9. Weitere Regeln der Bildgestaltung

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Neben den bisher genannten Mitteln des Bildaufbaus finden sich zahlreiche weitere Denk-Modelle und Anregungen aus benachbarten Bereichen der Fotografie.

Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle bei Weitere Regeln der Bildgestaltung behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.

Film

Man kann auch aus dem Filmbereich lernen:

Rams' Thesen auf die Fotografie angewandt

Wenn man die 10 Design-Thesen (Diese 10 Thesen von Dieter Rams sollten Allgemeinbildung sein, 10 Thesen von Dieter Rams über gutes Produktdesign, Was ist gutes Design? - 10 Thesen nach Dieter Rams) des großen deutschen Industriedesigners der Moderne - Dieter Rams auf die Fotografie anwendet, erhält man wertvolle Hinweise für Bildgestaltung:

  1. Innovation: Gute Fotos sind innovativ: d.h. das Bild wurde noch nie vorher so aufgenommen / das Motiv noch nie so gesehen. Es handelt sich somit auch nicht um eine reine Weiterentwicklung oder Perfektionierung eines vorherigen Bildes / Stils. Letzteres wäre nur eine Evolution. Etwas völlig Neues ist auch heute noch möglich. Aber Innovation steht immer im Zusammenhang mit dem Bild. Es darf nicht zum davon losgelösten Selbstzweck werden.
  2. Nutzen: Gute Aufnahmen machen das Bild brauchbar: Das Bild muss die erwünschte Wirkung auch und zwar schnell beim Betrachter erzielen. Alles Störende muss folglich entfernt werden oder zumindest in den Hintergrund treten. Wenn man z.B. annimmt, dass Bilder eine Geschichte erzählen sollen, dann muss man diese Geschichte in klaren Worten (Zeichen) und ohne Unterbrechungen, Umwege oder Verkomplizierungen erzählen, damit sie der Empfänger auch versteht. - Das meine ich und zahlreiche andere Analytiker im Übrigen mit der immer wieder vorgebrachten Kritik an umfangreichen schriftlichen Texterklärungen zu Bildern: Wenn solche langatmigen textlichen Erläuterungen zum Bildverständnis erforderlich sind, dann scheint - zumindest manchen Betrachtern - die Bildsprache im Foto selbst nicht klar genug zu sein. Es gibt Primärfunktionen (z.B. der Inhalt) des Bildes, wie auch sekundäre / psychologische Funktionen (z.B. Art der Darstellung: Farben, Formensprache).
  3. Ästhetik: Gute Fotos sind ästhetisch. Schön. Aber nicht unbedingt gefällig. Es soll den Betrachter ansprechen. Denn ein Bild, das er bei sich aufhängt, prägt auch sein Lebensumfeld - täglich. D.h. aber auch, neue Ästhetiken zu wagen und nicht immer den alten Schönheitsidealen verhaftet zu bleiben. Selbstredend stehen wir als Erbe der Fotografie immer auf den Vorfahren und selbstverständlich unterliegen Schönheitsideale wie Fotostile den typischen zeitabhängigen Modeerscheinungen. Aber nur die Bilder und Stile der anderen / Vorfahren zu kopieren, wirkt eher fad, schal und langweilig als schön.
  4. Verständlichkeit: Gute Fotos sind verständlich / einfach zu verstehen / selbsterklärend: Lassen Sie den Betrachter einen Bildnamen für Ihr Foto wählen. Lassen Sie den Betrachter beschreiben, was er im Foto sieht. Lassen Sie Betrachter Ihre Fotos in eigenen Worten beschreiben. Wenn er eine andere Lösung hervorbringt als Sie, dann ist Ihr Foto nicht einfach zu verstehen. Offensichtlich kann der Betrachter etwas im Bild nicht erkennen. - Vorsicht: Das kann auch als Strategie vom Fotografen beabsichtigt sein.
  5. Zurückhaltung: Gute Fotos sind unaufdringlich, zurückhaltend und zumindest nicht behindernd: Wenn sich etwas in Ihrem Foto anders anfühlt, als gewohnt, ist es hinderlich. So finden sich in zahlreichen Fotos kompositorische Hindernisse, welche den Blick einschränken, bremsen oder vom weiteren freien Lauf im Bild abhalten. Vor allem dominante Geraden können dies verursachen. Sie können ein Hindernis im Foto darstellen. Wer z.B. das Portrait-Format (hochkant) wählt, sollte darauf achten, dass keine horizontalen Linien das Bild in zwei unverbundene Teile spalten. Und wer das Landscape-Format wählt, muss mit dominanten vertikalen Linien vorsichtig sein, welche unüberwindliche Hürden darstellen können, weil man sie dort nicht erwartet. Ein absolut flacher, gerader und markanter Horizont kann z.B. jedes Bild in zwei unverbundene Teile trennen. Hingegen folgt das Auge gern geschwungenen Linien hin zu einem Ziel. Dort sollte sich dann jedoch auch das Ziel des Fotos befinden. - Das Foto sollte dem Menschen den ihm gebührenden Raum zur selbstbestimmten Wahrnehmung und Interpretation einräumen, und ihn zumindest nicht dabei behindern.
  6. Ehrlichkeit: Gute Fotos sind ehrlich. Weder wird übertrieben noch wird der Betrachter manipuliert. In diesem Sinne sind manche Fotomontagen (insbesondere in Photoshop) unehrlich. Wer z.B. drei einzelne Aufnahmen separater Bären in einem Zoo nimmt und vor einem Naturhintergrund als gleichzeitig gegeneinander kämpfende Bestien kollagiert, spiegelt dem Betrachter etwas vor, das so nicht existierte und wohl auch nie existieren wird. Hingegen ist das einfache Weg-Retuschieren von störenden Elementen (Abfall in einem Park) - je nach Fotogenre - inzwischen zumindest diskussionswürdig. In der dokumentarischen Fotoreportage und der reinen Tier-/ Naturfotografie werden die Grenzen hierbei allerdings oft sehr eng gezogen. Das Hinzufügen von nicht vorhandenen Elementen wird jedoch meines Wissens noch generell als unehrlich angesehen. Jede Entscheidung ist allerdings einzelfallabhängig und auch abhängig vom jeweiligen Fotografen.
  7. Langlebigkeit: Gute Fotos sind langlebig: Nur wer die Regeln für gute Bilder erkennt, kann sie ständig treffsicher reproduzieren, d.h. immer anwenden und dadurch ständig herausragende Fotos machen. Das umfasst z.B. die Beherrschung der eigenen Kameraausrüstung, das dank vorausgehender Planung zielsichere Finden der besten Aufnahmestelle / -Position zur optimalsten Zeit oder bei der Studiofotografie die Kenntnisse der Lichtgestaltung. Daraus folgt auch automatisch ein eigener (Arbeits-) Stil des Fotografen. - Ein Foto ist ferner nicht modisch kurzlebig, sondern erzielt auch in einigen Jahren noch seine Wirkung aufgrund die Zeiten überdauernder Grundregeln der Komposition. Die Schwarz-Weiß-Fotos von z.B. Anselm Adams faszinieren Betrachter noch heute. Auch wenn die meisten heute so etwas in Farbe aufnehmen würden.
  8. Konsequenz: Gute Fotos sind konsequent bis ins letzte Detail. Durchgängigkeit: An einem Foto sollte alles stimmen. D.h. alles sollte so sein, wie Sie es wollen / geplant haben. Anders herum ausgedrückt sind Kompromisse, die man bei dem Foto eingehen musste, ein Indiz für Optimierungspotenzial. In der Regel findet sich da Optimierungspotenzial in der Vorbereitungsphase vor dem Auslösen der Kamera. Natürlich kann man heute manche Gesichtsunreinheiten nachträglich in Photoshop beheben oder Falten im Rock oder Flecken auf der Bluse retuschieren. Aber vor der Aufnahme wäre es schneller und kostengünstiger durchführbar. - Also achten Sie auch vorher auf die Details.
  9. Umweltfreundlichkeit: Gute Fotos sind umweltfreundlich. D.h. auch, dass man während der Aufnahme von Fotos andere weder durch zu großen Lärm noch Licht / Blitzlicht stört. Das gilt sowohl für Menschen als auch insbesondere für Tiere wie Pflanzen. Es heißt aber auch, dass man für eine Aufnahme keine Schäden anrichtet, indem man z.B. Pflanzen niedertrampelt oder ausreist, um eine besondere Aufnahmeposition zu erhalten. - Letztendlich gilt dies jedoch auch für die Frage, ob man ein Foto, das andere bereits gemacht haben, unbedingt nochmals identisch nachmachen muss, nur damit man es auch geschossen hat. Nicht gemeint sind hiermit sinnvolle Trainings- oder Übungsfotos, um selbst besser zu werden, sondern reine Kopien von Aufnahmen, die kein Mensch mehr (sehen oder kaufen) will.
  10. Gute Fotos sind so wenig Bild wie möglich. Wenn ein Foto mit wenig Aufwand herzustellen ist, dann belassen Sie es dabei. Integrieren Sie ferner nur so viele Elemente in dem Bild, wie zur gewünschten Aussage wirklich notwendig sind. Viele Bilder gewinnen durch Vereinfachung und Reduktion. Bei komplexen Bildkompositionen müssen im Umkehrschluss dann auch wirklich alle Elemente miteinander kommunizieren, zueinander in Bezug stehen und von Bedeutung sein.

Wohlgemerkt: Thesen sind keine unumstößlichen Naturgesetze, aber als Denkanstöße allemal bemerkenswert.

Kommunikationsmodell

Wenn man Fotografie als Kommunikation betrachtet, dann sind folgende Elemente relevant:

Symbole / Zeichen

Bildstile

Zur Übersicht mit Erklärungen von rund 200 Fotostilen, Fotogenres etc.

Sowohl in der Malerei als auch in der Fotografie bildeten sich im Laufe der Jahrhunderte Bildstile heraus, deren wichtigste man zumindest einmal gesehen haben sollte. Extrem verkürzend und vereinfachend sind dies:

Auch in diesem Sinne kann die Beschäftigung mit der Malerei oder zumindest ein Besuch eines Kunstmuseums der Malerei für Fotografen sehr anregend sein.

Fachfremdes Wissen

Wie bereits gezeigt, bin ich und viele andere kreative Menschen keine Anhänger der US-Fachbuchlehre der zehn Goldenen Regeln oder hundert Praxistipps zur Kunst in der Fotografie. Kreatives entsteht hingegen oft durch fachübergreifendes Denken - also, wenn man etwas aus einem völlig anderen Bereich versucht anzuwenden. Es kann dabei sachlich oft nicht weit genug entfernt sein.

Vielleicht helfen Ihnen in diesem Sinne auch ein paar Ratschläge von Sherlock Holmes und seines Schöpfers, Sir Arthur Conan Doyle, zu besseren Fotos:

Oder schauen Sie einmal in den Bereichen Architektur und Musik vorbei.

Regeln brechen

Literatur und Videos

Hier einige Quellenangaben:

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Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Freude beim Fotografieren und Filmen.

Foto Video Design - Dr. Schuhmacher

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