineswegs heute mehr als regelmäßiger Zuschauer dabei. Dann würde jedoch der Niedergang jedem dramatisch bewusst werden. Auch bei YouTube (= Google) geht es um Milliarden an Werbeeinnahmen. Keiner hat also Interesse an der Aufdeckung oder Behebung der Missstände.
Insgesamt mehrten sich weltweit die negativen Nachrichten 2018: Im Fotobereich nahm die Zahl der Foto-Micro-Stocks durch Insolvenzen und Übernahmen deutlich ab. Letzteres ist bedenklich. Zeigte es doch, dass meine Prognosen über die Zukunft der Fotografie bereits spürbar wurden.
Im März reichte DxO Labs in Frankreich Insolvenz ein. Auch die Fotoplattform Flickr war am Ende und wurde im April 2018 übernommen. Ende 2018 änderte sie das Gesamtkonzept und erhöhte die Preise drastisch. Im Juli 2018 meldete die sogar an der Börse notierte deutsche Firmengruppe Net SE mit den Firmen Meyer Optik Görlitz, Oprema Jena, Emil Bush, C.P. Goerz, Ihagee und A. Schacht Konkurs an. Viele Kunden, welche deren Kickstarter-Projekte im Voraus finanziert hatten, werden vermutlich ihre bestellten Objektive nicht mehr erhalten. Im Dezember wurden die Markenrechte der Meyer Optik Görlitz von OPC Optics (Precision Components Europe GmbH) übernommen. Im August 2018 fusionierten Think Tank Photo und MindShift Gear als Hersteller von Foto-Taschen und -Rucksäcken. Daneben gaben viele kleine Firmen im Fotobereich fast täglich unbeachtet irgendwo ihren Geschäftsbetrieb auf.
Die Nachfrage nach Fotos lässt bereits insgesamt sichtbar nach, weil immer weniger Fotos für den Druckbereich benötigt werden, da dieser ebenfalls im Niedergang begriffen ist. Und die leicht steigende Nachfrage im digitalen Bereich wird überwiegend nicht mehr durch die Mega-Pixel-Boliden der Profifotografen und ambitionierten Hobbyfotografen gedeckt. Da reichen heute fast immer die 12 MP eines Smartphones, resp. sind sogar zu viel.
Hinzu kommen Einsparungen bei den kommerziellen Großinvestoren im Fotobereich. Wenn 2018 sogar Reuters Fotografen entließ und den ganzen Bereich verkleinerte sowie mit Video zusammenlegte, dann kann man sich ausmalen, wie es bei anderen Zeitungen und Zeitschriften sowie Presseagenturen und Verlagen aussieht. Die halten es nur geheim. Da kauft kaum jemand teure (Profi-) Fotogeräte - insbesondere Objektive - mehr nach. Auch, wenn es hart klingt: Der klassische Fotojournalismus (= mit statischen Fotografien) ist am Ende.
Von dem drastischen Rückgang wurde sogar die größte Leitmesse photokina 2018 kalt erwischt. Ihre Ausstellerzahlen zeigen synchron denselben katastrophalen Verlauf wie die Produktion der Kameras seit 2010.
Wie schlecht die Verkäufe an Endkunden auch in den USA liefen, erkannte man an dort eingeleiteten (früher ungeahnten) Rabattschlachten.
Nachdem Nikon bereits Ende 2017 den Vertrieb samt Garantie und Gewährleistung nach Brasilien eingestellt hat, stellte sie im September auch jeden Service und Support ein. Es bleibt zu hoffen, dass dies nur am finanziellen Kollaps der Dritten Welt liegt und sich bei Nikon nicht derselbe Rückzugs-Effekt auf Raten wie bei Samsung anbahnt. - Nachtrag für Nikon-Nutzer: Da Nikon nicht mehr offiziell nach Brasilien exportiert, handelt es sich laut Nikons eigener Definition immer um Grauware, die weltweit nirgendwo repariert wird. Hier beißt sich die Katze in den Schwanz. D.h. de facto, dass Nikon brasilianische Fotografen für immer ausschloss.
Profiteure:
Bereits im Februar vermeldete Fuji, dass Umsatz und Gewinn nicht nur im dominierenden (analogen) Instax-Bereich, sondern auch bei digitalen Kameras 2017 zugenommen hat. Da man jedoch wie immer keine Details auflistete, bleibt alles ziemlich vage. Analysten vermuten noch immer nur einen einstelligen Marktanteil bei Kameras. Ob das Wachstum im digitalen Bereich nicht überwiegend auf den Verlust an Marktanteilen bei Nikon und Canon zurückgeht, ist unklar.
Fuji kündigte im Herbst neue preiswertere Nachfolgemodelle sowohl im APS-C- als auch im Mittelformat-Bereich an. Dies war erforderlich geworden, da durch das Überangebot bei billigen spiegellosen Vollformatkameras ein Preisdruck von oben auf das bisher dominierende und sehr teure eigene APS-C-Segment entstand. Als Gegenmaßnahme eröffnete Fuji durch preiswerte Kameramodelle im Mittelformat seinerseits ein neue Preisfront von oben gegen alle Hersteller im Vollformatbereich. Dies wird die Gewinne jener Firmen im Vollformat-Bereich erheblich senken. Fuji kann sich das Preisdumping sicher eine Zeit lang leisten. Aber irgendwann müssen sich die beiden Foto-Sensor-Bereiche auch selbst tragen.
Am 15. August 2018 gab Sony USA bekannt, dass man im ersten Halbjahr in den USA sowohl bezüglich der Stückzahl als auch betreffend Umsatz die meisten Vollformat-Kameras verkauft hatte. Das ist Platz 1 - zumindest in den USA. Sie behaupten, 40% des Marktanteils in den USA zu besitzen. - Auch dies erklärt mit, warum Nikon, Canon und Panasonic kurz darauf handelten und neue Modelle anboten resp. ankündigten.
Nikon verkündete sehr erfreuliche Wirtschaftszahlen - vor allem für den extrem angestiegenen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr. Wer jedoch genau hinsieht, erkennt, dass der Umsatz gesunken ist und die Einnahmen gesunken sind. Daraus folgt, dass man den höheren Gewinn dank Einsparungen erzielte - zu Lasten der Kunden. Wie bereits vor Jahren von mir vorausgesagt, erzielt Nikon nur noch mit den absoluten Spitzenprodukten im Hochpreissegment satte Gewinnmargen. Andere sollten schnell daraus lernen, und auch Nikon könnte daraus noch deutlichere Konsequenzen ziehen.
Verlierer:
Ende April 2018 gab Casio seinen Rückzug aus dem digitalen Fotobereich bekannt. Wie ich bereits 2015 vorausgesagt hatte, werden nach 6-8 Jahren Rückgang und Verlusten, also ab 2018 harte Einschnitte erfolgen. Dies war nur der offizielle Schlussstrich unter den seit 2016 eingeleiteten etappenweisen Rückzug jenes seit Mitte der 1990er Jahre weltbekannten Pioniers der digitalen Fotografie. Zahlreiche weitere Opfer werden folgen.
Auch Canon ist zu nennen. Dies liegt daran, dass Canon als einzige Firma ihre (Quartals-)Zahlen schnell veröffentlicht und relativ offen kommuniziert, während alle anderen Firmen sich extrem Zeit lassen und dann vieles zumindest verschleiern.
Vor allem im 3. Quartal 2018 lief es ganz schlecht: Die Profite im Bereich Imaging sanken dramatisch auf fast die Hälfte, der Umsatz ging um ca. 15 % zurück, der Marktanteil schrumpfte angeblich um 5% (auf nur noch 45% berechnet auf das gesamte Jahr 2018), und die Lagerbestände stiegen gleichzeitig sogar um fast 40% von 49 auf 69 Tage an. Vor allem geht es um die APS-C-Klasse und die Einstiegsprodukte. Wie bei Nikon bereits früher brach da nun auch bei Canon immer mehr weg.
Canon wollte 2018 den Abwärtstrend umkehren, indem es eine extrem preiswerte APS-C-Kamera (EOS 4000D) anbot. Allerdings halte ich das für den falschen Ansatz. Für weniger als 400 Euro erhält der Kunde nur abgespeckte Module und veraltete Technik als DSLR. Dadurch werden Spiegel-Kameras endgültig mit dem Attribut billiger Ramsch versehen. Diese Rechnung wird auch ökonomisch für Canon nicht aufgehen, da der Billigsektor sowieso schon seit mindestens 2017 unter mangelnder Nachfrage leidet. Die meisten Fotografen sind inzwischen bereit, extreme Summen auszugeben, aber nur für absolute Spitzenprodukte.
Bei Panasonic, Olympus, Pentax sah es noch ungünstiger aus.
Wenn auch nicht eins zu eins umsetzbar, so belegen die Ausleihzahlen für Kameras und Objektive in den USA (einem klassischen Leih-Land), dass 2018 die Marktanteile von Canon langsam sanken und derjenige von Sony stieg. D.h. der Verlust der Marktanteile schlägt sich bereits auf dem Sekundärmarkt nieder. Dass die Anteile von Panasonic anstiegen, belegt ferner den von mir seit Jahren postulierten Trend weg von der Fotografie hin zu Video.
Im Übrigen scheinen alle meine Prognosen aus dem Jahr 2015 für 2018 einzutreffen - nur viel schlimmer als von mir Optimisten vorhergesehen: Alle Firmen zogen inzwischen die Reißleine. Nach 6-8 Jahren Verlust trägt kein Investor, keine Bank und kein Aktionär den Niedergang in einer optischen Teil-Sparte ohne Zukunftsperspektive mehr mit. 2018 entwickelt sich eindeutig zum Jahr der Wende. Wirtschaftlichen Erfolg verspricht man sich nur noch beim Vollformat oder Mittelformat. Die Gründe sind einfach: Die Entwicklungskosten sind für Sensoren und Objektive bei Micro-Four-Thirds und APS-C fast so hoch wie bei Vollformat. Und selbst die Produktionskosten liegen heute nicht mehr so weit auseinander, wie viele Fotografen glauben. Aber nur noch bei Vollformat kann man je 2.000plus Euro / US$ für Kameras und Objektive verlangen. - Nochmals, das ist nicht das Ende der diversifizierten Mischkonzerne. Aber für die klassische Fotosparte mit Standbildern wird es zunehmend teuer. Bei allen Herstellern im Vollformatbereich habe ich 25-50% Preissteigerungen allein bei den neuen Objektiven errechnet.
Insgesamt vermutete ich bereits seit den Januar-Zahlen, dass es schwer wird, 2018 die psychologisch wichtige 20 Millionen-Marke bei produzierten Kameras zu halten.
Inzwischen erreichte mich ein noch unbestätigtes Gerücht, dass die japanischen Firmen die Dachorganisation CIPA zunehmend bedrängen, zukünftig - wie Apple - keine Produktions- und Verschiffungszahlen mehr zu veröffentlichen. - Diese Zahlen würden angeblich nichts über den wirtschaftlichen Erfolg der Firmen aussagen. Passen würde es durchaus, denn Gesichtsverlust ist in Asien nicht so beliebt. Fakt ist, dass zahlreiche Personen den nicht nur von mir dokumentierten Niedergang der gesamten Fotobranche verschleiern wollen. Aber auf Investmentbanker und Börsenanalysten hat dies keinen positiven Einfluss. Warten wir es ab, wann die CIPA ihre Veröffentlichungen einstellt. Spätestens dann wissen alle, dass die Branche sich selbst keine Hoffnung mehr auf Besserung oder auch nur Halten der eigenen Position macht.
Nicht nur für Canon liefen 2018 die Geschäfte im Fotobereich schlecht. Auch Nikon hat zumindest in Europa große Probleme. Deshalb wurden vom 01.11.2018 bis zum 15.01.2019 - der Weihnachtszeit - wieder Cash-Back-Aktionen gestartet. Dabei erhielt der Käufer bei Nikon bis zu 300 Euro zurück für alle DSLR-Kameras inklusive der D850. Ist es verfrüht, davon zu sprechen, dass Nikon seine DSLR verramscht? Die Lager sind voll, die Nachfrage nach DSLR ist gering, und Nikon will schnell und komplett zu spiegellos wechseln. Wir werden in kommenden Jahren noch viele solche Aktionen bei den DSLR-Kameras und deren Objektiven sehen - auch bei Canon. Wenige Tage darauf folgte Canon mit einer zeitlich unbefristeten Cash-Back-Rabatt-Aktion mit bis zu 1.000 Euro, sodass auch Sony und Fuji diese Rabatt-Angebote über Weihnachten machen mussten.
Grafiken 2018
Spiegellose Kameras - absolute Zahlen - Verlauf der Produktion 2018 (violett):
Der Anstieg im März auf 103% des Vorjahres sowie im April auf fast 125% sowie wieder im Juni auf 120% ist beeindruckend, darf aber nicht über das insgesamt nur gute Jahr 2018 hinwegtäuschen: Man erzielte insgesamt nur 3,4% mehr als 2017. - Vor allem die deutliche Delle im Sommer und Frühherbst erstaunt.
Zwar waren die monatlichen Schwankungen enorm. Aber man zwang 2018 endgültig die Wende zu spiegellosen Systemen herbei.
Kameras mit Spiegel - absolute Zahlen - Verlauf der Produktion 2018 (violett):
Absolut gesehen war der Anstieg zum katastrophalen Start im Januar beachtlich. Aber die Werte für das Jahr 2018 lagen 12,2% unter 2017.
Der Einbruch um über 16% im Juli (im Vergleich zum Vorjahr) lag nicht nur an der Sommerpause, sondern auch an der beginnenden Umrüstung mancher Produktionsstätten auf spiegellose Modelle. Dies zeigt auch der Einbruch um über 21% im September. D.h. diese Kapazitäten waren für immer verloren.
Und die Herbstmonate setzten den negativen Trend fort.
Prozentualer Verlauf 2018 je Modellklasse - Verlauf der Produktion 2018:
Vor allem bei der prozentualen Betrachtung wird der Unterschied der drei Klassen: Spiegellose Kameras, Kameras mit Spiegel und Kompakt-/Bridge-Kameras deutlich.
Im Jahr 2018 sah es nur für spiegellose Systeme gut aus. Systemkameras mit Spiegel stagnierten merklich unter den Werten des Vorjahres 2017. Bei Kompakt-/Bridge-Kameras kann man mit dem (erstaunlichen) Monats-Höchstwert von 82,2% im August und insgesamt nur rund 64,2% der Gesamtproduktion 2018 im Vergleich zum Vorjahr nur noch staunen.
Der Knick bei Kameras mit Spiegel im März sowie die weitgehend negative Entwicklung danach deuten meines Erachtens bereits den unumkehrbaren Langzeittrend sowie die Fakten bei DSLRs an.
Die abgesunkene September-Produktion erstaunt jedoch. Alle Segmente fielen prozentual (im Vergleich zum Vorjahresmonat) zurück. Das ist besonders gravierend, da im September und Oktober die Weihnachtsproduktion läuft. Offensichtlich erwartete man vom Weihnachtsgeschäft 2018 nicht viel. Die Lagerbestände mit alter Ware waren zu groß dafür. Der leichte Anstieg der spiegellosen und der Kompakt- sowie Bridge-Kameraklassen im Oktober deutet die Weihnachtsproduktion an, fiel aber verspätet und relativ gering aus. Zum Jahresende kam es zu durchaus üblichen Rückgängen.
Verschiffung nach Europa 2018 in Prozent:
Bei der Verschiffung nach Europa verschlägt es jedem Betrachter die Sprache: Die Werte pendeln zwischen nur noch 64 und 90,3% des Vorjahres. 2018 kam Europa insgesamt auf nur magere 74,7% im Vergleich zu 2017. Japan scheint den europäischen Fotomarkt zunehmend abzuschreiben. Bitte überbewerten Sie den steilen Anstieg im August nicht. Es sind Prozentwerte. De facto handelt es sich nur um 112.000 Kameras mehr als im Vormonat und dabei wiederum überwiegend um Pocket-Kameras, die in Europa noch immer überproportional gekauft werden.
Endergebnis 2018
Insgesamt war 2018 ein ernüchterndes Jahr, das alle - selbst meine Hoffnungen - nach unten unterbot. Jedoch lagen die Jahresgesamtergebnisse sehr nah an den von mir aus den einzelnen Monatswerten errechneten Prognosen.
Bei Kompaktkameras kam es zu einer drastisch geringeren Jahresgesamtproduktion von nur noch 8.591.484. Seit Januar lag ich mit meinen Berechnungen nur um wenige hundert Tausend daneben.
Bei DSLR - also Systemkameras mit Spiegel - betrug die geringere Jahresgesamtproduktion nur noch 6.656.087. Seit Januar lag ich mit meinen Berechnungen nur um wenige hundert Tausend daneben, was angesichts der Dramatik der Entwicklung als gut zu bezeichnen ist. Die Veränderungen bei Nikon-Z und Canon R zeigten eine massive Trendwende der beiden Marktführer hin zu spiegellosen Systemen.
Bei DSL - also Systemkameras ohne Spiegel - betrug die Jahresgesamtproduktion 4.257.239. Hier lag ich trotz der Dramatik der Entwicklung mit meinen Berechnungen nur um 50.000 Stück daneben.
Bei der Jahresgesamtproduktion sah ich seit Anfang 2018 die Marke von 20 Mio. in Gefahr, da ich zwischen 19,4 und 19,8 Mio. errechnete. Das wahre Endergebnis der Gesamtproduktion lag 2018 bei 19.504.810. Diese psychologisch wichtige Marke von 20 Mio. wurde erstmals seit den 1980er Jahren nach unten durchbrochen. Ab nun gibt es kein Halten mehr, da weltweit jeder diese Fakten sieht. Siehe hierzu auch die dramatischen Aussagen des Canon CEO Anfang 2019 (unten).
Das entspricht einem Rückgang von 2010 (121 Mio.) bis 2018 - in folglich 8 Jahren - auf 1/6. - Bei den Systemkameras ging es von 2012 (20,2 Mio.) bis 2018 - in folglich 6 Jahren - auf 10,9 Mio. zurück. Das sind minus 46%. Das hat Konsequenzen für alle Folgeprodukte wie Objektive und Zubehör. Letztendlich kann man im Systembereich pauschal von einer Halbierung der Nachfrage ausgehen. Daraus folgt, dass die Produkte sich drastisch verteuern müssen, damit man damit bei immer höheren Entwicklungskosten noch Gewinn erzielt.
Nominal entspricht das Jahr 2018 zwar in etwa der Produktion zwischen etwa 1984 und 1985.
Aber das ist falsch. Denn die CIPA-Zahlen beinhalteten immer nur die japanische Produktion. Heute macht die Kameraproduktion Japans zwar weit über 99% der Weltgesamtproduktion aus. D.h. man kann heute die Produktionszahlen von Leica etc. vernachlässigen.
Jedoch darf man dies für die analoge Zeit nicht: Damals gab es z.B. noch die gesamte Produktion des kommunistischen Ostblocks, worunter nicht nur China und Russland, sondern auch Osteuropa fiel. Ferner fanden sich damals auch noch zahlreiche Produzenten in Westeuropa, Amerika und der Dritten Welt, welche durchaus nennenswerte Stückzahlen herstellten. - Es geht hierbei nicht um die (heute oft belächelte) Qualität der damaligen Produkte. Denn in 30 Jahren lächelt auch jeder nur noch über unsere heutige Kameraqualität. - Das war damals in jeder Weltregion der kaufbare Stand der Technik, mit dem man übrigens auch sehr gut fotografieren konnte.
Bedenkt man ferner, dass viele Fotokameras heute für Video verwendet werden - ein Bereich, der früher in diesen Zahlen nicht eingerechnet war -, dann erkennt man die Dramatik.
Daraus folgt jedoch, dass die weltweite Nachfrage nach Fotokameras 2018 faktisch bereits auf dem Stand der späten 1970er Jahre lag.
Damit ist nun auch bewiesen, dass dies alles nichts mit der Digitalisierung zu tun hat, oder sich gar auf die Frage Spiegel oder nicht reduzieren lässt. Es belegt hingegen den kompletten soziologischen Wandel der Gesellschaft und den Niedergang der klassischen Fotografie. Wie die Kurve der Lebenszyklusmodelle anzeigt, hat sich das Produkt klassische / dedizierte Fotokamera überlebt. Klassische Fotokameras befinden sich - wie einst die Hi-Fi-Branche - auf dem unaufhaltsamen Weg in den teuren Nischenbereich für wenige Liebhaber.
Analysen 2019
Allgemeine Wirtschaft
Die allgemeine weltweite Wirtschaftslage war 2019 nicht so schlecht, wie von vielen Ökonomen befürchtet: Es trat zumindest keine Weltwirtschaftskrise ein. Aber spätestens im Herbst waren in vielen Ländern doch deutliche Spuren eines Wirtschaftsabschwunges erkennbar. Das weltweite Wachstum soll laut Weltbank bei geringen 2,9% gelegen haben (so schlecht wie in der Krise 2008). Insgesamt kam es durchschnittlich zu einer ökonomischen Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau. Die Arbeitslosenzahlen gingen in den wichtigsten Ländern sogar zurück - am stärksten in den USA, welche die höchste Beschäftigungsquote und die niedrigste Arbeitslosenquote sein den 1960er Jahren auswiesen.
Weltweite Handelskriege und einige politische sowie militärische Konflikte und in Europa der sich hinziehende Brexit beeinträchtigten die Wirtschaft zunehmend - langsam aber im Einzelfall durchaus spürbar.
Hinzu kam in Europa und dort wiederum vor allem in Deutschland ein zunehmend dogmatisch geführter Schwenk zum Klimaaktivismus, der demokratiefeindliche und vor allem wirtschaftszerstörerische Tendenzen annahm und sich zunehmend auch gegen die Plastik verwendenden Industrien wendete.
Hinzu kam nach der DS-GVO 2018 ein weiterer Schwenk der EU gegen jeglichen Einsatz der Künstlichen Intelligenz. Man will allen Ernstes jede Gesichtserkennung im öffentlichen Raum verbieten. - Das betrifft insbesondere die Gesichtserkennung in Kameras.
Im Westen weitgehend unbemerkt lieferte sich Japan seit Anfang 2019 mit Süd-Korea einen Wirtschaftskrieg, der im Sommer 2019 die Smartphone- und Sensor- sowie (Speicher-) Chip-Industrie betraf. Da ein Gericht in Südkorea den Opfern der japanischen Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg erlaubte, die betroffenen japanischen Firmen direkt zu verklagen, führte Japan extreme Ausfuhrbeschränkungen auf zahlreiche Rohstoffe ein, die man für die High-Tech-Industrie in Südkorea benötigt. Beide Seiten eskalierten den Konflikt im Laufe des Jahres weiter. Stellen Sie sich auf steigende Preise ein.
Erste Offenbarungen
Canon, die einzige Herstellerfirma im Fotobereich, die halbwegs offen kommuniziert, räumte im Januar 2019 gravierende Probleme im Sektor klassische Fotografie ein.
In einen Interview mit Nikkei sprach der Canon CEO Fujio Mitaraivon einem weiteren 50% Rückgang der Verkäufe bei Systemkameras in den kommenden 2 Jahren - also 2019 und 2020 - auf einen weltweiten Marktbedarf von dann nur noch 5-6 Mio. Stück. D.h. er sah nun eine deutliche Beschleunigung des Niedergangs.
Das ist sogar schlimmer als selbst ich in all den Jahren prognostiziert habe. Das entspräche einem Absturz in 10 Jahren auf ein Zehntel der Produktion von 2010.
Dies sei eine Lehre für alle diejenigen Fotografen und Analytiker, welche mich und meine Prognosen seit 2015 weltweit lächerlich gemacht haben und bis heute diskreditieren: Wirtschaft hat etwas mit Zahlen und Fakten zu tun - nicht mit Wunschdenken.
Seit 2010 gingen die Verkäufe bei Canon im Bereich Systemkameras jedes Jahr um durchschnittlich 10% zurück. Die über 30% Rückgang bei Kompakt- und Bridge-Kameras sind darin nicht inbegriffen.
Wie ich bereits für 2018 errechnet habe, sieht auch Canon den Weltmarkt für Systemkameras derzeit bei nur noch ca. 10 Mio. Stück.
Wie ich bereits seit Jahren analysierte, kannibalisieren die spiegellosen Kameras nur die eigenen Kameras mit Spiegel. Alle wilden Behauptungen, dass spiegellose Kameras neue Kunden oder neue Käufe generieren, wies der Canon-CEO als unwahr von sich. Man schneidet sich derzeit in das eigene Fleisch und dies zu horrenden Kosten, weil man derzeit zwei Produktreihen in Forschung, Entwicklung, Produktion und Service betreuen muss.
Da Canon als Firma überleben will, wird es seine Kundenpolitik und Zielgruppenausrichtung ändern: Es wurde unmissverständlich angekündigt, dass Canon sich im optischen Bereich weg von den privaten Endkunden - also den klassischen Fotografen - und hin zu kommerziellen Firmenkunden wenden will: Industrie, Überwachung, Medizin.
Ferner bestätigte der CEO, dass Canon sich von den armen Fotografen weg hin zu den reichen, hochambitionierten Amateuren und den Profifotografen orientiert, die bereit sind, die erforderlichen hohen Preise bei den zukünftig geringen Stückzahlen zu bezahlen. Dies bestätigt alle meine verheerenden Thesen zum Sensor-Sterben, zur DSLR-Zukunft und zu Objektiven.
Zur Klarstellung: Den anderen Herstellern geht es nicht besser. Sie verschweigen ihre dramatischen Probleme den Kunden nur.
Ab 2018 wurde es eng für alle Hersteller. Niemand kann über 8 Jahre sinkende Verkäufe bei Kameras ignorieren. Canon eröffnete die Runde mit ersten harten Wahrheiten. Im Frühjahr folgte Nikon mit etwas versteckt im Jahresbericht und ziemlich verklausuliert geschriebenen Eingeständnissen, dass man es ähnlich sieht und dieselben Maßnahmen ergreift. Der Jahresabschlussbericht 2019 der Firma Nikon hält fest: ... there is a possibility of the market undergoing drastic changes... Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Märkte drastisch verändern. Und typisch für Nikon hat man ganz versteckt auf S. 6 und 17f. in dem Medium-Term Management Plan die Aussagen von Canon bestätigt. Auch Nikon geht seitdem von einer weiteren Halbierung des Marktes aus, setzt den Zeittraum jedoch optimistisch auf mittel- bis langfristig an, was auch immer dies genau heißt.
In einem offiziellen Interview in Yokohama auf der CP+ fanden sich alle meine auch in anderen Artikeln bereits seit langem formulierten Befürchtungen bestätig: Canon konzentriert sich seit 2018 nur noch auf Berufsfotografen und Enthusiasten (= reiche, ambitionierte Fotografen). Bei Nikon etc. wird es kaum anders aussehen, da das Vollformat teuer ist. Die armen Fotografen wanderten sowieso bereits in Scharen zu Smartphones ab. Ferner gab man zu, dass man keinen bequemen Aufstieg oder Downsizing mehr für Fotografen beabsichtigt: APS-C-Fotografen erhalten das, wofür sie bezahlen; Vollformat-Fotografen erhalten ein eigenes kompromisslos hochwertiges aber inkompatibles System. Beide Systeme werden auf ihre jeweiligen Kernzielgruppen hin optimiert. - Basta.
Ferner bestätigten die Manager auch meine seit vielen Jahren gemachten Aussagen zur Zukunft der Fotografie. Man entwickelt seit Jahren fast ausschließlich Technik für Video. So wird es auch weitergehen.
Im März/April 2019 sprach der CEO von Sigma - Kazuto Yamaki - erstmals in einem Interview mit deutlichen Worten über die Krise: the most active companies will survive in this very chaotic market. But we need to work very hard. - Nur die aktivsten Firmen werden in diesem sehr chaotischen Markt überleben.
Im Ende April von Canon veröffentlichten schlechten Quartalsbericht beunruhigte mich besonders folgende Aussage: ...raising our cost competitiveness and linking this to a recovery in profitability. Entweder handelt es sich um einen Übersetzungsfehler aus dem Japanischen, den ich jedoch in einem offiziellen, börsenrelevanten und deshalb mehrfach geprüften Text für unwahrscheinlich halte, oder Canon räumte erstmals ein, dass man mit den Kameras keinen Gewinn mehr erzielt.
In Japan zitierte im September die Wirtschaftszeitschrift Nikkei den Canon Vorstand mit einer Aussage, dass 2020 die Nachfrage insgesamt auf 5-6 Mio. Kompakt- und Bridge-Kameras abstürzt und sogar die der Systemkameras (aller Sensorgrößen und Bauarten zusammen) auf 5-6 Mio. Stück sinkt. Das entspricht ziemlich exakt meinen Prognosen. Allerdings gehe ich noch weiter und sage für 2021 eine Gesamtzahl aller produzierten klassischen Fotoapparate von unter 10. Mio. voraus. Es scheint keine Talsohle mehr zu existieren, sondern nur noch ein unaufhaltsamer Abwärtstrend in die Nische.
Fazit: 2018/19 bestätigten fast alle Kamerahersteller mehr oder wenige publikumswirksam, aber offiziell, dass sie ihre Zukunft nur noch bei Vollformat sehen. Dieser Bereich wuchs seit Jahren - sowohl bezüglich der Stückzahlen, als auch des Umsatzes, als auch des Gewinnes. Darauf werden die erneut gekürzten Mittel für Forschung und Entwicklung konzentriert.
Niederschmetternde Quartalsberichte
Canon veröffentlichte am 28.10.2019 die von mir erwarteten schlechten Zahlen für das dritte Quartal.
Trotz aller eingeleiteten Sparmaßnahmen lief das Geschäft immer schlechter - und zwar für fast alle Bereiche des Gesamtkonzerns (außer dem eher kleinen Bereich Medizin).
Ganz offen erwähnte man die ökonomische Schwäche in Europa. Im Imaging-Bereich gingen die Umsätze um 13,9% zurück, aber die Gewinne brachen um 56,8% ein im Vergleich zum 3. Quartal 2018.
Bevor wieder Gerüchte aufkommen: Auch dieser Bereich erzielt noch Gewinn (wie der gesamte Konzern). Aber zu Imaging gehören viele Teilbereiche. Meine Insider-Quellen besagten, dass es im Einzel-Bereich Foto ganz mäßig aussah. Der Absatz der spiegellosen Kameras nahm nur auf geringem Niveau zu - vor allem im Bereich der neuen R-Kameras mit Vollformat-Sensor. Bei APS-C sah es auch spiegellos eher düster aus. Aber die Kameras mit Spiegel verkauften sich schlecht (Vollformat) bis ganz schlecht (APS-C).
Die zentralen Lagerbestände beliefen sich noch immer auf extrem hohe 73 Produktionstage (rund 3 Monate), wobei der Wert der dort in Japan gelagerten Kameras sogar nochmals anstieg im Vergleich zum 2. Quartal - und das, obwohl man die Produktion deutlich drosselte.
Die Prognosen für das 4. Quartal wurden - trotz Weihnachtsgeschäftes - (insbesondere für Kameras) erneut heruntergeschraubt, weil sich die Weltwirtschaft abkühlte.
Nochmal: Canon ist die Firma, die am offensten kommuniziert. Bei den anderen sah es nicht viel besser aus. Ansonsten würden sie dies stolz publizieren. Einen Anteil hat nämlich der zunehmend stärkere Yen respektive die laufend weiter abgewerteten Währungen Euro, chinesischer Yuan und US$. Das betrifft alle Firmen in Japan.
Vor allem die Prognosen waren schlecht. Man wird durch nun erforderliche Abschreibungen (vermutlich für zu viele Fabriken / Produktionsstätten, die man nun nicht mehr benötigt) evtl. sogar im Jahr 2020 einen Verlust der Fotosparte bekanntgeben müssen.
19% Marktanteil (laut Nikon) bei Systemkameras waren noch gut. Aber der Gesamtmarkt schrumpfte auch laut Nikon schneller als erwartet. D.h. 19% Marktanteil werden in absoluten Stückzahlen immer weniger.
Market deterioration in DCIL including ML cameras is worse than expected. Laut Nikon betraf die Schrumpfung auch die spiegellosen Kameras (ML = Mirror Less). Sales plan for ML cameras was overestimated. Erstmals räumte Nikon offen ein, dass man die Verkaufszahlen der spiegellosen Kameras überschätzte. D.h. auch die neuen spiegellosen Kameras bei Nikon verkauften sich bisher schlechter als erwartet.
Nikon geht nun ebenfalls von einer Verschärfung des Preiskrieges aus.
Nochmals unerwartet offen räumte Nikon erhebliche Managementprobleme sowie technische Probleme mit der Entwicklung neuer Kameras und Objektive sowie der Produktionsumstellung / -Anpassung ein: Across the business as a whole, slow execution on drawn out decision making. Alle Zitate aus dem offiziellen Bericht: Financial Results for the Second Quarter of the Year ending March 31, 2020, Seite 22.
Ferner räumte Nikon etwas verklausuliert einen drastischen Rückgang bei APS-C-Kameras ein.
Nikon musste ebenfalls die Überproduktion in eigene Lager stecken. Der Lagerbestand stieg bei Nikon seit mindesten 1,5 Jahren kontinuierlich an - trotz Produktionsverringerung.
Zur Stützung des eigenen Aktienkurses beschloss Nikon, von November 2019 bis März 2020 für 30 Milliarden Yen Aktien zurückzukaufen. Das ist heute zwar üblich. Aber ich sehe das kritisch. Damit manipuliert man den Aktienkurs und erhöht die Dividende der restlichen Aktionäre. Aber in Forschung und Entwicklung sowie Service wäre das Geld meines Erachtens sinnvoller für eine Zukunft im Fotobereich investiert.
Bereits im ersten Geschäftshalbjahr derart unter Druck geraten, schreib nach Canon auch Nikon unerwartet deutlich, wie sich die Firma die eigene Zukunft im Bereich Fotografie vorstellt:
Erstaunlich offen hat Nikon das Ende alter Produkte im Zuge seiner offen verkündeten Umstrukturierung bekannt gegeben: ...be more selective in product development and shift resources to long-term growth areas (Financial Results for the Second Quarter of the Year ending March 31, 2020, Seite 24.) - Klartext: Die DSLRs werden nun reduziert und bald eingestellt, weil man die Entwicklerteams für die neuen (spiegellosen) Produkte benötigt. Das habe ich schon vor Jahren prognostiziert. Damit ist die DSLR-Zukunft auch von offizieller Seite weitgehend besiegelt. Dies gilt umso mehr, als Nikon bekannt gab, dass die Verkäufe an DSLRs vor allem in ganz Asien (inklusive China) wegbrachen. Der europäische Markt ist zu klein, um die Entwicklung umzukehren.
Dass man den Wechsel zu Spiegellos - wie ich immer behauptete - sowieso schon lange vorhatte, belegt die Aussage: Shift toward ML cameras and the product mix change in the fullframe category have not been accelerated as expected. - Das Management beklagt sogar, dass man den geplanten Wechsel weg von DSRL und hin zu Spiegellos (ML) bisher im eigenen Haus viel zu langsam umgesetzt habe: Imaging Products Business unachieved plan, Urgent need for further risk controls, particularly in Imaging Products business as challenges remain inside and outside the company sowie: Across the business as a whole, slow execution on drawn out decision making. Klartext: Die Entscheidungen waren schon lange gefallen. Aber Nikons eigene Manager und Mitarbeiter haben alles bisher zu zögerlich umgesetzt. - Ganz offen gesagt habe ich selten solche schallenden Ohrfeigen an eigene Mitarbeiter in einer offiziellen japanischen Börsen-Publikation gelesen. Dem Top-Management scheint nun die Galle übergekocht zu sein.
Wie ich in mehreren Artikeln schon lange errechnet habe, kostet die Entwicklung eines neuen Bajonettes ein Vermögen: Increased costs from Z-mount system lineup expansion also a burden. Selbst für Nikon wurde dies nun zur finanziellen Bürde. Dieses Geld (rund 50 Milliarden Yen jährlich gegenüber 2018) muss man bei DSRLs einsparen: Fundamentally transform Imaging business structure to revitalize amid harsh environment. Sowie: Fundamentally rectify structure and strategy. Es geht dem Management nun nicht mehr um die Detailfrage, ob man 10 oder 8 Kameramodelle mit Spiegeln über wie viele Jahre weiter betreibt. Da wird jetzt tabula rasa gemacht. Die Börsen-Publikation strotzt nur so von Ausdrücken wie Drastically, Thoroughly, Fundamentally, Urgent etc. Weltweite Schließungen von Tochterfirmen und globale Entlassungen werden als Maßnahmen aufgelistet.
Wie ernst die Lage aus Sicht des Top-Managements ist, erkennt man aus der folgenden Aussage: Generate enough profits to justify its existence as business unit. - Im Umkehrschluss: Wenn der Fotobereich langfristig keine Gewinne erwirtschaftet, dann wird intern bereits heute darüber nachgedacht, ihn mit anderen Bereichen zusammenzulegen. - Das habe ich immer gemeint. Die Firma wird weiter bestehen. Nikon wird als optischer Großkonzern nicht insolvent. Aber die Fachbereiche rund um klassische Fotografie aller Hersteller stehen derzeit auf dem Prüfstand. Für den Fotokunden ist dieser wirtschaftlich haarspalterische Unterschied jedoch irrelevant. Wenn es ganz unglücklich läuft, dann werden für Amateurfotografen zukünftig kaum mehr bezahlbare Kameras hergestellt werden.
Nicht offen ausgesprochen, aber aus den Grafiken und Details klar ersichtlich ist, dass sich auch Nikon auf die Berufsfotografen und die reichen Amateure konzentriert. Deren Zahl schätzt Nikon mittelfristig nur noch rund 3 Mio. Kunden - weltweit für alle Hersteller zusammen. - Das ist sogar 1 Mio. weniger als ich bisher in meinen schlimmsten Annahmen prognostiziert habe.
Nur noch in dieser kleinen Zielgruppe sieht man Gewinnpotenzial. Focus on the professional and hobbyist segment, which has performed steadily through the harsh environment. Strengthen marketing focused on loyal customers, and creating the next generation of core users. Transform to a business that can generate a solid profit despite shrinking market. Ebda. S. 23. (Man beachte den einschränkenden relativischen Satzanschluss bei hobbyist segment, which... - Das schränkt die gemeinten Hobbyfotografen auf die reichen ein.
Im Klartext: Auch Nikon konzentriert sich zukünftig auf die Berufsfotografen und loyalen Kunden bei den hochambitionierten Amateuren, die auch bei Nikon Gewinn vor allem im Vollformat-Bereich abwerfen. Da vermutlich nicht alle Amateur-Fotografen wissen, wer mit loyalen Kunden gemeint ist, hier die Aussage eines Nikon-Mitarbeiters mir gegenüber: Das sind die wohlhabenden Kunden, die regelmäßig mit Kreditkarte bei uns einkaufen und sich nicht beschweren. Wie Sie unschwer erkennen können, gehöre auch ich als alter Nikon-Kunde zukünftig nicht mehr zu dieser neuen Kernzielgruppe. Das liegt sicherlich nicht nur daran, dass ich aus Sicherheitsgründen kaum mit Kreditkarte bezahle, sondern auch an meiner Kritik an Schwachstellen. Nörgelnde Amateure sind zukünftig unerwünscht. Die meisten anderen alten Nikon-Kunden gehören jedoch zukünftig auch nicht mehr dazu. Denn die Zielrichtung liegt nun bei Nikon auch auf den hochpreisigen Produkten (des überwiegenden Vollformats) mit großen Gewinnmargen - siehe Wunsch und Wirklichkeit.
Dazu passt auch die fett hervorgehobene Aussage: Imaging Products Business will continue to respond the expectations of stakeholder and contribute to enhancement of enterprise value. Der Fotobereich wird die Erwartungen der Aktionäre / Anteilseigner der Firma erfüllen. - Da steht nichts von den Interessen der Amateurfotografen.
Fazit: Ich halte es für gut, dass die Firmen 2019 endlich begannen, offen über ihre gravierenden Wirtschaftsprobleme zu reden. Die Fotografen wissen es durch meine Analysen sowieso schon seit Jahren. Aber Nikon tat dies nur gezwungener Maßen, weil es die Aktien-/Börsen-Regeln es vorschreiben. Das ist kein Entgegenkommen gegenüber den Kunden.
Auch hier gilt: Diese Analyse darf nicht zu den üblichen Nikon-Prügeln führen. Nikon schreibt derzeit noch Gewinn. Und den anderen Herstellern geht es cum grano salis auch schlecht. - Wir werden in den kommenden Jahren noch ganz andere Hiobsbotschaften hören und lesen. - Zumindest dieser Punkt meiner Forderungen wird sich wohl erfüllen.
Sony berichtete von nur geringen Verlusten im 3. Quartal (= Q2 des Geschäftsjahres) im Fotobereich. Aber das ist alles ziemlich vage und geht inzwischen in einem großen Firmengesamtbereich unter, sodass man kaum mehr etwas Detailliertes sagen kann.
Olympus berichtete von zwar abnehmenden Verlusten im 3. Quartal (= Q2 des Geschäftsjahres) im Fotobereich.
Aber es waren bereits seit Jahren Verluste in der Sparte zu beklagen.
-17% Umsatzrückgang waren auch nicht erfreulich. Die Zahlen sind jedoch etwas unklar, weil das Imaging Business neben Digital cameras auch noch voice recorders als Haupt-Produkte beinhaltet. Dennoch blieben über 5 Mrd. Yen Verlust bei 21 Mrd. Umsatz (=27%).
Viele Analysten fragen sich, wie lange sich der überwiegend profitable und inzwischen auf Medizin ausgerichtete Gesamtkonzern das leisten will. Es geht nicht um die Frage, ob sich der Konzern das leisten kann.
Mich beunruhigt eher ein technisches Detail: In addition to waiting to introduce new products... (Consolidated Financial Results for the Six Months of the Fiscal Year Ending March 31, 2020, Seite 4.) Olympus hat die Entwicklungszyklen seiner Kameras verlängert und wartet(e) mit der Einführung neuer Modelle. Da deren MFT-Sensoren die kleinsten in Systemkameras sind, werden sie auch am stärksten von Smartphones bedrängt. Smartphones behalten jedoch ihren aggressiven jährlichen Entwicklungszyklus bei. Canon sowie Nikon beschleunigten 2019 ihre Entwicklung bei Vollformat, Nikon sogar bei neuen spiegellosen APS-C-Modellen. Eine gegenläufige Tendenz bei Olympus hielte ich zumindest für kein gutes Langzeitsignal.
Da weltweit die Gerüchte über die Schließung der Firmensparte Imaging wieder überkochten, sah sich Olympus sogar genötigt, Fragen einer chinesischen Zeitung zu beantworten, wie immer vage und mehrdeutig. Die dort gemachten Aussagen sind höflich ausgedrückt sehr optimistisch: 5-6 % Wachstum je Jahr und 20% Gewinnmarge halte ich im reinen Fotobereich in den kommenden Jahren für kaum erzielbar. Da wurde absichtlich der Medizinbereich hineingerechnet (siehe die Original-Unterlagen von Olympus zum Halbjahresbericht). Und wer den maschinen-übersetzen Text genau liest, dem fällt die extrem häufige Verwendung des Wortes Medizin auf. Das ist das neue Firmenziel. - Fazit: Fragen Sie nie einen Hersteller, ob er seine Foto-/Kameraproduktion reduziert oder einstellt. Sie erhalten nichts Konkretes als Antwort.
Das ursprünglich von einem weitgehend Unbekannten gestreute Gerücht halte ich für reine Spekulation. Aber die Antwort der Firma Olympus darauf ist für mich viel aussagekräftiger, weil man kein klares Bekenntnis zu einer selbständigen Fotosparte mehr machte. - Es wird zukünftig wichtig, das herauszufinden, was die Firmen nicht mehr sagen und schreiben.
Auch Fuji meldete im Sommerquartal 2019 um 9,7% zurückgehende Umsätze im Fotobereich und -40,4% bei den Gewinnen gegenüber dem Vorjahresquartal. Dazu gehört allerdings auch der analoge Filmbereich. Bei digitalen Kameras sah es aber gleich aus, wie bei den Mitbewerbern: the sales of entry-level mirrorless digital cameras decreased under severe market conditions. Vor allem die preiswerten Einsteigerkameras (= APS-C) wurden weniger nachgefragt. Im ersten Halbjahr (= April - September) sah es kaum besser aus: -12,4% weniger Umsatz im Bereich Imaging und -53% Gewinn. Die soliden Gewinne stammen jedoch aus dem Bereich analoger Fotografie und dem neuen digitalen Mittelformat. Deshalb senkte auch Fuji seine Gesamtjahresprognose für den Imaging-Bereich drastisch ab.
Auch Panasonic berichtete im November von trägen Verkäufen im Bereich digital cameras im ersten Geschäftshalbjahr. Besonders Europa und China waren davon angeblich betroffen. Aber auch Panasonic schlüsselt die Gesamtergebnisse (Fernsehen und Imaging) nicht auf. Letztendlich senkte auch Panasonic seine Prognosen für das gesamte Geschäftsjahr ab.
Rahmenbedingungen
Wie in vielen Artikeln bewiesen: Das Problem der abstürzenden Fotowirtschaft ist nicht der Spiegel, sondern das soziologisch bedingte geänderte Kaufverhalten der ehemaligen Fotografen und die Alterspyramide. Wie fasste es einer meiner Ärzte (ein ausreichend vermögender und begeisterter Fotograf) 2019 so treffend zusammen: Natürlich besitzen wir eine komplette große Fotoausrüstung. Aber in dieser schnelllebigen Zeit sind Fotos nicht mehr so wichtig. Wir werden definitiv keine neue Kamera mehr anschaffen. Wir benutzen wie alle nur noch das Smartphone. - Und er weiß sehr wohl um dessen geringere Bildqualität. - Anhand dieser Aussage wurde mir auch ein Irrtum der Soziologen bewusst, welche die Bedeutung des Bildes im Steigen begriffen sehen. Durch die Inflation der Bilder nimmt jedoch der Wert des einzelnen Fotos ab. Und dadurch in der Folge auch der Wert einer besonderen = dedizierten klassischen Kamera.
Hinzu kam der Umstand, dass die Smartphones jährlich spürbar hochwertiger werden im Fotobereich und inzwischen im Bereich Nachtfotografie aus der Hand, handgehaltene Astrofotografie, Porträt-Aufnahmen im Gegenlicht sowie handgehaltenes 4K-Video mit 60 Bildern in der Sekunde jede klassische Fotokamera in den Schatten stellen. Die Bildqualität ist hochwertig, die Bedienung extrem einfach und das Ganze ist auch noch preiswerter. - Von den leichteren Kommunikationswegen und Verbreitungskanälen der Fotos und Videos ganz abgesehen. In den USA wurden 2019 bereits erste Smartphones mit 8K-Video angeboten.
Die Zukunft liegt seit mindestens 10 Jahren bei Video. Aber inzwischen versenden sogar Rentnerinnen selbstgedrehte 4K-Videos von Ihrer Kreuzfahrt auf dem Smartphone an ihre gleichalten Freundinnen. Klassische Fotografen gerieten 2019 immer mehr in den Hintergrund.
Die Kamerahersteller
Um nicht bei jedem Punkt darauf hinzuweisen, dass ich das alles prognostiziert habe, hier pauschal der Hinweise: Es kam in vielen Bereichen 2019 sogar noch schlimmer, als von mir vorausgesagt.
Die Kamerahersteller verhielten sich wie erwartet: Sie hielten an ihrem Kurs des Umstieges auf neue inkompatible spiegellose Systeme fest und führten unumkehrbare Weichenstellungen durch.
Alle fuhren einen harten Sparkurs, der sogar die Zukunfts-Bereiche Forschung und Entwicklung betraf.
Canon teilte im Oktober mit, dass es seinen Cloud-Dienst Irista Anfang 2020 schließt. Zwar hatten nicht viele Kunden diesen Online-Speicher für Fotos benutzt. Aber das lag wohl eher an den miserablen Kommunikationsmöglichkeiten aller klassischen Kameras mit dem Internet und der Cloud. Das scheint mir jedoch der falsche Weg. Nun wird einfach nur noch gespart. Auch wenn Cloud-Dienstleistungen definitiv ein wichtiger Teil der digitalen Foto- und Video-Zukunft sind. Ferner sollte dies auch eine Warnung an alle Fotografen sein: Cloud-Dienstleistungen sind keine verlässlichen Backups. Kümmern Sie sich besser selbst um eine über viele Jahre hinweg verlässliche Datensicherung.
Da es im Herbst 2018 so hervorragend funktioniert hat, setzen alle Marketing-Abteilungen 2019 die Ankündigungswelle weiter fort. Wir erlebten eine Flut von Ankündigungen, die - weiter aufgeputscht von den Fachzeitschriften und Influencern - uns suggerieren sollte, dass es der Fotowirtschaft blendend geht: Ständig wurden neue Objektive und neue Kameras angekündigt. Monate danach erschienen sie auch, wobei fast immer die angekündigten Termine (teilweise mehrfach) verschoben wurden. - Aber de facto waren das keine neuen Dinge, sondern nur (spiegellose) Ersatzprodukte für bereits vorhandene Fotoapparate (mit Spiegel) und deren Objektive. Selbstredend waren die Objektive minimal hochwertiger. Das war schon immer so üblich und ist bei 25-50% Preiserhöhung auch erforderlich. Auch die Kameras waren etwas hochwertiger als die ersten Würfe von Canon R und Nikon Z. Aber auch da ist der Weg noch lange bis zu wirklich ausgereiften Produkten. Man darf durchaus von 2-3 Würfen wie bei Sony ausgehen, vor allem, wenn man den noch immer schwachen kontinuierlichen Autofokus optimieren will.
Die meisten der angekündigten Produkte (manche Ankündigungen von Nikon stammten noch aus dem Sommer 2018) wurden jedoch erst gegen Ende des Jahres überhaupt in nennenswerten Stückzahlen lieferbar. De facto konnten weder Canon noch Nikon im spiegellosen Bereich ein vollständiges und funktionierendes Öko-Gesamt-System anbieten. Ähnlich ernüchternd sah es 2019 bei Panasonic und Sigma aus. Bei spiegellosen Systemen dominieren auch Ende 2019 bei APS-C Fuji und bei Vollformat Sony. Leica sehe ich außen vor, da die Anzahl der Objektive für die SL weder groß noch deren Preise für Normalverdiener attraktiv sind.
Wichtige und dringend erforderliche Reformen wurden nicht durchgeführt. Es wurde kein sinnvolles Konzept für die Kunden oder mit den Kunden erarbeitet. Aufgrund der auch offen kommunizierten Hinwendung zum Profibereich, gerieten die Amateurfotografen zunehmend unter die Räder (Wunsch und Wirklichkeit). Mangels klarer Kundenkommunikation resp. mangels klarer Strategie der Hersteller übten sich viele Amateurfotografen folglich auch in Kaufzurückhaltung.
Trotz oder exakt aufgrund der vagen Aussagen und Versprechen der Hersteller wurde immer mehr Fotografen weltweit klar, dass es keine wirkliche DSLR-Zukunft mehr geben wird. Darüber dürfen auch neue und sehr gute Kameras mit Spiegel (u.a. Canon 90D), die herauskamen und noch kommen werden (Nikon D6, D780, Canon 1DX Mark III) nicht hinwegtäuschen.
Wenn man keine eigenen ökonomischen Sorgen hat, dann schafft man sich die Probleme selbst: So brachte es Leica im April 2019 fertig, sich mit einer unvorstellbar törichten Werbekampagne selbst den chinesischen Markt (den mit über 1,4 Mrd. Konsumenten größten Endkundenmarkt der Welt) mit einem inhaltlich komplett gefälschten Werbevideo (Leica - The Hunt) zu zerstören. Danach entzog die USA mittels Dekret Huawei auch noch die Android Lizenz. Damit fiel Huawei als Lieferant von Smartphones weitgehend aus. Daraus folgten unabsehbare Einnahmeverluste für Leica, welche die Kameraobjektive liefert und auch sonst eng mit Huawei zusammenarbeitet. 2019 war ökonomisch kein gutes Jahr für Leica.
Ein freundlicher Fotograf wies mich auf einen Verkauf hin: Panasonic stieg laut Reuters in Raten aus seinem Sensor-Bereich aus. Zumindest will man das verlustbringende Geschäft mit Sensoren nicht mehr selbst betreiben. Panasonic wird zukünftig seine Sensoren folglich extern beziehen (vermutlich bei Sony.) Dies ist nur konsequent, da man selbst immer weniger Sensoren benötigt (siehe Sensor-Dilemma). - Aufhorchen lässt jedoch die Aussage, dass dies nur ein Teil der ca. 1 Mrd. Euro Einsparmaßnahmen ist, um den Konzern wieder auf gewinnträchtige Zukunftsfelder zu positionieren.
Wie vorausgesagt wird der Service drastisch verringert und verschlechtert. Nikon kündigte an, ab März 2020 keine privaten / autorisierten Reparatur-Stellen mehr mit Ersatzteilen zu beliefern. Das reduziert z.B. in den USA die Firmen von 17 auf 2. Ein ähnlicher Kahlschlag steht weltweit bevor. Da werden viele Menschen ihren Arbeitsplatz im Service verlieren und viele Fotografen ihre Kamera nur noch nach langem und viel teurerem Versand oder überhaupt nicht mehr (z.B. Grauimport) repariert erhalten.
Festgehalten werden muss bei allen Hiobsbotschaften, dass alle Firmen als Großkonzerne 2019 noch insgesamt Gewinn erwirtschafteten. Das war angesichts der schweren Krise sehr positiv.
Kleine Sensoren unter Druck
Die kleineren Sensoren gerieten 2019 unter extremen ökonomischen Druck. Der Preisverfall bei der Sensorherstellung großer Sensoren verringerte deren Stückkosten und machte somit Vollformat nur noch ca. 50-200 Euro teurer als APS-C und Micro-Four-Thirds. Gleichzeitig stiegen bei diesen sogenannten Crop-Sensoren die Kosten für Forschung und Entwicklung sowie den elektronischen Sucher an. Im Endergebnis näherten sich die Gesamtkosten aller Kameras deutlich an, ließen sich jedoch 2019 bei den kleineren Sensoren nicht mehr am Markt erzielen.
Das Sensor-Sterben wurde nicht von Analysten herbeigeredet, sondern war ein vom Management vieler Firmen (vor allem Canon) schon lange beschlossenes Faktum, das sich 2019 drastisch zeigte. Die Gründe waren vielschichtig. Aber sie lassen sich zurückführen auf den Mangel an Geld sowie den Mangel an Fachpersonal für die Fortentwicklung mehrere Sensorklassen nebeneinander her. Canon gab deshalb sogar seine spiegellose M-Klasse weitgehend auf und vergab erstmals eine Lizenz für das Bajonett an Sigma zur Herstellung neuer resp. Anpassung vieler existierender Objektive darauf. Canon muss sich auf die eigenen Objektive der neuen Vollformat-Klasse R konzentrieren.
Ganz hart betraf dies Micro-Four-Thirds, deren Verkäufe 2019 einen nochmals verstärkten Rückgang erlitten. Panasonic hat sich bereits zu Vollformat abgesetzt und Olympus strebte mit seiner neuen E-M1X-Kamera für 3.000 Euro eindeutig in das Hochpreis-/Profisegment.
Wie befürchtet wurde der sowieso von den drei Platzhirschen (Canon, Nikon, Sony) vernachlässigte APS-C-Bereich weiter vernachlässigt - mit herben Folgen.
Canon schrieb im 2. Quartals-/Halbjahresbericht: As for Imaging System, ..., sales and profit for the entire business unit declined, due to the impact of DSLR market contraction, particularly for entry class models. und In Imaging System, we expect sales and profit of interchangeable lens cameras to decline, due to the continued impact of mainly entry class DSLR market contraction. - Wie vorausgesagt brach der APS-C-Markt ein und wird auch weiterhin wegbrechen.
Darüber dürfen auch ein paar herausgebrachte neue Kameras nicht hinwegtäuschen. Es fehlen bei Canons und Nikons APS-C-Klassen seit Jahren die hochwertigen Objektive.
In der Folge konnte Fuji seinen Marktanteil etwas ausbauen. Aber Vorsicht: Prozentualer Anteil bedeutet in einem schrumpfenden Markt nicht höheren Umsatz oder größere Stückzahlen. Der APS-C-Bereich litt 2019 nun in mehrjähriger Folge dramatisch. Alle Hersteller verkauften hier weniger.
Zwar wurde der 2019 offen ausgebrochen Preiskrieg im Vollformat-Bereich gestartet, wirkte sich aber zwangsweise schnell auf den APS-C-Bereich aus, da deren Top-Modelle plötzlich teurer waren als Vollformat-Kameras mit deren bereits physikalisch bedingt eindeutig höherer Bildqualität.
Nikon versuchte im Oktober mit seiner spiegellosen APS-C- Z50 alles anders und aus seiner Sicht besser zu machen. Aber die Reaktionen waren überwiegend verhalten. Vor allem wurde damit jedem Nutzer verdeutlicht, dass auch Nikon seinen APS-C-Bereich mit Spiegel aufgeben wird. - Aus rein ökonomischer Sicht habe auch ich schwere Bedenken: Der Preis der Z50 ist sehr hoch, die fotografischen Vorteile sind gering gegenüber viel preiswerteren bereits bestehenden DSLRs von Nikon im APS-C-Bereich (2-3-Mal so hoher Preis wie die D3500 und D5600, sogar höher als die realen Straßenpreise der D7200 und D7500), und das spiegellose APS-C-System ist derzeit noch unausgereift. Vor allem teilte Nikon sein eher kleines Entwicklerteam auf in zwei Gruppen - für Vollformat und APS-C. Als Nachzügler hätte man eher alle Entwicklungskapazitäten für das erst am Anfang stehende Z-Vollformat einsetzen müssen, vor allem der Weiterentwicklung der dazu passenden Objektive. - Fazit: Die Z50 ist - wie alle moderne Fotokameras - gut. Aber ich befürchte, sie erfüllt nicht die aktuellen Marktanforderungen und passt nicht in langfristige Strategie in einer schweren Fotokrise.
Nur wenige Fotografen können sich und wollen sich den Aufstieg von ihrem bisherigen sogenannten Crop-Sensor zum insgesamt teuren Vollformat leisten. Ich schätze, dass ca. 10% der Fotografen aus dem APS-C-Bereich finanziell in der Lage sind, zu Vollformat aufzusteigen. Weitere 10-30% werden es versuchen, obwohl sie es sich nicht leisten können. Mehr als die billigste spiegellose Kamera und ein neues Objektiv (Standard-Zoom mit f4) ist dann aber nicht finanzierbar. Der Rest von ca. 60% der Alt-Kunden wurde frustriert, da ihm nun der Aufstieg durch das neue Bajonett (Canon, Panasonic, Sigma) respektive die neuen teuren Objektive (Nikon) verbaut ist. Auch, wenn jene Personen meistens überhaupt nicht aufgestiegen wären. Aber man hat ihnen die Hoffnung genommen.
Volle Lager
Canon schrieb im Halbjahresbericht: In Imaging System, the level of camera inventory was high due to a slowdown in sales. - Die Lagerbestände nahmen sogar beim Mutterkonzern auf hohe 73 Produktionstage zu.
Weltweit sieht es kaum besser aus. Auf allen Ebenen sind die Lager gefüllt.
Das Phänomen der Überproduktion auf Halde hielt 2019 bei allen Herstellern an.
Canon (und auch alle anderen Hersteller) müssten dringend ihre Produktion drastisch herunterfahren. Man hat dieses Jahr bereits insgesamt über 3 Monate Produktion auf Halde gesetzt.
Irgendwann muss diese Produktion auf den Markt und wird dann die Preise drücken.
Preiskrieg
Der Anfang 2019 endgültig ausgebrochene Preiskrieg führte in den USA im Vollformatbereich zu Kampfpreisen von unter 1.000 US$ (900 Euro) für alte Kameras. Dann wurden jedoch auch bald neue spiegellose Modelle um hunderte Dollar herabgesetzt, weil sich selbst neueste spiegellose Produkte von Nikon und Canon - nach gutem Start - 2019 plötzlich nicht mehr gut verkauften.
Bei Media Markt wurden im Februar die Sony A7 (Mark I) für 899 Euro und die Sony A7 Mark II für 999 Euro angeboten - und wurden dennoch kaum gekauft. Deshalb bot Media Markt Deutschland Anfang März sogar die A7 Mark I im Bundle mit Tasche, 32 GB Speicherkarte und mit Objektiv 28-70 mm f/5.6 für 799 Euro an. D.h. die Kamera gab es für ca. 600 Euro. Aber auch so wollte kaum jemand den ca. 5 Jahre alten Ladenhüter.
Anfang April 2019 verramschte Media Markt Canon Ixus 185 Pocket-Kameras wie Süßigkeiten - Nimm 2 für den Preis von einer Kamera. Das war schlichtweg Torschlusspanik. Der Markt der Kameras mit kleinen Sensoren war faktisch zerstört. Die Lager ließen sich auf andere Weise nicht mehr räumen.
Mitte April informierte mich ein Fotograf, dass in der französischen Zeitschrift Chasseur d'image (Mai/Juni 2019) Sony eine Cash-Back-Aktion bewarb und zwar sogar für die neue A7 Mark III. Es wurden 150 Euro für die Kamera und bis zu 550 Euro für die Kamera mit einem weiteren Objektiv geboten. - So gut liefen die Geschäfte in Frankreich auch nicht.
Zumindest in den USA bot Leica beim Modell SL mit einigen Objektiven bis zu 1/3 Rabatt. Leica stand somit auch unter Druck. Selbst der absolute Luxusbereich war 2019 nicht mehr sicher.
Beim Überprüfen zahlreicher Artikel fiel mir auf, dass die Objektivpreise der Fremdhersteller 2019 ebenfalls in den Sturzflug übergingen. 30% und mehr Preisabschlag innerhalb von 9-12 Monaten war erheblich. Hinzu kam, dass immer mehr Fremdhersteller zahlreiche eigene Objektive nicht mehr weiter produzierten (z.B. Sigma nahm mindestens 5 Objektive 2019 aus der Produktion). Dies betraf insbesondere die Kameras mit Spiegel und dort wiederum in den Klassen mit kleinerem Sensor. Die Objektive sind teilweise noch heute verfügbar, da die Lagerbestände groß waren.
Seit 28. August bot Canon die neue APS-C-Kamera 90D mit 32 MP. Aber der US-Preis von 1.200 US-Dollar war mit dem üblichen Melkkuh-Zuschlag in Deutschland nicht realisierbar. Deshalb bot man die Kamera im Set mit 2 guten Kit-Zooms (EF-S 18-55 mm IS STM + EF 70-300 mm IS II USM), Rucksack und 16 GB Speicherkarte für 1.700 Euro. Das war de facto ein Preisnachlass (Straßenpreis) von rund 650 Euro (Listenpreis sogar 850-900 Euro) des Sets für Fotografen, die exakt das suchen. Nochmals: Die Kamera ist hochwertig. Aber die erzielbaren Preise waren Ende 2019 sogar für hochwertige APS-C-Kameras gedeckelt.
Ein freundlicher Leser machte mich dankenswerter Weise auf eine Werbeaktion von Hasselblad aufmerksam, die für September 800 Euro Preisvorteil (bei 6.490 Euro) für die absolut neue Einsteiger-Hasselblad mit einem neuen Objektiv anbot. Der Newsletter bot sogar 900 Euro (vermutlich einer der heute üblichen Schlampigkeitsfehler wegen 900 US$): X1D II 50C UND XCD 45 DAS PERFEKTE MITTELFORMAT-STARTERKIT. Dies bestätigt die Gerüchte, dass Fuji mit seinen neuen Mittelformat-Kameras im Bereich 50 und 100 Mega-Pixel den dortigen Platzhirschen den Markt abgrub. Auch in der Kaiser- oder Luxus-Klasse Mittelformat begann 2019 ein Preiskrieg im Kampf um Marktanteile.
Seit Anfang September mehrten sich die Anzeichen (Anzeigen und Newsletter), dass auch in Deutschland die ersten Fotohändler meine Artikel (u.a. DSLR-Zukunft und Sensor-Sterben) gelesen sowie verstanden hatten. Die ersten Einzelhändler boten nach dem verheerenden ersten Halbjahr 2019 ab September von sich aus Rabatte an - ohne die Hersteller und unabhängig von diesen. Sie wollten nicht auf den Ladenhütern sitzen bleiben.
Ferner deutete sich an, dass die Lage im Herbst bei einigen Fotohändlern schwierig wurde. Sie boten zunehmend sogar den Ankauf der gesamten Altausrüstung an, sofern man bei ihnen eine neue Kamera kaufte. - Allerdings dürften die Rückkaufpreise gering sein. Kaum jemand will DSLRs, und solche mit kleinem Sensor der APS-C-Klasse sind noch unbeliebter.
Mitte September bot MediaMarkt die Nikon D3500 mit 18-55 mm Kit-Objektiv für 299 Euro (-100) an, die Nikon D5600 mit 18-55 mm VR Kit-Objektiv für 444 Euro (-100), die Vollformat Sony A7 Mark I mit 28-70 mm Kit-Objektiv für 666 Euro (-100) und die Canon RP inklusive Adapter für 1.199 (-250). Auffällig ist der Direktabzug beim Kassenpreis. Für andere Produkte gab es nur Gutscheine. Vor allem aus der seit Monaten angebotenen Sony A7 schließe ich, dass selbst zu Dumping-Preisen kaum etwas abzusetzen war.
Preiskrieg auch in der Weihnachtszeit
In den USA trieb der Preiskrieg (wie von mir vorausgesagt) bereits in der Vorweihnachtszeit groteske Züge. Dort wurden hochwertige Kameras teilweise de facto zum halben Preis verkauft, wie das Fuji-Top-Modell X-H1 samt Batteriegriff und zweitem Akku für umgerechnet unter 900 Euro. Im Melkkuhland Deutschland wurden hingegen die meisten Preise - trotz voller Lager - noch immer erstaunlich hoch gehalten, weil hier die Deutschen mit dem Weihnachtsgeld gerne den doppelten Preis bezahlen. Warten Sie noch zwei Monate. Alle angeblich befristeten Rabattaktionen wurden - mangels Erfolges im Sommer - im Herbst verlängert und sogar verschärft. Da kommt noch einiges.
In den USA nahm der Preiskrieg im Dezember 2019 immer groteskere Züge an: Canon verramschte seine aktuelle Vollformat-Kamera 5D Mark IV für 1.999 US$ (=1.800 Euro) und die neue spiegellose R für 1.499 (ca. 1.350 Euro). Die US-Händler legten nochmals Waren und Zubehör für mehrere hundert Dollar drauf, wie Kameratasche / Fotorucksack, Speicherkarten, Reinigungssets, 2. Akku etc. (im Wert von ca. 200-300 Euro). Aber in Deutschland erhält man die 5D IV nur für mindestens 2.500 Euro Straßenpreis - offiziell bei Canon sogar nur für 3.000 Euro, die spiegellose R für 2.200 Straßenpreis und offiziell für 2.300 Euro. - Nikons nagelneue Z50 verkaufte sich so schlecht, dass Nikon USA sogar im Weihnachtsgeschäft eine 30-Tage-Rücknahmegarantie inklusive kostenlosem Rückversand aussprach.
Der in den USA früh einsetzende und in seinen Auswüchsen irrwitzige Vorweihnachtspreiskampf macht deutlich, wie voll alle Lager auf allen Ebenen sind. Die kundenseitige Nachfrage brach 2019 viel schneller weg, als alle Hersteller die eigene Produktion reduzieren konnten. Dauernde und immer tieferreichende Preisnachlässe halte ich allerdings für gefährlich. Mit denselben einmal herabgesetzten Produkten kann man danach kaum mehr in die Gewinnzone gelangen. Bildlich betrachtet erinnert mich das Ganze als Segler jedoch noch an viel schlimmeres, kopfloses Handeln: Im Prinzip ist das sinnlos hinausgeworfenes Geld. Man sieht, dass Wasser im Boot ist und schüttet es mit großen Kübeln hinaus, statt das Loch - das eigentliche Problem - zu suchen und zu stopfen.
Da die Hersteller auf der Angebotsseite somit 2019 mit einer bisher ungekannten Anzahl an Modellen (mit und ohne Spiegel) sowie deren Überproduktion und vor allem den drastischen Rabatten auf der Angebotsseite wirklich alles getan haben, um den Markt anzukurbeln, muss man sachlich festhalten, dass es seit Jahren die Nachfrageseite ist, welche nicht mehr kaufen will. Deren (Hinter-)Gründe sind oben ausführlich erklärt. Fakt bleibt: Die meisten der ehemaligen Kunden kaufen keine klassischen / dedizierten Kameras mehr. Da die (Straßen-) Preise - vor allem im Vergleich zu heute gebotenen Leistung - neuer Kameras sogar gesunken sind, handelt es sich auch um kein Armutsproblem.
Zerstörte Preishierarchie
Bereits 2018 irritierten die Preise der neuen spiegellosen Kameras von Nikon und Canon viele Fotografen. 2019 wurde dies allen Betrachtern überdeutlich.
Eigentlich waren früher neue Produkte (hier spiegellose Kameras) bei der Markteinführung teurer als die alten Vorgängermodelle. Das war jedoch hier nicht der Fall. Bedingt durch den Preiskrieg von Sony wurden sie tiefer angesetzt, um auf dem Markt abgesetzt werden zu können.
Das Problem lag bereits damals darin, dass die alten DSLRs teurer waren und 2019 auch blieben. Dies führte zur weitverbreiteten Meinung, dass die neuen spiegellosen Kameras auch qualitativ schlechter seien. Das war natürlich pauschal betrachtet unzutreffend, weil es sich um eine Verlagerung des Anwendungs-Schwerpunktes auf Video handelte. Aber die vielen gefundenen und 2019 auch nicht mehr zu vertuschenden Fehler sowie Probleme der neuen spiegellosen Kameras der beiden Platzhirsche vertieften diesen negativen Eindruck.
Die Käufer mit dem Schwerpunkt Fotografie wurden auch verunsichert. Was soll man nun kaufen? Früher gab die Preisleiter auch eine Qualitätsstufe und Entscheidungshilfe vor. Spiegelkameras sind billiger, weil sie noch nicht ausgereift sind und keine ausreichende Anzahl an Objektiven haben, so das Vorurteil. DSLRs sind angeblich teuer, weil sie ein volles Sortiment an Zubehör besitzen. Aber letztere sind in den Augen fast aller Betrachter Auslaufmodelle ohne Zukunft.
Diese Probleme der zerstörten Preishierarchie werden auch in den kommenden Jahren anhalten, sofern die Kamerahersteller noch weitere alte DSLRs (also Kameras mit Spiegel) herausbringen. Viel billiger produzieren lassen sie sich nicht mehr. Da wurde in der Vergangenheit schon lange alles Denkbare eingespart.
Die einmal niedrig angesetzten Preise für neue spiegellose Modelle kann man jedoch - zumindest in dem derzeitig schrumpfenden Markt - nicht leicht erhöhen.
Mittelfristig halte ich die zerstörte Preishierarchie für ein gravierendes Manko des Marketings, welches beiden Produktreihen (mit und ohne Spiegel) schadet.
Technik
Immer mehr Kameras erhielten erste Anwendungen aus der KI - aber nur, weil es die Smartphones schon lange boten. Nach der Augenerkennung und Augenverfolgung für Menschen folgten Tiere, dann bewegte Autos, Motorräder. Da kommen auch bald Fahrräder, Flugzeuge, Schiffe, Vögel ...
Dies wurde bei fast allen Herstellern - zumindest bei den neueren spiegellosen Modellen - erstmals als Firmware auch für etwas ältere Kameras nachgerüstet.
Ferner wurde im Herbst 2019 mit Canons 90D meine alte physikalische These bewiesen, dass man alle diese neuen Dinge selbstredend sogar in alte DSLR-Kameras mit alten Bajonetten per Firmware einbauen kann. Die 90D mit Spiegel ist im Bereich Video der gleichzeitig erschienenen und fast gleichwertigen spiegellosen M6 Mark II von sogar Canon überlegen. Das ist eigentlich auch trivial: Der LiveView kann alles inklusive Augenautofokus. Man muss nur den Spiegel hochklappen, dann kann jede klassische Kamera mit Spiegel (und auch mit altem Bajonett) jede angeblich einmalige Funktion der spiegellosen Kameras auch darstellen.
KI wurde jedoch ein weiterer Sargnagel für die alten Kameras mit Spiegel, welche das nicht boten. Der Augenautofokus wurde 2019 zunehmend zum Kaufargument - und entschied gegen alte Kameras.
Neue Kameras wurden 2019 zumindest als Hybride oder sogar überwiegend auf Video-Kunden konzipiert. Ich vermeine bei den neuesten Modellen sogar bereits ein Übergewicht des Videos generell zu erkennen.
Einzelfirmen und Marktanteile
Canon und Nikon konnten - von fast null beginnend - im Bereich spiegelloser Vollformatkameras den eigenen Anteil dank der neuen spiegellosen Modelle ausbauen. Aber Sony war 2019 nicht zu stoppen. Nikon und Canon haben beide den unglaublichen Fehler begangen, sich von Sony auf dessen eigenes Feld ziehen zu lassen: Elektronik. Beide sind hierbei dem Elektronikkonzern Sony unterlegen und werden es noch länger bleiben. Erst wenn beide Firmen überzeugende und technisch deutlich überlegenen Objektive in breiter Auswahl anbieten können, wird sich das Blatt evtl. wieder wenden.
Canon traf es als Marktführer 2019 am härtesten. Jedes Quartalsergebnis war extrem schlecht und führte dazu, dass man die Jahresgesamtprognosen weiter herunterschraubte.
Nikon litt auch, publizierte jedoch wenig und immer verspätet - nach Canon, so dass die eigenen schlechten Nachrichten nicht mehr so negativ aufgefasst wurden. Man hatte sie schon erwartet. Aber Nikon ist viel abhängiger von seiner klassischen Fotosparte, sodass die Rückschläge schmerzlicher sind als bei Canon.
Sony kam mit relativ geringen Verkaufsrückgängen und Gewinnrückgängen glimpflich davon. Sony konnte sogar den Marktanteil durch seinen jahrelangen Vorsprung im spiegellosen Bereich weiter ausbauen. Dies gilt vor allem bei Vollformat.
Trotzdem stand auch bei Sony die Fotografie als selbständige Sparte nicht mehr hoch im Kurs. Sony strukturierte im März wieder einmal um: Der gesamte (hohe Verluste schreibende) Sektor Mobil-Telefone wurde mit den profitablen Sparten TV, Audio und Kameras zur neuen Einheit Electronics Products and Solutions zusammengefasst. Noch nicht einmal das Wort Optic wurde verwendet. Der neue Groß-Bereich EP&S dient überwiegend der Verschleierung. Da sich dort auch noch Fernseher, Audio- sowie Video-Geräte und vor allem der defizitäre Bereich der mobilen Kommunikation (vor allem Smartphones) sowie weitere kleinere Bereiche befinden, wird in den zukünftigen Quartalsberichten kaum mehr etwas Detailliertes ablesbar sein. Dennoch lässt sich grob festhalten, dass alle Quartale 2019 schlechter waren als diejenigen 2018. Somit geht es noch immer deutlich bergab - auch für Sony und deren spiegellose Systeme.
Sony hat in einem Zusatzpapier auf S. 4 etwas kleinlaut eingeräumt, dass es im Finanzjahr 2017 (= April 2017 bis März 2018) ca. 4,4 Mio. Kameras verschifft hat, im Finanzjahr 2018 noch 3,6 und dass es in diesem Finanzjahr (April 2019 bis März 2020) nur noch ca. 3 Mio. Verschiffungen erwartet.
Fuji erzielte im Mittelformat-Bereich unerwartete Stückzahlen, Umsätze und Gewinne. Das zeigt, dass viele Fotografen (auch Amateure) wirklich bereits sind, sehr viel Geld auszugeben. Aber im APS-C-Bereich sah es für Fuji bei weitem nicht so gut aus, wie deren bezahlte Hochjubler es darstellen. Sonst hätte man sich nicht mit Preisnachlässen von bis über 50% auf die Topmodelle in den USA am Weihnachts-Rabatt-Wahn beteiligt.
Die immer wieder zitierten BCN-Statistiken beziehen sich zwar nur auf Japan und den dortigen Foto-Umsatz, der gemeldet wird (das ist nicht 100% des realen Umsatzes im Fotobereich). Dennoch zeigten Analysen die hohe Volatilität 2018/19: die Käufer-Märkte - bewegten sich zumindest im preissensitiven Japan - deutlich von Canon hin zu Sony. Für Nikon war es trotz großer Anstrengungen bisher dort mit rund 30% Marktanteil in Japan ein Nullsummenspiel. Der Langzeit-Trend ist unklar. Aber die Volatilität macht allen Herstellern zunehmend zu schaffen. Wie in der Politik sind die verlässlichen Zeiten der Stabilität dahin.
Inzwischen soll der Marktanteil Nikons bei Kameras weltweit unter 19% und bei Objektiven unter 18% liegen.
Da Pentax weltweit kaum mehr Käufer findet, stellte Sigma Anfang September die Produktion seiner Objektive für Pentax ein. Damit gibt es fast nur noch die wenigen Pentax-Objektive. Ein herber Rückschlag, der Pentax wohl weiter in die Krise führen wird. - Für Fotografen sollte dies eine Lehre sein. Die angeblich offizielle Aussage stammt von Sigma in der Tschechei und wurde nur per Zufall gefunden. De facto informieren nun auch die bisher bezüglich der Kommunikation eher offenen Firmen lieber hinten herum. Klartext: Sie scheuen davor zurück, allen die ganze harte Wahrheit offen zu sagen.
Neben zahlreichen Gerüchten mehrten sich auch die Indizien und erste offizielle Anzeichen dafür, dass Canon in größerem Umfang Personal freisetzte und weitere Entlassungen plant. Angesichts drastisch zurückgehender Nachfrage ist es auch nur konsequent, dass man alles überprüft und vor allem kostenlose Zusatzleistungen streicht. Andere Firmen werden bald folgen.
Im Oktober mehrten sich die Geschichten von ziemlich unschönen Entlassungen der Kamerahersteller in den USA. Die Praktiken wurden dabei immer rüder.
Leica gab Mitte Juni bekannt, bis zu 100 der 800 Beschäftigten in Deutschland zu entlassen. Dafür will Leica (irgendwann) bis zu 40 Digitalexperten (irgendwo auf der Welt) einstellen, um ebenfalls Computational Photography / KI betreiben zu können. Der neue Leica-Chef (inzwischen der 7. seit der Übernahme der Firma durch den Investor Andreas Kaufmann) räumte somit ein, dass die klassische Fotografie am Ende ist. Ferner räumte er ein, dass überall der Fotomarkt derart leidet, dass Leica inzwischen weltweit 100 eigene Fotofachgeschäfte betreiben muss, um noch den Verkauf und Service vor Ort bieten zu können. Dann 'verplapperte' sich der Leica-Chef noch: Und auch ein eigenes 'Leica Phone', von dem Leica-Aufsichtsratschef Kaufmann schon länger träumt, ist laut Harsch denkbar.Die Kamerafunktion mit Smartphones ist ein Kerngeschäft unserer Zukunft. - Künftig werde es etwa nicht nur einen, sondern mehrere Sensoren an klassischen Objektiven geben, um Bilder zu optimieren. - Auch Leica wendet sich zumindest in Teilen von der klassischen Fotografie ab.
Meiner Meinung nach deuten sich seit Herbst 2019 weltweite Verschiebungen der Marktanteile zumindest mittel- bis langfristig an:
Canon wird einen erheblichen Marktanteil verlieren und abstürzen auf evtl. nur noch 30%.
Nikon verliert weiter etwas - Ziel evtl. 15 %.
Sony gewinnt massiv hinzu - Ziel: 25-30%.
Fuji gewinnt etwas dazu auf ca. 10%.
Dass meine Prognosen für Canon so schlecht ausfallen - immerhin behauptete der Konzern 2018 angeblich bis zu ca. 50% Marktanteil zu haben -, liegt an den Rückgängen im APS-C-Geschäft. Canon muss unbedingt seinen überbordenden und kaum mehr von einem Verkäufer geschweige denn von einem potentiellen Kunden verstehbaren APS-C-Bereich komplett bereinigen. Das geht nur durch Produktionsstopp bei vielen Modellen und massive Preisnachlässe, sofort. Ganz offen gesagt halte ich mehr als 3 spiegellose M-Modelle und 2 mit Spiegel = DSLR-Kameras im APS-C-Bereich nicht mehr für zielführend.
Nachtrag: Analysen im Dezember 2019 aus Japan und den USA bestätigten meine Befürchtungen. Diese Verhältnisse sind teilweise bereits erreicht. Im Weihnachtsgeschäft drohten sie sich massiv zu verstärken.
Lizenzen
Aus zwei mir zugespielten Insider-Informationen zu Sigma schließe ich logisch Folgendes:
Mir persönlich scheint es eine gewisse Zusammenarbeit zwischen Canon und Sigma zu geben, welche die beiden spiegellosen Kamera-Systeme M (APS-C) und RF (Vollformat) betrifft, von welcher beide Firmen profitieren.
Aber bitte sehen Sie dies als logische Spekulation.
Fakt ist hingegen, dass Sigma bereits seit Ende 2019 mehrere Objektive für die von Canon vernachlässigte spiegellose APS-C-Klasse herausbrachte. Hochwertige Objektive, die Canon derzeit nicht für APS-C produzieren will oder kann, würden dann von Sigma kommen und somit diese ganze M-Klasse signifikant aufwerten.
Fakt ist ferner, dass Sigma sogar eine ganze Roadmap - also einen ausgearbeiteten langfristigen Plan - für mehrere RF-Vollformat-Objektive Anfang 2020 ankündigen will. Große Vertriebsfirmen wurden bereits eingeweiht. Hochwertige Objektive, die Canon derzeit ebenfalls versucht, langsam zu entwickeln und sukzessive herauszubringen, erhielten damit von Sigma Konkurrenz und würden dadurch diese ganze R-Klasse aufwerten sowie etwas verbilligen.
Der Unterschied der bekannten Fakten zu meinen Insider-Informationen liegt jedoch in den Details:
Sofern Sigma das Bajonett - also die Schnittstelle zu den Kameragehäusen - selbst durch das bisher in der Branche übliche Reverse Engineering entwickelt hätte, würden die Kunden nur gute Objektive erhalten, die man sicherlich ständig über eine von Sigma hergestellte USB-Docking-Station mit Firmware-Updates an Kameraänderungen anpassen müsste.
Sofern meine bisher unbestätigten Informationen zuträfen, dass eine Lizenzvergabe beider Bajonette durch Canon an Sigma erfolgt wäre, so würden die Kunden extrem hochwertige Objektive erhalten, die auch an jeder zukünftigen (M- und R-) Kamera von Canon - ohne Update - problemlos arbeiten würden.
Dass Sigma bei der seit 2013 hergestellten M-Klasse die meisten wichtigen Bajonett-Daten durch Reverse-Engineering inzwischen selbst herausgefunden hat, halte ich für sehr wahrscheinlich. Dazu benötigt man kaum mehr als 3-5 Jahre. Aber bei dem neuen R-Bajonett halte ich die zwei Kameras von Canon für eine sehr dünne Datenbasis und nur knapp 1 Jahr für eine extrem kurze Zeit.
Selbstredend könnte Sigma geniale Elektroniker besitzen, oder einfach nur Glück gehabt haben, oder einer der vielen von Canon weltweit entlassenen und somit unzufriedenen Mitarbeiter hat Sigma die gesamten Bajonettdaten verkauft, oder Sigma hätte sie durch Betriebsspionage herausfinden können. Aber dies alles halte ich für wenig wahrscheinlich, da sich Canon in solch einem Fall nicht nur rechtlich, sondern ganz einfach technisch schützen könnte. Wie ich bereits vor Jahren im Artikel Bajonett dargelegt habe, besteht ein modernes Bajonett als Schnittstelle zwischen Kamera und Objektiv nicht nur aus dem mechanischen Schraubverschluss, sondern seit mindestens 30 Jahren aus zunehmend wichtiger Elektronik (Chips in der Kamera und in den Objektiven), sowie heute immer wichtigerer und umfangreicherer Software zur bidirektionalen Kommunikation. Da die Objektive mit der Kamera sprechen, wäre es ein Leichtes, in alle Canon-Kameras (auch nachträglich) durch ein Firmware-Update die Erkennung auf firmeneigene Objektive einzuschränken.
Ein weiterer Aspekt, der meine logischen Folgerungen untermauert, liegt darin, dass Sigma keine Objektive für Nikons neues Z-Bajonett anbietet. Rein physikalisch betrachtete wäre es für Sigma einfacher, neue Objektive für den maximalen Bajonettdurchmesser (= Nikons S-Objektive) und den derzeit geringsten Flange-Distance (Abstand zum Sensor von Nikon) zu bauen. Danach ließe sich mittels einer Sammellinse dieses Objektiv auf den etwas geringeren Durchmesser von Canon anpassen. Diese Sammellinse fände dort auch Platz, weil der Abstand Objektiv zum Sensor bei Canon größer ist. Aber Nikon scheint sich bisher zu weigern und hat - wie oben gezeigt - auch software-technisch die Möglichkeit zur Gegenmaßnahme.
Deshalb könnte an den Insider-Informationen - wie an vielen Gerüchten im Fotobereich - etwas Wahres sein. Wir werden es wohl bald erfahren. Sofern Sigma keine USB-Docking-Station für die neuen Canon-Bajonette als erforderlich erklärt, weil nur so Firmware-Updates in das Objektiv für jede neu erscheinende Canon-Kamera eingespielt werden können, dann liegt wohl eine Lizenz vor. Hinweis: Die Docking-Station kann jedoch auch für andere Detail-Einstellungen der Objektive genutzt werden. Sie ist deshalb nicht völlig sinnlos.
Im zweiten Fall (Lizenzvergabe) hätte Canon einen von mir seit Jahren geforderten und extrem wichtigen Schritt der Öffnung seiner neuen spiegellosen Systeme für Drittanbieter getan. Falls dies zuträfe (nochmals Vorsicht: das sind meine logischen Deduktionen zweier noch nicht bestätigter Informationen), dann würde sich Canon damit ab 2020 einen erheblichen und für Kunden spürbaren Marktvorteil erarbeiten.
Bevor nun wieder Canon-Fan-Boys dies (bewusst) missverstehen und in Foren falsch weitererzählen: Dadurch ändert sich nichts an meiner derzeitigen Kaufempfehlung für spiegellose Vollformat-Kameras. Eine spürbare Erleichterung bei Objektiven für Canons neues RF-System wird frühestens 2021 eintreten, da auch Sigma mindestens 1 Jahr benötigt, um eine große Anzahl existierender eigener Objektive darauf anzupassen oder komplett neue dafür zu entwickeln.
Da Sony diese Öffnung vor Jahren bereits mit den eigenen Bajonetten E und FE vorexerziert hat, geriete Nikon in Zugzwang, ähnliches durchzuführen.
Wie auch immer: Es scheint Bewegung in die bisher abgeschlossenen Denkweisen zu kommen, welche den Fotokunden letztendlich Vorteile bringt: eine größere Objektivauswahl und etwas sinkende Preise. Aber bevor die Träume zu weit in den Himmel wachsen: Auch Sigma muss für die neuen Objektive in einem ständig schrumpfenden Markt mehr Geld verlangen als bisher, um weiter profitabel zu bleiben.
Der nachgeordnete Fotomarkt
Das Drama der Messe photokina versinnbildlicht den Abstieg der nachgelagerten Fotobereiche.
Zuerst wurde Anfang Dezember 2018 unerwartet die photokina 2019 abgesagt und in das Jahr 2020 verschoben.
Mitte September 2019 musste die Leitung der photokina einräumen, dass Leica, Nikon und Olympus ihre Teilnahme für 2020 abgesagt hatten.
Ende September 2019 wurde bekannt, dass Fuji die photokina inzwischen als lokale Messe ansieht. Das war es mit dem Anspruch Leitmesse. Allerdings trifft dies inzwischen fast alle Messeveranstaltungen der Fotoindustrie weltweit.
Im Herbst 2019 gingen die Chefs der photokina, der Messe Köln und des Photoindustrie-Verbandes (PIV) - vermittelt durch die Partnerstadt Kölns Kyoto - persönlich in Japan auf Betteltour, um die photokina 2020 zu retten. Ein seltener Kotau, der belegt, wie schlecht es um die photokina steht.
Im Januar 2019 kündigte die Tetenal Europa GmbH an, Produktion und Vertrieb zum 1. April einzustellen. Die Auswirkungen der Schließung der auf das Jahr 1847 zurückgehenden Firma wären enorm gewesen, da sie für zahlreiche Firmen und fast alle Länder in Europa, Afrika und dem Nahen Osten Chemikalien für die Filmentwicklung produzierte und lieferte. Hier zeigen sich die unangenehmen Nebeneffekte der Spezialisierung der Firmen bei gleichzeitiger Globalisierung für den Endkunden. Es ist wirklich erfreulich, dass inzwischen eine steigende Anzahl an Firmen (inklusive Kodak) wieder analoge Filme herausbringen. Wenn jedoch die Chemikalien zur Entwicklung fehlen, nutzt dies den Fotografen wenig. Zumindest dürfen sich alle noch analog Fotografierenden auf drastisch steigende Preise einstellen.
Zum 1. April wurde bei Tetenal ein MBO (Management Buy Out) durchgeführt und offensichtlich mit erheblichen Steuergeldern subventioniert, weil die Firma angeblich ein Kulturgut und systemkritisch ist. Wenn Firmenmitarbeiter ihre eigene Firma kaufen, ist das jedoch keine Erfolgsgarantie. Die Vorgängerfirma ist ja mit exakt denselben Mitarbeitern und Managern in die Insolvenz gegangen. Das Problem liegt vermutlich auch nicht einmal in den Mitarbeitern, sondern an der wegbrechenden Nachfrage.
Fuji musste ab 1. April 2019 die Preise für Fotopapier und alle Filme sowie Film- und Foto-Materialien drastisch erhöhen. Die gelieferte Begründung der steigenden Materialkosten beim Einkauf war nur teilweise korrekt. Ein wichtiger (verschwiegener) Grund lag im rückläufigen Absatz. D.h. die Skaleneffekte greifen nicht mehr. Wenn die Nachfrage sinkt, muss der Kunden-End-Preis steigen. Das ist die Logik der Ökonomie.
Nachdem in Europa die Elektronikmärkte Fotoapparate in die Ecke verbannten sowie deren Ausstellungsfläche verringerten und Drogeriemärkte ihre Fotolaborecken reduzierten, gingen große US-Ketten weiter, indem sie - wie Costco - ab April 2019 die Fotoentwicklung / den Fotodruck komplett aus dem Sortiment strichen. Die Nachfrage nach Fotoausdrucken brach überall ein.
In den USA schlossen bereits 2019 resp. schließen derzeit zahlreiche große Ketten ihre Porträt-Studios, weil die Nachfrage fehlt. Die klassische Porträt-Fotografie für Standard-Aufnahmen kämpft mit immer größeren Problemen. Sogar manche Hochzeitsfotografen verdienen spürbar weniger, da sich die junge Kundschaft formale Fotos nicht mehr leisten kann oder will. Ihnen gefallen die ungezwungenen, mäßig guten Fotos mit dem Smartphone besser. Sie erkennen den (Mehr-)Wert der guten Fotografie nicht mehr. Die USA waren oft nur Vorreiter für Trends und Entwicklungen in anderen Ländern. Da kommt noch einiges auf die deutschen Fotografen zu.
Das Leiden des deutschen Foto-Einzelhandels verstärkte sich 2019. Die Welle der Aus-/Umstiege aus dem klassischen Fotobereich resp. der Bankrotte blieb jedoch noch aus. Man hoffte auf ein Weihnachtswunder.
Beim Überprüfen aller Links auf meinen Seiten zu Herstellern, Importeuren und Großhändlern von Fotoausrüstung - wie Stative, Blitzgeräten, Rucksäcken, Taschen, Koffern und Trolleys - musste ich feststellen, dass im letzten Jahr erneut rund 10% verschwanden.
Nicht nur mir fiel auf, sondern immer mehr Fotografen schrieben mir im Sommer (aus deren Auslandsurlaub), dass in Europa der Fotomarkt sich deutlich verkleinert. Die dortigen Geschäfte misten aus. Keiner will ungewünschte Waren anbieten oder Regal-/Schau-Fläche für nicht nachgefragte Produkte mehr vorhalten. In den USA sah es noch schlimmer aus, obwohl dort die Konjunktur viel besser lief. Die US-Wirtschaft zeigte 2019 die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 50 Jahren. Und dennoch werden auch dort kaum Fotoapparate gekauft. In der Fläche sterben Fotogeschäfte in den USA noch schneller aus als bei uns.
Der deutschen Presse geht es immer schlechter. Axel Springer gab am 30. September bekannt, erneut umzustrukturieren. Wie ich schon lange vorausgesagt habe, werden auch Fotografen darunter leiden. So werden alle Sportereignisse zukünftig für alle Medien zusammengefasst. Damit fallen viele Fotografen für die Einzelmedien weg. Hinzu kommt der Wandel hin zum Live-Video und weg von Foto. Entlassungen wurden bereits angekündigt.
In den USA gab zum Jahresende eine der ältesten und angesehensten Online-Zeitschriften über Fotografie - Digital camera review - nach 22 Jahren auf. Die Einschläge wurden häufiger und trafen immer öfter auch angeblich gestandene Unternehmen. Die Ursache ist ganz einfach: In a shrinking market, the money's no longer there to finance our considerable efforts. Die Werbeeinnahmen brachen weg. Da sich weltweit viele Fotomagazine, Foren und Bilderwettbewerbe darüber finanzieren, darf man schließen, dass es denen 2019 auch nicht viel besser ging. Wir werden folglich spätestens ab 2020 ein weltweites Sterben oder die üblichen Fusionen / (Schein-) Aufkäufe etc. sehen.
Ende Dezember 2019 schrieb der CEO von Flicker einen Bettelbrief (Link / Seite / Quelle nicht mehr vorhanden) an alle Nutzer, in dem er einräumte, dass Flicker trotz aller Sparmaßnahmen hohe Verluste schreibt.
Wie ich bereits 2015 prognostizierte: Sobald die Produktionszahlen (wie 2018 geschehen) unter die psychologisch wichtige 20 Mio.-Grenze fallen, dann lässt sich der unumkehrbare Abschwung niemandem mehr verschweigen. Spätestens jetzt startet die teuflische Spirale nach unten.
Steuerhinterziehung im Foto-Fachhandel
In New York kochte Mitte November 2019 ein Rechtsstreit hoch, der viel über die Fotowirtschaft und vor allem den Fachhandel aussagt:
Die General-Bundesstaatsanwältin von New York leitete eine Klage gegen B&H wegen des dringenden Tatverdachtes der Steuerhinterziehung seit 2006 in Höhe von mindesten 7 Mio. US$ ein.
In einem Land, in dem man sowieso die niedrigsten Steuersätze hat und kein Reicher wirklich nennenswerte Steuern bezahlen muss, haben nur wenige Menschen Verständnis für Steuerhinterziehung. Ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo dies als Kavaliersdelikt der Reichen angesehen wird und selbst bei Höhen von über 200 Mio. Euro bei Fußballern mit lächerlichen Strafzahlungen und riesigen Gewinnen für den Steuerhinterzieher abläuft.
B&H gilt als eines der größten Foto- und Video-Geschäfte der USA mit einem Umsatz von über 3 Mrd. US$ im Jahr 2018. Vor allem lobte es sich selbst in Publikationen gern als seriös, hob seine hohen moralischen Werte hervor und war auch von vielen Kunden bisher so angesehen.
Dennoch wird B&H vorgeworfen, die Rückvergütungen der Kamerahersteller an sie nicht versteuert zu haben. Detailliert geht es um die Sales Tax, eine Art Umsatzsteuer.
Aufgrund der Umsatzrückgänge in den letzten Jahren hat B&H viele Mitarbeiter/innen entlassen. Man vermutet die Informanten/innen aus diesen Kreisen. Seit Anfang 2016 sagten immer mehr Personen bei der Staatsanwaltschaft aus und beschuldigten die Firma schwer. Seit dem 6. Januar 2016 wurde offen gegen die Firma ermittelt.
Die Firma scheint sich auch nach den offenen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen sie weder kooperativ, noch einlenkend, noch überhaupt rechtstreu verhalten zu haben, sondern hat die Steuerhinterziehung sogar bewusst fortgesetzt - so der Vorwurf.
Der Vorwurf lautet weiter, dass B&H sich neben der Steuerhinterziehung auch bewusst einen Preisvorteil gegen Mitbewerber illegal erworben hat.
Die New Yorker Staatsanwältin verlangt 3-fachen Schadenersatz (ca. 21 Mio. US$), darüber hinaus Strafzahlungen und Zinsen für 13 Jahre.
B&H zeigte sich in offiziellen Stellungnahmen weiterhin uneinsichtig, will keine Steuern nachbezahlen und drohte ziemlich unmissverständlich damit, weiteres Personal in New York zu entlassen.
Die hinter B&H stehenden zwei Familien könnten sich die Steuern und selbst die Strafen spielend leisten. Aber sie wollen nicht.
Die Foto-Branche an sich ist inzwischen auch moralisch derart heruntergekommen, dass dieser offensichtlich über viele Jahre vor allen Instanzen geführte Prozess den Image-Schaden für alle noch drastisch verschlimmern wird. Das Problem scheint mir nämlich die Argumentationsweise der Firma zu sein: Das (Steuerhinterziehung und Steuerbetrug mit Herstellerzahlungen) sei übliche weltweite Geschäftspraxis. Erstens gibt es im Rechtsgebrauch keine Gleichheit im Unrecht und zweites dürfte diese Behauptung der Beklagten vermutlich zutreffend sein.
Im Zuge der Ermittlungen und öffentlichen Anhörungen wird sicherlich noch viel mehr schmutzige Wäsche gewaschen werden. Das wird der Fotobranche in den USA und weltweit schweren Schaden zufügen. Wenn man dem Foto-Fachhandel nicht nur nachlassenden Service, sondern auch noch vorsätzlichen Betrug nachsagt, dann werden die Käufe dort ganz wegbrechen.
Nach drei Jahren sorgfältigen Ermittlungen und erdrückender auch firmeninterner Beweise für einen bewussten Steuerbetrug geht die Angelegenheit nun als offizielle Strafsache des Staates New York gegen B&H in die Geschichte ein. - In anderen Ländern werden Steuervergehen zwar datenschutzrechtlich verschwiegen. Aber man darf davon ausgehen, dass auch zahlreiche andere Fotofachgeschäfte zukünftig diskreten Besuch vom Finanzamt erhalten werden.
Jahresabschlussbericht Canon 2019 - publiziert am 29.01.2020
Nur Canon publiziert halbwegs offen, schnell und hat ein Geschäftsjahr, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt.
Die positive Nachricht: Canon schrieb 2019 noch Gewinne. Allerdings lag der für 2019 ausgewiesene geringe Betrag sogar unter dem von 1998, dem Beginn meiner ausführlichen ökonomischen Analysen. Das meint sowieso nur die nominale Vergleichbarkeit. Inflationsbereinigt muss man noch viel weiter in der Geschichte zurückgehen, um einen so geringen Gewinn des Konzerns zu finden.
Canon musste Rückgänge sowohl im (Endkunden-) Bereich Kameras als auch bei Industrie-Kunden beklagen: Accelerated camera and laser printer market contraction, due to economic slowdown - Net sales decline, due to restrained customer investment in Industry & Others.
Gesamtkonzern: Rückgang des Umsatzes 2019 um -9,1% gegenüber 2018. Rückgang des operativen Gewinns um -49,1%. In allen Firmensparten ging der Gewinn zurück.
Imaging Systems (vor allem Kameras und Drucker): Rückgang des Umsatzes 2019 um -16,8% gegenüber 2018. Rückgang des operativen Gewinns um -62%.
Bei reinen Kameras sollen die Zahlen / der Rückgang des Umsatzes so aussehen: 2018: 594,9 Mrd. Yen; 2019: 466,8 Mrd. Yen = -21,5%; Canons Schätzung für das Jahr 2020: 434,5 Mrd. Yen = -6,9%;
Canon bestätigte meine Analysen, dass besonders die kleinen Sensoren und preiswerten Kameras (ist in etwa dasselbe) vom Rückgang betroffen waren contraction for cameras, mainly entry level models.
Immerhin gelang es im 4. Quartal, den eigenen Lagerbestand drastisch auf nur noch 127,9 Mrd. Yen (-18%) im Bereich Imaging zu reduzieren. Dennoch bewerte ihn selbst Canon als zu hoch: As for cameras, which are a part of Imaging System, however, inventory was still at a high level.
Ferner ist positiv zu bemerken, dass der von mir schon 2015 als wichtiger Zukunftsmarkt eingestufte Bereich der Überwachungskameras network cameras hervorragend lief. Hier erwartet man auch 2020 das größte Wachstum.
Durch Umstrukturierungen sind die Zahlen jedoch nicht wirklich zum Vorjahr vergleichbar, da man u.a. das High-end-Berufssegment broadcast equipment and cinema use video cameras aus dem Kamera-Bereich in den Bereich Industry & Others verlagerte. Dennoch geht es auch jenem Bereich nicht gut.
Erneut wurden alle Hoffnungen auf die Dritte Welt (Emerging Market) enttäuscht.
Als einzigen Ausweg sah man die Fortführung der bereits laufenden Umstrukturierungen: Implemented structural reform. Und hier kommt einiges auf den Bereich Imaging zu. Da werden wohl weitere Arbeitsplätze entfallen: In Imaging System, although we expect camera revenue to decline due to the impact of continuing market contraction, we will put a stop to the decline in profitability, by further enhancing our mirrorless lineup with an advanced feature full frame model and lenses, and by accelerating review of our business structure. Sowie: Additionally, we will improve profitability, conducting a comprehensive review of our business structure, including development, production, and sales. In production, amid shrinking volumes, we will work for efficiency, reviewing our manufacturing structure with the aim of optimization, taking into account the function and role of each site around the world. We will also work to lower cost of sales, accelerating both automation and in house production. In the area of development, through comprehensive selection and focus of themes, freeing up human and other resources that will be shifted to expand business areas. Da bleibt kein Stein auf dem anderen. Ich lese daraus ganze Standortschließungen im Ausland.
Die Umsatz- und Gewinnerwartungen für 2020 schraubte man hoch - kein Scherz: Man erwartet für 2020 so z.B. einen um +3% höheren Umsatz und einen um +31,7% höheren operativen Gewinn.
Zwar kann ich die anderen (Industrie-) Bereich nicht übersehen. Aber zumindest für den Kamerasektor erstaunen mich derartige Prognosen. Wie man dies durch neue Produkte und Einsparungen erzielen will, ist mir unklar.
Wie man z.B. im Imaging-Bereich den Rückgang des Nettoumsatzes auf nur -2,5% begrenzen und dabei sogar noch +11,5% mehr operativen Gewinn erzielen will, ist mir rätselhaft. Für 2020 scheint ein hoher Optimismus zu herrschen, trotz laut Canon vermutlichen Währungsnachteilen - steigendem Yen gegenüber Euro und US-Dollar.
Dies gilt umso mehr, als man davon ausgeht, dass der Endkunden-Markt (vor allem bei Kameras) weiter zurückgeht: Interchangeable-lens camera market continues to shrink in 2020 at similar rate as 2019.
Genau gab Canon für 2019: -17% bei Systemkameras an (auf nur noch 4,16 Mio. Stück) und geht von -16% für 2020 aus (auf nur noch 3,5 Mio. Stück). - Vorsicht: Das ist die Canon-Zentrale. Damit sind verschiffte Kameras gemeint. - An Endkunden sind davon noch lange nicht alle verkauft.
Bei Kompaktkameras (vermutlich mit Bridge-Kameras) gab man für 2019: -19% (auf nur noch 2,57 Mio. Stück) an und geht von sogar -26% für 2020 aus (auf nur noch 1,9 Mio. Stück).
Canon räumt als einzige Firma offen ein, dass meine Kritik am fehlenden Gesamtsystem bei spiegellosen Kameras berechtigt ist: ...lenses, our lineup is still insufficient.
Und nochmals wurde klargelegt, dass es zukünftig neue Produkte eher für Berufsfotografen und reiche Amateure gibt: Plan to improve hardware product mix, focusing on professional and advanced-amateur market segments where demand remains stable. Die folgende Aussage zielt auch daraufhin ab: we will work to improve profitability by focusing sales on high margin ... models. Auch die folgende Aussage sehe ich kritisch: Even amid increasing competition, we will expand sales of higher end models driven by new products and aim for top market share even in the mirrorless camera market. Man räumt somit erstens ein, dass man Marktanteile (vor allem an Sony) verloren hat, und zweitens, dass man nur noch einen (Englisch top ohne Artikel) großen Anteil des Marktes anstrebt, nicht mehr die bisherige (the) absolute Spitzenposition.
Ganz negativ bewerte ich die Aussage Return to path of growth, limiting decline in camera and laser printer sales as much as possible and accelerating growth of new businesses - Es geht im Kamerabereich nur noch um eine Schadensbegrenzung. Eine Zukunft sieht man nur noch in neuen Geschäftsbereichen.
Angesichts der Jahreszahlen verwundert es kaum, dass die Quartalszahlen für das letzte Quartal 2019 noch miserabler waren als die Gesamtjahreszahlen: -21,2% Rückgang des Umsatzes bei Kameras. Der Absatz von DILCs (Systemkameras in Stück) ging um -19% zurück, der von DCs (Kameras mit festem Objektiv) um -31%. Kurzum, wie vorausgesagt, war das Weihnachtsgeschäft - zumindest für Canon - 2019 schlecht.
Im Februar bestätigten auch Nikon einen Rückgang im Weihnachtsgeschäft 2019 und vor allem Olympus einen deutlichen Niedergang. Sony scheint es hingegen mit Gewinn besser ergangen zu sein. Allerdings sind die Sony-Zahlen für den Fotobereich nicht detailliert analysierbar und deshalb mit Vorsicht zu genießen.
Alle meine aktualisierten Grafiken zu den Jahres-End-Ergebnissen von Canon finden Sie im Artikel Diversifizierung.
Alle meine aktualisierten Grafiken zu den erneut reduzierten Forschungs- und Entwicklungsausgaben von Canon finden Sie im Artikel Sensor-Dilemma.
Bei den anderen Firmen sieht es kaum besser aus. Aber deren verklausulierte Jahresendergebnisse werden erst im April oder Mai 2020 publiziert.
Die Produktionsdaten 2019
Nach einem saisonal bedingt schlechten Start im Januar bracht die Produktion im Februar ein. Das war eine klassische Überreaktion des Managements auf die miserablen Weihnachtsergebnisse 2018, weswegen man kurzfristig die Notbremse zog. Danach ging es ziemlich rhapsodisch weiter.
Fast alle Monats-Werte des Jahres 2019 lagen unter denjenigen des Vorjahres - für alle Kameraklassen - auch für die spiegellosen Systeme.
Aber trotz schlechter Absatzzahlen wurde weiterhin fleißig auf Halde produziert. Bei allen Firmen stiegen der Lagerbestand unvorstellbar an und konnten nicht mehr signifikant abgebaut werden. Bei manchen Herstellern lagern allein in Japan 3 Monatsproduktionen an Kameras.
Produktion der drei Kameraklassen 2019 in absoluten Zahlen:
Der Umstand, dass man erstmals alle drei Kurven auf einem übersichtlichen Diagramm darstellen kann, ist bezeichnend. Die Kompakt- und Bridge-Kameras wiesen früher Produktionszahlen von über 9 Mio. auf - im Monat.
Bitte lesen Sie die Grafik korrekt. Das sind absolute Zahlen der Produktion. Sie zeigen keinen positiven = steigenden Trend der Produktion. Die Werte liegen alle deutlich unter den absoluten Werten der Vorjahre. Das hier sind Monatswerte. Zu den üblichen Monatsschwankungen siehe Statistiken. Die einzige Ausnahme bilden die November- und Dezemberwerte für die spiegellosen Kameras: Sie erreichten in diesen zwei Monaten 2019 einen Spitzenwert.
Aktuelle Fakten und Analysen 2019
Wie immer gilt, dass die Dachorganisation CIPA die Monatszahlen erst mit 2 Monaten Verspätung publiziert. Also kann ich die Dezember-Zahlen 2019 erst im Februar 2020 besprechen.
Saisonal bedingt kam es zu einer deutlichen Erholung im September 2019. Aber insgesamt fiel das Gesamtergebnis schlechter aus als in den Vorjahren: -13,9% bei der Verschiffung und -11,7% bei der Produktion unter dem Vorjahresmonat.
Allerdings konnten sich vor allem die spiegellosen Kameras in der Produktion mit +14,7% über den Vorjahresmonat 2018 verbessern.
Die CIPA-Zahlen für Oktober 2019 waren durchwachsen:
Statt der vollmundig versprochenen Produktionskürzungen aufgrund der vollen Lager wurde die Produktion sogar nochmals um 0,2% gegenüber dem Vormonat September erhöht.
Oktober war oft einer der stärksten Produktionsmonate im Jahr mit durchschnittlich ca. 10% und Spitzenwerten bis zu 11% der Jahresgesamtproduktion. Aus dieser Gewohnheit erklären sich die insgesamt hohen Brutto-Zahlen. Aber eigentlich wollten die Hersteller die Produktion drosseln, weil sie sowieso schon riesige Lagerbestände besaßen. Daraus folgt, dass die im Oktober angekündigten drastischen Produktionsdrosselungen nicht so schnell umgesetzt werden konnten. Das wird wohl in den Folgemonaten erfolgen (müssen). Derzeit geht ein Großteil der Produktion in die Lager.
Oktober war oft auch einer der stärksten Verschiffungsmonate im Jahr, weil das dann die klassische Weihnachtsware ist. Dadurch erklären sich die insgesamt hohen Zahlen. Aber der Markt war das ganze Jahr sehr verhalten. Und alle bisherigen Rückmeldungen weltweit zum Vorweihnachtsgeschäft bis Anfang Dezember waren katastrophal.
Es ist verständlich, dass die Hersteller ihre eigenen Lager räumen wollen, und auch, dass sie die Angebotsseite ankurbeln wollen. Aber ohne große Kaufnachfrage füllt dies nur die bereits vollen Lager der Importeure, Großhändler und Einzelhändler.
Persönlich bin ich deshalb etwas skeptisch, dass die Produktion und die Verschiffung tatsächlich die derzeitigen oder zukünftige Käufe widerspiegeln. Zumindest bei den in Deutschland (im Vergleich zu den USA) noch immer absurd hohen Kamerapreisen wird der Umsatz trotz Weihnachtsgeld keine Sprünge machen.
Statt der vollmundig versprochenen Produktionskürzungen aufgrund der vollen Lager wurde die Produktion nicht einmal um 4,7% gegenüber dem Vormonat Oktober reduziert.
November war (wie September und Oktober) oft einer der stärksten Produktionsmonate im Jahr mit durchschnittlich ca. 10% und Spitzenwerten bis zu fast 11% der Jahresgesamtproduktion. Aus dieser Gewohnheit erklären sich die insgesamt hohen Brutto-Zahlen. Aber eigentlich wollten die Hersteller die Produktion drosseln, weil sie sowieso schon riesige Lagerbestände besaßen. Daraus folgt, dass die im Oktober angekündigten drastischen Produktionsdrosselungen nicht so schnell umgesetzt werden konnten. Das wird wohl in den Folgemonaten erfolgen (müssen). Derzeit geht ein Großteil der Produktion in die Lager.
November war oft auch einer der stärksten Verschiffungsmonate im Jahr, weil das dann die klassische Weihnachtsware ist. Dadurch erklären sich die insgesamt hohen Zahlen. Aber der Markt war das ganze Jahr sehr verhalten. Und alle bisherigen Rückmeldungen weltweit zum tatsächlichen Weihnachtsgeschäft bis Anfang Januar 2019 waren zumindest verhalten.
Positiv ist, dass nun endlich die spiegellosen Kameras (die proklamierte Zukunft) ungefähr die DSLR eingeholt haben. Vor allem das Allzeithoch im November bei der Produktion spiegelloser Kameras mit über 465.000 Kameras ist langfristig positiv zu bewerten, da die Hersteller nun den Umstieg erzwingen wollen. Erschreckend ist hingegen, wie hoch noch immer die Produktion der DSLR ist. Mir bleibt es ein Rätsel, wie die Hersteller diese Kameras mit Spiegeln verkaufen wollen. Fakt ist, dass die Wende zu spiegellosen Systemen auch dieses Jahr noch nicht vollzogen wurde.
Spiegellose Kameras wurden im Dezember 2019 +16,7% mehr produziert als im Dezember 2018.
Kameras mit Spiegel (DSLRs) wurden im Dezember 2019 -15,7% weniger produziert als im Vorjahresmonat.
Kompakt- und Bridge- Kameras wurden im Dezember 2019 -34,9% weniger produziert als im Dezember 2018.
Zum Gesamtjahresergebnis 2019 siehe unten.
Grafiken 2019
Spiegellose Kameras - absolute Zahlen - Verlauf der Produktion 2019 (hell-rot):
Die Zahlen für Februar bis Juli waren miserabel und lagen unter denen beider Vorjahre, im August sogar unter denen von 2016. Erst die deutliche Erholung mit +14,7% im September auf fast den Spitzenwert aus dem Jahr 2017 brachte einen Lichtblick.
Vor allem ist der Trend ernüchternd: +7% im Januar, -16% im Februar, -25% im März, -23,5% im April, - 30% im Mai, fast -35% im Juni, fast -17% im Juli und im August fast -25% zum jeweiligen Vorjahresmonat. Ein angeblich unaufhaltsamer Aufschwung bei spiegellosen Systemen sähe meines Erachtens anders aus. Darüber dürfen auch die positiven Monate September +14,7%, Oktober +6,4%, November + 17,3% und Dezember +16,7% gegenüber 2018 nicht hinwegtäuschen. Das ist die Weihnachtsproduktion für die sowieso überwiegend an Weihnachten gekauften spiegellosen Kameras.
Aber die Hersteller wollten 2019 endgültig die Wende zu spiegellosen Systemen herbeizwingen. Allerdings schienen die Kunden dabei nicht mitzuspielen: Die unverständliche Überproduktion im Herbst ging zu einem erheblichen Teil in die Lager.
Kameras mit Spiegel - absolute Zahlen - Verlauf der Produktion 2019 (hell-rot):
Absolut gesehen war der Start eine Katastrophe. Der negative Trend ist dramatisch: -22% im Januar, -54% im Februar, -46% im März, -29% im April, -29% im Mai, -45% im Juni, -37% im Juli über -36% im August, -19% im September, -22% im Oktober, -31,8% im November und -15,7% im Dezember im Vergleich zum Vorjahr.
Darüber dürfen auch die Produktionserhöhungen im März bis Mai sowie im August und September nicht hinwegtäuschen.
Angesichts der weltweit derzeit wegbrechenden Nachfrage nach Kameras mit Spiegeln hätte ich persönlich die Produktion nicht mehr erhöht. Nach allen vorliegenden Informationen ging ein großer Teil dieser (Über-) Produktion 2019 in die Lager.
Prozentualer Verlauf 2019 je Modellklasse - Verlauf der Produktion 2019 zum Vorjahr 2018:
Vor allem bei der prozentualen Betrachtung wird der Unterschied der drei Klassen: Spiegellose Kameras, Kameras mit Spiegel und Kompakt-/Bridge-Kameras deutlich.
Im Jahr 2019 sah es nur für spiegellose Systeme nur noch mäßig gut aus. Es ergab sich insgesamt -10,2% Rückgang bei der Produktion im Vergleich zum Vorjahr 2018. Auch hier schwächelt der Markt. Darüber darf der enorme Anstieg im Herbst nicht hinwegtäuschen. Dennoch ist Letztes langfristig positiv zu sehen.
Systemkameras mit Spiegel (DSLR) stürzten dramatisch ab. Der negative Langzeittrend summierte sich 2019 auf -33,6% bei der Produktion im Vergleich zum Vorjahr 2018.
Kompakt- und Bridge-Kameras mit fest verbautem Objektiv setzten 2019 ihren Abstieg mit nur -22,9% im Vergleich zum Vorjahr fort.
Verschiffung nach Europa 2019 in Prozent:
Bei der Verschiffung nach Europa hält der seit Jahren negative Trend weiter an. Für 2019 ergibt sich insgesamt ein Rückgang von -19,3% im Vergleich zum Vorjahr.
Völlig sprachlos macht die drastisch erhöhte Verschiffung von März bis Mai - angesichts weitgehend voller Lager und fehlender Nachfrage. Der Hauptanteil dürfte jedoch auf die erhöhte Produktion von Kompakt- und Bridge-Kameras fallen, die vor allem in Europa noch immer gerne gekauft werden.
Dennoch: Entweder ist mir ein geheimer Run auf Fotoapparate entgangen oder die zuständigen Manager waren zu optimistisch an die Beurteilung des Frühsommergeschäftes gegangen. Alternativ bliebe nur, dass die japanischen Zentralen die eigenen Lager in Japan räumen wollten. Frei nach der Prämisse: Volle Lager in Europa sind das Problem unserer dortigen Töchter.
Endergebnisse 2019
Gesamtproduktion an Kameras:
Wie ich bereits mit den ersten Monats-Zahlen für Januar 2019 vorausgesagt hatte, waren es im Gesamtjahr 2019 weniger als 15 Mio. produzierter Kameras - genau 14.862.729. Das ist ein Rückgang von minus -23,8% bei der Gesamtproduktion.
Die oft sehr optimistische CIPA prognostizierte im Frühjahr 2019 rund 17 Mio. Kameras aller Klassen für 2019.
Mir war von Anfang an schleierhaft, wohin diese durch hohen Optimismus des Managements verursachte Produktion gehen sollte. Das landete zu einem erheblichen Teil in Lagern auf der ganzen Welt. Die Lager waren Anfang 2020 weltweit übervoll.
Meine Prognosen lagen das Jahr unter dem Endergebnis, da die Hersteller in einer ungeahnten Herbstproduktionswelle den übersättigten Markt mit weiteren Kameras fluteten. Das war ökonomisch nicht logisch nachvollziehbar. Diese vollen Lager führten (vor allem in den USA) zu einem bisher ungesehenen und gnadenlosen Preiskrieg im Weihnachtsgeschäft 2019.
Kompakt- und Bridge-Kameras:
Kompakt- und Bridge-Kameras fielen um über -22,9% auf 6.622.012 Stück.
Die oft sehr optimistische CIPA prognostizierte im Frühjahr 2019 6,9 Mio. Kompakt- und Bridge-Kameras für 2019.
Meine Prognosen lagen das Jahr über etwas unter dem Endergebnis, da die Hersteller - trotz voller Lager und sinkender Nachfrage - die Produktion bis zum Jahresende sehr hoch hielten. Auch dies war ökonomisch nicht logisch.
Kameras mit Spiegel = DSLR:
Meine Annahme (ohne Zahlen) im Januar 2019: Es ist mit einem Einbruch von bis zu 30% bei den an Endkunden verkauften Kameras mit Spiegel = DSLRs auszugehen.
Sofern die Produzenten (insbesondere Canon und Nikon) schlau sind, rechnen sie angesichts der bereits seit Jahren vollen Lager ebenfalls damit und reduzieren die Produktion um zumindest 20%: auf ca. 5,3 Mio. Stück.
De facto müsste man die Produktion sogar auf mindestens ca. 4 Mio. kürzen, um die vollen Lager vor allem bei APS-C zu leeren.
Systemkameras mit Spiegel fielen um -33,4% auf nur noch 4.417.993.
Trotz voller Lager wurde auch hier weiter auf Halde produziert.
Kameras ohne Spiegel = DSL = DSM:
Meine Einschätzung aus dem Dezember 2018 für 2019 mit einem potentiellen Wachstum von bis zu 15-30% bei den verkauften Kameras ohne Spiegel = DSLs: auf bis zu ca. 5,5 Mio. Stück waren viel zu optimistisch.
Völlig unerwartet und sowie ökonomisch katastrophal fiel sogar die Produktion von Systemkameras ohne Spiegel (spiegellose Kameras) um 10,2% auf nur noch 3.822.724.
Die Zahlen für 2019 lagen für spiegellose Kameras unerwartbar niedrig. Es fanden sich bei Nikon 3 (inklusive Z50) spiegellose Kameras mit jeweils angeblich 20.000 Stück monatlich in der Produktionslinie. Bei Canon waren es ebenfalls 2 - die R und die RP, die man mindestens seit Januar produzieren musste, weil man sie seit Ende März auslieferte. Ähnlich sah es bei Panasonic mit den neuen S1, S1R und S1H aus. Daneben musste auch Olympus die seit März lieferbare neue spiegellose Profikamera E-M1X sowie Fuji die X-T30 schon im Januar und Februar sowie die X-Pro3 ab Spätsommer produziert haben. Das waren alles Kameras, die es weder im Januar 2017 noch im Januar 2018 gab. Also sprechen wir von 7 Vollformat-Kameras und mindestens 4 weiteren mit kleinem Sensor, die neu hinzukamen. Andere Analytiker sprechen von bis zu 22 neuen spiegellosen Kameramodellen (aller Sensorgrößen), welche 2019 herauskamen oder angekündigt wurden. Darunter befanden sich jedoch auch neuere Ersatzmodelle für auslaufende vorhandene Versionen.
Dass man mit 3.822.724 Stück -10,2% unter 2018 (4.257.239) lag und sogar -7,2% unter den Werten für 2017, erstaunte mich sehr.
Es lässt sich nur dahingehend interpretieren, dass Panasonic und Olympus ihre Produktion bei Micro-Four-Thirds deutlich einschränkten. Aber auch Sony habe ich im Verdacht aufgrund der Überproduktion sowohl bei APS-C als auch Vollformat die Produktion 2019 zurückgefahren zu haben. Sogar Fuji schien zumindest seit März dabei zu sein. 2019 wurde auch deutlich, dass selbst die neuen Produkte von Nikon und Canon im spiegellosen Bereich keine große Nachfrage mehr erzeugten. Bei spiegellosen Kameras ging es allen Firmen 2019 schlecht.
Das 2019 ersichtliche Schrumpfen der Produktion bei spiegellosen Kameras war verheerend für die klassische Fotografie. Da spiegellos die Zukunft sein soll, bedeutet dies, dass auf lange Sicht die ökonomische Zukunft auf dem Niveau der 2019 und 2020 jeweils produzierten spiegellosen Kameras liegen wird. Wer angesichts des Preiskriegs 2019 oder 2020 nichts kauft, der wird das kaum in den Jahren danach tun. Alles unter 5 Mio. Stück Jahresproduktion bei spiegellosen Kameras beschleunigt deshalb den Weg in die Nische / Bedeutungslosigkeit der Hi-Fi-Branche drastisch. Ein Wert unter 4 Mio. ist sogar eine Katastrophe. Siehe hierzu den neuen Artikel Risiken mit Auswirkungen bis 2030.
Alle Analysen aller Marktbeobachter und sämtliche Hoffnungen aller Manager für 2019 bezüglich spiegelloser Kameras waren viel zu optimistisch.
Nach Anfangserfolgen bei Neumodellen ab Herbst 2018 brach der Verkauf schnell weg.
Von Herbst 2018 bis zum Jahresende 2019 wurden ca. ein Dutzend neuer spiegelloser Kameras auf den Markt gebracht. Aber die Kunden kauften nun eher zögerlich, obwohl die Qualität der Produkte deutlich höher lag als bei älteren spiegellosen Modellen der früheren Generationen, welche damals zu überteuerten Preisen in Massen gekauft wurden. Auch der nominal hohe UVP-/Hersteller-Preis kann es nicht alleine sein, denn de facto sind die realen Endkunden-/Marktpreise in Relation zur gebotenen Qualität der Kameras gesunken.
Es bleibt das bereits oben und in meinen anderen Artikeln zu spiegellosen Kameras bemängelte Geflecht aus vielen schwer zu kalkulierenden Faktoren wie: Fehlendes Gesamtsystem bei Canon und Nikon im neuen Vollformat-Bereich ohne Spiegel aufgrund des jeweils neuen Bajonettes (derzeit fehlendes Gesamt-Öko-System), zu hohe Preise der neuen hochwertigen Objektive bei allen Herstellern, Unsicherheit über die weitere Entwicklung bei DSLRs und bei spiegellosen Modellen, damit einhergehend unklarer Investitionsschutz. Ferner bleiben natürlich die alten Risiken wie altersbedingtes Ausscheiden bis hin zum Wegsterben vieler Fotografen, zunehmende Rezessionsangst (angesichts weltweiter politischer und wirtschaftlicher Wirren), Frust über das jahrelange Verhalten der Kamerahersteller, die keine Lösungen für die wahren Probleme liefern (bis hin zu Betrug), das Gut-Genug-Syndrom, der sich verschlechternde Service für Amateure und die sich rasend schnell verbessernde Bildqualität der Smartphones etc.
Hinzu kommt der Absturz der Verkäufe bei Micro-Four-Thirds bei Olympus und Panasonic im Fotobereich, sowie die signifikanten Verkaufsrückgänge bei APS-C-Modellen ohne Spiegel bei Sony, Fuji und auch Canon seit 2018.
Da die Zahl der produzierten spiegellosen Kameras 2019 10,2% abgenommen hat, aber der Wert der produzierten spiegellosen Kameras im gleichen Zeitraum hingegen um 5,6% gestiegen ist, lässt sich hieraus eindeutig ablesen, dass die kleinen Modelle mit kleinem Sensor in preiswerteren Kameras am meisten litten.
Derzeit scheinen diese Rückgänge der kleineren Sensoren jeden zahlenmäßigen Zugewinn der neuen Modelle im Sektor Vollformat ohne Spiegel mehr als auszugleichen.
Zum Verständnis: Die Hersteller erzielten zwar mit den neuen Vollformat-Modellen mehr Einnahmen je Stück. Aber das lukrative Massengeschäft bei den sogenannten Crop-Sensoren (MFT und APS-C) litt 2019 überproportional.
Auch das durch Überproduktion im Herbst herbeigezwungene Weihnachtswunder blieb weitgehend aus, führte nur zu einer Preisschlacht in den USA vor Weihnachten und angesichts voller Lager auch bei spiegellosen Modellen weltweit zu großen Rabatten nach Weihnachten.
Vermutlich stehen auch die meisten Manager derzeit vor einem Rätsel: Sie taten 2018/19 das, worum die meisten Fotografen und Zeitschriften sowie Influencer sie jahrelang gebeten hatten, erhielten jedoch 2019 neben dem Ärger für den überstürzten Wechsel zu Spiegellos nun auch noch verspätet die Prügel für frühere Sünden.
Die oft sehr optimistische CIPA prognostizierte 10 Mio. ILC-Kameras (Systemkameras mit und ohne Spiegel zusammen) für 2019. Spiegellose Systemkameras und solche mit Spiegel (DSLRs) kamen hingegen zusammen nur auf 8,2 Mio. Stück.
Fazit 2019
Bei Kompakt-, Bridge- und Systemkameras mit Spiegel habe ich eine geringere Produktion erwartet. Bei spiegellosen Systemen vermutete (nicht nur) ich eine signifikant höhere Zahl für 2019.
Das Gesamtergebnis habe ich hingegen dennoch ziemlich genau voraussagen können.
Der von allen Herstellern so lautstark medial herbeigesehnte Umstieg auf spiegellose Systemkameras kam 2019 nicht zustande.
Ganz im Gegenteil wurden in allen Sektoren bei sinkender Produktion und noch schneller sinkender Nachfrage weiterhin auf Halde produziert.
Dennoch wird aufgrund der Diskrepanz der Produktionszahlen von 14.862.729 zur Verschiffung in Höhe von 15.216.957 deutlich, dass die Hersteller ihre eigenen Zentrallager etwas verringerten. Trotzdem bleib der zentrale Lagerbestand Ende 2019 hoch.
Diese Entwicklung halte ich für katastrophal. Wenn die Hersteller nun nicht ganz schnell die wahren Probleme der Fotografie angehen und dafür schnellstmöglich die gewünschten Lösungen anbieten, sehe ich erhebliche ökonomische Risiken bis 2030.
Der Weg der klassischen Fotografie in die Nische ist nun sowieso nicht mehr aufzuhalten.
Zu den Einzel-Analysen der Folgejahre siehe die jeweiligen Einzelartikel in der Navigation: Die Foto-Wirtschaft 2020
Verlust oder Gewinn?
Weltweit erklären die meisten Firmen und die Analytiker, dass die Kamerahersteller noch immer satte Gewinne erwirtschaften und man sich als Kunde oder Aktionär keine Sorgen zu machen bräuchte.
Im Gegensatz hierzu wage ich die Vermutung, dass bereits 2016 viele Kamerahersteller mit ihren Fachabteilungen klassische Kameras und Zubehör (ganzheitlich betrachtet, siehe unten) in der Verlustzone arbeiteten. 2017 gelang es manchen Herstellern bei den Produktionszahlen und Verschiffungen (in der internen Zentral-Bilanz in Japan) durch neue Hochpreisprodukte eine Wende herbeizuführen. Aber das sind keine weltweiten Endkundenverkaufszahlen.
Der Unterschied liegt in der Betrachtungsweise.
Korrekt ist, dass die meisten japanischen Kamerahersteller als Mischkonzerne breit aufgestellt sind und der Gesamtkonzern in Japan durchaus Gewinne erwirtschaften kann.
Fakt ist jedoch auch, dass nach 10 Jahren Niedergang und ausgereizten Einsparbemühungen auf allen Ebenen im Kamerabereich schlichtweg die Kundennachfrage fehlt.
Wie entstehen nun die andersartigen (positiven) Zahlen in den Bilanzen.
Vorab: Ich gehe nicht so weit zu behaupten, dass es sich hierbei um Bilanzfälschung handelt. Nennen wir es einfach einmal kreative Buchführung. Diese ist bei den nach außen hin sowieso kaum etwas kommunizierenden japanischen Firmen besonders leicht möglich.
Viele japanische Firmen sind konsensgeführt. D.h. das Management einigt sich meist auf ein gemeinsames Vorgehen. Das schützt den Einzelnen und verhindert Gesichtsverlust. - Oder, wie ein anderer Bekannter angesichts des gravierenden Alkoholproblems japanischer Manager süffisant zusammenfasste: Da wird so lange getrunken, bis alle zustimmen. Die angeschlagene Leber der meisten Topmanager lässt dann sowieso keine langen Gelage mehr zu.
Angenommen ein Bereich (unter vielen im Konzern) schwächelt momentan. Dann wird man gewisse Umschichtungen im Konzern vornehmen, die das Einzelergebnis jener Sparte nicht so negativ aussehen lassen. Die Bereiche mit Gewinn können höhere Lasten verkraften. Gewinn ist schließlich Gewinn, und derjenige Spartenleiter wird seine Provision sowieso erhalten.
Folgende Bereiche sind u.a. notorisch dafür bekannt, dass ihre Kosten sehr flexibel verrechnet werden können:
Image-Werbung für den gesamten Konzern
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Sponsoring
(Grundlagen-) Forschung. Schon so mancher Forschungsetat wurde einem anderen Bereich zugerechnet, nur, weil dieser auch etwas Ähnliches evtl. zukünftig benötigen könnte.
IT-Kosten. Diese Kosten sind in einem modernen Konzern extrem, sodass 5-10% mehr oder weniger Kostenbeitrag durchaus den Unterschied zwischen Gewinn und Verlust in einer Sparte bedeuten können.
Rechtsabteilungen und Rechtskosten.
Investitionen und Abschreibungen. Nicht nur Immobilien, sondern auch Geräte werden nicht selten in andere Tochterunternehmen / Sparten ausgegliedert und verrechnen die Kosten dann wie vom Top-Management gewünscht.
Patentkosten. Manche internationalen Konzerne rechnen z.B. in Europa auf diese Weise ihre gesamten Gewinne weg. So etwas funktioniert natürlich auch (umgekehrt) mit Sparten innerhalb eines Großkonzerns.
Selbst Dinge wie Service-Kosten kann man sehr kreativ verrechnen.
Ein weiterer Trick besteht darin, die Jahresproduktion im letzten (Bilanz-/Finanz-) Quartal sinnlos nach oben zu fahren (wie im Fotobereich 2016/17 geschehen), oder die übervollen Zentrallager durch Verschiffungen zu leeren, um so das Jahresendergebnis zu schönen. Denn die verschifften Kameras werden dem Mutterkonzern sofort als an die Tochterunternehmen verkaufte Produkte gutgeschrieben. Ebenso geschieht es mit den Einnahmen, obwohl es beim Endverbraucher (den Fotografen) weder Verkäufe noch Einnahmen gab.
Ein weiterer Trick sind die gezielten Verkäufe an den Graumarkt (meist in Asien beheimatete Großhändler) im letzten Bilanzquartal, um auch so noch Ware irgendwie abzustoßen und positiv in der Bilanz zu verbuchen.
Die Tochterunternehmen im Ausland haben hierbei kein Mitspracherecht und müssen selbst sehen, wie sie damit klarkommen. Im Zweifel werden sogar erhebliche Verluste der Töchter z.B. in Europa oder den USA in Kauf genommen. Dann kann man dort Steuern einsparen oder sogar gegen spätere oder frühere Gewinne verrechnen und noch mehr Geld sparen.
Bevor nun westliche Manager dieses System der Konsensfindung belächeln, sei ein Argument angebracht, das sicherlich jeden Kritiker überzeugt: Japanische Manager rotieren oft innerhalb des Konzerns. Falls sich tatsächlich ein Manager querstellen sollte, so erhält er bei der nächsten anstehenden Sparten-Rotation den defizitären Bereich und stünde - ganz nach seinem Wunsch - ohne die Hilfe der anderen mit den Verlusten da.
Dass es jedoch überall finanziell sehr schlecht aussieht, wurde Anfang 2017 bei z.B. Panasonic sichtbar, wo man drastische Umstrukturierungen in der Fotosparte verkündete. - Bevor nun alle über diese Firma herfallen: Dort hat man zumindest den Ernst der Lage erkannt, Maßnahmen ergriffen und diese sogar verkündet - wenn auch typisch japanisch, also: höflich, gesichtswahrend und indirekt. - Davon waren damals einige andere Konzerne noch weit entfernt.
Ganz düster soll es seit 2018 in den Fotosparten bei Olympus und Pentax aussehen.
Jedoch sind auch die anderen Konzerne seit Jahren bemüht, Zahlen zu verschleiern, indem Sie unterschiedliche Produkte zu größeren Bereichen zusammenfassen, sodass man nur sehr schwer noch etwas über den Teilbereich Kameras und Objektive aussagen kann.
Wichtig ist auch die Betrachtungsweise Japan oder global:
Die japanischen Mutterhäuser verkaufen ihre Produktion im Zweifel zwangsweise an ihre Töchter im Ausland, die alles abnehmen müssen. So erwirtschaftet der Mutterkonzern in Japan Gewinn.
Als ganzheitlich denkender Mensch analysiere ich jedoch die ganze Vertriebskette bis zum Endkunden weltweit.
Die Töchterunternehmen sind als Generalimporteure allerdings zur Abnahme jeder Verschiffung der Zentrale gezwungen, bauten erhebliche Lagerbestände auf, die sie teilweise bis heute nicht abbauen konnten, und bleiben im Zweifel auf den Verlusten sitzen.
Noch schlimmer sieht es aus, wenn die Töchterunternehmen die Waren mit allzu optimistischen Prognosen und Versprechen (bezüglich Werbeetats und Markterholung) an Einzelhändler weiterverkauften, die dann ebenfalls große Lagerbestände aufbauten und zunehmend auf den Verlusten sitzen blieben. Angesichts oft drastischer Preisschlachten ab 2019 der Elektronikmärkte, welche inzwischen alles verramschen, was nach einer gewissen Zeit nicht abverkauft ist, verstärkte sich das Problem sogar.
Seien Sie also vorsichtig, wenn jährlich die Kamerahersteller und vor allem bezahlte Analysten wieder die Bilanzen loben und von angeblich kerngesunden Firmen sprechen, welche solide Gewinne erwirtschaften.
Wie gewöhnlich begann Canon 2017 die Reihe: Der Haken liegt bei Canon darin, dass der Kamerabereich im Gesamtsegment Imaging mit u.a. den Druckern geführt wird. Deshalb sind Einzelaussagen oft so schwierig. Aber die Wortwahl war im April 2017 bezeichnend. Beim Modell 5DIV sprach man von gesunder Nachfrage im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die erst im Sommer 2016 erschienene 5D Mark IV wurde hier wohl mit der Mark III verglichen, für die sich als Auslaufmodell im Vorjahreszeitraum kaum jemand mehr interessierte. Also war eine Steigerung wohl zu erwarten. - Bei den Edel-Kompaktkameras sprach man von solider Nachfrage. Wenn man im ersten Quartal 2017 bei Edelkompaktkameras eine Steigerung oder auch nur eine Stabilisierung erzielt hätte, dann hätte man sicher diese Worte verwendet und sich nicht wieder verbal so durchlaviert.
Im August 2017 stellte sich heraus, dass in allen Firmen weiter drastische Sparmaßnahmen durchgeführt wurden, um die Bilanzen im Gewinnbereich zu stabilisieren. D.h. die Nachfrage der Kunden hielt sich noch immer in Grenzen.
Bei Kameraherstellern handelt es sich um kommerzielle Unternehmungen, die Gewinn erwirtschaften müssen. Die meisten sind Aktiengesellschaften, deren Anteilseigner jährlich Dividenden erwarten. Überdies haben alle Firmen hohe Kredite bei Banken laufen, die regelmäßig bedient werden müssen.
Da die Kamerahersteller in den letzten Jahren praktisch alle internen Sparpotentiale ausgereizt haben, bleibt nur noch die Preiserhöhung. Letztere lässt sich jedoch nicht immer am Markt durchsetzen.
Die Geldgeber (= Banken) und Aktionäre sind im Übrigen nicht so dumm und leichtgläubig, erkennen die kritische Lage der Fotoindustrie und fordern als Risikozuschläge gnadenlos Dividendenerhöhungen, welchen die Firmen seit 2018 nachkamen. D.h. sie bezahlen den Aktionären Stillhalteprämien. Denn Panikverkäufe an den Börsen will man auf jeden Fall vermeiden.
Im Januar 2019 stellte der Canon-CEO klar, dass man nur noch ca. 25% des Umsatzes mit dem gesamten Sektor Imaging erziele, woran Fotokameras nur noch einen kleinen und ständig schrumpfenden Anteil haben. Die größten Umsätze und Gewinne wurden dabei 2018 überwiegend aus der florierenden Imaging-Teil-Sparte Drucker erzielt. Dies belegt, dass Canon den Wandel weg von klassischen Fotokameras schon weitgehend vollzogen hat. Punkt.
Die Jahresgesamtergebnisse für 2018 kamen bei Canon Anfang Februar 2019 heraus: Der Konzern erwirtschaftete insgesamt solide Gewinne. De facto erzielte der Imaging-Bereich aber nur noch 24,8% des Konzern-Netto-Umsatzes und 27,1% des Konzern-Gewinnes. Aber dies lag überwiegend an den dort untergebrachten Druckern sowie im Gesamtkonzern bei den Netzwerk-Überwachungskameras, welche sich (wie vor Jahren angesichts der miserablen Sicherheitslage bereits vorausgesagt) blendend verkaufen und noch weiter wachsen. Deshalb wirkt die Prognose für 2019 noch schwerer für den klassischen Kamerabereich. Trotz Wachstums einzelner Teilsparten wird das gesamte Segment Imaging mit -3,9% beim Umsatz und -12,8% beim Gewinn veranschlagt. Das entspricht in etwa meinen 30% prognostizierten Rückgängen bei Kameraverkäufen im APS-C-Bereich. - Erfreulich ist hingegen, dass man den exorbitanten Lagerbestand des 3. Quartals zum Jahresende drastisch auf 52 Produktionstage reduzieren konnte.
Ganz deutlich wurde für 2019ff. vorgegeben: Profitablen (=teuren) Bereich der Vollformatkamera stärken, hin zu profitablen (=teuren) Objektiven verlagern und weitere Automatisation der Produktion, um dort Kosten zu sparen. Daraus folgt klar: Weniger APS-C und weniger billige Objektive. - Ferner KI für selbständige Überwachungskameras.
Generelle Szenarien nach 2020
Bis im Sommer 2015 hätte auch ich darauf gewettet, dass die Fotokamerahersteller alle Stürme einfach aussitzen. Hinter den meisten Kameraherstellern stehen als Haupteigner oder zumindest Anteilseigner sehr große, wohlhabende Konzerne, die sich eigentlich die Fotografie als (quersubventioniertes) Hobby leisten könnten. Seit Samsungs undenkbarem Unfall Ende 2015 in Europa hat sich die Welt jedoch verändert. Seit damals wurde alles denkbar.
Immer wieder wird über Japan ziemlich veraltetes vermeintliches Insider-Wissen publiziert, das meine Thesen angeblich widerlegen würde:
So würde das Keiretsu-System jeden Bankrott in Japan verhindern. (Keiretsu deutsch, Keiretsu englisch). Dabei handelte es sich um ein für Westler ziemlich undurchsichtiges Kartellsystem mit Firmenverflechtungen. Aber seit den 1990er Jahren hat sich hier aufgrund der Globalisierung und den internationalen Gesetzen zum Welthandel viel verändert.
So würde in Japan das angeblich nicht existente Insolvenzrecht und die traditionelle Angst vor Gesichtsverlust jeden Konkurs oder Verkauf - ja sogar Entlassungen, Firmenschließungen etc. unmöglich machen. Das japanische Recht hierzu orientierte sich im Übrigen zuerst an Deutschland und Österreich sowie nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmend an den USA. Ferner ist es falsch, dass es in Japan früher keine Insolvenzen gab (allein 1994: 60.291 Quelle). Und zweitens hat sich auch hier vieles grundsätzlich geändert. Japan besitzt seit ca. 2000 ein sehr interessantes Insolvenzrecht, das Insolvenzverfahren attraktiver, zugänglicher und transparenter macht. Im Übrigen darf man in Japan inzwischen auch über das Scheitern sprechen, ohne gleich Selbstmord begehen zu müssen. Und wir werden mit der Takata-Insolvenz evtl. einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie es auch bei den ganz großen Firmen angewandt wird. Takata geriet wegen fehlerhafter Airbags in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Bisher galt die Automobilindustrie mit ihren vielen Arbeitsplätzen als eine der heiligen Kühe, welche der Staat schützte.
Japan ist seinen Traditionen sicherlich noch wesentlich enger verbunden als viele andere westliche Länder. Aber es war auch immer wieder Japan, das sich durch extreme Veränderungen wie z.B. bei der erzwungenen Öffnung 1868 (z.B. Meiji-Restauration) und nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg sehr schnell und sehr deutlich an den Westen anpasste und sogar viele Dinge präziser übernahm als die Vorgaben waren und alles effektiv ausgestaltete sowie effizienter umsetzten. Besonders diese schnelle und unglaublich genaue Umsetzung neuer Dinge war ein Grundpfeiler des japanischen Erfolges.
Selbstverständlich ist Japan anders als die USA oder Deutschland. Aber man sollte den bereits stattgefundenen Wandel dort nicht verkennen.
Konzernumstrukturierungen in eine Holding mit Ausgliederung aller Fachbereiche werden dominieren. Da dies bereits in vielen Firmen stattgefunden hat bzw. derzeit stattfindet, deutet sich an, dass die Firmenlenker die Probleme erkannt haben und zukünftig auch die schwächelnden Bereiche zusammenfassen, eingliedern, ausgliedern und bei Bedarf verkleinern, oder sogar verkaufen und schließen werden.
Auch halten sich seit Jahren Spekulationen, Gerüchte und Vermutungen über Fusionen und Übernahmen (z.B. Sony und Nikon). Dazu könnte es durchaus kommen, wenn der Staat die Firmen bei drastisch zunehmender Krise zwingt, um eine feindliche Übernahme aus dem Ausland zu verhindern. Für eigene Einkäufe werden jedoch nur wenige Banken den japanischen Firmen angesichts der schrumpfenden Märkte das Geld leihen. Die Aussichten, das Geld zurückzubekommen, sind im Fotobereich gering.
Ferner wächst zunehmend der Widerstand der Firmen, sich vom Staat so gängeln zu lassen. So wurde offensichtlich Canon 2016/17 dazu gedrängt, eine andere marode Firma zu übernehmen. Früher wäre bereits dies nicht bekannt geworden. Aber der Vorstand ging sogar noch weiter und verkündete in einer öffentlichen Pressekonferenz, dass er für die gewünschte Firmenübernahme nicht das erforderliche Kapital besäße. So etwas wäre noch vor 20 Jahren völlig undenkbar gewesen.
Eiserne generelle Sparmaßnahmen sind zu befürchten. Sie zeigen jedoch nur kurzfristige Vorteile für die Firma und deren Aktionäre - jedoch Nachteile für die Kunden. Damit lassen sich weder die Marktsättigung, noch die Marktschrumpfung, noch die geänderten Trends verändern.
Einschneidende Reduktion des Produktportfolios vor allem in den Verlustbereichen (Kompakt-, Bridge-, APS-C-Kameras) dürften folgen.
Schließung von Teilsparten der Kameras - zusammen oder nacheinander (also ein Sterben in Raten). So könnten die großen Platzhirsche sich auf Raten komplett aus dem Kompaktbereich, dem kleinen spiegellosen Bereich (MFT) und aus dem Bereich der APS-C-Kameras zurückziehen auf die sowieso renditesicheren Vollformatkameras. Siehe hierzu die Entwicklungen seit Herbst 2018: Sensor-Sterben.
Schließung von Teilsparten des Kamerazubehörs. In vielen Bereichen bieten die Kamerahersteller bis heute Zubehör an, das derart überteuert ist, dass es nur von wenigen Fotografen in eher geringen Stückzahlen erworben wird. Vermutlich wird man hier sehr schnell den Rotstift ansetzen, da den Kunden durchaus hochwertige Alternativen zur Verfügung stehen.
Schließung von Standorten. Bei den Supportzentren beträfe dies die Kunden direkt. Bei der Schließung von Produktionsstandorten beträfe dies nur die dortigen Arbeiter. Am 30.10.2017 gab Nikon die Schließung seiner gesamten chinesischen Zweigfirma (nicht nur der Produktion) bekannt. 2.500 Angestellte wurden entlassen, welche bis dahin u.a. Kompaktkameras und Objektive herstellten. Dass dies erst der Anfang war, bezeugte Nikon mit der süffisanten Randbemerkung, dass es seit November 2016 einen globalen Restrukturierungsplan ausarbeite. - Um die Dramatik zu verdeutlichen: China ist der weltweit größte Markt. Was glauben Sie, wie schnell solche Entscheider auf ein kleines europäisches Land verzichten, sobald die Gewinne nicht mehr stimmen.
Weitere Verlagerung mancher Produktionsstandorte von billigen Ländern in Südasien in Länder mit noch billigeren Arbeitskräften (z.B. Afrika). Das würde wieder die schon einmal erlebten Konsequenzen für Kunden und Firmen haben: geringere Qualität, Rückrufaktionen, erhöhter Verwaltungsaufwand, verärgerte Kunden und Image-Schaden.
Dem widerspricht nicht der Trend mancher Firmen (z.B. Canon), die Entwicklung und Produktion der lohnendsten Sparten wieder in das Mutterland zu holen oder dort zu belassen, um für die teuersten Produkte das Image Made in Japan teuer zu bewerben und zu verkaufen. Hierfür setzt man zunehmend auf Roboterstraßen, welche inzwischen (alles eingerechnet) zuverlässiger und preiswerter arbeiten als Billiglöhner. Ferner muss man dabei immer die Relationen betrachten und einmal die offiziell angegebenen sonstigen Produktionsstandorte überall in Asien miteinbeziehen. Im Übrigen werden in den Firmenhochglanzbroschüren i.d.R. nicht die ausländischen Unterauftragnehmer aufgeführt, bei denen man teilweise erhebliche Produktionen ausgelagert hat.
Rückzug aus (vor allem wechselkurstechnisch) nicht mehr rentablen Ländern und Weltregionen - insbesondere Europa und Russland. Dies mag zuerst nur für einzelne Produktgruppen gelten (z.B. für APS-C-Kameras). - Nachtrag: Diese im Sommer 2015 von mir vorhergesagte Veränderung wurde von zahlreichen Analysten und auch Fotografen heftig als völlig unrealistisch kritisiert. Am 06. November 2017 wurde bekannt, dass Nikon seine gesamten Geschäfte in Brasilien zum Jahresende einstellt. Dort haben Kunden dann nur noch Zugriff auf Graumarktwaren ohne jede Rechte, Garantie oder Service für Neuprodukte. Nikon schreibt sogar ausdrücklich, dass dort danach jeder Service - auch für Altgeräte der Bestandskunden - Geld kostet (Brasilianische Quelle). Andere Länder mit schwacher Währung oder anderen Problemen werden folgen.
Für zahlreiche Firmen bieten auch Fusionen in der heutigen Zeit strategische Vorteile: So würde sich z.B. Nikon aufgrund des Konzentrationsprozesses bei der Sensorherstellung auf Sony in einer Partnerschaft / Zusammenarbeit mit Samsung ein weiteres Standbein schaffen und somit weniger abhängig resp. erpressbar sein.
Falls an den Gerüchten des Verkaufs der Fotosparte resp. der Zusammenarbeit von Samsung mit Nikon (2016) etwas dran sein sollte, dann stellen sich - wie generell bei solchen Übernahmen, Fusionen, Partnerschaften etc. - erhebliche Fragen, und neue Probleme tauchen auf.
Was wird veräußert bzw. übernommen?
Nur der Produktname (also nur die Image- resp. Marketing-Hülle). Das würde das komplette Ausscheiden der Produkte bedeuten. Die bisherigen Kunden hätten Fehlinvestitionen getätigt.
Die Patente: Damit käme es zuerst zu einem Verschwinden der Technik - einer Blockade für Konkurrenten, welche die patentierte Technik nicht oder nicht mehr verwenden dürfen. Nach einer - allerdings langfristigen - Einarbeitung könnten die eigenen Techniker diese Patente dann in ihre eigenen Produkte einbauen. Das ist in einer idealen Welt sinnvoll. Aber in der momentanen Umbruchsituation würde die Umsetzung zu lange dauern.
Nur die Produktions-Technik wird übernommen: Das klingt auf den ersten Blick verlockend. Aber ohne die Know-How-Träger der alten Firma ist so etwas ziemlich wertlos. Die tatsächlichen Arbeits-Prozesse sind heute derart komplex und keineswegs immer verständlich dokumentiert, dass man so etwas nicht einfach nur als Sache übernehmen kann.
Die ganze Foto-Abteilung oder zumindest der meisten Know-How-Träger werden übernommen: Nur so lässt sich - zumindest rein theoretisch - eine halbwegs funktionierende Kontinuität bewerkstelligen. Nur so lässt sich der Know-How-Transfer halbwegs sicherstellen.
Bleibt der Entwicklungs-/Produktions-Standort erhalten? Wenn nein, werden nur die wenigsten Fachkräfte den Umzug langfristig mitmachen.
Aber selbst dann stellt sich die Frage nach den Details: Wird die ganze Produktion übernommen und identisch weitergeführt? Oder kommt es nur zu Ausschlachtung mit anschließender Insolvenz der Hülle (= Angestellten).
Wie werden die Details weitergeführt? Bleibt der Bajonettanschluss erhalten? Oder wird er durch den eigenen von Nikon ersetzt?
Werden die Objektive übernommen und weiterentwickelt? Oder wird alles in einer Übergangszeit lust- und lieblos irgendwie durch billige, unergonomische Adapter verbunden?
Oder wird aus der Kamera nur die Technik übernommen und diese in ein anderes oder neues Produkt eingepflanzt? - Der möglichen Varianten ist kaum eine Grenze gesetzt.
Sind Fusionen und Übernahmen bereits innerhalb eines Landes kompliziert, so wird im asiatischen Raum die Übernahme durch Konzerne aus einem anderen Land zusätzlich durch das jeweilige nationale Befinden, Denken, die kulturellen Einflüsse und die Geschichte mitbestimmt. So kann das Verhältnis der Koreaner zu den Japanern aufgrund des Zweiten Weltkrieges noch immer als belastet bezeichnet werden. Nicht wenige Koreaner sehen sich noch immer als die (nun erneut) Unterlegenen, die Opfer der damaligen Besatzer, und betrachten viele Japaner als uneinsichtige, arrogante Nationalisten, welche die Koreaner noch immer oder erneut demütigen wollen. - Es geht hier nicht um die Realität, sondern bei Fusionen und Übernahmen vor allem um oft undefinierte Ängste kombiniert mit vagen Vorurteilen.
Deshalb muss die japanische Firma Nikon ihre besten, psychologisch geschulten Kommunikatoren nach Korea entsenden, um den maximalen Nutzen aus der Fusion zu ziehen. Ansonsten wird sich die Übernahme als kaum verdauliche Kost erweisen, die dem Konzern jahrelang schwer im Magen liegt und finanziell unerträglich belastet. Allerdings sind die Führungsstile der meisten asiatischen Manager nicht für sensible Kommunikation bekannt.
Auch wenn es derzeit um jene geplante Fusion zwischen Samsung und Nikon (vermutlich aus exakt obigen Gründen) ruhig geworden ist, so gilt das Gesagte auch für alle anderen angedachten oder zukünftigen Fusionen.
Um es festzuhalten: Die meisten Fusionen und Übernahmen bleiben weit hinter den gesteckten Erwartungen der Top-Manager zurück oder scheitern sogar komplett. Lassen Sie sich von den Euphemismen der Presseabteilungen nicht täuschen. Ich habe sowohl als leitender Angestellter wie auch als externer Berater die Euphorie am Anfang, das darauffolgende Chaos und die anschließende Frustration in fusionierenden Firmen miterlebt. Nicht wenige (auch vermögende) Firmen haben sich mit einer Übernahme oder Fusion schweren, langanhaltenden Schaden zugefügt.
Auf die alten Kunden der übernommenen Firma kommen auf jeden Fall Probleme zu. Und sei es nur, dass die (Kamera-) Firmware oder die RAW-Dateien nicht weiter unterstützt werden. De facto wird sich so etwas binnen weniger Jahre für den Nutzer zum Totalschaden entwickeln, sobald die alte Software nicht mehr funktioniert.
Als weiteren generellen Effekt der Krise wird es zu Kooperationen mit derzeitigen Konkurrenten kommen, um Synergieeffekte zu nutzen. - Dieser Trend wurde seit Jahren hinter den Kulissen betrieben und wird - typisch japanisch verschwiegen - weiter intensiviert. Die angeblichen Konkurrenzfirmen sind keineswegs spinnefeind miteinander, sondern arbeiten immer intensiver im Bereich Kameras zusammen, weil sie es zum eigenen Überleben müssen.
Zwangsweise wird es zur Reduktion auf die finanziell ertragreichen Bereiche kommen. Vor der Digitalisierung produzierte kaum ein Kamerahersteller auch die Filme. Deshalb ist es denkbar, dass man die gesamte sehr aufwändige Forschung, Entwicklung und Produktion der Sensoren einer anderen Firma überlässt. Da Sony seine Sensorsparte aus dem Fotobereich ausgegliedert hat und Nikon bereits seit Jahren fremde Sensoren verwendet, ist dies ein sehr wahrscheinliches Szenario, das sogar für Canon zukünftig gelten könnte. - Siehe hierzu den Artikel: das Sensor-Dilemma.
Adapter-Lösungen als Übergang zum gemeinsamen Standard:
Da seit einigen Jahren Adapter zunehmend an Interesse in der Fotografenszene gewinnen, besteht ganz offensichtlich bei vielen Anwendern ein Bedarf, an ihre Kameras unterschiedliche Objektive anzuschließen.
Nachweislich hat dies bisher keine Nachteile für die Kamerahersteller. Ganz im Gegenteil. Man könnte sich somit einen völlig neuen Kamerastandard vorstellen, der schmaler ist, als moderne spiegellose Systeme (z.B. Nikon Z als Referenz). Dann könnte man mit automatisch arbeitenden, elektronischen Adaptern alle anderen alten Objektive aller Hersteller daran anschließen und mit allen Funktionen weiterverwenden - zumindest während einer Übergangszeit.
Für die neuen Sensoren mit 70-, 100- und mehr Mega-Pixeln wird man sowieso neue Objektive berechnen, konstruieren und bauen müssen.
Bei einem derartigen allgemeinen Standard ließe sich nebenbei auch der fünfdimensionale Verwacklungsschutz in der Kamera standardisieren, wodurch sehr viel Geld bei der Entwicklung und dem Bau vieler Objektive eingespart würde.
Insgesamt wären dadurch kleinere, leichtere und preiswerter Objektive möglich.
Zeiss, Sigma, Tokina, Tamron und andere belegen, dass man mit Objektiven, die an viele Systeme passen, durchaus gute Geschäfte machen kann.
Auch in der Micro-Four-Thirds-Klasse litt kein Hersteller unter dem seit Jahren etablierten Standard für Objektive.
Selbst, wenn dies heute undenkbar scheint, so wird man dies nach zwei bis drei weiteren verlustreichen Jahren in den Konzernzentralen wohl neu bewerten.
Vielleicht hilft dabei ja auch ein Blick in die Geschichtsbücher. Z.B. Canon und Nikon arbeiteten um den Zweiten Weltkrieg herum erfolgreich zusammen.
Auch in anderen für Einzelfirmen unrentablen Teil-Bereichen wird man sich vermutlich auf Ausgliederung und dann Standards einigen: Blitzgeräte (Sockel, Steuereinheiten), Fernauslöser / Fernbedienungen, GPS, Wi-Fi etc.
Daraus resultierende Entlastungen der Entwicklungsteams in den Rest-/Kernfirmen würden einerseits zu sinkenden Personalkosten und andererseits zu freien Kapazitäten für die Weiterentwicklung des Kerngeschäftes führen.
Ferner würde auch in den Bereichen der Objektive nicht mehr der Zwang aller Firmen bestehen, alle Brennweiten bei Zooms und Festbrennweiten abzudecken, sondern man könnte sich auf die eigenen Kompetenzbereiche fixieren. Und selbst Überschneidungen der verschiedenen Hersteller im Angebot waren bisher kein Problem und werden es auch zukünftig nicht sein, da jedes Objektiv Vorzüge und dafür andere Nachteil aufweist, sodass sich jeder Fotograf das für seinen Aufgabenschwerpunkt optimale aussuchen kann.
Selbstredend würden die Kunden angesichts von Standards sowohl beim Kameraanbieter sowie den Objektiven häufiger wechseln. Selbst, wenn es letztendlich nicht für alle Anbieter in puncto verkaufter Stückzahlen ein Nullsummenspiel wird, so sinken für alle Hersteller die Kosten drastisch, sodass sich davon trotzdem leben lässt. - Alternativ steht sowieso nur die komplette Abwanderung der Kunden zur Konkurrenz oder zu immer weiter verbreiteten Drittanbietern bei Objektiven.
Angesichts bereits vorgefallener Ereignisse darf man jedoch auch nicht ausschließen, dass manche Firmen sich in höchster Not sogar zu kartellrechtlichen Absprachen bereitfinden. Verboten oder nicht, die Folgen für die Fotografen wären eine weitere Verteuerung der Produkte. Und falls es herauskommen sollte, dann werden die Strafen einige beteiligte Firmen in den Ruin stürzen.
Dass vieles in diesem Artikel auf das runde Jahr 2020 abzielt, hat seinen Grund: Dann finden in Tokio die olympischen Spiele statt. Eine Nation, die so viel Wert auf die Vermeidung von Gesichtsverlust legt, wird wahrscheinlich versuchen, alles bis dahin irgendwie zu kaschieren. Aber nach dem Rausch der Spiele wird - in der üblichen Katerstimmung - dann evtl. vieles ganz schnell ablaufen.
Utopie: Die Kamerahersteller besinnen sich und entwickeln wirklich bis ins Detail modulare Kameras, die endlich einen Workflow des Fotografen von der Aufnahme bis zum fertigen Foto unterstützen, und konvertieren so die abwartenden Altkunden zu Neukäufern.
Die Folgen für Fotografen
Auch das Folgende gilt aus der Sicht Deutschlands und Europas, könnte in Teilen jedoch auch für andere Weltregionen relevant werden:
Sofern Sie ein komplettes System besitzen und keinen Service benötigen, können Sie sich beruhigt zurücklehnen.
Im Service-Fall wird es hingegen durchaus relevant, ob dies zukünftig noch in Ihrem Land und kostenlos angeboten wird.
Trotz Handelsabkommen wie CETA und globalisiertem Direkteinkauf durch Endkunden auch in China werden die Kosten für Zusatzanschaffungen, Ergänzungen etc. bei Firmen teuer, die sich aus Ihrem Land / Europa zurückziehen.
Kurzum: Für viele Fotografen wird das Hobby arbeitsaufwändiger und auf jeden Fall teurer.
Aber es wird wohl noch komplexer: Lohnt sich eine Investition in ein System? Bei einer Vollformatkamera mit einem halbwegs soliden Sortiment an Objektiven handelt es sich schließlich schnell um eine Gesamtsumme von über 10.000 Euro.
Grundsätzlich empfehle ich heute: Ja. Kaufen Sie, was immer Sie für sich für sinnvoll halten. Aber kaufen Sie es sich möglichst bald so komplett, wie Sie es wünschen. Darauf zu hoffen, dass man in 5 Jahren noch die fehlenden Objektive etc. in Ihrem Land erwerben kann, könnte sich als Trugschluss erweisen.
Wenn Sie bereits beim Kauf Gerüchte erfahren, dass sich der Hersteller aus Ihrem Land oder aus der von Ihnen anvisierten Kameraklasse zurückzieht, dann sollten Sie sich die Anschaffung überlegen. Kommen Sie ohne Service in Ihrer Sprache in Ihrer Nähe aus? Mit soliden Englischkenntnissen und Bastelerfahrung sowie viel Zeit kann man bereits heute im Internet zahlreiche Probleme lösen. Aber wollen Sie dies?
Mittelfristig wird das Produktangebot geringer werden.
Mittelfristig werden durch drastische Einsparungen bei Forschung und Entwicklung auch kaum mehr für die Fotopraxis relevante Neuerungen auf den Markt kommen. Wie bei Medikamenten wird man dies langsam ausschleichen lassen.
Kurzfristig werden die Preise in Dollar vermutlich weiter sinken, da die Hersteller ihre Überproduktion - vor allem auf dem Kernmarkt USA - auch unter Verlust losschlagen wollen, um Marktanteile zu halten. Europa wird jedoch durch den Euroverfall eher mit weiter steigenden Preisen im Fotobereich rechnen müssen. Vor allem in Deutschland ist der Wertverlust des Euro von 30% (2015) sowie der weitere in den Folgejahren noch nicht völlig in allen Produkten eingepreist, sodass die deutschen Fotografen auch weiterhin Preissteigerungen im Fotobereich - vor allem bei Neuerscheinungen - rechnen müssen. Manche Analysten halten einen Wertverlust des Euros zum Dollar und damit eine Preissteigerung von bis zu 50% (im Vergleich zu 2011) für möglich.
Mittelfristig werden überall die Preise steigen, da sich das Angebot verringert.
Erst langfristig könnten weltweit die Preise für Fotoartikel durch Standards und Dollar-Schwäche wieder sinken.
Ende 2018 deutete sich jedoch eine Zweiteilung bei der Preisentwicklung an: Aufgrund des Wechsels praktisch aller Hersteller zu Vollformat auf einem jeweils völlig inkompatiblen neuen Bajonett werden die Preise für die neuen Systeme (vor allem Objektive) steigen, jedoch die Teile der alten DSLR (Kameras mit Spiegel) sinken. Kaum jemand will mehr in diese Sackgasse investieren, obwohl DLSRs sich aus fotografischer Sicht für die praktische Fotografie durchaus lohnen würden (siehe: Objektive).
Der 2019 bei neuen spiegellosen Vollformat-Kameras vollends ausgebrochene Preiskrieg wird vor allem in den USA ausgefochten und beruht zu einem großen Teil darauf, dass sämtlichen spiegellosen Kameras derzeit noch nicht hochwertiger sind als die vergleichbaren DSLRs - oft ihnen sogar in der Fotopraxis unterlegen. Deshalb ändert sich an der allgemeinen Preisbewegung nach oben auch kaum etwas.
Wer wird die Zeche bezahlen?
Die Gelegenheitsfotografierer (Consumer) nicht, da sie zunehmend auf Smartphones umsteigen und für das Fotografieren keine extra Foto-Kamera mehr anschaffen.
Die Profifotografen (Professionals) auch nicht, da sie die höheren Kosten beim Finanzamt absetzen können und an die Kunden weiterreichen werden.
Es bleiben nur die ernsthaften / ambitionierten Amateure (engl. Prosumer). Die vermögenden Amateure werden sich das wohl zähneknirschend leisten. Manche anderen werden wohl weniger und seltener sowie preisbewusster neue Kameras einkaufen.
Die Fotobranche war sowieso schon seit Jahren eine ganz besondere Gerüchteküche. Aber seit dem Samsung-Zwischenfall Ende 2015 kochen die Gerüchte über und verunsichern alle Fotografen, die davon Kenntnis erlangen. Verunsicherung ist allerdings das Letzte, das der kränkelnde Markt gebrauchen kann.
Die Beispiele des analogen Filmbereiches sowie 2015 bei Samsung zeigen, dass den Kameraherstellern niemals an den Kunden gelegen war oder ist. Im Zweifel lässt man sie ohne jegliche Vorwarnung im Regen stehen und wechselt komplett zu neuen Feldern. Systemschutz oder Wertsicherung der vom Kunden getätigten langjährigen hohen Investition interessieren in den Konzernzentralen niemanden. Dies wurde im Herbst 2018 erneut von Nikon, Canon, Panasonic, Sigma bestätigt, indem sie zu neuen spiegellosen Systemen übergingen.
Auch wenn nun überall die Frage nach dem Bajonett wieder hochkocht. Das ist meines Erachtens nicht das wirkliche Problem. Da der Trend zu immer flacheren spiegellosen Systemen geht (siehe Migrationspfad der Hersteller), werden sich Adapter finden, je nach System für viel Geld sogar automatisch arbeitende, die Blende und Autofokus weiterleiten. Somit lässt sich das Verbindungsproblem im wahrsten Sinne des Wortes überbrücken.
Anders sieht es hingegen bei der Software aus.
Im Gegensatz zur verbreiteten Meinung vieler Testmagazine und Fotografen, ist die Software inzwischen viel wichtiger für die Fotokameras als die reine Hardware.
Falls die (Kamera-) Firmware nicht weiter gepflegt wird, wird dies zuerst zu Einschränkungen und kann mittelfristig zum faktischen Totalausfall des Kamerasystems führen. Neue oder andere Objektive lassen sich damit kaum betreiben. Der Wiederverkaufswert für derartige gebrauchte Kameras ist gering.
Noch nachteiliger für die Arbeit dürfte die auslaufende Unterstützung für das RAW-Format sein. Zwar wird die Folgeversion des RAW-Konverters das alte Format noch unterstützen. Aber bereits bei der zweiten Version nach einer Fusion, Bajonett- oder Systemwechsel, etc. wird dieser Teil nicht mehr weiterentwickelt und spätestens ab der dritten Version vermutlich langsam entfallen.
Da Foto-Software (zur Nachbearbeitung) inzwischen im Jahresrhythmus erneuert wird (zunehmend sogar zwangsweise), kann sich jeder selbst ausrechnen, wie lange er in einem solchen Fall noch Zeit hat, seine alten RAW-Fotos zu konvertieren und im neuen Format zu sichern. - Wir sprechen hier somit nicht über einen Schaden für die Zukunft (z.B. ab einer Fusion), sondern über den potentiellen Totalverlust aller jemals mit diesem System gemachten RAW-Aufnahmen. - Auch hier war ich bei meinen Vorhersagen 2015 zu optimistisch: Adobe brachte spätestens 2018 ca. 5 neue Programmversionen je Jahr heraus, die man dank Online-Abonnement zwangsweise aufspielen musste.
Fotografen sollten sich somit in den kommenden Jahren auf Umbrüche einstellen, die mindestens so gravierend sein werden, wie die damaligen von Analog auf Digital.
Auf jeden Fall kommen in den folgenden Jahren erhebliche Unwägbarkeiten auf die (zumindest europäischen) Fotografen zu, welche alle verunsichern.
Das Fazit für die Fotografen fällt deshalb so negativ aus, weil sie meines Erachtens keinerlei Lobby gegenüber den Herstellern besitzen und ihr ohnedies geringer Einfluss durch die zurückgehenden Umsätze seit Jahren sogar sinkt. - Wer nicht glaubt, wie gering unser Einfluss ist, kann ja einmal meine seit 2006 ständig veröffentlichte Wunsch-Liste zur modularen Kamera etc. nachlesen und kurz vergleichen, was davon bis heute umgesetzt wurde.
Die Folgen für die Hersteller
Wird der ohnedies bei einigen Firmen bereits heute eher geringe Service / Support weiter eingeschränkt, dann werden die Kunden letztendlich ganz darauf verzichten. Allerdings hat dies die Folge, dass sie dann direkt in China etc. auf dem Graumarkt einkaufen und der nationale Handel daniederliegt.
Bisher war der Graumarkt jedoch eher ein Notmarkt, auf dem die Hersteller ihre Überproduktion zwangsweise absetzen. Wenn dies zunehmend erfolgt und somit zum Standardmarkt wird, dann sinken die Gewinnmargen insgesamt ab.
Wenn jedoch Marken nur noch als Ramsch angesehen werden, für den man sowieso keinen Service / Support erhält, dann wird der Wechsel immer leichter.
Allerdings sehe ich auch den derzeit von allen Herstellern Favorisierten Trend zur Vollformat-Klasse skeptisch.
Wenn man ihn zu Ende denkt, dann befinden sich irgendwann alle Fotografen in diesem Sektor.
Was kommt danach? Wollen die Hersteller dann ernsthaft alle in die Mittelformat-Klasse aufsteigen - ohne jegliche Objektive und Erfahrung dafür?
Welcher Prozentsatz der wohlhabenden ernsthaften Fotografen wird hier folgen? Lohnt sich das dann angesichts der bei Mittelformat bereits angesiedelten Konkurrenz?
Oder differenziert die Vollformat-Klasse dann extrem aus in für die Hersteller lukrative Spitzenmodelle und defizitäre Einsteigermodelle, wie bisher bei allen Klassen bis hin zu APS-C?
Eine Verschiebung der erwirtschafteten Defizite um eine Sensor-/Fotoklasse nach oben kann das generelle Problem der Branche langfristig vermutlich nicht lösen.
Letztendlich handelt es sich hier, wie bei vielen sogenannten Lösungsansätzen, um ein systemimmanentes Denken, oder krasser ausgedrückt: ein Herumpfriemeln an bekannten Details. Der große Umbruch, resp. ein neuer Denkansatz, oder die radikalen Schritte scheinen nicht in Sicht.
Eventuell katapultieren sich die Fotokamerahersteller jedoch durch einen selbst generierten Trend aus dem eigenen Geschäft: Die weitgehende Orientierung aller auf Videos mit derzeit 4 und ab 2018 8K könnte die Fotografie selbst überflüssig machen, da man rein theoretisch in Zukunft nur noch filmt und bei Bedarf dann ein Einzelbild / Standbild aus den 100 oder 200 Bildern je Sekunde einfach als Foto verwendet. Zum Verständnis: 8K (gleichgültig in welcher Variante) bieten über 30 Mega-Pixel Auflösung, die sicherlich für 95% aller Fotografen ausreicht. - Aber in der Filmbranche existieren bereits zahlreiche spezialisierte Firmen.
Wenn man die gesamten Markteinflüsse, wie demographische und wirtschaftliche, technische sowie soziale Entwicklungen betrachtet, so wird
kurzfristig die Nachfrage weiter deutlich schrumpfen,
mittelfristig die Zugewinne an neuen ernsthaften Fotografen in den Schwellenländern die Abgänge derselben in Europa und den USA im günstigsten Fall ausgleichen. Es wird folglich mittelfristig bestenfalls zu einer Stagnation kommen.
Und es kann erst langfristig wieder zu einem leichten Wachstum kommen - auf einem dann jedoch sehr geringen Niveau.
Auf jeden Fall kommen in den folgenden Jahren erhebliche Umbrüche und Unsicherheiten auf die Hersteller zu, welche in der Folge die anvisierten Käuferschichten in ihrem Kaufentschluss weiter zögern lassen.
Ein weiterer Grund, warum viele Kunden / Fotografen verunsichert sind, liegt darin, dass die Herstellerfirmen ihre Strategie nicht (verständlich) kommunizieren.
Da der (potentielle) Kunde die Strategie nicht kennt, kann er nicht vorausschauend planen.
Aus der Verunsicherung folgt eine eher abwartende Haltung.
Falls interessierte Kunden noch ein paar weitere Jahre die Firmen in ihrem Handeln und ihrer zukünftigen Ausrichtung nicht verstehen können, werden sie dies den Firmen als Strategielosigkeit zuschreiben.
Die Firmen täten somit sich selbst einen großen Gefallen, wenn sie endlich ihre (hoffentlich) vorhandene Strategie verständlich kommunizieren würden.
Um es klar zu sagen: Den überall ständig wortstark kommentierten Umstieg von fast perfekt funktionierenden Spiegel-Kameras auf spiegellose Systeme halte ich für keine Strategie, sondern nur um einen völlig überbewerteten Nebenkriegsschauplatz. Ca. 1-2 Zentimeter kürzere und ein paar Gramm leichtere Objektive sowie minimal leichtere und kleinere Kameras sind als Ergebnis lächerlich angesichts der horrenden Umstiegskosten für Hersteller und Fotografen. Ein derartiger Umstieg verunsichert viele Kunden nur noch mehr in den entscheidenden kommenden Jahren. - Einen ergonomischen Vorteil der spiegellosen Systeme sehe ich hingegen bei Mittelformatkameras (z.B. Hasselblad X1D), die bisher zu groß, zu schwer und zu unhandlich waren.
Wie viele Kamerahersteller braucht die Welt ?
Das ist eine bewusst provokante Frage, die sich natürlich niemals absolut beantworten lässt.
Dennoch zeichnete sich bereits 2015 ab, dass es derzeit zu viele Anbieter mit zu vielen Modellen in zu vielen Sensorklassen gibt, die sich (überspitzt ausgedrückt) nur noch durch ihre Inkompatibilität in den Anschlüssen (Objektiven, Blitz und sonstiges Zubehör wie Akkus) unterscheiden.
Ökonomisch wie auch ökologisch handelt es sich um eine gigantische Ressourcenverschwendung durch die Weigerung fast aller Beteiligten zur Standardisierung.
Auch wenn es jetzt noch utopisch klingt, so wird die Rezession in der Fotobranche letztendlich wohl zu Standards führen (müssen). Die Zeiten, in denen manche (auch eingebildete) Platzhirsche glaubten, alles rund um die Fotografie selbst gewinnbringend entwickeln, herstellen und vertreiben zu können, sind wohl schon heute vorbei. Die kommenden Jahre werden das jedem Entscheider in den Konzernzentralen drastisch vor Augen führen.
Wie viele Kamerahersteller es nach 2020 (vor allem mit Vertrieb in Europa) noch geben wird, ist unklar, aber es werden deutlich weniger alte sein. Vor allem wird sich deren Portfolio drastisch ändern. Evtl. werden Sie die meisten überlebenden Firmen dann nicht mehr wiedererkennen. - Oder kennen Sie noch Contax, Kodak, Konica, Minolta, Rollei, Yashica? Selbst für Marktführer (wie Kodak) gab und gibt es keine Überlebensgarantie auf dem Fotomarkt.
P.S.: Für Kunden in Europa / Deutschland ist es irrelevant, ob eine Firma weltweit in Konkurs geht, aufgekauft wird oder einfach nur den Vertrieb nach Europa / Deutschland einstellt. Das negative Ergebnis ist die lokale Nicht-Verfügbarkeit.
Beispiel Kodak:
Gerne wird über die Firma Kodak (Wikipedia Englisch, Wikipedia Deutsch) gelästert: Sie sei unfähig gewesen, den notwendigen Übergang von analogem Film auf digitale Fotografie zu meisten. - Das greift viel zu kurz und betrachtet nur die Symptome.
George Eastman war ein Visionär, der vor allem in den 1880er Jahren seine Mitmenschen und deren Bedürfnisse genau analysierte. Er erkannte die Probleme der damaligen Fotografie: Die damaligen Kameras waren zu groß, zu schwer und zu teuer, die Ausbelichtung in eigenen Dunkelkammern / Laboren war zeitlich zu aufwändig, zu teuer und zu kompliziert für die meisten Menschen. D.h. Fotografie war weitgehend den Reichen und Fachkräften vorbehalten. Aber es gab das Interesse der breiten Masse an Menschen an dokumentarischen Fotos über ihr eigenes Leben. Später nannte man diese Gruppe Amateurfotografen.
Die immer wieder erzählten Märchen um den Erfolg seiner 1888 gegründeten Firma Kodak sind irreführend. Er erfand nicht die erste kleine Kamera, er erfand auch nicht als erster den Film oder Rollfilm. Vieles kaufte er ein oder lies es erfinden oder zumindest optimieren.
Sein Erfolg und der jahrzehntelange kometenhafte Folgeerfolg seiner Firma beruhten auf einer Dienstleistung. Dabei umriss der damalige Werbeslogan seine extrem kundenorientierte Strategie ganz präzise: You Press the Button, We Do the Rest. / Sie drücken nur auf den Auslöser - Den Rest erledigen wir für Sie. Damit errang man bis in die 1970er Jahre 80-90% des US-Marktes bei Filmen und Kameras. Weltweit sah es vielfach kaum schlechter aus. Kodak war über Jahrzehnte nicht nur eine Fotofirma. Kodak war schlichtweg die fotografische Institution schlechthin.
Der Niedergang Kodaks begann, als man aufhörte, sich am selbst herausgefundenen Kundeninteresse der breiten Masse zu orientieren.
Selbst, wenn viele Fotografen und Analytiker behaupten, die Menschen hätten sich seit 1880 dramatisch geändert, so wage ich dies aus Sicht der Psychologie und der Evolution zu bezweifeln. Und genau aus diesem Grund finden sich auch dieselben Erfolgs-Argumente exakt so bei der Fotografie mit Smartphones wieder.
Es stellt sich somit sogar die grundlegende Frage, ob die Welt nach 2020 noch eine Fotoindustrie benötigt, wie wir sie heute kennen. Als Nische für Spezialisten wird sie weiter bestehen. Ob der Massenmarkt jedoch wirklich so weitermacht wie bisher, darf bezweifelt werden.
Wer jetzt fassungslos den Kopf schüttelt, soll einmal an die ehemals große Stereo-/Hi-Fi-Industrie denken, die heute als Nische eher etwas für Liebhaber ist.
Da manche Leser mich gerne missverstehen: Ich behaupte nicht, dass die gesamten Großkonzerne insolvent werden. Jedoch ist durchaus zu befürchten, dass die ausgegliederten / selbständigen Teilbereiche / Einzelfirmen der Fotobranche dieser Konzerne sich drastisch verändern.
Wie dramatisch sich der Markt bereits verändert hat, zeigen die Produktionszahlen der Smartphones (Mobiltelefone mit Kamera). Bereits 2013 wurden über 1 Milliarde weltweit verkauft. 2016 waren es laut Gartner insgesamt bereits über 1,5 Milliarden Geräte (und das ohne PDAs oder Tablet-PCs). 2017 und 2018 waren es ebenfalls rund 1,5 Milliarden Stück. 2019 sollen es noch immer ca. 1,4 Mrd. neue Smartphones gewesen sein.
Die Smartphone-Produktion eines einzigen Jahres liegt somit höher als alle weltweit jemals seit der Erfindung der Fotografie (vor über 175 Jahren) überhaupt produzierten klassischen Fotokameras (analoge und digitale Geräte zusammengenommen). Und wenn man diese Smartphone-Nutzer befragt, ob Sie zusätzlich noch eine klassische, teure dedizierte Fotokamera kaufen, so werden fast alle dies verneinen. In deren Augen ist die Kamerabranche überflüssig.
Belegt wird dies auch ökonomisch anhand der Skaleneffekte. Apple und Samsung hielten z.B. etwa je 18% des Marktes. Da sind jeweils rund 270 Millionen Smartphones. Diese verteilten sich jedoch auf wesentlich weniger Modelle, als jeder Kamerahersteller bei seinen klassischen Fotokameras auflistet. Während man sich in der Fotoindustrie bereits über tausende oder zehntausende verkaufter Kameras eines Modelles im Jahr freut, so liegen die Zahlen der Smartphones und vor allem der darin eingebauten Kameramodule um den Faktor 1.000 bis 10.0000 höher. Das sind Skaleneffekte, die sich ökonomisch auswirken und letztendlich entscheidend sind.
Obwohl die Anzahl der ernsthaften Fotografen aufgrund des weltweit zunehmenden Wohlstandes über die Zahl aus den 1990er Jahren angewachsen ist, werden die Verkaufszahlen aller Fotoapparate vermutlich weiter fallen (siehe Grafik am Anfang des Artikels), weil die 2/3 der anderen gelegentlichen Käufer (Kameraanschaffung für Urlaub, Hochzeit, Geburt der Kinder etc.) zunehmend aufgrund der Smartphones wegfallen.
Irgendwie erinnert mich die aktuelle Szene der Fotowirtschaft an die Geschichte der Eisenbahn: Nach dem eher langsamen Absterben der Dampflokomotiven stritten sich die Anhänger der Diesellokomotiven mit denen der Elektroloks mit zweifellos zutreffenden Argumenten erbittert über das angeblich bessere System, perfektionierten beide nach dem zweiten Weltkrieg weiter und erkannten dabei nicht, dass die meisten Kunden längst auf den Pkw umgestiegen waren. Sämtliche logischen Argumente verblassten gegen den veränderten Wunsch der meisten Kunden nach einer anderen Fortbewegungsweise (entspricht heute der Kommunikationsweise mit dem Smartphone).
Ferner greift das Argument vieler Kritiker und Analytiker mit der japanischen Kultur zu kurz: Dort könne man kaum Personal entlassen, weil dies Gesichtsverlust und hohe Sozialleistungen nach sich ziehen würde. Dies ist ein typisch westlicher Denkfehler, da es sich um Optikkonzerne handelt. Selbst wenn diese ihren gesamten Bereich klassische Fotokameras schließen, dann würden in einer konzerninternen Umstrukturierung die Angestellten einfach anderen Bereichen zugeordnet. Angesichts des Fachkräftemangels wird in Japan sowieso kaum jemand entlassen. Der findet zu schnell bei Mitbewerbern eine lukrative Anstellung, was jeder vermeiden will. Und die Naturgesetze der Optik gelten auch bei Video, bei Überwachungskameras und bei den Kameras in der Medizin. Viele Kritiker scheinen wirklich zu glauben, dass die Großkonzerne an ihren klassischen Kameras aus irgendwelchen Gründen besonders hängen. Aber das hat sich durch die Diversifizierung schon lange geändert.
China als Sieger ?
Da ich mit fast allen meinen Prognosen aus dem Jahr 2015 Recht behielt, resp. diese sogar früher eintraten (ich also zu optimistisch war), kann ich auch ganz offen zugeben, dass ich mich in dem Punkt China verschätzte.
2015 ging ich davon aus, dass die zumindest in Teilen staatlich gelenkte Wirtschaft in China aus dem Niedergang der weltweiten Fotobranche einen Vorteil ziehen könnte.
Für das Militär, die Geheimdienste und die Weltraumfahrt benötigt China sowieso eine weitentwickelte optische und elektronische Industrie. Mit staatlichen Fördermitteln ließe sie sich gegen die anderen sich gegenseitig bekämpfenden Firmen aufbauen oder Teile davon einfach und ab spätestens 2021 preiswert im Ausland einkaufen. Aktiengesellschaften (auch deutsche) sind kaum vor feindlichen Übernahmen zu schützen. Und Teilbereiche, die man evtl. als eigenständige Unternehmen führt, oder sogar an die Börse brachte, sowieso nicht.
Obwohl die japanische Wirtschaft und Regierung sich bisher strikt gegen jede Fremdübernahme wehrten und ich deshalb für meine Prognose gerügt wurde, weil Japan und japanische Firmen angeblich völlig anders ticken, trat dieses Szenario schneller als erwartet in Japan im März 2016 mit der Übernahme der traditionsreichen Firma Sharp durch den chinesischen Giganten Foxconn ein.
Der japanischen Wirtschaft geht es nicht erst seit 2016 sehr schlecht, auch wenn die meisten Fotografen im Westen das so weder wissen noch wahrhaben wollen. Aber die dortige Wirtschaftskrise scheint sich - trotz drastischer Gegenmaßnahmen - inzwischen sogar deutlich zu verschärfen (siehe z.B.: Die Zeit). Selbst, wenn es der Fotoindustrie blendend ginge, könnte sie sich von dieser nationalen Krise nicht völlig abkoppeln. Wie schlecht es um manche japanische Firma inzwischen steht, mag man daran erkennen, dass Foxconn sein erstes Angebot an Sharp innerhalb weniger Wochen von 3,8 Mrd. Euro auf 3 Mrd. absenkte (über 25%). Abgesehen von der enormen Schmach und dem Gesichtsverlust wird deutlich, dass Wirtschaft zu einem erheblichen Teil Mathematik ist. Und Zahlen gelten kulturunabhängig. Verlust bleibt Verlust, auch in Japan. Und seit 2016 werden offensichtlich auch eigene Großkonzerne nicht mehr von der japanischen Regierung und deren mächtigen Investitionsfonds gestützt. Dies darf rein mathematisch auch nicht mehr verwundern, da Japan mit ca. 250% Staatsschuldenquote sowieso weltweit am schlechtesten dasteht. Der Handlungsspielraum für sinnlose Subventionen scheint langsam aufgebraucht.
Falls internationale Hedgefonds Kamerahersteller oder Teilbereiche davon übernehmen, werden sie aus den Produkten - wie fast immer - Ramsch machen und nach einem Kahlschlag den Firmenrest so verkaufen, dass er binnen kurzem kollabiert.
Allerdings hat China in den letzten Jahren in einem unvorhersehbaren Maße militärisch aufgerüstet und sein Militär zudem immer aggressiver im Pazifik eingesetzt, sodass Japan sich bedroht fühlt, selbst massiv aufrüstet und (u.a. aufgrund des zunehmenden Nationalismus im Inland) sogar seine Verfassung ändern will, um sogar selbst Atomwaffen herzustellen. Deshalb wird Japan vermutlich keine Kernbereiche seiner Industrie mehr an chinesische Investoren etc. verkaufen. Siehe hierzu auch den folgenden Abschnitt der Bank of Japan.
Im Juni 2019 wurde meine These der Gefahr durch feindliche Übernahmen doch noch bestätigt. Eine der größten Heuschrecken - der US-Investor Daniel Loeb, der angeblich 1,5 Milliarden US$ in Aktien an Sony besitzt, - will diesen Konzern aufspalten. Eigentlich dachte ich zwar, dass sich die Investoren zuerst die kleineren Firmen zur Brust nehmen. Aber die selbst auferlegte Bescheidenheit der Heuschrecken kennt natürlich auch Grenzen. Im Detail möchte er den erfolgreichsten und für die Zukunft des Sony-Konzerns wichtigsten Teil - die Sensorfertigung - herauslösen und als eigene Aktiengesellschaft an die Börse bringen. Das würde ihm kurzerhand ein paar Milliarden US$ einbringen - für nichts. Fast alle Analysten sehen dies jedoch sehr kritisch für Sony, da der Konzern diese erfolgreiche und lukrative Sparte dringend für die Diversifizierung benötigt. Deshalb sehen dies die meisten Analysten auch als Versuch der Zerschlagung des Konzerns an. Wenn man die Aussagen dieses Investors und seines Hedge-Fonds Third Point genau liest, dann erfährt man allerdings, dass er nur noch einen Unterhaltungskonzern Sony wünscht und alle anderen Sparten - u.a. Kamera, Mobiltelefone, Sensoren etc. - verkaufen will. - Der Feind im eigenen Bett. Das wird Sony noch viel Mühe, Zeit und Geld kosten.
Die Japanische Zentralbank
Im Frühsommer 2016 kam heraus, dass die Japanische Zentralbank (Bank of Japan - BoJ) auf die u.a. hier geschilderten Gefahren reagiert hat: Mit einem drastisch gesteigerten Aktienaufkaufprogramm (Quelle inzwischen nicht mehr verfügbar).
Die keineswegs so unabhängige Zentralbank Japans bezweckt damit eine Ankurbelung der daniederliegenden Wirtschaft, weil durch die Aktienaufkäufe den Firmen mehr Geld zur Verfügung gestellt werden soll. Diese Firmen sollen das Geld sofort investieren, so die Hoffnung.
Die Folgen sind einschneidend: Einmal angefangen, kann die Japanische Zentralbank damit nicht mehr aufhören. Jeder Kursverfall an der Börse würde die eigenen Firmenanteile des Staates abwerten. Deshalb befürchten Kritiker, dass in ein paar Jahren fast alle Aktiengesellschaften in der Hand des Staates / der japanischen Zentralbank sein werden. Das käme jedoch einer Verstaatlichung gleich.
Auch die Hoffnung der Japanische Zentralbank auf eine steigende Inflation könnte sich als unzutreffend herausstellen, da nun ausländische Investoren angelockt werden. Dies müssen jedoch erst Yen einkaufen, wodurch der bereits hohe Jen-Kurs weiter steigen dürfte. Dadurch würden Importe für die Japaner wieder billiger. Die gefürchtete Deflation würde so noch verstärkt. - Exakt dies trat in der Folge auch ein.
Die Erfahrung zeigt, dass nur wenige Menschen mit geschenktem Geld sinnvoll umgehen können. Es muss sich folglich erst noch zeigen, ob die japanischen Wirtschaftslenker tatsächlich das zusätzliche Geld sinnvoll investieren. - In den letzten 25 Jahren scheiterten alle staatlichen Versuche zur Ankurbelung der Wirtschaft kläglich. Japan erlebte inzwischen ein viertel Jahrhundert weitgehender Stagnation.
Allerdings scheint bisher ein Denkfehler niemandem aufgefallen zu sein: Ein direkter Geldfluss an die Firmen durch die Zentralbank fände nur statt, wenn man direkt alte Aktien aus den Händen der Firmen aufkauft, oder bei Kapitalerhöhungen diese neuen Aktien direkt von den Firmen aufkaufen würde. Derzeit scheinen jedoch die Einkäufe am Aktienmarkt und sogar indirekt über ETFs (börsengehandelte Fonds) zu erfolgen. D.h. es profitieren Anleger, insbesondere (ausländische) Hedgefonds.
Gleichgültig, wie die Einkäufe vonstattengehen, die bereits hohen resp. überbewerteten Aktienkurse werden weiter aufgeblasen, da so ein staatliches Kaufprogramm wie eine Preisgarantie für alle Aktieneinkäufer wirkt. Steigende Aktienkurse verhelfen jedoch nur den Managern zu noch höheren Boni.
Es steht sogar noch Schlimmeres zu befürchten: Das bisherige weitgehende Versagen des Managements wird sogar noch belohnt, Fehler werden nicht behoben, notwendige Reformen werden verschoben, alles geht mindestens so schlecht weiter wie bisher, da nun überhaupt kein Druck mehr besteht. D.h. die defizitären Produkte werden nicht ausgesondert, sondern es steht zu befürchten, dass sich alle Firmen nun noch weiter auf unprofitable Randgebiete ausdehnen. Der Kunde erhält noch mehr fast identische Produkte, zwischen denen er sich kaum entscheiden kann.
Ferner machen zugesicherte Staatszuschüsse träge. Die Innovation dürfte weiter sinken.
Dass die Investitionen in der Fotobranche deutlich ansteigen werden, ist kaum zu erhoffen, da auch dort nicht zehn- oder hunderttausende von Fachkräften (z.B. Ingenieuren für die Entwicklung) arbeitslos herumlaufen. Ganz im Gegenteil prahlt die japanische Statistikbehörde mit einer sehr geringen offiziellen Arbeitslosenquote. Auch die Hoffnung darauf, dass man nun plötzlich das viele neue Geld in einen besseren Kunden-Service investieren würde, sehe ich sehr skeptisch.
Im Übrigen sprechen Japan-Kenner sogar übertreibend von einer Traumatisierung der Bevölkerung und des Managements, welche nach der wirtschaftlichen Kredit-Katastrophe der 1980er Jahre keine neuen Kredite mehr aufnehmen wollen. Die meisten Japaner mussten jahrzehntelang diese horrenden Kredite für völlig überteuerte Immobilien etc. abbezahlen. - Vor allem Deutsche sollten nun nicht despektierlich werden. Die Hyperinflation der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wirkt bis heute in Deutschland im Denken der Bevölkerung und Handeln der Politik nach. Und selbst in den optimistischen USA dauerte es über 50 Jahre bis die Weltwirtschaftskrise geistig überwunden war.
Erschreckend ist, dass vor allem Firmen aus der Fotobranche von dem Aktieneinkaufsprogramm profitieren. Wenn die Geschwindigkeit so weitergeht, wie Anfang 2016, dann wird die Japanische Zentralbank bereits Ende 2016 z.B. größter Aktienbesitzer bei Olympus sein. Kritiker schließen daraus, dass es jener Firma wirklich schlecht geht. - Bis Ende 2017 könnte die Japanische Zentralbank über Fonds der größte Aktionär bei 55 börsennotierten Konzernen sein.
Das Verheerendste an der Einkaufsaktion ist, dass sie vermutlich ein paar Jahre über die Firmen-Krise in der Fotobranche (nicht jedoch die Verkaufskrise) hinwegtäuschen kann. Dann kommt in einigen Jahren jedoch das böse Erwachen.
Im ersten Szenario stellt die Japanische Zentralbank die Einkäufe aufgrund eines Regierungswechsels oder mangels Geldes oder mangels Erfolges ein. Dann hätten die Firmen Jahre verloren. Dies würde deren Aktien sehr schnell abstürzen lassen, da dann wieder jedem Investor auffiele, dass die sinkenden Verkaufszahlen und zurückgehenden Gewinne in keinem akzeptablen Verhältnis zu den überhöhten Aktienkursen stehen (KGV).
Im zweiten Szenario verkauft die Japanische Zentralbank die eigenen Aktien sogar. Dann käme es zu einem drastischen Börseneinbruch mit verheerenden Folgen für die Firmen. Sie wären danach eine leichte Beute für fremde Aufkäufer. - Die meisten Analysten schließen deshalb diese Möglichkeit derzeit aus.
Im dritten Fall sind die Herstellerfirmen dann verstaatlicht, da alle Aktien dem Staat / der Japanische Zentralbank gehören. Danach werden die identischen Bereiche der Firmen zusammengelegt, weil sich auch der reichste Staat so eine Subventionierung auf Dauer nicht leisten kann. - Und Japan ist schon lange nicht mehr reich.
Wenn es ganz unglücklich läuft, dann kommt anschließend noch eine Hyperinflation hinzu, wenn die Investoren und japanischen Bürger schließlich das Vertrauen in den Yen verlieren.
Dass die japanische Regierung zu solchen verzweifelten Maßnahmen greift, zeigt, wie schlecht die Wirtschaftslage dort ist. - Und die EZB plant bereits dasselbe Vorgehen für Europa.
Letztendlich wissen dies vermutlich auch die relevanten Köpfe in der japanischen Zentralbank. Deshalb gehe ich davon aus, dass sie die geschilderten Folgen nicht als Ziel haben, sondern sich nur eine Sperrminorität in den wichtigen Firmen sichern wollen, um diese vor feindlichen Übernahmen zu schützen - eine neue Form der Wirtschaftsprotektion.
Es ist schon bezeichnend, dass die USA intervenierten und Deutschland im Oktober 2016 die brachiale Methode des Verbots von gewissen Einkäufen durch chinesische Firmen verwendete, um die deutsche High-Tech-Industrie vor Übernahmen zu schützen. Andere Mittel standen kurzfristig nicht zur Verfügung und bestätigen meine schon 2015 geäußerten obigen Vermutungen bezüglich China und der zunehmenden Protektion.
Die Hersteller verlassen das sinkende Schiff
Die Zukunft könnte jedoch anders aussehen, als viele Fotografen und Analysten sie wahrhaben wollen.
Schauen und hören Sie sich das Video mit Rainer Führes - Canon Deutschland-Chef und Vorstand des deutschen Photoindustrieverbandes zur photokina 2016 an. Wichtig ist, was er in diesem ziemlich langweiligen Filminterview zur größten Endkundenmesse der Fotografie nicht (mehr) sagt. - Eigentlich müsste jeder zweite Satz von Profifotografen, Amateurfotografen und Foto-/Video-Händlern handeln.
Kurz darauf erhielt ich auch erste Rückmeldungen aus jenen gewöhnlich gut informierten internen Firmenkreisen, welche - nach einem erschrockenen woher ich das wisse - dies im Vertrauen bestätigen: Die Würfel und die Entscheidung gegen die klassischen Fotografen scheinen schon gefallen.
Kurzum: Es geht der sogenannten ehemaligen Foto-Industrie überhaupt nicht mehr um klassische Fotografen als größte und lukrativste Zielgruppe. Als neue Imaging-Industrie zielt sie auf ganz andere, neue, riesige und lukrativere Geschäfts-Bereiche wie Pkw, Sicherheitsüberwachung, Bodycams, Drohnen, Steuerung des eigenen Hauses (Smart Home), Medizin, 360-Grad-Kameras, Virtual Reality, Augmented Reality, Video, Imaging als Event, Robotics etc.
Auf diesen neuen Feldern lassen sich unzählige - aber völlig anders geartete, einfache - Kameras mit hohen Gewinnmargen absetzen. Intelligent (neudeutsch: smart) werden sie erst durch die Spezialsoftware und darum herumgebaute Hardware der Anderen.
2018 sollen weltweit rund 130 Millionen Sicherheitskameras von den Herstellern ausgeliefert werden. Das ist eine höhere Stückzahl als im Spitzenjahr der Fotografie Kameras verkauft wurden (2010: 121 Mio.). Wie wichtig dieses neue und lukrative Segment z.B. Canon ist, zeigt sich bereits daran, dass der Konzern das Titelbild des Jahresabschlussberichtes über das Finanzjahr 2017 mit einer Überwachungskamera schmückte. - Nochmals: Eine vollautomatisch arbeitende vernetzte Überwachungskamera in einem Bahnhof als Symbol des Konzerns. - Früher dominierten Fotoapparate auf dem Titelbild des Jahresberichtes (Klicken Sie dazu unten den Link Archives an).
Allein bei den Pkw kann man angesichts von rund 90 Millionen produzierten Autos im Jahr 2014 und konservativ angesetzten 10 Kameras je Fahrzeug zukünftig von einem Bedarf von bis zu einer Milliarde neuen Kameras jedes Jahr ausgehen.
Dafür benötigt man auch die neuen Techniken, wie spiegellose Kameras, Fokussierung auf dem Sensor, Dual Pixel, Gesichtserkennung, automatische Fokussierung auf die Augen etc. Für die Fotografen ist das eher Beiwerk.
Durch diese automatisch arbeitenden Kameras benötigt man auch keinen bildgestaltenden Fotografen mehr. Die integrierte Software / Firmware kann dies wesentlich präziser durchführen. Somit werden die einzigen unberechenbaren und letztendlich unerwünschten Störquellen - die Menschen - beseitigt. Die neuen Imagesensoren besitzen folglich auch keine Schnittstellen (User-Interfaces) mehr. Es handelt sich somit um keine Kameras im klassischen Sinne.
Wer es nicht glaubt, wohin die Reise geht, kann sich auch gerne einmal die neue Roadmap / Planung zu Sonys Bildsensoren vom Frühjahr 2017 ansehen. (Die Quelle wurde inzwischen von Sony entfernt.)
Nachtrag: Im Jahresbericht über das abgelaufene Produktionsjahr 2019 stellte Canon sachlich fest, dass man nur noch 22,5% der Einnahmen mit der Imaging Unit erzielt hatte, wobei dort neben den Kameras auch die Drucker angesiedelt sind. Die Diversifizierung der Hersteller nahm somit auch jährlich weiter zu. Allein die Medizinsparte erzielte bereits über 12% der Einnahmen bei Canon. Dennoch war der Gewinn aus der Kamera-/Druckersparte mit 18,6% (vor Abschreibungen) noch immer hoch.
Die Sensorentwicklung läuft auch in diese Richtung: 35 mm Video-Sensoren (mit z.T. weit über 100 Mega-Pixeln) für machine vision, security, robotics, precision agriculture and healthcare.
Im Endeffekt werden die Kamerahersteller dadurch zu unersetzbaren Zulieferern wesentlich wichtigerer und größerer Ökonomien.
Aus dieser Perspektive ergeben zahlreiche Investitionen mancher Firmen in den letzten Jahren auch Sinn. Es ging manchen Kameraherstellern von Anfang an nicht um eine leichte Diversifizierung im Sinne des Aufbaus eines weiteren firmenfremden Standbeines. Es geht um die Umstrukturierung des Kernbereiches des gesamten Geschäftes weg von der klassischen Fotografie.
Ferner liegt offensichtlich bei vielen Fotografen ein Missverständnis vor, welche die Firmen (nur) als Kamerahersteller sehen. Das sind sie zwar auch noch. Aber primär bezeichnen sich die meisten insgesamt als optische Firmen resp. deren Sparte so. Hier hilft ein ernüchternder Blick in die jährlichen Firmenpublikationen.
Bilder werden inzwischen überall in unserer Welt unabdingbar und ständig für Entscheidungen benötigt. Von den Milliarden und Billionen Aufnahmen jährlich werden jedoch nur noch wenige von klassischen Fotografen hergestellt. Und deren ohnedies bereits heute geringer Anteil geht ständig weiter drastisch zurück. In einem Interview gab einer der Chefentwickler bei Canon Ende 2019 auch zu, dass bereits die olympischen Spiele 2020 von Robotern (robotics) fotografiert werden. Das ist nicht der Wunsch der Kamerahersteller, sondern derjenige der Bildagenturen für Foto und Video. Die optischen Firmen setzen nun als Dienstleister bereitwillig deren Wunsch um.
Die klassische Fotografie, wie die Menschheit sie seit fast zwei Jahrhunderten kannte, gerät aus dem Fokus der Hersteller.
Das hat zur Folge, dass die Hersteller mittelfristig den klassischen Fotomarkt mehr oder weniger lustlos weiterhin bedienen werden, solange die Umstrukturierung läuft und ein Sensorbereich noch Gewinne erwirtschaftet - respektive kurzfristig nicht allzu hohe Verluste erleidet. In den hochpreisigen Spitzenbereich werden weitere Investitionen getätigt für Forschung und Entwicklung, solange er noch Gewinn abwirft. Der Rest läuft allmählich aus.
Nun wird auch verständlich, warum man z.B. den kostenlosen Endkundenservice seit Jahren reduzierte und gleichzeitig vermehrt bezahlte Dienstleistungen für die Profis anbot. So wird eventuell schon bald die Zukunft für alle Fotografen aussehen. Olympus bot z.B. Ende Oktober 2016 für 100 US$ seinen Kunden einen derartigen bezahlten besseren Service an. - Da man diesen Service jedoch nicht für Privatkunden anbietet, wird ersichtlich, dass man diese auch für Geld nicht wünscht.
Die Hersteller können langfristig somit auf die klassischen Fotografen verzichten und werden es im Zweifel auch tun. - Die Fotografen sollten das schnellstmöglich erkennen.
Folgen für die Händler
Angesichts des auf absehbare Zeit starken Dollars mit gleichzeitig schwachem Euro werden sich die Bedingungen für die Händler weltweit deutlich verändern.
Im Dollar-Raum, insbesondere in den USA, werden sich kurzfristig die Umsätze und der Gewinn vermutlich sogar erhöhen. - Nachtrag im Frühjahr 2017: Inzwischen hat sich auch in den USA der Fotomarkt gedreht. Firmen sterben oder schließen zumindest die unrentablen Filialen. Und 2017 lief selbst bei den großen Händlern eine großzügige Rückkaufaktion alter Kameraausrüstung. D.h. sie nahmen (nicht nur) beim Neukauf nun die alten Geräte großzügig in Zahlung. - Für die Wegwerfgesellschaft USA war das ein bezeichnendes Signal. Dasselbe bot Nikon 2020 für seine zu teure D780 an.
Im Euroraum, insbesondere in Deutschland, werden sich sowohl die Umsätze als auch die Gewinnmargen kurzfristig drastisch reduzieren.
Die Händler im Euroraum werden die sich kontinuierlich zu ihren Ungunsten verändernden Einkaufspreise vermutlich nicht eins zu eins an die Endkunden weitergeben können - auch nicht im High-End Bereich. Bei 50% Preissteigerung bleiben sonst die meisten Kunden aus. D.h. die Gewinnmarge der Händler wird sinken.
Aber bereits moderate Preiserhöhungen von 30% werden zu drastischen Umsatzeinbrüchen führen.
Mutige Kunden werden zunehmend direkt im Ausland, insbesondere in China (z.B. bei AliExpress) einkaufen, wodurch dem nationalen Handel weitere Kunden und Umsätze wegbrechen.
Mittelfristig wird sich durch internationale Handelsabkommen der direkte Handel mit Japan, Kanada und den USA verstärken, sodass sich dann erst recht viele europäische Kunden vom überteuerten eigenen Markt abwenden werden.
Langfristig wird der Direkteinkauf der europäischen Fotografen im asiatischen Ausland auch denjenigen in den USA überflügeln.
Ob es den europäischen / deutschen Fachhändlern gelingt, langfristig diese abgewanderten Kunden bei einem später evtl. höheren Euro wieder zurückzugewinnen, bleibt fraglich.
Dem europäischen Fotofachhandel stehen somit kurz-, mittel- und langfristig eher schlechte Zeiten bevor.
Dies gilt auch für Online-Händler auf Amazon sowie Amazon selbst mit seinen im Vergleich zu AliExpress bereits heute hoffnungslos überteuerten Eigenprodukten.
Es bedarf wohl keiner hellseherischen Fähigkeiten, um angesichts dieser Fakten vorauszusagen, dass sich viele europäische Händler in den kommenden Jahren aus dem Fotobereich zurückziehen werden (müssen).
Dann wird es jedoch zu einem verhängnisvollen Henne-Ei-Prinzip resp. einer Spirale nach unten kommen: Viele klassische Fotografen sind älter und eingeschränkt mobil sowie auch nur bedingt zu Käufen im Internet oder gar im Ausland bereit. Weniger lokale Fotofachgeschäfte führen in dieser Zielgruppe zu weniger Aufmerksamkeit und auch weniger Nachfrage (=Käufen). Das führt wiederum zu noch weniger Händlern vor Ort oder sogar nur noch einzelnen in der Region.
Vor allem der kleine Einzelhändler geriet 2019 zunehmend unter die Räder. Zwar hielten die Hersteller in Deutschland offiziell ihre Preise hoch und lockten die Kunden nur über Rabattaktionen mittels sogenanntem Cash-Back. D.h. der Hersteller bezahlt dem Käufer Geld zurück für den Kauf überteuerter Waren. Der Händler erleidet so keinen direkten Schaden für seine teuer vom Importeur / Großhändler bezogenen Waren. Dies ist für die großen Hersteller wichtig, da sie keinesfalls den eigenen Fachhandel verlieren wollen. Aber die großen Elektronik-Vertriebe (u.a. Media Markt) räumten mit aberwitzigen Sonderangeboten die Ladenhüter. 600 Euro für eine Sony A7 Vollformat-Kamera oder Nimm 2 (zwei Kameras für den Preis von einer) sind zwar nur zentral gesteuerte Werbeaktionen, die absichtlich Aufmerksamkeit erzeugen sollen. Aber die Auswirkungen bleiben nicht aus. Das hässliche Bild des Verramschens der klassischen Kameras macht die Runde beim Kunden. Das ist ein Gefühl wie beim Ladenschluss: Alles muss raus - wegen Geschäftsaufgabe.
Wenn der Kernbereich der Fotoindustrie (die Kameraherstellung) daniederliegt, wird es für das Zubehör und deren Hersteller auch sehr eng. Dort waren die Fusionen seit 2015 und das Firmensterben seit 2016 weltweit nicht mehr zu übersehen. Den Fotozeitschriften ergeht es inzwischen weltweit nicht besser: aufgekauft, fusioniert oder geschlossen.
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