Kamera-Geschwindigkeit
Begrenzende Faktoren für Kameras, Flaschenhälse bei digitalen Kameras.
Welche Geschwindigkeit zählt: Prozessor, Sensor, Verschluss, Puffer - Ökonomie und die Folgen für Sie.
Vorab
- Im Zusammenhang mit der im Oktober 2020 vorgestellten Nachfolgemodellen von Nikon Z6 II und Z7 II trudelten (vermutlich nicht nur) bei mir die E-Mail-Anfragen zur Leistung ein. Die Kernfrage lautete fast immer:
Warum ist eine Kamera mit zwei Prozessoren nicht doppelt so schnell?
- Deshalb will ich dieses interessante und keineswegs einfache Thema, das alle Kamerahersteller und alle -Modelle betrifft an dem aktuellen Beispiel dieser beiden Kameras von Nikon besprechen.
- Vermutlich wissen nur ganz wenige (technisch hochbegabte) Menschen bei allen Herstellern selbst, wie die genauen technischen Details der neuen Kameras aussehen. D.h. man kann von außen nur spekulieren.
- Aber anhand der von Nikon selbst über die Jahre publizierten Fakten und Datenblätter kann man aufgrund physikalischen und ökonomischen Wissens mittels educated guessing dennoch durchaus einiges mit hoher Wahrscheinlichkeit vermuten.
- Sehen Sie das Folgende somit mit einer gewissen kritischen Distanz und Augenzwinkern.
- Falls Spezialisten auf den jeweiligen kameraspezifischen Teilgebieten mir hierzu Rückmeldung geben könnte, wäre ich sehr dankbar. Aber bitte wirklich nur von derartigen Fachkräften.
Geschwindigkeit / Prozessorleistung
- Die beiden neuen Kameras Z6II und Z7II von Nikon verwenden beide einen
Dual Expeed 6 Prozessor
. D.h. es wird zweimal der identische Prozessor wie im Vorgängermodell auf das Motherboard der Kamera verbaut.
- Daraus dürfen allerdings keine falschen Schlüsse gezogen werden: Zwei Prozessoren weisen aufgrund des hohen Aufwandes zur Parallelisierung bereits in der Theorie meist nur maximal 180% Leistung eines Prozessors auf. In der Anwenderpraxis bleiben davon meist nur ein Plus ca. 50% übrig - bestenfalls. Daraus folgt, dass man von zwei parallel arbeitenden Prozessoren in der Regel nicht die doppelte Leistung erwarten darf.
- Aber selbst, wenn man von meinen aus der PC-Erfahrung konservativ geschätzten Werten von nur rund 50% Leistungssteigerung ausgeht, ist man bei diesen neuen Modellen Z6II und Z7II von Nikon doch etwas über die sehr geringe Leistungszunahme in vielen Bereichen erstaunt.
- Die Serienbildgeschwindigkeit der Z7 stieg nominal von 9 auf 10 Bilder in der Sekunde, wobei man marketing-technisch wieder einmal extrem trickste: 10 Bilder je Sekunde werden nur bei 12 Bit Farbtiefe angeboten. Bei den alten 14-Bit, welche jeder wirklich an Bildqualität interessierte ambitionierte Fotograf weiterhin verwenden will, bleibt es bei den 9 Bildern je Sekunde der alten Z7 (Mark I).
- Die Serienbildgeschwindigkeit der Z6 stieg nominal von 12 auf 14 Bilder in der Sekunde, wobei man marketing-technisch trickste: 14 Bilder je Sekunde werden nur bei 12 Bit Farbtiefe angeboten. Bei den alten 14-Bit, welche jeder wirklich an Bildqualität interessierte Fotograf verwenden will, stieg die Zahl der Bilder je Sekunde von 9 auf 10 bei der neuen Z6II.
- Beim besten Willen kann man da nur 10-20% Leistungszuwachs herausrechnen respektive hineininterpretieren. Und dies gilt auch nur nominell - also unter idealen Laborbedingungen, die in der Fotopraxis sowieso selten erreichbar sind.
- Ferner gilt dies nur, wenn man die im Endergebnis sichtbar geringere Bildqualität von 12 Bit verwendet. Dabei bleibt jedoch von dem Vorteil des Sensors bezüglich seines gelobten Dynamikumfanges nichts mehr übrig. Den hohen Dynamikumfang erhält man (bei beiden Sensoren mit 24 und 45 MP) nur bei 14 Bit. Bei 12 Bit liegt der Dynamikumfang maximal gleichauf mit dem 12-Bit der anderen Prozessoren anderer Kameramodelle und definitiv unter den 14-Bit-Bildern anderer Kameras.
- Hinweis:
- Es mag durchaus sein, dass Sie mit Ihren Augen, an Ihrem Monitor oder bei Ihrer Ausbelichtung an bestimmten Motiven den Unterschied zwischen 12-Bit und 14 Bit nicht erkennen. Aber er ist nicht nur messbar, sondern vor allem bei größeren Monitoren und großflächiger Ausbelichtung sichtbar.
- Selbst 14-Bit-Farbtiefe sind für viele Mittelformatkameras zu wenig. Deshalb ging man dort vor Jahren bereits zu 16-Bit-Dateien über.
- Nur 12-Bit-Farbtiefe sind folglich ein signifikanter Rückschritt.
- Wer mit 12-Bit-Fotos zufrieden ist, der sollte sich jedoch ernsthaft überlegen, ob er wirklich so viel Geld für teure, schwere, großvolumige Vollformat-Kameras mit ebensolchen Objektiven und unbedingt dem höchsten theoretisch möglichen Dynamikumfang des Sensors (der nur bei 14 Bit geboten werden kann) ausgeben will.
- Mit anderen Worten: Wer sich ernsthaft im Bereich Vollformat bewegt, sollte in fast allen Fällen 14 Bit verwenden. Sonst lohnt sich der Aufwand meist nicht.
Daraus folgt die logische Frage, woran die geringer als erwartete Geschwindigkeit liegen könnte, oder - mit anderen Worten - wo die Flaschenhälse zu finden sind?
Verschluss
- In diesem Video bei 13:35 Minuten (bis 15:00) hört man den neuen Verschluss der Z7II im Vergleich zur Z7 (Mark I). Er klingt anders als beim Vorgängermodell.
- Der Tester, welcher im direkten Vergleich die Vorgängerkamera testete, erklärte, dass auch der Rückschlag, also die Erschütterung (Shutter Shock) des neuen Verschlusses geringer wäre. Somit darf man von einem veränderten / neuen Verschluss ausgehen - auch, wenn Nikon sich dazu in Schweigen hüllt.
- Einschränkend muss man allerdings erwähnen, dass es sich dabei um ein Vorserienmodell handelte. Diese müssen nicht in allen Details mit den Serienprodukten übereinstimmen.
- Physikalisch lässt sich der andere Klang des neuen Verschlusses am einfachsten damit erklären, dass man die Masse der beweglichen Teile reduziert hat. Das führt zu einem geringeren Impuls (geringere Erschütterung). Überdies kann natürlich eine besondere, neue Abbremsvorrichtung unten hinzukommen, welche die beiden Verschlussvorhänge (ja, es sind tatsächlich zwei) weicher auffängt als bisher.
- Aber eine geringere Masse des Verschlussvorhangs lässt sich auch schneller beschleunigen. Dadurch lassen sich u.a. die etwas höheren mechanischen Verschlusswerte der Serienbildgeschwindigkeit erklären.
- Viele Fotografen verwechseln hierbei etwas respektive vereinfachen den Ablauf.
- Es geht nicht nur um die 1/8.000 Sekunde kürzeste Verschlusszeit, sondern um den gesamten Prozess, den der Verschluss bei jeder Aufnahme durchlaufen muss.
- Beide Vorhänge müssen in die richtige Position (meist oben) gebracht und vorgespannt werden.
- Stellen Sie sich den ganzen Ablauf stark vereinfacht so wie ein altes Katapult vor, das man für den nächsten Schuss zuerst wieder nach hinten klappen und spannen muss.
- Dann erst erfolgt die Auslösung, bei welcher zwei Vorhänge nacheinander nach unten sausen.
- Erst saust der verschließende Vorhang nach unten und (er-)öffnet so die Belichtung. D.h. der den Sensor zuerst verdeckende Vorhang fährt nach unten und lässt Licht auf den Sensor fallen.
- Dann fährt der zweite Verschlussvorhang nach unten und verdeckt den Sensor wieder. Er dunkelt ihn wieder ab und sperrt das Licht aus.
- Daraus folgt, dass es sich immer um vier hörbare Vorgänge handelt: Auslösen des öffnenden Vorhangs oben, Auffangen des öffnenden Vorhangs unten, Auslösen des zweiten Vorhangs oben und dann Auffangen des zweiten Vorhangs unten im Verschluss.
- Da das Herunterfahren sehr schnell durchgeführt wird, erscheint der Start oben und der Anschlag unten den meisten Menschen als ein Laut / eine Erschütterung. Zumindest bei langen Belichtungszeiten kann man deshalb zwei separate Vorgänge hören.
- Je kürzer die Belichtungszeit, desto enger rücken die zwei Vorgänge zusammen und erscheinen oft als ein zusammenhängendes Geräusch.
- Neben stärkeren Motoren hilft vor allem eine geringere Masse bei der schnelleren Bewegung. Das schließt jedoch weitere Detailverbesserungen am Verschluss nicht aus.
- Während bei DSLRs früher der schwere und langsame Spiegel das System extrem ausbremsen konnte, ist es heute der übrig gebliebene mechanische Verschluss. Da darf man auch keine Wunder des Fortschrittes mehr erwarten. Selbst in absehbarer Zukunft wird es vermutlich keine 20 Bilder je Sekunde mit mechanischem Verschluss in herkömmlichen Kameras geben.
- Zwar sind in Laborumgebungen 1/16.000 Sekunde Belichtungszeit mit ganz speziellen mechanischen Verschlüssen möglich. Aber diese erzielen nicht die lange Lebensdauer von bis zu 500.000 Auslösungen, welche heute in der Fotopraxis erwünscht ist.
Puffer
- Auffällig zugenommen haben die Puffer beider Kameras Z6II und Z7II, die spielend 2- bis 3-Mal so viele Bilder aufnehmen als deren Vorgänger, bevor die Kamera den Aufnahmeprozess der Serienbilder drastisch verlangsamen muss, damit der volle Puffer auf die Karte geschrieben werden kann.
- Fast alle Tester schieben das bisher auf die zwei Prozessoren. Das kann natürlich sein, da dort auch Pufferspeicher eingebaut ist.
- Aber genauso gut kann es sein, dass man zusätzlich einfach den Pufferspeicher vergrößert hat. So teuer sind diese Bausteine nun auch wieder nicht.
- Das bedeutet, dass man jenen Flaschenhals der Vorgängermodelle einfach durch mehr Speicher gelöst hat. Gut. Aber nicht technisch überwältigend.
- Beides zeigt allerdings, dass dies ein anderes Thema ist. Wir kommen weiter unten noch auf ganz andere Speichermöglichkeiten.
- Ferner kann auch an dieser Hardware nachträglich nichts mehr durch Firmware-Updates optimiert werden. Weder wird der Pufferspeicher größer noch schneller. Das ist physikalisch unmöglich - wird dennoch gerne in den Foto-Foren behauptet.
Weitere Engstellen
- Wie ich in anderen Artikeln bereits moniert habe, verfolgen die Kamerahersteller noch immer die aus meiner Sicht falsche, weil völlig veraltete Strategie der speziellen Hardware-Bausteine. D.h. sie beziehen von meist kleinen Drittherstellern speziell auf eine bestimmte Aufgabe in der Kamera optimierte Bausteine, die nur in geringer Stückzahl produziert werden.
- Zum Verständnis sei die andere Denkweise kurz dargestellt, die man bei PCs oder den Smartphones findet. Dort greift man für alle Aufgaben auf inzwischen drei allgemeine Bausteine zu, die aber austauschbar sind. So verwendet man heute in modernen Smartphones eine CPU (Central Processing Unit) für die allgemeinen Rechenaufgaben, da sie das am besten kann, eine GPU (Graphics Processing Unit) für alles, was mit der grafischen Bearbeitung rund um das Foto sowie deren Darstellung zu tun hat, und schließlich eine NPU (Neuronal Processing Unit) für alle Aufgaben der Künstlichen Intelligenz und der Computational Photography. Der Vorteil liegt darin, dass für jeden Baustein draußen ein großer freier Markt an Anbietern existiert, welche den Fortschritt rasant vorantreiben und die Preise je Stück dank gigantischer Produktionszahlen und Skaleneffekte senken. Nur so ist es möglich, die in der Regel jährlich großen Leistungssprünge bei Smartphones zu erzeugen.
- Allerdings funktioniert dies nur, weil man sich dort auf Datenbusse und Protokolle geeinigt hat. Exakt dies scheint mir ein weiterer wichtiger Punkt bei den langsamen Kameras zu sein. Die Motherboards und Datenbusse sind erstaunlich langsam und veraltet. So ist mir überhaupt nicht klar, warum man alte langsame Controller verwendet, um Daten auf die Speicherkarten zu verschieben. Bereits die heute verfügbaren Speicherkarten könnten wesentlich höhere Serienbildgeschwindigkeiten erlauben, als wir tatsächlich in Kameras angeboten bekommen.
- Daraus folgt, dass ich auch hier - also im Bereich Datenbusse, Controller, Einzelbausteine etc. mehrere Flaschenhälse vermute, welche weitere Leistungssteigerungen der beiden neuen Kameras beschränken.
- Vergessen Sie in Bezug auf Kameras alles, was Sie über die PC-Motherboards oder gar Grafikkarten und deren Datenbusbreiten und Standards sowie Leistungen kennen. Die Kamerahersteller sind davon weit entfernt.
- Das beste Beispiel ist das Thema m.2-SSD. Dabei handelt es sich um inzwischen hyperschnelle Solid State Disks. Diese sind sehr klein, flach und leicht sowie ohne mechanische Teile, welche verschleißen können. Erschütterungen machen ihnen kaum etwas aus. Die Datentransferleistung ist beeindruckend. Bereits 2020 waren bis zu 7 Giga-Byte beim Schreiben und Lesen möglich - im Sinne von käuflich weltweit frei und preiswert erwerbbar. Wenn man diese in die Kamera einbauen würde, dann wären für einen Preis unter den heutigen auswechselbaren Speicherkartenpreisen der modernen Kameras 2-6 Tera-Byte an Datenspeicher in der Kamera möglich. Dieser könnte sogar mit 30 Bildern in der Sekunde bei 16 Bit Farbtiefe ohne Pufferprobleme - also bis die SSD voll wäre - beschrieben werden. Zu Hause kann man das alles mittels WiFi oder 10 Giga-Bit-LAN-Kabel schnell auf den PC übertragen.
- Aber exakt das ist die Probleme: das langsame Motherboard der Kameras, die schmalen Datenbusse, die alten Schnittstellen und langsamen Controller etc. So wird bis heute für mich unverständlich völlig veraltete Technik in neueste Kameras verbaut, die dann beim Kunden 5-10 Jahre arbeiten sollen. Da gehört nun wirklich nur das Allerneueste hinein, damit es halbwegs zukunftssicher ist. Deshalb kritisiere ich seit Jahren Bluetooth 4.# oder eingeschränktes WLAN oder winzige und zudem nochmals technisch beschränkte HDMI-C-Stecker / -Controller sowie Uralt-USB-Anschlüsse und fehlende oder langsame LAN-Kabel-Anschlüsse.
Sensor
- Das im Zentrum des Interesses der Fotografen stehende Bauteil ist oft die unbekannte, langsame Schwachstelle, welche vieles ausbremst.
- Auffällig ist, dass bei beiden Vorgängermodellen - der Nikon Z6 und Z7 (Mark I) - bereits die Werte der Serienbildgeschwindigkeiten für
Stille Auslösung
(siehe z.B. das kombinierte deutsche Handbuch Z6 / Z7 S. 82) unter denjenigen der mechanischen Verschlüsse lagen. Da der Sensor der Nachfolgemodelle Z6II und Z7II derselbe geblieben ist, wird sich daran nicht viel geändert haben. Zumindest hat Nikon dies nicht in der Werbung irgendwie erwähnt. Eine Verbesserung wäre sicherlich erwähnt worden.
- Dies wird dadurch ergänzt, dass Nikon für diesen Sensor angibt, dass die kürzeste Belichtungszeit mit elektronischem Verschluss bei 1/2.000 Sekunden liegt (siehe z.B. das kombinierte deutsche Handbuch Z6 / Z7 S. 260). Das war bereits bei den Modellen Mark I im Jahr 2018 ein erstaunlicher mäßiger Wert.
- Beides lässt sich nur mit der sehr langsamen Auslesegeschwindigkeit des Sensors begründen.
- Folglich kann man ableiten, dass in diesem Fall der Sensor zumindest ein begrenzender Faktor ist.
Physik
- Erfahrene Leser wissen, dass ich bezüglich der Sensoren und anderer Hardware immer darauf hinweise, dass man in der Physik für einen Vorteil mindestens einen Nachteil an mindestens einer anderen Stelle ertragen muss.
- In meinen Vorlesungen erkläre und zeige ich das gerne bildlich mit einem Bindfaden: Nehmen Sie einen beliebig langen Bindfaden (sagen wir der Einfachheit halber ca. 50 cm), knoten Sie die Enden zusammen und legen Sie ihn auf den Tisch. Nun können Sie als Physiker / Entwickler, Sensortechniker diesen Faden gerne in alle denkbaren Formen ziehen und zerren. Exakt das machen die Forscher und Entwickler auch. Sie können einen Kreis, eine Ellipse, ein Dreieck, ein Rechteck, ein Quadrat oder Vielecke bilden. Das ist Ihnen völlig freigestellt. - Das hängt nur von Ihren Wünschen ab. - Zugegeben, nicht ganz: Bei Firmen legt meist ein Produktmanager aufgrund von Marktanalysen einige Eckpunkte fest. - Das Ergebnisbild bestimmt Ihre individuelle Charakteristik - also die Detail-Eigenschaften - des Sensors.
- Da jedoch alle Sensorhersteller mit demselben Wasser kochen, also denselben Bindfaden in ungefähr der derselben Länge verwenden, können weder Sie noch deren Techniker zaubern. Sie müssen sich entscheiden. Für einen Vorteil z.B. beim Dynamikumfang müssen Sie mindestens einen Nachteil an einer anderen Stelle in Kauf nehmen.
- Nikon schien sich bei den alten Sensoren mit 24 und 45 Mega-Pixel für einen größeren Dynamikumfang entschieden zu haben, da dieser sich in der Bildqualität auswirken kann.
Kann
, aber nur unter bestimmten Bedingungen wie z.B. 14-Bit-Farbtiefe und niedrige ISO-Zahl und hochwertiges Objektiv und meist auf dem Stativ etc.
- Da diese alten Sensoren eindeutig ausschließlich für DSLR-Kameras mit Spiegel und folglich mechanischem Verschluss konzipiert wurden, legte man auf den elektronischen Verschluss und somit eine extrem schnelle Auslesegeschwindigkeit des Sensors keinen besonderen Wert. Wenn der schwere und langsame Spiegel die Serienbildgeschwindigkeit beschränkt, muss man wirklich nicht an anderer Stelle sinnlos optimieren. D.h. man
opferte
(für DSLR-Kameras durchaus sinnvoll) etwas damals nicht Benötigtes für einen damals wertvollen Vorteil.
- Der 24-MP-Sensor der Z6 / Z6II stammt meines Wissens aus der D750, die im Oktober 2014 eingeführt wurde, und der 45 MP-Sensor der Z7 / Z7II aus der D850, die im September 2017 angeboten wurde. Wenn man die üblichen 2-4 Jahre von der Erstkonzeption, über die Entwicklung bis hin zur Produktion bedenkt, dann kommt man auf die Jahre 2012-14 für die Entscheidungsfindung. Damals lag spiegelloses Vollformat noch weit außerhalb der Vorstellungswelt der Nikon-Top-Manager, da sie mit den klassischen DSLRs noch ungeheure Gewinne erwirtschafteten.
Ökonomie
- Das Vertrackte bei der längerfristig vorzubereitenden Technik ist das nicht selten im Vorstand großer Konzerne anzutreffende Unverständnis für die Komplexität der Technologieentwicklung.
- In Nikons Fall kam es noch unglücklicher: 2017 kam es zu einer internen Revolte, die sogar öffentlich ausgetragen wurde. - Bis dahin ein Unding für fast hermetisch abgeschlossene japanische Firmen. Die Anhänger der spiegellosen Systeme gewannen die Oberhand.
- Dann brach nicht nur für Nikon, sondern auch für alle anderen DSLR-Hersteller, unerwartet 2018 der Markt für Kameras mit Spiegel erst ein und dann in den USA fast zusammen. Sony zog im Hauptmarkt USA allen Mitbewerbern mit seinen spiegellosen neuen Mark III-Modellen davon.
- In einer Panikreaktion entschied Nikon, ohne wirklich ausentwickelte Kameras oder Objektive - da lagen nur die üblichen internen Labor-/Test-Modelle vor - im Sommer 2018 im Bereich Vollformat mit spiegellosen Kameras und Objektiven einzusteigen, um das eigene Weihnachtsgeschäft zu retten und um die hohe Zahl der Kundenabwanderungen zu Sony und Fuji zu begrenzen.
- Da es allen Firmen jedoch im rasanten Sturzflug der Fotoindustrie seit 2010 immer schlechter ging, wurde damals bereits überall gespart - mit drastischen Sparmaßnahmen auch bei Forschung und Entwicklung. D.h. es lagen keine speziellen Sensoren für spiegellose Vollformat-Sensoren vor. Ähnlich traf es damals übrigens Canon mit seinen ersten Modellen.
- Aufgrund dieses überstützten Eintrittes 2018 bei spiegellosen Vollformat-Kameras musste man die alten Sensoren mit einer anderen Autofokus-Maske, die man oben drauf montierte, weiterverwenden. Und da zeigten sich die Nachteile der alten Sensoren - bis heute.
- Hinzu kam, dass Nikon viel zu optimistisch viel zu große Optionen und Vorbestellungen für beide Sensoren getätigt hatte, die man nun abnehmen musste oder Strafzahlungen hätte entrichten müssen. Das Controlling bei Nikon war aber aufgrund des Sparzwanges gegen Schadenersatzzahlungen. Folglich nahm man die Sensoren von Sony ab und verwendete sie weiter.
- Hinzu kam, dass man sich mit dem Partner Sony, der sich unfair verhielt und Nikon-Mitarbeiter aus der Sensorentwicklung abwarb, verstritt. D.h. weder Sony noch Nikon forcierten damals die gemeinsame Entwicklung neuer Prozessoren. Sony nutze das Wissen der abgeworbenen Nikon-Techniker nur dazu, seine eigenen Kameras und Sensoren zu optimieren, die man Nikon teilweise auch bewusst vorenthielt (z.B. die Sensoren für die Alpha 9 und den für die A7RIV mit 60 MP). Nikon orientierte sich deshalb langsam zum Sensor-Hersteller TowerJazz um.
Folgen
- Diese langsame Auslesegeschwindigkeit der beiden eindeutig veralteten Sensoren, die zudem für DSLRs konzipiert wurden, ist heute sowohl bei der Z6II als auch der Z7II der engste Flaschenhals.
- Moderne Sensoren, wie sie z.B. in der Canon R5 und R6 oder vielen Sony-Kameras verwendet werden, sind auf hohe Auslesegeschwindigkeit getrimmt. Diese erlaubt mit dem rein elektronischen Verschluss bis zu 20 Bilder in der Sekunde.
- Daraus folgt, dass diese beiden Sensoren der Z7II und Z6II definitiv am Ende der Entwicklung stehen. Da darf man nichts mehr erwarten. Da kann auch durch Firmware-Updates keine gravierende Beschleunigung mehr erzielt werden, wie so manche enttäuschten Nikon-Fans in Foren munkeln. Es sei denn, man senkt die sowieso bereits bedenklich geringe 12-Bit-Farbtiefe noch weiter auf 11 oder sogar 10 Bit ab. Hätte man das jedoch gewollt oder gekonnt, so hätte man es sicherlich bereits angeboten.
- Dass selbst Nikon das so sieht, erkennt man daran, dass seit einiger Zeit ein Gerücht die Runde macht, dass dies definitiv der letzte Sensor mit 24 Mega-Pixeln war, den Nikon bei Sony fertigen lies. Der Nachfolger Z6III wird (in ca. 2 Jahren) einen ganz anderen Sensor erhalten.
- Exakt das hatte ich auch 2018 vorausgesagt: Es wird mindestens 4-5 Jahre dauern, bis man wirklich perfekt auf das neue System optimierte hochwertige neue spiegellose Kameras von Nikon erhalten kann.
- Jedoch hat dies keine direkten Auswirkungen auf Ihre Fotografie. Sofern die definitiv grundsoliden Z6II oder Z7II Ihre persönlichen Anforderungen erfüllen, sollten Sie bereits heute zugreifen. Es handelt sich um sogenannte Opportunitätskosten. Denn zwei Jahre Freude an der Fotografie sollten es Ihnen Wert sein.
Vorteile und Potentiale hoher Rechenleistung
Die doppelte Anzahl oder sogar noch mehr an Prozessoren kann ihre Rechenleistung jedoch in einigen Fällen positiv ausspielen:
- Reserven in der Rechenleistung sind immer gut, sofern man Software (Firmware) updatet. Wir alle kennen das negative Symptom, dass mit jeder neuen Software-Version der PC langsamer wird. Das ist auch bei Kameras so.
- D.h. zwei Prozessoren bieten dann noch Reserven für spätere Software-Verbesserungen. Zu denken wäre hier an den erweiterten Augenautofokus z.B. für fliegende Vögel oder fahrende Motorräder etc.
- Vor allem zeigen sich Vorteile, sofern Arbeiten parallelisierbar sind. Dazu muss als erstes die Software jedoch perfekt programmiert sein (heute eher selten). Ferner müssen die Datenlieferanten sowie die Datenabnehmer (Schnittstellen) auch damit umgehen können. Sonst staut sich alles wieder dort.
Fazit
- Mir ist bewusst, dass dies ernüchternd klingt und auch ist. Aber das ist das generelle Problem jeder Hardware. Sie veraltet - täglich. Zukunftssicherheit ist in unserer schnelllebigen Zeit mit ihren in vielen Details rasanten technologischen Weiterentwicklung ein Wunschtraum.
- Letzteres ist auch der strategische Nachteil der dedizierten Kameras mit ihren von vielen Fotografen und Videografen als Langzeit-Investition angesehenen Ausgaben in Objektive und Zubehör. Smartphone-Hersteller haben es da einfacher: Sie werfen im Zweifel jedes Jahr alles Alte einfach komplett über Bord und verwenden etwas ganz Anderes - Neues. Der Grund liegt darin, dass sie erkannt haben, dass sich die Käuferpsychologie verändert hat und immer weniger Menschen Interesse an Systemen haben.
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