Dieser Artikel über das Dateiformat DNG wendet sich an Fotografen/innen aller Stufen: Einsteiger, Anfänger, Hobbyfotografen, ambitionierte Fotografen und Profis sowie Archivare, die entweder in Ihrer Kamera oder auf dem PC das DNG-Format verwenden wollen.
Nebenbei finden Sie hier genaue Erklärungen sowie Vor- und Nachteile dieses DNG-Formats.
Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle bei dem DNG behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.
Geschichte
Die Abkürzung DNG steht für Digital-Negative-Format.
Bereits dieser Name ist falsch, da es sich in praktisch allen Fällen um Positive handelt.
Schon diese eklatante Verwechslung aus der analogen Filmzeit zeigt, mit welch heißer Nadel das ganze Projekt DNG von Anfang an von der Firma Adobe Systems Incorporated gestrickt wurde.
Das Dateiformat wurde seit Ende 2003 erarbeitet und erstmals am 27. September 2004 offiziell vorgestellt.
Der Erfinder / Hersteller und Betreiber ist ausschließlich die kommerzielle Firma Adobe.
Das hochgesteckte Ziel war: Alle anderen proprietären Hersteller-RAW-Dateiformate und international bereits standardisierte Dateiformate für Fotos sowohl in den Kameras als auch auf den PCs zu ersetzen und dadurch DNG faktisch zum marktbeherrschenden Standard zu machen.
Technik
Grundlegend finden sich zwei Anwendungen, die jedoch meist weder erwähnt, noch von den meisten Menschen verstanden, noch getrennt werden:
native DNG-Unterstützung in einigen wenigen Kameras zum Abspeichern von Bildinformationen des Sensors und seiner nachgelagerten Bildbearbeitungs-Chips, (quasi als zumindest theoretisch weitgehend unbearbeitetes RAW-Format)
DNG-Verwendung als Dateiformat zum Speichern der bearbeiteten Foto-Dateien auf dem PC etc.
Beide Bearbeitungsebenen sind völlig unabhängig voneinander zu sehen:
Ein Fotograf kann eine Kamera besitzen, welche die Bilddaten bereits im DNG-Format aufzeichnet, diese danach in seine Software auf dem Smartphone, Laptop, PC einladen, bearbeiten und dann in einem völlig anderen Dateiformat (z.B. TIFF, PSD, JPEG) abspeichern.
Ein Nachbearbeiter kann eine Fotodatei mit beliebigem Dateiformat (Canon-RAW, Nikon-NEF, Sony ARW etc.) in seine Software einladen, das Bild bearbeiten und es danach als .dng abspeichern.
Ein Fotograf kann eine Kamera besitzen, welche die Daten bereits im DNG-Format aufzeichnet, diese danach in seine Software auf dem Smartphone, Laptop, PC einladen, bearbeiten und dann als DNG abspeichern. - Im Grunde genommen ist nur diese dritte Variante aus Sicht des effizienten Workflows überhaupt sinnvoll.
Wichtig: DNG ist weder an Kameras noch an Software gebunden, noch ist ein Fotograf zur ständigen Benutzung gezwungen.
DNG beruht auf dem tatsächlich weltweit standardisierten Dateiformat TIFF.
Allerdings wurde es in DNG erlaubt, auch Meta-Daten zum Bild (EXIF, IPTC und XMP) direkt in die Datei zu integrieren / einzubetten, also ohne die sonstigen Dateianhänge (z.B. die bekannten XMP-Dateien, auch sidecar genannt, weil sie wie ein Seitenwagen am Motorrad daran hängen), welche einzeln verloren gehen können. Dieser Aspekt gilt als zentraler Vorteil der Befürworter von DNG.
Rohdaten der Kamera müssen nicht in einer bestimmten Sensor-Matrix-Form vorliegen. Das ermöglicht das Schreiben aller Sensordaten mit allen denkbaren Masken oder Farbaufbauten (Bayer, Fuji, Sigma Foveon). Erst dies erlaubte den hersteller- und modellübergreifenden Einsatz in digitalen Kameras.
DNG erlaubt als Container - also als Hülle / Mantel - das gleichzeitige Erzeugen und Einlagern von mehreren JPEG-Dateien zum RAW-Format. Dadurch wird zwar die Dateigröße erhöht, aber das permanente Neuerzeugen einer sichtbaren Datei zum schnellen Betrachten vermieden. Angesichts der früher beschränkten Rechenleistungen der PC-Prozessoren und vor allem der Grafikkarten war dies 2003/4 durchaus ein schlagkräftiges Argument.
DNG erlaubt inzwischen Transparenzen im Foto / Ebenen, wie man sie z.B. für Panoramabilder benötigt.
Die Farbtiefe wurde inzwischen auf 32 Bit erweitert, was auch HDR erlaubt.
Eine verlustfreie Kompression der Daten ist vorgesehen, aber eng geregelt.
Daneben findet sich in neueren Versionen eine verlustbehaftete Kompression, welche jedoch den Dynamikumfang reduziert.
Die tatsächlich verwendete Versionsnummer des DNG-Formats wird im Dateiformat angegeben, sodass man diese auslesen und auswerten kann.
Offenes Datenformat?
Von den Befürwortern wird das DNG-Format wegen seiner Offenheit gelobt.
Es existiert eine offen dokumentierte Dateistruktur. D.h. die Schnittstellen und Programmstruktur sind dokumentiert und das Handbuch ist in seiner neuesten Version frei herunterladbar.
Man kann manche (Hilfs-) Dateien (wie z.B. SDKs) kostenlos und ohne vorherige Authentifizierung herunterladen. Das ist für die Programmierer der beteiligten Software- und Kamera-Hersteller sinnvoll.
Dritte können so eigene Foto-Software entwickeln, welche das Einlesen wie das Schreiben von DNG-Dateien erlaubt.
Je hartnäckiger man jedoch das von Anhängern des DNG-Formates und deren Sympathisanten in Sekundärtexten Mantra-artig wiederholte offener Standard hinterfragt, umso deutlicher wird, wie weich und vorsichtig Adobe und deren Vertreter sich in den Primärquellen dazu äußern.
Adobe nennt es eher öffentliche[s] Archivformat, öffentlich zugänglich, offenes Archivformat. Maximal lässt man sich zu vagen Äußerungen hin: DNG übernimmt die Rolle eines offenen Standards für Rohdaten, ein offenes Archivformat für die von Digitalkameras erzeugten Rohdaten - oder auf Englisch: The solution to this is Digital Negative (DNG), a publicly available archival format for the raw files generated by digital cameras., Die offene und allgemein zugängliche Spezifikation - Alle fetten Hervorhebungen durch mich.
Rechtlich verbindliche Worte wie freies Dateiformat, frei benutzbar, freie Software, offener Standard, Creative Commons Attribution-ShareAlike, Creative Commons, CC, schöpferisches Gemeingut etc., die ganz offensichtlich viele Anhänger da herauslesen, finden sich jedoch nicht bei Adobe.
Wenn man es nachprüft, bleibt nichts übrig, als dass die Dokumentation - also das PDF-Handbuch zum Datenformat - öffentlich und kostenlos abrufbar ist.
Im Übrigen heißt veröffentlicht nicht, dass es rechtlich gesehen von jedem frei verwendbar ist, oder zukünftig bleibt.
In den USA wird deutlich darauf hingewiesen, dass es sich bei DNG um ein patented und non free Produkt der Firma Adobe handelt.
Die Benutzung des DNG-Dateiformates ist derzeit zwar royalty-free, aber rechtlich somit nicht völlig frei oder kostenlos. Der Begriff royalty-free oder deutsch Lizenzfreiheit ist für den Laien missverständlich. Kurzgefasst: Es existieren Urheberrechte, welche unabdingbar sind. Es gibt Nutzungsrechte für die man ggf. (einmalig) bezahlen muss. - Ganz knapp (und juristisch vereinfachend) zusammengefasst grenzt dies nur von permanent laufenden (also an einen Zeitraum der Nutzung gebundene) Lizenzgebühren oder patentrechtlichen Stückkosten ab. Aber im angloamerikanischen Rechtsraum ist dies alles noch viel komplizierter und vor allem Einzelfallabhängig. Aus diesen Gründen sind einige deutsche Juristen auch der Meinung, dass die vagen Aussagen von Adobe im Zweifel für Deutsche rechtlich nicht sicher einklagbar sind. D.h. die Zukunft bleibt rechtlich unsicher.
Auch die öffentliche Bekanntmachung der Firma Adobe, dass es derzeit keine bekannten rechtlichen Beschränkungen bei DNG gäbe, ist keine Garantie dafür, dass man zukünftig keine findet.
Somit bleibt die latente Gefahr, dass es zukünftig doch wieder geschlossen wird.
Das Wort offen darf man ferner nicht von Herstellerseite (Kameraproduzenten oder Software-Programmierer) missverstehen. Laut den mir zugänglichen Firmenquellen fragte Adobe zwar mehrfach die kooperierenden Firmen, was sie wünschen resp. was noch fehlt. Aber die Hersteller erhielten kein Recht auf Mitsprache oder Mitbestimmung. Adobe entscheidet alles alleine. Vor allem erhalten die Hersteller keine Rechte bei der Art der Umsetzung / Implementierung der Wünsche. Von offen im Sinne einer aktiven Mitgestaltung kann keine Rede sein.
Das Wort offen darf man auch nicht von Anwenderseite missverstehen. Die Kamerahersteller, welche DNG verwenden, halten sich z.B. völlig bedeckt über die kameraseitigen Details zwischen Sensor, Bildbearbeitungschips und den Schnittstellen zum DNG-Dateiformat. D.h. Sie als Fotograf oder Kameranutzer oder Dateianwender erhalten keine Gelegenheit, sich selbst so einen Treiber zu programmieren, um Ihre eigene Kamera oder deren Bilddaten zu verbessern.
Das DNG-Format darf und kann sogar verschlüsselte Komponenten beinhalten. Das ist nun wirklich das Gegenteil von offen.
Man darf das offene Datenformat DNG auch nicht mit klassischer Open-Source-Software gleichsetzen. Open-Source-Software wird überwiegend kostenlos vertrieben und von idealistischen Programmieren weltweit mit Support und Service versehen. Bei DNG sind fast alle Produkte kostenpflichtig - wie auch der Support und Service.
Es kommt jedoch noch etwas ganz Trickreiches hinzu.
Da man DNG beim Initiator Adobe nur mit Adobe-Produkten bearbeiten kann, welche auf den ACR (Adobe Camera-RAW-Decoder) zugreifen, ist man von diesen Produkten abhängig.
Da sich Adobe 2015 entschieden hat, diese Produkte nicht mehr zu verkaufen, sondern nur noch zu vermieten, muss man sich als Nutzer unter dubiosen Datenschutzrichtlinien sowie ausländischen Gesetzen registrieren und einen Mietvertrag mit dieser Firma abschließen, damit man in abgeschlossenen Nutzerkreisen im internen Firmen-Bereich des Adobe-Imperiums arbeiten darf / muss.
Das Wort offen erhält so eine ganz andere Bedeutung.
Und nur Adobe bestimmt, wie es mit der Ausgestaltung der Mietverträge zukünftig weitergeht.
Ferner bestimmt nur Adobe darüber, wer Kunde wird oder wie lange bleibt. Adobe behält sich z.B. ausdrücklich das Recht vor, jedem Benutzer fristlos zu kündigen.
Nachdem Adobe dies vorexerziert hat, beschritten inzwischen auch einige andere DNG-Unterstützer-Firmen diesen lukrativen Weg der Miete mit Registrierung und langfristig bindenden sowie teilweise nur schwer kündbaren Verträgen, sodass man ein hochwertiges neues DNG-Bearbeitungsprogramm kaum mehr anonym als Dauereigentum erwerben kann.
Man kann zwar einen separaten einfachen DNG-Konverter von Adobe frei herunterladen, sofern man die Download-Seite findet. Aber er entspricht keineswegs ACR oder Lightroom, da er nur - und zwar undokumentiert - Dateien konvertiert und keine Bearbeitung zulässt.
Bereits deshalb bleibt es mir ein absolutes Rätsel, wie angeblich auf gesicherte Unabhängigkeit für Jahrzehnte oder Jahrhunderte pochende Archive und Museen auf DNG setzen und Archivare derartige Praktiken sogar empfehlen können.
Standard?
Adobe preist sein DNG: DNG übernimmt die Rolle eines offenen Standards für Rohdaten, die von unterschiedlichen Kameramodellen erzeugt werden. (Oder auf Englisch etwas vorsichtiger: By addressing the lack of an open standard for the raw files created by individual camera models, DNG helps ensure that photographers will be able to access their files in the future.) und in der Sekundärliteratur sprechen viele Anhänger eindeutig von DNG als einem Standard.
Ein internationaler Standard ist klar und sauber definiert. Siehe hierzu z.B. ISO (International Organization for Standardization).
Um es unmissverständlich vorweg festzuhalten: das DNG-Format erfüllt diese Ansprüche nicht.
Bei DNG handelt es sich hingegen um ein Datei-Format, das von der Firma Adobe erdacht sowie entwickelt wurde und bis heute ausschließlich supported sowie weiterentwickelt wird.
Nur, weil DNG (irgendwie) auf dem internationalen Standard TIFF beruht, wird daraus selbst kein anerkannter Standard.
Auch der Antrag der Firma Adobe, DNG in das Standardisierungsverfahren von TIFF/EP aufzunehmen, macht aus DNG bei weitem noch keinen eigenen Standard.
Ferner schrieb Adobe selbst 2012 in seiner Dokumentation zur DNG-Version 1.4 auf Seite 12: It is possible (but not required) for a DNG file to simultaneously comply with both the Digital Negative specification and the TIFF-EP standard. (fette Hervorhebungen von mir). Das heißt ganz deutlich, dass man als DNG-Software-Hersteller nicht den TIFF-Standard einhalten muss.
Ein Standard wird jahrelang von Spezialisten aller interessierten sowie betroffenen Firmen, Organisationen und Bereiche sorgfältig und vor allem weit vorausschauend formuliert und erst nach eingehender abschließender Prüfung verabschiedet, worauf er für viele Jahre gilt. Bei DNG hat man jedoch den Eindruck, dass die Erfinder am Anfang nicht im Geringsten an die Zukunft, sondern nur ihre eigenen aktuellen Adobe-Firmen-Wünsche dachten und danach jahrelang in ständig neu erscheinenden Nachträgen - wie bei schlecht programmierter Software - laufend nachbesserten.
Allein zwischen 2004 und 2008 gab es zwei komplette Überarbeitungen und 2012 fand sich die fünfte Version (DNG 1.4.0.0 Specification October 2012 - Hinweis: 1.0 war die erste, 1.1 die zweite usw.).
Und die an die ISO gesandte Version betrifft V1.3. Also selbst, wenn diese jemals ein Standard werden sollte, ist er bereits seit 2012 veraltet und überholt von DNG V1.4.
Daneben wurde 2009 noch ein CinemaDNG für Video herausgebracht, der evtl. in das bisher nur für Fotos gedachte DNG integriert werden soll - oder auch nicht. Das kann oder will noch nicht einmal Adobe beantworten.
Letztendlich muss man angesichts der langen Zeit, in welcher der erste Antrag (2008) bei der ISO liegt und den ziemlich vagen Antworten der ISO davon ausgehen, dass aus DNG niemals ein eigener internationaler Standard wird.
Nachtrag: Inzwischen gelang es mir, mit einem der Entscheider bei der ISO zu diesen Foto-/Bild-Standards zu telefonieren. Er teilte mir unverblümt mit, dass Adobes DNG niemals von der ISO als Bildstandard anerkannt würde.
Obwohl ich mich für diesen Artikel erneut mit allen Details ausführlich befasste, habe auch ich inzwischen den Überblick etwas verloren. Adobe weist in seinen Veröffentlichungen noch nicht einmal genau darauf hin, welcher ihrer zahllosen Versionen aktuell gültig ist und von den eigenen Produkten wie unterstützt wird und wie es zukünftig weitergehen soll.
Bei anderen Firmen sieht es noch schlechter aus. So geben weder Kamerahersteller noch Software-Programmierer detailliert an, in welcher Version mit welchen Funktionen sie DNG wie präzise unterstützen.
Das alles ergibt exakt das Gegenteil von Standard - nämlich ein für den Anwender unüberschaubares Chaos, das letztendlich nur Verunsicherung zurücklässt.
De facto stellt DNG nur ein weiteres - mit anderen Herstellern und Standards konkurrierendes - Dateiformat dar:
Innerhalb der Kameras konkurriert es mit fast allen Kameraherstellern sowie deren eigenem RAW-Format und mit dem internationalen Standard JPEG.
Auf der Software-Ebene der Bildnachbearbeitung konkurriert es mit internationalen Standards wie TIFF und JPEG sowie zahllosen proprietären Firmen-Standards (auch innerhalb von Adobe selbst).
Da die großen Kamerahersteller das DNG-Dateiformat bis heute entweder ablehnen oder nur halbherzig unterstützen, wird es wohl keine große Zukunft mehr haben. Wenn es der Fotowirtschaft gut ginge, dann benötigte man diesen Pseudostandard nicht zum Geldsparen. Da es der Fotowirtschaft jedoch seit Jahren sehr schlecht geht, haben die großen Firmen weder Geld noch freie Kapazitäten, um alle Kameras darauf umzustellen. Und falls es nach 2020 die Kamerahersteller ganz hart treffen sollte, dann wird man sich auf einen anderen (bereits vorhandenen) anerkannten internationalen Standard einigen und sich keinesfalls Adobe ausliefern.
Selbstlos?
Sofern man den glühenden Anhängern von DNG folgt, dann kann der Eindruck entstehen, dass aus dem kommerziellen Software-Imperium Adobe eine gemeinnützige Organisation geworden wäre, welche Geschenke verteilt.
Keineswegs handelt es sich bei der Aktion von Adobe um ein selbstloses Geschenk an die Fotografen oder gar an die Kamera-Hersteller.
Allein für die Konverter, wie ACR (Adobe Camera Raw), musste die Firma Adobe für das Reengineering aller Hersteller Raw-Formate seit 1999 geschätzt eine Milliarden-Summe aufbringen. Es handelt sich hierbei folglich um ein geradezu gigantisches Kosten-Einsparungs-Potenzial.
Der Grund liegt darin, dass die verschiedenen Kamera-Hersteller ihre eigenen RAW-Formate nicht kostenlos publizieren, da sie selbst eigene RAW-Konverter-Software zu jeder Kamera anbieten. Manche Firmen, wie Nikon, verlangten viele Jahre sogar Lizenzgebühren für das Verwenden der Dateiformate. Auch alle anderen Hersteller behinderten jedoch Adobe massiv beim Herausfinden der jeweiligen Datenstruktur. D.h. eine Vielzahl hochqualifizierter IT-Spezialisten ist seit 1999 bei Adobe ständig damit beschäftigt, bei jedem neu erscheinenden Kameramodell alle Details erneut herauszufinden, indem man rückwärts entwickelt (Reverse Engineering) - Trial and Error - Raten und aus den Fehlern lernen.
Das bisher existierende System der proprietären RAW-Formate führt bei Adobe zu:
extremen Zeitverlust, da man meist Wochen oder sogar Monate benötigt, um bei neuen Kameras alles auf dieses Weise auszutesten,
Fehlern, da man sich beim Raten bei Spezialfunktionen auch oft irrt, sodass viele Fotos neuer Kameras in den ersten danach verfügbaren Adobe-Versionen oft schlechtere Bildendergebnisse liefern,
Kundenärger, weil oft über Wochen oder sogar Monate für neue Kameramodelle überhaupt kein RAW-Konverter von Adobe existiert, oder die Bildergebnisse minderwertig sind
und enormen (vermeidbaren) Kosten.
Kalkuliert man alle technischen Effekte, alle betroffene Software sowie alle Firmen-Bereiche bei Adobe bis hin zum Marketing, Service und dem Image-Schaden ein, so darf man weltweit jährlich von durchaus einer dreistelligen Millionensumme ausgehen. Ein Adobe Manager sprach dazu 2008 von the acute pain of supporting all the different raw formats (also von akuten Schmerzen bei der Unterstützung all der verschiedenen Rohdatenformate). Das sind sehr seltene und somit aussagekräftige Worte.
Adobe wird zwar nicht so rechnen oder es vermutlich im Detail auch nicht alles derart aufaddieren können. Aber dennoch war bereits kurz nach dem Jahr 2000 allen Verantwortlichen dort bewusst, dass sich dies über die Jahrzehnte zu horrenden Kosten aufsummiert.
Ferner darf man ein bei großen Firmen übliches Denken in Marktbeherrschung nicht unterschätzen. Wer neue Firmenstandards auf dem Markt durchsetzt, der beherrscht damit den gesamten Markt. Dadurch werden andere Firmen abhängig und sogar erpressbar, was nicht selten zu direkten Zahlungen von Lizenzgebühren ausgenutzt werden kann. Im Zweifel werden derartige Dinge nicht selten auch nachträglich mit Milliarden-Klagen vor US-Gerichten geregelt.
Da ausschließlich Adobe bestimmt, ob und wann eine neue Version des DNG-Formats veröffentlicht und was dann darin enthalten sein wird, hat die Firma natürlich einen erheblichen Wissensvorsprung. D.h. ganz konkret, dass ihre eigenen Produkte bereits bei Veröffentlichung der neuen DNG-Version (rein zufällig) alles beherrschen und somit der Konkurrenz voraus sind. Mitbewerber müssen sich erst in die Handbücher einlesen, in die neuen Regeln hineindenken und können erst danach evtl. etwas Ähnliches programmieren.
Noch deutlicher dürften der Einfluss und die Macht sichtbar werden, wenn Adobe eine Partnerschaft mit einem Kamera-Hersteller einginge. Dann hätte letzterer vermutlich als erster die neue DNG-Version in seiner neuen Kamera. Die anderen Produzenten dürften vielleicht nachziehen - oder auch nicht. Exakt zur Zukunft steht nämlich nichts Klares in den veröffentlichten Regeln.
Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen konnte Adobe nie den überall vorhandenen Eindruck widerlegen, dass die bereits seit den 1990er Jahren mächtige Software-Firma mit dem Dateiformat DNG ganz nebenbei ein unantastbares Monopol nicht nur im Grafik- sondern auch im gesamten Fotobereich aufbauen will.
Da den Marktbeobachtern Adobe ferner nicht gerade als Synonym für die drei K - Kooperation, Kundenorientierung und Kulanz - bekannt ist, halten sich berechtigte Zweifel an der plötzlichen Selbstlosigkeit des Global Players bis heute.
Unterstützung durch Kamera-Hersteller
Adobe wirbt noch immer deutlich mit: führende Kamerahersteller wie Leica, Casio, Ricoh, Samsung und Pentax bieten DNG-kompatible Digitalkameras an.
Die großen Hersteller wie Canon und Nikon boten meines Wissens in keinen Kameramodellen das DNG-Format an. Ebenso sieht es bei Sony und Fujifilm aus, deren Kameras kein DNG-Format unterstützen. Auch die zu den Kameras angebotene Software jener Hersteller scheint kein DNG als Speicherformat für den PC anzubieten.
Alle Aussagen von Adobe, dass Canon, Nikon, Sony, Fuji das DNG-Format angeblich unterstützen, sind irreführend bis unzutreffend. Es ist exakt anders herum: Adobe kann mit seinem DNG-Konverter resp. mit ACR deren RAW-Dateien lesen und in DNG konvertieren. Es ist bezeichnend, dass Adobe zu derartigen Tricks greifen muss, um eine breite Hersteller-Unterstützung vorzutäuschen.
Von den anderen Herstellern kann man die Unterstützung nur als lauwarm bezeichnen.
Manche versuchten DNG ein paar Mal in ihren Kameras, oft eher als zusätzliches Dateiformat zum Speichern.
Pentax / Ricoh bietet DNG für zahlreiche Kameras als Zusatz / Option zum Abspeichern der Bilddateien an.
Nur Leica scheint seit 2005 in einigen Kameras DNG als einziges RAW-Dateiform anzubieten.
Auch Casio bot in vielen Modellen DNG an. Aber diese Firma scheint kaum mehr auf dem Markt vertreten zu sein. Ähnlich sieht es mit anderen Karteileichen bei Adobe aus, wie z.B. Samsung oder Kodak.
Im Bereich der Smartphones dominiert hingegen DNG bei modernen Modellen als Speichermedium mit hochwertigen Fotokameras für RAW-Bilder.
Das Hauptproblem scheint mir bei der sogenannten Herstellerunterstützung zu sein, dass jeder Hersteller die DNG-Version frei wählen kann und dann nochmals - also auch bei der neuesten Version 1.4 - selbst auswählt, was er davon und wie er es unterstützt. Und selbst dabei treten noch Programmierfehler auf, sodass manche Tester sogar Reinigungsprogramme für derartig fehlerhafte DNGs anboten.
Insgesamt scheinen es eher die kleinen Hersteller zu sein, welche sich die Entwicklungskosten für ein eigenes, auf die Kamera optimiertes RAW-Format sparen wollen und deshalb auf DNG setzen.
Festzuhalten bleibt, dass DNG selbst heute keineswegs in jeder Kamera und noch nicht einmal bei jedem Hersteller überhaupt als Alternative angeboten wird.
Software-Unterstützung
Adobe nennt Hunderte von Software-Anbietern, welche DNG unterstützen.
Persönlich gelang es mir nicht, die Zahl von hunderten von Anbietern zu überprüfen. Ich fand jedoch ein von Adobe produziertes und autorisiertes Video, in welchem eine Angestellte von Adobe 2010 nur von dutzenden von Software-Herstellern spricht (ca. bei 5:40-5:50 Minuten).
Moderne Versionen der Adobe-Software unterstützen das DNG-Format. Darunter befinden sich Lightroom und Photoshop.
Manche kommerziellen Grafik- und Fotobearbeitungsprogramme anderer Hersteller unterstützen das DNG-Format sowohl beim Einlesen als auch beim Speichern. Darunter befinden sich u.a. ACDSee Pro sowie ACDSee Ultimate, Aperture, Capture One, PhotoLine und SilverFast.
Nur sehr wenige freie (kostenlose) Grafik- und Foto-Software unterstützt das DNG-Format. Und selbst dort muss man vereinzelt auf für Laien komplizierte Weise weitere Programmteile (Filter) zusätzlich installieren, bevor DNG unterstützt wird. Hinzu kommt das Kleingedruckte: So erlauben zahlreiche dieser kostenlosen Produkte die Verwendung nur zum rein privaten Gebrauch. Und jener ist bei einer Veröffentlichung eines Fotos auf einer Internet-Plattform (wie Facebook, Flickr etc.) bereits nicht mehr gegeben.
Festzuhalten bleibt, dass DNG selbst heute keineswegs in jeder Software unterstützt und vor allem korrekt mit allen technischen Möglichkeiten unterstützt wird.
Das absolute K.O.-Kriterium lieferte jedoch Adobe Anfang Februar 2019 selbst: Adobe gab nebenbei bekannt, dass ab dem neuen Lightroom CC Classic zum Februar 2019 (version 8.2) die alten DNG-Versionen 1.1 und älter nicht mehr unterstützt werden. - Das ist der GAU für alle alten Anwender, die ihre RAW-Dateien in jene DNG-Versionen konvertierten. Man kann sie niemals zurückkonvertieren zu dem ursprünglichen RAW und ab sofort auch nicht mehr öffnen, bearbeiten oder in andere Dateiformate konvertieren. Falls Sie die alten RAW-Files nicht mehr besitzen, sind nun alle alten Fotos in DNG für immer verloren. - Exakt das meine ich mit Firmenabhängigkeit. Adobe darf dies, weil DNG kein Standard ist. - Alle Fotografen seien nochmals nachdrücklich gewarnt: Da Adobe es bereits einmal gemacht hat, wird es auch vor weiteren Löschungen nicht zurückschrecken. Bald werden folglich auch DNG 1.2 usw. nicht mehr unterstützt werden. Adobe will Profit erzielen und schleppt deshalb keine kostspieligen Altlasten jahrelang mit sich herum, nur weil ein paar unvernünftige Fotografen ihre Fotos in dem Dateiformat abgespeichert haben.
Vorteile des DNG-Formats
Vor allem in den USA setzen einige Museen verstärkt auf DNG als einheitliches Speicherformat im Gegensatz zu den verschiedenen herstellerabhängigen RAW-Formaten. Der wichtige Satzteil lautet hier jedoch: im Vergleich zu zueinander inkompatiblen RAW-Dateien.
Für Entwickler von Bildbearbeitungs-Software entfällt das teure Reverse Engineering, da man DNG-Dateien aus der Kamera nach bekannten Routinen auslesen kann. D.h. auch neue Kameras benötigen theoretisch keine neue Software für die Bildnachbearbeitung. Das gilt jedoch nur, wenn die Kamera und die Software sich auch exakt und an die neueste Adobe-DNG-Version halten.
Adobe bietet sogar selbst kostenlos herunterladbare und frei verwendbare Entwicklermodule an, welche die Programmierung von Software für DNG erleichtern.
Neue Fotokameras mit nativem DNG als RAW-Speicherformat in der Kamera können bereits bei Markteintritt sofort mit dem bestehenden (alten) DNG-Konverter voll unterstützt werden - sofern sie sich an die Vorgaben halten.
All die sonst immer wieder aufgelisteten angeblichen Vorteile von DNG beherrschen inzwischen auch andere Dateiformate und stellen somit keine Alleinstellungsmerkmale von DNG dar. So ist es z.B. in vielen Dateiformaten möglich, nachträglich noch erhebliche Änderungen am Bild weitgehend verlustfrei durchzuführen. - Völlig verlustfrei kann man im Übrigen kein Dateiformat bei komplexeren Vorgängen bearbeiten. (Einfache Ausnahmen, wie Spiegeln und Drehen, sind hier nicht gemeint. Aber die beherrschen auch alle Dateiformate.)
Denkfehler bei DNG
Allerdings liegen grundsätzliche Denkfehler bei den angeblichen Vorteilen von DNG vor:
Da DNG alle in Camera RAW (oder vergleichbaren Konvertern) durchgeführten Änderungen am Original direkt in die Datei speichert, sei es sicherer als jedes andere RAW-Format, das nur Zusatzdateien (sidecars, zusätzliche XMP-Dateien) verwendet, da letztere beim Sichern / Kopieren verloren gehen können.
Damit gemeint kann nur sein, dass man davon ausgeht, dass man in einigen Jahren beim erneuten Einladen der DNG-Datei somit mit dem RAW-Konverter wieder erneut das exakt identische Bildendergebnis aus der ROH-Datei erzielt.
Jeder der jedoch die Entwicklung der Konverter in den letzten zwei Jahrzehnten verfolgt hat, weiß allerdings, dass exakt dies unzutreffend ist. Die Konverter werden ständig weiterentwickelt, ganze Befehle entfallen, werden geändert und die Feinjustierung jedes Einzelbefehls laufend optimiert. Und vor allem die kameraspezifischen Details werden laufend optimiert. Letzteres wird sogar von den Herstellern der RAW-Konverter ausdrücklich beworben: Sie können mit höheren Versionen der Konverter jeweils noch hochwertigere Bildergebnisse aus der alten RAW-Datei herauskitzeln. Allein Adobe bot bis heute 11 Hauptversionen und dutzende Unterversionen seines DNG Converters an.
Dies betrifft allerdings alle RAW-Formate - DNG wie die anderen aller Kamerahersteller.
Der zweite Denkfehler betrifft die Archivierung.
Man ging früher offenbar davon aus, dass ein (dummer) Nutzer tatsächlich jedes Foto manuell und einzeln auf einen externen Datenträger kopiert. Nur dabei können die Zusatzdateien zum RAW-File (also die XMP-Dateianhänge) verloren gehen.
De facto werden heute sowohl Brenn- als auch spezielle Archivier-Software verwendet, welche grundsätzlich ganze Ordner oder sogar Festplatten sichern und dann oft auch noch fein einstellbar sind, sodass alles seit der letzten Sicherung nach Datum extern abgespeichert wird. Selbst Anfänger können dabei nichts verlieren.
Noch einfacher ist es bei heute oft verwendeten Datenbankprogrammen wie Lightroom, welche sowieso in regelmäßigen Abständen alles komplett und automatisch sichern - völlig unabhängig vom Dateiformat.
Der dritte Denkfehler liegt in der (bereits im Artikel RAW und JPEG dargelegten) Tatsache, dass eine RAW-Datei heute keine wirklich rohen Daten des Sensors mehr enthält, sondern bereits zahlreiche Aufbereitungen und Optimierungen in den kamerainternen Chips erfahren hat. Dies ist völlig unabhängig davon, ob es sich um ein kameraherstellerspezifisches RAW-Format oder DNG handelt. Damit entfällt ein weiteres wichtiges Argument der Befürworter von DNG: den Erhalt der angeblich unveränderten Sensorrohdaten.
Der vierte Denkfehler liegt in der Annahme, dass man RAW-Dateien an beliebige Dritte weitergibt, und jene dann die beigefügten XMP-Dateien (die berüchtigten side-car-files) aus Unwissenheit verlieren.
Kein vernünftiger Fotograf reicht seine RAW-Dateien an Fremde weiter, da er damit de facto auch alle belegbaren Rechte am Bild verliert.
Keine Firma, Verlag etc. verlangt RAW-Dateien. Ganz im Gegenteil verweigern Verlage etc. die Annahme von jeglichen RAW-Dateien und bestehen auf TIFF oder JPEG. Die meisten mir bekannten Verlage akzeptieren im Übrigen auch keine DNG-Dateien.
Falls man diese RAW-Dateien dennoch einreichen muss (z.B. Fotowettbewerb), dann wissen diese wenigen Empfänger durchaus, was XMP-Dateien sind und werden sie nicht verlieren.
D.h. viele der angeblichen Vorteile von DNG resp. die angeblichen Nachteile der anderen RAW-Dateiformate existieren nicht (mehr). Dadurch fallen die mit DNG einhergehenden Nachteile deutlicher ins Gewicht.
Im Übrigen erachte ich manche Aussagen Adobes für eine unseriöse Panikmache gegen andere RAW-Formate der anderen Kamerahersteller, die sich nicht an Adobes DNG beteiligen: Daher ist es problematisch, Dateien in einem dieser proprietären Formate zu archivieren (oder auf Englisch: As a result, the use of these proprietary raw files as a long-term archival solution carries risk). - Zugegeben, Risiken bestehen bei jeder Datensicherung über Jahrzehnte oder Jahrhunderte. Aber dies sind weitgehend unabhängig davon, ob das RAW-Format von Adobe oder von einem Kamerahersteller stammt.
Nachteile des DNG-Formats
Nur wenige Kameras unterstützen DNG nativ, speichern also bereits in diesem Format ab. Wer keine solche Kamera besitzt und dann auch zwangsweise in der Kamera dieses DNG-Format eingestellt hat, muss wie bei allen anderen RAW-Datei-Formaten zuerst eine Konvertierung in der PC-Software durchführen. DNG spart somit für die meisten Nutzer keine Zeit und erleichtert somit auch nicht den Workflow (= Bildbearbeitungsprozess).
Keineswegs alle Kameras, welche DNG angeblich unterstützen, implementieren das Format immer vollständig. So wird bei den Bereichen verlustfreie Kompression oder Metadaten oft der Umfang eingeschränkt.
Alle meine Tests (und auch die vieler anderer Fotografen) ergaben spürbar größere Dateien.
Dies führt zu:
einem geringeren Kamerapuffer (= weniger Bilder im Dauerfeuer und oft auch eine geringere Anzahl an Bildern je Sekunde),
längerer Speicherzeit in der Kamera. (Diese kann sich weiter vergrößern, wenn zur Aufrechterhaltung der Kompatibilität zwei Dateiversionen - z.B. V1.3 und V1.4 - in der DNG-Datei abgespeichert werden müssen. Diese kann nochmals verlängert werden, wenn der Kamerahersteller bis zu 3 JPEG-Größen als Vorschaubild integriert.)
längerer Transferzeit vom Kameraspeicherchip auf den PC
einer größeren Festplatte im PC für die Dateispeicherung dort
längerer Einlade-, Bearbeitungs- und Speicherzeit in die Bild-Bearbeitungs-Programme
und schließlich zu spürbar größeren sowie teureren externen Sicherungsmedien, die bei der Datensicherung auch noch länger zum Beschreiben benötigen.
Hierzu steht die Aussage von Adobe im krassen Widerspruch, welche von 15-50% Einsparungen spricht. Letztere lassen sich nur erzielen, wenn man komprimiert und dabei auf einige Details verzichtet, welche im ursprünglichen RAW-Datei der Kamera beinhaltet waren und die Datei danach auf dem PC abspeichert. Wer jedoch den großen Aufwand mit RAW treibt, will keine Komprimierung und vor allem keine damit einhergehende Minderung der Bildqualität - sei sie auch noch so klein oder angeblich kaum sichtbar. - Und in einem Firmenvideo räumt Adobe selbst ein, dass man bei einer Integration der original RAW-Datei in das DNG die Dateigröße fast verdoppelt.
Zunehmend verlangen Foto-Wettbewerbe und andere Institutionen, welche vermeintlich sichere Original-Bild-Dateien wünschen, die unveränderten RAW-Dateien. Da DNG jedoch sowohl ein in der Kamera geschriebenes RAW-Format als auch das bereits nachbearbeitete Bild sein kann, ist es als Beweis der Originalität wertlos und wird folglich nicht anerkannt.
Die rechtliche Fragwürdigkeit geht sogar noch weiter: De facto kann man mit einer spurlos veränderbaren DNG-Datei noch nicht einmal die eigene Urheberschaft am Foto beweisen.
DNG gilt als leistungshungrig - insbesondere für die Anwendung in Kameras, was 2008 sogar Tom Hogarty, Senior Product Manager bei Adobe in einem Interview einräumte.
Die inzwischen existierenden fünf DNG-Versionen sind zueinander inkompatibel, was vor allem das Zurückschreiben in eine andere Versionsnummer praktisch unmöglich macht. D.h. man kann DNG-Dateien unterschiedlicher Versionsnummern nicht beliebig mischen. Im Grunde handelt es sich um verschiedene Dateiformate. Da jedoch die Software dem Nutzer oft nicht exakt angibt, in welcher Version die Bilddatei vorliegt, wird dies zum Problem. Manche Änderungen (z.B. 32-Bit) erfordern ein höheres Dateiformat / eine höhere Versionsnummer. Dann könnte die Datei jedoch nicht mehr von anderer (älterer) Software, welche nur die niedrigere DNG-Version beherrscht, überhaupt ausgelesen, geschweige denn weiterverarbeitet werden.
DNG heißt zwar dem Akronym nach offiziell negativ, ist jedoch in Kameras immer ein Positiv. Beim Scannen wird das allerdings evtl. zum Problem, da dann bei Negativstreifen teilweise keine Konvertierung stattfindet und so das Negativ (Bild) nicht korrekt in die Software eingelesen wird.
In zahlreichen (vor allem älteren) Betriebssystemen werden die DNG-Dateien nicht erkannt. Das kann beim Anschließen der Kamera dazu führen, dass sie nicht als Laufwerk gefunden wird, oder die gesamten Dateien beim Transfer in TIFFs konvertiert werden.
Selbst Adobe unterstützt in seinen Programmen DNG teilweise nur halbherzig: So wird in Lightroom (Version 2015.10) die sonst beträchtliche Dateigröße beim Export dadurch verringert, dass man in der Normaleinstellung die RAW-Datei nicht integriert. Das ist jedoch ein Widerspruch zu den grundlegenden Vorgaben und Vorteilen. D.h. man muss als Nutzer beim Dateiexport in den unübersichtlichen Untermenüs selbst aktiv zusätzlich einen Haken (bei RAW-Originaldatei einbetten) setzen, um die Vorteile von DNG überhaupt zu nutzen. - Dies wird fast immer von Anwendern vergessen, wodurch die exportierten Ergebnisdateien zwar kleiner sind, aber nicht mehr die RAW-Dateien enthalten. D.h. man muss u.a. die Original-Dateien (evtl. bereits DNG) ebenfalls sichern. Diese zwei DNGs können dann jedoch durchaus verwirren.
In Photoshop CC 2017 ff. fand ich DNG überhaupt nicht mehr als auswählbare Datei-Vorgabe zur Speicherung.
Man kann die Endung (.dng) zwar manuell eingeben. Aber das werden vermutlich nur wenige Nutzer tun. Und es erstellt dann auch keine korrekte DNG-Datei.
De facto erlaubt dies nur der Photoshop-Zusatz Camera Raw, wenn man die RAW-Datei öffnet und dort als .dng abspeichert.
Wenn man dieses DNG dann in Photoshop öffnet und bearbeitet, kann man es wieder nicht mehr als .dng abspeichern. Photoshop bietet als erste Option .PSD an und nirgends DNG.
Die meisten Anwender werden dies nicht verstehen und folglich das Dateiformat kaum nutzen: Warum soll man in neuen Adobe-Programm-Versionen eine RAW-Datei aus einer Canon-, Nikon, oder Sony-Kamera zuerst in DNG umwandeln, wenn man danach das nicht weiterverwenden kann? Dann ist es sinnvoller, das Original-RAW sofort auf .PSD oder .TIF zu speichern.
In Lightroom Classic kann man die Funktion Details verbessern nicht auf lineare DNGs (einschließlich HDR- und Panorama-DNG-Bilder, die zuvor in Lightroom und Camera Raw erstellt wurden) verwenden sowie bei DNG-Proxys.
Um es nochmals festzuhalten: Die immer wieder gelobte Möglichkeit, angeblich alle Änderungen an einer DNG-Datei durchzuführen, beschränkt sich ausschließlich auf Camera RAW und die dort integrierten (eingeschränkten) Bildbearbeitungsfunktionen. Das kann jedoch auch jedes andere RAW-Format. Aus Nutzersicht bietet DNG somit (zumindest in Photoshop) keine weiteren / neuen Funktionen.
DNG wird nur von Adobe betreut. Sobald diese Firma den Support einstellt, werden sich keine anderen Firmen finden, die es übernehmen. Das kostet zu viel Zeit und Geld. Und darin zeigt sich wieder, dass DNG de facto ein firmenabhängiges - also proprietäres - Dateiformat ist.
Zukunft des DNG-Formats
War die Vergangenheit von DNG über die letzten mehr als 10 Jahre eher ernüchternd, so versprechen sich einige Anhänger Großes von der Zukunft.
Vor allem im Bereich der Smartphones dominiert DNG als RAW-Format. Angesichts von über 1,5 Milliarden verkaufter Smartphones alleine im Jahr 2016 sowie in 2017 und dem vermehrten Einsatz von RAW bei den in Smartphones eingebauten hochwertigen Fotokameras kann man von einer zukünftigen Verbreitung von über einer Milliarde derartiger Fotosysteme in den kommenden Jahren ausgehen.
Allerdings werden die meisten Smartphone-Besitzer DNG dennoch nicht verwenden, da sie nur zu dokumentarischen Zwecken fotografieren, und systembedingt die Bildqualität in einem RAW-Format bei Smartphones meist wenig bis unsichtbar höher liegt, aber der manuelle Mehraufwand hoch ist. D.h. RAW widerspricht zentralen Grundanforderungen an ein Smartphone.
D.h. im Smartphone-Bereich wird es in den kommenden Jahren zu einer paradoxen Entwicklung kommen:
Einerseits werden immer mehr Hersteller DNG als RAW-Format in immer mehr Modellen anbieten und somit die Verbreitung dieses Dateiformates drastisch steigern.
Andererseits wird nur ein minimaler Bruchteil dieser Smartphone-Besitzer das DNG-Format verwenden.
Ein Grund dafür liegt in der - eigentlich völlig unerwarteten - Inkompatibilität vieler dieser Smartphone-DNG-Fotos mit Lightroom und anderen RAW-Konvertern. - Trotz angeblichen Standards.
Im klassischen Fotobereich kommt es - aufgrund der seit Jahren katastrophalen Wirtschaftslage sowie dem damit verbunden Rückgang an Kameras - hingegen zu einer Stagnation oder sogar zum Rückgang der Verwendung von DNG.
Adobe wird hingegen auf seiner Software-Ebene weiterhin alles tun, um seinen Standard durchzuboxen. Inzwischen wurde bekannt, dass es seine ACR-Software und damit auch Lightroom angeblich völlig auf DNG umgestellt hat. Damit einhergehen soll eine automatische Konvertierung aller eingeladenen Dateiformate in DNG - als Zwischendateiformat - und danach ggf. erneute Konvertierung in die gewünschten anderen Zielformate. Theoretisch geht mit jeder Dateikonvertierung auch ein Risiko einher. Aber zumindest sichtbar scheinen die Verschlechterungen bei der Bildqualität nicht zu sein. Sonst hätten sich vermutlich bereits viele Nutzer beschwert.
Fazit und Empfehlungen zu DNG
Persönlich halte ich es für wenig logisch, wenn man einem Adobe Produkt-Standard - wie .PSD bei Photoshop - misstraut, aber einem Firmenstandard von Adobe wie .DNG plötzlich Vertrauen entgegenbringt. Falls Adobe seine Meinung ändert, oder aufgekauft wird, oder in Insolvenz geht, dann fehlt der Support für beide Dateiformate. Und solange Adobe existiert, werden die Profiprodukte - wie Photoshop und damit deren Dateiformate - auch weiterhin unterstützt, da sie den größten Gewinn für die Firma abwerfen.
Eigentlich war - positiv betrachtet - DNG ein Zwitter, der sowohl in Kameras als auch auf PCs, also zur Bildaufnahme als auch zur Bildbearbeitung, für alle und alles geeignet sein sollte. Aber exakt diese Komplexität wurde ihm bisher zum Verhängnis. Adobe wollte zu viel und erreichte de facto bis heute damit zu wenig.
DNG besitzt bei der Kamera-Hardware und der Bildbearbeitungs-Software eine zu geringe Verbreitung, und viele für die Praxis relevante Probleme sind noch immer nicht zufriedenstellend gelöst.
Falls Sie eine Kamera besitzen, welche keine nativen DNG erzeugt, so sichern Sie unbedingt immer auch das original RAW-Format Ihres Fotos. Keinesfalls ist eine DNG-Kopie davon alleine ausreichend. Hierin widerspreche ich ausdrücklich allen derartigen Ratschlägen im Internet. Ein DNG lässt sich nämlich nicht mehr in ein RAW zurückkonvertieren. Und kein Mensch weiß heute, was ein RAW-DNG-Konverter wirklich wie verändert. - Als zusätzliche Kopie des RAW-Fotos - anstelle eines TIFFs - kann man DNG jedoch verwenden. - Und wer mich wieder einmal für zu übervorsichtig hält: Selbst Adobe empfiehlt in einem Firmenvideo ausdrücklich, das Original-RAW-Foto unbedingt auch noch extra zu sichern - zusätzlich zur DNG-Datei.
Da für mich und für meine Art der Fotografie die Nachteile auf allen Ebenen (von der eigentlichen Aufnahme über die Nachbearbeitung bis zur Datensicherung und Weiterleitung an Kunden resp. Veröffentlichung im Internet) überwiegen, werde ich - nach allen meinen ausgiebigen Tests und gesammelten Erfahrungen - vorläufig nicht auf DNG umsteigen.
Für Aufnahmen in der Kamera verwende ich je nach Bedarf RAW und JPEG
Für den Versand an unbekannte Kunden sowie zur Verwendung im Internet meist verkleinerte und in der Bildqualität verringerte JPEG-Versionen, ggf. mit Wasserzeichen.
Für den Versand an Kunden, welche mir vorab einen schriftlichen Auftrag erteilt haben, je nach deren Wunsch JPEG oder unkomprimiertes TIFF in Originalgröße oder der geforderten Bildgröße in maximaler Bildqualität.
Für die Datensicherung verwende ich alle benutzten Dateien, d.h.: die RAW-/JPEG-Originale, das bearbeitete PSD in seiner Endform und die ggf. versandten Kundendateien in TIF und JPEG. Bei Panoramen oder HDRI-/Focus-Stacking-Aufnahmen sichere ich ggf. auch diese Zwischendateien samt ggf. Steuerdateien zum jeweiligen Programm.
Nur wenn Sie in der Kamera bereits nativ DNG als Bildspeicher-Format wählen können, lohnt sich die durchgehende DNG-Verarbeitung auch in der Software am PC.
Jeder der DNG verwendet - vor allem Berufsfotografen und alle, welche die Originalität oder Urheberschaft ihrer Fotos nachweisen wollen -, sollte sich zumindest über die Folgen von DNG bewusst sein.
Auf jeden Fall sollten jedoch die Kamera und die verwendete Software dann unbedingt jeweils das neueste DNG-Format in jeweils vollem Umfange beherrschen und auch aktiv verwenden. Beides muss man jedoch umständlich selbst prüfen, da die Hersteller sich hierzu eher vage auslassen.
Für Archivare und Museen, welche große Mengen digitaler Fotografien - im RAW-Format und ausgearbeitet - lagern und über verschiedene Computer-Systeme hinweg verwalten wollen, kann ein Format wie DNG hingegen lohnend sein. Allerdings eignet sich - je nach Anwendungszweck - in vielen Fällen auch das tatsächlich standardisierte TIFF dafür.
Im Übrigen sehe ich das immer wieder heraufbeschworene Problem der proprietären Dateiformate bei RAW nicht so gravierend. Es finden sich bereits heute kostenlose Werkzeuge, welche jedes RAW-Format jedes Herstellers in viele andere Formate konvertieren können. Selbst wenn eine Firma insolvent würde und ihr Dateiformat komplett einstellte, könnte man dann immer noch alles konvertieren. - Und bisher hielten die RAW-Formate lange - länger als viele andere, angeblich standardisierte Formate (inklusive DNG 1.0 und 1.1, deren Unterstützung Anfang 2019 entfiel).
Üben Sie letztendlich Vorsicht bei der Lektüre von Texten zu DNG. Die meisten wurden in großer (aus meiner heutigen Sicht übertriebener) Euphorie zwischen 2004 und 2008 verfasst und stellen somit einen heute völlig überholten technischen Zustand der digitalen Fotografie dar. Während man DNG bis 2012 noch etwas weiterentwickelte, waren die Fortschritte auf allen anderen Gebieten erheblich und gehen noch heute weiter. Viele der früher bemängelten Defizite sind heute längst behoben oder in der Nutzerpraxis kaum mehr spürbar. Deshalb verblassen die einstigen Vorteile von DNG heute weitgehend.
Gewitterwolke beim Sonnenuntergang. Kurz darauf kam der Regenschauer. - Passend zum Thema DNG: irgendwie interessant, aber insgesamt nicht so erfreulich.
Nachtrag zu Fotografenfragen, wie dieses seltene Foto entstehen konnte: Auch am Bodensee ziehen die meisten Gewitter von Westen nach Osten. Aber in seltenen Fällen entstehen sie in den Alpen, ziehen durch das Rheintal nach Norden und schwenken über dem offenen See nach Westen. D.h. in Konstanz handelt es ich dann tatsächlich um ein Gewitter aus Osten, das solche Aufnahmen von Sonnenuntergängen unter Gewitterwolken erlaubt.
Hilfe / Feedback
Liebe Leserinnen und Leser,
damit diese umfangreichen, kostenlosen, wissenschaftlich fundierten Informationen weiter ausgebaut werden können, bin ich für jeden Hinweis von Ihnen dankbar.
Deshalb freue ich mich über jede schriftliche Rückmeldung, Fehlerkorrekturen, Ergänzungen, Neue Informationen etc. Ihrerseits per E-Mail oder Kontakt-Formular.
Um meine Neutralität zumindest auf dem hier beschriebenen Feld der Fotografie und Videografie wahren zu können, nehme ich bewusst von keinem Hersteller, Importeur oder Vertrieb irgendwelche Zuwendungen jeglicher Art für das Verfassen der absolut unabhängigen Artikel an. Auch von Zeitschriften oder Magazinen aus dem Fotobereich erhalte ich keinerlei Zuwendungen.
Deshalb freue ich mich, wenn Sie mein unabhängiges Engagement für Sie durch einen gelegentlichen Kauf bei Amazon über die hier angegebenen Links unterstützen. Es ist gleichgültig, welches Produkt Sie über diesen Link kaufen. - Es kann auch jede andere Ware außerhalb des Fotobereiches sein. Alle Preise sind und bleiben für Sie gleich niedrig, wie wenn Sie direkt zu Amazon gehen. Aber durch Ihren Klick auf meinen Link erhalte ich evtl. Monate später eine sehr kleine prozentuale Prämie (Cents je Kauf), welche mir hilft, die hohen Kosten bei der Erstellung der Artikel zumindest teilweise zu decken. - Bitte starten Sie Ihre Einkäufe bei mir.
Herzlichen Dank an alle für Ihre bisherige Unterstützung.
Ja, ich möchte die Unabhängigkeit dieser Seite unterstützen und kaufe über diesen Link bei Amazon
Pflichtangabe: Als Amazon-Partner verdiene ich an qualifizierten Verkäufen. Alle derartigen sogenannten 'bezahlten Links' zu Amazon sind farblich in Rot gekennzeichnet.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Freude beim Fotografieren und Filmen.