Das Thema der Infrarot-Aufnahmen wird immer wieder von interessierten Fotomagazinen in absoluten Nachrichtenlöchern publiziert und gerne als angeblicher Hype dargestellt.
Analoge Fotografie und auch Filmerei mit Infrarot-Film war allerdings früher bereits etwas Exotisches, an dem man sich schnell satt sah. Offiziell veröffentlichte Robert Wood angeblich 1910 die ersten IR-Aufnahmen. Dazu benötigte man teuren, speziellen Infrarot-Film, der dann auch für hochwertige Ergebnisse meist teuer in Speziallaboren entwickelt werden musste. - Aber das Unternehmen war reversibel: Man konnte nach der Rolle IR-Film wieder eine klassische Filmrolle im sichtbaren Lichtbereich in die Kamera einlegen.
Digitale Infrarot-Fotografie oder IR-Videos sind noch seltener.
Verwendet wird es in Nischen wie der Astrofotografie und von Künstlern. - Diese wissen, was sie wollen und warum sie dies machen. Normal-Fotografen und Normal-Videografen sollten sich das hingegen vorher genau überlegen.
Wie gering faktisch die Nachfrage ist, können Sie selbst erkennen, indem Sie versuchen, Infrarot-Kameras zu leihen. Die meisten (auch großen) Verleihfirmen werden abwinken.
Um heute hochwertige IR-Aufnahmen durchführen zu können, muss man den Sensor umbauen (lassen). Dies ist weitgehend irreversibel, da man in der Praxis kaum wieder den alten IR-Filter mit dem alten Glas auf den Sensor anbringen kann. - Die oft genannte Variante der Umkehrung (also erneute Nutzung als Normalkamera), dass man an eine derart umgebaute Kamera einen extrem starken IR-Filter vor jedes Objektiv schrauben kann, ist zwar möglich, hat aber wieder andere Nachteile für die Praxis der Fotografie und des Filmens. Vor allem sind hochwertige Filter in den passenden Gewindegrößen für alle Objektive insgesamt auch teuer.
D.h. im Umkehrschluss, dass man eine Normalkamera nur einmal zur IR-Kamera umrüsten kann, und sie dann nur noch für IR-Aufnahmen verwendet werden kann. Deshalb sollte man dies eher mit einer Zweitkamera durchführen, sofern man weiterhin auch noch klassische Aufnahmen machen möchte.
Beim in fast allen digitalen Kameras direkt im Sensor eingebauten IR-Filter handelt es sich um einen Sperrfilter, der Licht oberhalb von ungefähr 750 nm absorbiert (herausfiltert) - also nicht zum Sensor lässt. - Vorsicht: Manche Firmen und Anwender verwenden das Wort Filter auch im umgekehrten Sinne, dass ein IR-Filter nur Infrarot-Licht hindurchlässt und alle anderen Wellenlängen blockiert. Letzteres ist hier nicht gemeint, weil es in der Diskussion weltweit die Mindermeinung darstellt.
Der Umbau ist kompliziert und wird nur von wenigen Firmen gegen entsprechende Geldbeträge durchgeführt. Diese ganze Branche ist weder zertifiziert noch in irgendeiner Weise überprüfbar. D.h. Sie müssen dem Anbieter vertrauen.
Der IR-Filter, der sich vor jedem digitalen Sensor befindet, wird entfernt. Dieser absorbierte etwas Licht auch im sichtbaren Spektrum, sodass nachher etwas mehr Licht aufgenommen werden kann. Da jedoch vor allem nun das für das menschliche Auge unsichtbare IR-Spektrum aufgenommen wird, nimmt die Lichtaufnahme des Sensors zu. Daraus folgt eine auf den ersten Eindruck hellere und detailreichere Aufnahme mit mehr Kontrast und Brillanz für Farb-IR-Aufnahmen.
Andere Firmen ersetzen den IR-Filter durch einen Filter für das Tageslicht (Longpassfilter - Schwarzfilter). D.h.: Dann wird nur noch der Infrarote Lichtbereich durchgelassen / vom Sensor aufgenommen. Dann hängt es jedoch vom gewählten Filter ab, ob man Farb-IR- oder nur Schwarz-Weiß-Infrarot-Aufnahmen machen kann. Farb-IR-Filter lassen ebenfalls zumindest einen Teil des sichtbaren Lichtes hindurch. Dabei gibt es wieder Unterschiede: Ein 700 nm-Filter lässt Infrarot durch und gewisse Rot-Töne des sichtbaren Lichtes. Ein 630 nm-Filter lässt mehr Farben des sichtbaren Lichtes (bis etwa Orange) hindurch.
Die Filter mit 800 nm und 830 nm filtern hingegen derart viel Licht weg, dass die Belichtungszeiten erheblich ansteigen. Jedoch sind die Effekte auf dem Ergebnisbild nicht mehr so stark sichtbar. Deshalb wählen die meisten Fotografen und Videografen 700 oder 630 nm.
Bei diesem Sensorumbau handelt es sich immer um eine Einzelanfertigung mit handwerklichem Charakter. D.h. eine Voraussage, wie das Ergebnis ausfällt, lässt sich vorher kaum treffen.
Überdies steht nur wenigen dieser Firmen wirklich modernste High-Tech zur Verfügung. So müsste zum Entfernen des alten und Aufbringen des neuen Deckglases im optimalen Fall ein Vakuum vorliegen. Nur dann lässt sich Staub- oder Lufteinschluss (zwischen den Glasscheiben vor den Fotozellen des Sensors) weitgehend verhindern.
Auch das absolut plane Aufbringen eines neuen Deckglases auf den Sensor ist keine Kleinigkeit. Sind die Ebenen der Gläser jedoch nicht perfekt planparallel, dann hat dies störende Effekte zur Folge.
Aber selbst im Idealfall werden sich die physikalischen Eigenschaften des Sensors ändern, da die Sensorhersteller ihre offiziellen Deck-Gläser meines Wissens nicht an derartige Umbaufirmen verkaufen.
Überprüfen Sie deshalb genau alle marketing-technischen Lobpreisungen wie Hochwertige optische Gläser
, perfekte Qualität
, kratzfest
etc. Das sind in fast allen Fällen wertlose (Werbe-)Angaben. Lassen Sie sich detailliert im Vertrag bestimmte konkrete und somit messbare Eigenschaften zusichern. Ansonsten sind das keine wirklichen Garantien. Lesen Sie vor allem die Garantie-Ausschlüsse genau. Und fragen Sie bei den Firmen nach, wie viel Erfahrung sie mit neuesten spiegellosen Kameras besitzen. Die meisten zeigen im Werbe- / Erklärmaterial nur alte DSLRs mit Spiegel, bei denen der Umbau einfacher ist.
Ein weiteres Risiko besteht im IBIS (In Body Image- Stabilization): Moderne Kameras besitzen ein kamerainternes Verwacklungsschutz-System, das sehr empfindlich ist. Auf keinen Fall darf beim Umbau des Sensors darauf Druck oder Zug ausgeübt werden. Sonst wird es nicht mehr korrekt arbeiten oder sogar zerstört werden. Mit einer schiefen Sensorebene kann man jedoch nicht mehr überall (von links nach rechts und von oben nach unten) scharfe Fotos oder Videos aufnehmen. Wir sprechen hierbei übrigens von winzigsten Veränderungen unterhalb von einem Millimeter. Aber auch im Idealfall wird das IBIS nachher nicht mehr perfekt arbeiten, weil schlichtweg die Masse des Sensors etwas vom Original abweicht und somit die Korrekturen der Erschütterungen nicht mehr so gut ausfallen.
Sogar im Idealfall gehen Ihnen evtl. wichtige Funktionen verloren, wie die automatische Sensorreinigungsfunktion. Ganz unglücklich ist, dass dies bei versehentlicher Aktivierung im Menü zum Totalausfall der Kamera führen kann. Sie startet dann nicht mehr.
Dass Sie als Kunde bei einem derartigen Umbau meist jede Gewährleistung des Händlers und Garantie des Herstellers verlieren, muss ebenfalls klar sein. Das gilt nicht nur für den Sensor. Denn Hersteller wie Händler werden dann von Ihnen die Beweislastumkehr fordern, dass beim Umbau nicht auch weitere Teile beschädigt wurden. Das kann Ihnen nicht gelingen. - Manche Umbau-Firmen bieten jedoch angeblich für manche Kameramodelle von manchen Herstellern eine Zusicherung, dass die Garantie dann erhalten bliebe. Aber das muss man unbedingt im Einzelfall sowohl beim Umbauer als auch beim Hersteller nachprüfen.
Deshalb sollten Sie vermögend sein oder das nur mit alten (Zweit-)Kameras durchführen. Faktisch müssen Sie im Extremfall mit einem Totalverlust der Kamera und des Geldes für den Umbau rechnen.
Aber in der Physik gibt es selten einen Vorteil, ohne dass damit nicht mindestens ein Nachteil verbunden wäre.
Bei klassischen DSLRs mit einem klappbaren Spiegel saßen die Messsensoren für Belichtung und Fokus auf jeweils eigenen Chips außerhalb des reinen Fotosensors irgendwo im Spiegel-/Kameraschacht. D.h. dort funktionierte auch nach dem Umbau alles respektive zumindest das Meiste noch mit selbst austestbaren (festen) Korrekturwerten. Bei manchen alten Kameras konnte man diese sogar beim Umbau einprogrammieren, sodass man nicht selbst jedes Mal umrechnen musste.
Moderne spiegellose Kameras führen hingegen alles auf dem Sensor selbst durch. D.h. dort wird die Belichtung und auch der Fokus gemessen. Diese Werte werden im nachgelagerten Prozessor für den Normalsensor (mit IR-Filter) berechnet. Das führt dazu, dass sowohl die Auto-Belichtung als auch der Autofokus meist nicht mehr, oder zumindest nicht mehr immer korrekt funktionieren. In der täglichen Praxis führt dies dazu, dass man dann manuell alles an der Kamera einstellen muss, um die gewünschte Belichtung zu erhalten und den korrekten Fokus zu setzen.
Überdies sind bei zahlreichen modernen Sensoren in spiegellosen Kameras hässliche Bildstörungen durch die Autofokus-Zellen auf dem Sensor bei Infrarot-Licht erkennbar, die mühsam nachträglich manuell am PC korrigiert werden müssen.
Des Weiteren führen alle modernen Kameras sowohl bei JPEGs als auch bei RAW-Aufnahmen massive Korrekturen in der Kamera durch, welche auf Grundlage des Sensors mit IR-Filter berechnet wurden. Siehe hierzu: RAW-Betrug. Daraus folgt, dass die Bilder in der Kamera korrigiert werden, und logischer Weise ohne IR-Filter anders als üblich mit jenem IR-Filter.
Ferner können Sie als Anwender dies nicht vorausberechnen, da die Kamerahersteller sich hierzu bedeckt halten.
Überdies kann sich das mit jedem Firmware-Update ändern. Hinzu kommt, dass es bei vielen Kameras kaum möglich oder sogar unmöglich ist, ein einmal eingespieltes Firmware-Update wieder rückgängig zu machen. D.h. jeder sollte bei einer derart umgebauten IR-Kamera vorsichtig mit dem Einspielen neuer Firmwares sein.
Überhaupt finden sich zahlreiche Berichte über den Ausfall respektive die Nichtverfügbarkeit von heute wichtigen Funktionen moderner Kameras nach einem IR-Umbau.
Alle Umbauer geben an, dass man anschließend den Sensor auch nass reinigen kann. Das ist normal, da Flüssigkeiten nicht durch eine Glasscheibe hindurch nach unten sickern. Der Haken liegt jedoch im Randbereich. Dort werden die aus mehreren Schichten bestehenden Sensoren mit einem Kunstharz gegen seitliches Eindringen von Flüssigkeiten geschützt. Um wirklich abzudichten, müssen die Harze jedoch sauber aufgetragen werden und vor allem komplett aushärten. Allerdings altern diese Stoffe auch. Da habe ich bei älteren Kameras schon hässliche Einschlüsse von Flüssigkeiten und zurückgebliebenen Kristallen gesehen. Also sollte man nach einem Umbau bei der Nassreinigung am Sensor noch weniger Flüssigkeit verwenden und noch vorsichtiger arbeiten.
Letztendlich wurden fast alle Objektive auf das sichtbare Lichtspektrum hin konzipiert und deren Fehler daraufhin korrigiert. Somit müssen Sie je nach verwendetem Objektiv ggf. mit erheblichen Bildverschlechterungen bei IR rechnen.
Ohne manuelle Nachbearbeitung am PC (Photoshop und hochwertige Programme) kommen bei keinem Filter schöne farbige Fotos aus den IR-Aufnahmen heraus. Sie werden sich über den hohen Aufwand in der Nachbearbeitung wundern. Im Übrigen sollten Sie dann schon profunde Software-Kenntnisse besitzen, sonst wird der erforderliche Farbwechsel / Farbaustausch / Kanalmixer nicht einfach. Dass dies nur mit RAW-Dateien wirklich hochwertig gelingt, sollte auch klar sein.
Ferner gelingen IR-Aufnahmen fast nur bei hellem Tageslicht um die Mittagszeit und ohne viele Wolken. Dämmerung, Nachtaufnahmen oder starke Bewölkung erfordern sehr lange Belichtungszeiten und sehen auch dann kaum beeindruckend aus. Daraus folgt, dass man auch noch seine Aufnahmemethoden ändern muss.
Fazit: it is hard and frustrating to start working on infrared images
- Es ist schwierig und frustrierend, mit der Arbeit an Infrarotbildern zu beginnen
. (Quelle: Vlad Moldovean). Unterschätzen Sie den Aufwand nicht.
Wer einfach nur am Look der IR-Fotos interessiert ist, kann dies heute auch alles mit Software an Fotos (s)einer herkömmlichen Kamera erzeugen: siehe z.B. Einfache Simulation eines Infrarot-Bildes mit Camera-Raw-Filtern. - Mit den kombinierten Suchwörtern Photoshop Infrarot-Filter oder Infrarot-Look finden Sie zahllose Anleitungen für fast jede Software. - Abschließend noch ein Hinweis: Mit moderner Software der künstlichen Intelligenz lässt sich so etwas noch einfacher herstellen.
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Foto Video Design - Dr. Schuhmacher