Das 11. Gemälde zur Geschichte der Insel in Konstanz besteht aus einem zweiteiligen Panorama.
Die Dimensionen des Wand-Gemäldes betragen: 210 * 610 cm. Die historische Szene wird in zwei unterschiedlich großen Architektur-Bögen dargestellt.
Die Ersterstellung des Freskos wurde im Jahr 1896 durch den Stuttgarter Historienmaler Carl von Haeberlin ausgeführt.
Der Ort der Anbringung des Wandgemäldes: Das Fresko befindet sich auf der Ostwand des Kreuzganges des Inselhotels. - Bitte beachten Sie hierzu den Lageplan (rechts) mit der in Rot gehaltenen Hervorhebung des Standortes. Sie können dazu auch den Überblick mit der Anordnung aller im Kreuzgang angebrachten Gemälde einsehen.
Hier wurde der rechte 2. Teil mit den sitzenden Mönchen beim Umbau 1965 zerstört und der linke 1. Teil mit dem dozierenden Mönch rechts unten schwer beschädigt. 1977 wurden die beschädigten Teile von Carolus Vocke neu gemalt.
Das Farb-Foto oben zeigt das Fresko mit dem Titel: Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415 - im Zustand des Jahres 2014.
Im linken Bogen dominiert das große hölzerne Chorgestühl, in dem zahlreiche Mönche sitzen und dem Vortrag eines Mönches am rechts stehenden Pult zuhören.
Der Dozent lehnt sich vor über den Pult und streckt die rechte Hand erklärend nach vorne.
Das Chorgestühl und der Boden sind überfüllt mit teilweise geöffneten Büchern.
Im Hintergrund steht ein Mönch links im Eck und macht sich Notizen des Vortrages.
Eine gemalte Säule trennt den linken vom rechten Bogen. Diese Säule wurde bereits in sich selbst völlig falsch restauriert. (Vergleiche hierzu die beiden Bilder.) Ferner befand sich über dieser Säule früher noch ein gemalter gotischer Spitzbogen, der nach der Restaurierung komplett entfiel.
Noch deutlicher werden die Unterschiede zwischen Häberlins Original und der Restauration Vockes 1977 im rechten unteren Bildteil des linken Bogens bei den Büchern. Form und Aufstellung weichen ab. Vor allem die drei rechten Bücher (direkt links neben der Säule) ersetzte Carolus Vocke eigenwillig durch einen völlig unhistorischen losen Stapel Blätter.
Dieses Schwarz-Weiß-Foto oben zeigt das Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415 - im Original-Zustand um das Jahr 1895 fotografiert.
Dieses Farb-Foto oben zeigt den ersten (also linken) Bogen: Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415 - im Zustand des Jahres 2014.
Dieses Schwarz-Weiß-Foto oben zeigt den ersten linken Bogen: Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415 - im Original-Zustand um das Jahr 1895 fotografiert.
Dieses Farb-Foto oben zeigt den zweiten (also rechten) Bogen: Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415 - im Zustand des Jahres 2014. Hier wurde fast alles inklusive dem Pfeiler rechts davon von Carolus Vocke neu gemalt und nicht restauriert.
Der rechte Bogen zeigt eine weitere gestaffelte Gruppe Mönche, die dem Vortrag lauschen. Die vorderen Mönche sitzen, und die hintere gestaffelte Reihe steht.
Ursprünglich wurde der rechte Teil über ein echtes Fenster aus Butzenglas in einem gotischen Fensterbogen gemalt.
Dieses gotische Fenster wurde 1965 in den Ostflügel verlegt. Der Grund lag in einem Streit um die korrekte Platzierung jener zwei Fenster. Denn bereits der Hotelbesitzer Graf Eberhard von Zeppelin hatte diese beiden Fenster in der Ostwand des Kreuzganges erst beim Hotelumbau 1874 aus dem Refektorium hier einfügen lassen. Allerdings wurde bei jenen 1965 durchgeführten Ausbauarbeiten der Fenster offenbar - wie auch sonst - unfassbar unpräzise gearbeitet und dadurch massiver Schaden am Fresko großräumig rundherum angerichtet.
Stattdessen malte man das Fenster nach. Dabei kam es wieder zu einem Fehler: Die Blätter der Bäume ragen von außen in den Saal hinein - ein typisch modernes integrierendes Naturdenken. Dies hätte Häberlin im 19. Jahrhundert so nicht gemalt, da damals die Natur vom Menschen bezwungen wurde und außerhalb der Zivilisation zu bleiben hatte.
Auch sonst hat Carolus Vocke 1977 - unhistorisch und gegen die Regeln einer korrekten Restauration - ziemlich frei viele Details abgeändert. U.a. erkennt man dies an der völlig anders gestalteten Säule, welche den rechten vom linken Bogen trennt. Jedoch sind bei genauerer Betrachtung auch alle Personen im rechten Bogen anders gestaltet als im Original. Dies betrifft Haltung, Gestik, Blickrichtung, Mimik und vor allem die Kleidung, welche unhistorisch viel zu feingliedrig, faltenreich, weich und geradezu seidenartig fein dargestellt wurde.
Die Bettelmönche hätten niemals ein derart feines Tuch getragen. Das passte nicht zu ihrem Armutsgelübde.
Der Historienmaler Häberlin legte jedoch exakt auf die historisch korrekte Darstellung der Kleidung viel Wert.
Dieses Gegenüberstellung der fotografischen Abbildungen der gemalten Karyatiden zeigt den Unterschied. Ganz links erkennen sie in dem Schwarz-Weiß-Foto die vom Historienmaler Carl von Haeberlin erstellte ursprüngliche Version - im Original etwa im Jahr 1895 aufgenommen. In der Mitte ist die neue freie Version vom Maler Carolus Vocke abgebildet im Zustand des Jahres 2014 und rechts erkennen Sie die rechts davon befindliche Gegenfigur wieder im Original vom Historienmaler Carl von Haeberlin erstellt - im Zustand des Jahres 2014.
Besonders auffällig wird die Umarbeitung durch Vocke 1977 auch an der Scheinsäule rechts des zweiten Bogens. Aus der ursprünglichen Figur im Stil des 19. Jahrhunderts wurde moderner Kitsch: Ursprünglich hatte der Stuttgarter Historienmaler Carl von Haeberlin ein dem Zeitgeschmack des 19. Jahrhunderts entsprechende etwas fülligere Dame gemalt, welche mit dicken und lichtdichten Stoffen umhüllt war. Daraus machte Carolus Vocke im Jahr 1977 eine schlanke Dame mit moderner Frisur, welche nur noch ihre linke Brust mit einer durchsichtigen Gaze bedeckt hat.
Im Übrigen scheint diese gemalte Karyatide bereits zu Ihrem Gegenstück rechts davon - also rechts neben der echten architektonischen Säule - zum Gemälde des Empfangs des Kurfürsten Friedrich des Weisen von Sachsen im Inselgarten durch Kaiser Maximilian I. und Kaiserin Maria Bianca, während des Konstanzer Reichstages 1507 zu gehören. Denn sie stellt eine Art Weingöttin dar, welche mit dem dortigen Weingott korreliert. D.h. es könnte sich hierbei um die in der griechischen Mythologie bekannte Hebe handeln. Sie war die Tochter des Zeus und der Hera. Als Mundschenk der Götter servierte sie Ambrosia und Nektar - also Götterspeisen und den Göttertrank. Denn rechts daneben - neben dem Ausgang respektive Türbogen - findet sich das männliche Gegenstück, welches Bacchus oder Dionysos darstellen könnte. Bacchus war der römische und Dionysos der griechische Weingott. Denn beide gemalte Karyatiden tragen Trauben, welche den Lenden-Bereich bedecken. Diese auch im prüden 19. Jahrhundert - insbesondere aufgrund der damals noch vorhandenen antiken Schulbildung - durchaus anzüglichen Anspielungen deuten eher auf eine Beziehung zu einem lustigen Weinfest auf einem Kaiserempfang hin, als dass sie zu einer Versammlung der Dominikaner passen. Deshalb scheint die Neuschöpfung Vockes auf der Seite der und nun (ohne Trennung durch das echte Fenster) in direkter Nähe Dominikanerversammlung angebrachten Version nicht nur ahistorisch, sondern deplatziert.
Dieses Schwarz-Weiß-Foto oben zeigt den zweiten also rechten Bogen: Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415 - im Original-Zustand um das Jahr 1895 fotografiert. - Es zeigt noch deutlich das echte dort vorhandene gotische Fenster mit dem Butzenglas.
Tatsächlich kam es im 15. Jahrhundert zu einem zweiwöchigen Capitel - einer großen Zusammenkunft der Vertreter aller Dominikanerklöster - zumindest der Provinz. 1 Allerdings scheint das Datum nicht zu stimmen. Evtl. kam es zu einem Zahlendreher. Die Quellen und auch Zeppelin in einer seiner Schriften 2 legen das Ereignis auf 1451, der Maler auf 1415. Auffällig bleibt nur, dass Zeppelin den Fehler nicht korrigieren ließ.
U.a. in einem Schreiben vom 22.11.1888 teilte Eberhard Graf Zeppelin Häberlin mit, dass er sogar ein Ordenskleid oder zumindest Stoffproben der Kutten vom Dominikanerkloster in Wien angefordert habe. 3 Beide - Zeppelin wie Häberlin - waren bei den Einzelheiten auf Authentizität bis ins Detail aus und scheuten hierfür auch keine Mühen. Aber bei entscheidenden historischen Punkten, wie der Jahreszahl, arbeiteten sie ungenau.
Man kann nur spekulieren. Aber eventuell wünschte der Historienmaler Carl von Haeberlin hier einen rechtfertigenden Ausgleich zur zumindest umstrittenen Behandlung des Johannes Hus. Vielleicht wurde die quasi Lehrveranstaltung mit akademischer Diskussion im Dominikaner-Kloster bewusst rückdatiert in die Zeit des Ketzerprozesses 1415, um das Inselhotel in den Augen der Gäste wieder marketing-technisch aufzuwerten. Somit könnte das Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415 zeigen, dass es hier auf der Insel eben doch so etwas wie freie Lehre gab, die er im hellen Licht darstellte und mit vielen Büchern kennzeichnete - im Gegensatz zum düsteren Kerker der kirchlichen Verfolgung bei Hus im vorausgehenden Fresko. - Jedoch bleibt es dabei, dass es bereits rein organisationstechnisch unwahrscheinlich war, dass man zusätzlich zur extrem aufwändigen und belastenden Unterbringung der zahlreichen ausländischen Gäste des Konzils im Kloster gleichzeitig auch noch ein Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415 hätte abhalten können.
1 Siehe hierzu auch DBZ vom 11.7.1936.
Marmor, Geschichtliche Topographie der Stadt Konstanz und ihrer nächsten Umgebung, S. 32, weist darauf hin, dass 1451 - genau 14 Tage nach Ostern - jeweils zwei Mönche als Abgesandte aus jedem Kloster der Provinz zum Capitel anwesend waren.
2 Zeppelin, Über die historischen Fresken von Professor Karl Häberlin im Kreuzgang des Inselhotels in Konstanz, S. 19.
3 Aus den Briefen von Eberhard Graf Zeppelin an Haeberlin aus den Jahren 1886-1904, Landesbibliothek Stuttgart, Cod. Hist. 4° 445, Fasz. V, Brief vom 22.11.1888, zitiert nach Pech, Carl von Haeberlin, S. 231.
Hier geht es zum 12. geschichtlichen Ereignis auf der Insel - Empfang des Kurfürsten Friedrich des Weisen von Sachsen im Inselgarten durch Kaiser Maximilian I. und Kaiserin Maria Bianca, während des Konstanzer Reichstages 1507.
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