
Das fünfte historische Gemälde zur Geschichte der Insel in Konstanz besteht aus einem Panorama aus zwei bzw. drei Bögen. Der rechte Teil wurde bereits damals über dem vorhanden gotischen Durchgang gemalt. Weitere Wappen der beiden Kontrahenten befinden sich - direkt um die Ecke - auf der Nordwand über dem dortigen gotischen Spitzportal, sodass man eigentlich von einem Zyklus aus drei Bögen sprechen kann.
Die Dimensionen des Wand-Gemäldes betragen: 210-200 * 680 cm für die beiden linken Bögen. Die historische Szene wird in zwei Architektur-Bögen dargestellt - mit einem dritten Bogen für die Wappen.
Die Ersterstellung des Freskos wurde im Jahr 1887 durch den Stuttgarter Historienmaler Carl von Haeberlin ausgeführt.
Der Ort der Anbringung des Wandgemäldes: Das Fresko befindet sich auf der Westwand des Kreuzganges des Inselhotels - und um die Ecke herum ein Bogen auf der Nordwand. - Bitte beachten Sie hierzu den Lageplan (rechts) mit der in Rot gehaltenen Hervorhebung des Standortes. Sie können dazu auch den Überblick mit der Anordnung aller im Kreuzgang angebrachten Gemälde einsehen.

Das Panorama-Foto oben zeigt das Fresko mit dem Titel: Kampf zwischen den Bischöfen Gebhard III. von Zähringen und Arnold von Heiligenberg - im Zustand des Jahres 2014.
Beide Bildbögen werden durch eine Holzbrücke verbunden, auf der ein heftiger Kampf tobt, der - durch die wie mit einem Weitwinkelobjektiv aus direkter Nähe aufgenommene Perspektive - zwar dramatisch geschildert wird, aber dennoch keine eindeutige Partei ergreift.
Links unten sieht man ein Boot der Angreifer, die unter Verlusten den Rückzug antreten / die Flucht ergreifen.
Ein auf dem Bug des Ruderbootes stehender Verletzter wird von einem zweiten Kämpfer mit dessen Schild geschützt.
Während der Ruderer von der Brücke nach links unten wegrudert, drückt ein weiterer Krieger den Kahn mit seinem Speer von der Brücke ab.

Das Farb-Foto oben zeigt den ersten Bogen (links): Kampf zwischen den Bischöfen Gebhard III. von Zähringen und Arnold von Heiligenberg - im Zustand des Jahres 2014.

Dieses Schwarz-Weiß-Foto oben zeigt den ersten Bogen: Kampf zwischen den Bischöfen Gebhard III. von Zähringen und Arnold von Heiligenberg, um 1900.
Auf dem rechten Bildbogen, der durch den großflächigen Torbogen nur wenig Malfläche bietet, erkennt man die Verteidiger an der Landseite.
Dort werden links unten zwei von der Brücke gestürzte Krieger aus dem Wasser gefischt.
Links oben tragen zwei Soldaten einen Verletzten oder Toten nach rechts.
Im Hintergrund wird ein mit erhobenen Händen gemalter Mann von Soldaten festgenommen / abgeführt.
Die Personen in diesem rechten Bildbogen zeigen alle eine Bewegungsrichtung nach rechts, was manche als Fluchtbewegung interpretieren. Dies erscheint jedoch kaum logisch, da die Angreifer im linken Bogen bereits den Rückzug antreten.

Das Farb-Foto oben zeigt den zweiten Bogen (rechts): Kampf zwischen den Bischöfen Gebhard III. von Zähringen und Arnold von Heiligenberg - im Zustand des Jahres 2014.

Dieses Schwarz-Weiß-Foto oben zeigt den zweiten Bogen: Kampf zwischen den Bischöfen Gebhard III. von Zähringen und Arnold von Heiligenberg, um 1900.
Das Wappen des Bistums Konstanz, welches nachweislich Eigentümerin der Insel war.
Wappen und Inschriften der Kriegsparteien (der Gegenbischöfe Gebhard von Zähringen und Arnold / Arnulf von Heiligenberg sowie des Herzogs Berthold von Zähringen) und des Frater Johannes de Ravenspurg, der einer der ersten bedeutenden Mönche des Klosters auf der Insel gewesen sein soll.

Dieses obige Foto zeigt den dritten Bogen: Kampf zwischen den Bischöfen Gebhard III. von Zähringen und Arnold von Heiligenberg - im Zustand des Jahres 2014.


Die beiden Teil-Fotos oben zeigen den dritten Bogen: linkes und rechtes Feld - im Zustand des Jahres 2014.
Links (hier oben) ist das Wappen Herzog Bertholds von Zähringen zu sehen und rechts (hier unten) liegt das heute nicht mehr erkennbare Wappen des Frater Johannes de Ravenspurg.

Das Teilfoto oben zeigt den dritten Bogen mit nur dem Teilsegment des oberen Bogens mit den drei Wappen - im Zustand des Jahres 2014.
Links erkennt man das Wappen Gebhards III. von Zähringen. In der Mitte liegt das Wappen des Bistums Konstanz. Und rechts sieht man das Wappen Arnolds von Heiligenberg.
1102 fand im Zuge des Investiturstreites zwischen Kaisertum und Papsttum über die Frage, wer Bischöfe einsetzen durfte, die damals neben der geistlichen auch weltliche Macht besaßen, ein Kampf zwischen den Anhängern Kaiser Heinrich II. und den päpstlichen Gegnern statt - aber vermutlich nicht auf der Insel.
Kaiser Heinrich IV. erhob Ostern 1092 Arnold von Heiligenberg (im Falle eines Ladefehlers mit Strg+R wiederholen) zum neuen Bischof von Konstanz. Gewaltsam ergriff dieser gegen den auf der Seite des Papst Gregors stehenden Bischof Gebhard III. von Zähringen in Konstanz die Macht. Die Konstanzer Bürger kämpften hierbei auf Seiten des päpstlichen Gebhard. Die beiden adligen Geschlechter waren in etwa gleich mächtig: Die Stauferherzöge von Heiligenberg standen auf Seiten des Kaisers, die Herzöge von Zähringen auf der Seite des Papstes. Dies führte zu mehreren Kämpfen mit dem Kloster St. Gallen, wobei die Konstanzer schließlich unterlagen. Bischof Arnold konnte dennoch seine Macht nicht ausüben. 1 Letztendlich kam es erst mit dem Kompromissfrieden zu Worms von 1122 zu einer Beruhigung der Situation zwischen Kaiser und Papst.
Plan der vermuteten Inselfestung:

Die Abbildung oben zeigt den Plan von Alfons Beck aus dem Jahre 1965, Stadtarchiv Konstanz. Dieser Plan ist auch abgedruckt bei Maurer, Konstanz im Mittelalter, S. 91.
Der größte Verfechter der Inselfestung war Alfons Beck 2 ein Schullehrer, der sich in seiner Freizeit als Hobbyarchäologe betätigte.
Manche Details scheinen dafür zu sprechen:
Dafür, dass die sogenannte Festung auf der Dominikaner-Insel lag, spricht z.B. der Name der Insel. - Zuerst hieß sie Insel im R(h)in
, dann Dominikaner-Insel
, in der Frühen Neuzeit: Predigerinsel
und im 19. Jahrhundert: auf der Insel
3 . Die Insel gehörte auch dem Bischof von Konstanz. Er besaß u.a. königliche Privilegien über den Wasserlauf und das Ödland. 4
Bei den Details wird es jedoch schwierig:
Becks gezeichneter Festungsplan zeigt eine Ummauerung von ca. 90*70 / 40 Metern. Dies ergibt ca. 5.000 qm umbaute Fläche - eine relativ große Fläche.
Eine derartige befestigte Außenmauer von ca. 300 Metern Umfang zu erbauen, zu bewachen, zu verteidigen und über mehr als 100 Jahre zu unterhalten wäre für die später genannten wenigen Personen, wie einen Leutpriester und einen Ritter, untragbar gewesen.
Er räumte jedoch selbst ein, dass die Fabrik Macaires im Norden der Klosteranlage vermutet wird. 5 In der Tat findet sich auch ein Druck aus den 1840er Jahren auf dem die Fabrikgebäude im Norden der Insel zu sehen sind. 6 Es könnte sich somit auch um (wiederverwendete) Mauerreste aus dieser Zeit handeln.
Ein Kapitel überschreibt Beck mit III. Die Inselfestung
7 . Insgesamt bezieht er jedes Detail relativ unkritisch auf die von Ihm gewünschte und gesuchte Inselfestung: Fotounterschrift: Ufertreppe aus Rorschacher Sandstein vor Inselfestung
8 Der erste Satzteil ist zulässig, der zweite eine suggestive Hinzufügung. Solche finden sich überall im Text. Oder die Fotounterschrift: Nordmauer der Inselfestung
9 . Auch sonst übernahm er teilweise unkritisch unzutreffende Angaben, wie zur Herstellung der Fresken aus einem Werbe-Firmenprospekt des Hotels.
Er gibt keine Datierung der Mauerfunde an: "Mittelalterliche Hohlziegel, auch Flachziegel waren mit dem Mörtel vermengt eingemauert" 10 ist sehr vage. Es geht hier schließlich um die Behauptung, dass man zwei Bauten aus dem Jahre 1102 und ca. 1200 exakt unterscheiden möchte.
Auch der Rundbrunnen lässt sich nicht datieren. Und selbstverständlich benötigten die Dominikaner ebenfalls einen Brunnen.
Die Mauerfunde wurden beim Umbau in den 1960er Jahren zerstört, sodass man heute vermutlich nicht mehr viel nachprüfen kann. Ferner verwendet Beck selbst immer wieder Worte wie wahrscheinlich
. - Sicher ist hier nichts.
Angesichts der permanenten Bauaktionen auf der Insel seit mindestens dem 13. Jahrhundert bis heute, bleibt vieles Spekulation. Ab Seite 127 verfällt Beck dann völlig dieser Spekulation.
Somit könnte die Grund-Mauer durchaus auch von den Dominikanern angelegt worden sein. Es handelte sich schließlich um ein sumpfiges Seegrundstück, das zuerst massiv untermauert werden musste, wollte man darauf einen derartigen Klosterbau errichten, wie es die Dominikaner taten. Ihre Kirche war immerhin fast so groß wie das Münster.
Die Logik seiner Schlussfolgerung ist auch nicht ganz zwingend. Dass angeblich Mauern vor dem Klosterbau der Dominikaner auf der Insel vorhanden waren, ist keineswegs ein Beweis dafür, dass diese zwangsläufig aus dem Jahr 1102 stammen müssen oder sogar Teil der Festungsmauern Gebhards gewesen sein müssen.
Die von ihm beschriebene massive Mauer mit Findlingen 11 deutet eher auf einen längeren Bauzeitraum hin.
Er selbst muss einräumen, dass alle sonstigen Funde, wie Scherben, sich erst auf das Ende des 12. und das 13. Jahrhundert oder noch später datieren lassen. Das wäre jedoch erstaunlich für eine Festungsanlage dieses Ausmaßes um 1100.
Auch seine Fotos sind von eher schlechter Qualität, sodass man daraus keine archäologisch verlässlichen Rückschlüsse ziehen kann. 12 Allerdings zeigen sie, welche Verwüstungen die Bauarbeiter damals anrichteten. 13
Auch verwundert an der von Becker 1965 gezeichneten Skizze der Festung, dass man nur den Nordteil der Insel ummauerte. So wäre es für Angreifer einfach gewesen, im Südteil zu landen und dann die Festung zu erobern. Damit wäre der Schutzvorteil der Insel nicht mehr gegeben gewesen. Wenn man bereit war, ein großes Mauerwerk zu errichten für eine Festung, hätte man dann nicht sicherheitshalber die ganze damalige Insel ummauert?
Letztendlich sollte man seine Planskizze genau betrachten: Er hat tatsächlich nur die im Plan durchgezogen gemalten kurzen Mauerreste gefunden. Das sind die rechte untere Ecke, das kurze Stück Mauer beim Hussenturm und die linke obere Ecke. Der Rest wurde von ihm interpoliert. Man hätte die Mauerfunde jedoch auch anders interpretieren können, z.B. als Teile einzelner freistehender Gebäude.
Ob Gebhard III. sich wirklich auf der Insel verschanzte, bleibt unklar. Eberhard Graf Zeppelin und Häberlin berufen sich hier auf eine Angabe des Stadt-Historikers Marmor (1860). Ferner beruft sich Zeppelin diesbezüglich auf die Petershauser Chronik, welche in seiner Auslegung behauptete, dass sich der gregorianische Bischof Gebhard auf der Insel verschanzt hätte.
Die lateinische Chronik bietet jedoch sehr wenig Inhalt:
Inter has varias et multimodas conflictationes Gebhardus episcopus munitionem sibi construxit in capite Rheni fluminis in ipsis (ipsas) fluentis, ut ipse inibi tutus manere potuisset.
14
Wegen ihrer zahlreichen und mannigfaltigen Übergriffe erbaute Bischof Gebhard eine Befestigung am Ausfluss des Rheins [Ergänzung von Helmut Maurer: und zwar in dessen Fluten], um sich dort sicher aufhalten zu können.
15
Es findet sich kein Hinweis zu einem Angriff auf die Insel oder einem Kampf auf einer Brücke. Der Stadtteil Petershausen scheint 1102 belagert oder in die Hände Heinrichs von Heiligenberg gefallen zu sein. Er war der Bruder des kaisertreuen Bischofs Arnold. Die Anhänger Bischof Gebhards wechselten jedoch eher aufgrund von Bestechung die Seiten. Es wird keine Schlacht etc. beschrieben. Ganz im Gegenteil berichtet die Quelle davon, dass Gebhard in die Verbannung auswich:
31. DE EXILIO GEBERHARDI EPISCOPI. Itaque eorum perfidie locum dans recessit et usquequaque per regnum vicem domni apostolici cum magna gloria quamvis exul exercuit.
16
VON DER VERBANNUNG DES BISCHOFS GEBHARD. Wegen ihrer Treulosigkeit wich Gebhard aus der Stadt und betätigte sich allerorts im Reiche mit großem Ruhm als Vertreter des Papstes, obgleich er ein Verbannter war.
17
Die Quelle wurde in der Mitte des 12. Jh. verfasst. Man kann deshalb vermuten, dass der Chronist die Vorgänge um 1102 nicht aus erster Hand kannte, sondern aus anderen Quellen verfasste. 18
Über den Chronisten schreibt Feger: um 1120 sei er Mönch in Wagenhausen geworden
19 . Man trat gewöhnlich mit 14 oder 15 Jahren in ein Kloster ein. D.h. die Ereignisse um 1102 lagen vor seiner Geburt. Dass der Chronist sein Werk 1156 beendete, deutet ebenfalls auf ein Wissen aus zumindest zweiter Hand zum Jahr 1102 hin. Da der Chronist sonst die Ereignisse aus seinem direkten Erfahrungswissen sehr detailliert berichtet, fallen die vagen Ausführungen zum Jahr 1102 ebenfalls auf.
Bei kurzen und folglich vagen Hinweisen in Quellen gibt es natürlich viele Erklärungsmöglichkeiten. Die zwei wahrscheinlichsten sind: Der Inhalt des Textes war damals allen Lesern derart klar, dass nur eine Insel gemeint gewesen sein konnte. Oder: Der Chronist wusste es ebenfalls nicht so genau.
Es bestünde theoretisch auch die Möglichkeit eines Schreib- oder Lese- / Kopierfehlers in einer der früheren Quellen: mansionem statt munitionem. Ein Haus oder Gebäude wurde auf der Insel auch später erwähnt.
In der Gründungsurkunde des Dominikanerklosters auf der Insel aus dem Jahre 1236 wird ausdrücklich die Genehmigung zum Brückenbau erteilt. 20 Daraus kann man schließen, dass die Insel bis dahin ohne Brücke war. Das Gemälde mit einem Kampf auf der Inselbrücke 1102 ist somit definitiv nicht korrekt.
Zumindest erwähnt der Chronist keine Schlacht um diese Festung, die ihm sicherlich ebenso berichtenswert erschienen wäre.
Die Insel lag damals und liegt auch noch heute tiefer als die im Westen angrenzende Stadt. Es wäre somit ein Leichtes gewesen - insbesondere von der erhöhten Stadtmauer - mit Pfeil und Bogen Brandsätze über den Graben hinweg in die angebliche Festung zu schießen. Ein tatsächlicher militärischer Schutz bestand somit nicht.
Auch der Bruder Bischof Gebhards schloss sich kurzeitig den Gegnern an. Die Situation war somit für Gebhard in Konstanz unhaltbar geworden. - Wenn, wie die Quelle angibt, Bischof Gebhard in Konstanz durch Verrat mittels Bestechung seiner Anhänger und der Bürger der Stadt Konstanz seine Unterstützung verlor, dann wäre jedoch eine militärische Festung direkt beim mit Geld um sich werfenden Feind kein adäquates Mittel der Gegenwehr. Er hätte damit rechnen müssen, dass seine eigenen Truppen überlaufen. Vor Verrat durch Bestechung kann man sich eigentlich nur durch Flucht retten, die Bischof Gebhard letztendlich auch ergriff.
Vor 1102 genoss Gebhard den Schutz der Konstanzer Bürger und der starken Stadtmauern. Der Gegenbischof Arnold von Heiligenberg wurde jedoch bereits 1103 im Münster konsekriert. 21 D.h. die Bauzeit der sogenannten Festung konnte nur maximal ein Jahr betragen haben. Für die Errichtung einer umfangreichen Befestigungsanlage hätte man allerdings Zeit und Geld sowie zuverlässige Arbeiter benötigt. Alles dies scheint jedoch damals Gebhard nicht zur Verfügung gestanden zu haben. Die Unterstützung für Gebhard brach damals weg. Deshalb darf man sich diesen unbekannten Rückzugsort Gebhards keineswegs als große, steinerne Burganlage vorstellen. Oder die Anlage war bereits vorher vorhanden und wurde von Gebhard nur etwas befestigt / umgebaut.
Ist es ferner vorstellbar, dass eine komplette Festungsanlage auf der Insel binnen eines Jahrhunderts zerstört wurde und in Vergessenheit geraten konnte? Denn in der Urkunde des Bischofs Tann 1236 zur Verleihung der Insel an die Dominikaner wird sie nicht erwähnt. Es werden nur einzelne Gebäude (z.B. ein Gebäude eines Ritters und Leutpriesters) sowie eine ehemalige / verfallene Mühle erwähnt.
Hätte sich Gebhard tatsächlich auf eine Festung auf der Insel zurückgezogen, so hätte er sich dort selbst gefangen gesetzt. Im Westen lag die ihm feindlich gesonnene Stadt Konstanz, im Norden und Süden der Konstanzer Bucht waren die Anhänger des Gegenbischofs. Weder hätte er einen Brandangriff aus der Stadt noch einen Seeangriff überstanden. Selbst wenn Gebhard diesen Rückzug dorthin geplant hatte, so hat er ihn nicht vollzogen, sondern ist emigriert, wie der Chronist selbst festhält. Da der Chronist dem Klostergründer sehr gesonnen war, darf man sogar eher von einer Flucht des Bischofs ausgehen. - Als ein Konstanzer Bischof später in eine ähnlich bedrohliche Lage mit Konstanz kam, erbaute er sich im 13. Jahrhundert die Wasserburg Gottlieben (ebenfalls am Kopf des Rheins gelegen) - eine Festung, die man tatsächlich verteidigen konnte.
Es gab damals nachweislich keine Brücke von der Stadt zur Insel: Ohne Brücke hätte Gebhard jedoch auch keine einfache Verbindung zur bischöflichen Verwaltung in der Stadt besessen. - Das Ganze erscheint wenig logisch für einen rational denkenden Machtpolitiker, wie einen Bischof - und dieser ganz besonders - damals war.
1105 kehrte Gebhard bereits wieder als Bischof nach Konstanz zurück. Dann hätte er sowohl Geld und Zeit gehabt, eine Festung zu errichten. Aber wozu? Zwar waren weder der Investiturstreit noch die Auseinandersetzungen mit seinen Gegnern beendet. Aber Gebhard hatte nun wieder die Stadt Konstanz mit wesentlich sichereren Mauern auf seiner Seite.
Im Übrigen ist es kaum vorstellbar, dass ein Bischof von Konstanz - nach den um 1100 gemachten Erfahrungen in militärischen Konflikten - eine starke und uneinnehmbare Festung direkt vor seinem Münsterpalast einem anderen (sogar einem Ritter) vermietete. Dort wäre ihm zweifellos binnen kurzem ein mächtiger Gegner entstanden. Auch deshalb muss man sich eine evtl. Anlage auf der Insel deutlich kleiner vorstellen.
Abschließend bleibt die Möglichkeit einer irgendwie gearteten befestigten Anlage auf der Konstanzer Insel bestehen. Aber die bisher vorgebrachten Belege reichen dafür nicht als hieb- und stichfeste Beweise aus. Seriös kann man nur festhalten, dass vor 1236 weitgehend undefinierte Gebäude auf der Insel existierten. Alles andere bleibt bisher unbewiesene Spekulation. Insbesondere Zeppelins wehrhaftes Schloss
22 lässt sich nicht nachweisen.
Zeppelin geht sogar noch einen Schritt über die lateinische Quelle hinaus. Während diese davon spricht, dass der Bischof etwas errichtet hat, behauptet er, dass alles schon vorhanden war. 23 Zeppelins weitgehende Auslegung dieser Quelle ist nur aufgrund seiner völlig unbewiesenen vorherigen Quellenauslegungen zu den früheren Bildern verständlich. 24 Er hatte sich bereits darauf festgelegt, dass die Insel seit den Pfahlbauten bebaut war, dass die Römer ihr Kastell dort errichtet hatten und der Bischof seine Kathedrale sowie seine Bischofspfalz.
Der Bildwert für Zeppelin war jedoch hoch. Im späten 19. Jahrhundert galt der Investiturstreit aufgrund des erneuten Konfliktes zwischen Staat und katholischer Kirche, insbesondere im Kulturkampf, als interessantes und zugleich hochpolitisches Forschungsgebiet, das fast jedem Deutschen als Dauerbrenner über viele Jahre hinweg bekannt war. Hier wollte Zeppelin seine Insel als Hauptkampfort zwischen den zwei Gewalten darstellen, wobei er den Sieger Gebhard auf seiner Insel sah, sonst jedoch im Gemälde neutral blieb. Somit war dieses Gemälde marketing-technisch für das Hotel, wie selbstdarstellerisch für Zeppelin, wertvoll.
Auffällig bleibt, wie klar die Zeitgenossen das Werk Zeppelins und Häberlins betrachteten. So schrieb die Konstanzer Zeitung über die Fresken:
Daß wenigstens für die paar ersten Bilder derselbe [Häberlin] nicht blos geschichtlich streng zu beweisenden Stoffes, sondern auch der Kombination und Legende sich bedient, das wird ihm bei der Freiheit, die man künstlerischem Schaffen ja stets gern zu gewähren bereit ist, niemand verargen,....
25
Insgesamt kann man festhalten, dass Zeppelin in historisch unkorrekter Weise alle möglichen Ereignisse vor dem Jahr 1236, die in irgendeinem Zusammenhang mit Konstanz standen oder auch nur gestanden haben könnten, seiner Insel zuwies. Für einen geschäftstüchtigen Hotelier kann diese Geschichtsklitterung als Marketing-Instrument angehen, für einen Historiker, der sich gerne im hehren Lichte der Forschung, Aufklärung und Wahrheit darstellte, ist dies allerdings bemerkenswert.
Ferner wirft es ein bezeichnendes Licht auf sein Verhältnis zur Stadt Konstanz. Zeppelin behauptete dreist: Die Insel in Konstanz... [ist] ... in historischer Beziehung ... ein Mikrokosmos im Verhältnis zum größeren ganzen der Geschichte der Stadt Konstanz überhaupt... . Denn zu den meisten für die Stadt wichtigen Ereignisse stehe die Insel in näherer oder entfernter Beziehung und zwar in einem Maße, wie nur wenige andere Punkte der Stadt
. War dies faktisch bereits unzutreffend, so folgt nun sein Hauptanliegen geschickt formuliert: Dass ich damit nicht viel gesagt habe, mag Ihnen schon die Lesung der Unterschriften zu den bisher vollendeten Bildern gezeigt haben.
26 Abgesehen davon, dass er damit deutlich macht, dass seine neuen Fresken angeblich den wissenschaftlichen Forschungsstand der Geschichte darstellen, veränderte er die Konstanzer Geschichte insgesamt. Auch wenn Zeppelin es nicht so pointiert schreibt, durch seine zusammengereimte Interpretation von Legenden und die aneinandergereihte Uminterpretation tatsächlicher Einzelquellen, welche in den bildlichen Darstellungen sowie seinen ganz mit Bedacht ausgewählten Untertiteln mündeten, erscheint seine Insel als der Ursprung der römischen und der mittelalterlich christlichen Siedlung Konstanz. Das Festland-Konstanz wird somit zu seinem Ableger degradiert. - Überdies bietet dieses Verhalten einen Einblick in Zeppelins Eitelkeit.
Noch erstaunlicher ist, dass kein Wissenschaftler ihm entgegentrat, obwohl es unübersehbar war und ist, dass Zeppelin seine neuen Fresken als das Destillat seiner historischen Forschungen mit Wahrheitsanspruch und pädagogischem Lehrauftrag sah. Ganz im Gegenteil bot der Verein für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung Zeppelin sogar mehrfach die wissenschaftliche Basis, um seine - zumindest sehr einseitige - Geschichtsumdeutung und werbetechnische Selbstdarstellung zu publizieren. 27
1 Zu den Wirren des Investiturstreits
- Bischof Gebhard III. und die Bürgerschaft siehe u.a. Maurer, Konstanz im Mittelalter, S. 88ff. sowie Feger, Konstanz, Aus der Vergangenheit einer alten Stadt, S. 198ff.
2 Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 111ff. Auch der ehemalige Stadtarchivar Helmut Maurer vermutete eine Inselfestung auf der Dominikanerinsel, Maurer, Konstanz im Mittelalter, S. 131. mit einer Karte der vermuteten Festung, S. 91, die von Beck stammt. Auch der ehemalige Stadtarchivar Otto Feger vermutete, Die Chronik des Klosters Petershausen, in der Fußnote 2 auf S. 155, die Dominikanerinsel als Ort der Inselfestung.
Beck gebührt die Ehre, die Mauern gefunden, dokumentiert und genau eingezeichnet zu haben, bevor sie bei den Umbauarbeiten auf der Insel zerstört und der Rest wieder zugeschüttet wurde. Seine Pläne sind zweifelsfrei korrekt. Unbeantwortet bleiben bis heute jedoch die Fragen: Wann diese Mauern, von wem, zu welchem Zweck errichtet wurden.
3 Beyerle und Maurer, S. 554.
4 Siehe hierzu Beyerle und Maurer, S. 557.
5 Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 121.
6 Er befindet sich in der Anlage zur Anfrage K-68,1988. Kopie in Baugeschichte III, Stadtarchiv Konstanz.
7 Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 122.
8 Siehe hierzu Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 125.
9 Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 126.
10 Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 126.
11 Siehe hierzu Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 124.
12 Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 123 + 124 zwei Fotos der bei Umbauten 1966 gefundenen Mauern, die Beck als Mauern der Inselfestung von 1102 deutete.
13 Beck selbst beklagt die Zerstörungen durch Unachtsamkeit
bei den Umbaumaßnahmen 1965/6. Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, heutiges Inselhotel in Konstanz, S. 116.
14 Siehe hierzu Petershauser Chronist für 1102/03, Chronik Petershausens, S. 154f.
15 Petershauser Chronist für 1102/03, Chronik Petershausens, S. 154f. Zitiert nach der deutschen Übersetzung von Maurer.
16 Feger, Urkundenbuch, 1201-1249, Stadtarchiv Konstanz, Juli 1236, S. 154.
17 Petershauser Chronist für 1102/03, Chronik Petershausens, S. 154f. Zitiert nach der deutschen Übersetzung von Maurer.
18 Die Chronik des Klosters Petershausen, S. 7. Feger vermutete, dass der Chronist auf ältere Schriften zurückgreift.
19 Siehe hierzu Die Chronik des Klosters Petershausen, S. 9.
20 Feger, Urkundenbuch, 1201-1249, Stadtarchiv Konstanz, Juli 1236, sowie das Original bei Schulthaiss, Collectaneen Band 1, Folio 188 recto und verso, erbuwung des predigerklosters
Regtest: Reggt. ep. Const. No. 1484, Stadtarchiv Konstanz.
21 Beyerle und Maurer, S. 557.
22 Siehe hierzu Zeppelin, Über die historischen Fresken von Professor Karl Häberlin im Kreuzgang des Inselhotels in Konstanz, S. 18.
23 Zeppelin, Über die historischen Fresken von Professor Karl Häberlin im Kreuzgang des Inselhotels in Konstanz, S. 17. Durch die Erzählung des Petershauser Chronist erhält übrigens die Annahme, daß sich im früheren Mittelalter eine jedenfalls nicht unbedeutendes Burg auf der Insel befunden habe, die wirksame Unterstützung
. Um diese falsche Behauptung untermauern zu können, lässt er einfach den ersten Teil des lateinischen Satzes des Chronisten entfallen, indem dieser vom Bau spricht. - Das war Eklektizismus in Reinform.
24 Siehe hierzu Zeppelin, Über die historischen Fresken von Professor Karl Häberlin im Kreuzgang des Inselhotels in Konstanz, S. 17.
25 Die neuen Fresken im Kreuzgang des Inselhotels, in: Konstanzer Zeitung 15.07.1886, Dort werden die von Zeppelin verlangten Karton- und Ölskizzen beschrieben für die geplanten Gemälde.
26 Beide Zitate stammen aus: Zeppelin, Über die historischen Fresken von Professor Karl Häberlin im Kreuzgang des Inselhotels in Konstanz, S. 11.
27 Der 1870 in den Bodensee-Geschichts-Verein eingetretene Eberhard Zeppelin wurde 1875 sein badischer Vertreter und 1893 sogar dessen Präsident. Siehe hierzu: Engelsing, Geliebter Ferdi, S. 60.
Hier geht es zum sechsten geschichtlichen Ereignis auf der Insel - Gründung des Klosters durch Bischof Heinrich von Tann 1236.
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