Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle beim Vergleich spiegelloser Kameras mit Spiegel-Reflex-Kameras behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.
Nachdem im Herbst 2018 auch Nikon Z und dann Canon R den endgültigen Wechsel zu spiegellosen Systemkameras eingeleitet haben, liegt bei den klassischen Fotokameras mit Wechselobjektiven die Zukunft eindeutig bei den spiegellosen Kameras. Dennoch ist dort noch lange nicht alles perfekt oder auch nur bei jedem einzelnen Modell ausgereift.
Deshalb soll ein detaillierter Vergleich beider Systeme die jeweiligen grundlegenden Vorteile aber auch Nachteile aufzeigen.
Ziel dieses aktuellen und systematischen Vergleiches der Eigenschaften der beiden unterschiedlichen Systeme mit und ohne Spiegel ist es auch, Ihnen bei Ihrer persönlichen Kaufentscheidung zu helfen.
Grundlegende Definitionen
Inzwischen finden sich zahlreiche Bezeichnungen rund um spiegellose Systemkameras, die wild durcheinander verwendet werden:
Spiegellose Kameras
Spiegellose Kameras gab es schon seit dem Anfang der Fotografie.
Ganz im Gegenteil wurde der Spiegel, welcher dem Fotografen die Sicht durch das Objektiv erlaubt und vor der Aufnahme hochklappt, erst relativ spät erfunden: Spiegelreflexkamera = Single-lens reflex camera, nämlich 1861. Trotzdem dauerte es noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, bevor mehrere brauchbare Modelle verfügbar waren. Einem größeren Publikum bekannt wurden diese Spiegelreflexkameras sogar erst in der Zwischenkriegszeit.
Selbst im digitalen Zeitalter besitzen fast alle Pocket-Kameras und Bridge-Kameras fast aller Preisklassen keinen Spiegel, könnten also zurecht als spiegellose Kameras bezeichnet werden. Hinzu kommen alle Kameras in Smartphones. Letztendlich besitzt die große Mehrzahl aller Foto-Kameras keinen Spiegel. Hieraus wird ersichtlich, wie wenig aussagekräftig oder gar charakterisierend der oft verwendete Ausdruck spiegellos im Grunde ist.
Systemkameras
Eine Systemkamera ist im Grund eine sehr alte Bezeichnung für eine Kamera, an die man Objektive und anderes Zubehör mit einem bestimmten System anbringen kann. Oder noch einfacher: eine Kamera mit austauschbaren Komponenten.
Im Kern gehören nur ein Kameragehäuse und ein Objektiv zur Mindestausrüstung.
Ein Sucher ist heute als zwangsweises Zubehör bereits umstritten.
Eine gewisse Mechanik oder Elektronik für Belichtung und Bildschärfe wurde hingegen meist auch früher als Standard angesehen.
Das gesamte Systemzubehör des Kamerasystems wurde bereits im 20. Jahrhundert - zu analogen Zeiten - sehr groß. - Man denke nur an System-Blitzgeräte.
System bedeutet primär nichts anderes, als genormte Anschlüsse für wechselbares Zubehör.
Systemkameras sind keine neue Erfindung. In den frühen Jahren 1930 bis 1950 handelte es sich bei Systemkameras - wie auch heute oft - um Messsucher-Kameras. D.h. die Kamera besaß keinen Spiegel.
Dennoch kann eine Systemkamera auch einen Spiegel mit Prisma enthalten. D.h. alle APS-C- und alle Vollformat-Kameras mit Spiegel = (D)SLR = Digital Single Lense Reflex) = DSR = digitale Spiegelreflex - SR-Kamera = Spiegelreflex-Kamera - sind auch Systemkameras.
Letztendlich meint Systemkamera als Minimalforderung nur eine Kamera mit Wechselobjektiv.
Allerdings wird der Ausdruck Systemkamera von vielen Menschen im Fotobereich heute unzutreffend als Synonym für spiegellose Systemkamera verwendet.
Spiegellose Systemkameras
Hierbei handelt es sich um eine System-Kamera, die keinen Spiegel besitzt. D.h. sie besitzt entweder einen elektronischen Sucher oder stellt bei modernen digitalen Kameras das Sucherbild auf dem Display auf der Rückseite der Kamera dar.
Hier wird jedoch der babylonische Sprachenwirrwarr vollends unübersichtlich.
Synonyme für Systemkameras
CSC = Compact System Camera = Kompakte Systemkamera: umfasst eigentlich alle kleinen System-Kameras.
EVIL = Electronic Viewfinder Interchangeable-Lens camera = electronic viewfinder with interchangeable lens = Kamera mit elektronischem Sucher und Wechselobjektiv
Die Abkürzung EVIL wird heute kaum mehr verwendet, da sie in der Übersetzung böse bedeutet und marketing-technisch eine Fehlleistung darstellte.
EVF-Camera = Electronic-View-Finder-Camera = Kamera mit elektronischem Sucher.
MSC = Mirrorless System Camera = spiegellose Systemkamera.
ILC = interchangeable-lens camera = Kamera mit austauschbaren Objektiven = Systemkamera (= mit oder ohne Spiegel).
DILS(C) = digital interchangeable-lens system camera = Digitale Kamera mit austauschbaren Objektiven (= mit oder ohne Spiegel).
MILC = mirrorless interchangeable-lens camera = mirrorless interchangeable-lens digital camera = Spiegellose (digitale) Kamera mit Wechselobjektiv = spiegellose Systemkamera
DSLM = Digital Single Lens Mirrorless = Spiegellose Digitalkamera mit einem Objektiv
DSL = Digital Single Lens = Digitalkamera mit einer Linse. Hier lässt man das R für Reflex entfallen. Im Grunde meint dieser Ausdruck Kameras mit oder ohne Spiegel. Dennoch wird er oft nur für spiegellose Kameras verwendet, weil man dann das R für solche mit Spiegel (DSLR) anhängt.
Eingruppierung
Die Eingruppierung der spiegellosen Systemkameras fällt heute sehr schwer. Hersteller und Markt-Analysten nennen meist die folgenden Kategorien:
Kompaktkameras
Sieht man einmal von den Smartphones ab, so nennt man die kleinste und qualitativ unterste Gruppe der Kameras Kompaktkameras.
Hiermit meint man Fotoapparate von geringer Größe und Gewicht - mit einer kompakten Bauform -, die im vollautomatischen Modus Bilder für einen alltäglichen Normalgebrauch liefern.
Die Preise schwanken von sehr günstigen unter 100 Euro bis zu Edelkompaktkameras, die mit Zubehör sogar weit über 1.000 Euro kosten können.
Die Bildqualität rangiert von befriedigend (Dämmerung) bis sehr gut (bei hellem Tageslicht).
Manche bezeichnen diese Kameras auch als Immer-dabei-Kamera.
Bridge-Kameras
Darüber rangieren die Bridge-Kameras, die zwar aussehen wie kleine (APS-C-) Spiegelreflex-Kameras, aber einen kleinen Sensor und einen fest eingebauten Mega-Zoom mit bis zu 3.000 mm Brennweite bieten.
Die Bildqualität rangiert von befriedigend (Dämmerung) bis sehr gut (bei hellem Tageslicht).
Die Preise starten bei etwa 500 Euro können aber auch bis fast 2.000 Euro bei Edel-Kameras reichen.
Bridge-Kameras gelten bei vielen (vor allem älteren) Fotografen noch immer als ideale Reisekameras.
Micro-Four-Thirds-Kameras:
Eigentlich waren technisch und historisch gesehen die spiegellosen Systemkameras der sogenannten MFT-Klasse die ersten, welche ab 2008 dieses ganze spiegellose Technik bei den ernsthaften Systemkameras mit Wechselobjektiven einführten. Siehe den eigenen Artikel dazu. Hier dominieren die beiden dazu kooperierenden Firmen Olympus und Panasonic.
APS-C-Kameras:
Mit mittelgroßem Sensor und Preisen zwischen 500 und 2.000 Euro sowie einem breiten Angebot an Systemzubehör. Fuji dominiert den Markt. Sony, Canon und seit Ende 2019 auch Nikon bieten bei spiegellosen Kameras im APS-C-Sektor kein ganz so ausgebautes Gesamt-System.
Vollformat-Kameras
Mit großem Sensor und Preisen ab etwa 1.000 US$ resp. 1.200 Euro bilden sie die Hauptausstattung für die Profis und sehr ambitionierten Amateure.
Hier wird das meiste Systemzubehör zu den dann aber auch hohen Preisen angeboten. Siehe den Artikel Spiegellose Vollformat-Kameras.
Mittelformat-Kameras ohne Spiegel
Noch größere Sensorflächen erlauben seit einigen Jahren 100-150 Mega-Pixel. Dadurch nehmen die theoretisch erzielbare Auflösung und Bildqualität zu.
Aber auch die Preise derartiger Gesamtsysteme steigen schnell in schwindelerregende Höhen.
Festzuhalten bleibt, dass die Eingruppierung genauso willkürlich ist und von den Herstellern vollzogen wird, wie die in den spiegellosen Systemkameras verbauten Sensoren.
Wäre das nicht alles schon kompliziert genug, so unterscheiden zunehmend mehr Hersteller innerhalb ihrer spiegellosen Modelle zwei Klassen / Stilrichtungen:
eine Billigklasse (= Kompaktklasse, ähnelt Kompaktkameras)
eine gehobene Qualitätsklasse (sieht aus wie eine DSLR)
und in diesen beiden Klassen unterscheiden sich wieder die einzelnen Modelle.
Je nach einzelnem Modell reicht die reine Bildqualität moderner spiegelloser Systemkameras vom untersten Segment der Pocket-Kamera über das der Bridge-Kamera, Micro-Four-Thirds, die APS-C-Kameras über Vollformat-Kameras bis hin zur Mittelformat-Klasse. Das liegt neben den Objektiven vor allem an der verwendeten Sensorgröße.
Sensorgrößen / Sensorformate
Die Bildqualität wird (sofern alles andere Zubehör identische Qualität liefert) hauptsächlich von der Sensorgröße festgelegt. Die Sensortechnik und deren Bildqualität unterscheidet sich hingegen für die Fotopraxis heute kaum mehr.
Eigentlich zuerst nur für Micro-Four-Thirds konzipiert, kann man spiegellose System-Kameras theoretisch mit allen denkbaren Sensoren ausstatten.
Angesichts der sehr hohen Kamerapreise verwendet man jedoch nicht mehr die allerkleinsten Sensoren der billigsten Kompakt-Kameras.
Bisher wurde die spiegellose Technik zur Kombination mit völlig unterschiedlichen Sensorgrößen genutzt.
APS-C-Sensorgröße in de facto unterschiedlicher Größe: Canon (EOS-M), Fujifilm (X-Modelle), Sony (A5#00, A6#00, ältere NEX-Modelle), Leica-T, Nikon Z#0. Samsung stellte 2016 den Vertrieb seiner spiegellosen Kameras weltweit ein.
Four-Thirds-Format (ca. 17,3 * 13 mm = 225 qmm nutzbare Fläche): Olympus (Pen-Modelle und OM-D E-M#-Modelle) und Panasonic (G#-Modelle).
Viele früher vorhandene spiegellose Systeme wie Nikon (System 1 mit 1 Zoll kleinem CX-Sensor 13,2*8,8 mm), Ricoh/Pentax (1/1,7 Zoll-Kompaktkamerasensor für das Zoom 24-85 mm 7,4*5,6 mm), Ricoh/Pentax: 1 / 2,3-Sensor (Q-System: 6,2*4,6 mm) sind de facto seit 2016 weitgehend vom Markt verschwunden oder spielen keine Rolle mehr.
Grundsätzlich gilt: Je größer der Sensor, desto bessere Bildqualität, desto teurer.
Kleinere Sensoren erlauben jedoch eine kompaktere Bauweise des Kameragehäuses sowie kleinere Objektive - insbesondere Zooms.
Kleinere Sensoren ermöglichen auch höhere Serienbildgeschwindigkeiten. Siehe z.B. die kleinen Nikon-Modelle mit bis zu 60 Bildern / Sek.
Die Auflösung der verwendeten Sensoren lag 2020 in einem großen Spektrum zwischen 16 und 100 Millionen Pixeln (Mega-Pixel, MP).
Vor- und Nachteile sowie Unterschiede
Wo liegen nun - auch heute noch - im Detail die Unterschiede der spiegellosen zu den DSLR, und welche Vor- respektive Nachteile sind damit in der täglichen Fotopraxis verbunden.
Systemkameras - mit und ohne Spiegel - bieten einen grundsätzlichen Vorteil: Im Gegensatz zu Kompakt- und Bridge-Kameras kann man Objektive wechseln, also andere Objektive ansetzen und ist somit flexibler.
Volumen und Gewicht
Kein Spiegel, kein Prisma-Sucher, kein separater Autofokus-Mess-Sensor, keine separate Belichtungsmessung.
Der Hauptunterschied der spiegellosen Systemkameras zu den bisherigen Marktführern (DSLR) liegt offiziell im fehlenden Spiegel. Deshalb auch DSL (ohne R) genannt.
Allerdings entfallen weit mehr Teile bei spiegellosen Kameras:
der Spiegel: Aufrisszeichnung eines Spiegels mit Prismas und Phasenautofokus und schematische Darstellung eines Prismas bei der D60 sowie FTB,
Auch die immer komplexere separate Belichtungsmessung in der Kamera mit Spiegel kann entfallen.
Alle diese Baugruppen bestehen wiederum aus vielen Einzelteilen.
Durch das nun überflüssige voluminöse Pentaprisma wird vor allem die Höhe der Kamera geringer.
Ferner wird durch den Wegfall aller obigen Teile die Kamera schmaler - geringere Bautiefe -, da der tiefe Spiegelkasten vor dem Sensor entfallen kann.
Diese Technologie war immer der Standard bei den Kompakt- und Bridge-Kameras. Deshalb waren sie auch immer etwas kleiner und leichter.
Kleinere, flachere, leichtere Kameragehäuse (Body) sind so möglich.
Spiegellose Systemkameras sind handlicher als eine ausgewachsene DSLR mit dickem Spiegelkasten und Prismendom.
Mit ihren oft kleineren Abmessungen und oft geringerem Gewicht kann man sie oft und bei vielen Anlässen dabeihaben.
Im Reisebereich sind diese Kameras vor allem bei Wanderungen und langen Städtetouren vorteilhaft.
Kleinere Kameras sind allerdings vor allem für Männer mit größeren Fingern nicht so ergonomisch in der Haltung und Bedienung.
Sie besitzen kleinere Tasten.
Sie bieten einen schlechteren Griff, oder oft überhaupt keinen geformten Griff. Zahlreiche Griffe sind für viele Männerhände auch in den neuesten Modellen noch immer zu klein und deshalb unergonomisch, was sich vor allem bei stundenlanger Benutzung zeigt.
Je kleiner die Gehäuse, umso weniger oder kleinere Bedienelemente lassen sich im Vergleich zu DSLR-Kameras anbringen. Oder sie werden an unergonomischen Stellen angebracht.
Zahlreiche bisherige Modelle gelten schlichtweg als zu klein für die ernsthafte Fotografie.
Das geringe Gewicht der spiegellosen Systemkameras kann beim Auslösen zum Problem werden (genannt Shutter Shock). Der mechanische Verschluss besitzt eine gewisse Masse, welche aufgrund der Beschleunigungskräfte die Kamera erschüttern und so zu sichtbaren Verwacklungen führen kann. D.h. das Bild wird - trotz Bildstabilisator - unscharf. Bei schweren DSLR-Kameras tritt dieser Effekt aufgrund der hohen Eigenmasse wesentlich seltener auf. Deshalb werden heute wieder zusätzliche, schwere Batteriegriffe für die leichten spiegellosen Kameras empfohlen, damit man den Shutter Shock mildert. Dadurch entfallen jedoch die ursprünglichen Vorteile bei Volumen und Gewicht.
Wie gravierend dieser nachteilige Effekt bei allen spiegellosen Kameras inzwischen ist, zeigt sich daran, dass Canon 2022 ein Patent einreichte, um die Bildverwacklung durch den Shutter Shock deutlich zu verringern.
Zwar war der Trend zu größeren Gehäusen bei spiegellosen Kameras seit Jahren unverkennbar. Aber spätestens mit der Panasonic S, welche ein größeres Volumen und mehr Gewicht besitzt als die meisten DSLRs sind jene Pluspunkt bei Volumen und Gewicht auch nur noch modellabhängig.
Die geringe Bautiefe und Gewichte der Gehäuse täuschen oft darüber hinweg, dass die Objektive relativ schnell unverhältnismäßig groß werden. Dann entsteht eine unschöne und sowohl manuell unergonomisch zu handhabende (deutlich front-/kopflastige) als auch auf Stativen kaum sinnvoll haltbare Kombination. Vor allem die Disproportion zwischen den sehr schmalen Kameragehäusen und den dicken, schweren Zooms oder lichtstarken Festbrennweiten wird gerne verschwiegen.
Die bis heute immer wieder zu lesende Behauptung, dass man eine spiegellose Systemkamera mit Objektiv in der Hemd-/Brusttasche tragen könnte, ist schlichtweg Unfug.
Keine spiegellose Kamera ist mit einem vergleichbaren Zoom-Objektiv so klein wie eine Pocket-Kamera, die in eine Hemdtasche passt.
Generell gilt auch bei den spiegellosen Systemkameras, dass hohe / professionelle Bildqualität und Bedienungskomfort ihr Gewicht, ihr Volumen und ihren Preis haben.
Ein psychologischer Nachteil im Bereich der Berufsfotografie ist noch immer, dass viele Kunden eine große Kamera (= Volumen und Masse) mit Profi assoziieren und eine kleine Kamera nicht als gut akzeptieren.
Praxistipp: Persönlich würde ich auf den früher so hoch gehandelten Vorteil des minimal geringeren Gewichtes und Volumens vieler spiegelloser Kameras (nur der Body) angesichts der Systemgesamtgewichte (inklusive aller Objektive, Stativ, Blitz etc.) nicht so viel Wert legen, wie auf die Ergonomie beim blinden Handtest im Fotofachgeschäft. Ein paar Gramm mehr sind weniger hinderlich als ein fehlender oder für einen persönlich falsch platzierter Schalter.
Machen Sie z.B. den mehrstündigen Tragetest in der freien Hand mit mindesten 400 mm Brennweite an einer DSLR und an einer spiegellosen Kamera. Sie werden - wie alle Testpersonen - zu der erstaunlichen Erkenntnis gelangen, dass ein paar hundert Gramm mehr Gewicht an der richtigen Stelle (u.a. im größeren und ausbalancierten Griff) zu einem subjektiv angenehmeren Tragekomfort führen.
Falls Sie im Winter oder bei Kälte fotografieren wollen, so sollte die Kamera mit Handschuhen gehalten werden können, ohne dass man sich die Finger zwischen Batteriegriff und Objektiv einklemmt. Ferner sollten auch mit Handschuhen noch zumindest die wichtigsten Schalter und Funktionen korrekt bedient werden können. Ansonsten werden Sie zur Bedienung sowie evtl. sogar zum Halten und Tragen die Handschuhe immer ausziehen müssen.
Bajonett
Durch den Wegfall des Spiegelkastens konnte man den Raum nutzen. Man ließ in schlicht entfallen. Dadurch ergab sich ein neues Bajonett mit einer geringeren Flange-Distance / einem kleineren Auflagenmaß. Der deutsche Ausdruck ist leider - wie so oft - völlig irreführend: Er hat nichts mit dem Durchmesser des Bajonetts - also dem Maß des meist verchromten Ringes an der Kamera vorne - zu tun. Gemeint ist mit Flange Distance der Abstand zwischen Bajonett-Verschluss und Sensorfläche.
Der Vorteil des nun geringeren Abstandes bei spiegellosen Kameras besteht nur für die Hersteller darin, dass sie damit preiswerter und schneller neue Objektive konzipieren und herstellen können.
Technisch gesehen bilden diese neuen Objektive aufgrund der neuen Bajonette oder zumindest der geringeren Auflagefläche eine weitere neue Produktlinie. Dadurch wird der Umstieg wie der Aufstieg sehr teuer, da man alte Objektive komplett ersetzen muss.
Die immer wieder auch von Herstellern fälschlicher Weise publizierten Behauptungen, dass mit einer geringeren Flange-Distanz lichtstärkere Objektive möglich wären oder die Bildqualität höher wäre, ist physikalisch blanker Unsinn. Das alles geht bei DSLR auch - und ist vor allem seit Jahrzehnten vorhanden.
Überdies handelt es sich bei den neuen Bajonetten oft um proprietäre Systeme:
Hier zeigt sich die negative Seite des Wortes System: Es bedeutet Standard für Anschlüsse. Allerdings handelt es sich um keinen weltweiten Standard.
Fast jeder Kamera-Hersteller bietet grundsätzlich und natürlich auch bei den spiegellosen Systemkameras ein eigenes System an, das jeweils inkompatibel zu dem der Mitbewerber ist.
Dies betrifft insbesondere die Bajonette (Anschlüsse der Objektive).
Klartext: Die neuen spiegellosen Bajonette sind auch völlig inkompatibel zu alten Objektiven (aus dem Bereich DSLR) desselben Herstellers.
Die Ausnahme bilden die Micro-Four-Third-Kameras und Objektive (m4/3). Hier haben sich Panasonic und Olympus mit weiteren Objektivherstellern auf einen Standard geeinigt.
Adapter
Angesichts der alten - nicht mehr passenden - Objektive wurden bereits früh Adapter angeboten, mit denen man andere / alte Objektive an einer spiegellosen Kamera betreiben kann.
Bitte beachten Sie, dass bei Adaptern zwei große Gruppen existieren: Firmeneigene Adapter, welche alte (meist DSLR-) Objektive des Kamera-Herstellers an eigene neue spiegellose Kameras anschließen. Daneben finden sich die Fremdadapter (der Dritthersteller), welche es erlauben, viele Fremdobjektive bis fast jedes andere Objektiv an neue spiegellose Kameras anzuschließen.
Zuerst muss man festhalten, dass fast alle Hersteller einen unterschiedlichen Abstand der Sensor-/Film-Ebene zum Bajonett (Objektivanschluss) besitzen. Dies ist gewollt, damit die Kunden fast nur die Objektive des Herstellers kaufen können und auch nach Anschaffung weiterer Objektive gezwungener Maßen weitere Kameras nur bei diesem System-Hersteller erwerben.
Spiegellose Kameras besitzen aufgrund des fehlenden Spiegels einen sehr geringen Abstand zwischen Sensorebene und Objektivanschluss und können somit fast alle anderen Objektive fast aller anderen Hersteller mit Adapter anschließen.
Sinnvolle Adapter beschränken sich fast ausschließlich auf die folgenden spiegellosen Systeme und Kombinationen:
Micro-Four-Thirds-Kameras von Olympus und Panasonic, an die man nach über 10 Jahren Entwicklung inzwischen fast alle Objektive aller anderen Marken zumindest montieren kann.
Das E-Bajonett von Sony, an das man alte Objektive von Minolta / Sony montieren kann und vor allem viele DSLR-Canon-Objektive. Nikon Objektive funktionieren trotz Adapter nicht oder nur extrem eingeschränkt an Sony-Kameras.
Sowie Fujis X-Kameras im APS-C-Format, wobei dies fast nur für alte und manuelle Objektive gilt.
Um es noch weiter einzuschränken: Die meisten brauchbaren Adapter finden sich für Canon-Objektive für Micro-Four-Thirds-Kameras und dann für Sonys E-Bajonett, wobei praktisch alle Adapter eher für den Video-Bereich gedacht sind und auch überwiegend dort verwendet werden.
Preiswerte (10-100 Euro) passive Adapter befestigen das Objektiv nur mechanisch an der spiegellosen Kamera. Die Blende und sonstige Daten werden nicht übertragen, der Autofokus funktioniert nicht.
Ein hochwertiger moderner elektronischer Sucher einer spiegellosen Kamera beherrscht jedoch Focus-Peaking - eine farbliche Darstellung derjenigen Bildelemente, die scharf sind - und erlaubt so den Einsatz nur manuell fokussierbarer (auch mit Adapter angeschlossener alter) Objektive.
Dank zahlreicher Adapter lassen sich inzwischen auch sehr viele sehr alte Objektive anschließen. Dies erklärt im Übrigen den rapiden Preisanstieg gebrauchter (analoger) Objektive auf Internet-Börsen. Bei einem Crop-Faktor von z.B. ca. 2 bei Micro-Four-Thirds-Modellen sind die alten Objektive vor allem im Telebereich für die Tierfotografie geeignet.
Einige Hersteller bieten für zahlreiche SLR-Objektive inzwischen elektronische / aktive Adapter an. Damit kann man große Objektive an spiegellosen Systemkameras verwenden.
Aber selbst mit aktiven / elektronischen Adaptern kann man bisherige / alte Objektive nur unter oft erheblichen Einschränkungen (meist kein Autofokus, oder zumindest eingeschränkter Autofokus oder zumindest langsamer und nicht immer treffsicher) verwenden. Dadurch wird ein Umstieg teuer oder schwer durchführbar.
Mit manuellem Fokussieren geht viel Romantik einher. De facto halte ich es heute jedoch nur noch in wenigen Situationen für wirklich verwendbar: Bei Stillleben, Landschaftsaufnahmen mit viel Zeit und bei Makroaufnahmen, bei denen man eine hohe Schärfentiefe / Tiefenschärfe wünscht.
Im Übrigen sind die meisten elektronischen Adapter mit Preisen zwischen ca. 100 und rund 1.000 Euro teuer.
Ferner sind Volumina und Gewichte fremder Objektive - mit einem voluminösen und oft keineswegs leichten Adapter - für die kleinen Kameras ohne Spiegel völlig unergonomisch.
Vorsicht: Alte Four-Thirds-Objektive sowie alle älteren AF-Objektive anderer Hersteller sind optimiert für Phasen-Autofokus. Viele klassische spiegellose Kameras verwenden jedoch nur oder zumindest hauptsächlich den Kontrast-Autofokus.
Die meisten spiegellosen Kameras können zwar beide Objektive anschließen. Aber bei den meisten Kameras muss man dann viele technische Abstriche hinnehmen.
Auch die meisten anderen neuen spiegellosen Kameras erwarten zur perfekten Zusammenarbeit moderne, native - d.h. auf das eigene spiegellose System optimierte - Objektive. Dies gilt insbesondere, je hochwertiger die Kameras sind und je mehr sie theoretisch leisten können. So wurden an der Profikamera Sony A9 im Sommer 2017 andere Teleobjektive mit Adapter getestet, wobei die Leistung der Kamera drastisch einbrach (z.T. von 20 Bildern/Sek. auf 2,5 Bilder in der Sekunde).
Die bei allen Firmen angebotenen Adapter für Alt- oder Fremd-Objektive konnten mich bisher in allen meinen Tests in der täglichen Fotopraxis nur in wenigen (fotografisch langsamen) Situationen überzeugen.
Dies gilt im Übrigen für alle alten analogen Objektive: Sie wurden weder für die heute hohen Sensorauflösungen noch für den Kontrastautofokus gerechnet oder ausgelegt. Neben dem langsamen oder nicht funktionierenden Autofokus darf man damit an Adaptern auch keine hohe Bildqualität erwarten.
Ältere Phasenautofokus-Objektive lassen sich nur bedingt mit Adaptern an neuen spiegellosen Kamera-Modellen mit auf dem Sensor integrierten Phasen-Autofokus sinnvoll verwenden. Erste derartige Kameras finden sich zwar, aber bis zum Masseneinsatz des Phasenautofokus in allen Kameras werden wohl noch Jahre vergehen. Und auch bei diesen zeigen sich immer wieder Probleme mit Adaptern. Ferner wurden auch die alten Phasenautofokus-Objektive (analoge und digitale) nicht für die in heutigen modernen Kameras verwendeten Mega-Pixel-Boliden ausgelegt, wodurch die Bildqualität für jeden Betrachter sichtbar leidet.
Überlegen Sie es sich wirklich genau, ob Sie an den neuen spiegellosen High-Tech-Kameras mit einem Adapter arbeiten wollen. Aus jahrelanger Erfahrung kann ich Ihnen mein Leid über viel Frust mit unvorhersagbaren und somit unkalkulierbaren Fehlern klagen. Vor allem Telebrennweiten leiden extrem darunter.
Letztere Probleme wurden mit den viel höheren Rechenleistungen moderner Kameraprozessoren der neuen Hochleistungskameras ab ca. 2020 (z.B. Canon R3, R5, R5C, R6, Nikon Z6 II, Z7 II, Z9, Sony A7SIII, A1, A7IV) etwas gemildert. Aber perfekt arbeiten viele alte (vor allem Tele-) Objektive noch immer nicht mit spiegellosen Kameras zusammen.
Weitere Details zu Adaptern finden Sie im Artikel Wechseln ?
Objektive
Auch bei manchen Objektiven für spiegellose Kameras ist eine geringere Bautiefe möglich.
Etwas kleinere (vor allem kürzere), leichtere Objektive sind dadurch möglich.
Mit dem Kameragehäuse legt man sich jedoch auch auf ein System fest, denn - wie bei den älteren SLR - benutzt fast jeder Hersteller sein eigenes Anschlusssystem, um Objektiv und Kameragehäuse zu verbinden. Man kauft folglich Objektive für ein System eines Herstellers.
Nur Olympus und Panasonic nutzen einen gemeinsamen Standard (Micro-Four-Thirds), der auch für Dritthersteller zugänglich ist.
Seit 2019 bieten mit der L-Mount-Alliance auch Leica, Panasonic und Sigma erste Objektive für ihr gemeinsames L-/S-Bajonett an. Allerdings ist dieses Bajonett nicht für Drittanbieter zugänglich. D.h. außer diesen drei Herstellern werden nur wenige und erst später Objektive mit geringerer Leistung anbieten können.
Sony bietet seine Bajonettdaten für spiegellose Kameras seit einigen Jahren Drittherstellern gegen Lizenzgebühr an. Dadurch finden sich hierfür erstaunlich viele Fremdobjektive vor allem für das lukrative Vollformat.
Sigma bietet seit Ende 2019 für die spiegellose Canon M in der APS-C-Klasse und seit 2020 sogar für die neue spiegellose Vollformat-Klasse R eigene Objektive an.
Fujifilm hat ebenfalls lange sein Bajonett geschützt. Erst ab 2021 kamen vermehrt lizensierte Tamron-Objektive für Fujifilm-APS-C-Kameras heraus.
Ganz ungünstig sieht es bei der Firma Nikon aus, die ihre Bajonett-Daten unter Verschluss hält. Dadurch finden sich nur wenige Adapter und Objektive fremder Hersteller dafür. Auch mittels sogenanntem Reverse Engineering wird es Jahre dauern, bis Dritthersteller vergleichbare Objektive für die spiegellosen Kameras bei Nikon anbieten können.
Das Objektivangebot ist sehr hersteller- und modell-abhängig:
Die meisten Objektive bieten derzeit Panasonic und Olympus aufgrund des gemeinsamen Standards bei Micro-Four-Thirds sowie die Fremdhersteller (Samyang, Sigma, Tamron, Voigtländer, Zeiss) mit zusammen über 100 Objektive zur Auswahl an allen diesen genormten Kameras an.
Danach folgen erst mit deutlichem Abstand die anderen Anbieter.
Bei Sony (Vollformat, aber nur eingeschränkt bei APS-C) handelt es sich inzwischen um ein weitgehend vollwertig mit Wechselobjektiven und umfangreichem Zubehör für viele fotografische Aufgaben ausgestattetes FE-System.
Bei Fuji (APS-C und Mittelformat) handelt es sich inzwischen ebenfalls um ausreichend mit Wechselobjektiven und umfangreichem Zubehör für viele fotografische Aufgaben ausgestattete Systeme.
Canon und Nikon bauen ihren gesamten spiegellosen Bereich noch immer auf und zeigen deshalb zahlreiche Lücken bei Objektiven und auch sonstigem Zubehör für spiegellose Kameras.
Das Objektivangebot der spiegellosen Systemkameras ist bei vielen Herstellern noch deutlich schwächer bestückt als bei den DSLR-Reihen.
Meist fehlen die langen Brennweiten.
Und sogar heute sind die Angebote im Ultraweitwinkelbereich oder bei Fisheye-Objektiven für Spiegellose Kameras sehr begrenzt.
Dennoch werden bereits heute viele alltägliche fotografische Situationen abgedeckt.
Seit 2015 fanden sich weitere Objektive für spiegellose Kameras. Allerdings fällt immer öfter auf, dass deren eigene Abbildungsqualität nicht sonderlich hoch ist, sondern die insgesamt gute Bildqualität eher durch nachträgliche kamerainterne Korrekturen erzeugt wird (siehe Moderne Objektive und RAW-Betrug). D.h., um halbwegs leichte und preiswerte Objektive zu erhalten, wird eine Offenblende von nur f4 statt f2,8 angeboten, und es werden weniger und nicht so hochwertige Linsen verwendet, welche dann Vignettierung und Verzerrungen sowie chromatische Aberration produzieren. Die kamerainternen software-gesteuerten Korrekturen funktionieren bei hellem Tageslicht gut. Aber bei schwacher Beleuchtung werden die extremen Korrekturen im Bild an einzelnen Stellen (z.B. Ecken) sichtbar. - Dabei finden sich dann auch bei RAW-Dateien kaum mehr Spielräume zur nachträglichen manuellen Korrektur am PC. Diese hat die Kamera bereits weitgehend ausgenutzt oder sogar überreizt.
Vor allem seit 2019 kam es im spiegellosen Vollformatbereich sogar zu sehr unschönen Neuentwicklungen von Zoom-Objektiven mit Offenblenden von bis zu 7,# - statt der früheren f3,5-4,5. Das war ein signifikanter technischer Rückschritt der Objektive im Vergleich zu denjenigen an Kameras mit Spiegel.
Die meisten Objektive für spiegellose Kameras waren bisher aus Gewichtsgründen überwiegend nicht so lichtstark wie bei DSLRs der Vollformat-Klasse. Die wenigen lichtstarken Objektive, welche seit 2018 verfügbar wurden, waren in puncto Volumen und Gewicht dann praktisch identisch zu denen der DSLR-Kameras und somit keineswegs den leichten Kameragehäusen der spiegellosen Modelle angemessen. Sie gaben somit viel vom ursprünglichen Gewichts- und Volumenvorteil der spiegellosen Kameras preis. Und auch die hohen Preise der lichtstarken Objektive dürften so manchen Fotografen erstaunen.
Es fehlen noch immer ausreichend lichtstarke (langbrennweitige) Objektive für die Sport- und Tierfotografie. Auch wenn das Angebot ab 2016 besser wurde, so vermag deren Qualität noch nicht immer bei allen Sensorklassen und Kameras zu überzeugen.
Spätestens mit langen, lichtstarken und somit vorne schweren Teleobjektiven wurden 2019 die Disproportionen jedoch jedem vor Augen geführt und sind so unergonomisch in der Hand zu halten, dass sie jedem die Grenzen der kleinen spiegellosen Kameras aufzeigen (Siehe z.B. das seit Herbst 2018 verfügbare Sony FE 400 mm F2,8 GM OSS oder das seit 2019 verfügbare 600 mm Tele von Sony). Diese lassen sich nur auf dem Stativ sicher bedienen.
Ganz ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass sowohl Canon als auch Nikon 2018/19 mit ultraleichten neuen Gläsern bewiesen haben, dass man Objektive für Kameras mit Spiegel (DSLR) bauen kann, die wesentlich kleiner und leichter sind, als alles bisher Dagewesene. - Auch leichter als die vergleichbaren Objektive bei spiegellosen Kameras. Das Volumen und Gewicht hochwertiger Objektive hängt somit nicht am Spiegel der Kamera.
Noch ärgerlicher erwies sich der Umstand, dass die angepriesenen neuen lichtstarken Objektive für viele spiegellose Kameras sogar im Normalbereich der Brennweiten deutlich voluminöser und schwerer wurden als deren Vorgänger für die Kameras mit Spiegel.
Für kleine und leichtere Objektive werden eher neue Linearmotoren zum Fokussieren verwendet. Sie eignen sich ideal zum Filmen, sind jedoch derzeit für große, lichtstarke, schwere Teleobjektive noch nicht so häufig zu finden.
Wie bei den Kollegen mit Spiegel benötigen spiegellose Systemkameras mehrere (Zoom-) Objektive, damit man mit ihnen ein relativ weites Einsatzspektrum abdecken kann. Die Kosten, sowie die Volumina und Gewichte für eine komplette Ausstattung an Objektiven (Festbrennweiten und / oder Zooms) werden oft völlig unterschätzt.
Pancake-Objektive (= Pancake lens = Pfannkuchen: sehr flache Objektive) sind zwar kleiner, aber derzeit noch relativ teuer und sowieso nur für wenige Brennweiten verfügbar.
Dennoch ist es nicht korrekt, wenn behauptet wird, sie tragen kaum auf und passen so an der Kamera in die Jackentasche.
Abschließend gilt aber noch immer ganz klar: Keinem Hersteller (auch nicht dem offenen Standard MFT) ist es bis heute gelungen, eine derart umfangreiche und vor allem preiswerte Anzahl an Objektiven zur Verfügung zu stellen, wie dem Bereich DSLR. Für Kameras mit Spiegel existieren insgesamt tausende kompatibler Objektive und viel mehr Zubehör.
Technisch sind bei manchen Herstellern spiegelloser Kameras inzwischen zahlreiche Objektive in guter Qualität vorhanden. Aber bei Olympus und Panasonic wurden die älteren Objektive mit langsamen Motoren und für den langsamen Kontrast-Autofokus gerechnet. Deshalb arbeiten sie nicht wirklich schnell oder fehlerfrei mit den neuen Hochleistungskameras zusammen, welche auf Phasen-Autofokus ausgerichtet sind. D.h. das zahlenmäßig große Angebot an Objektiven reduziert sich ganz schnell wieder. Dasselbe gilt bei den älteren Objektiven von Fuji an neuen schnellen Sportkameras der Firma. Und Sony lieferte in den ersten Jahren oft minderwertige Objektive mit nur mittelmäßiger Bildqualität aus. Erst die teure G-Master-Serie kann an den neuen Hochleistungs-Kameras im Bereich Vollformat weitgehend überzeugen.
Bei einigen von mir selbst getesteten Objektiven muss ich leider jedoch auch festhalten, dass die neueren Objektive für spiegellose Systeme keineswegs in allen Bereichen optisch hochwertiger sind. So fallen mir weitgehend schlechtere Randabdunklungen (Vignettierungen) auf, welche angeblich von immer mehr Herstellern überhaupt nicht mehr optisch korrigiert werden, weil sie von der Kamera per Software berichtigt werden sollen. So geht das aber nicht.
Ferner fallen mir im Histogramm Farbaufspaltungen auf - d.h. die drei Farben RGB liegen nicht mehr exakt übereinander: Während z.B. das alte Makro aus der analogen Zeit (zwei Generationen vor dem neuen spiegellosen) noch rein Weiß als Weiß darstellt, so wird im Histogramm des neuesten Makros desselben Herstellers eine Farbtrennung ersichtlich, die auch im Bild in einem Farbstich erkennbar wird. Das kann man zwar korrigieren und fällt bei Farbaufnahmen (z.B. Blumen) nicht störend auf. Aber für Reproduktionsaufnahmen ist das störend und mit Mehrarbeit verbunden.
Hinweis: Bei allen Nikon Z-Kameras (dem ganzen Z-System) mit einem mechanischen Verschluss gilt, dass dieser bei vielen Objektiven - vor allem denjenigen neuen der Z-/S-Modelle mit VR - ausgegraut wird und nicht benutzbar ist. Dort wird ohne Wissen des Fotografen der A-Modus (=EFCS) verwendet. Dies macht sich unter anderem sichtbar in einem unruhigen Bokeh des dann verwendeten Automatikmodus (= EFCS - elektronischer Verschluss am Anfang der Belichtung) bemerkbar. Siehe hierzu meine allgemeinen erklärenden Bemerkungen und den zweiten Hinweis.
Fazit: Es kommt bei jedem Hersteller und bei jedem spiegellosen Kameramodell derzeit noch im Einzelfall darauf an, was an Objektiven dazu passt. Ernüchternd ist, dass praktisch nur die neuesten, hochwertigsten und teuersten Objektive an den neuesten spiegellosen Kameras frustfrei zu gebrauchen sind. - Und auch dort gibt es Einschränkungen.
Praxistipps:
Es hat seinen Grund, warum die Hersteller ihre nativen Objektive (des neuen Bajonettes) für die spiegellosen Kameras bewerben. Nur mit den neuesten exakt dafür konzipierten Objektiven holen Sie das Maximum aus der Kamera heraus - sowohl an Bildqualität als auch an Freude.
Vergessen Sie ferner die oft angepriesenen angeblichen Vorteile bei Volumen und Gewicht der Objektive für spiegellose Kameras. Das galt früher für Einzelfälle. Heute ist es sogar eher umgekehrt - vor allem, wenn Sie auf eine hohe Bildqualität Wert legen.
Autofokus
Alle Systemkameras (mit und ohne Spiegel) boten seit Jahren einen schnellen und präzisen Autofokus. D.h. die Unterschiede liegen (wie so oft) im Detail.
Das Fokussieren erfolgte bis ca. 2017 bei den meisten spiegellosen Kameras fast ausschließlich als Kontrast-Autofokus (contrast-detection autofocus = CDAF) auf dem Sensor. Hierbei nähert sich das System in mehreren kleinen, jeweils über das Ziel hinausgehenden Schritten dem optimalen Zustand = der exakten Fokusebene.
Früher wurde der Kontrastautofokus jedoch als qualitativ minderwertig und viel zu langsam angesehen im Vergleich zum frei im Kameragehäuse angebrachten Phasenautofokus = Phasen-(Vergleichs)-Autofokus (phase-detection autofocus = PDAF) bei Spiegelreflex-Kameras. Dies betrifft in der Tat einige alte Kameramodelle, die noch immer zu erwerben sind.
Moderne Verfahren der Fokussierung sowie wesentlich schnellere Prozessoren haben den Kontrastautofokus heute jedoch fast so schnell werden lassen wie den Phasenautofokus.
Durch die Integration des Autofokus auf den Haupt-Sensor (= Bildsensor), kann sich die Messung bei spiegellosen Kameras nicht verändern. Es besteht somit keine Gefahr von Front- oder Back-Focus wie bei einer klassischen DSLR, die ihren Messfühler irgendwo separat im Kameragehäuse untergebracht hat. D.h. man muss bei keinem Objektiv mehr eine (sonst evtl. erforderliche) Feineinstellung vornehmen. Der AF bei spiegellosen Kameras gilt deshalb als pflegeleicht. - Leider musste ich diesen Vorteil 2022 einschränken, da der Verdacht besteht, dass dies so nicht stimmt. Siehe hierzu meine Anmerkungen zu dem neuen Service bei Canon.
Überdies ist er preiswert, da keine separaten Teile erforderlich sind. Die AF-Sensoren liegen auf dem allgemeinen Foto-Sensor.
In fast allen Fällen der stehenden oder sich langsam bewegen Objekte ist der Kontrastautofokus heute schnell genug und sogar etwas präziser sowie dank vieler über die gesamte Bildfläche verteilter Positionen auch ergonomischer in der Anwendung als der Phasenautofokus. Kurzum: Für die meisten Normalfotografen ist der Kontrastautofokus heute bereits gut genug.
Ein großer Vorteil kommt für die Video-Filmer hinzu. Hier ist es wichtig, dass der Autofokus möglichst leise arbeitet und die Fokussierung ständig, automatisch und weich nachgeführt wird. Dies konnte lange Zeit nur der Kontrastautofokus.
Allerdings verwendet jeder Kamera-Hersteller (nicht nur beim Kontrast-AF) ein anderes Auto-Fokus-System, das zudem ständig (auch zwischen den Modellen) weiterentwickelt wird. Man kann deshalb nicht pauschal sagen, dass ein bestimmtes System generell besser wäre.
Einen Nachteil des vereinzelt so hoch gelobten Panasonic AF-System muss jedoch erwähnt werden. Dieses beruht auf einem weiterentwickelten Kontrastautofokus (auch bei den Vollformat-S-Kameras). Hier kommt es auch im Sucherbild zu einem permanenten und stark störenden Pumpen, das zahlreichen Fotografen das Gefühl der Seekrankheit vermittelt. Dies ist sowohl am Ergebnis zahlreicher unscharfer Fotos zu erkennen als auch ständig in jedem Video zu sehen.
Seit einigen Jahren wird auch der Phasenfokus auf den Sensor gelegt (on sensor phase detection) und erzielt dort bereits gute und seit 2020 hervorragende Ergebnisse. Mit fortschreitender Entwicklung wird somit der externe (irgendwo im Kameragehäuse angebrachte) Phasenautofokus generell überflüssig.
Technisch liegen fast alle Vorteile auf Seiten der spiegellosen Systemkameras. Deshalb fragt man sich, weshalb sie nicht schon längst die Spiegel verdrängt haben. Das Problem liegt derzeit jedoch noch in der Prädiktion. Der externe / separate Phasenautofokus wurde in den letzten Jahren ebenfalls weiterentwickelt und konnte bis ca. 2018 schnelle Bewegungen treffsicherer vorhersagen. Deshalb wurde auch in den neuen DSLR-Profi-Modellen von Canon und Nikon für die olympischen Spiele 2020 eine Weiterentwicklung ihrer AF-System in den DSLRs gebot. Für Sport- und Tierfotografie wird er deshalb noch verwendet. Dies ist jedoch exakt die Domäne vieler Berufsfotografen und ambitionierter Amateure. Seit etwa 2020 fanden diese neuen hochwertigen Systeme auf breiter Front Einzug in viele spiegellose Kameras - vor allem bei Vollformatsensoren. Aber noch immer gibt es ganz wenige Situationen, bei denen die früheren Doppel-Kreuz-Autofokus-Systeme der Spitzen-DLRS manche Motive leichter auffassen können. Dies liegt vor allem daran, dass manche Autofokussysteme bei spiegellosen Kameras nur horizontal angeordnet sind und somit bei der Erkennung horizontaler Linien Schwierigkeiten haben. Dieser Effekt tritt vor allem bei schwachem Licht deutlicher in Erscheinung. Da kann es dann mit einer spiegellosen Kamera schwierig werden, ein Regalbrett oder Fenstersims mit dem Autofokus scharf zu stellen.
Die modernsten spiegellosen Kameras besitzen Augenerkennungssysteme, welche bisher bei Kameras mit Spiegeln nicht möglich sind.
Das ist bei DSLRs nur im Live-View möglich - bei hochgeklapptem Spiegel der DSLRs. In manchen DSLR-Canon-Modellen seit 2019 jedoch rasend schnell.
Auch, wenn die Treffsicherheit beim Scharfstellen auf die Augen (gemeint ist wirklich die Iris, und nicht die oft vom System anvisierten Wimpern) nicht bei 100% liegt, so wird diese Funktion von vielen Porträt-Fotografen geschätzt.
Vor allem mit den neuesten Vollformat-Kameras ab 2020 fand hier fast eine Revolution statt. Die Geschwindigkeit und Treffsicherheit des Autofokussystems übertrifft seitdem alles Dagewesene. Der Hintergrund lag in viel schnelleren Kameraprozessoren sowie Künstlicher Intelligenz sowie Computational Photography.
Das was z.B. (u.a. durch Firmware-Updates für spiegellose Kameras auch nachgereichte) Erkennungssoftware 2022 bewerkstelligte, war faszinierend. Fast automatisch werden bei hochwertigen spiegellosen Kameras Fahrzeuge, Tiere (mit Tieraugenautofokus), Menschen und teilweise viele weitere Motive auch bei extrem schnellen und sogar erratischen Bewegungen treffsicher im Serienbildmodus / Dauerfeuer verfolgt. Dies ist für die Sport- und Wildtierfotografie inzwischen ein unschätzbarer Vorteil der neuesten spiegellosen Kameras.
Die modernsten spiegellosen Kameras besitzen derart viele AF-Sensoren über fast 100% der Breite und Höhe des Bildfeldes, dass viel mehr denkbare (Rand-) Positionen abgedeckt werden können als bei jeder DSLR, deren geringere Anzahl an Messfeldern sich meist doch irgendwie um das Mittelfeld konzentrieren.
Die Fokussierzeiten beider Kamerasysteme sind heute bei modernsten Kameramodellen genau und treffsicher sowie rasend schnell. Die minimalen Unterschiede bei Fokussierzeiten betreffen eher den messbaren Bereich in Laboraufbauten.
Allerdings zeigten bisher viele moderne Phasen-AF-Systeme auf dem Sensor spiegelloser Kameras hässliche Banding-Effekte (= Streifenbildung), die sich als systembedingt erwiesen, und in Kameras bis ca. 2020 nicht korrigiert werden konnten. - Die negativen Streifen können jedoch bei manchen spiegellosen Modellen etwas gemildert werden, indem man die Belichtungszeit wechselt. Modernste spiegellose Kameras beherrschen dies inzwischen weitgehend perfekt.
Jedoch darf man nicht verschweigen, dass selbst die modernsten spiegellosen Kameras sogar der Profiklasse Probleme mit sich schneller bewegenden Objekten im Verfolgungsmodus (kontinuierlicher AF) im Nahbereich zeigen. Die Gründe hierfür sind nicht ganz klar. Sie könnten meines Erachtens jedoch an folgenden Details liegen, die sich in Kombination sogar verstärken:
Die Anzahl der AF-Felder auf dem Sensor bei spiegellosen Kameras wächst ständig. Die Rechenleistung der Prozessoren nimmt zwar auch zu, aber offensichtlich nicht schnell genug. Denn das Problem betrifft auch die teuersten Profikameras.
Die Winkelgeschwindigkeit nimmt im Nahbereich zu. Wenn sich ein Objekt (Auto, Vogel oder Sportler) in 25 Meter Entfernung quer zu einem bewegt, dann ist das leicht zu fokussieren, weil die Winkelgeschwindigkeit gering ist. Dieselbe Quer-Geschwindigkeit in 5 Meter vor der Kamera zeigt jedoch eine deutlich höhere Winkelgeschwindigkeit. Die AF-Normalprogramme scheinen damit oft überfordert. Zwar finden sich in hochwertigeren Kameras konfigurierbare AF-System für erratische Motive. Aber noch keine Kamera kann derzeit automatisch zu diesen Modi im Nahbereich wechseln.
Ferner scheinen mir auch die (insgesamt meist langsamen) Fokusmotoren der Objektive die Kameras auszubremsen respektive zu Fehlfokussierungen zu führen, wenn man mit 20-30 Bilder in der Sekunde arbeitet. Gleichgültig, welche Motoren man verwenden, um die Fokussierlinse(n) zu bewegen. Glaselemente sind träge und müssen im Nahbereich schnell und meist weiter bewegt werden.
Praxistipps: Untersuchen Sie Ihre wirklich aktiv verwendeten Foto-Stile. Je nach dieser Gewichtung kann eine spiegellose Kamera mit z.B. Augenautofokus, Tier(-Augen-)erkennung, etc. unschätzbare Vorteile bieten.
EV / EVF = Electronic View (Finder) = Elektronischer Sucher.
Inzwischen besitzen immer mehr Systemkameras einen in das Kameragehäuse fest eingebauten / integrierten elektronischen Sucher.
Zahlreichen billigen Modellen fehlt hingegen auch heute der Sucher. Dies gilt bei starkem Sonnenlicht für ernsthafte klassische Fotografen als Nachteil, da man dann mit dem rückwärtigen Kamera-Display nur eingeschränkt arbeiten kann. Hinweis: Selbst hochmoderne rückwärtige Kameradisplays sind technisch unerwartet rückständig im Vergleich zu den HDR-Hochleistungs-Displays moderner Smartphones.
Konstruktionsbedingt handelt es sich um elektronische Sucher - nicht optisch (wie bei vielen SLR).
Einige Billigprodukte bieten (als Messsucherkamera) zusätzlich zum hinteren Display einen optischen Sucher an, der jedoch im Nahbereich durch Parallaxenfehler nicht überzeugen kann, weil er nicht durch das Objektiv zielt.
Für manche Modelle werden optische oder elektronische Sucher zum Aufstecken (zum Teil nur als aufpreispflichtiges Zubehör ca. 200 - 350 Euro) angeboten, die allerdings in der Fotopraxis nicht überzeugen konnten.
Spiegellose Systemkameras mit eingebautem elektronischem Sucher sind meist voluminöser, schwerer und teurer als die Modelle ohne elektronischen Sucher.
Da man den elektronischen Sucher überall platzieren kann, erinnert das Aussehen mancher spiegellosen Systemkameras an frühere Messsucher-Kameras. DSLRs müssen hingegen den Sucher über dem Objektiv haben, um teure Sonderkonstruktionen des Prismas zu vermeiden.
Die Vorteile eines EVFs (Elektronik View Finder - Elektronischer Sucher) sind vor allem für Einsteiger in die Fotografie erheblich:
Ein hochwertiger elektronischer Sucher kann so ziemlich jede technische Anzeige zur Fotografie in das Sucherbild einblenden.
Hochwertige elektronische Sucher bieten Vorteile bei der Motivbeurteilung unter schlechten Lichtverhältnissen, da sie zu helle Ausschnitte abdunkeln und dunkle aufhellen können.
Ein elektronischer Sucher kann bereits die an der Kamera vorgenommenen Korrekturen anzeigen (Helligkeit, Weißbalance etc.) und somit im JPEG-Modus das Endbild in etwa simulieren.
Ein hochwertiger elektronischer Sucher kann in ein Motiv hineinzoomen und so das manuelle Fokussieren erleichtern.
Ein hochwertiger elektronischer Sucher stellt 100% des Bildfeldes dar.
Ein hochwertiger moderner elektronischer Sucher beherrscht sogar Focus-Peaking - eine farbliche Darstellung derjenigen Bildelemente, die momentan scharf fokussiert sind. Das ist z.B. für die manuelle Fokussierung (auch mit alten Objektiven) hilfreich.
Bei hochwertigen, modernen EVFs kann man die bereits aufgenommenen Bilder im Sucher durchsehen / überprüfen, folglich den hochwertigen elektronischen Sucher als Display-Ersatz benutzen. Dies hat Vorteile gegenüber dem rückwärtigen Display - z.B. bei hellem Tageslicht, weil man die Bilder im EVF leichter sieht, oder in dunklen Umgebungen, in denen man andere Personen mit dem Display stören würde (Theater etc.). Dies gilt umso mehr bei neuesten elektronischen Suchern, die eine weit höhere Auflösung (Pixelanzahl) anbieten als jedes rückwärtige Display.
Ein hochwertiger elektronischer Sucher bietet elektronische Hilfen wie Histogramm und Horizontwaage an.
Ein hochwertiger elektronischer Sucher zeigt bei Sportkameras im Dauerfeuer und Verfolgungs-Auto-Fokus-Modus keine Dunkelzeit. Dieser Vorteil ist durchaus sichtbar: Bei über 10 Bildern in der Sekunde kann das DSLR-Flackern erheblich stören. D.h. man kann mit spiegellosen Kameras ein sich schnell bewegendes Motiv leichter im Sucher verfolgen und auch einfacher im gewünschten Bildrahmen halten.
Vor allem ist dieser flackerfreie Modus logischer, da man bei spiegellosen Kameras das umrandete Bild beim Auslösen sieht. Bei DSLRs ist es umgekehrt. Das tatsächliche Bild wird in der für den Fotografen unsichtbaren Dunkelphase aufgenommen. Das führt im Extrem zu der abstrusen Situation bei Kameras mit Spiegeln, dass man den idealen Moment (Ball am Kopf des Spielers) nicht aufgenommen hat, sofern man ihn in der Kamera selbst sah. Denn dann war der Spiegel heruntergeklappt und es wurde nicht aufgenommen.
Bei der Simulation der Schärfentiefe / Tiefenschärfe kommt es in einem elektronischen Sucher zu keiner Abdunkelung des Gesamtbildes wie bei DSLR-Kameras durch das Abblenden. Es wird der gesamte Bereich der Schärfe gleichhell simuliert dargestellt.
Manche spiegellosen Kameras können das EVF - den elektronischen Sucher auf Schwarz-Weiß-Darstellung umschalten. Dadurch werden die abstrakten Strukturen bei der Bildkomposition für manche Fotografen leichter sichtbar, als in Farbe.
In der Kamera manuell durchgeführte Belichtungskorrekturen werden direkt im Sucher sichtbar, wodurch man nicht vergessen kann, es vor dem Auslösen des nächsten Bildes zurückzustellen, wie das bei DSLRs öfter passiert. D.h. spiegellose Kameras können in bestimmten Situationen einem Fotografen helfen, alte (Fehl-) Einstellungen schneller zu erkennen.
Im Gegensatz zur DSLR (mit Spiegel) findet kein starker Medienbruch beim Wechsel von Sucher zu rückwärtigem Display im Live-View statt.
Allerdings ist nicht alles perfekt im Sucher:
Vor allem sind die elektronischen Sucher extrem unterschiedlich, sowohl je Hersteller als auch je nach Kameramodell.
Ältere resp. preiswerte elektronische Sucher leiden oft darunter, dass das Sucherbild grießig oder unscharf ist. Oder der Sucher ist bei ganz preiswerten spiegellosen Kameras nicht vorhanden.
Selbst bei neuen / teuren Modellen finden sich immer wieder Farbfehler im Sucher (color tears): Entweder treten tränenartige Fehler auf, oder ganze Linien sind gestört. Bei elektronischen Suchern mit field sequential system treten überdies irritierende Farbabrisse und Regenbogen-Effekte auf, wenn man mit den Augen blinzelt oder die Kamera schwenkt.
Selbst wenn bei einem vorhandenen Sucher das Abbild gut ist, so existieren noch Probleme bei Dämmerung bis Dunkelheit und schnellen Bewegungen.
Hier existiert auch heute noch der größte Optimierungsbedarf.
Dass selbst die besten EVFs nicht das gesamte Tageslicht darstellen können, wird beim Blick durch den elektronischen Sucher in einem Zimmer durch das Fenster in den sonnigen Garten klar. Der Dynamikumfang des realen Lichtes, der im Pentaprisma problemlos dargestellt wird, überforderte jeden elektronischen Sucher.
Grundsätzlich arbeitet ein elektronischer Sucher mit Zeitverschiebung. Er benötigt einige Zeit, um das vom Sensor aufgenommene Bild im Sucher darzustellen. 0,2 Sekunden Verzögerung gilt derzeit als guter, 0,1 Sekunden sehr guter Wert. Die meisten elektronischen Sucher älterer oder billiger Kameramodelle verzögern die Anzeige länger.
In diesem Zusammenhang zeigen spiegellose Kameras oft Probleme beim Verfolgen von bewegten Objekten im Dauerfeuer / Serienbildmodus. Vor allem sieht man durch den Sucher oft nicht das aktuelle Bild (sondern es wird einem z.B. das Bild davor eingeblendet), wodurch es dem Fotografen schwerfällt, ein sich schnell bewegendes Objekt im Sucher / Bild zu halten.
Bei sich schnell bewegenden Objekten und einem engen Bildausschnitt reicht jedoch eine Verzögerung von nur 0,1 Sekunden aus, dass das Objekt beim tatsächlichen Fotografieren bereits teilweise außerhalb des Suchers / Sensors ist. Erst die Sony A9 löste im Sommer 2017 dieses Verzögerungsproblem durch einen völlig neuen Stacked CMOS-Sensor. 2021 folgten Sony A1, Canon R3 und Nikon Z9, welche alle auf den professionellen Sportbereich abzielten, bei dem man keine lange Verzögerung der Darstellung akzeptieren kann. Allerdings gilt dies auch nur für kurze Brennweiten. Teleobjektive mit 600 mm und mehr Brennweite führen bis heute bei extrem schnellen Objektbewegungen zum Verlust des Motivs nach wenigen Bildern, weil es schlichtweg den sichtbaren Sucherbereich bereits verlassen hat. D.h. dieses Problem mit schnell bewegten Motiven und großen Telebrennweiten wird uns noch jahrelang auch bei den teuersten Kameras begleiten.
Selbst für den derzeit besten EVF gilt: Durch die (wenn auch kleine) Darstellungs-Verzögerung muss man (im Vergleich zu einem Spiegel) den Höhepunkt einer Handlung noch früher vorhersehen, um im richtigen Moment auszulösen. Oder man beginnt bereits vorher mit über 10 Bildern je Sekunde im Dauerfeuer zu schießen und wählt danach am PC aus.
Trotz der in den letzten Jahren erheblich verbesserten elektronischen Sucher zeigt sich noch oft immer ein leichtes Bildruckeln oder schrägen (Rolling Shutter) bei Kameraschwenks.
Auch die wirklich hochwertigsten Profikameras des Jahres 2021/22 konnten die Marke nur höher setzen, aber nicht alle Probleme wirklich perfekt beheben.
Eine Systemkamera ohne zusätzlichen Sucher ist nur für Amateure brauchbar. Und auch diese werden bei grellem Tageslicht schnell die Grenzen des Displays erkennen.
Ein zusätzlich (meist in den Blitzschuh) aufsteckbarer Sucher ist entweder unergonomisch und lässt sich meist nicht mit einem Blitz kombinieren, oder er kann als zusätzliches Teil verloren gehen. Überdies sind diese Kleinteile relativ beschädigungsanfällig und völlig überteuert.
Viele Sucher können entweder nicht alles technisch Mögliche anzeigen (z.B. nur Schwarz-Weiß-Histogramm statt RGB), oder sie zeigen es nur an einer festen, nicht verschiebbaren Position im Sucherbild an, was störend sein kann.
Viele elektronische Sucher können den Text der Anzeige nicht in derselben Richtung mitschwenken, wenn man die Kamera schwenkt. Man muss dann um die Ecke lesen.
Auch bei vielen modernsten Kameramodellen kann man sinnvolle Anzeigen nicht miteinander kombinieren. So erlauben nur wenige Kameras den künstlichen Horizont und das Histogramm gleichzeitig einzublenden.
Falsche Vorstellungen kursieren um die nicht mehr vorhandenen Dunkelphasen (Black-out) im elektronischen Sucher.
Dieses betreffen nur die neuesten Modelle mancher Hersteller und zwar immer nur im rein elektronischen Modus / Verschluss. Diese Bilder bieten jedoch auch im RAW-Format bei manchen Kameras entweder nur 12 Bit und sind dann meist auch noch verlustbehaftet komprimiert.
Mit anderen Worten: Sobald man für eine höhere Bildqualität den electronic first curtain - den mechanischen Verschluss auf dem 2. Vorhang - oder gar den rein mechanischen Verschluss benötigt, ist selbstverständlich eine Dunkelphase respektive ein unerwünschter Blackout zwischen den Aufnahmen im Sucher zu sehen.
Wie lange diese Dunkelphase andauert und wie störend sie folglich ist, hängt vom einzelnen Kameramodell und dessen Möglichkeit der Suchereinstellung ab.
Generell empfiehlt es sich (auch deshalb), die schnellste Bildwiederholungsrate im elektronischen Sucher auszuwählen, auch wenn diese deutlich mehr Strom frisst. Ein weiterer Ersatzakku ist preiswerter und sinnvoller als Kopfschmerztabletten, oder ein Augenleiden oder gar Krankheitssymptome, die einer Seekrankheit ähneln (kein Scherz).
Damit verbunden ist auch der Irrglaube, dass spiegellose Kameras ganz lautlos seien. Das trifft nur im rein elektronischen Modus zu. Sobald man - wie oben geschildert - den Verschlussvorhang zum Beenden der Aufnahme oder zum Starten und Beenden für eine höhere Bildqualität verwendet, ist dieser Verschluss hörbar. Er ist zwar leiser als der wirklich oft sehr laute Spiegel, aber dennoch nicht lautlos.
Damit verbunden ist auch der Irrglaube, dass spiegellose Kameras extrem schnell seien. Das trifft nur im rein elektronischen Modus und nur mit ganz neuen lichtstarken, teuren Objektiven unter idealen Lichtbedingungen zu. Ansonsten sinken die in der Fotopraxis erzielbaren Werte drastisch ab und rangieren kaum signifikant höher als bei hochwertigen DSLRs.
Die immer wieder zu lesende und zu hörende Aussage, dass spiegellose Kameras mit dem EVF (Electronic View Finder) WYSIWYG (What you see is what you get = das Endergebnis im Foto) produzieren, ist unzutreffend.
Selbst die besten elektronischen Sucher im Jahre 2023 konnten das nicht. Nicht selten sind in Landschaftsaufnahmen oder in der Architekturfotografie z.B. die Himmel im Sucher scheinbar ausgebrannt.
Das darf auch nicht verwundern, da es sich im besten Fall um einen miniaturisierten XVGA-Monitor handelt, der nicht kalibriert ist und selbstverständlich (wie das eingeblendete Histogramm) nur ein JPEG-Bild darstellt.
D.h. man muss entweder doch genau auf das Histogramm schauen, oder das Sucherbild vorsichtig interpretieren.
Überdies wird nur der voreingestellte JPEG-Modus / -Style im Sucher angezeigt - kein RAW und schon gar kein lineares Profil. Das sollte jedem klar sein. Wer also in RAW aufnimmt, um umfangreich nachzubearbeiten, hat wenig von der angeblich vorher korrekt angezeigten Belichtung etc.
Die immer wieder gelobte Voransicht des späteren Bildes (inklusive Belichtungs-Korrektur, korrigiertem Weißabgleich, Schärfentiefe etc.) ist somit zwar eine Hilfe für viele Fotografen, zeigt allerdings keineswegs das wahre Endergebnis.
Diese halbwegs brauchbare Annäherung reicht offensichtlich als Krücke vielen Anfängern als sofortige Rückmeldung aus, da sie sich das fotografische Ergebnis durch (manuelle) Korrektureinstellungen an der Kamera nicht mehr vorstellen können.
Bei zahlreichen Fotografen und zahlreichen spiegellosen Kameramodellen führt das blinde Verlassen auf den elektronischen Sucher jedoch zu unterbelichteten Fotos.
Das liegt im Übrigen weder an den Belichtungssystemen noch den Kameras selbst, sondern an den noch immer eher mäßigen EVFs - im Prinzip kleine Fernseher / Monitore im Sucherfeld. Sie können noch immer nicht den Lichtwertumfang des Menschen darstellen. Von der Farbechtheit ganz zu schweigen. Korrekt gelesen: Selbst teuerste modernste spiegellose Kameras zeigen Farbstiche und Farbfehler im elektronischen Sucher.
Wem bewusst ist, dass es selbst bei teuren Monitoren und Fernsehern der Klasse über 5.000 Euro (noch) nicht möglich ist, weder den Lichtwertumfang des gesunden menschlichen Auges noch die Farbechtheit zu gewährleisten, dem sollte auch klar sein, dass dies für einen Bruchteil des Betrages für einen 1-Zoll-Winzling innerhalb einer Kamera (noch) nicht gelingt.
Selbstverständlich ist mir bewusst, dass man eine Überbelichtung bei vielen teuren spiegellosen Kameras auch mittels Einblendung der (ursprünglich für Video gedachten) Zebras erkennen kann. Aber erstens belegt dies nur, dass die Anzeige im Sucher noch suboptimal ist, was jedem spiegellosen Fotografen bekannt ist. Und zweitens stören diese Zebras in vielen Foto-Situationen erheblich, sodass die meisten Fotografen sie abschalten (d.h. sie im Zweifel erst wieder zuschalten müssen).
Noch ein kleines Detail: EVFs können nur ein JPEG-Ergebnisbild darstellen - kein RAW.
Ferner schalten viele EVFs beim normalen Fotografieren entweder die Auflösung oder die Bildwiederholungsrate herunter, sodass man nur beim nachträglichen Betrachten der bereits gemachten Aufnahmen die höchste Auflösung und / oder höchste (flackerfreie) Bildfrequenz erhält. - Korrekt gelesen: Da bleiben in der Fotopraxis von den oft beworbenen über 100 Hz Bildwiederholfrequenz oder über 5 Mio. Pixeln Auflösung nicht viel übrig. Vor allem im Serienbildmodus wird nicht selten sogar beides reduziert, was zu flackernden und grieseligen Sucherbildern führt, auf denen man z.B. fliegende Vögel kaum mehr erkennt, geschweige denn verfolgen kann.
Vor allem beim elektronischen Sucher gilt der Spruch: Sie erhalten das, wofür Sie bezahlen. Somit ist nur in den teuersten Kameras wirklich ein extrem hochwertiger elektronischer Sucher verbaut. Je preiswerter die spiegellose Kamera ist, desto größere Abstriche muss man in diesem (aus meiner Sicht für die Praxis der Fotografie) wichtigen Punkt hinnehmen.
Ein optischer Sucher zeigt die Realität klarer (u.a., weil er nichts vorab am Bildeindruck ändert, sondern nur die Realität spiegelt). Dies führt u.a. auch dazu, dass man sich schnell bewegende kleine Objekte gut erkennen und verfolgen kann. Dafür zeigt er bei lichtschwachen Objektiven klare Nachteile bei Dämmerung und in der lichtlosen / mondlosen wirklich dunklen Nacht.
Ein elektronischer Sucher kann jedoch auch nicht alles vorher simulieren. D.h. er wird z.B. nicht in der Lage sein, den Einfluss eines Blitzgerätes vorab darzustellen. Dies betrifft sowohl die Helligkeit, als den Weißabgleich als auch die räumliche Ausleuchtung sowie den Farbfiltereinsatz auf dem Blitzgerät.
Da einige Leser den obigen Satz nicht verstehen, hier ein Beispielbild: Langzeitbelichtung mit gleichzeitigen System-Blitzgerät. Hier dasselbe als großes Foto. - Sowohl für die Langzeitbelichtung als auch den Einsatz von System-Blitzgeräten benötigt es weiterhin der Erfahrung und des Vorstellungsvermögens des Fotografen.
Alle elektronischen Sucher können in der Voreinstellung der Kameras auch keine Studioaufnahmen durchführen, bei denen die Lampen / Blitzgeräte nicht ständig leuchten. Man erkennt schlichtweg nichts im Sucher. Moderne spiegellose Kameras lassen einen dann einen Modus einstellen, den man als DSLR-Sucher-Modus oder Studio-Modus bezeichnen könnte. Dabei wird der Sucher von der Belichtungsvorschau entkoppelt, und er zeigt ein mehr oder weniger sichtbares Abbild des Studios an. Sofern überhaupt vorhanden, findet sich diese Funktion jedoch meist sehr versteckt in den Menüs (Nikon Z-Reihe: unter d8.) Manche Kameras können diesen Wechsel zwischen simuliertem WYSIWYG und realem DSLR-Bild-Modus entweder in ein Schnellmenü der Kamera platzieren oder sogar auf eine Taste legen, damit man z.B. bei der Hochzeitsfotografie, bei der man oft Blitz und Aufnahme ohne Blitz im Wechsel benötigt, ständig und leicht zwischen beiden Betriebsarten des Suchers wechseln kann.
Ein elektronischer Sucher unterliegt der Alterung. D.h. täglich fallen einzelne Pixel aus. Eine Reinigung des Sucherglases, wie bei einer DSLR, kann die Sicht somit nicht mehr verbessern.
Dass sowieso auch beim Neukauf nicht alle Pixel des Suchers funktionieren, muss klar sein. Sony garantiert selbst bei seinen neuesten Top-Kameras nur 99,99%. Das klingt toll, erlaubt aber bereits bei 5,6 Mio. hunderte defekte Pixel. Sie schreiben auch: Dennoch besteht die Möglichkeit, dass winzige schwarze und/oder helle Punkte (weiße, rote, blaue oder grüne Punkte) ständig auf dem Monitor und dem elektronischen Sucher sichtbar sind. Diese Punkte sind ein normales Resultat des Herstellungsprozesses und haben keinerlei Einfluss auf die Bilder. - Korrekt: Auf die gemachten Fotos haben die Störpixel keinen Einfluss, aber sehr wohl beeinträchtigen sie den Bildeindruck durch den elektronischen Sucher.
Ferner müssen inzwischen sogar die Hersteller bei manchen Menschen gesundheitlich Beeinträchtigungen durch den elektronischen Sucher einräumen: Wenn Sie den Sucher zum Aufnehmen benutzen, können sich möglicherweise solche Symptome wie Augenbelastung, Ermüdung, Reisekrankheit oder Übelkeit bemerkbar machen. Wir empfehlen Ihnen, beim Aufnehmen mit dem Sucher Pausen in regelmäßigen Abständen einzulegen. Dieses Zitat stammt aus der 4.000 Euro Sony A7R Mark IV. Da Sony jedoch die EVFs für fast alle Kameras herstellt, betrifft dies alle Modelle aller Hersteller. - Nein, das ist kein Scherz. Es betrifft zwar nicht alle Menschen und in allen Fotosituationen. Aber ignorieren Sie niemals derartige gesundheitliche Beeinträchtigungen. Sie könnten dadurch stolpern, stürzen und sich verletzen sowie die Kamera beschädigen.
Noch nachteiliger kann sich das Flackern des Suchers bei Serienaufnahmen mit schwarzem Zwischenbild bei Epileptikern auswirken. - Korrekt gelesen: Bei Weitem nicht alle elektronischen Sucher bieten einen Serienbildmodus ohne Flackern (die störenden Dunkelbilder dazwischen) an. Sie arbeiten somit in der Praxis wie eine DSLR mit Spiegel.
Ein optischer Sucher funktioniert auch im ausgeschalteten Zustand der Kamera (auch nachts) und erlaubt so z.B. die Komposition des Bildes ohne den Akku zu belasten. Ein EVF an einer spiegellosen Kamera funktioniert - wie der Live-View am rückwärtigen Display - nur im eingeschalteten Zustand, belastet folglich immer den Akku.
Der elektronische Sucher verbraucht erheblich Strom, belastet somit den Akku und verringert die Anzahl der möglichen Aufnahmen. Je höher die Leistungen eines EVFs, desto größer ist der Stromverbrauch.
Letzteres ist auch der Grund, warum in vielen modernen spiegellosen Kameras absichtlich vom Hersteller fast alle beworbenen Sonderfunktionen im Sucher deaktiviert wurden. Nur so lässt sich der CIPA-Akku-Test halbwegs bestehen. De facto muss man nach dem Kauf zuerst einmal den Sucher komplett umprogrammieren, damit er auch nur annähernd die versprochenen Leistungen zeigt.
Da vor allem Brillenträger oft erhebliche Probleme mit älteren elektronischen Suchern hatten, wurden diese seit 2018 massiv bei den Punkten Augenabstand und Sichtwinkel verbessert. Dennoch sind damit noch immer nicht alle Nachteile für alle Brillenträger gelöst. Im Gegensatz zu teuren DSLRs finden sich für spiegellose Kameras keine mir bekannten nachträglich montierbaren Sucher-Vorsätze mehr für Brillenträger. D.h. Sie müssen mit dem vorhandenen Sucher klarkommen.
Ein freundlicher Leser wies mich darauf hin, dass immer mehr ältere Personen mit Gleitsichtbrillen oder Personen nach einer Augenoperation oft Probleme mit einem elektronischen Sucher haben. Bei Gleitsichtbrillen lässt sich das durch die nachweislich von oben nach unten verändernden Glas-/Lichtbrechungs-Eigenschaften logisch nachvollziehen. Bei Augenoperationen handelt es sich um oft sehr individuelle negative Folgen. Dennoch sollten Sie darauf natürlich vor dem Kauf einer spiegellosen Kamera mit EVF besonders achten.
Praxistipp: Prüfen Sie unbedingt den elektronischen Sucher Ihrer anvisierten Kamera genauestens unter Ihren Fotostilen und Anwendungsbedingungen und führen Sie alle gewünschten Änderungen / Einstellungen am Sucher vor dem Kauf einmal durch. Selbst das neueste und angeblich beste EVF kann (noch) nicht alles. Und lassen Sie sich unbedingt Zeit dabei. Der elektronische Sucher ist die zentrale und mit Abstand wichtigste Bedienungs-Schnittstelle einer spiegellosen Kamera.
Rückwärtiges Display
153.300 RGB-Pixel (Bildpunkte in den jeweiligen Farben Rot, Grün und Blau) sind inzwischen Standard.
Vorsicht: Manche Hersteller multiplizieren diese mit der Zahl 3 (oder bei weißen Pixeln mit 4). Sie zählen also jedes einzelne Farbpixel zusammen als z.B. 460.000 Pixel.
Displays der Oberklasse bieten ab 307.000 RGB-Pixeln die doppelte bis dreifache Auflösung.
Für eine besonders hohe Leuchtdichte werden von manchen Herstellern zu den RGB-Pixeln noch weiße Pixel (RGBW) verwendet. Dann kommt man auf 1,2 oder 1,3 Mega-Pixel für das rückwärtige Display.
Manchen Digitalkameras bieten ein in mehrere Richtungen dreh- und schwenkbares Display. So sind Überkopfaufnahmen und Fotos in Bodennähe möglich.
Moderne Kameras bieten ein in der Helligkeit in Stufen anpassbares Display.
Seit 2016 fanden vermehrt berührungsempfindliche Touchscreens Einzug. Allerdings unterscheiden sich deren Funktionsumfang und Komfort erheblich.
Im Gegensatz zu DSLRs, die meist über eine wesentlich größere Anzahl an ergonomisch zu bedienenden Schaltern und Tasten verfügen, macht bei spiegellosen Kameras die meist kleine Bauform ein ergonomisch bedienbares Touchscreen zwingend erforderlich.
Allerdings ist es hier bis heute bei vielen spiegellosen Modellen störend, dass man insbesondere durch den unvermeidbaren Kontakt der Nase zum Display oft ungewollt wichtige Einstellungen verändert. Ganz ärgerlich ist dies, wenn man beim Blick durch den Sucher mit der Nase den Fokuspunkt ungewollt verschiebt. - Nur neueste Touchscreens ab ca. 2020 lassen sich besser konfigurieren und vermeiden so ungewollte / störende Fehlbedienungen.
Fairer Weise muss jedoch auch festgehalten werden, dass sich bei modernen Kameras mit Spiegeln (DSLRs) inzwischen nicht nur gleichwertige, sondern teilweise sogar höherwertige rückseitige Displays als bei manchen spiegellosen Kameras finden.
Reaktionszeit, Einschaltzeit
Manche spiegellosen Systemkameras sind derart schnell, dass sie in dieser Disziplin sogar Profikameras aus dem Bereich DSLR übertrumpfen.
Kurze Auslöseverzögerung (Zeit, zwischen dem Druck auf den Auslöser der bereits eingeschalteten Kamera und der Aufnahme).
Inzwischen relativ geringe Einschaltverzögerung = Zeit vom Einschalten der Kamera, bis man das erste Foto auslösen kann.
Bei den modernsten Modellen unterscheidet sich das alles sehr im Detail. D.h. die Reaktionszeit hängt inzwischen keinesfalls mehr nur von der Frage Spiegel oder nicht ab.
Dennoch finden sich auch heute noch spiegellose Kameras mit über 1 Sekunde Wartezeit nach dem Einschalten.
Das hat den Nachteil, dass man viele spiegellose Kameras meist angeschaltet lassen muss, um Schnappschüsse oder Sport- / Wildtier-Aufnahmen zu machen, wodurch noch mehr Strom verbraucht wird und der Akku sich noch schneller entleert.
Ein weiterer Faktor, der die Einschalt- und Ausschalt-Zeit beeinflusst, bilden die modernen Staubschutz-Mechanismen mancher hochwertigen spiegellosen Kamera. Da kann es durchaus bis zu 5 Sekunden dauern, bis der Staubschutz vorgefahren oder entfernt wurde.
Serienbildfunktion
Vor allem bei Serienbildfunktionen können spiegellose Systemkameras ihre konstruktionsbedingten Vorteile ausspielen.
Bereits Einsteigermodelle bieten drei bis vier Bilder / Sek.
Manche Kameras wie die Nikon V2 schaffen bis zu 60 Bilder pro Sekunde.
Allerdings halten sie diese Geschwindigkeit meist nur wenige Sekunden durch.
Die meisten hochwertigen spiegellosen Kameras kommen heute auf über 10 Bilder je Sekunde, viele auf 20 und manche auf 30 je Sekunde, wobei sie dies auch mehrere Sekunden lang sogar als RAW aufnehmen und in den schnellen Puffer der Kamera schreiben. In JPEG können moderne spiegellose Kameras heute fast unbegrenzt im Serienbildmodus aufnehmen.
Ende 2021 trumpfte die Nikon Z9 mit bis zu 120 JPG-Bildern je Sekunde auf (bei reduzierten 11,3 Mega-Pixel). Ja, das kann für gewissen Zwecke sinnvoll sein. Aber die meisten Fotografen werden das eher selten verwenden.
Ferner muss man zwischen diesen Marketing-Angaben in den Prospekten und den real in der täglichen Fotopraxis erzielbaren Zahl unterscheiden. Real liegen die Werte der scharfen Fotos oft bei weniger als der Hälfte.
Ketzerisch ausgedrückt: Ganz im Gegenteil sind 40 unscharfe Fotos je Sekunde weniger wert als 2 scharfe.
Allerdings hilft auch hier nur das je nach Modell erforderliche Einzeltesten oder Nachlesen seriöser Testberichte für den eigenen Fotostil.
Im Übrigen hängt die Serienbildgeschwindigkeit und vor allem die Anzahl der damit erzielbaren scharfen Fotos massiv vom verwendeten Objektiv ab.
Verschlusszeiten und Rolling Shutter
Durch heute fast überall zum Standard gehörende elektronische Verschlüsse sind bei spiegellosen Kameras Belichtungszeiten von 1/16.000 oder sogar 1/64.000 Sekunde möglich.
Nicht alle Teile einer DSLR können bei spiegellosen entfallen. So benötigen fast alle spiegellosen Kameras bis heute einen zusätzlichen Verschluss, um Nachteile wie Rolling Shutter zu verhindern oder in ihren negativen Auswirkungen zumindest einzudämmen. Aufrisszeichnung eines Verschlusses (nur der linke Teil der Zeichnung). Von der völlig elektronischen Kamera - ohne jede verschleißanfällige Mechanik - sind auch die teuersten und modernsten spiegellosen Systeme noch weit entfernt. Korrekt gelesen: Denn selbst die verschlusslose neue Nikon Z9 besitzt noch mechanische Teile wie den Staubschutz und die komplizierte Aufhängung / Lagerung für den IBIS - den kamerainternen Verwacklungsschutz.
Der reine elektronische Verschluss führt aufgrund der meist langsamen Auslesegeschwindigkeit des Sensors bei spiegellosen Kameras oft zu völlig verbogenen Geraden. Dies wird bei Kameraschwenks bei Häusern, geschwungenen Golfschlägern etc. (Senkrechte) und bei sich drehenden Rotorblättern (Flugzeuge, Hubschrauber) sofort sichtbar. Aber auch schnell bewegte Körperteile von Sportlern können davon betroffen sein. Erst allerneueste Profimodelle des Jahres 2021/22 können den störenden Effekt nur verringern, aber auch noch nicht völlig beheben. Vom sogenannten elektronischen Zentralverschluss, der mit weniger als 1 Millisekunde Auslesezeit alle Pixel des gesamten Sensors gleichzeitig ausliest, sind wir noch Jahre entfernt.
Extrem störend sichtbar wird der Rolling-Shutter-Effekt auf Videos bis heute bei vielen spiegellosen Kameras sowie DSLR im LiveView. Auch dieser Effekt ist zumindest im Video unabhängig von der Frage Spiegel oder nicht, sondern immer nur modellabhängig zu beantworten. Man erkennt die im Ergebnis schiefen - in der Realität aber senkrechten - Linien vor allem bei schnellen Schwenks mit der Kamera bei Filmen.
Geräuschentwicklung
Durch den Wegfall des Spiegels können die Auslösegeräusche bei spiegellosen Kameras im Extremfall komplett vermieden werden.
Mit in neuen Modellen (ab 2016) fast überall zusätzlich vorhandenem elektronischem Verschluss sind wirklich leise Aufnahmen bei spiegellosen Kameras möglich, mit klaren Vorteilen im Theater, klassischen Musikaufführung oder bei schlafenden Kindern.
Aber das wirklich absolut lautlose Fotografieren muss man in den spiegellosen Kameras oft erst mühsam in verschachtelten Menüs einstellen. Denn sie verwenden oft ebenfalls einen deutlich hörbaren mechanischen Verschluss.
Leise Aufnahmen mit dem elektronischen Verschluss erhöhen das ISO-Rauschen oft im Vergleich zum Einsatz des mechanischen Verschlusses. D.h. die Bildqualität kann sichtbar sinken.
Das immer gelobte leise Fotografieren zeigt auch einen Nachteil bei Porträtaufnahmen mit erfahrenen / Berufs-Models im Studio. Diese wollen das Klicken hören. Ähnlich geht es auch manchen anderen Menschen, die fotografiert werden.
Ausstattung, Verarbeitung und Schutz
Bei spiegellosen Systemkameras finden sich dieselben Materialien wie bei anderen Kameras mit Spiegel.
Kunststoff: leicht
Metall (Magnesium, Aluminium-Legierungen): stabil und schwerer
Allerdings muss festgehalten werden, dass erst die allerneuesten Modelle der spiegellosen Kameras einen Staub- und Spritzwasserschutz besitzen, dem man halbwegs vertrauen kann. Hier waren bis 2020 viele DLRs im gleichen Preissegment deutlich wetterfester.
Bildqualität
Die Bildqualität mondernster Kameras ist de facto für die Fotopraxis zwischen spiegellosen und DSLR-Kameras (im jeweiligen Sensor- und Preissegment) identisch.
Zwar lassen sich in Studio-Tests auf dem Stativ unter Idealbedingungen minimale Vorteile für manche einzelnen Sensoren mancher Kameramodelle messen. Aber diese sind kaum auf dem ausgedruckten Foto sichtbar.
So werden minimale Vorteile bei der Scharfstellung durch den Augen-Autofokus (z.B. bei Porträts) ggf. wieder durch Banding-Effekte bei den spiegellosen Kameras mit Phasenautofokus auf dem Sensor vor allem beim Aufhellen dunkler Fotos) ausgeglichen. Aber die meisten Effekte sind nur in fotografischen Randbereichen (des Lichtes) sichtbar.
Ohne Spiegel sind die Erschütterungen der Kamera bei längeren Verschlusszeiten (auf dem Stativ) auch geringer. Die umständliche Spiegelvorauslösung bei DSLR kann somit in Einzelfällen entfallen.
Ein weiterer Vorteil des elektronischen Verschlusses oder des elektronischen ersten Verschlussvorhangs (electronic first curtain) liegt darin, dass man einen elektronischen mit einem mechanischen Verschluss kombiniert, wobei man den elektronischen zum Start verwendet und den mechanischen zum Beenden der Belichtung des Sensors. Dadurch vermeidet man die (kleinen) Erschütterungen am Anfang durch den mechanischen Verschluss der DSLRs, der auch bei einer Spiegelvorauslösung immer existiert. Ferner erzielt man so eine höhere Serienbildgeschwindigkeit.
Elektronischer Verschluss beim ersten Vorhang und mechanischer Verschluss beim zweiten Vorhang hat dennoch auch Nachteile. Diese machen sich bei Reihenaufnahmen bemerkbar. D.h. Reihenbildaufnahmen (z.B. Fokus- oder Belichtungsreihen) sollte man dennoch mit Pausen dazwischen durchführen, damit die Kamera und das Stativ ausschwingen können.
Mir fällt es in meinen Praxistests immer wieder auf, dass der sogenannte Electronic First Curtain Shutter (EFCS), also der Einsatz des mechanischen Verschlusses am Ende der Aufnahme bei schnellen Serienbildern zu sichtbaren Verwacklungen sowohl handgehalten als auch auf dem Stativ führen kann. Dasselbe gilt für den rein mechanischen Verschluss moderner spiegelloser Kameras.
Dies scheint mit in der Kombination von neuen, sehr schnellen mechanischen Verschlüssen, mit extremer Aufschlagskraft / Impulskraft und dem leichten Kameragehäuse spiegelloser Kameras zu liegen.
Billige, leichte, kleine spiegellose Systemkameras (mit kleineren Sensoren, sogenannten Crop-Sensoren = APS-C und MFT) bieten oft keinen Vorteil bei der Bildqualität gegenüber Modellen mit Spiegel in derselben Sensor-Klasse. Ganz im Gegenteil sind vor allem in der APS-C-Klasse manche preiswerteren Spiegelmodelle (DSLRs) bezüglich der Bildqualität deutlich überlegen.
Die beiden Modi vollelektronischer Verschluss und der elektronische erste Vorhang (EFCS) können das Bokeh nachteilig beeinträchtigen. Ferner sind sie auch berüchtigt dafür, bei fast allen spiegellosen Kameras das Rauschen zu erhöhen und den Dynamikumfang zu reduzieren. Der Umfang dieser negativen Effekte ist jedoch modellabhängig.
Hinzu kommt ein negativer Effekt bei EFCS (Electronic first Curtain Shutter / elektronischer erster Vorhang / Electronic Front Curtain Shutter), der bei praktisch allen spiegellosen Kameras immer auftritt - vor allem bei kurzen Belichtungszeiten (ab ca. 1/1.000 Sek. und bei Offenblenden unter f2,8).
Dieser EFCS-Modus ist ein Zwitter - eine Mischung aus elektronischem Verschluss (durch den Sensor gestartet) am Anfang der Belichtung und dem mechanischen Verschlussvorhang, der die Belichtung am Ende abschließt. Exakt aus dieser Mischung ergeben sich zahlreiche physikalische Probleme mit sichtbaren Folgen im Foto.
Dann fällt aufgrund des geringen Abstandes des sich bewegenden mechanischen Verschlusses (am Ende der Belichtung) vom startenden Ausleseprozess des darunter liegenden Sensors eine Abschattung auf, welche zu sichtbar halbierten und nach einer Richtung ausfransenden/verblassenden Bokeh-Kreisen führen kann. Diese führen wiederum zu einem unruhigen unscharfen Bereich, der besonders im Hintergrund auffällt.
Sofern der Hintergrund durch sehr helle oder auffällige Lichtquellen gebildet wird, kann der störende Bokeh-Effekt auch bei f4 sichtbar werden.
Vermeiden lässt sich dies bei kurzen Belichtungszeiten ab 1/1.000 Sek. nur durch entweder Verwendung des rein mechanischen Verschlusses, der jedoch viele Kameras sehr erschüttert (und verwackelt) und zudem spürbar langsamer (vor allem bei Serienbildern) ist, oder des rein elektronischen Verschlusses, der jedoch bei den meisten Kameras den Dynamikumfang (Bit-Tiefe der Datei) und somit ebenfalls die Bildqualität reduziert. Zumindest (von unten gesehen) bis ISO 800 spielt dies eine Rolle bei der Bildqualität. (Siehe hierzu Bill Claff PhotonstoPhotos).
Hinzu kommen jedoch noch die trägheitsbedingte Verzögerung der Beschleunigung und somit zuerst geringeren Geschwindigkeit des mechanischen Verschlusses vor allem am Anfang, die perfekt korrigiert sein muss zum fast kontinuierlich ablaufenden elektronischen Sensorauslesen, sonst gibt es ungleichmäßige Belichtungen über den Bildverlauf, die erstaunlich oft zu sehen sind. Deshalb setzen manche Fotografen die Grenze des EFCS auch bei 1/250 Sekunde an und verwenden ihn nur für längere Belichtungen (=1/250 Sek. bis 30 Sekunden / Langzeitbelichtung / B) . Kürzer als 1/250 Sek. verwenden jene Fotografen dann aus Sicherheitsgründen den mechanischen Verschluss, um eine über das gesamte Bild gleichmäßige Belichtung zu gewährleisten.
Dieser negative Effekt betrifft vor allem moderne Porträtobjektive, welche Offenblenden von rund f1 besitzen. Entweder muss man dort Graufilter am hellen Tag verwenden oder durch manuelle Umschaltung jene Belichtungszeiten meist zwischen 1/1.000 und 1./8000 Sek. im Modus EFCS umgehen / vermeiden.
Ferner tritt dieser negative Effekt teilweise störend bei Makroaufnahmen auf, da dort aufgrund des geringen Abstandes des Motives von der Kamera der Bereich der Schärfentiefe / Tiefenschärfe sehr gering ist und der Vorder- sowie Hintergrund schnell mit sichtbaren Bokeh-Effekten verschwimmen. Meist tritt der extrem negative Einfluss jedoch nicht so auf, weil die Belichtungszeit länger ist (als 1/1.000 Sekunde). Physikalisch gilt, dass der Schatten des Verschlusses immer identisch ist. Aber bei längerer Belichtung ist der Einfluss der helleren Belichtung größer / länger als der Schatten, sodass der Schatten des ihn erzeugenden zweiten Verschlusses nicht mehr so sichtbar wird.
EFCS kann man hingegen für Landschaftsfotos auf dem Stativ verwenden, weil dort meist längere Verschluss-/Belichtungszeiten erforderlich sind und dort auch größere Blendenzahlen (meist f5,6 bis f11) verwendet werden, um dabei die Erschütterung des ersten mechanischen Verschlussvorhangs zu Beginn der Aufnahme zu vermeiden und dadurch die Kamera nicht zu erschüttern. Ähnliches gilt für Langzeitbelichtungen bei Nachtaufnahmen, die zwar bei Offenblende durchgeführt werden aber ebenfalls oft mehrere Sekunden dauern. Wenn dann der zweite mechanische Verschlussvorhang die Aufnahme abschließt und heftig aufschlägt, ist dieses Foto bereits erschütterungsfrei auf dem Sensor aufgezeichnet. Dies gilt jedoch nur für Einzelaufnahmen - keine schnellen Folgen von Serienbildern, da die Erschütterungen auf dem Stativ länger anhalten können und dann die Folgebilder verwackeln.
Auch der Bereich rund um 1/100 Sekunde kann bei rein mechanischem Verschluss bei spiegellosen Kameras sehr deutlich sichtbare Erschütterungen sowohl handgehalten als auch auf dem Stativ hervorrufen - auch bei Einzelaufnahmen hervorrufen.
Da dieser negative Effekt des EFCS durch den Schatten des zweiten Verschlussvorhanges erzeugt wird, hat er nichts mit der Auslesegeschwindigkeit des (eventuell extrem schnellen Stacked CMOS-) Sensoren zu tun und betrifft somit auch teuerste Kameras wie z.B. die Sony A1-Profikameras, welche generell keinen ersten mechanischen Verschlussvorhang mehr verwendet. Bei solchen spiegellosen Modellen hilft dann nur noch die Verwendung des rein elektronischen Verschlusses.
Zum Abschluss noch ein klares Nein zu pauschalen Automatismen, welche diesen Verschlusswechsel nur in Abhängigkeit von der Belichtungszeit erzwingen. Das schafft nur neue Probleme. Fotografen wollen dies selbst auswählen respektive in individuell konfigurierbaren Automatismen einstellen. Z.B. können heute mechanische Verschlüsse kaum über 1/16.000 Sek. auslösen, aber hochwertige elektronische sehr wohl bis zu 1/64.000 Sek. Ein Zwangsumstellung auf rein mechanischen Verschluss ab 1/1.000 Sek. beschränkt die Kameraleistung.
Fazit: Auch wenn Sie nicht alle Details hierzu verstanden haben, sollten Sie im Gedächtnis behalten, dass spiegellose Kameras mit den drei verschiedenen Verschlüssen (Mechanisch, EFCS/erster elektronischer sowie rein elektronischer Verschluss) ziemlich viele Probleme besitzen, welche eine erhebliche Detailkenntnis zur optimalen Ausnutzung durch den Fotografen erfordern. Bei DSLR gibt es hingegen nur den mechanischen Verschluss (sowie im LiveView den elektronischen, welcher jedoch von den meisten Fotografen selten verwendet wird).
Auch 2022 muss ich festhalten, dass die Bildqualität der DSLR Nikon D850 bei ISO 64 auf dem Stativ minimal höher liegt, als vergleichbare Kameras im Vollformat-Bereich. Das hat auch systematische Gründe, weil man bei modernen spiegellosen Kameras - zumindest seit ca. 2020 - dazu überging, die Geschwindigkeit auf Kosten der Bildqualität zu erhöhen. Die Unterschiede bei der Bildqualität sind minimal und für zahlreiche Betrachter auf vielen Monitoren kaum sichtbar, weil sie zunehmend durch KI bereits in der Kamera weitgehend behoben werden. Aber zumindest im Labor sind sie messbar.
Bevor nun wieder ein Missverständnis als Gerücht durch alle Foto-Foren zieht, hier der fotografisch wichtige Hintergrund: Man legte seit mindestens 2020 die Priorität auf das Autofokus-System. Jenes machte seitdem auch ungeahnte Fortschritte, welche für die Fotografie vieler Fotostile mit sich schnell bewegenden Motiven ausschlaggebend ist. Dies kombiniert mit hoher Serienbildgeschwindigkeit ermöglichte erst auch für Laien fotografierbare Greifvögel beim Sturz auf den Fisch im Wasser exakt beim Eintritt mit dem Schnabel oder Füßen in die Wasseroberfläche oder Sportaufnahmen des Balls exakt am Kopf des Fußballers oder Golfschlägers. Es geht hierbei um korrekt fokussierte Bilder des entscheidenden Momentes. Mit DSLRs lag der Fokuspunkt oft entweder etwas daneben oder man hatte nicht den entscheidenden Moment eingefangen. Aber den Vogel oder Ball einen halben Meter davor oder nach dem entscheidenden Moment aufzunehmen, war für viele Fotografen wertlos. D.h. die Hersteller opferten ganz im Sinne und vor allem auf Wunsch derjenigen Berufsfotografen etwas Bildqualität bei Stativaufnahmen, um jene scharfen Momentaufnahmen erst zu erhalten.
Folgende Fehler treten bei spiegellosen Kameras deutlich häufiger auf als bei denjenigen mit Spiegeln:
Sensorreflektion: Da nun bei spiegellosen Kameras die hintere Linse der neu konstruierten Objektive näher an den Sensor herangelegt werden darf, werden bei engen Blenden (vor allem F11 und höher) die Lichtstrahlen heller Lichter so stark gebündelt, dass der Sensor diese auf die hintere Linse der Objektive reflektiert und das Licht von dort erneut auf den Sensor gestreut wird. Da hilft meist nur eine offene Blende oder ein anderes Objektiv.
Frequenzabhängige Störungen (Bänder unterschiedlicher Helligkeit) bei Aufnahmen unter Kunstlichtquellen treten bei elektronischen Verschlüssen öfter in Erscheinung als bei mechanischen Verschlüssen.
Shutter Shock: Erschütterung der Kamera durch den Verschlussvorhang kann bei manchen leichten Kameras und Benutzung des 1. Verschlussvorhangs auch auf dem Stativ zu Verwacklungen führen. Das ist kameraabhängig und letztendlich nur vom Hersteller durch einen anderen Verschluss lösbar. Oder man meidet die oft besonders empfindlichen 1/15 bis 1/125 Sekunden Belichtungszeit, was in der Fotopraxis allerdings kaum möglich sein wird.
Sony-Modelle leiden ferner unter dem Star-eating-Effekt bei Belichtung über 4 Sekunden. Dann werden - auch in RAW-Fotos - Sterne etc. als vermeintlich störende Hot-Pixel entfernt (siehe hierzu auch weiter unten die generellen Hitzeprobleme).
Sensorabhängig kommt es zu gefürchtetem PDAF striping: Lichtquellen im Bild, die von Linsen in den Objektiven reflektiert werden und dann auf die im Sensor integrierten AF-Zellen fallen, führen zu störenden Bändern im Foto. Die genauen physikalischen Details des Problems sind bis heute weder abschließend geklärt noch gelöst.
Zahlreiche spiegellose Modelle verwenden zur werbetechnischen Erzielung guter Papierwerte bei den Leistungen statt den heute üblichen 14-Bit nur 12- und 11-Bit RAWs. Dabei kommt es oft zu sichtbaren Kompressions-Artefakten. Sofern man die langsamen aber dafür hochwertigeren Modi manuell in den Menüs auswählt (oft ist dazu ein Firmware-Update erforderlich) und immer verwendet, kann man diese Bildverschlechterung weitgehend vermeiden. Aber dann sinkt die angepriesene Kamerageschwindigkeit oft markant.
Fairerweise muss man jedoch hinzufügen, dass die Hersteller seit Jahren an der Verbesserung der Systeme und Behebung der Fehler arbeiten. Aber vor allem ältere Modelle leiden deutlich unter diesen Symptomen. Also Augen auf beim Gebrauchtkauf.
Vor allem bei spiegellosen Kameras fällt die (oft ungewollte, unbekannte und nicht abstellbare) Bildaufhübschung in der Kamera auch bei RAW-Bildern extrem auf. Siehe hierzu Moderne Objektive und RAW-Betrug. Der Haken liegt u.a. in dem Umstand, dass dies die eigene Nachbearbeitung der Bilddateien am PC erheblich einschränken kann.
Funktionen, Computational Photography, Künstlichen Intelligenz, AI / KI
Die Elektronik bietet bei spiegellosen Kameras viele Funktionen, die mit Spiegel zwar auch (zumindest im LiveView sofort) möglich wären, dort jedoch aus firmenpolitischen Gründen bis 2019 oft nicht eingebaut wurden. Ende 2019 fanden sich erste herausragende Funktionen und Produkte bei Canons DSLRs.
Neben dem generellen Bereich Video, ist vermutlich der Augen-Erkennungs-Autofokus die bekannteste Funktion. Allerdings funktioniert dieser bei vielen spiegellosen Kameras falsch, indem er auf das Augenlied oder sogar die Augenbrauen fokussiert, statt auf die Pupille.
Hinzu kommen bei vielen spiegellosen Kameras die Bildverwacklungs-Schutz-Hardware in der Kamera (IBIS - in body image stabilization). Dabei wird der Sensor in der Kamera verschoben und kann bis zu 8 Blenden Verwacklungsschutz auch mit Objektiven ohne eingebauten IS/VR bieten. Allerdings hat exakt dieses IBIS wieder viele Nachteile, die gerne verschwiegen werden: Höheres Gewicht, größeres Volumen, höherer Stromverbrauch, Erhitzung, teilweise sehr empfindlich beim Reinigen des Sensors etc.
Die Funktionsfülle lässt sich dank billiger Software bei spiegellosen Kameras beliebig erhöhen.
Mit Programmautomatiken kann man Spiegellose so einfach bedienen wie Kompaktkameras.
Mit sehr vielen halbautomatischen oder manuellen Einstellmöglichkeiten reicht das Potential jedoch auch bis in den Profibereich hinein.
Allerdings führt dies zu oft unübersichtlichen Menüs bei spiegellosen Kameras, um alle derartigen Sonderfunktionen unterzubringen. Ohne Handbuch sind diese Funktionen folglich kaum zu finden, geschweige denn korrekt zu konfigurieren. Die modernsten Hochleistungskameras im spiegellosen Bereich zeigten 2021/22 deshalb auch Handbücher mit rund 1.000 Seiten Umfang. Ein Tester schrieb zum Handbuch der neuen Z9: Letztgenanntes ist über 900 Seiten lang, das reicht trotzdem nur für eine knappe Erklärung aller Funktionen. Für den Autofokus gibt es daher noch eine weitere Anleitung als englischsprachiges PDF, die Empfehlungen für die passenden Autofokus-Einstellungen je nach Sportart gibt.. Da muss man sich zeitaufwändig einarbeiten, um diese neuen spiegellosen Kameras wirklich ausreizen zu können.
Blitz und künstliches Licht
Ein Detail, das gerne übersehen wird, ist die Synchron-Zeit bei Blitzgeräten und die Benutzung des elektronischen Verschlusses, der bei spiegellosen Kameras das lautlose Arbeiten ermöglicht. Entweder liegt die Synchron-Zeit des elektronischen Verschlusses sehr niedrig oder ist völlig unmöglich! Das mag in der Praxis nicht immer stören, da der Blitz sowieso eine größere Aufmerksamkeit anzieht als das Klickgeräusch des mechanischen Verschlusses. Aber auch aus diesem Grund ist es bisher nicht gelungen, den mechanischen Verschluss ganz aus spiegellosen Kameras zu verbannen.
Nochmals im Klartext: Der überall gelobte Silent Mode (das lautlose Fotografieren) z.B. auf Hochzeiten funktioniert bis heute meist nicht mit Blitzgeräten.
Erst allerneueste, teure spiegellose Kameras der Profiklasse mit schnellen Stacked CMOS-Sensoren (Sony A1, Canon R3 und Nikon Z9) beherrschen dies.
Auch unter künstlichem Licht (insbesondere flackernden Leuchtstoffröhren) können hässliche Banding-Effekte auftreten, wenn der elektrische Verschluss verwendet wird. D.h. es erscheinen dunklere oder sogar schwarze horizontale Bänder im Foto.
Lichtstarke Blitzgeräte haben auch einen erheblichen Preis und vor allem ein großes Volumen sowie Gewicht. Einerseits wird das spiegellose Kamerasystem mit schweren Blitzgeräten kopflastig und andererseits schmilz für das Gesamtsystem dann auch der Gewichts- und Volumen-Vorteil im Vergleich zur Kamera mit Spiegel dahin.
Zur Vollständigkeit sei darauf hingewiesen, dass keineswegs alle alten Blitzgeräte eines Herstellers (für digitale Kameras mit Spiegel) auf dessen neuen spiegellosen Kameras verwendet werden können. Entweder funktioniert er überhaupt nicht oder nur im sogenannten Automatikmodus des Blitzes, der jedoch nicht automatisch korrekt belichtet, sondern manuell eingestellt werden muss.
Überhaupt zeigen die meisten spiegellosen Kameras auch mit neueren System-Blitzgeräten massive Probleme. Entweder sie fokussieren nicht korrekt, oder sie verwenden dazu ein irritierend helles (z.T. grünes) Licht, das vor allem für die Gäste störend wirkt.
Seit 2021 kamen erste (wirklich teure) neue Blitzsysteme (wie der Canon EL-1) auf, welche mit spiegellosen Kameras und vor allem im heute erforderlichen Serienbildmodus arbeiten konnten.
Video
Vor allem bei der Videofunktion zeigen spiegellose Kameras gegenüber den klassischen SLR oft Vorteile.
Der elektronische Sucher kann (sofern vorhanden) auch beim Filmen verwendet werden. Bei DSLRs muss man dazu den rückwärtigen Monitor verwenden.
Die modernsten spiegellosen Kameras im Hochpreissegment stellen im Bereich Video auch (fast) jede DSLR klar in den Schatten. 2022 galt dies vor allem für die neue R5C, die mit zeitlich unbegrenztem Breitwand (Cine) 8K RAW zumindest im semiprofessionellen Lager anzusiedeln war.
Die immer wieder hervorgehobene Video-Funktion ist bei Fotokameras dennoch nur etwas für überwiegende Fotografen, die gelegentlich auch einmal filmen wollen, oder für die sehr preisbewussten YouTuber, die sich nicht mehr leisten können. Wer hingegen ernsthaft Filme drehen möchte, wird sich eine richtige Video-Kamera zulegen.
Reinigung
Durch den Wegfall des Spiegels lässt sich der Sensor leichter reinigen. Im Gegensatz zur DSLR muss er nicht zuerst mühsam hochgeklappt werden und mittels geladenen Akkus in der offenen Position fixiert werden.
Viele Nachteile der Spiegelreflex-Kameras bleiben jedoch erhalten, wie z.B. der Objektivwechsel mit Verschmutzung des Sensors.
Ohne den abgeschlossenen Spiegelkasten kann bei einem Objektivwechsel Staub sogar leichter auf den Sensor gelangen.
Aufgrund des oft im Sensor eingebauten Verwacklungsschutzes (IBIS) wird die Reinigung des Sensors noch komplizierter.
Ohne jemandem Angst machen zu wollen: Sensoren spiegelloser Kameras verschmutzen viel leichter und müssen folglich viel öfter gereinigt werden als bei DLSRs. Siehe hierzu die ausführlichen Anleitungen bei Sensor-Reinigung.
Eine kleine Ausnahme bilden die neuen Kameras von Canon sowie die Sony A1 und Nikon Z9, welche zumindest über einen zuschaltbaren Sensorschutz verfügen, der Schmutz etwas abhält.
Stromverbrauch und Akkuleistung
Die bis heute pauschal gelobte geringe Bautiefe und das geringe Gewicht der spiegellosen Kameras lässt sich überhaupt nur dadurch erzielen, indem man sehr schmale Batterien mit erstaunlich geringer Leistung verwendet. Dies führt zu für die fotografische Praxis geringen bis sehr geringen Bildzahlen.
Das wiederum führt zur Anschaffung von meist nur für dieses Modell geeigneten Zusatz-/Ersatz-Akkus des Kamera-Herstellers, der dafür sehr hohe Preise verlangt.
Überdies muss man dann oft mehrere derartiger Ersatz-Akkus gleichzeitig mitschleppen, um auch nur einen einzigen Fototag zu überstehen - besonders im Winter. Abgesehen davon, dass kleine Teile verloren gehen können, erhöht sich so das System-Gesamt-Gewicht deutlich und unterscheidet sich dann nur noch minimal von Kameras mit Spiegel.
Ganz traurig ist, dass viele Hersteller seit einigen Jahren bei den sogenannten CIPA-Messzahlen massiv tricksen, um scheinbar höhere Werte je Nachfolgemodell auszuweisen. De facto schränken sie nur die Kamerafunktionen ein und lassen zum CIPA-Test für die Fotopraxis wichtige Einstellungen entfallen. Dies betrifft insbesondere den bei modernen, hochauflösenden Kameras extrem stromhungrigen elektronischen Sucher.
Letztendlich lassen sich höhere Akkulaufleistungen (die auch nur annähernd an die der DSLR heranreichen) nur durch größere Akkus in größeren und schwereren Kameragehäusen erzielen. Dahin geht auch der Trend bei modernen spiegellosen Kameras.
Vor allem seit den Hochleistungskameras im spiegellosen Bereich (etwa ab 2020) stellte sich ein unangenehmes Phänomen heraus: Die maximale Leistung wird nur mit neuen, vollgeladenen Akkus erzielt. Bereits beim Absinken der realen Akku-Ladung auf 60%, 50%, spätestens jedoch 40% sinken bei zahlreichen Kameras nicht nur die Serienbildgeschwindigkeiten, sondern auch die Autofokus-Leistungen drastisch ab. Zur Beruhigung: Sie liegen dann noch immer so hoch oder höher als die DSLR-Leistungen vergleichbarer Kameras. Aber der im Prospekt gepriesene Mehrwert schrumpft drastisch.
Als Praxistipp kann ich jedem Fotografen raten, für seine neue spiegellose Kamera sofort einen weiteren Ersatzakku für das Fotografieren anzuschaffen. Zum Filmen dürfen es je nach Kameramodell und Aktivitäten auch 2-3 weitere Ersatzakkus sein. Es sollten Originalakkus der Kamerahersteller sein, da die kaum preiswerteren Nachbauten der Dritthersteller oft nach nur wenigen Monaten eine signifikant geringere Ladeleistung aufweisen und somit letztendlich teurer sind.
Vergessen Sie all das Marketing-Gerede, dass man baugleiche ältere Akkus weiter verwenden könnte. Bisher war es immer so, dass nur die allerneuesten Akkus in den neuesten spiegellosen Kameras die Höchstleistungen erzielten, oder darin geladen werden konnten. D.h. Sie benötigen zum frustfreien Arbeiten für fast jedes spiegellose Kameramodell neue Akkus.
Da einige der modernsten spiegellosen Kameras das Laden des Akkus in der Kamera über USB-C und somit auch den Betrieb der Kamera erlauben, kann man im Studio die Kamera mit einem Trafo-Zwischenteil an der Steckdose betreiben und mobil (auch im Freien) mit einer sogenannten Power-Bank. Dabei handelt es sich um einem flachen, leichten, preiswerten Akku (aber mit der Kategorie PD - Power Delivery), den man mit einem USB-C-Kabel mit der Kamera verbindet.
Alle empfehlen die hochwertige Anker Powercore 26800 PD mit 9V, 3A - Power-Bank, die auch ich mir angeschafft habe. - Achten Sie bei anderen Geräten auf den erforderlichen Zusatz PD (Power Delivery) und vor allem die Voltzahl passend zur Kamera.
Der Anschaffungspreis liegt (mit eigenem Steckdosen-Ladegerät der Powerbank) nur knapp über einem Original Kamera-Akku. Allerdings ist ihre Leistung (Stromstärke, Ladekapazität etc.) - gleichgültig wie man es rechnet - viel höher als die des Kameraakkus.
Vor allem für längeren stromhungrigen Video-Betrieb lohnt sich solch eine Anschaffung auf jeden Fall. Ferner kann man damit (wie oben bereits erwähnt) auch den Kameraakku (oft erstaunlich schnell) wieder aufladen - auch ohne Steckdose, was auf Wanderungen, Bergtouren etc. hilfreich sein kann.
Speicherkarten
Ein in der Diskussion ebenfalls oft unterschlagener Punkt ist die Speicherkarte.
Vor allem bei den Hochleistungskameras der Profiklasse ab 2021 trat zunehmend ein für den Anwender ärgerliches und teures Problem auf.
Für alle Kameras gilt selbstredend, dass man sie mit dem passenden Speicherkarten-Typ für das Speicherkartenfach betreiben muss. Dabei wurde z.B. der Kartentyp wie SD-UHS-II mit dem Zusatz V90 für viele Kameras ab 4K Videobetrieb vorgeschrieben.
Bei der Z9 von Nikon für den Fotobetrieb und angeblich auch für die R5C von Canon für den Videobetrieb bei 8K RAW 60P kam jedoch eine weitere Einschränkung hinzu.
Hier schrieb der Hersteller nicht nur den Kartentyp (CFexpress) vor, sondern zertifizierte im Grunde genommen nur eine einzige Karte, mit der man wirklich die maximale Leistung der Kamera erhält.
Es dürfte logisch sein, dass es sich bei dieser um diejenige Karte mit der höchsten Schreib-Geschwindigkeit im langen Dauerbetrieb handelt, die allerdings auch sündhaft teuer war / ist. Vorsicht: Es geht hierbei in der Regel nicht um die immer wieder auf Karten aufgedruckte Lese-Geschwindigkeit und auch nicht um den sogenannten Boost-Modus, den die Karte mit einem schnellen Zwischenspeicher nur wenige Sekunden beim Schreiben anbieten kann.
Auch wenn in den Publikationen dann schnell weitere, angeblich auch funktionierende Speicherkarten anderer Hersteller als verwendbar angegeben wurden, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, so war jedem Anwender klar, dass funktionieren oder auch zugelassen faktisch mit geringerer Leistung verbunden war.
Somit muss man bei modernen Hochleistungskameras im spiegellosen Bereich sachlich festhalten: Der Kamerapreis wird durch erforderliche zwei modernste zertifizierte Hochleitungs-Speicherkarten meist um einen vierstelligen Euro-Betrag erhöht.
Nur für ganz wenige langsameFoto-Stile oder als Ersatzkarte für den absoluten Notfall kann man preiswerte oder ältere Speicherkarten aus älteren Kameras in modernen spiegellosen Kameras weiterverwenden.
Sensorbelastung
Ein bisher nicht ausreichend diskutierter und hinreichend untersuchter Punkt ist die Sensorbelastung.
Da das (Tages-) Licht ohne Spiegel ständig auf den Sensor fällt, um von dort aufbereitet an den Sucher geliefert zu werden, heizt sich der Sensor auf.
In den Studios der Testlabors ist dieser Effekt bei künstlichem Licht sicherlich gering. D.h. die Sensoren und die spiegellosen Kameras selbst bleiben relativ kühl. Deshalb bieten dort auch alle Fotos eine hohe Bildqualität.
Aber im Freien bei Sonnenschein am Strand oder im Schnee halte ich dies nicht für ideal.
Bei herkömmlichen Klapp-Spiegel-Systemen wird das Licht nur ganz kurz - nach dem Auslösen - auf den Sensor gelassen. D.h. der Sensor erhitzt sich durch die Sonneneinstrahlung nur gering. (Die Ausnahme ist der Live-View-Modus, der den spiegellosen Kameras entspricht.)
Es finden sich überall Hinweise, dass man normale Sensoren nach einer Langzeitaufnahme erst wieder kühlen soll. Warme oder heiße Fotosensoren führen zu einer deutlich schlechteren Bildqualität.
Ferner altert ein Sensor schneller, wenn er ständig dem Licht ausgesetzt ist.
Warum diese physikalischen Effekte bei spiegellosen Kameras nicht störend sein sollen, bleibt das Geheimnis der Marketing-Abteilungen.
Ende Oktober 2018 gaben Canon-Techniker in einem Interview offen zu, was ich seit über 10 Jahren vermutete:
The color filter array and microlenses and also the photodiodes can all be damaged by light [if the sensor is always exposed]. - Ständig einfallendes Licht schädigt den Fotosensor.
Deshalb haben sie bei der Canon R und den RF-Objektiven diverse Schutzmechanismen eingebaut, welche zumindest den ungewünschten Lichteinfall reduzieren.
Inzwischen schreiben auch die Techniker bei Sony in die Handbücher hinein, dass man die spiegellosen Kameras schützen muss:
Wenn Sie die Kamera einer Lichtquelle, wie z. B. Sonnenlicht, ausgesetzt lassen müssen, bringen Sie die Objektivkappe am Objektiv an. - If you have to leave the camera exposed to a light source such as sunlight, attach the lens cap to the lens. (Zitate aus dem deutschen und englischen Handbuch zur Sony A7R Mark IV, 2019, S. 3 resp. p. 7). Sie warnen ausdrücklich vor Schäden an den Objektiven und der Kamera.
Somit auch von mir nochmals der unmissverständliche Hinweis: Wer mit spiegellosen Kameras nicht mehr fotografiert, muss zum Schutz des Sensors sofort einen Objektivdeckel vorne aufsetzen. Dies gilt sowohl im Freien als auch im Studio, wo ebenfalls eine Lichtquelle in die Kamera fallen kann. - Das unbeschwerte Herumlaufen mit der schussbereiten Kamera ist somit erheblich eingeschränkt.
Die Techniker bei Sony verbieten sogar jede direkte Gegenlichtaufnahme (Schuss in die Sonne): Wenn Sie bei Gegenlicht aufnehmen, halten Sie die Sonne in ausreichendem Abstand vom Blickwinkel. Anderenfalls kann das Sonnenlicht im Inneren der Kamera fokussiert werden und Rauch oder einen Brand verursachen. Selbst wenn die Sonne geringfügig vom Blickwinkel abgewandt ist, kann sie dennoch Rauch oder einen Brand verursachen. - Das halte ich bei kurzen Gegenlichtaufnahmen mit Normalbrennweiten (Vorsicht: keine Telebrennweiten) zwar für etwas übertrieben. Aber z.B. längere oder mehrere Aufnahmen von sich entwickelnden Sonnenfinsternissen sollte man mit spiegellosen Kameras nicht ohne massive Schutzfilter vornehmen. Da sind DSLRs deutlich unempfindlicher.
Lassen Sie vor allem niemals spiegellose Kameras auf einem Stativ (auch bei Ihnen zu Hause auf dem Balkon oder im Garten) ohne Objektivdeckel unbeaufsichtigt stehen. Der sich ändernde Sonnenstand sowie unerwartete Reflexionen anderer Teile könnten den Sensor schnell schädigen oder sogar zerstören.
Ein gerne übersehenes Problem liegt bei Lasern vor.
Selbstredend können starke Laser alle Sensoren zerstören. Aber auch hier sind wieder die spiegellosen Systeme besonders betroffen, weil deren Sensor ständig offen dem Licht ausgesetzt ist, weil sonst der elektronische Sucher nicht funktioniert, während derjenige Sensor der DSLR-Kameras (mit optischem Sucher) nur bei der eigentlichen Aufnahme damit belastet wird.
2021 warnte Sony sogar explizit davor: Nicht nur direktes Laserlicht, sondern auch indirektes - also von Decken, Wänden oder Glasflächen reflektiertes Laserlicht - kann den Sensor beschädigen.
Für sogenannte Laser-Licht-Shows sollte man eine derartige Kamera nicht verwenden. Jeder derartige Betrieb liegt außerhalb der Gewährleistung und Garantie.
Allerdings werden Laser heute immer öfter und in immer mehr Einsatzgebieten verwendet. Z.B. auch in Tattoo-Studios zum Entfernen alter Tattoos. Überdies verwenden immer mehr Demonstranten derartige Laser, um vorsätzlich alle Kameras u.a. der fest installierten Überwachungssysteme sowie die mobilen der Polizei zu zerstören. Wer als Fotograf in der Nähe steht, verliert so auch seinen Sensor - und zwar auch bei hellem Tageslicht, wenn man selbst den Laser eventuell nicht wahrnimmt.
Ich kann da nur jedem (Besitzer spiegelloser Kameras) nur nochmals dringend zum Anbringen des Objektivdeckels raten, um zumindest während des Nichtbenutzens der Kamera den Sensor zu schützen.
Dazu rät u.a. auch Canon bei seinen neuen spiegellosen Kameras: Halten Sie bei Aufnahmen mit Hintergrundlicht die Sonne ausreichend weit vom Bildwinkel entfernt. Halten Sie intensive Lichtquellen wie die Sonne, Laser und andere intensive künstliche Lichtquellen immer aus dem Bildbereich heraus und nicht in dessen Nähe. Konzentriertes intensives Licht kann Rauch verursachen, oder den Bildsensor oder andere interne Komponenten beschädigen.
Bringen Sie, wenn Sie nicht fotografieren, den Objektivdeckel an, um zu verhindern, dass direktes Sonnenlicht und anderes Licht in das Objektiv einfällt. (hier z.B. das Handbuch der R5, S. 24.)
Hitze
Das Folgende betrifft den Video-Bereich.
Spätestens seit Sommer 2017 lässt sich vor allem aus den USA nachweisen, dass praktisch alle spiegellosen Kameras im Video-Modus (zumindest bei bestimmten Auflösungen) überhitzen. - Die einzige Ausnahme scheint derzeit noch die Sony A9 zu sein. Aber wie zu erfahren war, hat man bei ihr die Warntemperatur erhöht.
Im Spätherbst 2017 bestätigte sich dies. Mehrere Hersteller gingen in den letzten Jahren dazu über, durch Firmware-Updates die Temperaturschwelle zum Abschalten der Kamera hochzusetzen. Dies hat gravierende Auswirkungen:
Die betroffenen Kameras schalten nun nicht mehr früh ab. Man kann weiterhin Filmaufnahmen machen - auch, wenn der Sensor bereits im überhitzten Bereich arbeitet.
Das Rauschen der Filme (aber auch Fotos im nach dem Filmen überhitzten Zustand der Kamera) nimmt deutlich sichtbar zu.
Die Sensoren werden sehr belastet und altern schneller.
Das permanente Überhitzen ist in der Video-Praxis ein leidiges Problem.
Im heißen Sommer sowie in südlichen Regionen überhitzen manche spiegellosen Kameras auch ohne Benutzung, einzelne sogar in der Fototasche. D.h. beim Herausholen und Anschalten geben Sie entweder eine Warnung (Überhitzungsschutz) ab oder sperren den Betrieb komplett.
Vor allem im Video-Betrieb sind die Überhitzungsprobleme im Sommer fast bei jeder spiegellosen Kamera bei 4K-Videos schnell erkennbar. Selbst wenn die Kamera nicht abbricht, so sind die Filme verrauscht.
Auch neuesten Hitze-Ableit-Systeme lindern das Problem nur, können es hingegen nicht völlig beseitigen.
Ganz im Gegenteil können die Hitzeableitsysteme, welche die interne Sensorwärme nach außen abtransportieren, sogar zu Schädigungen der Haut des Fotografen führen: Wenn immer der gleiche Teil Ihrer Haut während der Benutzung der Kamera über einen langen Zeitraum mit der Kamera in Berührung kommt, können Symptome einer Niedertemperaturverbrennung, wie Rötung oder Blasenbildung, auftreten, selbst wenn sich die Kamera nicht heiß anfühlt. (Quelle: Sony Handbuch A7R Mark IV.)
Erst neueste spiegellose Kameras, welche besonders für Video ausgelegt wurden, überhitzen später oder nicht mehr. Hierzu zählen u.a. die R5C, die Panasonic S1H, die Sony A7SIII und die Nikon Z9. Allerdings verlangen jene für ihren passiven oder aktiven Kühlschutz auch einen Aufpreis.
Zur Beruhigung: Beim reinen Fotografieren überhitzen moderne spiegellose Kameras auch im Serienbildmodus (Dauerfeuer) nicht. Das Hitzeproblem betrifft vor allem die höchsten Video-Modi. Wenn eine Kamera jedoch einmal beim Filmen überhitzt wurde, ist davon in der Regel danach auch der Fotomodus betroffen. Man muss dann erst einmal warten, bis sich alles abgekühlt hat.
Bitte beachten Sie jedoch, dass das Hitzeproblem von interessierten Kreisen hochgepuscht wird. Selbst für gerne genannte Hitze-Modelle fanden schlaue und erfahrene Fotografen sowie Bastler inzwischen wirklich brauchbare Lösungen sogar für lange bis ununterbrochene Daueraufnahmen selbst bei 8K-Video. Bei meinen zahlreichen Kamerabesprechungen moderner spiegelloser Kameras weise ich ausdrücklich auf derartige Lösungen hin und verlinke sie.
Preis
Die spiegellose Technologie ist preiswerter, als die klassische Herstellung einer Kamera mit aufwändigem Spiegel und Prisma, separatem Belichtungsmesser und separatem AF-System.
Erstaunlicher Weise wurden diese Preisvorteile der Hersteller nie an die Kunden weitergegeben. Ganz im Gegenteil wurden jahrelang spiegellose Kameras teurer verkauft als solche mit Spiegel - weil der Markt es hergab.
Zur Klarstellung: Die Preise für Sensoren fallen noch immer, aber diejenigen für das ganze Drumherum (vor allem an nachgelagerten Prozessoren, Software und KI sowie vor allem der elektronischen Sucher) steigen rapide an - und zwar für alle Sensorklassen fast einheitlich. Daraus folgt, dass Vollformat-Kameras seit 2018 (relativ wie absolut gesehen) dramatisch preiswerter werden im Vergleich zu gleich ausgestatteten Kameras kleinerer Sensoren. Oder mit anderen Worten: Die Hochleistungskameras mit kleinem Sensor sind heute fast so teuer, wie diejenigen der Vollformatklasse.
Eigentlich müssten die wesentlich geringeren Herstellungskosten der spiegellosen Systemkameras dazu führen, dass sie preislich unterhalb der billigsten Kameras mit Spiegel einer jeweiligen Sensorgröße angesiedelt wären.
Hochwertige spiegellose Systemkameras und hochwertige Objektive liegen heute jedoch oft signifikant über den Preisen der meisten vergleichbaren Kameras mit Spiegel der jeweiligen Sensorgröße und deren Objektive. Man sollte deshalb fairerweise die gleichen Preiskategorien vergleichen.
Hinzu kam vor allem seit 2016 ein Trend, der jeglichen fotografisch sinnvollen Preisrahmen sprengt. Zahlreiche neue Top-Modelle sowohl in der Micro-Four-Thirds- als auch der APS-C-Klasse kosteten sogar mehr als diejenigen der qualitativ eindeutig darüber liegenden Vollformat-Klasse.
DSLRs sind in fast allen Kategorien preiswerter zu erhalten, bei gleicher oder sogar minimal höherer Bildqualität. Dies gilt insbesondere seit Einsetzen des Preiskrieges 2019 und der Überproduktion trotz unsicherer DSLR-Zukunft.
Die technische Entwicklung wird in spiegellosen Kameras oft schneller umgesetzt als in DSLR-Systemen: 5-Wege-Bildstabilisator in der Kamera, 4K-Video, 8K-Video, Echtzeit-Vorausschau des Bildes gemäß den gewählten Einstellungen (auch bei Langzeitaufnahmen), Hervorhebung des fokussierten Bereiches, Warn-Anzeige bei Über- und Unterbelichtung bereits vor der Aufnahme etc. Dieser Innovationszyklus der spiegellosen Kameras ist eindeutig kürzer und somit positiver zu bewerten als bei DSLR-Modellen, die inzwischen nicht selten 3-5 Jahre für eine eher bescheidene Neuerung benötigen.
Allerdings führten viele Hersteller spiegelloser Kameras dies bisher nicht durch nachträgliche kostenlose Software-Updates durch, sondern werfen nicht selten bereits nach einem Jahr ein neues Kameramodell mit den neuen Funktionen auf den Markt. Der damit verbundene Wertverlust für den Käufer ist mit bis zu 50% je Jahr extrem hoch. Erst Canon und Nikon führten ab 2018 für ihre neuen spiegellosen Kameras wieder zahlreiche nachgelieferte Firmware-Updates ein, welche den Wert der Modelle jahrelang kontinuierlich erhöhten.
Ferner ist die spiegellose Technologie verschleißfreier und langlebiger. Das hilft zwar dem Kunden, weil er seltener etwas nachjustieren oder reparieren muss. Im Ernstfall verlangen die Servicecenter für Reparaturen an spiegellosen Kameras allerdings oft deutlich mehr Geld. Einerseits liegt dies am Markt, der vor allem in Deutschland jeden Preis bezahlt, andererseits auch an der Technik selbst. Letztere ist hochkomplex und vor allem hochintegriert. Oft werden dann ganze (teure) Komponenten ausgetauscht, auch wenn nur eine einzige Funktion davon betroffen ist. Eine Reparatur eines Einzelteiles ist kaum mehr möglich. - Mit anderen Worten: Alles, was sich nicht mit Software beheben lässt, führt zum Totalausfall / Komplettaustausch jenes Bausteines. Das wird bei einem Sensor, auf dem bei spiegellosen Kameras vieles integriert ist, teuer.
Fehlendes
Der beeindruckende bis einen erschlagende Funktionsumfang moderner spiegelloser Kameras täuscht gerne über ein Faktum hinweg: Manche alten und bei DSLRs liebgewonnenen Funktionen können auch fehlen:
So beklagten sich immer mehr Nikon-Fotografen jahrelang über das fehlende 3D-AF-System bei spiegellosen Kameras, das erst in den neuesten Modellen (ab Ende 2021) wieder eingeführt wurde.
Aber auch sinnvolle und bei DSLR vorhandene Funktionen wie Mehrfachbelichtungen mit RAW-Dateien wurden völlig unverständlich zuerst bei neuen spiegellosen Nikon-Modellen eingeschränkt auf TIF und dann sogar noch weiter auf JPEG reduziert. 2023 startete eine verärgerte Berufsfotografin deshalb eine Petition. Weiterer Sekundärbericht bei PetaPixel dazu.
Lesen Sie also vor einem Kauf genau das inzwischen oft über 1.000-Seiten umfassende Handbuch der neuen spiegellosen Kamera durch. Wenn eine Ihnen wichtige Funktion dort nicht verzeichnet ist, dass wird sie auch nicht (mehr) geboten.
Selbst, wenn die Funktion geboten wird, dann prüfen Sie genau, mit welchen Einschränkungen das bei neuen Kameras verbunden ist. Denn z.B. Pixel-Shift-Aufnahmen mit 400 Mega-Pixeln, die nur als JPEG geliefert werden (wie bei Canons R5) sind weitgehend wertlos.
Erstaunlicher Weise bietet jeder Hersteller bei jedem spiegellosen Modell irgendwelche Einschränkungen, die sich nicht logisch erklären lassen und die ein normal denkender Fotograf oder Videograf auch nicht erwartet.
Skurriles
Zum Abschluss noch ein skurriler Erfahrungswert:
Wenn ich mit einer Canon-DSLR-Ausrüstung auf strittigem Terrain fotografiere, so werde ich in ca. 2/3 bis 3/4 aller Fälle als Berufsfotograf der lokalen Zeitung angesehen und komme ungeschoren davon. Oft entwickeln sich dadurch sogar nette Gespräche mit weiteren Informationen zum fotografierten Motiv.
Sofern ich mit einer Nikon-DSLR-Ausrüstung dasselbe durchführe, erziele ich noch in ca. der Hälfte der Fälle das positive Ergebnis.
Falls ich jedoch mit einer spiegellosen Systemkamera arbeite, sei es die größte und teuerste von Sony, dann werde ich in 3/4 bis allen Fällen gefragt, was ich hier mache, oder sogar dumm angemacht. Umgehen kann ich dies nur durch das Tragen und Benutzen eines großen Statives.
Beim Wach- und Aufsichtspersonal scheinen noch immer die Größe der Ausrüstung und das Gewicht als Indikator für Berufsfotografen zu gelten (size matters).
Sie finden das lächerlich? Ich auch, vor allem angesichts der Preise bei Sony. Aber andere Fotografen berichten mir ähnliches. Bis sich dies ändert, geht wohl noch eine Generation (ca. 25 Jahre) ins Land.
Zielgruppen
Die Zielgruppen für Käufer spiegelloser Kameras sind inzwischen vielschichtig:
Wohlhabendere Personen (sogenannte kaufstarke Zielgruppen), welche mit zunehmendem Alter nicht mehr 5 oder 10 oder sogar 15 kg Fotoausrüstung als Gepäck herumtragen wollen, aber dennoch eine hohe bis sehr hohe Bildqualität erwarten und deshalb die teuren Profimodelle dieser spiegellosen Klassen erwerben.
Hinzu kommen Rentner: älter, wohlhabend aber nicht mehr so kräftig, um größere Lasten zu tragen. - Oft handelt es sich um Umsteiger (Downsizer) von früheren Vollformat- und APS-C-Systemen, die auf Micro-Four-Thirds umsteigen.
(Jüngere) Damen (und im geringeren Umfange auch Herren), welche nicht so schwer tragen wollen, dafür jedoch gerne etwas Modisches als Accessoire benötigen. Häufig handelt es sich hierbei um Aufsteigerinnen aus dem Kompakt-Kamera- und Smartphone-Bereich.
Letztere Zielgruppe ist dafür verantwortlich, dass diese Kameras oft wesentlich schicker aussehen, aber auch unergonomischer sind.
Vor allem die meist unbrauchbaren zusätzlich montierbaren Sucher gehen auf diese Zielgruppe zurück, da die meisten Damen generell einen Sucher nicht wollen, weil er zu Recht das Aussehen der Kamera völlig entstellt. Weder sieht ein Sucher modisch aus, noch ist er gut verstaubar. Professionelle Fotografen können auf den Sucher jedoch nicht verzichten.
Hinzu kamen schon immer technikaffine Fotografen, denen es mehr um die Kamera und den Akt des Fotografierens als um das Fotoergebnis geht.
Seit Herbst 2018 steigen auch immer mehr klassische Fotografen versuchsweise um, da im Bereich DSLR nicht mehr viel Neues geboten wird. De facto geben alle Hersteller diesen Bereich mit Spiegeln seitdem in Schritten auf. Siehe DSLR-Zukunft.
Spätestens mit den neuesten Hochleistungs-Profi-Kameras im spiegellosen Bereich des Jahres 2021/22 wurde jedoch auch technisch ein hochwertiger Stand erreicht, der es den meisten DLSR-Nutzen nun ermöglichen sollte, umzusteigen.
Einschränkung: Dies gilt für die Kameragehäuse. Vor allem bei den dazu optimal passenden (nativen) Objektiven sieht es vor allem bei Canon und noch gravierender bei Nikon noch nicht so günstig aus. Da fehlt noch vieles. Daraus folgt, dass man auch 2022 noch viele alte Objektive am Adapter verwenden muss.
Wann soll man ein- / umsteigen
Lohnt sich heute bereits der Einstieg / Umstieg auf diese spiegellosen Systemkameras?
Wer das Gewicht der Fotoausrüstung reduzieren muss oder will und das erhebliche Kleingeld dafür besitzt (wir sprechen hierbei über mehrere tausend Euro für eine Kamera mit mehreren Objektiven), und bereit ist, danach weiter in das System zu investieren - für den kann es sich bereits jetzt lohnen, in spiegellose Systemkameras einzusteigen. Aber signifikante Gewichtseinsparungen beim Gesamtsystem erzielt man nur mit Micro-Four-Thirds-Kameras und deren Objektiven - nicht beim Umstieg von einer Vollformat DSLR auf eine spiegellose Vollformat.
Zur Beruhigung: Die meisten der immer noch im Internet kolportierten katastrophalen Fehler und Kinderkrankheiten bei spiegellosen Kameras sind bei den neuesten Modellen inzwischen behoben.
Eine (spiegellose) Systemkamera lohnt sich generell allerdings nur, wenn man das System mit zahlreichen unterschiedlichen nativen Komponenten (Zubehörteile) auch ausnutzt.
Hingegen sieht es im Videobereich eindeutig aus: Wer Höchstleistungen bis zu 8K-RAW wünscht, findet diese nur bei spiegellosen Kameras.
Alle anderen sollten sich einen Wechsel von einem vorhandenen anderen System genau überlegen.
Es sind (auch 2022) noch nicht alle technischen Probleme bei spiegellosen Kameras perfekt gelöst.
Es bestehen noch Verbesserungs-Potentiale bei der Ergonomie und teilweise bei der Bildqualität.
Die Anzahl der verfügbaren Objektive ist noch nicht mit APS-C oder Vollformat der Kameras mit Spiegel vergleichbar.
Letztendlich entscheiden beide - gute Objektive und herausragende Kamera-Gehäuse - über diese Systemlinien. Hier ist jedoch noch vieles in der Entwicklung und im schnellen Umbruch.
Die technologischen Entwicklungssprünge dürften in den kommenden Jahren in diesem Bereich am größten sein.
Damit verbunden ist jedoch auch ein hoher und rapider Wertverlust bei Altgeräten.
Da in den kommenden Jahren bei spiegellosen Kameras die Entwicklung schnell weiter voranschreiten wird, sollten Kaufwillige derzeit ein Kameragehäuse eher nach den augenblicklichen eigenen Bedürfnissen und dem aktuellen Marktangebot anschaffen, statt sich in der Gerüchteküche über zukünftige angebliche Wunderkameras irre machen zu lassen.
Systemunsicherheit - Prognosen
Spiegellose Systeme werden letztendlich gewinnen, da sie schlichtweg preiswerter in der Herstellung sind, weil diverse bisher bei DSLR separate Einzelkomponenten wie der komplizierte Spiegelmechanismus entfallen. Dadurch werden auch die Wartung und der Service für den Hersteller preiswerter. Es sind somit reine Kostenfaktoren, welche die Zukunft schon längst entschieden haben.
Hinzu kommt der Umstand, dass spiegellose Kameras - wie 1999 die digitalen Systemkameras - ein disruptives Moment / Element besitzen: Sie erleichtern die praktische Fotografie, da sie zumindest in Teilen die Vorschau auf das Ergebnisbild vor der Aufnahme erlauben. Man muss nicht - wie bei Kameras mit Spiegel - zuerst das Foto machen und dann mittels sogenanntem Chimping - dem Blick auf das rückwärtige Display - das Bildergebnis prüfen. Das ist insbesondere für Einsteiger in die Fotografie eine Hilfe.
Allerdings fiel die Einführung dieser spiegellosen Kameras mit dem überwiegend demographisch bedingten Niedergang der Foto-Wirtschaft zusammen, der seit 2010 zur bisher größten Krise ihrer Geschichte führte. Dieser ökonomische Absturz ist derart paralysierend, dass die Hersteller sogar aufgezeigte Wege aus der Krise nicht beschreiten.
Hinzu kam gleichzeitig ein noch wesentlich disruptiveres Foto-Werkzeug - das Smartphone mit Computational Photography / KI / AI / Künstlicher Intelligenz.
Letztendlich begingen alle Hersteller bei der Einführung ihrer spiegellosen Systeme einen gravierenden Marketing-Fehler: Sie wechselten gleichzeitig das Bajonett und entwerteten somit alle alten Objektive. Es war ein Va-Banque-Spiel - Alles oder nichts. Vielen (vor allem Alt-) Kunden war das bis heute zu riskant.
Olympus und Panasonic benötigten trotz des offenen Standards Micro-Four-Thirds und Hilfe von Drittherstellern rund 10 Jahre, um eine umfassende Objektivauswahl für ihre spiegellosen Kameras anzubieten. Nur, um dann festzustellen, dass die meisten Kunden die MFT-Klasse nicht mehr wollten.
Sony benötigte über 7 Jahre, um - trotz Vergabe von Lizenzen für das neue Bajonett an Dritthersteller - ein auch nur halbwegs umfangreiches Objektivangebot aufzubauen.
Canon, Nikon und Panasonic sowie Sigma standen mit ihren Fehlentscheidungen seit 2018/2019 erst am Anfang des langen sowie mühsamen Aufbaues einer neuen Produktpalette und behindern sich durch weitgehend unter Verschluss gehaltene Bajonett-Daten.
Zur Klarstellung: Meine Kritik zielt nicht auf den Wechsel zu spiegellosen System-Kameras an sich. Dieser war ökonomisch bereits vorgezeichnet. Aber man hätte nicht gleichzeitig das Bajonett wechseln dürfen. Der Weg der Integration des spiegellosen Systems in die alten Kameras und Objektive wäre technisch möglich gewesen. Während alle 1999 die Notwendigkeit des weichen Überganges für den analog-digitalen Fotokunden bei Objektiven beherzigten, weil sie aus dem Desaster des Bajonettwechsels der Firma Canon in den 1980er Jahren gelernt hatten, begingen die Hersteller bei spiegellosen Systemen diesen bekannten Fehler dennoch - und zwar alle.
Es ist somit derzeit nicht sicher, welche Firma sich mit welchem System (= welche Sensorgröße) durchsetzen, die Führung übernehmen oder sogar den Markt dominieren wird. Früher war die Vermutung, dass die spiegellosen Kameras die alten Systeme mit Spiegel kannibalisieren, und somit langsam verdrängen werden. Seit den katastrophalen Produktionszahlen 2019 bis 2021 muss man jedoch festhalten, dass es zu einem Sensor-Sterben kommt. Neue spiegellose Kameras mit größeren Sensoren (Vollformat und Mittelformat) kannibalisieren sogar die kleineren spiegellosen Kameras.
Zwar lässt sich jede Technik auch der kleineren Sensoren optimieren, aber letztendlich hat bei klassischen Fotoapparaten die Sensorgröße einen bisher unüberwindbaren physikalischen Einfluss auf die Bildqualität.
Dass Panasonic und Olympus diesen Markt der spiegellosen Systemkameras sein 2008 aggressiv angingen, war verständlich. Sie besaßen in ihren eigenen Produktlinien keine großen Altlasten (bzw. ernst zu nehmende Konkurrenten). Allerdings erlahmte der Schub spätestens 2015. Seitdem geht es zunehmend steiler mit den Verkäufen bergab. Panasonic ergriff 2018/19 sogar die Flucht zu Vollformat-Sensoren. Der Grund liegt in den Herstellungskosten der neuen Kameras, die sich inzwischen kaum mehr zwischen den Sensorklassen unterscheiden. Aber für das Zauberwort Vollformat kann man am Markt mehr Geld verlangen als für kleine Sensoren.
Ähnlich aggressiv agierte Fuji mit seinen spiegellosen Kameras im Bereich APS-C. Da Fuji aber seit einigen Jahren zu Mittelformat übergeht, verlassen sie wohl auch das langsam sinkende Schiff der sogenannten Crop-Sensoren.
Den Durchbruch für spiegellose Systemkameras im Bereich Vollformat vollzog jedoch eindeutig Sony mit einer ebenso aggressiven Strategie. Vor allem seine Sensorabteilung half hierbei mit überlegener Technik viele Jahre hindurch. Allerdings wurde diese inzwischen als selbständige Einheit ausgegliedert.
Die Platzhirsche Canon und Nikon hielten sich bis 2018 weitgehend bei spiegellosen Kameras zurück. Vor allem der zusätzliche Bajonettwechsel 2018 erschwert beiden momentan alles. Wenige Objektive und wenige Kameramodelle stellen für viele Interessierte noch immer keinen Kaufanreiz dar.
Korrekt ist, dass sich die Verhältnisse (vor allem seit 2018) von DSLR zu Spiegellos verschoben. Dies lag insbesondere an den wirklich hochwertigen neuen spiegellosen Modellen ab dem Jahr 2020. Aber auch 2022 kann man noch nicht von einem absoluten Sieg der spiegellosen Kameras über die DSLR-Modelle sprechen. Denn zahlreiche Hersteller haben betont, dass sie die eigenen DSLR-Modelle (zumindest derzeit) weiter am Leben erhalten wollen. Manche Firmen wollen sogar neue Kameras mit Spiegel herausbringen.
Eine Lanze für die DSLRs
Obwohl ich für die DSLRs - die Kameras mit Spiegel - langfristig keine rosige Zukunft mehr sehe, so muss man doch auch sachlich einige Fakten festhalten, die für die praktische Fotografie elementar wichtig sind:
Nach 20 Jahren kontinuierlicher Entwicklung stehen die DSLRs - also die digitalen Systemkameras mit Spiegel - auf ihrem technischen Zenit. Hingegen stecken die spiegellosen Systeme noch immer mitten in ihrer dynamischen Aus- und Weiterentwicklungsphase.
Es handelt sich bei allen Herstellern bei DSLR-Kameras um absolut ausgereifte Produkte.
Noch immer ist auf manchen Feldern der Ergonomie eine Kamera mit Spiegel einer ohne überlegen. Dies zeigt sich vor allem in der praktischen Fotografie im Alltag.
Selbst die absolut erzielbare Bildqualität ist bei vielen DSLR derzeit sogar minimal höher als bei vergleichbaren Systemen ohne Spiegel.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei Kameras mit Spiegel und vor allem Objektiven dank des Preiskrieges und des Nachfragerückganges besser als bei spiegellosen Kameras.
Am mit Software am PC ausgearbeiteten und an der Wand hängenden ausbelichteten Bildergebnis wird kein Betrachter treffsicher den Unterschied zwischen einer Kamera mit und ohne Spiegel erkennen können.
Fazit: Wer an frustfreier praktischer Fotografie und an den Bildergebnissen interessiert ist, kann derzeit mit einer DSLR in mindestens 90% aller denkbaren fotografischen Fälle genauso gut sein Ziel erreichen.
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