Geplante Obsoleszenz im Fotobereich
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Haltbarkeit - Lebensdauer - Verfallsdatum bei Produkten in der Fotografie
Immer wieder liest man - und die älteren Fotografen können es sogar noch bestätigen - früher hielten die Fotoapparate und Objektive länger. Analoge Kameras funktionieren noch nach Jahrzehnten, während moderne DSLRs kurz nach der Garantiezeit defekt sind und manche Exemplare bereits kurz nach dem Kauf eklatante Mängel zeigen und zurückgerufen werden müssen.
- Was ist dran? Treten bei digitaler Ausrüstung tatsächlich früher Schäden auf?
- Wie schlecht ist die heutige Qualität im Fotobereich und besonders bei Kameras?
- Welche Ursachen sind verantwortlich?
- Welche Marken und welche Produkte sind betroffen?
- Was kann man dagegen tun? Wie kann man Schäden vermeiden?
- Wie lange ist die Lebenszeit moderner Produkte?
- Handelt es sich um eine kriminelle kartellähnliche Verschwörung der Hersteller?
Planned obsolescence - Geplante Obsoleszenz - Vorsätzlicher verfrühter Totalschaden - Geplante absichtliche Verringerung der Lebensdauer von Produkten
Grundlagen
Um irgendwelche Glaubenskriege zwischen den Anhängern der verschiedenen Kamerahersteller zu vermeiden, sollen die grundlegenden Probleme zuerst einmal anhand neutraler Produkte analysiert werden.
- Die ursprünglich aus der Weltwirtschaftskrise (1932) und bereits vorhandenen Anwendungen aus den 1920er Jahren stammende These der geplanten Obsoleszenz (Wikipedia Deutsch) resp. Planned obsolescence (Wikipedia Englisch) kam vor einigen Jahren wieder auf, als wieder einmal einige Personen Vergleiche mit der Vergangenheit anstellten. Dabei kam ketzerisch zusammengefasst heraus, dass früher alles besser war, und die Produkte damals länger hielten.
- In seiner Ganzheit lässt sich so eine pauschale Aussage weder bestätigen, noch widerlegen, noch überhaupt analysieren. Also muss man ins Detail gehen.
- Geht man ist Detail, dann wird es jedoch sofort sehr kompliziert. So sind selbst banalste Dinge heute völlig anders konstruiert als früher.
- Und im Übrigen war der Ausdruck - zumindest im Englischen - anders gemeint: Er bezog sich auf die Werbung: Ziel war es, dem Kunden einzureden, dass er - wie in der Mode - jedes Jahr ein neues Nachfolgeprodukt (z.B. Auto) benötigt, obwohl das alte noch funktioniert. Der Ausdruck war von vielen Beteiligten überhaupt nicht negativ belegt. Erst spät wurde zwischen dieser Wunsch-Obsoleszenz und funktionaler Obsoleszenz (Totalschaden) unterschieden, die heute überwiegend mit dem Ausdruck assoziiert wird. Wir kommen auf diesen ursprünglichen Marketing-Aspekt wieder bei der Fotografie zurück.
Reale Vorkommen der geplanten Obsoleszenz
- Planned obsolescence funktioniert nur bei einem Monopol oder einem Oligopol, bei welchem sich die beteiligten Firmen einig sind. Ansonsten kann das Vorgehen sogar kippen, indem der Produzent mit den langlebigeren Produkten die anderen zu höherer Qualität und Langlebigkeit nötigt. So zwang der Import japanischer Autos in den USA die US-Konzerne zur Produktion höherwertiger Pkws.
- D.h. man sollte auf der Suche nach geplanter Obsoleszenz primär nach Monopolen und Oligopolen Ausschau halten.
- Es findet sich eine Sonderform der geplanten Obsoleszenz in einem wichtigen Bereich der Fotografie, der offensichtlich jedoch bisher kaum als negativ wahrgenommen wurde: Die Foto-/Grafiksoftware. Sie liegt insbesondere bei US-Produkten vor.
- Hierbei lässt sich sogar eine extreme Beschleunigung der Zyklen, also eine Verkürzung der Erneuerungszeiträume erkennen: Noch in den frühen 2000er Jahren lagen die Zeiträume der Updates bei durchschnittlich 2 Jahren und verkürzten sich schließlich auf durchschnittlich jährlich.
- Seit kurzem wird der Kunde zum Online-Abonnement gezwungen, bei dem halbjährliche Updates und oft vierteljährliche Zwischenupdates zwangsweise aufgespielt werden. (So waren es bei Adobe CC seit Frühjahr 2015 sogar 10 Haupt-Versionen allein bei Lightroom bis April 2017 herausgegeben. D.h. eine neue Hauptversion in weniger als 3 Monaten.) Dazu kommen dann evtl. dazwischen eingespielte Detailergänzungen.
- Gezwungen zum Update ist der Fotograf inzwischen, weil er seine neue Kamera nur noch mit einer bestimmten neuen Software (RAW-Converter etc.) betreiben kann. Früher waren diese Software-Teile als Adapter ausgelagert und konnten jahrelang auch für alte Foto-Software kostenlos heruntergeladen werden. D.h. man konnte auch eine nagelneue Kamera mit einer alten Version jener Foto-Software kombinieren.
- Einmal im Online-Abonnement, kann der Kunde nicht mehr entrinnen und wird kontinuierlich zwangsweise mit Updates versorgt. D.h. die alte Version wird vom Hersteller durchschnittlich alle halbe Jahr deaktiviert oder durch Zwangs-Update zerstört. - Entschuldigung: natürlich
verbessert, optimiert und um wichtige Funktionen erweitert
.
- Die Perfidie dieser geplanten Obsoleszenz besteht darin, dass die meisten modernen Kunden dies inzwischen sogar als Vorteil sehen, da sie nun automatisch mit den neuesten Details beglückt werden und die direkten sowie indirekten Kosten völlig übersehen.
- Im Gegensatz zur verbreiteten Meinung ist das Abonnement bereits in der preisgünstigsten Variante teurer als eine einmal gekaufte Software. Denn der durchschnittliche Fotograf will - im Gegensatz zum am PC spielenden Software-Tester nicht immer die neueste Beta-Version als erster besitzen. Er wollte früher meist eine ausgereifte Software anschaffen, sich einmal einlernen und dann damit effizient durchschnittlich mehrere Jahre arbeiten. Der tatsächliche Arbeitszeitraum (Lebenszeit der Software) wurde meist an den PC sowie dessen Betriebssystem geknüpft, seltener an eine neue Kamera. Meist wurde erst bei einem Wechsel einer der beiden Hardware-Teile oder des Betriebssystems auch über eine neue Software-Variante nachgedacht. Im Übrigen erhielt man früher alle Updates auch nach dem Kauf kostenlos als Download. Viele Fotografen nutzten nicht einmal dies, da sie auch mit der ersten Grundversion auf CD gut zurechtkamen. Letztendlich hatte man mit dem Kauf von Software in Deutschland nicht nur frei verfügbaren Besitz, sondern auch Eigentum erworben, das man auf dem Flohmarkt nach ein paar Jahren durchaus noch verkaufen konnte. Man besaß somit die alleinige und vollkommene Kontrolle.
- Mit dem Abonnement änderte sich alles. Die Rechtslage ist die Grundlage dafür. Leasing bedeutet nur noch das zeitlich befristete Recht auf eingeschränkte Nutzung. Der Konzern kann jederzeit - auch ohne in Deutschland geltendes Recht beachten zu müssen - die Nutzung wegen angeblichen Missbrauches fristlos beenden, ohne den bereits geleisteten Restbetrag zurückbezahlen zu müssen. Hieraus entsteht sogar eine Erpressungsmöglichkeit mit massivem Schadenspotential für den Endnutzer.
- Handelte es sich bei den Zwangs-Updates um das Schließen von Sicherheitslücken, wie bei einem Betriebssystem oder einer Antiviren-Software, hätten sicherlich viele Fotografen Verständnis. Aber solche Sicherheitslücken bestehen bei Foto-Software nicht. Der Kunde wird stattdessen regelmäßig mit veränderten neuen Funktionen in neuen Menüs konfrontiert. D.h. er muss Zeit aufwenden, um ständig die Software neu zu erlernen. Dies frustriert und kostet Zeit und somit Geld. Nachweislich sinkt so die Effizient beim Bearbeiten der Fotos. Addieren Sie folglich die Kosten für das ständige Neuerlernen der Bedienung der Software sowie die trotzdem sinkende Effizienz zum Abopreis hinzu.
- Weitere indirekte Kosten liegen in den kostenlosen Zwangsupdates, da jene immer höhere Hardware-Anforderungen stellen. Angesichts der ständig steigenden Hardware-Anforderungen durch vorsätzlich mäßig programmierte Software werden die Nutzer durchschnittlich alle zwei Jahre zum Neukauf eines guten PCs oder spätestens alle 5 Jahre zur Neuanschaffung eines sehr teuren Hochleistungsrechners gezwungen. Video- und Grafik-Software sind (neben für den Fotobereich irrelevanten Spielen) das Einzige, das heute einen Nutzer zur Anschaffung neuer, noch leistungsfähiger Hardware zwingt. Rechnen Sie also ca. 500-1.000 Euro je Jahr zum Abonnement der Grafiksoftware hinzu.
- Die Zwangsupdates sind mit hohen Risiken verbunden. In den USA sind die Foren voll mit Schreckensmeldungen über blockierte und abgestürzte Systeme nach einem sogenannten Update. Da hilft oft nur, das gesamte System neu aufzusetzen. Das kostet - je nach Inhalten - ein Tag bis zu einer Woche. Wie viel Geld so etwas kostet, kann sich jeder Freiberufler selbst anhand seiner eigenen Stundensätze ausrechnen - zzgl. Verdienstausfall in dem Zeitraum. Jeder Privatmann erhält die Rechnung dann von der externen PC-Firma, die ihm das alte System gerne wiederherstellt. Das sind die lukrativsten Aufträge. Anfang 2016 musste ein US-Software-Riese für den so angerichteten Schaden einer Person 10.000 US-Dollar bezahlen. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um einen Fotografen mit durchschnittlich 100.0000 Fotodateien und 1.000 Videos auf der Festplatte. Für Fotografen dürfte der Schaden dann viel höher liegen.
- Jede Update-Software ist anfällig und manche sind notorisch für Fehler bekannt. Dies liegt bereits an den fast unendlichen Kombinationsmöglichkeiten und damit Risiken moderner Hard- und Software beim Endkunden. Grundsätzlich sollte sich zwischen Erstinstallation der Foto-Software und Update niemals das eigene Betriebssystem oder auch nur die Antiviren-Software oder die Firewall gravierend ändern. Ansonsten treten mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr unangenehme Folge beim nächsten Beglückungs-Update der Foto-Software auf. Evtl. reicht bereits das schadhaft durchgeführte Update eines inzwischen im 6-Wochenrhythmus erscheinenden Browsers dafür aus.
- Bei der Kostenberechnung der Zwangsupdates gehe ich noch nicht einmal vom schlimmsten Fall eines damit verbundenen Datenverlustes aus. Jener könnte beruflich tätige Fotografen ruinieren und Amateure in den Nervenzusammenbruch führen. Sichern Sie Ihre Daten regelmäßig. Ansonsten sind Sie nachträglich - im Falles des GAUs - bereit, fast jeden Betrag an externe Firmen zu bezahlen, um auch nur einen Teil der Daten wiederherzustellen.
- Hinzu kommt der Aspekt der völligen Überwachung und Kontrolle durch die Herstellerfirmen. Ich selbst besitze eine Foto-Software, die nur online zu betreiben ist. Ohne permanenten Internet-Anschluss verweigert sie den Dienst. Dabei werden gemäß meinen durchgeführten Netzwerk-Tests ständig sehr große Datenmengen von meinem PC an den Hersteller an Server in China, den USA und Großbritannien transferiert. Erstaunlich, dass bei diesem realen Gefahren-Punkt die Verschwörungstheoretiker noch nicht angesetzt haben.
Bei mancher schnell repetierenden Software und insbesondere Software-Abonnements handelt es sich somit um geplante Obsoleszenz - auch wenn sie eine Sonderform derselben darstellt, die bisher kaum wahrgenommen wird.
Kühlschrank
Kommen wir nun zur angeblichen Obsoleszenz bei Hardware.
- Ein Beispiel, das selbst von Testlaboren, Verbraucherschützern und Verbraucherministerien immer wieder gerne zitiert wird: der Kühlschrank. Früher erfüllte er angeblich ca. 20 Jahre und länger seinen Dienst. Heute fallen viele Produkte schon nach angeblich 5 Jahren aus. Das Problem liegt bereits darin, dass Kühlschränke heute völlig anders konstruiert werden als früher, sie schneller höhere Kühlleistungen liefern sowie ganz andere Isolierleistungen bieten und dennoch nur ein Bruchteil des Stromverbrauches von früher bei geringerem Lärmausstoß erzielen müssen, um nur ein paar der vielen neuen Anforderungen zu nennen.
- Selbstredend werden heute fast nur noch hochwertige Kühlschränke mit 3-Sterne Tiefkühlfach angeboten und natürlich liegen die tatsächlichen Kühltemperaturen heute sowohl im Tiefkühlfach als auch im Kühlschrank unter denen der früheren Geräte.
- Erstaunlicherweise hängt jedoch der tatsächliche Stromverbrauch und die Gesamtleistung und somit die Lebensdauer praktisch fast ausschließlich vom Nutzer ab. Und der Nutzer handelt meist völlig gegen die Norm-Vorschriften. So dürfte es die meisten Menschen erstaunen zu hören, dass in einem Normalhaushalt die Kühlschranktür durchschnittlich 50-100 Mal am Tag geöffnet wird. Das führt jedes Mal zum Verlust der kalten Luft im Innern, zur Zuführung neuer feuchtwarmer Luft und einem anschließenden extrem aufwändigen Kühlungsprozess nach dem Schließen der Tür. Sofern man sie wirklich korrekt schließt und nicht aus Versehen nur leicht anlehnt.
- Und, da man es oft eilig hat, oder sowieso vergesslich ist, wird die Tür noch viel öfter geöffnet, als eigentlich erforderlich wäre. Während früher Entscheidungen vor dem Weg zum Kühlschrank getroffen wurden, so lässt man sich heute eher bei offener Gefrierfachtür überraschen, was sich so alles im Angebot befindet. Darf es die oder die oder jene Pizza sein. Dazu kann man auch den kleingedruckten Text auf den Packungen bei offener Tür lesen. - Wo habe ich die Lesebrille hingelegt? Ich hole sie schnell - bei offener Kühlschranktür. Wer weiß schon noch, was er vor einigen Wochen eingekauft hat. Auch ein Blick auf das Haltbarkeitsdatum kann in vielen Haushalten hilfreich sein.
- Nachdem wir nun festgestellt haben, dass der Nutzer sein Verhalten geändert hat und sich über sein Verhalten nicht einmal bewusst ist, nun zu den Firmen.
- Da die Nutzer noch immer der Meinung sind, dass an Kühlschränken nichts Neues ist, darf er auch nicht mehr kosten als früher. Er kühlt schließlich nur.
- Von wenigen Ausnahmen im Luxusberiech abgesehen gehören Weißwaren (Kühlschränke Waschmaschinen etc.) zu den Produkten, die seit Jahrzehnten tendenziell unter der durchschnittlichen Teuerungsrate liegen.
- Das liegt an der Auslagerung der Produktion in Billiglohnländer (insbesondere in Asien).
- Hinzu kommen Effizienzsteigerungen in der Produktion, Skaleneffekte, da sowieso nur noch ganz wenige Firmen für fast alle Marken der Welt alle Kühlschränke herstellen, und schließlich mäßige bis schlechte Arbeitsbedingungen vor Ort.
- Aber die so erzielten Einsparungen reichen nicht aus. Hinzu kommt, dass man selbstredend die Qualität absenkte auf das vom Verkäufer geforderte Maß. Respektive umgekehrt: Der (asiatische) Hersteller passte die Qualität an den Abnahmepreis der westlichen Markenfirmen an. Es wäre jedoch auch nicht korrekt, nun auf die Verkäuferfirmen einzuprügeln, da sie nur der Kundenforderung (Geiz ist Geil) nachkommen.
- Letztendlich wurden selbstredend im Zuge der technischen Optimierung herausgefunden, dass ein Kühlschrank auch dann noch funktioniert, wenn man die Bleche in der Dicke permanent reduziert. Ähnliches fand beim Ersatz von Metallen durch Kunststoffen statt, die dann auch immer dünner und leichter wurden.
- Aber auch dies war nicht das eigentliche Problem, sondern der Umstand, dass es in fast allen Firmen entweder zum Outsourcing der Reparatur-/Serviceabteilung resp. zur Umwandlung in ein selbständiges Cost-Center innerhalb der Firma kam. D.h. es kam nun zur endgültigen Trennung früher zusammenhängender Firmenteile, die sich nun auch nicht mehr für das Ganze verantwortlich fühlten: Produktion bei einem namenlosen Subauftragnehmer irgendwo in Asien, Verkauf durch die noch existente Markenfirma in Deutschland und Service durch einen Drittdienstleister in der Region.
- Warum sollte einer an den anderen denken und dessen Probleme lösen? Früher war dies tatsächlich anders. Da gab es z.B. noch mutige oder frustrierte Leiter der Reparatur, die in einer Sitzung mit dem Chef den Entwicklungsleiter und / oder den Leiter der Produktion wegen mangelnder Qualität, die zu Beschwerden führten, angriffen und bloßstellten. Und das hatte Folgen, da es um das Gesamtansehen der ganzen Firma ging. Sogar bei Mercedes musste einmal ein Vorstandsmitglied Entwicklungsleitung gehen.
- Heute schiebt jeder die Verantwortung auf den Anderen, und der Kunde - durch seinen Wutstau bereits in die Luft gegangen - schwebt zwischen allen Stühlen
Waschmaschinen
Ähnliches gilt für die ebenso ständig zitierten Waschmaschinen. Ich erlaube mir hier nur auf ganz wenige Dinge hinzuweisen:
- Unsere erste Waschmaschine, an die ich mich in den 60er Jahren erinnern konnte, war mechanisch. Der rein elektrische Teil bestand aus einer Heizspule, die rein mechanisch zeitgesteuert war.
- Als begabtes Kind mit viel Zeit, Kraft, Geschick und Fingerspitzengefühl gelang es mir selbstverständlich, den Frontlader des Markenführers während des Heißspülganges zu öffnen und eine mittlere Überschwemmung in der Küche anzurichten. Da die Waschmittelbrühe über mich hereinbrach, bedurfte es keiner computergestützten Kindersicherung, damit ich dies nicht wiederholte. Heute existieren dicke Vorschriftenbücher, welche die Techniker für die Produktion in allen Ländern beachten müssen.
- Ferner müssen heute die Waschmaschinen mindestens ein Dutzend programmierbare Waschgänge anbieten, die in wildester Form hintereinander automatisch ablaufen sollen. Elektronik = Computerchips neben extremen Wassermengen, die auch noch bis zu 90 Grad erhitzt werden = Wasserdampf, zusätzlich (Wasch-) Chemikalien bilden eine denkbar ungünstige Kombination.
- Hinzu kommt die Ökologie, die immer weniger Strom- und vor allem Wasserverbrauch fordert. Ein Entwickler muss sich heute bereits viel einfallen lassen, um den Wasserverbrauch nochmals um 5% zu senken.
- Dazu kommen die vielen unterschiedlichen Waschmittel. Jedes anders als die anderen, auf jeden Stoff und fast jedes Kleidungsstück optimiert. Zusätze für hartnäckige Flecken, Vor-Spüler, Weich-Spüler etc., die überhaupt nicht aufeinander abgestimmt sind und erhebliche chemische Reaktionen auslösen können. Im Übrigen wurden alle Waschmittel immer aggressiver, da alles laut Werbung immer weißer als weiß und porentief rein waschen muss. Aber Farben und Wolle, Feines sowie Seide etc. sollte geschont werden.
- Und vor allem durch den geringen Wasserverbrauch werden Schadstoffe (Reste der Reinigungsmittel, sowie ein in der Kleidung vergessener Papierzettel oder ein Papiertaschentuch) auch nicht mehr komplett aus den Maschinen entfernt und richten dank chemischer Korrosion an Metallen und der Elektronik Schaden an. Hinzu kommt der von Ort zu Ort unterschiedliche Kalkgehalt im Wasser, der durch weitere chemische Kalklöser dem ganzen Gemisch dann den Rest gibt, vor allem dann, wenn der Endanwender bei der Waschmittelzugabe der heute oft als Konzentrat vorliegenden Mittel auch noch nach dem alten Motto
viel hilft viel
vorgeht.
- Und als letzten Punkt will ich das Schleudern erwähnen. Die ersten Maschinen drehten vielleicht auf 500 Umdrehungen pro Minute hoch. Heute ist das Doppelte oder Dreifache die Mindestnorm. Früher standen die Maschinen auf mitschwingenden Holzböden, heute auf Stahlbeton. Früher wurde Wäsche gesammelt und in sinnvollen Massen - wie ungefähr für die Maschine als Ladekapazität vorgesehen - gewaschen. Heute werden meist zu geringe oder zu schwere Ladungen verwendet, welche eine extreme Unwucht bilden können.
- Aber ja. Die Hersteller haben auch bei Waschmaschinen die Metalldicken reduziert, vieles durch Plastik ersetzt und gespart, wo es ging.
- Alles zusammen führt zu dem nachweisbaren Effekt, dass diese Produkte heute in der Tat nicht mehr so langlebig sind wie früher. Aber es handelt sich auch um völlig andere Produkte, die unter veränderten Rahmenbedingungen eingesetzt werden.
Weitere Beispiele
- Wer möchte, kann sich das Ganze einmal für Staubsauger mit Stromreduktion, Laustärkereduzierung, Feinstaubfilter, Gewichtsreduktion etc. durchdenken. Er kommt zu vergleichbaren Ergebnissen. Veränderte Kundenwünsche, anderes Kundenverhalten und neue Vorschriften führten mit der technischen Optimierung sowie extremen marktwirtschaftlichen Veränderungen sowie Einsparungen zu anderen Strukturen und anderen Produkten.
- Um es klar zu sagen: Ich halte die Firmen eindeutig für mitschuldig an der Misere. Aber viele Faktoren liegen an anderen Stellen. Und ein wichtiger Faktor ist der Kunde / Endanwender selbst. Er trägt auch eine wesentliche Mitschuld.
- Bevor nun wieder einige sich persönlich angegriffen fühlen: Im Marketing spricht man von dem Kunden, wenn er in Befragungen und/oder Untersuchungen die statistisch relevante Mehrheit oder anvisierte Zielgruppe darstellt. Je nach Analyse trifft dies dann in absoluten Zahlen auf mehr oder weniger Menschen zu. Und selbstredend finden sich viele Ausnahmen. Aber es handelt sich in der modernen Wirtschaft überwiegend um eine Massenproduktion. Wer Sonderwünsche hat, kann diese für viel Geld bei Spezialanbietern auch erhalten.
- Letzteres scheint Grund für Missverständnisse zu sein: Viele Menschen mit Sonderwünschen sähen diese gerne in preiswerten Massenprodukten erfüllt, weil sie sich eigentlich als typisch durchschnittliche Vertreter der Masse ansehen.
Kriminelle Verschwörung
- In seiner Absolutheit hat die These der planned obsolescence etwas Konspiratives an sich. Sie würde voraussetzen, dass tatsächlich eine organisierte Verbrecherbande sich regelmäßig träfe und wie beim Kartell abspräche, wann bestimmte Produkte einen Defekt erleiden sollen.
- Das kann rein logisch bereits nicht sein. Letzteres lässt sich nun sehr gut an der Fotoindustrie zeigen.
Produkte halten gerade noch die Garantiezeit
Würde die Behauptung zutreffen, dass die Waren nur noch die gesetzliche Gewährleistungszeit und die Firmengarantie hielten, müsste man zuerst einmal klären, wie lange diese überhaupt ist:
- In manchen Ländern liegt die gesetzliche Gewährleistungszeit bei einem Jahr, in anderen (z.B. EU bei 2 Jahren).
- Die Firmengarantie beträgt je nach Hersteller jedoch oft 1-3 Jahre, oder sie wird auf bestimmte Einzelteile und Einzelleistungen gewährt.
- Sehr konspirativ orientierte Kritiker würden nun entgegnen:
Die haben das eben auf die maximale Zeit ausgelegt.
- Sei es drum.
- Ein wichtiges Hindernis liegt in der Lagerung der Produkte bis zum Verkauf, genau genommen im Umstand, dass die Produktion nichts mit der Verschiffung, die Verschiffung der Ware nichts mit dem Verkauf an den Großhändler, letzteres nichts mit dem Verkauf an den Einzelhändler und zu allerletzt das wiederum nichts mit dem Verkauf der Ware an den Endkunden zu tun hat. In vielen Köpfen scheint herumzuspuken, dass der Endkunde per Internet direkt beim Hersteller bestellt, und dieser dann in Echtzeit sein individuelles Produkt erst herstellt und sofort direkt an ihn versendet. In Wirklichkeit liegen - auch für den Hersteller - völlig unkalkulierbare Lagerzeiträume dazwischen. Man denke nur an manche Sony-Kameras die 4 Jahre nach der Produktion noch immer in den Regalen der Händler lagern (z.B. RX100 Mark 1). Aber die Gewährleistung / Garantiezeit beginnt erst mit dem Verkauf an den Endkunden.
- Hartnäckige - von James Bond inspirierte - Verschwörungstheoretiker lassen sich jedoch von derartiger Logik nicht abbringen:
Dann haben die eben einen Chip eingebaut, der die Kamera exakt 2 Jahre (oder +x) nach dem ersten Einschalten zerstört.
- Theoretisch wäre der Einbau eines weiteren Chips, oder wie man bei Bosch und allen von dieser Firma belieferten Autoherstellern sah, die Manipulation einer sowieso vorhandenen Software durchaus denkbar. Aber es müsste bei Kameras ein viel komplexeres Verbrechersystem dahinterstecken. Denn, da Kameras sowohl bei der Endkontrolle im Produktionsbetrieb als auch bei der Vorführung für Kunden immer wieder eingeschaltet werden, müsste letztendlich der letzte Verkäufer beim letzten Kunden diesen Zerstörungsmechanismus aktivieren. Dagegen spricht jedoch - trotz aller Bedenken gegen manche Verkäufer - die Tratschsucht bzw. die mangelnde Fähigkeit, heute noch Geheimnisse geheim zu halten. Das hätte sich schon längst herumgesprochen.
- Verschwörungstheoretiker geben nicht so schnell auf:
Dann haben die eben einen funk- oder satelliten-gesteuerten Mechanismus eingebaut.
- In der Tat besteht bei Elektronik der größte Teil heute aus sogenannten Black-Boxes. Man kann als Laie und - wie sich immer öfter herausstellt - auch als Fachmann nicht mehr alles kontrollieren, verstehen, auslesen oder verändern.
Und als Folge wurden in der Tat im Zuge der Terrorbekämpfung - insbesondere seit dem Anschlag 2001 in New York - fast jedes Gerät zwangsweise individualisiert. Ganz konkret für den Fotobereich: Jeder Scanner, jeder Drucker und jede digitale Kamera fügt in jeden Scan, jeden Druck und jedes gespeicherte digitale Foto für Kriminalisten sichtbar die Seriennummer und vieles Weitere ein, ohne dass es der Nutzer bemerkt. - Jedes Gerät und immer. Über zwangsweise Händlerlisten sowie Liefer- und Verkaufsprotokolle kann man jedes Produkt zurückverfolgen. Das müssen die Firmen tun, sonst dürfen sie ihre Produkte in der westlichen Welt nicht mehr verkaufen. -
Aber über zusätzliche GPS-, Funk-Satelliten-Empfänger etc. würde man sprechen, da sie Geld kosten. Genauer gesagt, die Marketing-Abteilungen würden deren Vorteile unüberhörbar bewerben. Zwar finden sich solche Empfänger. Aber auch andere Fotokameras, ohne diese Zusatzfunktionen, fallen aus.
Dann haben die eben einen Zähler eingebaut, der nach x-Mal das Bauteil z zerstört.
- Nun ja. Das könnte in der Tat so sein.- Aber dann müssten sehr viele Kunden nach dieser Nutzungsperiode exakt den Schaden aufweisen. - Allerdings sind selbst bei kritischster Betrachtung die Fehler und Schäden zu unterschiedlich und zeitlich zu verteilt.
Dann haben die eben einen Zufallsgenerator eingebaut.
- Möglich, aber dann taucht wieder das Problem mit der Erfüllung der Gewährleistung in den ersten Jahren auf, die man sich als Hersteller vom Hals halten will.
Wenn man die Techniker und Manager kennt, muss man trotz aller Kritik an ihnen - oder vielleicht exakt wegen aller Kritik ihrer Unfähigkeit - festhalten, dass dies in toto eher unwahrscheinlich ist. - Wer als Trainer einmal versucht hat, auch nur eine Fußballmannschaft von 11 Mann so zu steuern, dass sie gemeinsam das Gewünschte tun, kann sich die Probleme bei einer derartigen Koordination weltweit hunderttausender von Mitarbeitern in der Fotoindustrie vorstellen.
Und in der Tat ist so viel organisierte Kriminalität überhaupt nicht erforderlich, um modernen Kameras eine nur kurze Lebensspanne vorauszusagen.
Produktentstehung - Auf der Suche nach den wahren Ursachen der oft geringen Qualität
Um die wahren Ursachen der in der Tat oft minderwertigen Produkte zu erkennen, muss man sich den Produktverlauf von der Entstehung bis zum Gebrauch beim Nutzer einmal detailliert ansehen.
Konzeption
- In manchen Köpfen herrscht der Trugschluss vor, die Firmen hätten früher selbstlos die beste denkbare Kamera entwickelt, hergestellt und zum Schluss dem Kunden zu seinen Preisvorstellungen verkauft.
- Bereits in der Konzeptionsphase wurde früher und wird heute jedoch von den Firmen bei fast allen Produkten alles darangesetzt, das Zielsegment zu erreichen. D.h. man geht den umgekehrten Weg. Man stellt vorab durch Marktanalysen fest, wie viel der Kunde für ein Produktsegment in 2-5 Jahren auszugeben bereit ist. Und dann wird alles dafür getan, eine Kamera zu entwickeln und herzustellen, die so billig ist, dass der Hersteller damit noch einen satten Gewinn macht, den er an die Aktionäre abliefern muss. - Man nennt dies auch Design to Cost.
- Nehmen wir einen Endpreis von 600 Euro an, den der Kunde in Deutschland in 5 Jahren für das Modell # (z.B. eine Einsteiger APS-C- Kamera) vermutlich zu bezahlen bereit ist. Um die komplexen Berechnungen zu vereinfachen, gilt noch immer - cum grano salis - Produktions-/Einkaufspreis zu Endpreis/UVP 1:2 bis 1:3. Auch, wenn es jetzt den Controlling-Spezialisten und den Marketing-Fachkräften die Zehennägel angesichts der hunderten einzuberechnender Faktoren hochbiegt, letztendlich kommt in etwa dasselbe heraus. Aber es sei eingeräumt: In der Tat kann es je nach dem Marketing-Aufwand für die groß angelegte Werbung und anschließende Preisnachlässe, wenn die Ware als Ladenhüter liegenbleibt, zu deutlichen Abweichungen kommen.
- Also bleiben rund 300 Euro für Entwicklung, Produktion und Gewinn des Herstellers.
- Wenn man ein Produkt tatsächlich vorsätzlich früh zerstören wollte, dann müsste es bereits in dieser Konzeptionsphase geplant werden, da die heutigen Entwicklungs- und Produktionsprozesse hochgradig komplex sind. Ferner kostet so eine vorsätzliche Zerstörung auch Geld. Bereits letzteres klingt beim obigen Budget ziemlich abwegig und sollte Verschwörungstheoretiker zum Nachdenken bringen. Ferner gilt die Einsteigerklasse sowieso als im Konzern quer-subventionierte Verlust-Sparte, mit der man Langzeitkunden gewinnen will. Da wäre ein bewusst herbeigeführter früher Totalschaden aus Image-Gründen eher hinderlich.
F&E - R&D - Forschung und Entwicklung - Research and Development
- Gespart werden muss bei solch einer billigen Kamera folglich bei der Forschung und Entwicklung. Die Forschung wird meist auf 0 reduziert, weil man nur Details vom nächsthöheren Vorgängermodell übernimmt. D.h. Sensor, Chip, Verschluss sowie Prisma/Sucher sind eine Abwärtsentwicklung. Das ist im Grunde ein falsches Wort, denn es wird nur heruntergereicht, nicht entwickelt.
- Auch die Entwicklung muss extrem knapp und günstig ausfallen. Das Menü wird i.d.R. aus einer abgespeckten Version der nächsthöheren Variante des Vorgängermodells bestehen. Evtl. wird dies großzügig um ein paar Gimmicks (z.B. Filter, Panorama- oder HDR(I)-Funktion) angereichert, welche man werbewirksam verkaufen kann. Software ist billig. Da lässt sich auch schnell etwas selbst
basteln
oder preiswert extern hinzukaufen.
- Die sonstige Kamera-Hardware kann bei einer derartigen Kostenvorgabe kaum weiterentwickelt werden. Oft wird die etwas bessere Hardware des nächsthöheren Vorgängermodells übernommen.
- Nur selten findet z.B. die Entwicklung eines anderen Gehäuses speziell für Einsteigerkameras statt.
- Es bleibt meist bei minimalen Änderungen der am häufigsten in Testberichten der Testmagazine kritisierten Mängel. - Halt, Stopp: Und wo bleibt der Kunde? - Wie soll man es höflich formulieren. Er durfte bereits über den Preis mitbestimmen. Das ist in dieser Klasse genug. - Nur bei den ganz teuren Modellen, bei denen die Gewinnmargen deutlich höher ausfallen, werden Kundenwünsche manchmal in zusätzlichen Befragungen erhoben und dann auch tatsächlich zum Teil berücksichtigt.
- Aber die Grundlagenforschung? Auch hier scheinen in den Gehirnen mancher Fotografen Bilder des 19. Jahrhunderts von einsamen, besessenen Erfindern herumzugeistern, die in ihren Firmenlaboren in unendlicher Wochenend-, Feiertags- und Nachtarbeit die sensationelle neue Foto-Technologie entwickeln. So etwas findet vereinzelt noch in wenigen Firmen im Kleinen statt. Überwiegend wurde die Grundlagenforschung jedoch an Universitäten ausgelagert, wo sie von Firmen mitfinanziert wird (sogenannte Drittmittelfinanzierung).
- Nur bei den jeweiligen Edelprodukten jeder Format-/Sensor-Klasse haben die firmeninternen Forscher und Entwickler noch eine gewisse Narrenfreiheit und ausreichende Mittel, diese Ideen auch länger auszuprobieren.
- Aber, wenn man ehrlich ist, handelt es sich überwiegend um Optimierungen vorhandener Systeme. Das liegt einerseits an den inzwischen in weiten Teilen erreichten hohen Niveaus und andererseits in der Scheu des Managements vor Systemwechseln. Man betrachte nur einmal die große Anzahl an Patenten im Vergleich zu der dann eher geringen Anzahl an Umsetzungen in Endprodukte für Kunden.
- Selbst wenn eine Firma ihre revolutionäre Idee bis zum Endprodukt durchführt, dann stellt sich oft heraus, dass der Endkunde zu konservativ und zu behäbig ist (z.B. Lichtfeldfotografie, Stereofotografie, um nur zwei Beispiele zu nennen.) Damit man die Mitschuld in Analysen nicht dem Kunden anlastet, umschreibt man dies dann gerne mit:
die Zeit wäre noch nicht reif für diese Technologie
. Es liegt jedoch so, dass die meisten Kunden heute keine wirklichen Neuerungen wünschen, die von ihnen ein Umdenken erfordern. - Die meisten Kunden wünschen lieber eine sanfte Evolution an Stelle einer Revolution - gleichgültig, was sie in Befragungen über ihre Traumkamera auch immer angeben.
- In vielen Bereichen liegen den firmeninternen Forschern und Entwicklern folglich auch umfangreiche, schriftliche und unmissverständlich klare Vorgaben vor, was wie zu optimieren ist.
- Im Übrigen kann man das Verhältnis der Abteilungen Forschung und Entwicklung zum Rest der Firma nur als angespannt bezeichnen. Im englischsprachigen Raum findet sich das bezeichnende Sprichwort:
Ab einem gewissen Stadium im Projekt sollte man die Forscher und Entwickler erschießen.
Auch in Deutschland gelten sie als notorische Bedenken-Träger, die man besser nicht befragt, wenn man den Zeitplan einhalten möchte.
Produktion
- Wehe, wenn Forschung und Entwicklung zu teuer werden. Dann wird das Controlling die Produktion dazu zwingen, die bisherigen Mehrkosten einzusparen. Und die Produktion steht bereits bei optimalen Rahmenbedingungen unter enormem Druck.
- Durch Auslagerungen in Billiglohnländer werden die Lohnkosten reduziert. Zur Sicherheit werden fast alle Produkte an mehreren Standorten gefertigt. Dies erlaubt die Standorte gegeneinander auszuspielen. Wer am billigsten anbietet, erhält die größten Produktionschargen. Auch innerhalb eines Konzerns herrscht oft gnadenlose Konkurrenz. Daraus folgt bereits, dass angeblich gleiche Produkte aus unterschiedlichen Standorten mit unterschiedlicher Qualität gefertigt werden. Das ist eine Ursache der heute großen Serienstreuung. Tatsächlich kann man dies bei Schäden immer wieder feststellen: Sie lassen sich auf bestimmte Standorte zurückführen.
- Mit den Zulieferern - an jedem Standort andere - werden unterschiedliche Liefermengen und Preise ausgehandelt. Auch hier spielt der Konzern seine Macht aus. Sie haben korrekt gelesen: Angeblich baugleiche Produkte # bestehen oft aus unterschiedlichen Bauteilen. So kann z.B. der Verschluss oder der Spiegel oder das Prisma von einem oder sogar mehreren anderen Hersteller(n) kommen. Die Mutterkonzerne fertigen schon lange nicht mehr alles an einer Kamera selbst. Das ist eine weitere Ursache der heute großen Serienstreuung. Dies lässt sich bei Schäden immer wieder zeigen, wenn nur bestimmte Seriennummern betroffen sind, die sich dann bei den schadhaften Teilen auf einen Zulieferer zurückführen lassen.
- Hier kommt es oft zu heftigen internen Kämpfen, wenn die Techniker eine bestimmte Qualität (z.B. für einen winzigen Schalter) fordern, das Controlling und das Marketing jedoch mit Rückendeckung des Einkaufs und der Produktion behaupten, die preiswertere Plastikvariante des Zulieferers Y erfülle den Zweck auch. Oft geht es hierbei um Beträge im Cent-Bereich oder darunter je Stück, die sich allerdings bei hunderttausenden von Kameras schnell zu beachtlichen Summen aufaddieren.
- Eines der am häufigsten in solchen Diskussionen genannten Argumente des Marketings ist:
- Der wissenschaftlich tatsächlich nachweisbare Wunsch vieler moderner Kunden nach regelmäßiger Veränderung resp. Erneuerung.
- Das in modernen Firmen zu beachtende Kernprinzip lautet folglich: Produkte sind primär so zu gestalten, dass sie so lange wie (die Mehrzahl der Kunden es für) nötig halten - und nicht so lange wie möglich, wie es viele Entwickler und Techniker meinen.
- Hier wird folglich die erforderliche, vom Kunden gewünschte Produktlebensspanne der möglichen oder denkbaren Lebensspanne gegenübergestellt.
- Dass der modeartig häufige Wechsel-Wunsch bei Investitionsgütern von den Marketing-Abteilungen jener Firmen oft erst selbst geschaffen wurde, ist zwar wahr, aber irrelevant. Wie bei Wahlen kann man in Demokratien und Marktwirtschaften nur festhalten, dass die Mehrheit bestimmt.
- Ein Unternehmer als Produzent von Massenprodukten wäre dumm und bald bankrott, wenn er sich als Einziger gegen den mehrheitlichen Wunsch der Kunden stemmt.
- Das dieser Annahme zugrunde liegende Kernproblem - und Risiko für die Firmen - liegt jedoch in der sich ständig verändernden Grundgesamtheit der Fotografen (siehe hierzu den Artikel Foto-Wirtschaft in der Krise) und den für Entwicklungsprojekten langen Zeiträumen.
Konkret: Heutige wissenschaftlich belegte Annahmen über die Größe der anvisierten Zielgruppe und deren Wünsche müssen in 5 Jahren nicht mehr zutreffen.
- Die freie Festlegung der aus Firmensicht sinnvollen Lebenspanne für Produkte ist sogar gesetzlich erlaubt. Auch das neue französische Gesetz ändert für die Fotoindustrie nichts. Dass ein Produkt 2 Jahre halten muss und in diesem Zeitraum repariert werden muss, war in Europa sowieso schon geregelt. Aber generell stellt sich natürlich durchaus die Frage nach einer Regelung, die allerdings nicht pauschal sein darf. 2 Jahre sind für Kühlschränke vermutlich aus Kundensicht eine zu kurze Spanne. Aber eine Lebensspanne von 2 Jahren bei Zahnbürsten wäre aus medizinischer Sicht zu lange. Letztendlich stellt sich hierbei die ernst zu nehmende und keineswegs einfache Frage, wie lange Produkte halten sollen. - Ein (Menschen-) Leben lang? Sollen alle ineffizienten Kühlschränke aus dem Jahr 1960 wirklich noch 2040 Strom fressen und sehr mäßig kühlen, oder sollen alle Lkws aus dem Jahr 1950 noch 2030 auf den Straßen lärmen und rußen? - Die von Kritikern oft zu hörende Antwort:
Zumindest länger als heute
, oder: so lange wie früher
, ist zu vage. - Gerne räume ich jedoch ein, auch keine pauschale Antwort auf diese Frage zu besitzen.
- Den Preis-Druck der Hersteller geben die Unterauftragnehmer resp. Produktionsstandorte selbstredend sofort an deren Rohstofflieferanten weiter. Man kann z.B. hochwertigen Plastik fertigen, der durchaus Metall in vielen Bereichen ebenbürtig oder sogar überlegen ist. Dies erfordert jedoch Geld. Man kann durch Reduktion gewisser Bestandteile den Kunststoff aber auch etwas weniger stabil und weniger langlebig produzieren. D.h. die - wenn auch minimal - unterschiedliche Rohstoffqualität ist eine weitere Ursache der heute großen Serienstreuung der Produkte.
- An diesem Zielkonflikt lässt sich ein generelles Problem erläutern: Natürlich überlegen alle Verantwortlichen, wie weit sie sich und das zu produzierende Gut strecken oder dehnen können. Sie wollen einerseits den Auftrag erhalten und andererseits auch keinen Regressanforderungen ausgesetzt sein. Also wird letztendlich auf allen Ebenen ein Kompromiss gefunden, der gerade noch so geht. Meist funktioniert es. Aber immer häufiger traten in den letzten Jahren auch eklatante Fehler bei an die Endkunden ausgelieferten Produkten zu Tage, die zeigen, dass manche Manager und Techniker oder deren Produktionsleiter sich verrechnet hatten.
- Ein weiteres Problem in der Produktion ist die Streuung über die Zeit. Bis die Maschinen optimal eingestellt sind, wird minderwertige Ware produziert. D.h. die Maschinen werden im Trial-and-Error-Verfahren und mit viel Erfahrung der Produktionsspezialisten in der Vorserienproduktion und noch während der Produktion ständig feiner eingestellt. Aber selbst dann bleibt es bei der Gauß Verteilung. D.h. ein gewisser Prozentsatz der Produkte wird statistisch gesehen immer zu groß oder zu klein, zu dünn oder zu dickt etc. sein. Um die Qualität zu prüfen wird getestet, aber nur chargenweise, also an Stichproben. Wie Statistik nun mal ist, wird dies bei einer gewissen Testfallzahl weitgehend sichere Auskunft geben. Aber es gibt auch Ausnahmen, da keinesfalls jedes Stück (Schraube, Verschluss, Spiegel) detailliert geprüft wird. Und um es den Perfektionisten klar zu sagen: Die Auftraggeber fordern keine feste Qualität, sondern eine Qualität innerhalb gewisser Grenzen, die der Auftraggeber dem Auftragnehmer vorgibt. D.h. kein Teil ist wirklich absolut identisch zum anderen, sondern innerhalb vorgegebener Toleranzen ähnlich. Dies betrifft alles, vom Rohstoff bis zum Endprodukt. So ergibt sich eine sehr weite Serienstreuung aller Produkte.
- Wer jemals Großprojekte geleitet hat, weiß, wie schwer die Koordination aller Beteiligten ist. Natürlich werden Dokumente mit Mindestanforderungen ausgetauscht (Pflichtenhefte, Lastenhefte etc.), besprochen und bestätigt. Hat man jedoch ein Detail vergessen, so wird der Partner dies kaum von sich aus zusätzlich beachten. Aber der Teufel steckt oft auch in den Details der Kommunikation. Manchmal sind Produktionsbedingungen schlichtweg nicht identisch und dann folgen oft auch etwas unterschiedliche Produkte. Das wäre kein Problem, solange man die gesamte Produktionskette in einem Haus in der eigenen Hand hat. Aber bei heutigen Just-in-time-delivery-Ketten über tausende von Kilometern und Sprachgrenzen hinweg fallen minimale sich nicht mehr gegenseitig ausgleichende Unterschiede oft erst beim Zusammenbau oder in der Langzeitanwendung beim Kunden auf.
- Letzteres ist das Ärgernis. Aber dazu kommt es, weil sich fast alle Projekte verzögern. Und sei der Grund nur ein völlig unvorhersehbarer, wie ein Erdbeben. Unter Zeitverzug leidet vor allem eine Abteilung / Stufe der Qualitätssicherung: Die Testabteilung. Sie ist das letzte Glied in der Kette. Sie darf zwar Prototypen und Zwischenstufen der Produktion testen. Aber de facto sollte man ihr am Ende Wochen oder sogar Monate geben, die Produktionsendprodukte zu testen. Erst bei der tatsächlichen Anwendung von 100.000 Auslösungen im Freien unter allen erdenklichen realen Umgebungsvariablen zeigt sich die Qualität. Das ist jedoch Utopie. Aus Zeit- und Kostengründen wird heute kaum mehr getestet. Die meiste Ware erfährt nur noch eine minimale Produktions-Endkontrolle. Nur so lässt sich z.B. erklären, dass selbst zahlreiche eigene Objektive des Kameraherstellers bei Endkunden später an der neuen Kamera plötzlich massive Probleme bereiten.
- Erschwert wird jedes dieser Kamera-Projekte dadurch, dass aufgrund der Konkurrenz und des dadurch hohen Zeitdrucks parallel entwickelt, produziert und getestet wird. Komplexe Prozess-Parallelisierung ist nur etwas für nervenstarke Programm- und Projektbündelmanager. Es funktioniert meist auch nicht, zumindest nicht so, wie geplant. Es sind meist zu viele sich gegenseitig bedingende Faktoren, die irgendwann im Laufe des Projektes sich dann doch gegenseitig blockieren. - Und dann sprechen Manager ein sogenanntes Machtwort: Der Test x entfällt, das Produktdetail y wird nicht mehr integriert. Das klingt primär nach Entlastung, führt in der Praxis oft jedoch zu einem noch größeren Fehlerpotential.
- Die Endproduktion selbst - also das Zusammenbauen aller gelieferten Einzelteile - gestaltet sich ebenfalls schwierig und mit großen Schwankungen. Ein Zusammenbau durch Menschen unterliegt den üblichen individuellen Schwankungen der Einzelperson sowie den heute bekannten externen Faktoren. Die klassischen Montagsprodukte sind bekannt. Aber auch über den Tag hinweg und über die Jahreszeit schwankt die menschliche Leistung. Bei Maschinen ist dies anders. D.h. Roboterstraßen fertigen in der Regel konstanter. Aber sie erreichen in vielen Fällen noch immer nicht die Spitzenwerte mancher erfahrener Menschen. Ferner produzieren auch Elektronik und Mechanik kleine Schwankungen und sie verschleißen über die Zeit. Allerdings lassen sich diese Faktoren meist etwas präziser vorausberechnen. Dennoch wird auch hier eine gewisse Serienstreuung produziert.
- Ein Leser wies mich auf den unterschätzten Tatbestand der Versicherung hin: Hersteller können ihre Produkte nicht auf unbegrenzte Lebenszeit versichern. Die Versicherungsprämie wäre dann unbezahlbar. D.h. es wird von vorneherein eine - vom Marketing in Untersuchungen ermittelte - erwartete Lebensspanne angenommen, in Verträgen vereinbart, dadurch versichert und dann von den Technikern auch technisch in Grenzen herbeigeführt. D.h. eine Kamera in der Einsteigerklasse erhält z.B. einen Verschluss, der keineswegs so viele Auslösungen erlaubt, wie eine Kamera aus dem Profibereich. Dies ist auch bereits aufgrund der damit verbundenen Kosten nachvollziehbar. D.h. die Techniker erhalten Rahmenvorgaben von Mindesthaltbarkeitswerten. - Allerdings würde ich diesen Punkt in der fotografischen Praxis nicht überbewerten. Meiner Erfahrung nach reicht ein Verschluss mit ca. 50.000 Auslösungen bei Weitem für die Lebenszeit einer Einsteigerkamera aus. Ich habe deshalb nochmals viele Kameras von Bekannten untersucht. Die meisten Einsteiger hatten bis zum Neukauf eines neuen / besseren etc. Modells bei weitem noch nicht einmal diese Zahl an Auslösungen erreicht und keiner hatte jemals ein Problem mit dem Verschluss. Ganz im Gegenteil reichten angesichts der erschreckend hohen Auslösezahlen im Profibereich die dort meist garantierten mehreren hundert tausend Auslösungen oft nicht aus, und nicht wenige Fotografen hatten mit ihren teuren Kameras hierbei schon nach wenigen Jahren Probleme, welche sie allerdings einkalkulieren.
Zusammenfassend: Ja, ich räume ein, dass Ingenieure Einfluss auf die Lebensdauer der Teile nehmen können und dies auch tun. Aber eine vorsätzliche Schädigung vermag ich nicht zu erkennen, da jedem Käufer klar sein sollte, dass er von einer billigen Einsteigerkamera nicht dieselbe Lebensdauer (an Auslösungen) wie von einer zwanzig Mal so teuren Profikamera erwarten kann. Aber die Lebensdauer der Kamera an sich ist bei klassenüblicher Benutzung in etwa gleichlang. Die Entwickler legen somit selbstredend eine Belastungsgrenze fest. Allerdings darf man diese nicht so verschwörerisch sehen: Verschleiß ist hochkomplex und damit ein statistischer Wert. Selbst der cleverste Ingenieur kann keinen präzisen Ausfallzeitpunkt bei Kombinationsmaterialien vorherbestimmen. Statistisch gesehen kann somit der billig konstruierte Verschluss einer Einsteigerkamera über eine Million Auslösungen erreichen und das High-Tech-Produkt in der Profikamera nach einem Dutzend Auslösungen klemmen. Aber die Ingenieure können die Gaußsche Verteilungskurve steuern. D.h. mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die Gesamtheit der billigen Verschlüsse deutlich weniger Auslösungen erreichen als die High-Tech-Produkte.
Abschließend kommt hinzu, dass die meisten Schäden an Verschlüssen durch Nichtbenutzung der Kamera und Verhärten der Schmierfette entstehen. Im Gegensatz zu alten, metallenen Filmkameras kann man Elektronik heute nicht mehr im Backöfen leicht erhitzen, bis das Schmierfett wieder flüssig wird. Dazu müsste man den Verschluss ausbauen, was vermutlich die Möglichkeiten der meisten Fotografen übersteigt.
- Ferner wies mich der Leser freundlicher Weise darauf hin, dass es sogenannte
Opferteile
gibt. D.h. es werde absichtlich Soll-Bruchstellen vorgesehen, die jedoch wertvollere Teile schützen sollen. Allerdings hat der Hersteller natürlich Einfluss darauf, wohin er sie wie legt. Dass bei einem schweren Zweiradunfall der Helm zu Bruch gehen soll und nicht der Kopf, ist von jedem Opfer nachvollziehbar. Bei einem Sturz der Kamera mit langem Objektiv ist die Sache dann schon diskussionswürdig. I.d.R. wird das Bajonett, also die Anschlussstelle nachgeben. Aus Sicht der Konstrukteure ist dies sinnvoller, als wenn das teure Objektiv oder die Kamera oder beides einen Totalschaden erleiden. Wenn dann jedoch diese geplante Bruchstelle dadurch geschwächt wird, dass ein Teil des Bajonetts durch Plastik und das andere durch Metall gebildet wird, dann hat dies auch Folgen für die tägliche fotografische Praxis: Wer solch ein ungleiches Bajonett benutzt, wird zwangsläufig durch die unterschiedlichen Materialeigenschaften das weichere Material stärker abnutzen und letztendlich zerstören. Aber kurioser Weise ist diese bei Fotografen verpönte Mischung von Metall und Kunststoff eigentlich die technisch gesehen ideale Sollbruchstelle, da dann das Plastik gezielt nachgibt. Es kann dadurch leicht ersetzt werden, während das gegenüberliegende Metall-Bajonett unversehrt bleibt. Da die meisten Fotografen jedoch eher unter der täglichen Abnutzung durch ständige Objektivwechsel leiden, als unter den seltenen Unfällen, sehen die Kunden das allerdings meist anders.
- Weiterer Nachtrag aus dem Medizinbereich: Mehrere Bekannte machten mich dankenswerterweise darauf aufmerksam, dass die verpönten Sollbruchstellen sogar lebenswichtig sind. Jedes Material muss bei einer bestimmten (von Menschen vorgegebenen) Belastung nachgeben, also beschädigt werden. Wäre dies nicht der Fall, so würden z.B. viele banale Kleinstunfälle (z.B. mit Schmuck) die heutzutage nur Kratzer oder Prellungen nach sich ziehen, plötzlich schwerste Verletzungen oder sogar Todesfolgen bei Menschen verursachen. - Um es klar festzuhalten: Es ist für den Menschen überlebenswichtig, dass Produkte (zuerst) nachgeben.
QS, QM, Qualitätssicherung, Qualitätsmanagement
- Zum Schluss wird das Produkt getestet. Jedoch machen sich da manche Fotografen / Endkunden falsche Vorstellungen. Es handelt sich i.d.R. um eine oberflächliche optische Sichtkontrolle und eine einfache Funktionsüberprüfung. Menschen und Maschinen liefern hier ebenfalls etwas unterschiedliche Ergebnisse. Aber meist werden in beiden Fällen eher einfache Dinge geprüft. D.h. das Produkt sollte z.B. keine optischen Abweichungen (u.a. Kratzer, scharfe Kanten) aufweisen und ein Druck auf den Auslöser sollte auch ein Bild herstellen, resp. den Spiegel klappen lassen. Keinesfalls immer werden mit Adapter versehene elektronische Testroutinen an die Produkte angeschlossen, welche diverse kamerainterne Funktionen testen. Und selbst wenn, dann werden niemals alle möglichen Funktionen ausführlich getestet.
- Die Vorstellung, dass mit jeder Kamera ein ausführlicher Gesamttest durchgeführt wird, wie in den Testlaboren und Fotofachmagazinen, ist unrealistisch und wäre nicht finanzierbar.
- Dennoch werden Stichproben gemacht. Jedoch ist die Stichmenge eher gering. Um meine Informanten aus der Fotoindustrie zu schützen, verwende ich ein Beispiel aus der Pharmaindustrie, wo es bei Medikamenten immerhin um die Gesundheit der Menschen geht, ein sehr hohes Gut im Vergleich zu ein paar Fotos.
- Stellen wir uns eine Palette mit 10*10*10 verpackten Endprodukten (Kameras, Medikamentenschachteln etc.) vor. Von diesen 1.000 werden nun - sagen wir - drei willkürlich herausgegriffen. Aber auch diese werden nicht wie in Fachzeitschriften getestet, sondern nur nach den firmeninternen Vorgaben. D.h. die Ergebnisse bezüglich bestimmter Messwerte / Qualitätskriterien müssen innerhalb eines zulässigen Spielraums liegen. Selbst wenn sie in allen drei Fällen ziemlich weit außen am Rand des gerade noch zulässigen Grenzwertes liegen, so ist die Ware freigegeben. Das Qualitätsmanagement wird die Produktion und Geschäftsführung zwar darauf hinweisen, dass hier Grenzwerte vorliegen und ggf. Optimierungsbedarf besteht. Aber mehr kann sie nicht tun.
- Angenommen ein Wert liegt außerhalb des Grenzwertbereiches, so wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dieses Teilprodukt entfernt, und evtl. eine neue Stichprobe gezogen. Aber eigentlich ist ein Ausreißer von dreien oft noch akzeptabel. Bei zwei Verstößen wird die Geschäftsführung sowie Produktion definitiv auf einer weiteren Stichprobe bestehen. Die Streitgespräche zwischen Management und Qualitätssicherung sind dann nicht selten sehr hitzig. Der Grund liegt in den enormen Kosten, einer Reparatur. Es mag dem Endkunden noch vertretbar erscheinen, dass er bei einem Neupreis von 600 Euro 100 als Reparaturkosten in die neue Kamera investiert. Einem Produzenten sind 100 Euro bei (ohne F&E und Marketing) weniger als 200 zu viel. D.h. derartige Produkte sind aufgrund der hohen Recyclingkosten im Prinzip Sondermüll, den man auf jeden Fall vermeiden möchte. - Nochmals: Nicht nur die Produktion ist verloren. Hinzu kommen weitere Kosten für die Entsorgung. Nun verstehen Sie auch, warum im Zweifel auch eine dritte Stichprobe gezogen wird, bis das Ergebnis stimmt.
- Exkurs Apotheken: Das Wort Skrupel stammt ursprünglich aus der Apotheke, wo es sehr kleine Gewichte (Skripel) bezeichnete, welche der Apotheker zum Abwiegen seiner Zutaten für die Medizin des kranken Patienten benötigte. Fehlten ihm nun diese Skripel, so wurde das Abwägen ungenauer und das konnte und kann bei Medikamenten über Leben und Tod entscheiden. Er war skripellos / skrupellos. Geben Sie sich keinen falschen Illusionen hin. Wenn bereits in der heutigen Pharmaindustrie so gehandelt wird - es wird nicht selten getestet, bis die Ergebnisse passen - dann finden sich auch einige derartige Manager in der Produktion wesentlich weniger lebensbedrohender Erzeugnisse. - Und letztendlich werden im manchen Branchen die Qualitätsmanager nicht nur für ihr Fachwissen fürstlich bezahlt, sondern auch dafür, dass sie ggf. einmal eine Charge trotz
Bauchschmerzen
freigeben, d.h. mit ihrer Unterschrift haften.
- Zu Klarstellung: Ich unterstelle nicht jedem Manager pauschal Skrupellosigkeit. Aber der Druck ist enorm. Denn abgesehen vom eigenen finanziellen Schaden für den Hersteller tritt auch der Zeitverlust für die Neuproduktion ein. Derartige Zeitpuffer sind jedoch heute bei Just-in-time-delivery-Ketten nicht mehr vorgesehen. Ein Produzent eines Zwischenproduktes (z.B. Spiegel) würde somit nicht nur die nachfolgenden Prozesse aus dem Takt bringen, sondern den gesamten Produktionsablauf, d.h. auch alle parallelen Produktionsvorgänge und sogar die vorausgehenden bis hin zur Rohstoffquelle stören. Bevor sich ein Manager einer derartigen Schadensersatzforderung stellt, wird er eine
andere Lösung
suchen. D.h. man wird bei Grenzwertüberschreitungen zuerst intern nach Eingrenzungen suchen: Welche Teilproduktionsmenge könnte betroffen sein? Kann man sie aufgrund irgendwelcher Faktoren herausfiltern und aussortieren? etc. Und dann zieht man aus dem Rest der Produktion eine neue Stichprobe.
Resümee der Produktionsprozesse
- Sie erkennen es selbst: Es bedarf keiner Verschwörungstheorie oder krimineller Energie zur vorsätzlichen Sabotage der Produkte. Alle Mitarbeiter aller Firmen tragen systembedingt bereits erfolgreich ihren eigenen Anteil zum Endergebnis bei.
- Richtig bleibt jedoch auch, dass die meisten Herstellerfirmen durch mangelnde Transparenz bis hin zur Vertuschung von Schäden alles tun, um den Verschwörungstheoretikern laufend neue Munition zu liefern.
- Und richtig bleibt ferner, dass die meisten Herstellerfirmen inzwischen vorsätzlich fast alle Teile entweder verschweißen oder mit derart exotischen Schrauben versehen, dass man als Fotograf diese Gegenstände kaum mehr öffnen kann.
- Die zunehmende und inzwischen massive Sparpolitik der Wirtschaftskrise in der Fotoindustrie seit ca. 2010 hat die Symptome sogar nochmals drastisch verschärft.
- Und Fakt bleibt auch, dass die Firma mit extrem vielen Produkten je Sensorklasse und sehr kurzen Produktzyklen - nun für jeden logisch nachvollziehbar - darunter in den letzten Jahren am stärksten zu leiden hatte (Nikon). Aber auch alle anderen Hersteller konnten sich den weltweiten Marktmechanismen nicht entziehen. Auch dort finden sich dieselben Symptome (Missstände) in mehr oder weniger ausgeprägtem Maße.
- Im Gegensatz zur weitläufigen Vermutung treten die zahlreichen Fehler beim Endkunden jedoch nicht bei den billigsten Kameras, sondern in erstaunlichem Ausmaße bei den eher teureren Produkten auf. Die Gründe sind vielfältig:
- Im Grunde handelt es sich bei den billigsten Produkten (insbesondere der APS-C-Klasse) um ständig heruntergereichte und somit nach jahrelanger Produktion ausgereifte Technik der ehemaligen Spitzenmodelle. Bis diese Technologie in der untersten Preisklasse angekommen ist, hatten alle Beteiligten Zeit, sie zu optimieren. Fehler treten hier meist bei den neu dazugebauten Features auf, die meist elektronischer Art sind und damit oft auch per Firmware-Update behebbar sind.
- Hinzu kommt, dass Endkunden in dieser Einsteigerklasse nicht so genau testen und manche Defizite entweder nicht bemerken oder hinnehmen.
- Hingegen fielen vor allem die hochpreisigen Endprodukte und vor allem neue Geräte in der Vollformatklasse in den letzten Jahren überproportional negativ auf - und zwar bei allen drei großen Herstellern.
- Angesichts des inzwischen gnadenlosen Konkurrenzkampfes - angefacht durch viel zu früh begonnene Marketing-Kampagnen - wurden aufgrund von Produktionsverzögerungen bei hochkomplexer Technik zunehmend noch nicht völlig ausgereifte und vor allem nicht sorgfältig getestete Produkte verfrüht auf den Markt geworfen, nur um dem Mitbewerber um ein paar Wochen zuvorzukommen. Dieser tappte selbstredend mit dem nächsten Produkt in dieselbe (Marketing-) Falle. Letztendlich wurde durch den verfrühten Markteintritt die Testphase des Produktes auf den Kunden ausgelagert. In der Folge war das Produkt dann - nach erheblichen Fehlerkorrekturen - durchschnittlich erst 1-2 Jahren später endlich so, wie man es als Kunde hätte erwarten dürfen.
- Hinzu kommt, dass Endkunden in dieser Luxus-/ Profi-Klasse oft sehr genau testen und auch kleinste Defizite unter selten auftretenden Extrembedingungen bemerken sowie - angesichts des Preises - keinesfalls tolerieren. Weltweit treten hunderttausende erfahrene Profifotografen und Pixelzähler gemeinsam zur Fehlersuche an.
Importeure, Zwischenhändler und Lieferanten
- Wenn dann endlich das fertige Produkt in ausreichender Stückzahl vorhanden ist, wird es von den Herstellern an die Großhändler / Importeure verschifft. Dies wird jedoch auf unterschiedlichsten Wegen durchgeführt, mit den verschiedensten Transportfirmen. Da finden sich hochwertige Luftversender und Schiffsreeder bis hin zu auch nicht ganz so hochwertigen. Das kann der Hersteller in manchen Ländern teilweise nicht einmal vollständig bestimmen. Je nachdem, wie lange und bei welchen Außenbedingungen die Ware transportiert / gelagert wird, hat dies Einfluss auf die Kamera. Natürlich sind die Kameras für den Transport gut verpackt. Aber lesen Sie einmal die Lagerbedingungen. Sowohl im Luftverkehr als auch bei manchen Wüstenländern (vieles wird heute über die Drehkreuze am Persischen Golf versandt) sowie in den Tropen können die Rahmenbedingungen überschritten werden. Noch schlimmer sieht es bei Erschütterungen aus. Und all dies sieht man den Produkten nicht an. Deshalb werden für manche Transporte inzwischen Sensoren eingebaut, welche dies messen.
- Dasselbe geschieht wieder zwischen Importeur / Großhändlern und Einzelhändlern - nun jedoch in wesentlich weniger schützender Verpackung.
- Entweder beim Fotofachgeschäft oder beim Versand vom Internet-Händler zum Endkunden kommen dann noch die wirklichen Gefahren hinzu.
- Mitarbeiter leihen sich die Geräte über das Wochenende aus und testen sie, bevor sie die Kamera als neu wieder verpacken.
- Kunden testen die Apparate im Geschäft oder zu Hause und geben sie dann zurück. Inzwischen mehren sich die Hinweise, dass auch dann immer mehr Händler die Ware noch als neu verkaufen.
- Die Lagerung im Geschäft findet im sonnenbestrahlten Schaufenster statt.
- Die Lieferung an den Endkunden findet mit einem Paketdienstleister in eher mäßiger Verpackung und durch mäßig motivierte Mitarbeiter statt.
- Wer einmal gesehen hat, wie die Sortierstraßen der Pakete arbeiten, und welchen Beschleunigungskräften sowie Belastungen Pakete ausgesetzt sind, der wird zukünftig jedes seiner Weihnachtsgeschenke noch geschützter verpacken und keine derartigen Zusendungen an sich selbst mehr wollen.
Man kann somit festhalten, dass die Qualität der letztendlich den Kunden erreichenden Ware allgemein geringer ist und besonders im Einzelfall deutlich geringer sein kann, als es möglich wäre. Aber eine Gesamtanalyse darf nicht bei der Hersteller- und Händler-Schelte verweilen, sondern muss auch den Endkunden betrachten.
Der Kunde - der Faktor Mensch
- Nichts ist idiotensicher, solange der Idiot über technisches Wissen verfügt, oder auch nur glaubt, darüber zu verfügen.
- Heute liest kaum jemand mehr ein Handbuch. - Die Kamera wird ausgepackt und sofort eingesetzt. Man kann ja schließlich fotografieren.
- Warum klemmt das Batteriefach? Weil der Hersteller die Öffnungsrichtung des Deckelverschlusses geändert hat. Das war so billiger oder langlebiger oder ergonomischer. Fünfmal falsch kraftvoll versucht und der Verschluss aus Plastik ist abgebrochen. Natürlich wäre das bei einem Verschluss aus Metall nicht passiert. Aber der Kunde / Fotograf hätte auch lesen können.
- Ein dutzend Mal wird vergeblich mit den kleinen Schaltern am Display durch das Menü geklickt, irgendwann immer nerviger, weil man den alten Eintrag nicht mehr am gewohnten Ort findet. Der Frust steigt, der Druck des Daumens auf die Taste auch.
- Ein anderer schüttelte seine Kamera so heftig, dass jedes Kleinkind schon lange gestorben wäre.
- Wieder ein anderer Fotograf schlug mit der flachen Handinnenfläche dutzende Male auf die Seitenfläche der Kamera, weil er dachte, sie hätte einen Wackelkontakt. Dabei hatte nur vergessen, den Akku einzulegen.
- Ich könnte stundenlang Dinge aufzählen, welche ich schon bei Fotografen gesehen habe.
- Motto: Früher war es doch so. Oder: Bei der Kamera des Herstellers X ist es doch so.
- Fazit: Lesen Sie das Handbuch in aller Ruhe und probieren Sie jedes Detail an der Kamera damit langsam aus, dann lebt Ihre Kamera länger und Sie haben mehr Freude an der Fotografie.
- Hersteller gehen bei allen Produkten (auch im Fotobereich) von einem zu erwartenden Gebrauch - (usual wear and tear) aus. Aber hierbei handelt es sich oft um einen ziemlich willkürlich vermuteten Durchschnittsfotografen je Kameramodell.
Unglaubliche Anwendungen in diesem Film (z.B. Einhämmern von Nägeln in ein Holzbrett) gehören vermutlich nicht mehr dazu, belegen aber, wie robust selbst billige Plastik-Kameras dennoch sind. Film 2. Average daily mishap - im Alltagseinsatz. Und hier wird eine 7D malträtiert. Gleichzeitig zeigen sie, was heute damit angestellt wird.
- Grundsätzlich muss man sich jedoch tatsächlich einmal die Frage stellen, was Kameras aushalten / überleben sollen. Man muss nicht immer an einen atomaren Schlag denken. Aber bereits die Vorsorge gegen Feuer (Hausbrand) und selbst einen Autounfall dürfte zu kaum mehr portablen Geräten führen.
Technik
Ein weiterer gravierender Unterschied zwischen den Kameras von früher und heute - mit massiven Auswirkungen auf die Lebensdauer - liegt in der völlig veränderten Technik.
- Früher befand sich weniger Technik in Kameras.
- Es ist noch nicht so lange her, da bestanden viele Kameras aus rein mechanischen Teilen überwiegend aus Metallen. Diese waren mit Ölen und Fetten geschmiert. Zwar konnten diese Schmiermittel verharzen etc. Aber mit leichten Anwärmen im Backofen ließ sich dies oft reparieren. Anschließend musste man wieder etwas fetten. Das konnten nicht nur Fotofachgeschäfte, sondern auch technisch begabte Fotografen.
- Bereits damals wusste man jedoch, dass Wärmeeinflüsse alle Materialien derart ausdehnen und zusammenziehen können, dass bleibende Veränderungen und Schäden entstehen. Für das unbewaffnete menschliche Auge bleiben diese insgesamt kleinen Veränderungen jedoch verborgen.
- Auch die negativen Einflüsse des Wassers waren bekannt und es wurde vor ihnen gewarnt. D.h. ganz so unempfindlich waren die rein mechanischen Kameras auch nicht.
- Insbesondere Filme galten immer als die besonders empfindlichen Elemente: Hitze, Kälte, Chemikalien oder Röntgenstrahlung sowie Licht konnten nachhaltige Schäden verursachen.
- Dann kamen die ersten Belichtungsmesser mit Batterie hinzu. Ab diesem Zeitpunkt fanden sich vermehrt Diskussionen, welche Kamera zuverlässig und langlebig sei. Für Arktis- oder Hochgebirgsreisen nahmen viele Fotografen noch in den 1980er Jahren nur rein mechanische Fotoapparate mit.
- Wasser und Strom wurden zum Problem. Batterien versagten zu schnell oder liefen aus. Damals der größte anzunehmende Unfall.
- Je mehr Elektrik und dann Elektronik in die analogen Filmkameras integriert wurde, umso größer wurde das Problem. Autofokus, Motorwinder etc. sind keine neuen Erfindungen, sondern waren schon vor dem Jahr 2000 in vielen analogen Kameras integriert.
- Elektrik und Elektronik oxidiert. D.h. auch bei analogen Kameras traten immer wieder Störungen auf, meist als Wackelkontakt bekannt.
- Vor allem die Kombination von Fremdobjektiven mit einem Blitzgerät stellte zahlreiche Kameras vor Probleme, welche oft jedoch rhapsodisch auftraten - und sich nicht selten dann beim Service nicht nachweisen ließen.
- Aber auch so banale Dinge wie die angepriesene ISO-Auslese-Automatik bei Filmen (die ISO-Empfindlichkeit des eingelegten Filmes wurde von der Kamera automatisch erkannt) funktionierte insbesondere im Zusammenspiel mit Zubehör (Blitzgerät oder manchen Zoom-Objektiven) manchmal nicht mehr.
- Mit der Digitalisierung kamen jedoch extrem viel anfällige Bauteile und geradezu riesige Batterien / Akkus in die Kameras. Im Prinzip wurden Kameras zu mobilen Computern umgestaltet.
- Ist jedes elektronische Bauteil bereits für sich genommen anfällig, so potenziert sich die Wahrscheinlichkeit der Fehleranfälligkeit vieler zusammenarbeitender Elemente geradezu.
- Hinzu kommt, dass jedes elektronische Bauteil altert - jedes. Beim Sensor werden fast jeden Tag einzelne Pixel lichtschwächer oder fallen sogar aus. Bei jedem Prozessor-Chip fallen laufend irgendwelche kleine Transistoren oder Leiterbahnen aus. Durch die Redundanz und die internen Selbsttests sowie Ausgleichsroutinen kann man den Alterungsprozess heute lange für den Endkunden kaum spürbar machen. Aber er existiert. Jedes elektronische Bauteil altert mit jeder Benutzung.
- Und es altert auch bei Nichtbenutzung. Viele Teile werden sogar durch lange Nichtnutzung beschädigt, insbesondere bei falscher Lagerung.
- Um es klar zu sagen: Systembedingt ist bei Elektronik ein hoher aber statistischer Verschleiß immanent. Statistisch heißt: Es kann den einen Fotografen heute treffen und den anderen erst in 20 Jahren. Generell sollte man davon ausgehen, dass nach ca. 5 Jahren der Verschleiß deutlich messbar ist. Er muss jedoch auch dann noch nicht sichtbar oder spürbar sein.
- Elektronik altert ferner durch Hitze und Kälte insbesondere dem ständigen und schnellen Wechsel der beiden Faktoren, da Leiterbahnen etc. brüchig werden.
- Elektronik altert ferner durch extreme Luftfeuchtigkeit. Der Einsatz der Fotoausrüstung in Tropen ist meist beschränkt oder ausgeschlossen. - Das gilt auch für bei uns anzutreffende Tropen- oder Schmetterlingshäuser etc.
- Falls Wasser (evtl. sogar noch mit Spuren von Salzen) an die Leiterbahnen gelangt, können die heutigen Nanostrukturen bereits durch minimale Korrosionserscheinungen eine Elektronik nachhaltig schädigen.
- Statistisch gesehen wird es auch im optimalen Fall ab 10 Jahren langsam riskant. Da sollte man schon öfter einmal hinschauen und nachprüfen.
- Dies ist im Übrigen einer meiner Motive gegen die Anschaffung gebrauchter digitaler Kameras durch Anfänger. Fortgeschrittene Fotografen wissen hingegen, was sie sich damit ggf. einhandeln.
- Mit zunehmendem technischen Fortschritt lassen sich die Alterungsprozesse sicherlich etwas hinauszögern. Ganz verhindern lassen sie sich nicht.
- Kameraherstellern fällt es schwer, generelle Jahresgarantien zu geben. Bei Elektronik scheint mir vieles auf maximal 5-10 Jahre konzipiert zu sein. Dies wird mit der zweijährigen Garantie / Gewährleistung in der Regel abgedeckt.
- Meiner Erfahrung nach beginnen viele Kameras nach ca. 4-5 Jahren, erste Probleme zu bereiten. Diese gehen überwiegend auf die Elektronik zurück. Meist sind es zuerst Kleinigkeiten, mit denen man leben kann. Aber es sind beunruhigende Indikatoren.
- Die Belastungen eines PCs zu Hause sind deutlich geringer als die Anforderungen an eine ständig herumgetragene Kamera. Dennoch wird kaum jemand noch nach 10 Jahren einen Computer in der ursprünglichen Zusammenstellung mit Original-Monitor und original Grafikkarte betreiben, da Elektronikteile regelmäßig ausfallen und ersetzt werden müssen. Bei der Elektronik in der Kamera ist dies - aufgrund der fehlenden / mangelnden Modularität - allerdings oft derart aufwändig, dass die Reparaturkosten nicht selten über dem Zeitwert liegen und somit eine Reparatur unterbleibt.
- Bei elektronische Bauteilen besteht ein Zusammenhang zwischen Leistung, Baudichte, Abwärme und Lebensdauer. Vereinfacht ausgedrückt führt die vom Kunden geforderte extreme Hochleistung zu kürzeren Lebensdauern. Mein alter 286er Prozessor aus dem Jahr 1986 funktioniert noch heute im heißesten Sommer ungekühlt. Moderne PC-Prozessoren brennen trotz High-Tech-Wasserkühlung bei Überlast durch. Aber wer will noch meinen 30 Jahre alten PC?
- Damit sind wir jedoch wieder beim Kunden: Die meisten modernen (Kamera-) Kunden wollen auf die eingebaute Hochleistungs-Elektronik nicht mehr verzichten. - Diejenigen, die es wirklich wollen, fotografieren tatsächlich noch mit alten analogen Kameras.
Sonstige begrenzende Faktoren
- Während man bei Pkws heute von 10-20 Jahren Lebenserwartung ausgehen darf, sind selbst Profi-Kameras nur auf wenige hunderttausend Auslösungen ausgelegt. Bei 50 - 100.000 Fotos pro Jahr ergibt dies eine Lebensdauer von ca. 4 Jahre für den Verschluss.
- Die Lebensdauer digitaler Kameras wird von vielen Fachleuten auf ca. 4 Jahre bis maximal 5 Jahre veranschlagt. Danach zeigen viele Kameras Probleme.
- Das bei heutigen kurzen Produkt-Zyklen nachteilige ist die zu kurze Lagerhaltung für Ersatzteile. Nach zwei neuen Nachfolgeprodukten (heute 2-5 Jahre) erhält man im üblichen Massenmarkt fast keine Ersatzteile mehr. Dies betrifft so ziemlich alles: Elektronik, Kunststoffe, Glas- und Metallteile.
- Akkus: Beide meiner Original-Akkus zeigten nach ca. 4 Jahren binnen weniger Wochen plötzlich einen roten Balken, der auf technische Alterung / Ladeprobleme hinweist. Dies war relativ unabhängig von der faktischen Benutzung und den tatsächlichen Ladezyklen. Zur Klarstellung: Beide funktionieren noch einwandfrei. Aber die Warnmeldung bleibt und verunsichert.
- Etwa 5 Jahre ist im Übrigen auch die Lebensdauer der meisten Pufferbatterien (für Datum, Uhrzeit und Voreinstellungen etc.) im Kamerainnern. Falls jene Pufferbatterie nicht von Ihnen als Anwender manuell austauschbar ist, wird ein Werkstattbesuch erforderlich. Bei meiner Pocket-Kamera betrug der unverbindliche Kostenvoranschlag 150 Euro. Der offizielle Herstellerservice riet mir jedoch davon ab, da es vermutlich teurer würde. In einem solchen Fall ist die Kamera dann ein Totalschaden. Bei mir betrug der Systempreis bei der Anschaffung rund 800 Euro. Der Wert einer erforderlichen Pufferbatterie liegt unter 1 Euro. An so einen Fall hatte ich überhaupt nie gedacht, da ich in allen Systemen nur auswechselbare Pufferbatterien kannte. Dennoch unterstelle ich dem Hersteller seiner in allen Testberichten damals hochgelobten Edelkompakten keinen Vorsatz, sondern nur Dummheit - und mir auch, da ich es nicht während der Rückgabefrist sofort nachgeprüft hatte.
Kunststoff oder Metall
- In der guten alten Zeit war angeblich alles noch aus stabilem Metall:
- Ja und nein.
- Selbstredend gab es Kameras die weitgehend aus Metall gefertigt wurden.
- Aber viele Teile, wie Blenden oder Verschlussvorhänge bestanden oft aus anderen Materialien.
- Und gerne wird verschwiegen, dass Metall nicht Stahl und schon gar nicht hochbelastbaren nichtrostenden Edelstahl meint. Früher fanden sich viele verschiedene Metalle in Kameras und die Stähle hatten unterschiedliche, aber immer deutlich schlechtere Eigenschaften als heutige.
- Reine Metallgehäuse werden - vor allem, wenn sie schwarz sind - in der Sommersonne schnell heiß und im Winter oder in den Hochgebirgen kühlen sie extrem aus. Das war im Übrigen ein Grund dafür, dass man früher so oft maßgeschneiderte Lederetuis um die Metallkameras hatte. Die anderen Fotografen froren sich die Finger ab oder mussten die Kamera bei Sonne ständig im Schatten halten oder kühlen.
- Mit den ersten Batterien in Metall-Kameras trat das Phänomen des Kriechstroms auf. Noch in den Handbüchern der 1970er und 80er Jahre wurde empfohlen, bei längeren Nichtgebrauch die Batterien aus dem Metallgehäuse zu nehmen. Hingewiesen wurden auf die Säureschäden am Metall durch das damals noch häufige Auslaufen verbrauchter Batterien. Aber die Ursache lag in den nie völlig zu vermeidenden Kriechströmen durch das Metall.
- Im Zusammenhang mit unterschiedlichen Metallen in der Kamera, Strom, Wasser und Schmutz kam es unvermeidlich zur Korrosion. Das schwächste Metall wurde zerstört. Deshalb werden bis heute sogenannte Opferanoden bei Metall verwendet, welche als schwächstes Glied die Zerstörung anderer Metalle verhindern.
- Aufgrund fortgeschrittener Metallurgie, Physik und Chemie sowie präzisester Fertigungsmethoden sind heute Metalllegierungen mit exakt vorhersagbaren Eigenschaften produzierbar.
- Früher fehlte oft sowohl das theoretische Wissen als auch das praktische Können dazu.- Deshalb nahm man im Zweifel dickere Metalle. Sie waren zwar stabiler und hielten länger, so ging man auf Nummer Sicher. Aber, wenn man gekonnt hätte, hätte man sie auch damals lieber dünner und leichter produziert. Jedoch war die Fertigungstechnik für feine Metalle auch immer wesentlich teurer. Deshalb sind dicke Metallbleche im Grunde ein Zeichen für Geldeinsparung am Produkt, die es auch früher bereits gab - also das Gegenteil dessen, was man heute damit assoziiert.
- Metall kann sich ebenfalls verformen und ist bei extremen Temperaturschwankungen den Kunststoffen sogar unterlegen.
- Aber selbst heute sind die Metalle so schwer, dass man sie nur als Rahmen / Chassis verwendet, um das herum dann auch bei Profikameras Kunststoff verwendet wird.
- Ergonomie (z.B. höhere Griffigkeit, Hitze- und Kälteunempfindlichkeit) war auch schon früher ein Grund, warum schon lange vor der Digitalisierung bei vielen Metall-Kameras Kunststoff im Griffbereich Einzug hielt.
- Und schon früher gab es immer wieder komplette Kunststoffkameras (vor allem im Pocket-Bereich), die sogar hochwertig waren und bis heute gute Fotos liefern. Aber es gab auch früher schon wirklich minderwertige Produkte, wie manche Bakelit-Apparate, die zerbröselten.
- Unabhängig, ob aus Metall oder Kunststoff, behaupten viele Fotografen, dass eine langfristig falsche Lagerung zu negativen Veränderungen bei der Bildqualität der Objektive führen kann. Wichtig scheint hierbei der negative Einfluss von hoher Luftfeuchtigkeit bei der langen Lagerung von Objektiven zu sein, da dann Pilze die Glasoberfläche irreparabel angreifen können. Eine längere Lagerung sollte deshalb generell kühl, trocken, schattig, staub- und rauchfrei erfolgen.
- Je älter die Geräte sind, desto größer sind diese in Metallgehäusen angesammelten Umwelt- und Lagerungs-Einflüsse. Insbesondere Schmiermittel trocknen oder fließen an Stellen, an die sie nicht gehören.
- Das oft verhasste Plastik ist von den meisten Fotografen inzwischen sogar gewünscht. Komplett aus Stahl gefertigt, wären die Kameras viel schwerer (auch schwerer als frühere Kameras). Schätzungen besagen, dass moderne DLRs völlig aus Metall gefertigt 50-100% schwerer wären als identische Plastik-Modelle.
- Die Hersteller haben bereits durch Magnesium und andere Leichtmetalle die Kunststoffe an wichtigen Punkten verstärkt. Aber das ist teuer und fügt dem Produkt auch wieder Gewicht hinzu. Es hat somit seinen Grund, dass hochwertige, stabile und langlebige Kameras 1 bis 1,5 Kilogramm wiegen. Wer weniger tragen will, muss auf Stabilität verzichten.
- Kunststoff altert immer durch UV-Licht. Vergessen Sie alles Gerede über hochaktiven UV-Schutz etc.
- Kunststoff altert ferner durch Hitze und Kälte insbesondere dem ständigen und schnellen Wechsel der beiden Faktoren.
- Aber: Jedes Material (auch Metall) altert, bereits in der Verpackung.
- Ausschlaggebender als das Material sind jedoch:
- Die Art feindlicher Umwelt-, Einsatz- und Lagerungsbedingungen einer Fotoausrüstung: Der Einsatz in Wüsten, Subtropen oder Tropen sowie in den Hochgebirgen und der Arktis beschleunigt alle nachteiligen Effekte enorm.
- Die Art unangemessener Verwendung und Behandlung durch den Fotografen: Allzu sorgloser oder gewalttätiger Umgang mit der Kamera sowie mangelnde Pflege insbesondere nach Außeneinsätzen beschleunigt alle nachteiligen Alterungseffekte drastisch. Vor allem Erschütterungen, denen die Ausrüstung leicht auf Reisen ausgesetzt sind, wirken sich nachteilig aus. Das müssen keine Wettrennen über ausgetrocknete Wüsten-Pisten oder bei Safaris sein. Bereits eine Busfahrt mit den modernen, extrem hart gefederten Niedrigflurbussen über viele heimische Schlaglochstrecken oder Kopfsteinpflaster der Stadt stellen eine Tortur für Optik und Elektronik dar.
- Hersteller mancher Produkte, wie seltener benutzter Stative, bieten zwar längere Garantiezeiten, schränken diese dann jedoch im Kleingedruckten erheblich ein auf einen pfleglichen oder üblichen Umgang und die Reparatur bestimmter Teile. D.h. auch bei Metall-Stativen lehnen sich die Hersteller nicht allzu weit aus dem Fenster.
- Zugegeben, für schwere Objektive würde auch ich eher ein Metallbajonett empfehlen. Aber genauso muss ich einräumen, dass bei extrem unsachgemäßer Behandlung (herunterfallen der Kamera mit Teleobjektiv) auch ein Metallbajonett verbiegen kann.
- Selbst wenn man die Stähle und Leichtmetall-Legierungen noch viele Jahrzehnte weiterentwickelt. Alle Endprodukte würden altern und irgendwann durch Gebrauch verschleißen und damit unbrauchbar werden. Im Grunde muss sich auch der kritischste Mensch fragen, wie lange soll denn ein Produkt halten? Und was bin ich bereit, dafür zu tun? - Womit nicht nur bezahlen gemeint ist.
- Heute stellen die Elektronik, Elektrik und der Verschluss oft die zeitlich begrenzenden Faktoren bei Fotografen dar. Da heute insbesondere die Elektronik in Kameras das Entscheidende ist, spielt es m.E. auch keine große Rolle, ob das Gehäuse aus Metall ist, oder die Fertigungsqualität des Gehäuses herausragend ist. Auch hochwertige Kunststoffe werden länger leben als die Elektronik. (Man beachte beim Zitieren bitte das einschränkende Adjektiv
hochwertig
.)
Dies ist m.E. auch einer der Gründe, warum heutige Leicas nicht mehr für jeden Fotografen im angemessenen Preis-Leistungs-Spektrum rangieren. Deren oft perfekt und stabil gefertigten Gehäuse werden die Elektronik um Jahrzehnte überleben. Aber was nützt einem praktischen Fotografen das?
- Letztendlich muss sich jeder Fotograf selbst die Frage stellen, was ihm Metall heute noch wert ist. - Anders sieht es bei Sammlern aus.
Früher hielt alles länger
- Nein: Ganz im Gegenteil. Und wenn, dann hatte es bestimmte Gründe.
- Man konzentriert den Blick in die Historie bei derartig pauschalen Aussagen gerne auf hochwertige Spitzenprodukte, die jedoch immer sündhaft teure und deshalb mit einer hochwertigen Qualitätssicherung ausgestattete Produktionsstätten besaßen - und besonders gepflegt wurden. Dass es auch früher andere, wesentlich weniger stabile und haltbare Kameras gab, wird - wie so vieles bei der Romantisierung und subjektiven Erfahrungsbildung - ausgeblendet.
- Frans Lanting schrieb in seinem Buch Jungles im Jahr 2000 (S. 236) über analoge Profi-Kameras aus Metall:
... doch letztendlich zerstört der Dschungel alles. Während einer dreimonatigen Expedition benötigte ich nicht weniger als zehn Kameragehäuse.
- Zur Würdigung der Fakten: Das war auch damals das Beste des Besten, zu einem jeweils vierstelligen Preis.
- Ich besitze noch eine analoge Kamera (2003 erworben) eines namhaften Herstellers dessen beiden Filmverschlüsse / Rückdeckelklappe aus Plastik mir abbrachen. Damit war die Kamera für einen vierstelligen Neupreis praktisch wertlos. Ich fand einen scheußlich aussehenden aber praktikablen Weg, sie selbst zu reparieren, da mir der offizielle Kostenvoranschlag unverschämt erschien. Zur Vermeidung von Glaubenskriegen nenne ich den Namen nicht. Aber überrascht war ich schon, so ein elementares Teil bei dieser Firma in derart schlechter Qualität vorzufinden. Bevor diese beiden Plastiknasen abbrachen, ging ich davon aus, dass es unzerstörbares Metall wäre, wie bei allen Vorgängerkameras aller Hersteller.
- Heute werden Kameras auch von Amateuren oft viel härter beansprucht als damals von Profis. Um nicht immer nur die anderen Fotografen zu schelten: An einem einzigen Abend habe ich bei einer Tanzsportveranstaltung über 7.000 Fotos aufgenommen. Andere Fotografen schießen 20-50.000 Fotos in wenigen Wochen bei den Olympischen Spielen, WM, EM etc. Selbst Amateure machen in einem Kurzurlaub mehrere tausend Fotos. So etwas war früher mit Analogfilm undenkbar. - Bei einem Hebelmechanismus für den Filmtransport waren selbst Profis mit 2 Bildern je Sekunde schon am Limit. Und auch elektrische Winder teurer Kameras kamen selten auf mehr als 4-6 Bilder in der Sekunde. - Wohl gemerkt, galt dies nur unter Idealbedingungen und für nur 36 Fotos am Stück. Dann musste man mühsam und langwierig den Film wechseln. Kurzum: Man arbeitete früher viel langsamer, was sowohl die Kamera als auch das gesamte Fotozubehör schonte - und (ketzerischer Zusatz) auch der Bildqualität zu Gute kam.
- Heute reisen die Fotografen viel weiter. Früher war es eher die Ausnahme, dass jemand 2 oder mehr Flugurlaube im Jahr unternahm und dies in oft klimatisch extreme Regionen. Heute nimmt man selbstverständlich die Kamera mit. Früher überlegten sich das Viele, da man mit dem Zoll und den Filmen im Röntgenscanner nicht selten Ärger bekam.
- Früher pflegten die Fotografen Ihre Ausrüstung durchschnittlich vor und nach dem Gebrauch etwas häufiger sowie sorgfältiger und gingen im Einsatz auch pfleglicher damit um.
- Hinzu kommt der komplette Wandel der Technik: Selbst die modernsten Vertreter der analogen Filmkameras (bis ca. 2010 produziert) unterscheiden sich vollständig von ihren digitalen Nachfolgern. Ein ketzerischer Entwickler einer namhaften Firma fasste es mir gegenüber einmal pointiert so zusammen:
Im Grunde blieben nur der Herstellername und der Bajonett-Anschluss identisch.
Auch wenn das sicherlich überspitzt ist, so sollte man im eigenen Bewusstsein endlich einen klaren Trennstrich zwischen analoger und digitaler Fotoausrüstung ziehen. Sie sind nicht vergleichbar.
Multiplikator Internet
Aber heute liest man doch überall von zahllosen Schäden an Kameras. Korrekt, aber:
- Auch früher existierten zahlreiche Probleme mit Kameras und der Fotoausrüstung.
- Allerdings konnte man sich nur im engeren Umkreis Rat dazu einholen. D.h. das Fotogeschäft, fotografierende Freunde, Fotoclubs, evtl. ein Brief an das Fotomagazin.
- Die Anzahl der Fotografen (Amateure wie Profis) lag zu analogen Filmzeiten deutlich unter den heutigen Werten. Zunehmende absolute Anwenderzahlen hätten jedoch auch bei gleichbleibender Qualität zu höheren Fehlerzahlen geführt.
- Ferner war der frühere Fotograf durchschnittlich auch noch eher in der Lage, etwas selbst zu reparieren oder zu ändern, um das Problem entweder zu beheben oder eine eigene Lösung um das Problem herum zu finden. Einerseits lag dies an den geistigen und körperlichen Fähigkeiten der meisten damaligen Fotografen und andererseits an den noch teilweise reparierbaren Kameras.
- Im Zeitalter der Black-Box, unverständlicher Error-Meldungen und durchschnittlich geringerem Wissen der modernen Fotografen steigt der Wutpegel schneller, und man kann auch weniger Probleme selbst lösen bzw. ist zu ungeduldig, das eigene Handbuch zur Fehlerbehebung zu lesen.
- Heute erfährt die Welt viel schneller, wenn bei jemandem etwas an der Kamera defekt ist. Er frägt in Foren, oft in mehreren gleichzeitig, und so wird ein einziger Fall bereits durch den Fotografen zum Multiplikator, den dann viele Forenmitglieder weitertragen.
- Ohne detaillierte eigene Untersuchungen unternommen zu haben, schätze ich aus meiner Forenerfahrung, dass sich ein erheblicher Teil der in den Foren diskutierten sogenannten Kamera-Fehler auf menschliches Versagen zurückführen lässt. D.h. nicht primär die Hersteller, sondern die Anwender sind daran schuld. Als Resümee bleibt dann in der Folge oft nur noch die kolportierte Aussage: Das Produkt X des Herstellers Y sei
fehleranfällig
, oder Schrott
.
- Bei aller heftigen Kritik an allen Hersteller, die ich immer wieder übe, darf ich mir hier erlauben, zu widersprechen. Nicht alles, was sich bezüglich Kamerafehlern in Foren etc. findet, ist den Herstellern zuzuschreiben.
- Das Kernproblem liegt in der Kombination aus Frust und der heutigen Leichtigkeit, diese umgehend im Internet abzureagieren. Allerdings sind die meisten Menschen heute zur Selbstkritik nicht mehr fähig oder bereit. Selbst dann, wenn ihnen selbst aufgeht, dass sie den Fehler produziert haben und auch eine Lösung dafür fanden (meist direkt selbst im Handbuch oder indirekt durch andere, die das Handbuch lasen). Danach nimmt kaum jemand seine getätigten negativen und falschen Äußerungen zurück, entschuldigt sich oder stellt etwas nachträglich richtig.
- Hinzu kommt nun noch das Phänomen der negativen Fortpflanzung. Erstaunlicherweise wird Negatives viel häufiger weitererzählt als Positives. In Fotokreisen gilt dies umso mehr, wenn es eine Herstellermarke betrifft, die man selbst nicht besitzt. So etwas dient auch als nachträgliche Rechtfertigung für den eigenen Kauf.
Gott sei Dank. Da habe ich mir die richtige Kamera gekauft. Dieses Problem betrifft mich nicht.
In solchen Momenten tröstet dies einen über die anderen Probleme mit der eigenen Kamera hinweg.
- Dieses übertrieben negative Gerede zeigt jedoch langfristig auch negative Auswirkungen auf Firmen und Kunden. Setzt sich bei Kunden der Eindruck fest, dass die geplante funktionale Obsoleszenz zutrifft, dann werden sie nicht mehr bereit sein, teure Produkte zu kaufen, da diese vermutlich auch bald Defekte zeigen. Als Konsequenz werden die Massenhersteller hochwertige Produkte auch nicht mehr entwickeln, produzieren und anbieten.
Gegenmaßnahmen
Dass die Qualität vieler Produkte, insbesondere in der Fotobranche zu wünschen übriglässt, ist belegt. Wie könnte man dies ändern?
- Die Produktzyklen sollten reduziert werden, wobei dann nur noch sinnvoll nutzbare Neuerungen zu einem Folgeprodukt führen. D.h. der Zeitraum bis zum Erscheinen des Nachfolgeproduktes sollte konkret um 1-2 Jahre gestreckt werden. Dies setzt enorme Kapazitäten bei den Herstellern frei und reduziert den Stress, der mitverantwortlich ist für Produktfehler und mangelhafte firmeninterne Tests. Ferner spart es Geld auf allen Ebenen.
- Die Produktpalette sollte auf maximal drei reduziert werden: auf jeweils nur ein Einsteigermodell, ein Mittelklassenmodell und nur ein Profimodell je Sensorklasse. Dies kann bei Vollformatsensor als ca. 20-24 MP, 36-50 MP und Profi-Sport-Kamera ausgestaltet sein. Es dürfen aber auch gerne nur zwei Kameramodelle je Sensor übrig bleiben. Diese Modellreduktion setzt ebenfalls enorme Kapazitäten bei den Herstellerfirmen frei. Ferner erhöht es die Skaleneffekte bei den übrig bleibenden Produkten. Je größere Stückzahlen von einem Modell gefertigt werden, desto höher wird automatisch die in der Produktion erzielte Qualität. Zusätzlich wird von der Planung an mehr auf Qualität geachtet, da bei nur wenigen Produkten keines floppen darf.
- Weitere Details teile ich den Herstellerfirmen gerne auf Anfrage mit.
- Schwachstellen im Vertrieb und Transport müssen und können optimiert werden, im Zweifel durch Gesetze und deren konsequente Umsetzung durch Straf- und Schadenersatzzahlungen. Denn Manches, was dort geschieht (siehe oben), erachte ich als Betrug und Sachbeschädigung.
- Die vorhandenen technischen Probleme werden von den Technikern ständig zu lösen versucht. Aber hier treten unüberwindbare physikalische Grenzen auf. D.h. selbst bei bestem Willen und größtem Finanzmitteleinsatz werden sich nicht alle technischen Probleme vollständig lösen lassen.
- Aber auch der Endkunde muss sein Verhalten ändern:
- Wer aus Geiz übertrieben spart, erhält auch die entsprechende mindere Qualität. Das Bewusstsein, dass hohe Qualität auch dazu führt, dass man dafür mehr bezahlt, muss wieder geweckt werden. Kurzum: Hochwertige Fotografie war, ist und bleibt teuer.
- Die Erkenntnis, dass Fotografie kompliziert ist, und dass Fotoapparate empfindlich sind, muss wieder jedem Anwender bewusst werden.
- Geduld, sowohl beim Warten auf die nächste technische Neuerung / Kamera als auch bei der praktischen Fotografie. Wer sein Handwerk Fotografie und seine Kamera beherrscht sowie pflegt, wird bessere Fotos als Ergebnis erhalten, und seine Kamera wird länger leben.
- Vernunft: Die Physik setzt Grenzen, welche keine Firma und keine Kamera überwinden kann. Weder gab es noch wird es jemals die eierlegende Wollmilchsau geben.
Politische Hintergründe
Löchert man jene politischen Vertreter, welche sich vor allem in Europa und hier wiederum vor allem im fortschrittsfeindlichen Deutschland und Frankreich lautstark um das Thema geplante Obsoleszenz bemühen, so gelangt man schließlich zum Begriff Nachhaltigkeit
, der nach langem Bohren letztendlich auf Natürlichkeit
und so wie es die Natur vorgibt
basiert respektive an der Natur orientiert
. Hier liegt jedoch ein gravierendes Unwissen über die Naturwissenschaften vor: Die Natur ist nicht nachhaltig.
- Bereits die Physik belegt dies mit der Halbwertszeit: Im Grunde handelt es sich um eine statistische Größe, welche festlegt, welches radioaktive Element in welcher Zeit zur Hälfe zerfällt / sich in andere Elemente umwandelt. - Dann weichen hartnäckige Zeloten auf die klassischen Erdwissenschaften aus, in denen sie sich besser auszukennen glauben.
- Aber auch in der Geologie und den vergleichbaren Wissenschaften sieht es nicht besser aus: Was ist an einem Erdbeben nachhaltig? Oder an einer Überschwemmung, einem Tsunami, einem Vulkanausbruch, einem Blitzeinschlag, der Erosion durch Wasser oder Wind?
- Oder was ist an einem Meteoriteneinschlag nachhaltig?
- Ganz hartnäckige Glaubensvertreter suchen als letzte Instanz dann Zuflucht in der Evolution. Aber auch die Evolution ist nicht nachhaltig. Wäre sie es, dann würden noch heute die Dinosaurier leben. Wie Wissenschaftler jedoch inzwischen nachweisen konnten, sind im Laufe der Evolution über 99 Prozent aller Tierarten - rund 500 Millionen Tierarten - ausgestorben. (Liste ausgestorbener Tiere und Pflanzen)
Kurzum: Die Natur ist nicht nachhaltig. Alles andere ist stockkonservative ideologische Träumerei.
Nachtrag 2023: Software
- Allerdings trat in den letzten Jahren ein Phänomen im Bereich Foto- und Video langsam in den Vordergrund, welches die Anhänger der geplanten Obsoleszenz nicht auf dem (überwiegend politischen) Radar hatten.
- Kameras wurden zunehmend zu Hochleistungs-Computern, welche von Software gesteuert werden. Diese nennt man Firmware. Sie wird deshalb regelmäßig von den Herstellern optimiert und nachgeliefert. - Regelmäßig? Nun, ja. Bis ein Nachfolgemodell der Kamera herauskommt, wird das aktuelle Modell mit Software-Nachrüstungen konkurrenzfähig gehalten. Dann lässt erstaunlicher Weise (oder ökonomisch betrachtet nachvollziehbar) das Interesse der Kamerahersteller an neuer Software für die alten Kameras plötzlich und drastisch nach.
- Man wirft den Kameraherstellern seit 2022 nicht zu Unrecht vor, dass sie als Hardware-Spezialisten lieber
Kistenschieber
spielen und dem Kunden eine neue Kamera verkaufen wollen, als alte Kameras per Software kostenlos aktuell zu halten.
- Die seit Jahren vorgetragenen angeblichen technischen Hürden konnte ich als IT-Spezialist sowieso nie nachvollziehen. 2023 wurden sie auch von einem Kamerahersteller selbst widerlegt, als er sein altes Kameramodell plötzlich doch wieder mit einem extrem umfangreichen Software-Paket nachrüsten konnte. Er musste es aufgrund der Wirtschaftslage tun, weil man sonst seine vielen auf Lager liegenden alten Kameras nicht mehr gekauft hätte und er aus finanziellen Motiven das Nachfolgemodell doch noch nicht herausbringen konnte/wollte.
- Wir hatten und haben im Foto- und Videobereich kein Problem mit nach bereits zwei Jahren (Gewährleistung) defekten Kameras, sondern mit inzwischen absichtlich verweigerten Firmware-Updates. Dadurch entsteht hier durchaus so etwas wie geplante Obsoleszenz. Denn die alten Kameras verstauben dann ungeliebt in der Schublade. Manche Eigentümer verkaufen sie zwar. Die Meisten behalten das alte Modell jedoch beim Neukauf, weil man für alte Kameras angesichts der heutigen miserablen Lage der Fotowirtschaft kaum mehr einen angemessenen Preis auf dem Gebrauchtmarkt erhält. Nach jahrelangem Staubansammeln werden sie dann schließlich doch weggeworfen.
- In diesem Sinne sollten die Umweltschützer auch viel eher auf ein Gesetz auf garantierten jahrelangen Software-Support drängen, statt auf ein Recht auf Reparatur, welche in Hochpreisländern wie Europa vor allem aufgrund der drastisch gestiegenen Energiepreise sowieso völlig unrealistisch ist. Die Reparaturkosten übersteigen meist den Zeitwert alter Kameras.
Fazit
Um es kurz und für alle Beteiligten gleich schmerzvoll zu machen:
- Es war früher nicht besser,
- es war früher nicht schlechter,
- es war anders
- und somit kaum vergleichbar.
Heute (wie früher) findet sich das ganzes Spektrum von mangelnder Qualität bis hin zu hoher Qualität, das jedoch - damals wie heute - zumindest teilweise in Abhängigkeit zum Preis steht.
Früher (wie heute) entstand die tatsächlich am Markt produzierte und abgenommene Qualität aus einem komplexen Zusammen- und Wechselspiel von Entwicklern, Marketing, Produzenten, Händlern und Kunden. Es liegt somit auch am Kunden, mehrheitlich auf höhere Qualität und Langlebigkeit Wert zu legen. Dass langfristig ein Wechsel stattfinden kann, hat z.B. die Bio-Welle in einem äußerst konservativen Bereich wie der Landwirtschaft gezeigt.
Obsoleszenz der Funktion (vorsätzlich herbeigeführter Totalschaden) ist somit nicht beweisbar, zumindest nicht in größerem Umfange in der Hardware-Fotoindustrie. Jedoch ließ sich dieser Aspekt sehr wohl bei mancher Foto-/Grafik-Software nachweisen.
Dass sich die Verschwörungstheorien um das Thema geplante Obsoleszenz bei Hardware seit Jahrzehnten in den Medien und den westlichen Gesellschaften halten, liegt vor allem an ideologisch motivierten Personen. Jene ersetzen ihr mangelndes oder sogar fehlendes Wissen auf dem Gebiet der Naturwissenschaften, der Wirtschaftswissenschaften sowie der Soziologie meist durch einen politisch motivierten (g)eifernden Fanatismus (oft aus der roten oder grünen Ecke). Von jeglichem Fachwissen unbelastet missionieren diese modernen, sich als Ökoprediger und selbsternannte Verbraucherschützer verkleidenden Influencer dann auch absolut intolerant die Gesellschaft. Deutlich wird das - in kostenpflichtigen Vorträgen verbreitete - übersteigerte Sendungsbewusstsein jener Zeloten, wenn sie sich als Einzelpersonen eine Internet-Adresse mit der Endung .org zulegen, die für weltweit tätige Großorganisationen vorgesehen ist, wie der UNO. - Jeder muss sich wirklich selbst überlegen, ob er tatsächlich Produkte wünscht, welche nicht mehr altern / nie mehr defekt werden, und ob er sich in der Konsequenz ein neues Ministerium - besetzt mit jenen selbsternannten Missionaren - wünscht, das ihm dann per Gesetz vorschreibt, welche Produkte er zukünftig noch kaufen darf und wie lange er seine Produkte behalten muss, weil sie so lange halten müssen. Letztendlich mündet dies in eine schon einmal dagewesene zentral gesteuerte Plan- und Wirtschaftsdiktatur, deren Erfolge
noch jedem aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts in Erinnerung sein sollten.
Aber die heute meist ignorierte Wunsch-Obsoleszenz, die ständige Sucht des Kunden nach neuen Kameras etc., obwohl das alte Gerät noch funktioniert, findet sich heute weit verbreitet. Dabei sind die (Nachfolge-) Produkte meist nur äußerlich (im Design) verändert. Das war auch der ursprünglich mit dem Wort Geplante Obsoleszenz gemeinte Zustand. Hierbei darf allen Firmen - nicht nur der Fotoindustrie - unterstellt werden, dass sie aktiv daran arbeiteten und weiter daran arbeiten werden. Allerdings bedarf es auch hierzu keines Kartells oder krimineller Vereinigungen. Ein verunsicherter Kunde - fachlich unwissend sowie unerfahren, dafür mit mangelndem Selbstbewusstsein ausgestattet - reicht aus. Mancher läuft inzwischen von selbst fast jeder Mode in jedem (auch technischen) Bereich hinterher, in der vergeblichen Hoffnung, damit glücklich und zufrieden zu werden.
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