Kreativ sein beim Fotografieren und Filmen.
Der Artikel Kreativität in der Fotografie wendet sich an alle Fotografen, vom Einsteiger bis zum Berufsfotografen mit jahrzehntelanger Erfahrung.
Kreativität in der Fotografie und beim Filmen ist unabhängig vom verwendeten Kamerahersteller sowie der verwendeten Sensorgröße und auch dem Kameramodell.
Kreativität in der Fotografie und im Bereich Video ist auch unabhängig von Ihrer verwendeten Software zur Nachbehandlung der Aufnahmen.
Kurzum Kreativität ist ein Thema für alle und - wie ich im Laufe des Artikels zeigen werde - wird die Kreativität in den kommenden Jahren immer wichtiger in der Fotografie und beim Filmen werden - oder auch nicht.
Da es sich bei der Kreativität um ein kompliziertes aber wichtiges Thema handelt, werde ich es Ihnen in dem gewohnt ketzerisch-lockeren Stil mit Beispielen aus der Fotografie und des Videos verständlich machen.
Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle bei Kreativität behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.
Kürzlich traf ich im Artikel Foto-Wirtschaft 2022 die ketzerische Aussage, dass die meisten Fotografen und die meisten Fotos nicht besonders kreativ sind. Dies hatte (wie zu erwarten) eine Flut von Liebesbekundungen
zur Folge von Fotografen aller Art, welche sich und ihre Fotos / Videos für (hoch-) kreativ halten.
Kurzum vorab zur Beruhigung und damit Sie überhaupt weiterlesen: Gerne konstatiere ich hiermit unbesehen und ungeprüft, dass sowohl Sie als auch Ihre Fotos kreativ sind. Die Wissenschaft hat dies nämlich inzwischen zweifelsfrei festgelegt.
Das grundsätzliche Problem scheint mir allerdings zu sein, dass dieses Wort kreativ
im allgemeinen Sprachgebrauch von vielen Menschen nicht sauber definiert wird. Das wollen wir hier nachholen.
Denn ohne ein gemeinsames Verständnis über die Bedeutung und den Inhalt von Kreativität, reden wir alle aneinander vorbei, wie dies in den berüchtigten Foto-Foren so oft der Fall ist.
Vor allem wird Kreativität wichtig für das Überleben der von Menschen betriebenen Fotografie und des Filmens mit dedizierten Kameras - sei es als Hobby oder Beruf -, weil im Zuge der Künstlichen Intelligenz und Robotisierung dieser lichtbildnerischen Felder immer mehr nicht kreative Bereiche von elektromechanischen und elektronischen Systemen übernommen werden. - Vor allem ist letzteres keine Science Fiction, sondern seit Jahren die Realität, welche viele Fotografen und Videografen 2022 noch nicht erkannt hatten respektive noch nicht wahrhaben wollten. - 2025 war es dann jedem nach zwei Jahren Umwälzungen durch GenKI (Generative Künstliche Intelligenz) klar geworden.
Wie so oft fängt man heutzutage bei der Recherche zu einem Thema wie Kreativität mit einer Suche bei den Suchmaschinen an. So lieferte Google die bescheidene Anzahl von 39,3 Mio. Treffer zu diesem deutschen Stichwort.
Es scheint somit ein wichtiges Wort zu sein, das viele Menschen beschäftigt. Denn ansonsten würden nicht so viele Seiten mit Text dazu alleine im deutschen Sprachraum existieren.
Für den englischen Sprachraum findet Google bescheidene 530 Mio. Suchtreffer zum Suchwort creativity
. Das war erwartbar, weil mehr englisch sprechende Menschen leben.
Für das französische Wort créativité
finden sich allerdings auch bereits 60,2 Mio. Suchtreffer. Dies war schon weniger erwartbar und zeigt, dass sich Franzosen offensichtlich eher mit diesem Wort befassen als Deutsche.
Danach geht man zu den Einträgen bei Wikipedia in den und weiteren Sprachen: Wie immer bei Wikipedia ist es erquickend festzustellen, dass sich die Definitionen je nach Sprache unterscheiden. So viel nachträglich nochmals zum Wissenschaftsverständnis bei Wikipedia - und vor allem zum Wahrheitsgehalt sowie der Verlässlichkeit der Angaben dort.
Was jedoch am meisten erstaunt, sind die zahllosen (meist kommerziellen) Ratgeber (von selbsternannten Kreativen), wie man als Normalmensch auch kreativ werden kann. Kreativitätsratgeber scheinen eine der wichtigsten Produkte auf dem Büchermarkt zu sein. Daraus kann man nur schließen, das sich viele Menschen offensichtlich nicht für kreativ halten - aber es gerne sein wollen. Dahinter steckt die Annahme, dass Kreativität erlernbar sei.
Der Wortursprung scheint sich auf das lateinische Verb creare (creo) zurückzuführen. Dies hat jedoch mehrere Bedeutungen, die alle irgendwie mit in das Wort Kreativität hineinspielen: Da ist zuerst einmal schaffen
oft im Sinne von erschaffen
. Das reicht hin bis zur (mythologischen, religiösen) Erschaffung der Welt. Dann bedeutet es hervorbringen
und auch erzeugen
, wobei dies oft im Sinne von Kinder (Sohn und Tochter) zeugen, gebären auch in der Dichtersprache verwendet wurde. - Dies geht sicherlich zu weit, da die reine Fortpflanzung als Kriterium dazu führen würde, dass auch Bakterien, Viren und Amöben kreativ wären. Dann wird immer wieder ins Leben rufen
genannt, aber auch verursachen, bereiten, bewirken
im Zusammenhang mit z.B. Schmerzen. - So sehen viele Mitmenschen bis heute zumindest die kreativen Ideen der anderen. Im Zusammenhang mit dem öffentlichen Lebens bedeutete es politisch und juristisch Beamte etc. erwählen, ernennen
in / zu einem Amt. Diese Bedeutung, die seit dem 16. Jahrhundert im deutschen Sprachraum belegt ist, verschwand im deutschen Gebrauch ca. Ende des 19. Jahrhunderts wieder.
Das Nomen creatio
bedeutet neben der Wahl in ein Amt auch die Schöpfung. - Mythologisch religiös wurde in zahlreichen Kulturen - vor allem aber in der westlichen / christlich-jüdischen Welt - die creatio ex nihilo - die Schöpfung aus dem Nichts hervorgehoben. Das wurde jedoch bereits von Plato für Menschen bestritten, weil so etwas nur Götter können. Das hält jedoch bis heute kaum jemanden davon ab, die kreativen Einfälle mancher Köche oder Musiker als göttlich
zu bezeichnen. Auch manche Modeschöpfer in Paris lassen ihre neuen Collectionen gerne als göttlich bezeichnen. - Dennoch spielt die aus dem Kirchenlatein stammende Bedeutung von Schöpfung, creatura Geschöpf und Kreatur bis heute mit hinein. Allerdings wurde seit dem 17. Jahrhundert Kreatur vor allem vom Adel abwertend für minderwertige Menschen
verwendet.
Aus dem Französischen kam im 19. Jahrhundert das Wort creer (une role) - kreieren im Sinne von eine neue Rolle auf der Bühne darstellen
hinzu.
Dann kam kreieren für (neue) Mode entwerfen
hinzu. In diesem Sinne wurde auch das Wort Kreation im 20. Jahrhundert aus Frankreich übernommen.
Im Französischen sieht man im Übrigen bis heute drei Hauptbedeutungskategorien: Acte de créer quelque chose de nouveau
- also die Handlung, etwas Neues zu (er-)schaffen. Dann Capacité à trouver des solutions originales
- die Fähigkeit, originelle Lösungen zu finden. Schließlich Volonté de modifier ou de transformer le monde
- Willen, die Welt abzuändern oder umzugestalten.
Obwohl zahlreiche Wissenschaftler wie Hermann von Helmholtz und Henri Poincaré bereits um die Jahrhundertwende (1900) über ihren kreativen Denkprozess publizierten, geriet dies in den zwei Weltkriegen in Europa weitgehend in Vergessenheit.
Das heutige Adjektiv kreativ sowie das Nomen Kreativität in seiner modernen Bedeutung scheinen jedoch aus dem Englischen (creative), wo es in seiner neuen Bedeutung aber auch erst seit ca. dem 19. Jahrhundert verwendet wurde, in das Deutsche gekommen zu sein. Hier fand es seit ca. 1970 einen drastisch steigenden Gebrauch.
Das Adjektiv kreativ gilt als Ableitung von mittelalter-lateinisch creativus, lateinisch creatus: Partizip Perfekt von creare.
Als Synonyme für Kreativität gelten im deutschen Sprachgebrauch allerdings: Einfallsreichtum, Erfindungsgabe, Erfindungsreichtum, Ideenreichtum, Innovationskraft, Fantasie, Genie, Intelligenz.
Laut Untersuchungen gibt es im Übrigen (vor allem afrikanische) Sprachen, in denen keine Entsprechung für das Wort Kreativität existiert. Auch in Lateinamerika scheint das Wort keine so große Bedeutung zu besitzen, wie in den nördlichen und vor allem westlich orientierten Staaten. Aber auch die Ausrichtung der Wortbedeutung scheint sich zwischen Kulturen zu unterscheiden. So wird in manchen asiatischen Ländern Kreativität eher in Beziehung zum Nutzen für die Gesellschaft gesehen, während in manchen westlichen Ländern eher der technologische, technische und wissenschaftliche Fortschritt (an sich) betont wird. Es ist somit keineswegs zutreffend, dass weltweit eine gemeinsame gesicherte Basis für die Definition von Kreativität in der Umgangssprache vorliegt.
Bereits der Wortursprung bietet somit eine sehr große Spannweite an Bedeutungen für Kreativität.
Interessant bleibt aber, dass in der früheren Antike - z.B. in Griechenland etc. - Kreativität im lateinischen Sinne von (etwas neues) erschaffen so nicht existierte respektive sogar explizit geleugnet wurde: Plato hielt in der Staat fest, dass Maler nichts neues erschaffen, sondern nur imitieren. Erst das Christentum und in deren Folge die westliche Aufklärung verwendeten den Ausdruck der Creatio - des (ausschließlich göttlichen) Erschaffens in unserem modernen Sinne von etwas neuem erzeugen. Menschen galten aber damals noch als Werkzeuge Gottes, welche nur seinen göttlichen Willen verkündeten respektive umsetzten. In der griechischen Mythologie nahm ein Daimon und im römischen Reich ein Genius die Rolle des Vermittlers zwischen Göttern und Menschen ein. (U.a. daher stammt auch die zwiespältige Stellung der Kreativen zwischen Dämon und Genie.) Erst die Zeit der Aufklärung sah Menschen als Initiatoren, und danach (in der Neuzeit) wendete man den Ausdruck der eigenständigen Kreativität breiter auf Menschen und alle Themenbereiche an.
Um die Spannweite der Bedeutung der Kreativität aufzuzeigen, werden hier einige Beispiele genannt:
Eigenschaft eines Menschen, schöpferisch oder gestalterisch tätig zu sein
(Wikipedia deutsch)
Creativity is a phenomenon whereby something new and valuable is formed. The created item may be intangible (such as an idea, a scientific theory, a musical composition, or a joke) or a physical object (such as an invention, a printed literary work, or a painting).
- Kreativität ist ein Phänomen, bei dem etwas Neues und Wertvolles entsteht. Das geschaffene Objekt kann immateriell (wie eine Idee, eine wissenschaftliche Theorie, eine Musikkomposition oder ein Witz) oder ein physisches Objekt (wie eine Erfindung, ein gedrucktes literarisches Werk oder ein Gemälde) sein.
(Wikipedia englisch)
La créativité décrit - de façon générale - la capacité d'un individu à imaginer ou construire et mettre en œuvre un concept neuf, un objet nouveau ou à découvrir une solution originale à un problème.
- Kreativität beschreibt - allgemein ausgedrückt - die Fähigkeit einer Person, sich ein neues Konzept, ein neues Objekt vorzustellen oder zu konstruieren und in ein Werk umzusetzen oder eine originelle Lösung für ein Problem zu finden.
(Wikipedia französisch)
Im englischen Wortschatz hat Creativity hingegen mehrere Bedeutungen:
marked by the ability or power to create
- gekennzeichnet durch die Fähigkeit oder Kraft zu erschaffen
.
having the quality of something created rather than imitated
- die Qualität von etwas haben, das [neu] geschaffen und nicht nachgeahmt wurde
.
creativity involves the production of novel, useful products
- Kreativität beinhaltet die Herstellung neuartiger, nützlicher Produkte
- Mumford.
the production of something original and worthwhile
- die Produktion von etwas Originellem und Wertvollem
- Robert Sternberg.
managed so as to get around legal or conventional limits - creative financing
- betrieben, um gesetzliche oder konventionelle Grenzen zu umgehen - kreative Finanzierung
im Sinne von unseriöser Geldbeschaffung.
deceptively arranged so as to conceal or defraud - creative accounting
- täuschend arrangiert, um zu verschleiern oder zu betrügen - kreative Buchführung
im Sinne von Betrug.
Während manche Schreiberlinge in der deutschen Wikipedia einem weismachen wollen, dass bereits alles klar wäre bei der Kreativität (Dorsch kam noch 1994 (wie andere Forscher auch) zu dem Schluss, dass Kreativität kein scharf eingrenzbarer Begriff sei, dass sie also Raum zur Spekulation biete. Inzwischen ist jedoch seit Anfang der 2000er Jahre die oben genannte Definition die Standarddefinition von Kreativität.
), so sieht man dies im Ausland anders. Peter Meusburger schätzt z.B., dass über 100 verschiedene Definitionen zur Kreativität existieren.
Andrei G. Aleinikov, Sharon Kackmeister und Ron Koenig nannten ihr Buch im Jahr 2000
Creating Creativity: 101 Definitions (What Webster Never Told You, Alden B. Dow Creativity Center).
Andere sehen Kreativität eher als umfangreichen Prozess, der von der Analyse eines Zustandes, Erkennen von Fehlendem oder Unzusammenpassendem, der Lösungssuche, Aufstellung von Hypothesen und Annahmen, Überprüfung dieser Annahmen, Modifizierung derselben, Versuchsaufbau, Testen der gefundenen Ergebnisse bis hin zur Kommunikation der verifizierten Ergebnisse reicht. Es sei allerdings angemerkt, dass sich die Prozesstheorien wiederum in den Details, wie z.B. Anzahl der Stufen und deren Inhalt voneinander unterscheiden. Dies reicht derzeit hin bis zur Explicit-Implicit Interaction (EII), die grob gesprochen davon ausgeht, das explizites und implizites Wissen in mehreren Prozess-Stufen (auch iterativ) miteinander interagiert.
Wer als Fotograf oder Videograf einen eigenen Stil entwickeln will oder glaubt zu besitzen, der sollte sich mit der Honing theory auseinandersetzen: Die Psychologin Liane Gabora entwickelte sie als Interaktion zwischen der Weltsicht einer Person und einer neuen Aufgabe. Um letztere zu lösen wird zwar Neuland betreten, aber die bereits existierende Weltsicht nur durch eine Art Feinschleifen
etwas daran angepasst. Da sich die persönliche Weltsicht des Künstlers durch derartigen Feinschliff nicht schnell drastisch ändern kann, kann man mehrere Werke einem Künstler aufgrund seines persönlichen Stils zuordnen. Andere Kreativitätstheorien tun sich nämlich mit dem persönlichen Stil schwer.
Menschen, welche mit diesen vielschichtigen und weitreichenden Definitionen zur Kreativität Schwierigkeiten haben, könnten evtl. an NFC leiden - Closure oder Need for closure (NFC) oder Need for cognitive closure (NFCC). Dabei handelt es sich um einen Begriff aus der Sozialpsychologie. Er beschreibt den Wunsch einer Person nach einer klaren, festen Antwort auf eine Frage und eine Abneigung gegen Mehrdeutigkeit. Je nach Ausprägung hat dies negative Einflüsse auf die Informationsauswahl und führt zu stereotypen Entscheidungen. Derartige Personen zeigen oft Vorurteile, sind gläubig, neigen zu Autoritarismus, Ambiguitätsintoleranz, Dogmatismus, einem übertriebenen Bedürfnis nach Ordnung und Struktur. Also alle jene Faktoren, die man in Foto-Foren in höchster Konzentration vorfindet. - Laut Untersuchungen ist diese übersteigerte Eigenschaft auch schädlich für die Kreativität, weil sie u.a. jegliches Denken einengt.
Da Kreativität sich in einem Zusammenspiel von Begabungen, Wissen, Können, intrinsischer Motivation, Persönlichkeitseigenschaften und unterstützenden Umgebungsbedingungen
entwickelt, befassen sich inzwischen neben der Psychologie fast alle Wissenschaftszweige über die Neurologie bis hin zu den Wirtschaftswissenschaften irgendwie mit Kreativität. Entsprechend unterschiedlich fällt deren Untersuchungsrichtung und Teildefinition aus.
Während im Übrigen im deutschen Sprachgebrauch Kreativität synonym zu Erfindung ist, wird Innovation im Englischen von einigen Wissenschaftlern davon abgegrenzt als practical implementation of ideas
- praktische Umsetzung / Anwendung von Ideen
. Dementsprechend wären Erfinder wie Thomas Alva Edison mit über 1.000 Patenten nicht kreativ gewesen.
Ferner findet sich im englischen Sprachraum auch der Begriff der emotional creativity
- emotionalen Kreativität
- a pattern of cognitive abilities and personality traits related to originality and appropriateness in emotional experience
- ein Muster an kognitiven Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmalen in Bezug auf Originalität und Angemessenheit in der emotionalen Erfahrung
.
Die Forschung auf dem Gebiet der Kreativität konzentriert sich (nach Mel Rhodes) überwiegend auf die vier Ps:
Process - Wie entstehen kreative Gedanken im Gehirn
Product - Am daraus entstandenen Produkt wird die Wirkung / werden die Folgen der Kreativität gemessen und bewertet.
Person - Wie kann man die kreative Person bezüglich aller ihrer Eigenschaften beschreiben? Was zeichnet diese Personen aus?
Place - Das gesamte Umfeld und die Umstände jeglicher Art, welche Kreativität begünstigen oder hemmen.
Weitere Ps wurden vorgeschlagen, konnten sich jedoch bisher nicht durchsetzen.
Daneben gibt es noch Ausdrücke wie flexible thinking und fluid intelligence. Sie meinen etwas ähnliches, sind aber nicht als Synonyme zu Kreativität zu verstehen.
Alles klar?
Erstaunlicher Weise befassen sich Juristen und Gesetze nicht direkt mit Kreativität. Stattdessen finden sich Urheberrecht, Patentrecht, Markenrecht, Schutzrechte, Gebrauchsmusterrecht, Copyright etc.
Dennoch ist es auffällig, dass Kant (1785) und Fichte (1793) sich im Zuge der Kreativitätsdebatte gegen das damals nicht verbotene Kopieren ihrer Bücher wehrten. Es ging letztendlich bei der Argumentation um das daraus erwachsende Copyright um ihre geistige Schöpfung
(creatio). Es ging um das Geistige Eigentum oder - wie man es rechtlich nannte - das Immaterialgüterrecht. Daraus entstand das Urheberrecht, um den Verfasser eines Werkes zu schützen.
Kreativität an sich ist ein juristisch schwieriges Thema. Juristen hätten es gerne etwas konkreter und handfester. Es muss sich bei einem schützenswerten Werk über eine Idee hinaus bereits so weit konkretisiert sein, dass es mit menschlichen Sinnen wahrnehmbar ist. Zumindest muss der kreativen Idee / dem kreativen Gedanken eine Handlung folgen. Sie wollen, dass sich die Idee irgendwie manifestiert hat (von manus lateinisch die Hand). Also die Idee sollte zumindest handschriftlich in einem Manuskript niedergeschrieben worden sein. Idealer Weise sollte auch ein Produkt vorliegen. Ferner scheinen auch Aspekte der praktischen Nutzbarkeit sowie Anwendbarkeit und der Relevanz hineinzuspielen.
Noch besser im Sinne von rechtssicherer wäre es, wenn Dritte wie ein Verlag dies publiziert hätten und somit bezeugen könnten. Denn das Problem liegt tatsächlich in der Schwierigkeit zu beweisen, dass jemand eine Idee bereits früher hatte.
Daraus folgt, dass Juristen eher dem Prozessmodell der Kreativität mit sichtbarem Ergebnis am Ende zuneigen.
Ferner muss es sich um eine persönliche geistige Schöpfung handeln. Das heißt geplantes Vorgehen, kein Zufallsfund. Ferner muss es ein Mensch sein. Bisher wurde dies Tieren, Pflanzen und Maschinen nicht zuerkannt. Aber die Individualität des Werkes muss dem Schöpfer auch zuordenbar sein.
Damit man ein Recht an einer kreativen Idee, einem Produkt etc. erwerben kann, muss man dessen Schöpfungshöhe oder Werkhöhe respektive Gestaltungshöhe darlegen. Dabei kann jedes Land selbst festlegen, welche Minimalforderungen ein sogenanntes Werk
zu erbringen hat. Das hat nichts mit dem Umfang zu tun. So ist e=m*c² (Einsteins bekannteste Formel) schützenswert, weil sie das Ergebnis jahrelanger Studien zusammenfasst. Ein vierzeiliges Gedicht kann schützenswert sein. Aber ein Schriftsteller wird für einen Prosatext vermutlich mehr als vier Zeilen liefern müssen.
Insgesamt werden auch neue und ähnliche Werke nach den Begriffen Individualität und Originalität geprüft und von ähnlichen älteren abgegrenzt. Absolut identische Kopien sind somit verboten. Aber bereits bei Zusammenstellungen kommt es auf Details an. Letztendlich wurden sogenannte Schwellenwerte für viele Bereiche (Werkarten) festgelegt.
Dazu zählen jedoch nicht Kosten, (Zeit-) Aufwand, Fleiß und weitere eher handwerkliche Faktoren.
Allerdings war es schon immer schwer, sein Urheberrecht durchzusetzen. Da wurden bereits kleinste Abweichungen beim Plagiator als ausreichend anerkannt.
2013 entfiel dann sowieso alles im Bereich Kunst weitgehend. Es reicht das allgemeine persönliche und subjektive Urteil eines Künstlers sowie der für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise
aus. Aber auch in vielen anderen Bereichen reduzierte man die Anforderungen immer weiter auf die 1921 eingeführte sogenannte Kleine Münze - das absolute Mindestmaß an Anforderungen für geschützte Werke.
Im anglo-amerikanischen Recht gibt es ferner noch die Rechtsprechung der Prior Art. Bei uns wird es meist im Zuge der Patentvergabe vorab geprüft. Aber früher war es üblich, auch nachträglich Rechtstreite anzuzetteln, wenn irgendjemand plötzlich (angebliche) Beweise dafür vorbrachte, dass er vorher bereits so etwas gemacht hat / hätte. Unter anderem gibt es berühmte Rechtsfälle wie den um die Erfindung der Glühbirne. In der Regel wird mit diesem Rechtsmittel die Zahlung von Patentgebühren verweigert. Denn vereinfachend gilt: Wer etwas bereits vorher gemacht hat, darf es auch nach Patenterteilung an einen anderen weiter durchführen.
Fotografen dürfen sich im Übrigen freuen: Auch wenn die Fotos völlig unkreativ sind, sind sie über andere Rechte geschützt. Siehe Lichtbild (mit kurzer Schutzdauer) gegenüber dem etwas anspruchsvolleren Lichtbildwerk (mit längerer Schutzzeit). Ein Lichtbild muss sogar nie publiziert werden, um 50 Jahre Schutz nach der Erstellung zu genießen. Ein Lichtbildwerk erreicht 70 Jahre Schutz nach dem Tod des Erstellers. Aber seit 2021 gilt das EU-Recht zu Reprofotografien, deren ursprünglicher Schutz abgelaufen ist. D.h. rein ablichtende Fotos von Gemälden etc. aus z.B. dem 19 Jahrhundert oder früher sind kaum schützbar. Es sei denn, Sie gestalten es künstlerisch um. Aber dann sind wir wieder bei der oben erwähnten Schöpfungshöhe.
Viel Freude bei Rechtstreiten um Kreativität.
Ohne die Bezwingung des Feuers als eine der kreativsten und definitiv wichtigsten Ideen gäbe es unsere Kultur nicht.
Ob es bereits vor 4 oder erst vor 1 Mio. Jahren war, ist unklar. Man vermutet allerdings, dass ein schlauer oder todesmutiger Mensch spätestens vor ca. 790.000 Jahren die Lava eines Vulkanausbruches oder den Blitzeinschlag nutzte, um davon sich gezielt ein Stück Holz etc. anbrennen zu lassen. So wurde das Feuer weiter getragen, bewahrt und als Lagerfeuer benutzt.
Man mag sich überhaupt nicht vorstellen, wie viele Menschen vor ihm jene kreative Idee hatten, aber auf die massive Gegenwehr der Gesellschaft stießen, weil Feuer damals überwiegend Gefahr und Tod bedeutete. Das war in deren Augen definitiv ein Spiel mit dem Feuer
oder ein frevelhaftes Spiel mit den Göttern
.
So ca. 32.000 vor Christus war man es leid, ständig auf Blitze, Vulkanausbrüche etc. zu warten und nutzte nachweislich erstmals einen Funken schlagenden Stein um Feuer zu erzeugen. Aber das war damals hoch-komplizierte High-Tech (leicht entzündlicher Brennstoff / Zunder, Sauerstoffzufuhr, Kaminwirkung), die nicht immer (im Grunde genommen eher selten) funktionierte. Deshalb hütete man das einmal erzeugte Feuer. Auch die Schwefelkies-Feuerzeuge und die Markasit-Feuerzeuge des Neolithikums (Jungsteinzeit: ca. 9.500-4.000 vor Chr.) waren nicht so leicht zu bedienen, wie unsere heutigen Feuerzeuge.
In den meisten Mythen und Religionen wurde das Feuer deshalb von den Göttern den Menschen gebracht respektive geschenkt, welche es behüten mussten.
Bei den alten Griechen kümmerte sich Hestia als Göttin des Familien- und Staatsherdes, des Herd- und Opferfeuers und des olympischen Feuers darum, respektive die Frauen in jedem Haus. Der Herd - das Synonym für das brennende Feuer - war damals das Zentrum jedes Hauses.
Jenes Hüten des Feuers war selbst in Rom noch üblich und wurde der Gottheit Vesta sowie deren weiblichen Dienerinnen - den Vestalinen - anvertraut.
Und noch im 19. Jahrhundert war es ein größeres Missgeschick, wenn der Hüterin des Herdes das Feuer ausging. Sogar meine Großmutter konnte sich noch darüber ärgern. Denn selbst im 20. Jahrhundert war es mit einigem Aufwand verbunden, in der (Winter-)Kälte wieder den Ofen und somit die Wohnung aufzuheizen. Bereits die stufenweise Erhitzung von Anzünden des Papiers, über Kienspan verschiedener Stärke über Holzscheite bis hin zu zum Schluss glühender Kohle dürfte heute so manchen modernen Menschen nicht nur frustrieren, sondern überfordern.
Schon in der Antike vertrauten die Weisen die lebenswichtigen kreativen Erfindungen (wie das Feuer) den Frauen an. Die Männer durften sich mit den unwichtigen Details wie Sport, Krieg und Politik die Freizeit vertreiben. Da hat sich durch die Emanzipation einiges verbessert.
Somit haben wir es hier zuerst mit einer eher mutigen Weiterverwendung eines Naturphänomens zu tun, das man später mittels Feuersteinen imitierte. Kurzum mit dem Feuerstein kopierte man nur den Funken des Blitzes. Weil man damals - ungleich den Göttern - (noch) keine starken Blitze erzeugen konnte, musste man eben mit Zunder nachhelfen. D.h. Mut und Nachahmung gehören wohl auch irgendwie zur Kreativität.
Definitiv gilt auch das Rad als eine der kreativsten und folgenreichsten Ideen.
Da wir es bedauerlicherweise nicht so genau wissen, schätzen wir einmal rund 5.000 vor Christus. Da man auch nicht so genau weiß, wo und warum, bleiben auch hier nur Vermutungen.
Stellen wir uns das Ganze einmal kreativ vor. Ein Steinzeit-Dorf vor rund 7.000 Jahren und ein Junge. Es muss jemand gewesen sein, der viel Zeit hatte, da 16 Stunden mühsamer Arbeit auf dem Feld oder in der Wildnis unter dem Dauer-Stress, von einem wilden Tier zerfleischt zu werden, definitiv nicht förderlich sind für kreative Ideen. (Siehe hierzu die modernen Untersuchungen zur Kreativität weiter unten.)
Der Junge drehte also aus Langeweile die bereits erfundene Mahl- oder Töpferscheibe in der Küche seiner Mutter, zerlegte alles aus Neugier und begann dann, die eine Scheibe aus der Hütte hinaus zu rollen und dann den Berg hinunter. Das rollte wie wild bergab und ließ sich auch erstaunlich leicht wieder den Berg hinauf rollen. Zumindest ging das viel einfacher als mit Schlitten oder Stangenschleifen. Wie Kinder (und Wissenschaftler) nun einmal so sind, trieb er es immer toller, bis das Mahlrad an einem Felsen anstieß und beschädigt wurde.
Als sein Vater nach langer Arbeit am Abend müde und hungrig heimkam, trat der Junge freudestrahlend ihm entgegen und erzählte, dass er eine kreative Idee hatte. Darauf warf die Mutter ein, dass es heute kein Abendessen gäbe, weil der ungezogene (nur ein anderes Wort für kreativ) Sohnemann die Mahlscheibe zerstört hat. - Watsch. Aua.
Der kreative junge Erfinder lernte mit der Ohrfeige gleich drei wichtige Dinge zur Kreativität:
Wähle den richtigen Zeitpunkt: Einem Hungrigen vor dem Essen mit einer kreativen Idee zu kommen, ist denkbar ungünstig.
Wähle die richtige Zielgruppe: Ein Jäger und Sammler oder Landarbeiter, der sein Tagewerk damit verbringt, Beeren zu sammeln, Früchte anzubauen und wilde Tiere zu jagen, hat ein sehr eingeschränktes Interessensgebiet. In der Regel sind solche Leute nicht an Neuerungen oder Veränderungen interessiert, die sie zudem um ihr Essen bringen.
Kreativität ist schmerzhaft. Wer in Ruhe leben will, sollte keine (neuen) Ideen haben, oder sie zumindest für sich behalten. Dies gilt insbesondere für viele Firmen in Europa: Kreativität wird zwar in öffentlichen Reden der Manager gewünscht und sogar in Bewerbungsgesprächen gefordert, wird aber in Wirklichkeit (firmenintern) meist mit Argwohn betrachtet. - Jede Ähnlichkeit zu anderen Institutionen wäre rein zufällig.
Nehmen wir einmal an, dass unser Junge nach einer Nacht Weinen und einer Woche Hüttenarrest ohne Nachtisch den Entschluss fasste, die drei gelernten Lektionen anzuwenden und hartnäckig weiterzumachen: Er geht nach dem Essen zur Versammlung des Dorffürsten an seiner Tafelrunde. Das waren noch nie die schlausten, aber machtbewusst und an allem interessiert, was ihren eigenen Reichtum, Ihre Ansehen / Ruhm und ihre Macht steigert. Da dieser gerade ein Mausoleum, eine Sternwarte etc. bauen wollte, lagen ihm seine Arbeiter in den Ohren, weil die Arbeit mit den schweren Steinen viel zu mühsam war. Dort erzählt der Junge seine kreative Idee. Nachdem sich alle das angehört hatten, bricht zuerst der Fürst und daraufhin die gesamte Versammlung der Tafelrunde in schallendes Gelächter aus, weil sie nichts verstanden haben, aber schon durch Met etc. ziemlich in Stimmung waren.
Die Erkenntnis ist, dass direkt nach dem Essen auch keine gute Zeit für kreative Ideen ist, weil dann schon alle zu betrunken sind. Im Übrigen sind Politiker in einer Versammlung nie eine ideale Zielgruppe für kreative Ideen.
Aber unser Junge hat Glück, denn der gestresste Bauleiter erfährt am Folgetag von den Kinderstreich, spricht ihn an und lässt sich das mit den Berg hinunter- und hinaufrollenden Mahlsteinen vormachen. - Kreativität wird somit nur von Fachleuten erkannt. Ferner ist es für die Umsetzung einer kreativen Idee hilfreich, wenn jene verständigen Fachkräfte ein Problem haben, das sie damit lösen können. Ohne Problem landen viele kreative Lösungsvorschläge schnell in der Schublade.
Der Rest ist belegte Geschichte: Über Jahrtausende haben technische Fachkräfte ständig weitere Detailverbesserungen angebracht, bis unsere heutigen Räder entstanden sind.
Somit haben wir mit hoher Wahrscheinlichkeit eine analoge Anwendung oder eine Adaption eines anderen Gegenstandes für einen neuen Zweck vor uns. Der Rest war danach jahrtausendelange Kleinstarbeit um minimale Verbesserungen.
Selbstredend kann man die Achsenschmierung, den Übergang vom Voll- zum Speichenrad, den Metallring um das Rad, den Vollgummireifen, den aufblasbaren Luftreifen sowie die Kugel- und Walzenlager etc. als weitere kreative Ideen bezeichnen. Aber sie waren definitiv nicht mehr ganz so kreativ wie das erste Steinrad.
Es stellt sich jedoch die ernstgemeinte Frage, warum in zahleichen Kulturen die Menschen das nicht anwandten (z.B. Amerika und Australien). Eventuell war dies im Vergleich zum Feuer bereits eine zu komplexe Angelegenheit. Denn zum Rad benötigt man Straßen - mit anderen Worten eine Infrastruktur. Im Dschungel des Amazonas oder in den steilen Anden waren Wagen mit Rädern nicht so einfach einsetzbar. Vermutlich hatten auch dort kreative Menschen diese Ideen. Aber sie wurden eben zumindest nicht umgesetzt. Kreativität hat somit auch etwas mit Klima und Geographie - also den natürlichen Rahmenbedingungen zu tun. Ohne Nutzen wurden Ideen selten als kreativ, sondern eher als unsinnig angesehen.
Neben Mut und kindlichem Leichtsinn scheint es noch eine weitere große Quelle für kreative Erfindungen zu geben:
Einer meiner intelligenteren Tanzlehrer sagte einmal, dass sehr viele Tanzfiguren aus Fehlern entstanden sind. Sie wurden nicht am Schreibtisch konzipiert.
Auch von vielen Beispielen auf den Gebieten der Chemie (Aspartam) und der Pharmazie (Viagra) ist bekannt, dass sie als Fehler oder Zufall entstanden. Oft suchte man etwas anderes und fand - als Nebenprodukt / Abfallprodukt - etwas, das sich viel besser gebrauchen oder zumindest vermarkten ließ.
Auf dem Feld der Fotografie will ich einen Fehler herausgreifen: die Cross-Entwicklung. Dabei handelt es sich um einen Negativfilm (für Papierfotos), den ein schlampig arbeitender Gehilfe aus Versehen in das chemische Bad eines Dia-Farbfilmes warf - oder umgekehrt.
Der Fehler kam weltweit sicherlich oft vor. Aber einer der Fotografen, welcher das - wie der Händler ihm als Entschuldigung zur kostenlos mitgelieferten Ersatz-Film-Rolle sagte - völlig versaute Ergebnis
sah, fand es hingegen unerwartet gut und machte daraus einen Foto-Stil.
Wer war nun kreativ? Derjenige der den Fehler unwissentlich oder versehentlich machte, oder derjenige, der etwas aus dem Fehler machte? Oder war es überhaupt kreativ, oder schlichtweg nur ein Versehen, Zufall?
Weitergehend darf man die Frage stellen, ob nicht Fehler - und vor allem wie wir damit umgehen - ein wichtiger Bestandteil der Kreativität waren und sind?
Denn unterschiedliche Verarbeitung und Rekombination des Vorhandenen gehören eindeutig zum Gebiet der Kreativität.
Gott sei Dank, gab es in der Frühzeit noch kein Urhebergesetz und kein Patentamt. Denn die meisten für die Entwicklung der Menschheit wichtigen Dinge wären niemals schützbar gewesen: Feuer, das man von einer anderen Quelle einfach abgreift, eine bereits vorhandene runde Scheibe, die man (eher zufällig) zweckentfremdet und dann auch noch Fehler sind als Zufall sowieso explizit ausgeschlossen. Zugegeben, da hätten wir den aufwändigen Prozess des Feuermachens mittels Feuersteinen, speziellem Zunder, Holzspänen, kleinem Holz, mitteldickem Holz bis hin zu großem Holzblöcken. Wer sich jedoch jemals den komplizierten und (nicht nur bei Feuchtigkeit) äußerst fehleranfälligen Prozess in der Praxis angesehen hat, erkennt sehr schnell, dass moderne Juristen und Beamte des Patentamtes spätestens nach dem dritten fehlgeschlagenen Versuch kopfschüttelnd gegangen wären. Gemäß moderner Rechtsauffassung wären das keine schützenswerten kreativen Leistungen.
Immer wieder wurde der Zusammenhang von Intelligenz und Kreativität untersucht, wobei die Ergebnisse durchwachsen und widersprüchlich sind.
Vertreten wird dies durch Anhänger der Schwellenhypothese (Threshhold hypothesis). Sie besagt, dass ein unterer Grenzwert / Mindestwert an Intelligenz für Kreativität erforderlich ist.
Und in der Tat fand man, dass ein höherer IQ von ca. 120 hilfreich ist zur Erzeugung möglichst vieler kreativer Ideen. Andere Forscher vertreten jedoch - gemäß deren Untersuchungen - die Meinung, dass zu hohe Intelligenz sogar schädlich für Kreativität sei. - Das hat positive Seiten für Unkreative: Sie sind einfach zu intelligent.
Andererseits fand man, dass ein IQ von nur 85 bereits als unterer Grenzwert ausreicht, um überhaupt als kreativ zu gelten. Letzteres wird so manche Influencer beruhigen, die sich zumindest nahe dieser Schwelle wähnen.
Aber diese These der absoluten Schwelle wird von zahlreichen Forschern bestritten, da sich einerseits über einem IQ von 120 eher andere Faktoren als ausschlaggebend zeigen und dies andererseits vom Messverfahren abhängt. So fand man heraus, dass auch Menschen mit einer Lernbehinderung künstlerisch kreativ sein können.
Im Übrigen bestehen (nach Sternberg und O'Hara) alleine fünf Thesen, wie Intelligenz und Kreativität zusammen hängen können. Das wird vor allem in Deutschland gerne verschwiegen, ist allerdings wichtig. Sollte es hierbei einen irgendwie gearteten Zusammenhang geben, dann wäre künstliche Intelligenz - also die von auf Hardware laufende Software - rein theoretisch auch in der Lage, kreativ zu sein respektive zu werden.
Im Übrigen widersprechen sich auch Untersuchungen über die Rahmenbedingungen: Während viele Studien zeigen, dass die Kreativität bejahende, fördernde Rahmenbedingungen hilfreich sind, gab es allerdings andere, welche auch das Gegenteil vor allem für die Kindheit zeigten: So waren von der Mutter verhätschelte Kinder unkreativer und emotional vernachlässigte kreativer. Für alle Menschen mit einer harten Kindheit besteht also durchaus die berechtigte Hoffnung, dass sie dennoch kreativ sind. - Niemand muss folglich mit einer harten Kindheit zwangsweise zum Gewaltverbrecher werden: Man kann seine diesbezügliche Kreativität auch als Banker ausleben.
Forscher fanden im Übrigen heraus, dass Menschen, die weniger gewissenhaft und kaum pflichtbewusst sind, kreativer sind. Ferner gelten bei manchen Forschern (laut deren Studienergebnissen) auch hohes Selbstbewusstsein, Umtriebigkeit, Ambitioniertheit, Dominanz, Feindseligkeit und Impulsivität als Symptome für Kreativität. - Wenn Sie also wie der Künstler, dessen umstrittenes Kunstwerk von unserem Gemeinderat gekauft werden sollte, auf die leiseste Kritik cholerisch mit einen Jähzornausbruch antworten und alle Anwesenden im Gemeinderat als A....löcher
bezeichnen sowie allen lauthals brüllend vorwerfen, dass sie von Kunst keine Ahnung haben
, dann sind sie hoch-kreativ. Sein 'Kunstwerk' wurde daraufhin für schlappe 250.000 angeschafft.
Vor allem seit die Kernspintomographie weit verfügbar wurde, führte man gezielte Massenuntersuchungen des Gehirns und seiner Aktivitäten bei (kreativen) Menschen in ihrer kreativen Phase durch. D.h. sie mussten Aufgaben im Kernspintomograph lösen.
Zuerst konzentrierte man sich auf die Frontallappen (Frontal lobes) des Gehirns, dann die Temporallappen (Temporal lobes), dann das Dopamin, danach die zahlreichen neuronalen Transmitter und dehnte die Forschung schließlich auf immer mehr Gehirnteile aus. Inzwischen scheint man sehr viele Gehirnbereiche als zumindest mitverantwortlich für Kreativität anzusehen und spricht eher von erforderlichen Vernetzungen zwischen diesen.
Man konnte zahlreiche Unterschiede zwischen den unterschiedlich kreativen Menschen sowie deren Hirnfunktionen als auch in Einzelfällen veränderten Gehirnbereichen erkennen. Aber abschließend geklärt ist das Phänomen Kreativität auf neuronaler Ebene noch lange nicht.
Untersuchungen zeigten auch, dass Tiefschlafphasen (REM) für die Kreativität förderlich sind. - Wenn Sie also das nächste Mal komplett verschlafen oder sowieso ein Langschläfer sind, dann sehen Sie das positiv: Das macht Sie kreativer. - Und als Ausrede für den Chef: Heute habe ich meine kreative REM-Phase optimal verlängert.
Millionen Ratgeber erzählen einem, dass Kreativität erlernbar sei. Dies ist allerdings umstritten.
Denn der Inhalt jener Kreativitätsratgeber sind nur Kreativitätstechniken (ich fand weit über ein Dutzend verschiedene Obergruppen), nicht die Kreativität selbst. Zumindest verkauft bisher noch niemand Kreativität zu einem bestimmten Kilopreis.
Techniken sind selbstredend erlernbar. Allerdings gibt es Theorien, welche exakt jenes starre Erlernen insbesondere eine zu starke Konzentration auf respektive Orientierung auf Wissenserwerb als eher hinderlich für die Kreativität an sich bezeichnen.
Meist lassen sich die Seminare, Kurse, Techniken und Theorien gruppieren: Bestimmung von Zweck und Absicht, Aufbau von Grundfertigkeiten, Förderung des Erwerbs von domänenspezifischem Wissen, Anregung von Neugier und Erforschung sowie Belohnung beider, Aufbau von Motivation (vor allem intrinsischer), Förderung von Vertrauen und Risikobereitschaft, Konzentration auf Beherrschung (Meisterschaft) und Wettbewerb gegen sich selbst, Förderung hilfreicher Einstellungen und Meinungen zur Kreativität, Anbieten von Möglichkeiten zur Auswahl und Entdeckung, Entwicklung des Selbstmanagements (metakognitive Fähigkeiten), Vermittlung von Techniken und Strategien zur Erleichterung kreativer Leistungen sowie Ausgleich schaffen.
Kreative Denkprozesse können hingegen durch spezielle Kreativitätstechniken gefördert und auch beschleunigt werden.
Jedoch wird bis heute trefflich darüber gestritten, wie hoch die Anteile der ererbten Kreativität im Vergleich zu den erlernten sind.
Die Forschung fand allerdings heraus, dass keineswegs alle angebotenen sogenannte Kreativitätstechniken auch erfolgreich sind. Als erfolgreich gelten u.a. Trainings zu Analogiebildungen sowie dem Abbau von Hemmnissen. Manche Techniken können jedoch sogar negative Effekte auf die Kreativität erzeugen.
Vor allem im Hautpanwendungsgebiet der teuren Kreativ-Trainingsseminare - in der Wirtschaft - kam jedoch auch eine Theorie (Contingency theory) auf, dass vieles situationsabhängig ist. D.h. eher Offenheit für Neues wurde wichtiger als die Anwendung von in Seminaren erlerntem Schubladenwissen. Dies ist sicherlich mit ein Grund, warum sich immer mehr Kreativitätstrainer (mit Büchern und Seminaren über veraltetes Wissen) nun an die (noch unwissenden) privaten Endkunden wenden.
Dass die Offenheit für Neues viel wichtiger ist, kann man auch mit fotografischen Worten ausdrücken: Man muss zuerst mit offen Augen etwas / ein Motiv erkennen. Erst danach kann man die Kreativität im eigentlichen Sinne mit ihren Hauptkomponenten anwenden, um es besonders darzustellen respektive daraus ein besonderes Foto zu machen. In der Wirtschaft ist es umgekehrt: Man muss erst einmal ein Problem erkennen oder mit anderen Worten eine Leerstelle, etwas Fehlendes (z.B. Produkt, Dienstleistung), eine Lösung. Also zuerst muss man offen ein Problem erkennen. Erst dann kann man die eigentlichen Kreativitätstechniken anwenden, die je nach Anwendungsgebiet alle durchaus hilfreich sein können.
Oder mit einem Beispiel aus der Wildtierfotografie erklärt: Wenn Sie den Tiger im Gebüsch übersehen, dann benötigen Sie die Kreativitätstechniken nicht (mehr).
Dies ist ein ebenfalls umstrittenes Forschungsteilgebiet. Unstrittig ist, dass Wissen und Erfahrung für Kreativität erforderlich sind. Aber es geht um deren Umfang.
Einerseits belegen Untersuchungen, dass Menschen mit großem Wissen und Erfahrung auf einem Gebiet oft sehr wertvolle kreative Ideen hervorbringen, welche von der Mehrheit der Anwender als wertvoll im Sinne von weiterführend angesehen werden. Manche sehen dies jedoch dann eher als eine Art Evolution. Dabei wird unterschieden zwischen drei Ebenen der Expertise: technisches Wissen, prozedurales und intellektuelles Wissen.
Andererseits kann sehr viel und vor allem starr angewandtes Wissen auch die Kreativität hemmen - u.a., weil jede Neuerung altes Wissen und Sicherheiten sowie damit die eigene Position gefährdet. D.h. manche befürchten, dass ein zu viel an (etabliertem) Wissen evtl. neue disruptive respektive revolutionäre Ideen behindert.
Jeder Mensch ist zu einem gewissen Grad auch ein Kind seiner Zeit, seiner Gesellschaft und seiner Kultur.
Einerseits beschränkt dies natürlich die Kreativität. Moral, Anstand, Sitte etc. lassen uns vermutlich sehr viele unserer kreativen Ideen ganz schnell wieder bei Seite legen, weil sie - höflich ausgedrückt - kaum Mehrheitsfähig wären.
So wäre es zwar in unserer Gesellschaft kreativ, wenn ein Kannibale neue Brat-Techniken von Menschen über dem Lagerfeuer ausprobieren würde. So etwas würde man in westliche Kulturen als malevolent creativity (MC) oder dark side
of creativity bezeichnen. Aber die meisten westlichen Mitbürger würden dies nicht goutieren. Hingegen loben wir nicht nur die Kreativität eines Sternekoches für die neue Zubereitung einer Mastgans oder eines Spanferkels, sondern bezahlen dafür viel Geld.
Im Französischen Sprachraum gibt man dies auch explizit an: La créativité s'évalue donc ... par les délais de réponse, la rapidité de production, la quantité de solutions, l'efficacité puis l'efficience et l'originalité (définie comme l'inverse de la banalité).
- Kreativität wird also bewertet ... nach Reaktionszeiten, Produktionsgeschwindigkeit, Menge an Lösungen, Effektivität, dann Effizienz und Originalität ([wobei letzteres] definiert [wird] als das Gegenteil von Banalität)
.
Aber diese Rahmenbedingungen sind über die Zeit veränderlich, wie die Bewegung der Vegetarier und Veganer uns derzeit belegen.
Andererseits ist diese Beschränkung eben auch ein Bewertungskriterium der Erfolgsaussichten unserer kreativen Idee. So wäre es fotografisch auf dem kommerziellen Feld der Hochzeitsfotografie sicherlich kreativ, das Brautpaar vor dem Altar in der Trauungsszene mit dem Priester nackt abzubilden. Aber das widerspricht den (momentanen) Erwartungen der bezahlenden Kunden und würde die Erfolgsaussichten des Berufsfotografen / Profi-Videografen (außer bei Nudisten) vermutlich reduzieren.
Ein freischaffender, wohlhabender Fotokünstler, der jedoch bewusst darauf abzielt, durch unerhörte und ungesehene Tabubrüche sein Werk in ein Museum zu bringen, kann damit Erfolg haben.
Ferner gelten Furore machende Umbrüche - aus der heutigen Retrospektive - als kreativ, wie z.B. der Impressionismus, der Kubismus oder die Zwölftonmusik, welche zumindest in ihrer damaligen Entstehungszeit von der Mehrheit der Gesellschaft nicht nur unverstanden, missverstanden und abgelehnt, sondern sogar aktiv bekämpft wurden. Und manche Kreativen wurden als Verrückte bezeichnet sowie weggesperrt oder als Ketzer und Teufel verbrannt.
In diesem Zusammenhang gelten Denkverbote jeder Art als die Kreativität hemmend. Das müssen keine Diktaturen sein. Da reicht der von gewissen Gruppen ausgeübte soziale Zwang oder gesellschaftliche Druck durch Gewährung von Belohnung oder Vorenthaltung respektive Entzug derselben aus. Bereits durch kleinste Maßnahmen kann das sogenannte Kreativklima
nachhaltig geschädigt werden. Angst schädigt nachweislich die Kreativität. Aber Angst kann durch viele Mittel in den unterschiedlichsten Dosen der Gesellschaft verabreicht werden.
Ferner wurde nachgewiesen, dass religiöser Glaube oder sonstiger politischer etc. Fanatismus die Kreativität zumindest statistisch (also als Gesamtheit) negativ beeinflussen.
Andererseits wurde in der Musik festgestellt, dass es auch zeitunabhängige Kriterien für Kreativität zu geben scheint.
Es ist noch nicht einmal klar bewiesen, was die Kreativität mehr fördert:
Wohlstand ist zwar hilfreich bei der freien Entfaltung der Kreativität. Aber Armut / Not machte ebenfalls oft erfinderisch.
Während früher (zumindest seit Heraklit) viele den Krieg als den Vater aller Dinge
im Sinne von neuen Erfindungen priesen, werden in Friedenszeiten deutlich mehr Patente angemeldet.
Wohlstand und Frieden machen viele Menschen oft träge. Während äußere Krisen bis hin zu Kriegen alte respektive festgefahrene Strukturen erschüttern und so (kreative) Umbrüche ermöglichen.
Es ist somit noch nicht einmal klar, ob es kreativer ist, Krieg zu führen oder den Frieden zu bewahren. - Jeder Leser darf diese Frage gerne für sich selbst beantworten.
Damit eröffnet sich jedoch die neue Frage des Verhältnisses der Kreativität zur Moral und Ethik sowie unserem Rechtsverständnis.
Um letzteres zurück zur Fotografie und Videografie zu führen: Es ist weltweit vermutlich rechtlich klar geregelt, dass es zur Erstellung eines realistisches Fotos oder Videos inakzeptabel ist, selbst jemanden zu töten. Aber bereits bei der Abbildung von Verbrechen Dritter gehen die (moralischen sowie rechtlichen) Ansichten weltweit auseinander.
Vor allem seit den 1990er Jahren werden Branchen und Tätigkeiten vermehrt in kreative und nicht-kreative eingeteilt.
Das mag im positiven Sinne bei den Werbetreibenden durchaus seine Zustimmung finden. Selbstredend wird auch in den künstlerischen Bereichen - bei Malern, Bildhauern, Schriftstellern, Architekten bis hin zu Fotografen meist schnell ein Konsens herzustellen sein. Allerdings handelt es sich hierbei eindeutig um ein Vorurteil - art bias - eine Einengung / Konzentration auf den Kunstbereich.
Ist etwa die Landwirtschaft eine unkreative Branche und sind alle dort arbeitenden Menschen unkreativ? Angesichts des enormen Umbruches dort von der Leibeigenschaft zu computergesteuerten Bauernhöfen während der letzten 100-150 Jahre behaupte ich einmal das Gegenteil. Ohne die ständig weiter voranschreitenden ungeheuren Verbesserungen in der Landwirtschaft könnten wir noch nicht einmal die heutige Weltbevölkerung ernähren - geschweigen denn unseren Lebensstandard halten.
Vielleicht sollten wir noch einmal die Messkriterien der Kreativität der Branchen überdenken. Der erzielte Umsatz respektive das Brutto-Sozial-Produkt alleine kann nicht das Kriterium sein. Denn wir bewerten als Menschen den Wert der Arbeit. D.h. das Gehalt, das wir jemandem bezahlen, hängt von einer subjektiven Wertschätzung ab. Die Produkte der angeblich unkreativen Branchen - also preiswerte Lebensmittel sind genauso wie preiswerte Rohstoffe und Energien die Grundlage dafür, dass wir den sogenannten kreativen Börsenhändlern Millionen-Boni bezahlen können. Im Übrigen sind die sogenannten Kreativen dann doch immer wieder erstaunt, wie schnell der Wandel und damit wie hoch die Kreativität in jenen belächelten anderen Branchen ist.
Seit der Antike werden kreative Menschen mit psychischen Erkrankungen in Zusammenhang gebracht.
In der Tat gibt es einerseits sogar Untersuchungen dazu, wie viele Dichter und Schriftsteller in irgendeiner Weise an psychischen Störungen litten. Meist handelte es sich um Stimmungsschwankungen bis hin zur Depression. Aber auch Schizophrenie und bipolare Störungen wurden untersucht. In einigen Fällen konnten erstaunliche Korrelationswerte zwischen diesen Störungen und Kreativität festgestellt werden. Dies reichte hin bis zu einer Überrepräsentation von Magersucht und leichtem Autismus bei Personen in kreativen Berufen.
Allerdings kann dies auch zumindest zum Teil von äußeren Faktoren mitbeeinflusst sein, da kreative Künstler oft arm sind, verfolgt werden, sozial gemieden werden, psychologische Traumata erleiden, Drogen jeglicher Art konsumieren - die von Kaffee über Zigaretten und Alkohol bis zu Medikamentenmissbrauch reichen - und schließlich oft einem hohen (Dauer-) Stress ausgesetzt sind.
Auch von zahlreichen extrem kreativen Genies ist bekannt, dass sie wie z.B. Einstein im zwischenmenschlichen Umgang - sagen wir es einmal höflich - Verbesserungspotential besaßen. Nicht selten gelten hochkreative Menschen als schwierig
.
Andererseits wurde in Studien belegt, dass starke psychische Erkrankungen die Kreativität wiederum hemmen.
Umgekehrt konnte jedoch auch gezeigt werden, dass als kreativ eingestufte Tätigkeiten, wie das Malen oder Gedichte Verfassen, auch kranke Menschen wieder gesunden lassen oder zumindest zur Gesundung beitragen.
Jedoch reicht die Forschung schon viel weiter. Man untersuchte inzwischen auch die Gen-Sequenzen und stieß in manchen Untersuchungen auf genetischen Marker, die sowohl bei Schizophrenie als auch der Kreativität beteiligt sein könnten. Damit kommen wir jedoch zu einer weiteren umstrittenen These: Inwieweit Kreativität angeboren sei.
Ketzerisches Fazit: Man muss nicht verrückt sein, um sehr kreativ zu werden. Aber ein bisschen Verrücktheit
schadet auch nicht.
Wie kann man nun selbst testen, ob man kreativ ist?
Dazu bietet die Wissenschaft zahlreiche Testverfahren an, die sich allerdings jeweils auf spezifische Teilaspekte beschränken. Diese reichen von zeichnerischen Leistungstests bis zu selbst eingeschätzter Kreativität. In Deutschland wurde z.B. das Berliner Intelligenzstrukturmodell entwickelt, das auch Kreativität misst, aber eher unter dem Teilaspekt Einfallsreichtum. Besonders oft angewandt wird heutzutage der englische Torrance Test of Creative Thinking (TTCT). Er beruht auf der psychometrischen Theorie der Forschergruppe rund um J. P. Guilford, der Fluency, Originality und Elaboration bewertet (Anzahl der gegebenen Antworten, Seltenheit der Antworten sowie Detailtiefe der Antworten).
Den ebenfalls sehr beliebten Creativity Achievement Questionnaire können sie hier auf Deutsch herunterladen.
Alle diese Tests messen in der Regel jedoch nur das kreative Potential in Personen. - Allerdings ist es mit dem Potential so eine Sache. Potentiell könnte jeder auch Kaiser von China oder ein weltberühmter Fotograf werden.
Wenn Sie selbst ganz einfach herausfinden wollen, ob Sie kreativ sind, dann sollten Sie das Buch eines meiner Lieblingsautoren auf dem Gebiet der Kreativitätsforschung lesen: Csikszentmihalyi, Mihaly: Creativity: flow and the psychology of discovery and invention. 1st ed Auflage. Harper Collins Publishers, New York, 1996. Zugegeben, der Name des Autors ist ein Zungenbrecher. Aber er hat bereits in den 1970er Jahren einen trance-ähnlichen Zustand bei kreativen Menschen untersucht (den im Übrigen Kurt Hahn bereits 1908 als schöpferische Leidenschaft
beschrieb), in dem jene Kreativen das gesamte Umfeld um sich herum ausblenden, u.a. die Zeit. - Es macht sich einfach besser, wenn Sie sagen können: Ich hatte gerade einen kreativen Flow
, als kleinlaut einzuräumen, dass man den Termin vergessen hat.
Da man auch durch Drogen oder Alkohol derartige Zustände erreicht, kann die Selbstbeurteilung trügerisch sein. Deshalb sollten Sie zur Sicherheit ihre bessere Hälfte dazu befragen, ob Sie selbst bereits kreativ tätig sind. Falls eine Befragung nicht mehr möglich ist, weil sich jene bessere Hälfte bereits aus diesem Grund von Ihnen getrennt hat, dann sind Sie mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit hochkreativ.
Der aktuelle Forschungsstand ist kompliziert: Viele ältere Thesen gelten als widerlegt, wie z.B. eine feste Größe der Kreativität.
Man spricht eher von einem Kontinuum an Kreativität. James C. Kaufman und Beghetto führten vier Stufen der Kreativität ein, von denen die beiden Extreme weite Verwendung fanden.
Mini-c - transformative learning
mit personally meaningful interpretations of experiences, actions, and insights
- transformatives / umgestaltendes Lernen mit persönlich bedeutungsvollen Interpretationen von Erfahrungen, Handlungen und Einsichten. Das klingt anspruchsvoll, wird aber bereits Kleinkindern zugeordnet. - Manche bezeichnen die beiden Gruppen mini-c und die Folgegruppe little -c auch zusammen als small-c.
Little-c - everyday problem solving and creative expression
- alltägliche Problemlösung und kreativer Ausdruck
- Das dürfte so ca. 90% der Menschheit umfassen. - Es gibt sogar das Counterfactual thinking, das als kreativ bezeichnet werden kann: Wer sich also schon einmal gewünscht hat, reich zu sein oder Kaiser von China, der ist auch kreativ, genauso wie die Anhänger der Idee, dass die Erde eine Scheibe sei. Für Kreativität reicht laut manchen Forschern bereits, gegen die Fakten zu denken. - Somit ist ein Politiker, welcher erzählt, dass Wirtschaftssanktionen und Krieg keinen Einfluss auf die eigene Bevölkerung haben, selbstverständlich kein Lügner, sondern ein kreativer Mensch, der nur laut kontra-faktisch nachdachte.
Pro-C - exhibited by people who are professionally or vocationally creative though not necessarily eminent
- nur gezeigt von Menschen, die beruflich [im Sinne von Geldverdienen] oder als Berufung [im Sinne von Widmung, Neigung, Hingabe] kreativ sind, wenn auch nicht unbedingt herausragend
. - Also alles Hochkünstlerische und Wissenschaftliche - aber gerade noch unterhalb des Nobelpreises.
Big-C - creativity considered great in the given field
- Kreativität, die auf dem jeweiligen Gebiet als groß[artig] angesehen wird
- Genies wie Einstein und andere Nobelpreisträger.
D.h. ketzerisch ist Kreativität so etwas wie die Stromspannung, die man mit einem Voltmeter auf einer Skala von 0 bis unendlich messen (oder je nach Testkriterium festlegen) kann. Allerdings gelten die meisten Menschen in dieser Skala nicht gerade als die hellsten Kerzen am Kreativitätstannenbaum.
Es werden unterschiedlichste Messmethoden je nach zu untersuchendem Teilaspekt verwendet. Ein einziges Messverfahren existiert jedoch nicht. Dazu ist das Thema Kreativität (derzeit noch) zu komplex. Es kommt jedoch noch härter: Die Validität und die Reliabilität (Gültigkeit und Zuverlässigkeit) der Messmethoden werden von vielen Wissenschaftlern bestritten. Daraus folgt, dass die Messergebnisse eher geringe Aussagekraft besitzen. Selbst Befürworter räumen ein, dass die Testmethoden nur das Potential (einer Person) für Kreativität messen können, aber nicht, ob jemand dann seine potentielle Kreativität auch anwendet.
Dabei eröffnen sich jedoch Fragen: Wenn Kreativität ein Kontinuum ist, und der Mensch sich in der Evolution am weitesten entwickelt hat, besitzen dann andere Lebewesen wie Tiere und eventuell auch Pflanzen ebenfalls so etwas wie Kreativität? Ist eine Krähe kreativ (bitte verzeihen Sie mir das phonetisch Wortspiel / die Alliteration), nachdem sie eine selbst aus mehreren unterschiedlichen Flughöhen abgeworfene Nuss nicht knacken kann, wenn sie diese Nuss dann so auf eine vielbefahrene Straße wirft, sodass Autos darüber fahren und sie aufbrechen? Oder kann man behaupten, der Hahn kräht kreativ, wenn er Umgebungsgeräusche zu imitieren versucht? Das ist z.B. bei Singvögeln in Großstädten schon lange untersucht. Das gibt es sogar in den Weiten Kanadas. Oder ist eine Ratte kreativ, wenn sie Fallen geschickt umgeht, in die andere bereits einmal getappt sind? Etc.
Wenn Kreativität keine selbständige respektive unabhängige Kategorie darstellt, keine eigene absolute Größe für sich ist, sondern etwas mit Intelligenz sowie vielen anderen Faktoren zu tun hat und die Techniken dazu erlernbar sind, wie steht es dann mit Künstlicher Intelligenz von Soft- und Hardware-Systemen, welche per Definition alle einschränkenden Rahmenbedingungen, welche Kreativität behindern können, ausschalten? Können sie zukünftig kreativ werden? Oder haben sie bereits erste Stufen auf der Skala der wissenschaftlichen Kreativität erreicht?
Bevor man mich wieder absichtlich missversteht: Ich habe nicht das Geringste gegen die von der Wissenschaft in den letzten Jahren durchgeführte Demokratisierung der Kreativität. Wenn allerdings jeder und alles kreativ ist, ergibt sich daraus ein Problem für die weitere menschliche Entwicklung gegenüber der Technik, vor allem auf dem Feld der Fotografie.
Wenn Kreativität erlernbar ist, so wie es Millionen von Kreativitätsratgeber uns gegen viel Geld erzählen, dann liegt darin ein Nachteil für die Fotografie. Denn Computer mit künstlicher Intelligenz können auch vieles erlernen. Das geschieht nicht nur immer schneller, sondern auch immer präziser und auf immer komplizierteren Feldern. Es existiert inzwischen sogar ein eigenes Fachgebiet: Computational creativity - manche nennen es auch artificial creativity, mechanical creativity, creative computing oder creative computation -, das als interdisziplinärer Ansatz exakt dies untersucht und vorantreibt.
Wenn, wie Plato schon feststellte, eine Creatio ex nihilo für Menschen unmöglich ist, und wie viele Forscher auch nachwiesen, viele Erfindungen etc. auf der Abwandlung mindestens eines bekannten Elementes unserer bekannten Welt basieren, dann stellt zumindest diese Art der Kreativität auch keine unüberwindliche Hürde für Künstliche Intelligenz dar.
Wenn Kreativität (auch) als Analogieschlüsse und Neu- respektive Re-Kombination von Bestehendem definiert wird, dann sind uns KI-Systeme bald haushoch in der Fotografie überlegen. Denn Dinge neu zusammenzustellen oder von einem Gebiet auf das andere zu übertragen, ist für KI-Systeme bereits heute möglich. - Halt Stopp: Dies schrieb ich 2022 - vor der KI-Revolution mit ChatGPT und Konsorten. Mitte der 2020er Jahre war dies alles bereits jedem schmerzlich bewusst.
Kreativität bei Menschen unterliegt auch dem Faktor Angst: Während die alte Routine, die etablierte Ordnung Sicherheit spendet, bringen kreative Ideen zuerst einmal vieles durcheinander und erzeugen eine gewisse Unsicherheit. Jeder hat im alten System seine wichtige Rolle und Funktion inne, die er sich evtl. sogar mühsam über Jahre erarbeitet und erkämpft hat. Abläufe sind vertraut und laufen automatisch ab (beim Fotografieren z.B. das sogenannte Muscle Memory, mit dem man blind die eigene Kamera bedienen kann). Hingegen bedeuten kreative Ideen Neuheit, sind unbekannt in Inhalt und vor allem in deren Auswirkungen. Sie wecken deshalb bei vielen Etablierten auch nachvollziehbare Ängste. Unsicherheit führt jedoch oft zu einer (auch unbewussten) negativen Beurteilung der kreativen Idee. Da Kreativität immer mit Risiken verbunden ist (Ist die neue Idee umsetzbar? Wie? Zu welchen Kosten? Ist sie anwendbar? Ist sie profitabel?), die bis zum schweren Scheitern reichen können, ziehen viele Menschen es in solch einer Auswahlsituation vor, beim Etablierten zu bleiben. Jeder (auch kreative) Mensch hat diese Szenarien bei seinen Ideen auch immer vor Augen. - Aber Computer kennen keine Angst. Ihnen fehlt somit u.a. diese vermutlich am schwierigsten zu nehmende (menschliche) Hürde der Kreativität.
Die sogenannte Kreativität böte unter diesen Prämissen keinen Schutz vor dem seit vielen Jahren bereits laufenden breiten Angriff der KI.
Es ist somit lächerlich, zu kontern, dass KI-Technologie die kreativen Fotografen
nicht schädigt: Automated Photography Won't Replace Creative Photography
. Bei einem großen Teil der Fotografie (z.B. Produktfotografie) geht es nicht um Kreativität. Dort geht es um den lukrativen Massenmarkt der trögen Produkt-Werbefotografie für Webseiten (Shops), Werbeflyer und Kataloge. Aber es geht um immens viel Geld.
Das ist jedoch erst der Anfang: Mit künstlicher Intelligenz werden Software- und Hardware-Firmen in den kommenden Jahren Stück für Stück den sogenannten kreativen
Bereich der Fotografie aufrollen. Denn die meisten Fotos und Videos sind überhaupt nicht so kreativ, wie viele Produzenten noch immer glauben. Die meisten Fotos sind direkte Kopien. Zumindest für die gefühlt 1 Million Katzenvideos gilt dasselbe. Und vom Rest sind nochmal mindestens 90% nur leichte Abwandlungen von Vorhandenem. Das kann heute schon jede KI-Software im Labor übernehmen. Die können heute sogar bereits einen Fotostil erkennen und nachahmen. - Während ich im Jahr 2022 noch 'im Labor' schreiben musste, war dies 2025 in der freien Welt überall für jeden verfügbar.
Um es auch ganz deutlich zu formulieren: Die meisten Berufsfotografen konnten noch nie von ihren (sogenannten) künstlerischen Fotoprojekten leben. Sie finanzieren ihren Lebensunterhalt bis heute überwiegend vom handwerklichen Brot- und Butter-Geschäft, das eher an standardisierte Massenfertigung erinnert.
Seit Erfindung der Fotografie vor nunmehr fast 200 Jahren existiert der Streit zwischen den Kunstmalern und den Fotografen, ob Fotografie Kunst sei - also etwas mit Kreativität zu tun habe -, oder ob sie nur schlichte Handwerker seien wie Hausanstreicher.
Spätestens im 20. Jahrhundert siegte die Fotografie in ihrer Sehnsucht nach Anerkennung. Man attestierte ihr in Museen, dass sie auch Kunst sein könne.
Aber dies gilt eben nicht für jede Fotografie (siehe oben die bis heute geltende rechtliche Unterscheidung zwischen Lichtbild und Lichtbildwerk).
Was ist z.B. an einer (manuell) auf das richtige Motiv scharf fokussierten Aufnahme kreativ? Oder was ist an all den (Halte-) Techniken kreativ, die bis hin zum Stativ verhindern sollen, dass Bilder verwackeln?
Cum grano salis kann man ketzerisch zusammenfassen: Alle sogenannten technischen Verbesserungen an der Kamera und den nachgelagerten Prozessen, die uns seit 200 Jahren von den Herstellern (jeweils für viel Geld) als revolutionär angepriesen wurden, haben nur die Milderung handwerklicher Mängel und die Erleichterung leidiger handwerklicher Arbeiten zum Inhalt. Siehe z.B. Verwacklungsschutz in Objektiven und als IBIS in der Kamera. Auch alles, was den Namen Automatik oder Halbautomatik trägt, deutet auf Erleichterung des Handwerks hin.
Und selbst die vielgepriesene Digitalisierung der Fotografie mit all ihren Software-Möglichkeiten ist an sich nicht kreativ, sondern erleichtert im besten Falle dem Anwender, leichter Bilder nachzubearbeiten. Aber was ist am Schieben eines Schärfereglers etc. mit der Maus kreativ.
Das ist im Übrigen auch ein wichtiger Grund für den Siegeszug der modernen Smartphones. Sie entlasten mit modernen KI den Anwender von extrem vielen handwerklichen Teilschritten und auch dem Wissen darum.
Wenn wir schon beim Handwerk sind, dann müssen wir auch über die Werkzeuge sprechen.
Sofern es sich bei der Kreativität um eine allgemeine Eigenschaft handelt, die sich z.B. in Ideen, Kunstwerken der Malerei, Bildhauerei, Fotografie und Videografie, der Literatur etc. äußern kann, dann sind diese nur Ausdrucksformen der Kreativität. Die dazu verwendeten Werkzeuge wie Pinsel, Meisel, oder Kamera nur das Werkzeug. Daraus folgt, dass Smartphones ebenfalls ein Werkzeug sind. Somit können kreative Menschen auch mit einem Smartphone Kunstwerke - statische oder dynamische Lichtbildwerke - erzeugen. Denn für die Literatur gilt z.B. auch, dass es nicht darauf ankommt, ob sie mit einem Federkiel, einem Bleistift, einem Füller, einer mechanischen oder elektrischen Schreibmaschine oder einem Computer verfasst wurde. Aus der Literaturgeschichte ist bekannt, dass kreative Werke mindestens seit Homer verfasst wurden. Der technische Fortschritt des Schreibwerkzeugs hatte noch nicht einmal einen Einfluss auf den Umfang der Werke, wie z.B. russische Schriftsteller des 19. Jahrhunderts belegen.
Um überhaupt über Kreativität sprechen zu können, müssen die meisten Fotografen und Videografen erst einmal das gesamte handwerkliche Sammelsurium aus ihrer Fotografie und Videografie entfernen.
Dann wird allerdings bei den meisten Fotografen und Videografen nur Weniges als potentiell Kreatives übrig bleiben.
Und, weil die meisten Fotografen dies ahnen oder sogar wissen, machen sie es auch nicht. Da spricht und schreibt man lieber über Dynamikumfang, Farbtiefe, optische Vorteile etc. Alles Ablenkungsmanöver, die einen selbst und andere beruhigen sollen. Denn die Bedrohung durch die noch etwas neblig verschwommene KI rumort immer unangenehmer in der Bauchgegend der meisten Anwender.
Dies soll im Übrigen nicht leugnen, dass auch Kunstmaler viel handwerkliches durchführen: Die reine Auswahl der Unterlage (Leinwand), die Staffelei, die Pinsel, die Farben, die Aufbringung der Grundierung und vieles mehr ist auch noch nicht kreativ. Und ich prophezeie, dass KI - nachdem sie die (Berufs-)Fotografen überflüssig gemacht hat - sich die Maler und dann die anderen Künstler vorknöpft
. Das wird auch nicht mehr so lange dauern. Erste Forschungsprojekte schreiben schon mittels KI neue Bücher - und Gemälde sind auch schon entstanden.
Der klassischen Fotografie und Videografie mit dedizierten Kameras droht somit von zwei Seiten Gefahr:
Einerseits haben wir den Umstand, dass Kreativität weit gefächert ist.
Andererseits wird sie durch die künstliche Intelligenz gefährdet, welche über die Robotik auch bei dedizierten Kameras Einzug hält.
Im Smartphone kamen seit Jahren andere, modernere Werkzeuge und die künstliche Intelligenz zusammen und somit den Künstlern entgegen. Die große Gefahr liegt hierbei in der Vereinigung eines neuen - in den Augen vieler Anwender - einfacheren lichtbildnerischen Werkzeuges mit der künstlicher Intelligenz in diesem Werkzeug.
Und 2023 kam die GenKI bei Fotos hinzu, welche Bilder ohne Kamera zuerst durch Texteingabe neu erzeugte, dann hochgeladene Bilder mit einem neuen aber passenden Umfeld umrahmte. 2024 war das Jahr der Videos, die zuerst aus Texteingabe, dann auch durch ein hochgeladenes Foto und schließlich auch aus anderen Videos erstellt wurden. Erschreckend war nicht nur diese Multimodalität, welche aus mehreren Medien ein neues Bild erzeugen konnte, sondern vor allem die rasende Geschwindigkeit, mit der diese Entwicklung voranschritt.
Ja, die Wissenschaft hat heute Kreativität in einer Art und Weise definiert, sodass Wissenschaftler dies untereinander verstehen. Aber das Spektrum ist sehr weit gespannt von Mini-c über Little c - der alltäglichen Kreativität bis hin zur außergewöhnlichen Kreativität (Big C - Big Creativity). Ketzerisch ist diese Definition typisch für unsere moderne Zeit, die niemanden diskriminieren will. In der weitesten Auslegung der alltäglichen Kreativität trifft dies auf jeden zu.
Wenn man viele dieser in den letzten Jahrzehnten zusammengetragenen Forschungsergebnisse liest, erhält man - laienhaft ausgedrückt - den Eindruck, als ob die Kreativität unter unseren Eigenschaften so etwas ist, wie ein Gourmet, der Vielseitigkeit liebt und sich nicht einseitig ernährt. Wie ein Feinschmecker hätte sie gerne von allem etwas, allerdings nur in einer leicht verdaulichen genussvollen Menge - nicht zu viel von einem einzigen Gericht. Von allen Zutaten wünscht die Kreativität etwas zu haben. Aber von keiner zu viel, da sonst die Sache zu süß, zu sauer, zu scharf oder eben auch wieder versalzen wird. Kreativität scheint unersättlich zu sein in ihrem Streben nach Vielfalt und Abwechslung. Kreativität scheint auch in einem gemäßigten Klima respektive unter gemäßigten Rahmenbedingungen am besten zu gedeihen - weder zu heiß noch zu kalt - weder zu viel Bemutterung noch zu wenig Förderung. Forderungen aber keine Überforderung. Usw. Dann zeigt sie oft die besten Ergebnisse.
Solange aber Kreativität keine eigenständige Größe ist, kann sie auch nicht als schützender Rückzugsraum für sogenannte kreative Berufe gegenüber der Künstlichen Intelligenz dienen. Das ist reine Einbildung / Wunschdenken.
So manches, was Fotografen und Videografen als kreativ bezeichnen, besitzt zumindest keine hohe Stufe der Kreativität und kann somit bereits heute auch von Künstlicher Intelligenz in Software und Robotern selbst und automatisch durchgeführt werden, wie z.B. die vollautomatisierte Studio-Produktfotografie.
Die Forschung auf dem Gebiet der KI (Künstlicher Intelligenz, AI - Artificial Intelligence) wird diese Grenze zunehmend nach oben in Richtung der außergewöhnlicher Kreativität (Big C - Big Creativity) verschieben.
Während es Amateuren in ihrem Hobby gleichgültig sein kann, ob ihre Fotos und Videos in der Gesellschaft als kreativ gelten, so werden sich Berufsfotografen kreativ deutlich nach oben hin entwickeln müssen, um überleben zu können. Denn alles, was automatisierbar ist, wird irgendwann automatisiert werden und dann auch billiger angeboten werden. Der Mensch hat noch nie den Wettlauf gegen die immer schneller und preiswerter produzierenden Maschinen gewonnen. Das haben weder Maschinenstürmer noch rote oder grüne Ideologen geschafft.
Nachteilig ist allerdings für die Fotografie der Umstand, dass es sich bei zahlreichen Fotografen eher um Einzelgänger handelt. Wissenschaftler haben hingegen herausgefunden, dass neben vielen anderen Dingen auch schwache Bindungen zwischen Personen, welche kreativ(er) sein wollen, - vor allem schwache Bindungen in Kombination mit begrenztem Wissen sowie sozialer Distanz - die Kreativität hemmen (können). Bei Berufsfotografen kommen Zeitdruck, Leistungsdruck, Konformitätsdruck, sozialer Druck, Erfolgsorientierung und vieles Weitere als Hemmschuhe für Kreativität noch hinzu.
Zum Abschluss noch meine ketzerische Selbsterkenntnis: Wer sich wie ich für Kunstgeschichte interessiert, durch viele Besuche in Museen und Bildergalerien, sowie durch eine dreistellige Anzahl an Kunst- sowie Fotobild-Bänden nur an den größten Künstlern orientiert, hat sicherlich einen (sehr) hohen Anspruch an Kreativität. Bevor ich mich mit dem Thema Kreativität befasste, hielt ich mich somit nicht für (sonderlich) kreativ. Nach wochenlanger Beschäftigung mit dem Thema, muss ich jedoch einräumen, dass ich - gemäß der morbus google - eventuell, vielleicht, unter Umständen doch auch noch an dieser Krankheit leide
. Aber da geht es mir so wie mit den 12 Sternzeichen in der Astrologie: Die dort aufgelisteten positiven Eigenschaften bei allen 12 scheinen auf mich auch irgendwie zuzutreffen.
P.S.: Personen, welche über ein starkes Selbstwertgefühl verfügen, gelten laut statistischen Untersuchungen auch als kreativer. - Also: Wer felsenfest davon überzeugt ist, kreativ zu sein, der ist es dann auch.
Weiterhin viel Freude beim Fotografieren und Filmen. Denn Freude (joy) / Spaß ist ein Indiz für intrinsische Motivation, die als wichtige Voraussetzung für Kreativität gilt.
Im Folgenden finden Sie kommentierte Quellen und Belege sowie Analysen für alle Aussagen zur Kreativität sowie Anmerkungen zu den jeweiligen Personen. Die Einschätzungen im Artikel werden gestützt durch die hier angeführten Belege und Quellen. Sie sollten auf jeden Fall einen Blick in jene Quellen werfen, oder zumindest die zur jeweiligen Quelle angeführten Details beachten.
Die Autoren der deutschen Wikipedia liefern im Artikel Kreativität eine erste Einleitung in die Thematik. Dazu passt der wie so oft viele umfangreichere englische Artikel Creativity der internationalen Wikipedia. Auch der Artikel Créativité der französischen Wikipedia ist lesenswert, weil er vor allem in wichtigen Punkte von den beiden anderen Artikeln abweicht.
Zu den Kreativitätstechniken publizierte die deutsche Wikipedia eine extrem kurze einleitende Abhandlung. Jeder der sich für das Thema interessiert, wird unter dem Stichwort tausende kostenpflichtige Kurse und Anbieter bereits im deutschsprachigen Raum finden.
Das DWDS - Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache bietet eine Definition der Kreativität im: Der deutsche Wortschatz von 1600 bis heute. Dass der Duden unter Kreativität etwas anderes versteht, dürfte bei so einem umstrittenen Thema einleuchten. Und im englischen Sprachraum wird creative z.B. von Merriam Webster ebenfalls abweichend definiert.
Die englischen Autoren der internationalen Wikipedia liefern im Artikel Torrance Tests of Creative Thinking eine erste Einleitung zu diesem Test. Der folgende kurze englische Artikel 3 Examples - Torrance Tests of Creative Thinking (TTCT) liefert 3 Fragen und Ergebnisse zu jenem Test. Unter der folgenden Adresse 100 Free Gifted Practice Questions können Interessierte kostenlos Teile des TTCT (100 Fragen) herunterladen. Und der folgende Auszug liefert Kritik an den TTCTs in zahllosen wissenschaftlichen Artikeln.
Autoren der englischen Wikipedia erklären im Artikel Divergent thinking wie man viele Ideen (durch laterales Denken) sammeln kann. Dazu passt, dass die Autoren der internationalen Wikipedia im Artikel Convergent thinking eine englische Einleitung dieser Methode bieten, mit der man diese vielen Ideen auf eine reduzieren kann, oder um einfache Probleme sofort mit der richtigen Lösung zu beantworten. Jürgen Preiß, Dipl.-Kfm., Köln (Hrsg.) bietet das Jahrbuch der Kreativität, 2014 mit zahlreichen wissenschaftlichen Artikeln zu diesen Themen als PDF kostenlos an.
Damit will ich es belassen. Denn die mehreren hundert Millionen bei Google und Konsorten aufgelisteten Texte, Filme und Audio-Dateien zu dem Thema können Sie - mit etwas Kreativität - auch selbst finden.
Liebe Leserinnen und Leser,
damit diese umfangreichen, kostenlosen, wissenschaftlich fundierten Informationen weiter ausgebaut werden können, bin ich für jeden Hinweis von Ihnen dankbar.
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Foto Video Design - Dr. Schuhmacher