Tiefpassfilter, Sensor-Matrix und Moiré

vg

Wie hängen die Sensormatrix, Tiefpassfilter und Moirés zusammen?

Sensor und Farbmatrix

Ein Sensor nimmt im Prinzip nur Lichtintensität wahr - also wie hell das einfallende Licht ist - keine Farbe. Daraus folgt, dass alle Sensoren im Grunde nur Schwarz-Weiß-Aufnahmen machen können. Damit man Farbe aufnehmen kann, wird eine Matrix aus den drei Grundfarben RGB (Rot, Grün und Blau) über die Sensoren gelegt. Die zwei gängigsten Matrizen in der Fotografie sind heute die Bayer-Matrix und diejenige von Fujifilm. Der am häufigste verwende Bayer-Sensor verwendet 4 Felder mit je 2 grünen, 1 blauen und einem roten Feld. Diese leichte Überbewertung der grünen Farbe entspricht durchaus der menschlichen Sehgewohnheit. Fujifilm benutzt hingegen bei manchen Kameras den selbst entwickelten X-Trans-Sensor, der viel mehr grüne Felder verwendet.

Fakt ist, dass diese als Matrix bezeichnete Schicht vor dem Sensor ein Filter ist, denn die farbigen Flächen filtern jeweils die anderen Farben (Frequenzen der Lichtwellen). D.h. sie reduzieren auf jeden Fall die auf den Sensor einfallende Lichtstärke.

Aufbau und Funktion eines Tiefpassfilters

Ein Tiefpassfilter ist primär einmal ein Filter, der tiefe Frequenzen hindurch (also passieren) lässt und höhere filtert. Bereits durch diese sehr weiche Definition, hinter der sehr variable mathematische Formeln stehen, macht klar, dass es dabei fast unendlich viele Möglichkeiten gibt.

Es existieren somit auch in der Fotopraxis mehrere Tiefpassfilter. Diese sind physikalisch unterschiedlich, erzielen technisch eine unterschiedliche Wirkung und können auch nochmals hintereinander kombiniert werden. Daraus folgt bereits, dass die Kombinationsmöglichkeiten und physikalischen Wirkungen weit divergieren können.

Kein Hersteller lässt sich genau dazu aus, was er wie wo und in welcher Variante an einem Kameramodell verwendet.

Das sind meist die Testergebnisse von einem oder wenigen Sensor-Test-Laboren, welche dies dann behaupten.

Folgen: Moirés

Bei der absolut quadratisch sich wiederholenden Bayer-Matrix treten bei manchen Strukturen (vor allem oft bei Textilien) farbige Störfelder auf. Diese nennt man gewöhnlich Moirés. Und exakt auf die Unterdrückung jener störenden Moirés werden Tiefpassfilter bei Fotosensoren optimiert. Der negative Nebeneffekt liegt darin, dass jeder Filter etwas Licht filtert. Dadurch nimmt (stark vereinfachend ausgedrückt) letztendlich die theoretisch mögliche Schärfe, der Kontrast, die Auflösung etwas ab.

Jegliche Moirés der Bayer-Matrix kann man inzwischen jedoch problemlos mit jeder modernen Software nachträglich am PC (z.T. auch lokal auf kleine Bildteile begrenzt angewandt) entfernen. Aber man muss sie zuerst einmal sehen. Dazu ist ein hochwertiger Monitor erforderlich. An vielen schlechten, alten, kleinen Monitoren sieht man keine Moirés. Auch kleine Fotos zeigen oft keine Moirés.

Der Effekt hängt somit von der Auflösung des Fotos und dem Darstellungsmedium ab. D.h. manchmal ist es sichtbar, manchmal nicht.

Denselben Moiré-Filter-Effekt kann man kameraintern dadurch erzielen, dass man einen speziellen (oder mehrere) Filter vorschaltet. Aber der reduziert - wie jeder Filter - die Schärfe / Auflösung etc. zumindest etwas. Schwächt man den Filter ab, wird auch die Wirkung auf Moirés geringer. D.h. mit einem statt mehreren Tiefpassfiltern (ist das Foto zwar etwas schärfer) kann es in Extremsituationen aber dennoch zu Moirés kommen.

Manche Kameras verwenden angeblich gar keinen Tiefpassfilter. (Das ist eine für Laien unüberprüfbare Behauptung.) Die meisten Kameras verwenden zumindest einen Tiefpassfilter. Manche auch mehrere.

Die Wirkung kann sich somit für den Fotografen unterscheiden. Aber das hängt alles von den Laborbedingungen ab. Diese stimmen jedoch nie mit der realen Fotosituation überein.

Pauschal kann man über den Daumen gepeilt festhalten, dass alte oder viele Tiefpassfilter hintereinander geschaltet die maximal mögliche Bildschärfe / Auflösung eines modernen Sensors etwas reduzieren. Aber dann muss das Objektiv schon sehr hochwertig sein. Billige Objektive mit geringen optischen Leistungen vor dem Sensor verschlucken viel mehr Licht und Schärfe. D.h. es kommt immer auf das Gesamtsystem an.

Fujifilms X-Trans-Matrix

Der Sonderfall Fujifilm mit seiner X-Trans-Matrix ist doppelt kompliziert: Die meisten mittelwertigen Kameras verwenden eine eigenen Fuji-Matrix ungleich der Bayer-Matrix über den Fotosensoren. Das ist eigentlich kein Tiefpassfilter. Aber es ist doch ein Farbfilter.

Da er viel mehr Grün-Anteile besitzt, kommt es zu anderen (negativen) Effekten als bei der Bayer-Matrix.

Da dieser Fuji-Filter jedoch massive andere Nachteile zeigt, wird er bei hochwertigen Kameras (z.B. Mittelformat) nicht verwendet. So einen bis heute nicht kontrollierbaren und vor allem in der Auswirkung nicht vorhersagbaren "Mist" (O-Ton eines erfolgreichen Berufsfotografen mit Mittelformat-Kamera) wollen Berufsfotografen nicht haben. Eben so wenig besitzen ganz billige Fujifilm-Kameras diese Fuji-Matrix, sondern verwenden ebenfalls die Bayer-Matrix.

Fujifilm behauptet nun - wie so oft ohne jegliche wissenschaftliche Belege oder auch nur Definition (was Moirés sind) -, dass bei ihrer Matrix absolut keine Moirés mehr auftreten.

Das ist jedoch je nach Definition von Moiré Unsinn. Denn der viel zu hohe Grün-Anteil der Fuji-Matrix führt zu sichtbaren und hässlichen grünen Rändern an Netzen / Netzstrukturen (Tor und Textilien etc.). Da diese ebenfalls regelmäßig auftreten, kann man sie zurecht auch als Moiré bezeichnen. Es ist nur eine andere Variante.

Ferner ist es extrem schwierig für Software-Hersteller, die Besonderheiten der Matrix von Fuji korrekt abzubilden, respektive jene Fehler herauszurechnen. Sie müssen als Fotograf dafür die sündhaft teure und keineswegs einfach zu bedienende oder moderne oder schnelle Software Capture One Pro kaufen, und jährlich für mehrere hundert Euro erneuern.

Und auch diese Software kann nicht immer alles korrigieren. Die anderen Pakete wie Lightroom etc. scheitern teilweise völlig und liefern bei Fuji entweder grünen Matsch bei Landschaftsaufnahmen oder diese störenden überschärften Farbartefakte an Gitterstrukturen, die leider so oft vorkommen wie die Moirés bei der Bayer-Matrix.

Wie so oft hat man sich einen Vorteil auf einem Gebiet durch mindestens einen weiteren Nachteil auf einem anderen Feld erkauft. So ist die Physik nun einmal.

Fazit

Je nach Fotosituation ist das Eine oder das Andere minimal vorteilhafter: Tiefpassfilter oder wenige / keine, Bayer-Matrix oder Fujifilm-Matrix.

Man kann jedoch mit allem leben, respektive sich damit fotografisch arrangieren.

Meines Erachtens machen derzeit viele Fotografen ihre Entscheidung für oder gegen Tiefpassfilter vom eigenen Fotostil abhängig:

Wer als Architektur- oder Porträt-, Beauty-, Modefotograf tätig ist, bevorzugt aufgrund häufiger regelmäßiger Strukturen und der damit verbundenen Moirés-Gefahr meist Tiefpassfilter, da man definitiv weniger nachbearbeiten muss. Zeitersparnis = Geld. 100% Schärfe ist nicht so wichtig.

Landschaftsfotografen mit unregelmäßigen Strukturen, bei denen erwartungsgemäß kaum Moirés auftreten, bevorzugen hingegen öfter Kameras ohne oder mit wenigen Tiefpassfiltern (oder ganz modernen wie bei de Canon 1DX III sowie Canon R1), da man dort mit sündhaft teuren Objektiven ein paar Prozent mehr Schärfe und Details herausholen kann. Kann(!) und nur bei RAW und nur in der manuellen Nachbearbeitung - aber nicht bei JPEGs.

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