Moderne Objektive - software-korrigierte Objektive

vg

Mythos Optik, oder ernüchternde Einsichten spiegelloser Kameras in Computational Photography der neuen Bajonette. - Kamera-Software verändert unkontrollierbar das Bildergebnis.

Die Überschrift dieses Artikels könnte auch software-korrigierte Objektive lauten. Allerdings wäre dies sicherlich für manche Leser etwas missverständlich, da Objektive schon seit Jahrzehnten nicht mehr von Hand oder mit dem Rechenschieber oder dem Taschenrechner berechnet und konzipiert sowie optimiert werden, sondern bereits bei der Konstruktion Computer und diverse Software eingesetzt wurden. Gemeint ist in diesem Artikel hingegen mit Software-Korrektur moderner Objektive, dass jedes einzelne Foto nach der Aufnahme, aber noch in der Kamera - vor dem Abspeichern der Datei - je nach den Kameraeinstellungen sowie den Objektiveigenschaften optisch korrigiert und optimiert wird. D.h. in modernen Objektiven korrigiert die Kamera-Software die vorhandene Objektiv-Hardware, wegen deren Mängel.

Im englischen Sprachraum wird dieses unerfreuliche Kapitel u.a. unter den Stichworten in camera lens correction sowie in camera lens compensation abgehandelt.

Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle bei modernen Objektiven behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.

Grundlagen

Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich hier nicht mehr alle Details aus anderen Artikeln wiederholen kann, welche zum Verständnis der Grundlagen erforderlich sind. Bitte lesen Sie deshalb ggf. dort die Einzelheiten nach:
Die Computational Photography und künstliche Intelligenz im Fotobereich: Wie man mit Rechenleistung und Software die Bildqualität optisch minderwertiger Objektive anheben kann.
Die Anwendung der Computational Photography und künstliche Intelligenz in Smartphones zur Erzeugung beeindruckender Bildqualität.
Was ist ein Bajonett heute wirklich. Kurzform: Eine hochkomplizierte Elektronik-Schnittstelle.
Die Objektive - Verzeichnis der lieferbaren Objektive zu den verschiedenen Bajonetten der meisten Hersteller - mit Analysen und Erklärungen.

Auch zu grundlegenden physikalischen Fragen der Optik wie monochromatische und chromatische sowie sphärische Aberration (Abbildungsfehler eines Lichtpunktes, die zu Unschärfe oder Farbfehlern führen), Vignettierung (Randabschattung), Beugungseffekte, Streulicht, Kissen- und Tonnenverzerrung (Verformung von Geraden), Focus-Breathing (Bildwinkelveränderung beim Fokussieren bei gleichbleibender Blende) sowie Brennweiten-Atmung (Focal-Length-Breathing) bei Zoom-Objektiven in Abhängigkeit vom Motivabstand von der Kamera etc. muss ich aus Platzgründen auf andere eigene Artikel (siehe hierzu u.a. meine integrierte Suchmaschine oben) sowie externe Quellen verweisen.

Die optisch-elektronische Wende 2018

Optik

Zur analogen Zeit gab es keine Möglichkeiten, Objektive zu manipulieren. Die Qualität des Objektives wurde exakt auf den analogen Film abgebildet. Wer dies korrigieren wollen, musste dann bei der Ausbelichtung im chemischen Labor manuell bei jedem Einzelbild ansetzen. Bei Dias und auch allen preiswerten Negativ-Filmen wurde das jedoch in den für alle Filme aller Kameras und aller Objektive standardisierten Automatikprozessen nie getan.

Solange es DSLRs gab - also Kameras, welche das durch das Objektiv fallende Licht nur mit einem Spiegel (ggf. mit Pentaprisma) in den rein optischen Sucher warfen -, war es auch im digitalen Zeitalter praktisch entweder ausgeschlossen oder zumindest extrem aufwändig, irgendwelche Objektivfehler kameraintern elektronisch nachträglich zu korrigieren. D.h. man konnte die Objektivqualität respektive Objektiv-Fehler durchaus zumindest im Sucher sofort erkennen.

Was es jedoch bereits früh gab, waren manche Versuche, gewisse Korrekturen - nach der Aufnahme - in der Kamera im JPEG-Bild anzubringen. Gedacht waren sie zuerst vor allem für Anfänger und Einsteiger. Deshalb fand man sie zuerst vor allem auch in preiswerten Kameras. Aber seit ca. 2010 wandte Nikon dies auch auf seine DSLRs zur Korrektur zumindest der lateralen chromatischen Aberration in JPEGs an.

Spiegellose Kameras besaßen jedoch entweder den Live-View auf dem rückwärtigen Display (z.B. alle Pocket-Kameras) oder Systemkameras in ihrem elektronischen Sucher (EVF).

Je leistungsstärker die Prozessoren wurden, desto umfangreicher wurden die Korrekturmaßnahmen - zuerst jedoch fast nur im Dateiformat JPEG. Dann jedoch auch langsam bei RAW.

Der durchschlagende Erfolg kam erst, als leistungsstarke Prozessoren bereits vor der Aufnahme alle Korrekturen durchführen konnten, sodass sie auch im Sucher respektiv im Live-View auf dem rückwärtigen Display (bei DSLRs) vor der Aufnahme sichtbar waren. Seit damals kann man praktisch auch in RAW-Fotos Korrekturen anbringen - also Objektivfehler korrigieren und dem Fotografen verheimlichen.

Weil die Nachteile für den Kunden auch erheblich waren, distanzierte sich Kazuto Yamaki, Chief Operating Officer der Objektivhersteller Sigma 2011 noch ausdrücklich von diesen Tricks: It's not without its drawbacks, he says: 'it's also true that doing this deteriorates the image quality if we correct them with image processing. It may not be very obvious if you look at the images in small format, but it becomes recognizable when enlarged. In the case of users who are very, very insistent on top image quality, they may not be 100% satisfied with such images.' As a result, no Sigma lenses currently require software correction.
Die Nachteile werden bei größeren Fotos sichtbar: Es ist nicht ohne Nachteile, sagt er: 'Es ist auch wahr, dass dies die Bildqualität verschlechtert, wenn wir die Objektive mit der [kamerainternen] Bildverarbeitung korrigieren. Es mag nicht sehr offensichtlich sein, wenn Sie die Bilder in kleinem Format betrachten, aber es wird erkennbar, wenn es vergrößert wird. Benutzer, die auf höchste Qualität bestehen, sind mit solchen Bildern möglicherweise nicht 100% zufrieden.' Daher erfordern derzeit keine Sigma-Objektive eine Softwarekorrektur.

Elektronik

Hingegen gab Olympus als Teil der Micro-Four-Thirds-Allianz bereits 2011 in einem Interview zu, dass man exakt diesen elektronischen Sucher gewählt hatte, um an der optischen Qualität der Objektive zu sparen, damit man dadurch leichtere und kleinere Objektive herstellen konnte: 'this lens distortion correction by software enables us to greatly reduce the length and volume of a lens, and gives manufacturers flexibility of small and light weight designs.'

Panasonic ging bei seinen Objektiven der Micro-Four-Thirds-Klasse sogar früh einen Schritt weiter und korrigierte neben geometrischen Verzerrungen auch die chromatische Aberration (Farbränder) durch Software - und gab diese Informationen an die RAW-Dateien weiter.

Aber 2011 handelte es sich bei allen in den USA getesteten Modellen verschiedener Hersteller noch nachgewiesen um Zusatzdaten (sogenannte sidecars) zu den RAW-Dateien und nicht komplett umgeschriebene / korrigierte RAW-Dateien. (Deshalb lieferte früher auch jeder RAW-Konverter andere Bild-Ergebnisse: Die einen konnten die Zusatzinformationen lesen, die anderen nicht. Manche Software am PC - wie Adobe - bot dann eigene Korrekturhilfen an.) Aber bereits 2011 hielt man kritisch für die Zukunft fest: So this may not always be the case in the future.

Einen ähnlichen Weg beschritt mit seinen neuen spiegellosen Kameras Sony, die größte Probleme hatten, eigene hochwertige Objektive herzustellen und dazu bis heute auf die Hilfe der Firma Zeiss angewiesen sind. Spätestens 2015 wurden massiv RAW manipuliert: the proof that the correction of CAs can't be disabled for RAWs und: the correction of chromatic aberrations can be deactivated for RAWs when there is a lens corrections profile for the used lens contained in the installed firmware. Manchmal wird die RAW-Datei korrigiert, manchmal lässt es sich abschalten. Auch bei Fujifilms APS-C-X-Serie fiel dies auf, vor allem weil dort deren Fotografen gerne alte analoge Objektive mit Adaptern an die Kamera schraubten. Dort wurden zunehmend die alten Objektive besser - und zwar ständig immer weiter mit fast jedem Firmware-Update an derselben Kamera.

Als zuerst Nikon und zwei Wochen darauf auch Canon im Spätsommer 2018 ihre neuen Bajonette (Nikon Z respektive Canon R) einführten, übte ich als Einziger heftige Kritik an fast allen Details - vor allem der Werbung.

Nikon belog die Welt mit physikalisch völlig unhaltbaren Behauptungen (die deren Techniker wenige Monate später auch offiziell zurücknehmen mussten), dass erst mit ihrem neuen Z-Bajonett neue S-Objektive möglich wären mit früher angeblich nicht herstellbaren Lichtwerten von F1,4 und darunter. - Aber auch Canon wurde nicht müde, bald darauf die optischen Vorteile seiner neuen RF-Objektive zu preisen.

Daraufhin traten weltweit die (bezahlten) Influencer auf, welche seitdem ständig gebetsmühlenartig erklärten, dass die optischen Eigenschaften der neuen Objektive bei Offenblende F1,8 bereits höher wären als diejenigen der früheren Objektive bei f1,4 respektive der Vorgängermodelle bei Offenblende f1,8.

Hier will ich mich nicht über den physikalischen Unsinn der Vergleiche der optischen Bildqualität zwischen F1,8 und F1,4 lange auslassen. Kurzfassung: F1,4 ist viel schwerer hochwertig herzustellen als F1,8, weil die physikalischen Hürden größer sind.

Auch über den marketing-technischen Unsinn der Gleichsetzung von F1,4 mit F1,8 will ich hinwegsehen. So ist das Marketing. Kenntnisse der Physik sind in dem Berufsfeld nur hinderlich.

Mich störte bereits damals der Punkt optische Leistung.

Erste zaghafte Erkenntnisse und Publikationen

Immer mehr Fotografen weltweit fiel in den Jahren nach dem Umstieg auf spiegellose Kameras auf, dass die erzielte Bildqualität der neuen Objektive tatsächlich höher lag, vor allen in den Rand- und Ecken-Bereichen.

Aber einigen fiel auch auf, dass dies nicht nur optisch erzeugt wurde, sondern elektronisch. So wurde z.B. die vor allem in den Ecken bei allen lichtstarken Objektiven erkennbare Vignettierung (Randabschattung) nicht optisch behoben, sondern durch einfache (software-technische) Anhebung der Helligkeit um nicht selten bis zu 2 Blenden in den Randbereichen.

Ist doch egal, werden manche Fotografen nun sagen. Hauptsache die störende Vignettierung ist weg. - Nicht ganz. Denn durch diesen rein elektronischen Trick wurde das Rauschen in jenen Bereichen auch um 2 Blenden erhöht. Und dadurch wiederum wurde der Spielraum für Nachbearbeitungen in anderer Software drastisch eingeschränkt.

Viel schlimmer ist jedoch, dass viele das nicht wissen und die wenigen, welche es wissen, es nicht abstellen können. - Korrekt gelesen. Der Kamerahersteller führt ungefragt Software-Bildnachbearbeitung durch, die Sie nicht verhindern können - nie.

Die neuen Bajonette

Liest man sich die Publikationen zu den neuen Bajonetten für spiegellose Kameras der beiden Marktführer Nikon und Canon durch, so fällt auf, dass beide als wichtiges Argument für den Wechsel der alten Bajonette gegen neue anführten, dass nun wesentlich mehr Daten über wesentlich mehr Kanäle in wesentlich kürzerer Zeit zwischen Kamera und Objektiv ausgetauscht werden können.

Das hat erstaunlicher Weise überhaupt nichts mit den Marketing-Parolen über den Spiegel zu tun. Spiegellose Kameras hätte man problemlos auch mit den jeweils alten Bajonetten beider Hersteller bauen können. Schließlich funktionierte der technisch identische LiveView bei hochgeklapptem Spiegel ja auch schon seit vielen Jahren in allen DSLR-Kameras.

Wenn man etwas über die früheren Bajonette nachdenkt, so waren sie Schnittstellen zwischen Kameras und Objektiven, welche die wichtigsten Funktionen erfüllten: Sie meldeten u.a. die eingestellte Blende des Objektives an die Kamera oder stellten die von der Kamera gewünschte Blende am Objektiv ein. Sie fokussierten, d.h. sie verstellten die Linsen im Innern der Objektive mit kleinen Motoren, bis das Bild scharf war. Die alten elektronischen Schnittstellen (Bajonette) waren sogar in der Lage, hochkomplizierte Bildverwacklungen auszugleichen.

Da somit die Kanäle und Datenbandbreite für alle herkömmlichen fotografischen Aufgaben und denkbaren Dinge damals bereits schon möglich waren, stellt sich die berechtigte Frage, warum man neue Bajonette mit drastisch höheren Datenbandbreiten benötigte. - Wozu?

Nochmals: Die Datenbandbreite zur Kommunikation der Kamera mit dem Objektiv hat nichts mit einem evtl. vorhandenen oder fehlenden Spiegel zu tun.

Elektronische Objektive

Im Grunde genommen ist die Überschrift ein Widerspruch in sich selbst, der jedoch heute kaum jemandem mehr auffällt.

Früher waren Objektive optische und mechanische Wundergeräte. Foto-Objektive gehörten zur absoluten High-Tech. Manchmal mehr als ein Dutzend zusammen kilogrammschwere Gläser wurden zuerst von Metall und dann von hochwertigen Polycarbonaten in präzise berechneten Positionen gehalten und mit absoluten High-Tech-Motoren im Innern zum Fokussieren verschoben. Die Kristalle der Sonder-Gläser wurden in nicht selten Monate dauernden Prozessen gezüchtet und dann mit speziellen Schleifmaschinen in die exakt benötigte Form geschliffen.

Aber 1990 kann es zum bis dahin undenkbaren Unfall mit dem Hubble-Weltraumteleskop. Weil sich u.a. jeder auf jeden verließ, in sämtlichen Bereichen von der Entwicklung über die Produktion bis hin zum Einbau alle schlampig arbeiteten und keiner etwas ernsthaft nachkontrollierte, schickte man ein defektes Objektiv in den Weltraum. Ein Negativbeispiel für Team-Arbeit (Toll, ein anderer macht's). Eine Reparatur vor Ort (in der Erdumlaufbahn) war damals technisch kaum möglich und zuerst auch schlichtweg zu teuer. Deshalb wandte man Computational Photography an. Man reparierte das fehlerhafte Objektiv mittels Software. Es war im wahrsten Sinne des Wortes die Sternstunde dieser neuen Technologie. Software mit schnellen Computern kann auch mit schlechten bis hin zu defekten Objektiven hochwertige Fotos produzieren. Eine Sensation, welche die meisten klassischen Fotografen bis heute geistig nicht nachvollzogen haben.

Die Smartphone-Hersteller griffen mit ihren winzigen Kamerasensoren jedoch sehr schnell diese Technik auf, da physikalisch die optischen Grenzen in den kleinen, flachen Gehäusen extrem einschränkend waren. So ersetzten sie in den letzten Jahren mit hoher Rechenleistung und KI-gestützter Software erfolgreich fehlende optisch hochwertige Objektive an den Smartphones.

Gemäß meinen Informationen und Einschätzungen griffen ca. 2015 auch die Kamerahersteller verstärkt diese Technologie auf. Nikon und Canon führten sie mit den neuen Bajonetten ein.

Wenn man einmal vom - überall sowieso erst später eingeführten - kombinierten Verwacklungsschutz (IBIS in der Kamera und IS / VR im Objektiv) absieht, benötigt man nur für Computational Photography die gigantischen Datenbandbreiten zwischen Kamera und Objektiv, um software-basierte Bildkorrekturen durchzuführen.

Sowohl in den Kameras als auch in den neuen Objektiven befinden sich eigene Prozessoren, welche nur diese Aufgabe haben. Auf beiden Seiten der Schnittstelle - also in den Objektiven und in den Kameras befinden sich ganze Datenbanken mit Einträgen über die Eigenschaften der Objektive.

Positive Effekte

Wie Canon 2020 mit seinen Kameramodellen R5 und R6 erfolgreich zeigte, kann man im Zusammenspiel zwischen Objektiv und Kamera - genauer zwischen Image Stabilisation im Objektiv und IBIS (In Body Images Stabilisation) am Sensor der Kamera - den kombinierten Verwacklungsschutz signifikant verbessern.

Allerdings war dies nicht das geplante Ziel für das neue R-Bajonett. Ganz im Gegenteil wollte Canon 2018 bei der Einführung seines neuen Bajonettes kein IBIS, stellte auch die beiden ersten Kameras R (2018) und RP (2019) ohne IBIS vor, beantragte überhaupt erst nach schwerster Kritik zahlreicher Fotomagazine über das Fehlen von IBIS und der Androhung der zukünftigen generellen Abwertung aller Kameras ohne IBIS ein Patent dafür und reichte erst 2020 zwei Kameras damit nach.

D.h. man kann IBIS in Kombination mit IS durch die größere Datenbandbreite der neuen Bajonette auch herstellen. Aber das war nicht der ursprüngliche Grund dafür.

Wie Nikon und Canon seit Herbst 2018 zeigten, kann man die wahrgenommene und (am von der Kamera aufgenommenen Bild) gemessene Abbildungsleistung der Objektive durch die verbesserte Kommunikation der Kamera mit den Objektiven erheblich steigern.

Mit steigender Rechenleistung der Kamera sowie Firmware-Updates in den Objektiven kann man die software-getriebene Leistung des Objektives laufend erhöhen, indem man vorhandene optische Fehler immer genauer korrigieren kann.

Was hinten rauskommt

Einer meiner hochintelligenten aber gleichzeitig realistisch bodenständigen schwäbischen Mitarbeiter in Stuttgart fasste einmal eine langatmige und völlig abgehobene Diskussion treffend zusammen: Wichtig ist doch nur, was hinten rauskommt.

In der Tat dürften sich die meisten Fotografen nur dafür interessieren, welche Bildqualität schließlich am Ende erzeugt wird.

Die berechtigte Frage ist jedoch, was mit hinten inzwischen gemeint ist?

Spricht man in Fotokreisen über Objektive, denkt jeder an die hintere / rückwärtige Linse eines einzelnen Objektives als hinten.

Mit den neuen elektronischen Objektiven und Bajonetten ist dahinter jedoch die Software gelagert, welche dieses Bild - auch im RAW-Zustand - verändert. Im Grunde genommen stellt folglich der Ausgang nach der Software oder der in einen Hardware-Baustein gegossenen Software nun hinten dar.

Versuch

Weil ich als neugieriger Wissenschaftler nicht nur theoretisch abstrakt über dieses Phänomen nachdenken wollte, musste ich das auch praktisch untersuchen.

Versuchsaufbau

Wir testeten mehrere Kameras, mehrere Objektivmodelle und davon wieder mehrere Exemplare an mehreren spiegellosen Kameras.

Es war unmöglich, alle heute verfügbaren Objektive oder alle verfügbaren spiegellosen Kameras zu testen. Deshalb handelt es sich um eine selektive Auswahl, die keinesfalls den Anspruch auf Repräsentativität erhebt.

Es war ferner unmöglich, alle denkbaren optischen Fehler, bei allen Blendeneinstellungen und allen Kameraeinstellungen auf nachträgliche software-technische Korrektur zu überprüfen. Wir haben uns auf die am leichtesten nachzuweisenden beschränkt. Bereits dies war schwierig, da die Kamerahersteller sich ziemlich viel einfallen ließen, um das Testen der optischen Eigenschaften eines Objektives zu erschweren.

Zur Begutachtung der Unterschiede wurden keine Messinstrumente verwendet, sondern die Ergebnisbilder an mehreren hochauflösenden Monitoren von allen Mitgliedern unabhängig beurteilt.

Obwohl die Beteiligten in Sachen Optik, Objektive und Fotografie erfahren waren, lassen sich auch Fehler nicht völlig ausschließen. Denn dies war kein von Dritten bezahlter Forschungsauftrag mit unbegrenzten Geldmitteln oder auch nur ausreichend Zeit. Wir besaßen auch nicht die dazu speziell hergestellten Messaufbauten der Kamerahersteller. Dass es jene gibt, beweise ich weiter unten mit den Fehlerkorrekturen der Einzelobjektive.

Versuchsergebnisse

Es stellten sich in allen Fällen Abweichungen zwischen der optischen Bildqualität des reinen Objektives und der durch das Gesamtsystem (Objektiv mit Kamera) erzielten Bildqualität heraus, wobei letztere immer höher lag.

Es stellten sich in allen Fällen Serienstreuungen, also Abweichungen der optischen Bildqualität der einzelnen Exemplare einer Modellreihe eines Objektives heraus, die jedoch kaum oder nicht in der durch das Gesamtsystem Objektiv mit Kamera erzielten software-technisch erzielten Bildqualität in Erscheinung traten.

Je nach Objektivmodellreihe konnten neben der Fehlerkorrektur (rein optischer Fehler) zwischen optischer Bildqualität und software-technisch erzielter Gesamtbildqualität auch radial nach außen zunehmende Nachschärfungen erkannt werden. Dies korreliert mit den Aussagen zahlreicher Tester weltweit, die übereinstimmend behaupten, die Fotos der neuen Objektive wären vor allem im Randbereich und in den Ecken signifikant schärfer als die Vorgängermodelle der alten Bajonette.

Interpretation der Versuchsergebnisse

Es scheinen bei den getesteten modernen Objektiven spiegelloser Kameras signifikante Eingriffe nachgelagerter Software-Prozesse auf die optische Bildqualität vorzuliegen.

Es scheinen in den jeweiligen Objektiven in eigenen Datenbanken Fehlerkorrekturtabellen vorzuliegen, welche individuelle Fehler des Einzelobjektives festhalten und zur Korrektur über die elektronische Schnittstelle an die Kamera zur Software-technischen Korrektur weiterreichen.

Die mögliche und vor allem bisher weitverbreitete Meinung, dass diese Datenbank zur Fehlerkorrektur der Objektive alleine in der Kamera angebracht sei, konnte die Mehrzahl der Tester nicht überzeugen. Der Grund lag in der korrigierten Serienstreuung, welche nur auf Einzelobjektive zutreffen kann. Hingegen bleibt es möglich, dass es sich um eine zweigeteilte Datenbank mit Fehlern handelt: Generelle optische Fehler eines Objektives können in der Kamera hinterlegt sein. Singuläre (produktionstechnische) Abweichungen einzelner Objektive müssten jedoch in einer Datenbank im Objektiv gespeichert sein.

Hinzu kommt bei modernen Hochleistungsprozessoren, die auf KI gestützt werden, selbstredend die Option, bei jedem einzelnen Foto anhand einer eigenen Dateianalyse diese Fehler des Objektives zu errechnen, (bis zum nächsten Objektivwechsel) in eine temporäre Datei zu speichern und dann zu korrigieren.

Negative Effekte

Vorab unterstelle ich Technikern keine negativen Absichten. Alle Techniker, die ich kenne, wollen - vielleicht manchmal etwas zu detailverliebt - wirklich etwas im positiven Sinne verbessern. Aber da gibt es dann bald auch andere Manager, die andere Potentiale in Erfindungen erkennen.

Hatte ich bereits früher mit Fakten belegte, schwerste Einwände gegen die unhaltbare Behauptung, dass RAW das Rohdatenformat wäre - das Bild, wie es der Sensor sieht. So ist das mit den neuen Objektiven und deren kamerainternen Software-Nachbehandlung völlig unsinnig geworden. Die Beglückungsergebnisse sind hinlänglich bekannt, wie die automatische Rauschunterdrückung bei Sony, welche den Astrofotografen nebenbei auch in RAW-Fotos den Sternenhimmel säubert.

Jede zusätzliche am PC durchgeführte Software-Nachbearbeitung wird drastisch erschwert, da man als Anwender überhaupt nicht weiß, was die Kamera wo und wie stark bereits selbst verändert hat. Zum Verständnis: Jede software-technische Veränderung hat negative Einflüsse auf weitere Schritte. Vor allem eine zu frühe Schärfung (auch nur von Teilbereichen) des Bildes ist nachteilig. Eine derartige radial nach außen zunehmende Schärfung der zuerst auch noch aufgehellten und damit viel stärker rauschenden Ecken kann dort bereits zu sichtbar überschärften Artefakten des Rauschens führen.

Wenn das vom Objektiv auf den Sensor projizierte Abbild der Realität nach dem Sensor derart massiv durch Software in der Kamera bearbeitet wird, dann kann man nicht mehr von einem - unter den physikalischen / optischen Grenzen - korrekten Abbild sprechen.

Welche automatischen und uns als Fotografen unbekannten Änderungen der Realität werden danach folgen? - Eventuell die automatische Retusche aller Gesichter, weil der Datenschutz es fordert? Das wäre z.B. das Ende der Porträtfotografie. Oder die automatische Überschreibung aller Fotos von Geldscheinen mit der Aufschrift specimen, oder die Löschung aller Fotos, auf denen Geld abgebildet ist? Bereits heute können Sie mit keinem Scanner und keiner modernen Grafiksoftware mehr Geldscheine aufnehmen oder bearbeiten.

Software kann vieles - auch verbieten.

Man kann nun auch optisch minderwertige Objektive preiswert konzipieren, entwickeln, produzieren und verkaufen, denen man nachträglich mit Software eine für den Fotografen wahrnehmbare Bildqualität beifügt. Der Laie kann anhand des Endergebnisses den Unterschied zwischen optischer Güte und nachträglich software-technisch erzeugter Bildqualität nicht erkennen. Dies öffnet die Tür zu betrügerischen Billigproduktionen, die man für viel Geld vertreiben kann.

Defekte Optiken werden zukünftig evtl. weder repariert noch ausgetauscht, sondern mit einer neuen Korrektursoftware versehen wieder an den Kunden zurückgeschickt.

Früher war es üblich und physikalisch in gewissen Grenzen durchaus möglich, die Objektive eines Bajonettes mittels Adapter an andere Kameras anzuschließen. Neue Objektive mag man zwar auch noch an andere Bajonette mittels Adapter mechanisch anschließen können. Aber ohne Kommunikation der Software und Datenbanken in den anderen Kameras wird maximal die (geringere) optische Bildqualität ankommen, niemals jedoch die Gesamtbildqualität des alten Systems erzeugbar sein. D.h. es handelt sich nun wirklich um völlig proprietäre Systeme der Hersteller. Ein Wechsel zu einem anderen Kamerahersteller mit den bisherigen Objektiven wird in der Praxis nur mit signifikant schlechterer Bildqualität der am alten System guten Objektive möglich sein. - Das ist auch eine Art der Kundenbindung.

Objektive der Dritthersteller (genannt seien in alphabetischer Reihenfolge nur die bekanntesten: Sigma, Tamron, Tokina) haben keinerlei Chance, im Endergebnis gleichwertige Objektive für die neuen Bajonette anzubieten, sofern die Datenbanken und deren Inhalte nicht von den Kameras ausgelesen und verwertet werden. D.h. die Drittehrsteller können zwar optisch hochwertige Objektive anbieten. Aber die Kamerahersteller unterbinden einfach die nachträgliche Software-Optimierung in der eigenen Kamera. Jene behalten sie nur ihren eigenen Objektiven vor. - Ganz hinterhältige Hersteller könnten Fremdobjektive sogar software-technisch in der Bildqualität unbemerkt für Dritte verschlechtern.

Da es sich um Computational Photography handelt, begibt man sich auf das Feld und das Niveau der Smartphones herab: Optik wird zur Nebensache. Rechenleistung und modernste Software-Algorithmen entscheiden zunehmend über die Bildqualität.
Sofern die Bildqualität jedoch sowieso durch Software-Manipulation erzeugt wird, dann dürften sich bald zahlreiche Fotografen die Frage stellen, warum sie dafür viel mehr Geld, für viel größere und viel schwerere Ausrüstung ausgeben sollen.
Zum Verständnis: Die höhere optische Bildqualität war seit Jahren das einzige Argument der Marketing-Abteilungen der Kamerahersteller gegen Smartphones. Nur dafür waren Berufsfotografen und ambitionierte Amateure bereit, zu leiden. - Die Hersteller untergraben folglich mit verdeckten Software-Tricks ihre eigene Glaubwürdigkeit.

Software und somit Software-Änderungen sind meist zeitlich befristet: Aus dem PC-Bereich mussten alle Anwender schmerzlich erfahren, dass Software nicht ihr ganzes Menschenleben lang gepflegt und unterstützt wird.
Dasselbe ist auch bei der kamera-internen Software zur Korrektur der Objektive zu erwarten. Sobald die Objektive aus der Produktion fallen, wird man deren Software-Support in neuen Kameramodellen einschränken und dann entfallen lassen. In unserer immer schnelllebigeren Produktwelt kann dieser Fall sehr bald eintreten. Somit werden aus langfristigen Investitionsgütern wie Objektiven evtl. recht kurzlebige.
Damit verbunden sind auch die Probleme in der nachgelagerten Software zur Bildnachbearbeitung: Wie soll eine PC-Software zukünftig wissen, wie welches Objektiv bereits in der Kamera korrigiert wurde? Da werden dann im Zweifel keine eigenen Korrekturprofile in der PC-Software angeboten oder automatisch angewendet, oder doppelt. Vor allem letzteres dürfte die Anwender vor kaum zu lösende Probleme der Überkorrektur stellen, weil sich die Software-Hersteller oft ebenso zugeknöpft bezüglich ihrer eigenen Korrekturen verhalten.

Es ließe sich sogar geplante Obsoleszenz damit herstellen.
Stellen wir uns den rein fiktiven zukünftigen Fall vor, dass ein Hersteller ein Nachfolgeobjektiv auf den Markt bringt. Z.B. Mark II des Standard-Zooms 24-70 mm. Unglücklicher Weise entwickelt sich die Nachfrage für dieses neue Produkt miserabel, da alle Fotografen mit dem Vorgängermodell Mark I sehr zufrieden sind. Dann ließe sich die Bildqualität des Vorgängermodelles durch die ständig zwangsweise erforderlichen Firmware-Updates der Kamera software-technisch kinderleicht, kontinuierlich schleichend um 10% je Jahr reduzieren. Die Kunden würden dann irgendwann schon nachkaufen. Software kann die Bildqualität verbessern, oder auch verschlechtern.
Wie kann man nur so etwas denken?!
Zwar bin ich gegen jegliche Verschwörungstheorien. Aber Apple musste sich Ende 2017 für seine vorsätzliche Leistungsreduktion seiner Smartphones in Europa entschuldigen, welche die Geschwindigkeit der Smartphones - zusätzlich zu den sowieso bereits monatlichen Zwangs-Updates der immer größeren Betriebssysteme - nochmals pauschal verlangsamte. Selbstredend hat die Firma das nur gut gemeint im Besten Sinne zum Schutz der Kunden getan, damit der Akku nicht so sehr belastet wird. Das ist so, wie wenn ein Hersteller eines sündhaft teuren Sportwagens die PS-Leistung des Fahrzeuges jedes Jahr um 10% drosselte und dann erzählt, das sei nur geschehen, damit der Rennfahrer trotz der langsamen Motorenabnutzung jedes Jahr mit einer Tankfüllung dennoch so weit kommt wie im Jahr zuvor. - Wie fürsorglich die Firmen doch die wahren Wünsche der Kunden erkennen und vorauseilend im Geheimen bereits erfüllen.
Natürlich ist so etwas bei japanischen Kameraherstellern undenkbar: Das wäre ja geradezu so, als ob der Vorstandvorsitzende einer Sitzung einen unerwarteten Gast hereinbittet. Großgewachsen, blond, blauäugig und in schwarzer SS-Uniform schlägt dieser Berater dann jene technische Manipulation mit unüberhörbar deutschem Akzent vor. Nachdem die völlig schockierten ehrenwerten japanischen Gegner im Vorstand Harakiri begangen haben, kann dann der ebenso sinistre Vorstandsvorsitzende mit deutschem Namen (Heisenberg oder so ähnlich) dann seinen hinterhältigen Plan umsetzen. - Soweit das rein fiktive Schurkendrehbuch moderner Sony-Filme und US-Serien. - Das wäre auf deutsche Verhältnisse übersetzt in etwa so unglaubwürdig, wie wenn der Vorstandsvorsitzende eines Automobilkonzerns einen Manager von Bosch zu einem Vortrag eingeladen hätte, der den versammelten Vorstandsmitgliedern nicht nur erzählt hätte, dass man mit der computergesteuerten Einspritzanlagen seiner Firma für Dieselmotoren alle Prüfer, Staaten und Kunden betrügen könnte, sondern dann auch noch bis in das Detail erklärt hätte, wie man so etwas machen kann, wobei die Vorstände nicht nur begeistert zuhören, sondern den Vorschlag auch noch umsetzen. - An den Haaren herbeigezogener Unsinn völlig überspannter Drehbuch-Autoren.

Persönliche Probleme

Für viele Fotografen kann es durchaus sinnvoll sein, wenn zahlreiche optische Fehler eines Objektives bereits in der Kamera behoben werden. Denn optische Fehler können in der Nachbearbeitung am PC sehr zeitaufwändig und schwierig sein. - OK, zugegeben, moderne Grafiksoftware mit KI kann das am PC heute auch - schnell, einfach und vom Anwender sogar optimierbar, sofern der Anwender es will.

Auch ich freue mich, wenn künstliche Intelligenz wie z.B. die Software zum Augenautofokus mir die fotografische Arbeit erleichtert. - Aber ich will sie im Zweifel auch ausschalten können.

Persönlich habe ich generell Schwierigkeiten, wenn Hersteller mir etwas verheimlichen und dann diese Zwangsbeglückung auch manuell nicht abschalten lassen.

Nachdem inzwischen praktisch alle nur rein dokumentarisch arbeitenden Fotografen zu den Smartphones abgewandert sind, handelt es sich beim überwiegenden Teil der wenigen noch übrig gebliebenen klassischen Fotografen um Personen, die mit ihren sündhaft teuren dedizierten Kameras und Gesamtausrüstungen nur deshalb arbeiten, weil sie die weitgehende bis volle Kontrolle über das Bildergebnis wünschen. Wird ihnen diese Kontrolle genommen, dann werden vermutlich viele das Hobby aufgeben respektive zu preiswerten einfachen Smartphones greifen. Wenn ich nichts mehr selbst kontrollieren kann, dann brauche ich auch den Aufwand nicht mehr zu treiben.

Selbstredend ist es für viele Fotografen vorteilhaft, wenn man durch die heute allerdings extreme Serienstreuung einzelne, weniger hochwertige Objektive nachträglich durch Software korrigieren kann.

Aber bei einem oft hohen vierstelligen Preis für ein einzelnes Objektiv möchte ich so etwas nicht akzeptieren. Sofern mir die geringe optische Qualität eines billigen Objektives ausreicht, oder ich diese durch Software am PC selbst nachträglich optimieren möchte, dann erwerbe ich auch nur ein billiges Objektiv für eine dreistellige Summe.

Früher gab es auch Serienstreuung. Aber die schlechte optische Qualität fiel dem Fotografen auf und er konnte reklamieren. Bei standhaftem Nachhaken auf die übliche erste Standardantwort: Die Bildqualität liegt innerhalb der Produktionsnorm wurde dann in den meisten Fällen auch feinjustiert, bis ich zufrieden war. - Ja, ich kann hartnäckig sein - oder wie man neudeutsch sagt: nachhaltig. Während man zu vielen Menschen sagt: Ich freue mich, Sie zu sehen, kenne ich inzwischen auch einige, die sich noch mehr freuen, wenn ich wieder gehe.

Schlussfolgerungen

Durch die Tätigkeiten meiner Mutter an der Universität lernte ich Anfang der 1990er Jahre eine junge Studentin aus ihren Kursen kennen, die aus der ehemaligen DDR stammte. Sie erzählte ganz offen, dass sie als Kind jahrelang durch die westliche Werbung geblendet war. Ihr Symbol des Fortschrittes, der Freiheit und der Demokratie als kleines Mädchen war der Schokoriegel Mars. Als die Mauer fiel, war das erste, was sie sich verständlicherweise gönnte, dieser Schokoriegel. Nach dem ersten Bissen war sie vom Westen zutiefst enttäuscht.

Diese intelligente Studentin wurde im Übrigen später Professorin, womit bewiesen ist, dass falsche Hoffnungen nichts mit Dummheit zu tun haben.

Da ich mich nicht für intelligenter halte, als den Rest der Welt, bin ich davon überzeugt, dass die vielen tausend Mitarbeiter der Kamerahersteller auch auf meine obigen erwähnten negativen Aspekte der Technologie sowie deren Anwendungsmöglichkeiten stoßen werden. Es mag ja sein, dass ich vielleicht früher über Dinge nachdenke sowie quer denke und (mangels anderer Probleme) intensiver. Aber jeder kann sich dies herleiten. D.h. irgendwann werden die negativen Seiten angewandt werden.

Die (unbegründete) Hoffnung stirbt zuletzt. Aber Sie stirbt doch.

Seien Sie realistisch und erkennen Sie die Zustände rechtzeitig. Lassen Sie sich dadurch aber nicht von der gesamten Fotografie entfremden, nur weil die Hersteller wieder einmal eine Abzweigung gewählt haben, über deren Sinn man geteilter Meinung sein kann.

Solange nicht definitiv entschieden ist, wie die Entwicklung der neuen Bajonette und modernen Objektive ausgehen wird, behalte ich zumindest eine alte Ausrüstung mit altem Bajonett, bei dem ich die Kontrolle über das Bildergebnis zumindest weitgehend selbst in der Hand behalten kann - auch, wenn die damit erzielbare Bildqualität im Einzelfall unter derjenigen der künstlichen Intelligenz der neuen software-gestützten modernen Objektive und Kameras liegen mag.

Tests

Rein logisch treten durch die Manipulation der optischen Leistungen der Objektive Unterschiede und Probleme auf, die man unter Umständen sehr schnell selbst sichtbar machen kann.

Sofern man gleichzeitig RAW und JPEG eines z.B. eines Millimeterblocks aufnimmt und den Live-View respektive den elektronischen Sucher verwendet, entstehen 3 Bilder, die man mit dem Original vergleichen kann.

Angenommen man schaltet die Objektivkorrekturen ab, dann sollten diese drei Bilder identisch aussehen.

Angenommen man schaltet die Objektivkorrekturen für JPEG ein, dann sollten die zwei Bilder im elektronischen Sucher respektive im Live-View auf dem rückwärtigen Display und in der JPG-Datei identisch aussehen, aber das RAW-Bild sollte die rein optischen Fehler des Objektives zeigen. Oder das EVF/Display sollte zusammen mit der RAW-Datei die optischen Fehler anzeigen und nur das JPEG korrigiert sein.

Sie erkennen selbst, dass dies jedoch zu Irritationen führt, da dann Unterschiede in den beiden Ergebnisbildern (JPG und RAW) im Vergleich zum vor der Aufnahme gesehenen Bild auftreten, die man bei der heute üblichen (und im fortgeschrittenen Fotobereich geforderten) 100%-Ansicht (WYSWYG - What you see is what you get) nicht will. Denn spätestens bei der (Korrektur der) Kissen- oder Tonnen-Verzerrung fallen Bildteile weg.

Man darf folglich durchaus vermuten, dass in den meisten Kameras ein im elektronischen Sucher korrigiertes Bild auch im RAW korrigiert wurde.

RAW-Prozess

Symbolisierter RAW-Prozess in der Kamera. Gemäß mir vorliegenden technischen Informationen lässt sich der Kamera-interne RAW-Korrektur-Prozess nicht genau in Objektiv- und Sensor-Korrektur trennen. Beides fließt ineinander.

Quellen

Fehlende Quellen

Bei meinen wissenschaftlichen Artikeln finden Sie unten immer Quellen und Belege, die ich für wichtig erachte, auch wenn Sie kaum jemand liest.

Dass dieses Mal einige fehlen, liegt an der Weltwirtschaftskrise mit ihren extrem negativen Folgen für die sich seit 2010 sowieso bereits im Sturzflug befindenden Foto-Wirtschaft. Sämtliche an meinen Recherchen und Versuchen beteiligten Personen bestanden ausdrücklich darauf, in keiner Weise genannt zu werden. Sie befürchten zu Recht massive ökonomische Repressalien der Kamerahersteller. Sie brauchen mich diesbezüglich auch nicht zu besuchen. Da wir alles in einem externen Labor durchführten, besaß ich selbst sowieso kaum Daten und diese wenigen habe ich als IT-Experte mittels Spezial-Reinigungssoftware nachhaltig von den Datenträgern gelöscht, bevor ich den Artikel freischaltete.

Vielleicht können / werden in ein paar Jahren einmal reiche Fotoenthusiasten wie Roger Cicala mit seiner US-Verleih-Firma LensRentals meine Versuche nachstellen und dann straffrei publizieren. Aber realistisch gehe ich davon aus, dass niemand daran Interesse hat.

Da ich Ihnen derzeit die Beweise schuldig bleiben muss, kann ich Sie nur bitten, über die obigen Dinge nachzudenken. Es ist Ihrer eigenen Logik überlassen, ob Sie die Analysen und Schlussfolgerungen für sachlich nachvollziehbar halten.

Denken Sie vor allem über die banale Frage nach, warum ein um wenige Millimeter verkleinerter Abstand des Objektives vom Sensor (die sogenannte Flange Distance - das Auflagenmaß) 2018 angeblich auf einen Schlag fast alle optischen Probleme der Fotografie beheben soll. Wie können ohne Software-Tricks schwerste physikalische Probleme wie monochromatische und chromatische sowie sphärische Aberration (Abbildungsfehler eines Lichtpunktes), Vignettierung (Randabschattung), Beugungseffekte, Streulicht etc. verschwinden?

Falls es tatsächlich nur auf den immer wieder vom Marketing (zur Ablenkung) betonten Abstand der Linse vom Sensor ankäme, dann hätten die Smartphones mit ihren winzigen Kameramodulen mit deren minimaler Flange distance bereits seit 2007 die Führung bei der Bildqualität übernommen. Dann wären auch die Kompaktkameras seit den 1990er Jahren jeder Vollformat und Mittelformat-Kamera bis heute bei der Bildqualität überlegen. - Das kann es wohl nicht sein.

Die Wahrheit kommt langsam ans Licht

Bereits Anfang 2020 belegte Canon die Korrektheit meiner obigen Aussagen. Denn man korrigierte einen schweren optischen Fehler des Front-Fokusses in vielen neuen RF 70–200mm F2.8-Objektiven (die man für fast 3.000 Euro optisch 'defekt' verkaufte) statt durch eine teure Reparatur nur durch ein Firmware-Update, das von allen Fachzeitschriften auch noch bejubelt wurde.

Offizielle Aussage vom Firmenlenker von Sigma: In einem Anfang Januar 2021 publizierten Interview gab Sigmas CEO Kazuto Yamaki ganz offen zu: modern lenses more and more often resemble computers, equipped with processors, memory or internal software. Moderne Objektive ähneln immer öfter Computern, ausgerüstet mit Prozessoren, eigenem Speicher und interner Software.

Und: Honestly speaking, SIGMA, which is, after all, an optical products company, currently employs more engineers who work on software than optics. Offen gesagt, beschäftigt Sigma, welches immer noch eine optische Firma ist, derzeit mehr Software-Ingenieure als optische Fachkräfte.

Und: Modern camera bodies are as crammed with electronics as lenses, which is why the final quality of an image largely depends on how this electronics communicates and cooperates. Not only equipment, but also software is of utmost importance - nowadays it's the software that has a decisive impact on the final quality. Die Bildqualität wird durch die Software bestimmt.

Im Januar 2022 kapitulierte schließlich die größte englischsprachige Testzeitrift vor den neuen durch Software manipulierten Objektiven. Sie gestand sich und den Lesern ein, dass man heute kaum mehr moderne Objektive an spiegellosen Kameras findet, welche nicht die rein optische Bildqualität massiv manipulieren. Deshalb wird man zukünftig mit allen vom Hersteller denkbaren Software-Korrekturen bei Tests arbeiten. - Es finden keine reinen optischen Labormessungen des reinen Objektives mehr statt.

Am 21.07.2022 erweiterte Sigmas CEO Kazuto Yamaki in einem Interview dieses elementar unterschiedliche Vorgehen bei der Objektiventwicklung. Er sprach offen das umstrittene Thema der elektronischen Korrektur der Optiken an und kündigte dabei zwei Klassen von Objektiven bei Sigma an: einerseits Objektive von Sigma ohne jene elektronische Fehlerkorrektur (also rein optisch optimierte Objektive) und andererseits jene (eher kompakteren, leichteren, billigeren) mit solcher Software-Korrektur.

Ende 2022 konnte ich festhalten, dass mir weltweit mitgeteilt wurde, dass in sehr vielen modernen Objektiven u.a. die Vignettierung und die Chromatische Aberration kaum oder nicht mehr optisch korrigiert wird, weil dies elektronisch nachgelagert angeblich einfacher und preiswerter gelingt. Dafür würden sich die Optiker auf andere Bereiche konzentrieren. Nun ja, physikalisch korrekt ist, dass derartige optischen Optimierungen sehr aufwändig sind, wenn man alle Faktoren gleichzeitig und gleichmäßig gut verbessern will. Nicht selten musste man dabei bisher gewisse Kompromisse eingehen. Aber ... eigentlich wurden uns mit den neuen Bajonetten optisch hochwertigere Objektive versprochen. Und mit der Künstlichen Intelligenz sowie entsprechenden Konstruktions-Programmen auf Großrechnern wird ja wohl auch das möglich sein, was Zeiss sowie andere Firmen schon vor vielen Jahren (mit dem Rechenschieber und einfachen Computern) erreicht haben. - Nochmals im Klartext: Optische Korrekturen sind möglich.

2023 erklärten Mitarbeiter der Fachzeitschrift DPReview, warum sie inzwischen sogar für diese neuen software-korrigierten Objektive sind. - Faktisch hatten sie einfach kapituliert und resigniert, weil die Korrektur in der Kamera so weitverbreitet ist: Now that distortion correction is so widespread.
Vor allem geometrische Verzerrungen und die chromatische laterale Aberration wird nicht mehr optisch korrigiert. Damit bestätigte dieses Testlabor (sowie Sigma, mit denen man sich für den Artikel absprach) 2023 auch (endlich) meine älteren Erkenntnisse.
Die Tester räumen ein, dass es dabei Verluste gibt, spielen sie jedoch herunter, was nicht ganz der Wahrheit entspricht. Deshalb gegeben sie in einem Nebensatz zu, dass es eben technische Randbereiche gibt, in denen die Bild-Informationen nicht korrekt hergestellt / korrigiert werden können. Ferner stellten sie selbst vor allem in den Ecken sichtbare weiche Bereiche / Verschmierungen fest, welche sie jedoch ebenfalls herunterspielen.
Sie geben sogar die Aussage eines Objektivherstellers wieder: As one major manufacturer points out, it may well be that an all-optical design would produce better final results, but that requires cost, size and weight to be no object. Man kann sehr wohl hochwertigere optisch korrigierte Objektive herstellen, welche auch qualitativ hochwertigere Fotos erzeugen, will es aber nicht, weil es für die Hersteller angeblich zu teuer ist. Das erstaunt bei Objektivpreisen bis zu 24.000 Euro alleine bei Vollformat.
Ferner räumen die Autoren auch ein, dass viele Korrekturen nicht nur kameraintern in RAW bereits durchgeführt werden, sondern zusätzlich auch noch in der PC-Software - sowie, dass durch die völlig unterschiedlichen und uneinheitlichen Korrekturen der Software-Hersteller bei jedem Objektiv weitere Unterschiede am Endbild auf dem PC eintreten, welche man weder kennt noch in Ihrer Wirkung voraussagen kann. Aber auch dies wird heruntergespielt. - Nochmals langsam zum Mitdenken: Es finden sich heute zwei Software-Korrekturen: Erstens in der Kamera und zweitens bei der RAW-Bild-Nach-Bearbeitung auf dem PC etc.
Ihr Resümee ist: 'Alles hängt vom Endergebnis des Bildes ab'. Oder volkstümlich ausgedrückt: 'Es zählt nur, was hinten rauskommt.' - Das ist jedoch die Einstellung der Smartphone-Hersteller. Diese kann man übernehmen. Aber dann darf man als Kamera- und Objektiv-Hersteller nicht behaupten, man besäße die höhere optische Qualität. Vor allem darf man dann für die gleichen (software-) technischen Mittel zur Bildkorrektur nicht ungefähr das Zehnfache an Geld für die Hardware verlangen.

In einem im August 2023 publiziertes Interview mit dem Sigma CEO gab jener erneut zu, dass diese nachträglichen Software-Korrekturen an seinen Objektiven für das Nikon-Z-Bajonett durchgeführt werden.

Somit 'bedanke' ich mich nachträglich bei allen jenen selbsternannten Technikern, welche in zahllosen Hass-E-Mails mir jahrelang mitteilten, dass diese inzwischen weltweit bewiesenen Tatsachen rund um moderne Objektive alle (laut deren Meinung) nicht richtig sein könnten, weil sie als angeblich erfahrene Techniker das ohne jeglichen Test bereits viel besser wüssten. - Es ist schon erstaunlich, mit welcher Ignoranz Leute technische Entwicklungen wie die Computational Photography verleugnen, welche in der Medizin und vor alle der Astronomie schon seit Jahrzehnten erfolgreich angewandt wurden und mit welchem Aber-Glauben sie im Bereich der Fotografie tätig sind.

Dass ich nach Jahren Recht behalten würde, war aufgrund physikalisch eindeutiger Tatsachen erwartbar. Naturgesetze lassen sich nicht so leicht außer Kraft setzen.

Als kritischer Leser sollten Sie daraus den Schluss ziehen, selbsternannten (angeblichen) Technikern und sonstigen Dummschwätzern in Foren zu misstrauen. Denken Sie selbst nach und prüfen Sie - sofern möglich und in Ihren Grenzen - Dinge nach. So werden Sie viele Mythen im Foto- und Video-Bereich selbst ganz schnell widerlegen können.

Allen Aktiven und Selbstdenkenden wünsche ich weiterhin viel Freude beim Fotografieren und Filmen.

Verbreitung der software-korrigierten Objektive

Weltweite Tests und Aussagen japanischer sowie anderer Objektivhersteller belegten, dass es 2023 praktisch keine neuen Objektive mehr gab, deren optische Leistung nicht durch Software korrigiert / optimiert wurden. Dies geschieht meist nachträglich in der Kamera durch KI - aber bevor das Endergebnis als RAW in die Datei abgespeichert wird.

Diese Software-Korrekturen geschehen 'transparent', was allerdings intransparent im Sinne von für den Kunden heimlich, verborgen und auch nicht abschaltbar meint. - Nein, die eventuellen Einstellungen im Menü der Kamera haben darauf keinerlei Auswirkung. Sie wirken nur als zweite Stufe nach der RAW-Datei ggf. bei JPEGs.

Wie schon oben von anderen Testern gezeigt wurde, nimmt die Qualität der Objektive seit Jahren mit jedem Firmware-Update der Kamera (sowie - wo dies möglich ist - des Firmware-Updates des Objektives) zu. Bereits das sollte jedem zu denken geben.

In letzter Zeit fiel immer öfter auf, dass Telekonverter (Vergrößerer der Brennweite) bei der Bildqualität zulegten. Auch dies war früher rein optisch nicht möglich. Insbesondere gilt dies, wenn der Telekonverter (1,4-fach oder 2-fach) schon vor Jahren konzipiert wurde und seitdem unverändert hergestellt wird.

Trends

Vor allem billige, leichte, kleine Objektive sind von der Software-Korrektur besonders stark betroffen. Denn die optische Korrektur erfordert viele Linsen aus hochwertigem, schwerem Glas. - Deshalb dürfte klar sein, dass sogenannte 'Pan-Cakes' - also flache Objektive - extrem Software-korrigiert sind.

Vor allem Zoom-Objektive sind von der Software-Korrektur besonders stark betroffen. Hier spielt die Software die größten Vorteile aus, weil die rein optische Korrektur bei Zooms über den gesamten Brennweitenbereich eine große Herausforderung darstellt, die je nach Brennweite sich zudem auch noch verändert.

Sehr teure Festbrennweiten, die wirklich voluminös und schwer sind, sind tendenziell weniger von der internen Software-Korrektur betroffen. Aber der Preis alleine ist heute definitiv keine Garantie mehr für optisch hohe Qualität. - Nochmals: Moderne Makroobjektive für spiegellose Kameras für unter 2.000 Euro sind z.B. alle software-korrigiert.

Bei den Herstellern lässt sich derzeit klar feststellen, dass vor allem Canon die Software-Korrekturen teilweise extrem betreibt, und manche Hersteller von manuellen Objektiven (Zeiss oder einige chinesische Produzenten) momentan noch eher weniger. Alle anderen Optikproduzenten liegen irgendwo dazwischen, wobei sich dies auch je nach Modell des Objektives unterscheidet. Dass die sogenannten Dritthersteller (derzeit noch) weniger Software-Korrekturen betreiben, dürfte auch einleuchten, da sie kaum mit dem neuen Bajonetten der spiegellosen Systemen elektronisch zusammenarbeiten. Dazu müssen sie teure Lizenzen einkaufen, welche sie wie bei Canon oft nicht einmal für Geld erhalten. Aber auch letztere Objektive sind kameraintern bereits automatisch etwas software-korrigiert. Dies gilt sogar für uralte manuelle Objektive, welche man an Adaptern an neue spiegellose Kameras anschließt. - Es existieren somit keine nicht mehr durch Software / KI korrigierten Fotos an modernen spiegellosen Kameras mehr.

Folgen - Was soll ich tun?

Zuerst gilt immer der wichtige Ratschlag: Denken Sie selbst nach und stellen Sie sich die klassischen W-Fragen. Niemand kennt Ihre Situation besser, als Sie selbst. Somit kann auch niemand Ihnen besseren Rat erteilen, als Sie sich selbst.

Sofern Sie es sich leisten können, dann können Sie die alten Objektive aus der DSLR-Zeit behalten.

Tendenziell sind jene optisch hochwertiger als neue software-korrigierte Objektive. Dies gilt jedoch nur, sofern sie wirklich hochwertig (meist relativ großvolumig, schwer, teuer) waren und nicht der auch früher vorhandenen Serienstreuung unterlagen. Da hatte ich persönlich meist Glück, da ich nur hochwertige, teure Objektive aus relativ gesicherten Quellen erwarb.

Fazit für reine DSLR-Ausstattungen: D.h. mit derartigen hochwertigen Objektiven an einer klassischen DSLR kann man mit optisch hochwertigen und vor allem weitgehend unverfälschten Bildergebnissen rechnen.

Probleme treten allerdings evtl. auf, wenn man diese alten Objektive an neue spiegellosen Kameras verwenden will.

Aber es gab / gibt auch solche Objektive mit starkem Front- oder Back-Fokus. Dabei handelt es sich um einen Fehler, den man mit hochwertigen alten DSLR-Kameras korrigieren konnte. An modernen spiegellosen Kameras ist dies hingegen nicht mehr möglich. Angeblich sollte das Problem aufgrund der Fokusmessung direkt auf dem Sensor auch irrelevant sein und immer bei jedem Foto automatisch korrigiert werden. An letzterem hege ich jedoch inzwischen erhebliche Zweifel. Siehe hierzu den neuen Service von Canon in den USA.

Überdies muss man dann diese alten Objektive am Adapter an neuen spiegellosen Kameras verwenden. Erst bei den neuesten Vollformat-Kameras mit leistungsstarken Hochleistungsprozessoren funktionieren Adapter gut bis sehr-gut - aber auch hier nicht perfekt.

Immer wieder kommt es bei allen Herstellern und allen Kameramodellen zu unerklärlichen Ausfällen, welche sich kaum reproduzieren lassen. D.h. in 99% funktioniert alles, wie erwartet, aber in einer für Sie evtl. wichtigen Situation doch nicht. - Evtl. hilft dann ein Ausschalten der Kamera und ein Herausnehmen des Akkus. Aber auch nicht immer. - Für Ungläubige hier ein Bericht eines erfahrenen kanadischen Technikers mit seinem Adapter.

Alte Objektive sind definitiv nicht für die neuen Hochleistungs-Serien-Bildgeschwindigkeiten konzipiert. Da muss man bei bewegten Motiven mit erheblichem Ausschuss an nicht korrekt fokussierten Bildern rechnen. Der Hauptgrund liegt meist in den langsamen Fokusmotoren in den alten Objektiven.

Selbst beim eigenen Hersteller (gemeint ist der alten DSLR-Kameras / DSLR-Objektive) lassen sich bei weitem nicht alle alten Objektive mit Adapter wirklich mit allen Funktionen an neuen Kameras betreiben. Erkundigen Sie sich deshalb zu jedem Ihrer alten Objektive genau vorab. Da kommt es oft auf winzige Details an. Lassen Sie sich dazu mit pauschalen mündlichen Aussagen wie das sollte schon funktionieren auf keinen Fall abspeisen. Denn die hochwertigen Adapter sind nicht preiswert.

Unerwartet viele Probleme treten bei alten DSLR-Objektiven von Drittherstellern an Adaptern auf. Da sitzen Sie als Eigentümer dann zwischen allen Stühlen, weil Ihnen niemand weiterhilft.

Fakt ist, dass man mit alten Objektiven im Zweifel nur manuell arbeiten kann. Das heißt: wirklich alles muss manuell eingestellt werden. Das funktioniert nur mit stehenden Motiven und der Kamera auf dem Stativ montiert halbwegs gut.

Jedoch treten selbst manuell dann oft massive Einschränkungen an der Kamera auf, weil z.B. die Offenblende nicht verwendet werden kann, weil z.B. bei zahlreichen Objektiven die Blendenlamellen nicht gesteuert werden können. Deshalb kann z.B. das Sucherbild grieselig und dunkler aussehen.

Vor allem verspielen Sie mit den ca. 100 Gramm schweren, klobigen Adaptern jeden denkbaren Vorteil bei Gewicht und Volumen, den Sie mit einer spiegellosen Kamera - theoretisch im besten Fall - erzielen könnten. Insbesondere verschieben Adapter mit den dann auch noch meist etwas schwereren älteren Objektiven den Kameraschwerpunkt weit nach vorne, sodass das Gesamtsystem frontlastig wird, wodurch die Halteergonomie spürbar leidet.

Wer jedoch überwiegend langsam und mit dem Stativ arbeitet, kann durchaus die alten hochwertigen Objektive weiterverwenden. In Fotostilen ausgedrückt betrifft dies u.a. die Landschaftsfotografie und die Architekturfotografie sowie die Produktfotografie vor allem im Studio.

Fazit: Jederzeit frustfreies Arbeiten erreicht man nur mit den neuesten exakt für dieses spiegellose Bajonett hergestellten Objektiven.

Hinzu kommt, dass man nur mit den neuesten schnellen Fokusmotoren in den neusten Objektiven annähernd an die in den Werbeprospekten ausgewiesenen Serienbildgeschwindigkeiten von 10+ Bilder je Sekunde herankommt.

Wer ältere Objektive - auch hochwertige - an einem Adapter (selbst die Originaladapter der Kamerahersteller) verwendet muss mit teilweise drastischen Einbrüchen rechnen, das kann im Extremfall bis hin zu unerträglich langsamen 3 Bildern in der Sekunde reichen.

In der Praxis noch schlimmer ist es für den Fotografen, wenn die Kamera zwar die fiktiven 120+ Bilder je Sekunde aufnimmt, aber nachher davon mindestens 45 unscharf sind, weil nicht korrekt fokussiert.

Wer also seine moderne High-Tech-Kamera vor allem bei bewegten Motiven der Wildtier-Fotografie (z.B. fliegende Vögel) oder der Sport-Fotografie ausreizen will, kommt an den neuen software-korrigierten Objektiven nicht vorbei.

Auch Neueinsteigern in den Bereich der neuen spiegellose Kameras kann man nur von alten Objektiven am Adapter abraten. Das gilt sowohl für die Fotografie als auch für Videografie. Das ist eher etwas für erfahrene Fotografen und Videografen, welche genau wissen, was sie (sich damit an-)tun und dann mit dem Ärger auch leben können.

Als Fotograf, der seit Jahren parallel mit beiden Systemen (DSLR und Spiegellos) sowohl mit deren Objektiven am Adapter als auch mit neuen software-korrigierten Objektiven arbeitet, weiß ich, wovon ich spreche. So kann ich z.B. nachweisen, dass manche alten Makro-Objektive (selbst die analogen Versionen aus der Filmzeit) optisch hochwertiger sind, als neue software-korrigierte Nachfolger desselben Herstellers. U.a. liegt mir ein altes Objektiv vor, das eindeutig eine weiße Wand als Weiß darstellt und dies auch im Histogramm anzeigt. Das viel teurere neue software-korrigierte Makro hingegen zeigt drei deutlich auseinandergezogene RGB-Hügel im Histogramm bei exakt derselben weißen Wand als Motiv - beide Mal aus identischer Position mit identischer Kamera mit Stativ und identischen Kameradaten in mehreren Versuchen reproduzierbar aufgenommen. Das mag bei Farbfotos (z.B. Blumenaufnahmen) nicht stören, oder sogar einen subjektiv angenehmeren Bildeindruck ergeben. Aber für mich reicht dies als anspruchsvollen Reprofotografen eben nicht aus. Auch beim Punkt Schärfe kann ich keinen Vorteil des neuen Makro-Objektives (oder vieler anderer) erkennen - außer im absoluten Eckenbereich, den ich selten benötige. Vor allem dort kommt es jedoch bei den Software-Korrekturen oft zu Überkorrekturen der Vignetten (Randabschattungen), sodass die Ecken zu hell werden und somit den Blick des Betrachters aus dem Bild nach allen vier Ecken hinauslenken, was definitiv unerwünscht ist.

Aber Sie müssen mir nicht glauben. Wie in allen meinen Artikeln will ich nur anregen. Probieren Sie es bitte selbst aus. Evtl. trifft es für exakt Ihre Kombination an Objektiven und Kamera / Adapter und exakt Ihren Fotostil nicht zu oder hat zumindest keine für Sie persönlich nachteiligen / für Sie sichtbaren Auswirkungen.

Frei zugängliche allgemeine Quellen

Im Folgenden finden Interessierte einige kommentierte Quellen und Belege sowie Analysen für alle Test-Ergebnisse und Kritiken zu Aussagen sowie Anmerkungen zu den jeweiligen Testpersonen. Die positiven wie kritischen Einschätzungen im Artikel werden gestützt durch die hier angeführten Belege und Quellen.

Die Elite-Universität Cambridge in Colour liefert im folgenden Artikel CAMERA LENS CORRECTIONS auf Englisch eine allgemeine Erklärung der Objektivkorrekturen, die man in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts nur nachträglich mit Software am PC durchführen konnte.

Das US-Fachmagazin DPReview bietet im nächsten englischen Artikel A distorted view? In-camera distortion correction vom 02.09.2011 generelle frühe Betrachtungen, wobei sich dies damals überwiegend auf JPEG bezog. RAW-Manipulationen (vor allem im heutigen Umfang) waren damals noch kaum möglich. Sehr deutlich erkennt man an den Vergleichen der JPEG-Aufnahmen mit den RAW-Bildern, dass damals nur die JPEGs korrigiert wurden. Die RAW-Dateien ließ man noch (weitgehend) unangetastet.

Jörg Haag liefert für den Influencer-Kanal Sony Alpha Rumors im Artikel The big Sony test: camera lens compensation vom 13.04.2015 auf Englisch seine Ergebnisse zu teilweise nicht abschaltbaren RAW-Manipulationen.

Der offizielle Nikon-Support bietet im Artikel What is Distortion Control? auf Englisch vom 07.10.2016 die Erklärungen zur Verzerrungskorrektur in Nikon-Kameras.

Canon Asien berichtet in den beiden englischen Artikeln EOS 5D Mark IV: Lens Aberration Correction - A Close-up Look (Part 1) und EOS 5D Mark IV: Lens Aberration Correction - A Close-up Look (Part 2) vom 12.01.2017 über die Aberrations-Korrektur - damals jedoch angeblich nur bei JPEGs.

Der englische Forenbeitrag bei DPReview The effect of in-camera Lens Compensation and more vom 15.11.2018 beleuchtet einige negative Aspekte der in die RAW-Dateien hineingebauten Korrekturen.

Die offizielle Support-Seite von Sony liefert im Artikel What is Lens Compensation and which lenses are compatible with this feature? einige Erklärungen zu dem Thema: Die Korrektur wird auf RAW angewandt. Abschaltbar ist die Korrektur bei RAW nur für moderne Sony-Objektive. 2019.

Die offizielle Support-Seite von Canon Hong Kong erklärt im folgenden kurzen Artikel Lenses that has Distortion Correction when Shooting Movies (EOS R, EOS RP) vom 15.04.2019 auf Englisch: Neue Canon-Objektive können inzwischen sogar für Video (mit damals bis zu 60 Bildern in der Sekunde) in Echtzeit die Objektivfehler korrigieren.

Ralf Jannke liefert im Artikel Können moderne Systemkameras zaubern? vom Frühjahr/Frühsommer 2020 auf Deutsch seine Testergebnisse mit allen Objektiven an einer Fujifilm-Kamera. Dieser deutsche Fotograf konnte nachweisen, dass alte (sogar defekte) Objektive an manchen neuen Kameras plötzlich auch in RAW eine höhere wahrgenommene Bildqualität lieferten.

Weitere Artikel zu den Themen finden Sie sicherlich unter den Stichworten in camera lens compensation sowie in camera lens correction.

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