Dieses kleine Fresko eröffnet den Zyklus.
Das Foto oben zeigt das Putto im Zustand des Jahres 2014.
Die Ersterstellung dieses kleinen einleitenden Bildes direkt rechts des Einganges wurde definitiv durch den Stuttgarter Historienmaler Carl von Haeberlin ausgeführt. Aber es ist nicht ganz klar, wann dies geschah. Zumindest das Detail des leeren Geldbeutels (siehe weiter unten) lässt eher auf ca. 1890 als direkt am Anfang 1888 vermuten. Überhaupt ist nicht ganz klar, wann die gesamten Zwischen-Säulen respektive Zwischenbilder und selbst die umrahmenden Bögen oben über jedem Fresko sowie die Unterschriften unten unter allen Gemälden entstanden. Auf den Fotos um die Jahrhundertwende sind kaum Zwischenbilder zu sehen. Offenbar waren sie zumindest damals nicht so wichtig, oder wurden von den Fotografen als nicht so bedeutend angesehen. Es könnte jedoch auch sein, dass sie erst später von Häberlin ergänzend hinzugemalt wurden. - Dafür lässt sich auf den alten Schwarz-Weiß-fotografien jedoch deutlich erkennen, dass die verzierenden Borten rund um die Bilder vor allem oben viel breiter und dicker ausgeformt waren.
Ein Putto - ursprünglich ein kleines, nacktes Engelchen - beugt sich über das dicke Geschichtsbuch der Insel, welches auf einem auf dem Boden ruhenden klassischen Säulenkapitel aufgeschlagen liegt. Der Putto scheint interessiert darin zu lesen.
Dahinter sieht man einen Malergesellen oder jungen Malergehilfen mit einer fast überdimensionalen gelb-lederfarbenen Malerschürze, welche ihm vom Hals bis zu den Füßen reicht. Dies erkennt man daran, dass er einen langen Stab mit Stempelkissen zum Auftragen der damals üblichen Keimschen Mineralfarben auf das Fresko - also die noch nasse Kalkwand - in seiner rechten Hand hält. Denn keineswegs gab es im 19. Jahrhundert elektrische Hebebühnen für die Maler. Sie standen zwar auf in der Höhe (mühsam) veränderbaren Gerüsten, mussten sich allerdings dennoch oft bücken oder strecken, um an die zu bemalenden Stellen an der Wand zu gelangen.
Im Übrigen werden in Fresken die Pinsel beim Malvorgang auf der Putzschicht nicht ausgestrichen, sondern nur aufgesetzt. Man spricht deshalb beim Fresko auch vom 'Setzen der Farbe'. Manche vergleichen diese Technik deshalb mit dem Auftragen des Puderzuckers auf einen Kuchen oder eine Torte. - Würde man hingegen klassisch mit dem Pinsel malen, also den Pinsel ausstreichen, dann würde der noch nasse und somit weiche Kalkputz - die Kalkschicht als Malgrund - aufgeraut, wodurch sich der Farbton an jener Stelle vom Rest kaum berechenbar unterscheidet. (Eine kurze Einführung zur praktischen Fresko-Malerei findet sich beim Bauhandwerk.)
In seiner linken Hand hält der junge Malergeselle weit nach links oben sowohl über den Kopf des Puttos als auch die Stuhllehne seine Farbpalette zum Anmischen der Farben. Darin stecken auch mehrere farbige Fresko- respektive Kalkpinsel steil nach oben und reichen sogar über den Kopf des Malergesellen hinaus.
Getrennt werden das Putto im Vordergrund und der Maler im Hintergrund durch den alten Holzstuhl im Mittelgrund, welcher mit einer edel in Wappenform-Mustern bezogenen Rückenlehne versehen ist, und dessen massives linkes Vorderbein aus dunklem Holz im Bild rechts unten unter den aufgeschlagenen Buchblättern hervorschaut.
Ganz rechts unten im Vordergrund stehen zwei grüne mit Korken leicht verschlossene Flaschen sowie zwei mit großen metallenen Schraubverschlüssen versehene Gläser, welche mit farbigen Flüssigkeiten teilweise gefüllt sind, und somit den Maler mitten in seinem Arbeitsprozess zeigen. Hinter den Flaschen am Boden liegend erkennt man die zugeschnittenen und bereits verbrauchten Kartons, die man für das Aufpausen der vorbereiteten Zeichnungen für das jeweilige Tageswerk (giornato) auf den vom Verputzer jeweils vorbereitetem Feinputz aufträgt (Sinopien - Vorzeichnungen).
Bereits das Eröffnungsbild ist Programm: Es wird behauptet, dass es sich in den folgenden Bildern um die Darstellung der Geschichte der Insel handelt. Vor allem die Gemälde vor 1236 - immerhin 5 Gemälde / Szenen / historischen Episoden und zuerst (bis 1966) 8 Bögen, welche die gesamte Westseite des Kreuzganges bedecken - zeigen jedoch Elemente der Konstanzer Geschichte, die Eberhard von Zeppelin sich selbst und seiner Insel aneignete. Man darf sogar vermuten, dass der Hotelbesitzer Graf Zeppelin diese historischen Szenen bewusst an der Westwand - also zur Konstanzer Altstadt hin - platzierte. - Jeder kann es selbst nachlesen. Auf dem Eingangsbild steht wörtlich: Geschichte der Insel
- und nicht Geschichte der Stadt Konstanz.
Links unten liegt ein offenes Portemonnaie / leerer Geldbeutel. Manche behaupten, dass dies von Carl von Haeberlin absichtlich hineingemalt wurde, weil er seine eigenen Preisvorstellungen bei diesen Aufträgen nicht durchsetzen konnte. Es wäre durchaus möglich, dass sich der nachweislich in seiner künstlerischen Freiheit sehr eingeschränkte Maler durch solche Details, wie auch durch manche anderen Abänderungen der engen Vorgaben des Auftraggebers revanchierte.
Das Foto oben zeigt das offene Portemonnaie / den leeren Geldbeutel links unten im Bild im Zustand des Freskos im Jahr 2014.
Aus einigen Quellen geht hervor, dass Häberlin nach seinem Abgang aus Stuttgart zunehmend eitel und empfindlich wurde. Der alte Ruhm war verflogen und neue Anerkennung stellte sich auch in der Provinz - wenn überhaupt, dann - eher zögerlich ein. Man kann es folglich verstehen, wenn er von seinem früheren Ruhm zehrte und daraus - auch mit dem nicht mehr vorhandenen Titel Professor - Kapital zu schlagen versuchte.
Allerdings galt sein Bilderzyklus im Inselhotel bereits um 1900 als bedeutend: (Es) ist unter Häberlins Werken dasjenige, das ihm am meisten Ruhm eingebracht, seinen Namen am bekanntesten gemacht hat.
1 - Und somit auch Geld einbrachte. Denn zahlreiche weitere Aufträge hat er erst durch dieses damals überregional Aufsehen erregende Werk erhalten. Häberlin malte neben dem Inselhotel - allein im direkten Umfeld - Fresken auf Schloss Castell, in der Vorhalle des Konstanzer Rathauses und die Fassade am Haus Zum hohen Hafen
am Obermarkt. Und aufgrund seiner erheblichen finanziellen Nachforderungen 1894, welche Zeppelin erfüllte, dürfte Häberlin gewiss nicht am Hungertuch genagt haben.
Das Foto oben zeigt das Haus zum hohen Hafen am Obermarkt in Konstanz im Zustand des Jahres 2014. Auch hier erhielt der Maler Häberlin einen Auftrag.
Der in Nord-Süd-Richtung 31,9 Meter lange, in West-Ost-Richtung 26,6 Meter breite und überall 3,2 Meter weite Kreuzgang ist rechteckig geformt und umschließt den 19 * 24,3 Meter großen Innenhof. Die West- und die Ostseite besitzen jeweils 9 Bögen, die Nordseite nur 7 und die Südseite 8 Bögen mit Fresken. Daraus folgt, dass die Bögen ungleichmäßig geformt sind, was sich auch an den zusammengesetzten Panoramen mehrerer Bildbögen erkennen lässt.
Die Abbildung oben zeigt die Anordnung der Gemälde im Kreuzgang im Inselhotel.
Die Farbe Blau symbolisiert die zwei ursprünglichen Fenster, welche Zeppelin 1874 in der Ostwand einbauen ließ, und die 1966 wieder entfernt wurden.
Mit der Farbe Gelb werden die ursprünglichen Türen gekennzeichnet.
Der in Orange gehaltene Durchbruch zeigt den heutigen Haupteingang in der Westwand an, für welchen 1966 das linke Bild Karls des Großen Triptychons zerstört wurde.
Gemälde 0 - Eröffnungsbild / Putto. Siehe hierzu oben auf dieser Seite.
Fresko 1 - Pfahlbauten - [Die] Zeit der Pfahlbauten auf der Insel.
Wandgemälde 2 - Pelagius - [Die] Verurteilung des heil. Märtyrers Pelagius. 272 n.Ch.
Fresko 3 - Bischof Maximus - [Der] Einzug des ersten Konstanzer Bischofs Maximus. 600.
Wandgemälde 4 - Kaiser Karl der Große - [Der] Besuch Kaiser Karls des Großen u. Gemahlin Hildegard bei Bischof Johann III. Empfang der Mönche v. St. Gallen u. Reichenau 780.
Fresko 5 - Kampf der Bischöfe - der Investiturstreit - [Der] Kampf zwischen den Bischöfen Gebhard III. von Zähringen und Arnold von Heiligenberg.
Wandgemälde 6 - Gründung des Klosters - [Die] Gründung des Klosters durch Bischof Heinrich von Tann 1236.
Fresko 7 - Suso - Heinrich v. Berg genannt Amandus Suso, lebte hier 1310-40.
Wandgemälde 8 - Kunstthätigkeit - [Die] Kunstthätigkeit der Dominikaner in ihrem Kloster. XIV Jahrhundert.
Fresko 9 - Beisetzung Chrysoloras - [Die] Beisetzung des griechischen Gesandten und Gelehrten Manuel Chrysoloras während des Conzils am 25. April 1415.
Wandgemälde 10 - Hus - Hus im Inselthurm 1414 - 15.
Fresko 11 - Provincialcapitel - [Das] Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415.
Wandgemälde 12 - Reichstag 1507 - Kaiser Maximilian I. - [Der] Empfang des Kurfürsten Friedrich des Weisen von Sachsen im Inselgarten durch Kaiser Maximilian I. und Kaiserin Maria Bianca, während des Konstanzer Reichstages 1507.
Fresko 13 - Spital - Das Inselkloster als Spital. 1536.
Wandgemälde 14 - Schwedische Flotte - [Die] Vertheidigung der Insel gegen die schwedische Flotte. 1633.
Fresko 15 - Taufe - [Die] Taufe des ersten hier geborenen Kindes der Genfer Kolonie im Refectorium 1786.
Wandgemälde 16 - Indiennefabrik - Macaire - [Die] Zeit der K.K. privileg. Indiennefabrik von Macaire frère um 1800.
Fresko 17 - Kaiser Wilhelm II. - [Der] Besuch SM des Kaisers Wilhelm II. bei Herzog Adolf von Nassau im Inselhotel. 1888.
Wandgemälde 18 - Hotel - [Das] Insel-Hotel seit 1874.
Auffällig ist, dass sich sowohl Eberhard Graf Zeppelin als auch der Stuttgarter Historienmaler Carl von Haeberlin an einem Aufbau aller Fresken und somit der Entwicklung der Geschichte der Insel im Uhrzeigersinn entscheiden. Der Besucher sollte somit rechtsherum den Kreuzgang des ehemaligen Klosters durchwandern. Im 19. Jahrhundert schien dies allen Beteiligten offensichtlich noch die natürliche Lauf-Richtung der Zeit und der Menschen zu sein. Dies zeigt sich auch in einigen Gemälden, welche wie im Einzug des ersten Konstanzer Bischofs Maximus. 600. alles überragende Personen zeigen, welche nach rechts - in die Zukunft - weisen. Dies widerspricht der modernen Laufrichtung, welche im 21. Jahrhundert den Menschen durch die Lebensmittel-Ketten mit ihrer Orientierung links-herum aufgeprägt wurden.
Während heute der Gast durch die oben erkennbare Mitteltür, welche durch orange Farbe im Plan gekennzeichnet ist, von Westen in den Kreuzgang tritt - also quasi bei 4.1 - dem zerstörten linken Teil des Bildes Karls des Großen -, so ist dies erst seit 1965 der Fall.
Im 19. Jahrhundert - als Zeppelin alles plante und Carl von Häberlin es für ihn umsetzte - war der Eingang in den Kreuzgang jedoch links unten in der Ecke zwischen Bild 18 (dem Schlussbild des Inselhotels ) und Bild 0 dem Eingangs-Putto, das die historische Reise beginnt.
Deshalb empfiehlt es sich auch heute noch für moderne Besucher, dort unten in der linken süd-westlichen Ecke anzufangen die Fresken zu betrachten.
Das Foto oben zeigt die Ostseite Steigenberger Inselhotel Konstanz im Jahr 2014, welche auf den Bodensee zeigt. Direkt dahinter liegt die Altstadt von Konstanz mit dem Münsterturm.
1 Siehe hierzu die Konstanzer Zeitung, vom 19.4.1911, Zum Tode Professor Karl von Häberlins.
Hier geht es zum ersten geschichtlichen Ereignis auf der Insel - der Zeit der Pfahlbauten auf der Insel.
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