Foto-Handel, Foto-Geschäfte
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Dieser Artikel über Fotogeschäfte, Fotofachgeschäfte und den Fotohandel beschäftigt sich mit einer Analyse der früheren und der heutigen Verkaufsprozesse, dem veränderten Kundenverhalten und Missständen sowie Unsitten auf beiden Seiten.
Schließlich werden Lösungsansätze für zahlreiche gravierende Probleme erarbeitet.
Vorab möchte ich mich bei mehreren - auf eigenen Wunsch ungenannt bleibenden - Personen bedanken, welche mir wertvolle Einsichten in den früheren und heutigen Verkaufsprozess gaben. Ich räume ein, dass ich den Verkaufsprozess früher nur aus der Kundensicht kannte und erst später als Unternehmensberater auch die Verkäufersicht einnehmen durfte.
Fotofachgeschäfte in der Krise
- Der Fotofachhandel leidet heute in den meisten Regionen unter derart vielen Problemen, welche inzwischen tausende Firmen im deutschsprachigen Raum vom Markt vertrieben, dass man sich - auch als fotografierender Kunde - mit den Gründen und Folgen beschäftigen muss.
- Aus den hier aufgezeigten Ergebnissen ergeben sich wertvolle Hinweise für die noch am Markt tätigen Fotofachgeschäfte, aber auch die Fotografen, welche als Kunden heute einkaufen.
Die gute alte Zeit der Fotofachgeschäfte
Früher war angeblich alles besser - zumindest in der subjektiven Erinnerung. Allerdings finden sich in der Fotografie tatsächlich gravierende Unterschiede zur Beratung und zum Kauf bei Fotoausrüstung im Vergleich zu heute.
Das Beratungsgespräch am Verkaufstresen
- Früher wussten die meisten Käufer relativ wenig über eine anzuschaffende Kamera, sei dies die erste Anschaffung oder eine Folgekamera. Der Verkäufer besaß einen erheblichen Informations-/Wissensvorsprung - man sprach damals auch von einem Informationsmonopol der Hersteller und Händler, das auch durch Fotofach-Zeitschriften nur bedingt ausgeglichen werden konnte.
- Ferner gab es früher durchschnittlich auch noch mehr kompetente Berater in den Fotofachgeschäften.
- Der jedem Menschen bewusste Wissensunterschied führte oft zu durchaus informativen Beratungsgesprächen am Verkaufstresen. In einem bei guten Fachkräften zielführenden Frage- und Antwortspiel kam man gemeinsam der sinnvollen Ausrüstung für den Kunden sehr nahe. Die meisten Kunden ließen sich damals jedoch noch auf dieses Rollenspiel ein.
- Ohne Zweifel gab es bei den Verkäufern auch damals schwarze Schafe, die einem unbedarften Reichen überteuerte oder veraltete Ware andrehten. Aber gefühlt kam bei vielen Kunden doch eine hochwertigere Beratung zustande, die sie mit ihrem schließlich gekauften Produkt relativ zufrieden arbeiten ließ.
- Die Hintergründe waren jedoch noch komplexer. Aufgrund der im Vergleich zu heute mangelnden Mobilität und der fehlenden Informationsquellen suchte der Kunde eine Vertrauensperson, die ihn solide beraten konnte. Solch ein Verkaufs-Beratungsgespräch war auch für den potentiellen Kunden ein Testfall. Auch er testete dabei den Verkäufer / Händler: Wie gut ist der Verkäufer als Langzeitinvestition? Zahlreiche potentielle Kunden tätigten nur einmal diese Zeitinvestition - d.h. sie ließen sich nur einmal in allen Fotogeschäften beraten - und kauften danach nur noch beim aus ihrer Sicht besten Berater ein - oft über Jahrzehnte. D.h. dieses oft lange Beratungsgespräch war für beide Seiten eine sinnvolle Investition.
- Für den Fachverkäufer kam noch ein weiterer Grund zur Objektivität und Seriosität in der Beratung hinzu. Riet er dem Kunden zu einer unpassenden Fotoausstattung, dann hatte er den Folgeärger meist direkt und persönlich auszubaden. Das war weder als Firmeninhaber noch als Angestellter angenehm, sondern oft persönlich folgenreich. Ich kann mich noch an Szenen erinnern, bei denen emotional aufgeladene Kunden einen Fachberater vor dem Publikum lautstark für schlechte Ware kritisierten, sodass dies danach zum Stadtgespräch wurde. Wollte ein Fotofachgeschäft somit langfristig an einem Ort überleben, so war dem Missbrauch des Wissensvorsprunges des Verkäufers ein erstaunlicher Riegel vorgeschoben. Mit anderen Worten: Der Kunde / Käufer war damals oft nicht in der heute meist vorschnell postulierten
katastrophal schlechten Position
.
Der Verkaufstresen
Das Beratungs- und Verkaufsgespräch fand an einem besonderen Ort statt.
- Der Tresen wurde früher als eines der wichtigsten
Werkzeuge
im Handel angesehen. Er diente nicht nur zur Ablage der zum Verkauf bzw. Kauf anstehenden Ware. Er wurde als sichere räumliche Trennung dazu genutzt, um den Kunden und Verkäufer von einander distanzieren zu können.
- Selbst in den 1980er Jahren war der Verkaufsprozess noch von einem deutlich vertrauteren, persönlichen Vorgang begleitet. Der Kunde konnte in einem seriösen Fotofachgeschäft davon ausgehen, dass die in Frage kommende Kamera oder das Zubehör gemäß seinen Erwartungen bzw. seiner Erwartungshaltung (vor-) selektiert wurde.
- Vereinzelt wurde der Tresen schon zu analoger Zeit durch
Verkaufsinseln
ersetzt. Hierbei saßen oder standen sich Kunde und Verkäufer an einem kleinen Tisch gegenüber.
- Durch diese persönliche Beratungs-/Verkaufsausführung entstand nicht selten eine auf viele Jahre anhaltende auf gegenseitigem Vertrauen basierende Verbindung.
Der Fachberater
- Den klassischen Fotofachberater gibt es jedoch im eigentlichen Sinne heute nicht mehr.
- Die vornehmliche Aufgabe des Einzelhandelskaufmannes / der Einzelhandelskauffrau bestand in der fachgerechten Vermittlung des Kundenwunsches und einer dementsprechend vorgehaltenen Ware sowie deren Verkauf.
- In der 1980 Jahren war der ideale Fotofachverkäufer ein in seinem Fachgebiet gut informierter, mit Leidenschaft am Kunden und Produkt stehender Vermittler.
- Ein Fotogeschäftsinhaber/in wäre nie auf die Idee gekommen, einen sogenannten Seiteneinsteiger als vollwertigen Berater in seinen Laden zu stellen.
- Für den Verkäufer war eine nicht zu beantwortende Fachfrage immer ein Anreiz, in Folge ebendiese in der Tiefe am anderen Tag beantworten zu können.
- Im Vordergrund stand jedoch, dass es solche Fragen nicht geben sollte.
- Im Kollegenkreis war der ständige informelle Austausch der Neuigkeiten Tagesgeschäft.
- Neuware musste ausprobiert werden, um zu erkennen, welche Vor- und Nachteile diese für welchen Einsatz hat.
- Das
müssen
war früher auch kein Zwang, sondern Neugier.
- Fotoausstellungen, Treffen mit Fotokünstlern und Galeristen waren die Höhepunkte des Austausches. Denn es ging vielen Fotofachberatern noch um die Fotografie. Auch abstrakte Fragen wurden damals noch diskutiert: Wie verhielten sich die Philosophen (z.B. Adorno) zum Foto, zum Bild. Wie veränderte sich die Fotografie in der Gesellschafft (z.B. Kriegsfotografie)?
- All dies führte dann zu längeren Verkaufsgesprächen, die zugegebener Maßen in einigen Fällen den Arbeitgeber an den Rand der Verzweiflung führten - aber mit dem Erfolg eines Verkaufes und langfristiger Kundenbindung.
- Der Kunde konnte früher weitgehend sicher sein, dass die Kamerakonfiguration die am Ende des Beratungs- und Verkaufsprozesses sein Eigen war, ein bestmöglichstes Werkzeug zur Umsetzung seiner fotografischen Kenntnisse darstellte.
Schwierige Kunden
In den von mir hier argumentativ pauschalierte analogen 1980er Jahren fanden sich - neben den beratungsbereiten Kunden - für Verkäufer grundsätzlich jedoch auch schon zwei anstrengende
Kundentypen:
- Ein Mann mit seiner Frau im Schlepptau betritt den Laden. Er führt das Wort.
Ich brauche einen Fotoapparat, so eine Knipse für Doofe, also einen Fotoapparat für meine Frau
. (Das ist kein Scherz. So etwas kam damals wirklich und öfter vor.)
- Ein Mann betritt den Laden. Seine Bekleidung und Auftreten lassen eine höhere Gehaltsstufe erwarten.
Ich bin Profifotograf und will eine Leica XY Kaufen
. Diese rote Punkte-Kunden
waren in Sachen Fotografie und Fototechnik zumeist am schlechtesten gebildet. So hat ein derartiger Kunde fünf original verpackte Leicas M# sich vorführen und auspacken lassen. Erst die letzte wollte er kaufen, da alle anderen Gehäuse angeblich defekt
wären. Der rote Punkt war nicht genau zentriert.
Wenn man weiß, dass Profifotografen fast nie Leica kaufen (spätestens seit den 70er Jahren verwendeten sie Nikon- und seit den 1980er Jahren zunehmend Canon-Kameras), weil sie sich die teuren Leicas nicht leisten können, sondern fast nur statusbewusste wohlhabende Amateure solche Kameras erwerben, darf man sich natürlich über die wichtigen Statussymbole nicht wundern. Die Bildqualität können nur wenige beurteilen. Aber den falsch platzierten roten Punkt sieht jeder. - Nebenbei bemerkt: Bei dem Preis hätten derartige Produkte auch nie die Werkshalle verlassen dürfen. Eine sorgfältige Endkontrolle fand auch in der Luxusklasse und in Deutschland nicht immer statt.
Die Moderne
Die vorsätzliche Irreführung durch die besserwissende Fachkraft
- Den früher akzeptierten Punkt des Unwissens und die damit einhergehende unterlegene und angeblich hilflose Position des unbedarften Einkäufers, der von Fremden gelenkt wird, wollen viele Kunden heute nicht mehr hinnehmen. Dies ist m.E. einer der wichtigen Gründe für den Erfolg des Internets. Der vermeintlich Schwächere erhält die Möglichkeit, sich Informationen einzuholen, und kann dann angeblich frei entscheiden (siehe hierzu u.a. Vorabinformation bei Partnerbörsen.)
- Wie inzwischen nicht nur den meisten Menschen bekannt ist, sondern von den Betreibern auch zugegeben wird, werden bei den angeblich so freien Partnerbörsen, in denen sich Menschen völlig frei einen Partner auswählen dürfen / können, von den Betreibern und deren Suchalgorithmen vorsätzlich - und massiv anders als angegeben - verkuppelt. Die Gründe liegen in einem gottähnlichen Verhalten, der wissenschaftlich begründeten Besserwisserei. Denn die meisten / alle Menschen leiden angeblich an einer Diskrepanz zwischen Eigenbild und Fremdbild, also der Art, wie sie sich selbst wahrnehmen, und der Art, wie dies andere tun. Daraus folgern viele Wissenschaftler, dass die meisten / alle Menschen überhaupt nicht wissen, was für sie gut ist.
- Angeführt werden dann ironischer Weise oft auch Klassiker wie Georg Büchners Leonce und Lena, welche das Schicksal / die Eltern für einander bestimmt hatten, die davor fliehen und sich auf der Flucht finden. Und dann werden haufenweise moderne Untersuchungen angefügt, welche angeblich dasselbe belegen (selbstredend, ohne jegliche solide Quellenangabe).
Die meiste Vorabinformation führt somit weder zu einer freien Entscheidung noch zu der Umsetzung des eigenen Willens, noch ist sie wissenschaftlich fundiert oder gar seriös. Je mehr gewisse Institutionen darauf beharren, Sie als Kunden angeblich unabhängig und frei entscheiden lassen zu wollen, desto häufiger hat sich bei einer Überprüfung inzwischen herausgestellt, dass dort die Kunden am meisten und frechsten manipuliert werden.
Der moderne Point of sale
Kommen wir nach dieser Exkursion über den vorsätzlichen Betrug der Partnerbörsen bei der Ehestiftung zur Fotografie zurück, wo der Trick genau gleich funktioniert.
- Ist der moderne Kunde als Einkäufer wirklich besser informiert und kann er frei entscheiden, welche Kameraausrüstung für ihn die beste, geeignetste etc. ist? - Wenn Sie noch daran glauben, so lesen Sie die zwei Artikel: Was soll ich kaufen? und Verkaufspsychologie.
- Dass sich die Bezeichnung des früheren Verkaufstresens zu neudeutsch
Point of sale
veränderte, hat durchaus Hintergründe und Folgen.
- Heute stehen sich die zwei Seiten - Käufer und Verkäufer - meist befremdlich gegenüber. Der Verkäufer / die Verkäuferin erhält klare Vorgaben hinsichtlich der zu verkaufenden Ware. Gleichgültig, was der Kunde eigentlich benötigen könnte. So kann es beispielsweise durchaus vorkommen, dass ältere Personen mit Arthrose oder Gicht in den Fingern für sie eher unergonomische Kameras mit kleinen Schaltern angedreht erhalten.
- Der Kunde auf der anderen Seite hingegen glaubt sich durch seine Internet-Bildung auf Augenhöhe mit dem Verkäufer. - Ein gefährlicher Trugschluss, da der Kunde meist überhaupt nichts von Verkaufspsychologie versteht.
- Aber selbst vermeintliche Kunden-Vorgaben werden vom Verkaufspersonal oft nicht mehr hinterfragt: So halten zahlreiche potentielle Wiederkäufer ihre alte Kamera für überaltert, oder sogar defekt, was in vielen Fällen nicht zutrifft, oder sich zumindest mit minimalem Aufwand beheben ließe.
Der moderne Kunde vor dem Point of Sale (ehemals Tresen)
- Laut Aussagen vieler altgedienter Fachberater ist der moderne Kunde heute im Durchschnitt sogar schlechter informiert als dies früher der Fall war.
- Zumeist kommt der Kunde mit gezielten Vorstellungen, die er der Werbung respektive der vorsätzlich falsch als Information gekennzeichneten Werbung entnommen hat.
- Diese Vorstellungen beinhalten beim Verkauf einer Kamera in aller Regel eine zweistufige Überhöhung des Produktes, welche kaum zu durchbrechen ist.
- Sofern man sich die Mühe machen würde, könnte oder seitens des Arbeitgebers dürfte - hieße die korrekte Produktanalyse / kundenbezogen in aller Regel: Familien- / Urlaubs- / Festtagsbilder im Format 10*15 in Farbe, sowie gelegentlich ein größerer Abzug 13*18 cm, und nur vereinzelt eine Ausbelichtung 20*30 cm oder 30*45 cm für die heimische Wand.
- Das korrekte Produkt wäre hier meist eine Bridge-Kamera oder Zoom-Kamera der Mittelklasse.
- Das Entscheidende ist jedoch: Der Fotografierende sollte eine Kamera erhalten, mit der er/sie sich wohl fühlt und die ergonomisch, bequem in der Hand liegt. Ferner sollte das Produkt eine Menüführung aufweisen, die den Denkstrukturen des Kunden entspricht.
- Der nach wie vor am häufigsten nachgefragte (aber nicht gekaufte) Kameratyp ist jedoch die Spiegelreflex- / Systemkamera.
- An die Mehrzahl der verkauften Systemkameras wird in ihrem Leben nie ein anderes Objektiv, als das vom Unternehmen anempfohlene Kit-Objektiv angeschlossen werden.
- Damit erkauft sich der Kunde alle Nachteile einer Systemkamera und erhält im Gegenzug keinerlei Vorteile.
- Das scheint jedoch sowohl auf Seiten vieler moderner Käufer als auch vieler moderner Verkäufer eine Form des beidseitig gewünschten (Selbst-) Betruges zu sein.
- Allerdings ist der heutige Kunde insofern vorbereitet, als er angesichts vieler negativer Beispiele auch nichts Anderes mehr erwartet. D.h.: Viele Käufer erwarten heute kaum mehr eine seriöse Beratung - auch im Fotofachgeschäft nicht mehr.
Anders lässt es sich nicht erklären, dass immer mehr Fotografen sich bei mir per Kontaktformular melden und von sich aus um eine kostenpflichtige ausführliche Fall-Analyse und Beratung zum Kauf einer Kamera bitten. - Das führe ich gerne durch. Aber eigentlich war dies früher und wäre es auch heute noch die Aufgabe jedes seriösen Fotofachgeschäftes.
- Dennoch glaubt der moderne Käufer, dass er sich - aufgrund seines eigenen vermeintlich hohen (aus dem Internet bezogenen) Wissens über die Fototechnik - dieser Manipulation erwehren könne.
- Hierbei wird nicht beachtet, wie sehr wir alle als Käufer, zu beinahe jeder Zeit, flächendeckend in Zeit und Raum, psychologisch vormanipuliert werden. - Der Verkäufer fährt übrigens im gleichen Kielwasser. Nur komplementär.
- Dafür erwartet der heutige Kunde eine stete Bereitschaft des Händlers zur entgelten Rücknahme der benutzten Ware.
- Der typische moderne Kunde ist auch nicht mehr bereit, sich ausführlich über das Für und Wider eines Kameratyps oder Objektives inhaltlich beraten zu lassen. Vielmehr sollen seine Vorstellungen nur bestätigt werden.
- Der eigentliche Kaufvorgang erfolgt dann oft Online.
- Die weitere Beratung erfolgt wiederum im Laden. Selbstredend erwartet der moderne Kunde diese Beratung erneut kostenlos, da er ja das Produkt bezahlt hat. Er glaubt irrtümlich oft, dass jeder Händler am Verkauf eines Produktes bei Dritten auch vom Hersteller beteiligt würde.
- Einer der klassischen Vorgaben des Kunden sind die Pixelanzahl. Aktuell müssen es mindestens 20 Mega-Pixel sein. Eine Nachfrage nach der wahrscheinlichen Fotoabzugsgröße wird nicht zugelassen. Die mit den hohen Auflösungen verbunden Problemstrukturen werden ignoriert.
- Ähnlich sieht es bei der Sensorgröße aus. Die Nachfrage nach Vollformat steht hier im Vordergrund. Dabei ist vielen Kunden inhaltlich noch nicht einmal der Begriff Vollformat immer bekannt.
- Der Kunde im Allg. (kein Vorwurf) ist sich der Komplexität der heutigen Fototechnik nicht im Ansatz bewusst.
- Er ist jedoch meist auch nicht bereit - sofern er tatsächlich an ein seltenes Exemplar eines Fachberaters / einer Fachberaterin kommen sollte -, sich unterrichten zu lassen.
- Und letztendlich steht das eigentliche Ziel - ein gutes Foto - im Verkaufsgespräch oft völlig im Hintergrund.
- Beim Foto steht für die Unternehmen
das Papier
im Vordergrund. Denn nur hier sind nennenswerte Margen zu erzielen.
- Durch die inzwischen enormen Massen der Bilder je Kunde gerät auch hier das Bild in eine deflationäre Situation. Ein Urlaub (zwei Wochen) mit 2.500 bis 3.000 Fotos im 10er Format ist keine Seltenheit. Mir ist ein privater Urlaubs-Fotograf bekannt, der an einem einzigen Wochenende bei einer einzigen Städtefahrt über 4.000 Fotos aufnahm.
- Hinzu kommen die ungezählten Fotos, welche nie ausbelichtet oder ausgedruckt werden.
Einprogrammierte Überalterung
- Mit diesem Ausdruck ist nicht die geplante Obsoleszenz gemeint, sondern eine merkwürdige Einbildung beim modernen Käufer.
- Der durchschnittliche Kunde geht davon aus, dass das soeben gekaufte Produkt eigentlich nicht mehr aktuell ist.
- D.h. es kommt im Grunde keine Freude an der Arbeit mit der Kamera etc. in der praktischen Fotografie auf. Und letztendlich steht die Fotografie an sich auch nicht mehr im Mittelpunkt, sondern der Wunsch nach
besserer
Ausrüstung.
- Hierbei kann man inzwischen auch keine signifikante Unterscheidung zwischen Altersklassen mehr erkennen.
- Das hat zur Folge, dass somit sofort ein Neukauf zumindest imaginär bereits in Vorbereitung ist.
- Vereinfacht dargestellt - der heutige Kunde ist von seinem Produktwunschobjekt abgekoppelt. Die Hersteller / Fotounternehmen - führen den modernen Kunden inzwischen
an einer langen Leine
des stetigen Neukaufes, bei dem der Kunde jedoch die Verweildauer im Ladenlokal möglichst auf das Öffnen und Schließen seines Kreditkartenfaches im Geldbeutel beschränken soll.
- Die Erwartungshaltung vieler moderner Kunden ist inzwischen auch: Produkte, die vor Ort schnell und unkompliziert sowie ohne große Nachfragen zu erwerben sind, werden bei einem vergleichbaren Internetpreis sofort im Laden käuflich erworben.
Der moderne Verkäufer hinter dem Point of Sale (ehemals Tresen)
In den modernen Unternehmen gelten andere Gesetze als früher:
- Der Kundenwusch ist sekundär.
- Das Unternehmen - genauer gesagt die oft weit entfernte Zentrale - macht Vorgaben hinsichtlich des zu verkaufenden Produktes, der Verkaufszeit etc.
- Viele moderne Verkäufer werden immer mehr zum Kassenbediener und haben kaum noch Interesse am Produkt.
- Eine erhebliche Anzahl besteht aus Quereinsteigern, die nur wenig von der Fotografie verstehen, oder sie ernsthaft als Hobby betreiben. Folglich ist ein solcher Verkäufer nicht im Ansatz über die Fotografie fachlich, theoretisch oder gar praktisch informiert. Bereits eine Nachfrage nach dem Unterschied zwischen konvexen und konkaven Linsenelementen stellt sie bloß. (Zitat:
Nein, wir haben nur konfektionierte Ware
- 1-Euro-Quizz-Frage: Was hat diese Person vor Fotoapparaten verkauft?).
- Eine Menüführung über eine App ist noch bekannt, oder zumindest hat der Berater davon gehört. Wie eine Applikation aber im Zusammenhang mit einer Kamera arbeitet, ist den meisten unbekannt.
- Sie staunen ungläubig?
- Dann fragen Sie doch Ihren sogenannten Fotofachberater einmal nach der grundlegend eingesetzten Brennweite in 5 Ihrer verschiedenen mitgebrachten Fotos. Mir kommt es dabei wirklich nicht auf die exakte mm-Zahl der Brennweite an, sondern nur grob (Superweitwinkel, Weitwinkel, Normalbrennweite, leichtes Tele, Teleobjektiv).
- Oder lassen Sie sich die Leitzahl eines Blitzgerätes bei modernen Kameras in Bezug zu ISO, Brennweite und Blende erklären - als Krönung dann auch noch in Abhängigkeit von der Sensorgröße.
- Oder fragen Sie nach Kantenprofilen und Dead-Leaves.
- Nichtwissen mag bei schnell angelernten, jungen Seiteneinsteigern noch entschuldbar sein. Allerdings sehen sich viele derartiger Berater dann in der Zwickmühle und fantasieren wild herum, um ihr Unwissen nicht eingestehen zu müssen. Spätestens, wenn der Kunde das weitererzählt, ist jedoch jede Redlichkeit und Reputation auf alle Zeit verspielt.
- Man darf heute auch erwarten, dass die Verkäufer / das Geschäft einem Interessenten kundengerechte Produkte anbieten. - Bei einem Anfänger / Neuling darf das nicht die neueste Vollformat-Kamera von Canon oder Nikon resp. Sony mit billigem Set-/Kit-Objektiv sein.
- Mangelndes Wissen darf auch von der Geschäftsleitung nicht hingenommen werden. Das bedeutet auch, dass man dem Kunden nicht aufbürdet, die Informationen irgendwie über das Netz zu holen. Information und besonders die komplexe Fachinformation der Fotografie ist ein wertvolles Gut und Schmiermittel im Verkaufsgespräch. Der Verkäufer hat eigentlich eine großartige Aufgabe. Er kann von Angesicht zu Angesicht dem potentiellen Kunden durch Fachwissen und Ehrlichkeit Wissen vermitteln und ihm viel Freude bereiten. Dies ist nie eine Einbahnstraße. - Ich bin ganz sicher, dass jeder sich noch an zumindest einen begnadeten Lehrer oder Professor oder Ausbilder aus seiner Jugend erinnert. Wirklich gute Wissensvermittlung bleibt positiv in Erinnerung.
- Fakt ist jedoch, dass derzeit der Beziehungs-Faden vieler moderner Verkäufer zur Fotografie, zu seinen Produkten, seinem zu beratendem Kunden, als auch zu seinem Arbeitgeber durchtrennt ist.
Immer wieder erhalte ich E-Mails von kompetenten Verkäufern und Fachberatern aus der Fotobranche, deren präzise und ausführliche Art ich sehr schätze und für deren Hinweise ich dankbar bin. Sie berichten u.a. von ähnlichen Phänomenen: Inzwischen kommen beratungsresistente Menschen in die Fotoläden mit einer unfassbaren Ansammlung an Marketing-Sprüchen, kombiniert mit Halb- oder eher Viertelwissen. Eine sachliche und grundlegende Beratung wird so fast immer unmöglich, denn diese Kunden wissen alles besser und haben sich im Grunde bereits entschieden. Sie suchen meist nur noch nach dem ihre Vorurteile bestätigenden Verkäufer.
Wir haben heute also einen vermeintlich freien Kunden, der seine Kaufentscheidung angeblich selbst und frei getroffen hat, der autark einkauft. Er hat in fast allen Fällen jedoch keine Eigenanalyse durchgeführt. Er kennt somit weder sein eigenes Anforderungsprofil, noch das Leistungsprofil der Kamera etc. Er hat somit letztendlich einen eher subjektiven, emotional gesteuerten Wunsch. Dieser ist jedoch sehr stark. Angeblich selbst getroffene Entscheidungen sind kaum erschütterbar - und sowieso kaum von außen. Der moderne freie Mensch wird also seinen freien Willen letztendlich durchsetzen. Die guten, erfahrenen Verkäufer wissen allerdings, dass die meisten Kunden sich damit keinen Gefallen tun, ja letztendlich sogar schaden, weil sie sich frustrieren. - Um es ganz deutlich zu sagen: Den meisten Kunden würden Fachleute eine Reise-Kompakt- oder eine Bridge-Kamera empfehlen / verkaufen, aber keine der gewünschten Vollformat-Systemkameras. Damit würden sie auf einfache Weise hochwertigere Fotos machen und langfristig mehr Freude am Hobby Fotografie haben.
Die Wünsche der Kunden
- Aber hier kommt wieder eine eigene Sichtweise ins Spiel: die der seriösen Verkäufer, welche Menschen einschätzen können. Sie wissen, oder glauben zumindest zu wissen, was der Kunde will.
- Da habe ich jedoch inzwischen meine Zweifel. Um es klarzustellen: Ich zweifle nicht an der Kompetenz der wahren Fotofachberater, aber an derjenigen der meisten modernen Menschen.
- Vielen Kunden geht es m.E. nicht mehr um das Hobby Fotografie. In die Anschaffung einer Kamera spielen derart viele echte und vorgegebene Motive hinein, dass es einem schwindlig werden kann:
- Andere sollen bereits durch das Aussehen, den Preis, die Modernität / Aktualität des Modelles, das Gewicht, das Volumen, die Form und Farbe etc. beeindruckt werden.
- Wieder andere hingegen (Ehe-) Partner potentielle Diebe, neidische Vorgesetzte sollen den wahren Wert nicht sofort erkennen.
- Manche wollen sich mit dem Flair des Profis umgeben, andere mit der Lässigkeit des Schon-immer-Reichen, der die sündhaft teure Ausstattung nonchalant an der Schulter schlenkern lässt, so wie man mit einer Hand die Hülle aus Schabracken-Tapir-Leder ganz lässig vom iPad hochklappt, während man mit der anderen beiläufig auf die Platin-Rolex mit Diamanten schaut, um sich zu vergewissern, dass man noch ausreichend Zeit für einen gesunden Smoothie mit Biosalat hat.
- Ach ja, Fotos soll die Kamera dann auch noch machen. Aber das machen ja alle Kameras und heute sogar hochwertigere als jede analoge Filmkamera jemals konnte.
Abnehmende Qualität durch Preisdenken der Kunden und der Zeitfaktor
- Wie bei den Fachabzügen haben sich die meisten Verkäufer angepasst. Während früher die handabgezogenen Fachabzüge von Negativen als Standard für Fotografen galten, so wurden durch die billigen Abzüge der Discounter die Fotogeschäfte immer mehr zu Preisreduktionen gezwungen, die letztendlich zur selben billigen Laborqualität der sowieso fast nur noch in Großlaboren hergestellten Fotoabzüge führten. Schon lange vor der
Geiz-ist-Geil
-Mentalität in Deutschland, hatten die meisten Kunden den Preis in den Vordergrund gerückt, da sie den minimalen qualitativen Vorteil entweder nicht mehr erkannten oder nicht mehr bereit waren zu bezahlen. Hinzu kam der Zeitfaktor. Die Fachabzüge dauerten den meisten modernen Kunden zu lange.
- Im Endeffekt haben die meisten Fotofachgeschäfte heute einen sehr schweren Stand gegen die Billiganbieter wie die Drogerien oder Lebensmittelketten bei Fotoausbelichtungen. De facto konnten sie nur auf zwei Weisen in diesem Sektor überleben: Sie schlossen sich zu Gemeinschaften zusammen und lieferten alles an ein Großlabor, oder sie wandten sich an sündhaft teure Spezialanbieter für Fachabzüge auf Sondergrößen und Sondermaterialien, oder (in ganz wenigen Fällen) entwickelten sie sich selbst zu solch einem Nischenanbieter.
- Auch bei der Beratung geht es vielen Kunden schon seit Jahren zu lange. Sie wünschen keine langen Fragerunden mehr, weil sie die Antworten sowieso nicht geben können.
- Und im Gegensatz zu früher scheint es heute vielen Menschen untragbar peinlich zu sein, ihr eigenes Nichtwissen zuzugeben.
- Als Folge wurden auch immer weniger fotografisch geschulte Personen auf der Verkäuferseite eingestellt. Im Gegenteil finden sich heute - wenn nicht vom Management direkt gefordert, so doch durch allgemeine Richtlinien und Maßnahmen gefördert - immer mehr psychologisch geschulte Schnell-Ab-Verkäufer, die auf die mit einem Modell kurzfristig erzielbare Provision schauen. Der Kunde wird eventuell nie wieder hier einkaufen. Langfristige Kundenbindung tritt in den Hintergrund.
Zwar lohnt sich bei digitalen Kameras zugegebener Maßen nicht immer die Reparatur. Aber ein Fotofachgeschäft / Berater sollte dennoch die Kundenvorgaben zumindest überprüfen. Selbst in Extremfällen kann sich der Aufwand lohnen: So können durch lange unsachgemäße Lagerung im gespannten Zustand Verschluss und Blende blockieren, weil Harz in den alten Schmiermitteln alles verklebt. Hier kann man z.B. durch einen Backofen bei 30 Grad und für 60 Minuten und anschließendem Auslösen und Spannen die defekte Kamera reparieren.
In diesem tatsächlich vorgefundenen Fall konnte das Unternehmen mit dem hartnäckigen Berater neben einer neuen Analogfilmkundin auch deren gesamte digitale Familie
als neue Kunden hinzugewinnen. Dieses Beispiel verdeutlicht an einem von unzähligen realen Fällen wie heute der Verkaufstresen als Trennlinie eines Austragungsort der Unternehmergewalt - für Kunden und Unternehmer - auch ausgestaltet werden kann.
Man muss manche Geschäfte, welche heute - oft in Handelsverbünden organisiert - auch Fotoapparate nebenher verkaufen, jedoch fragen, ob sie wirklich etwas von der Fotografie verstehen. Wer hauptsächlich Fernseher sowie Antennenanlagen wartet oder Solarzellen auf dem Dach montiert und verkauft, wird nicht immer das aktuelle Wissen über die Fotografie besitzen können. Dazu ist die (digitale) Fotografie zu komplex. D.h. in manchen sogenannten Foto-(Fach-) Geschäften ist Beratung eine Glücksfrage. I.d.R.- bieten derartige Läden dann auch nur eher einfache und meist preiswertere Fotoapparate an, welche weniger Erklärung und Beratung erfordern. Nochmals: Man kann auch dort per Zufall auf einen passionierten Hobby-Fotografen stoßen.
Die Krux der Freiheit
- Die Kernfrage lautet m.E.: Werden die Menschen glücklicher, wenn sie sich alles selbst frei aussuchen können, oder wenn fremde / objektive Kriterien von außen angelegt werden?
- Oder in die Fotografie konkret umgesetzt: Sollen sich Käufer alleine entscheiden oder beraten lassen?
Für beide Sichtweisen finden sich treffende Argumente:
- Maximale Freiheit führt nicht zu maximalem Glück.
- Wobei man hierbei nochmals unterscheiden muss, ob die Entscheidung in unserer modernen Welt tatsächlich frei ist, oder sehr fein und subkutan gesteuert ist - bewusst und unbewusst.
- Niemand ist völlig neutral, auch ein Wissenschaftler nicht, da er ja eine These oder Theorie beweisen will. Absolute Neutralität ist ein unerreichbares Ideal. Auch Software wird niemals neutral sein, da sie von Menschen gemacht wird.
- Angesichts der zahllosen Rezensionen von Produkten im Internet und der riesigen Leserschar scheint ein Bedarf für diese Art der Beratung auf Kundenseite durchaus vorhanden zu sein. Allerdings will man sich das Wissen heute eher unverbindlich und vor allem unpersönlich aneignen.
- Ein fremder Berater muss einem Kunden viele Fragen stellen. Das kostet Zeit, seine und Ihre. Er bekommt dies heute angesichts enger Margen von seinem Chef meist nicht bezahlt. Ganz im Gegenteil fordern die Firmen heute eine ständig höhere Umsatzquote von den Verkäufern, sonst werden sie entlassen. D.h.: Viele sogenannte Berater raten Ihnen zu den Modellen, mit denen sie die größte Marge und somit die höchste Provision erzielen. Das ist nicht seriös, aber aus deren Sicht verständlich.
- Und wie gesagt, die meisten Kunden sind heute - persönlich angesprochen und damit auch persönlich betroffen - völlig beratungsresistent, sodass sie auch keine grundlegenden Fragen wünschen, sondern nur eine schnelle Bestätigung des irgendwo gehörten Marketing-Pseudo-Wissens (Mega-Pixel) hören wollen.
- Fragen irritieren, Fragen regen zum Nachdenken (also Arbeiten) an, verunsichern, können evtl. gar nicht aus dem Stand beantwortet werden. Nur wenige Menschen haben heute noch das Rückgrat, um dann dem Berater zu danken und zuzugeben, dass sie sich dazu erst einmal zu Hause ausführlich Gedanken machen müssen, um dann mit den Antworten nochmals wieder zu kommen.
- Und auch die meisten modernen Berater wollen den potentiellen Käufer, da er nun schon einmal im Laden ist, nicht mehr gehen lassen. Er könnte ja (aus Sicht des Verkäufers) völlig falsche Entscheidungen treffen, und z.B. später oder bei einem Mitbewerber einkaufen.
- Es ist im Übrigen eine Mär, dass alle Kunden sich im Fachgeschäft zeitintensiv beraten lassen und dann das Produkt im Internet etwas billiger kaufen. Ohne Zweifel finden sich solche Menschen. Aber die gab es früher auch. Damals gingen sie von einem Laden zum anderen. Der Preisunterschied jedoch muss erheblich sein, um komplexe Produkte - wie manche Teile der Fotoausrüstung - im Internet zu bestellen und dann noch meist deutlich länger darauf zu warten. Auch sind inzwischen der Zeitaufwand und die Risiken mit dem Internet-Kauf vielen bekannt. Die meisten Kunden wägen somit beim Kauf in einem hochkomplexen Umfeld durchaus ab.
- Aber auch maximale Optimierung führt nicht zu maximalem Glück.
- Eine Eigenanalyse erfordert viel Zeit und sehr viel Leidensfähigkeit. Wer attestiert sich schon gerne selbst, dass er noch kein guter Fotograf ist. Selbst bei so banalen Dingen wie Gewicht, Volumen oder Preis einer Ausstattung überschätzen sich viele Menschen oft in ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit. Wer will seinen sportlich durchtrainierten Kindern gegenüber schon zugeben, dass er keine 10-15 kg schwere Ausrüstung mehr den ganzen Tag am Körper tragen kann.
- Beide Sichtweisen haben Vorzüge, aber auch Nachteile. Werden Sie sich beider Seiten bewusst und entscheiden Sie sich dann.
- Generell kann man allen Käufern nur raten, einzusehen, dass sie auch heute, trotz aller Möglichkeiten an Informationen zu gelangen, de facto weniger über die Kameraausrüstung als die meisten guten Verkäufer wissen. Und sei dies nur in Bezug auf praktische Dinge, welche in Kurztests auch Profis nicht auffallen.
- Man sollte akzeptieren, dass man nicht alles weiß, aber, dass man als intelligenter Mensch durch Zuhören von halbwegs intelligenten anderen Menschen fast alles lernen kann. Geduld und aktiv zuhören können gehört jedoch nicht mehr unbedingt zu den Tugenden der meisten modernen Menschen, da sie es mit unerträglicher Passivität verwechseln.
- Von psychologisch wirklich gut geschulten modernen Vorkäufern habe ich erfahren dürfen, dass man sich durch das vorgetragene und oft nur zur Schau gestellte Halbwissen jedoch bloßstellt und blamiert sowie selbst aktiv zum Opfer macht. Je mehr Unsinn man erzählt, desto eher wird ein derart geschulter provisionsorientierter Verkäufer einen in allen Details erkennen, genau die wunden Punkte bestätigen und dann zum Schluss sein Produkt andrehen, das ihm den meisten Profit einbringt.
Da die Wissenschaft sich in der Frage Vor- und Nachteile der Freiheit noch nicht entschieden hat, lasse auch ich die Antwort offen. Es kommt vermutlich - wie so oft - auf den Einzelfall an.
Risiken
Viele Menschen neigen dazu, den Fortschritt und die moderne Gesellschaft pauschal zu verherrlichen. Dennoch sind die Risiken für die Fotohändler und Kunden groß.
Der Übergang von der analogen zur digitalen Fotowelt
- Die Bedienung vieler Fotoapparate wurde einfacher.
- Die Trefferquote und Ausbeute - die Anzahl der guten und sehr guten Fotos - stieg drastisch an. Vor allem, wenn man die Nachbearbeitung einschließt, gibt es heute nur noch einen sehr geringen Ausschuss.
- Auch, wenn viele Menschen dies verleugnen: Die Technik wurde wichtiger und viel komplizierter.
- Von der sichtbaren und beweglichen Mechanik an den Kameras ging die Entwicklung zur miniaturisierten Chips mit hochkomplexer Spezial-Software / Firmware, die selbst viele Programmierer außerhalb der Herstellerfirmen nicht mehr verstehen.
- Überspitzt ausgedrückt wurde aus der im wahrsten Sinne des Wortes begreifbaren analogen Camera Obscura eine elektronische Blackbox aus unbekannter Hard- und Software.
- Die noch in Grenzen von vielen Menschen nachvollziehbare Chemie wurde zur hochkomplexen Physik, bei der heute Spezialgebiete wie die Quantenphysik eine viel größere Bedeutung besitzen als noch in der analogen Film-Fotozeit vor ca. 30 Jahren.
- Zusammengefasst: Die Fotoqualität für die Allgemeinheit stieg unglaublich an. - Gleichzeitig stieg jedoch auch das Fachwissen darum extrem an und ließ de facto die meisten Menschen in Unverständnis zurück.
- Man drückt ab und sieht sofort das Ergebnis. Dieses direkte Feedback täuscht ein Wissen vor, und vermittelt eine Sicherheit, die bei den meisten Menschen überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Denn in fast allen Fällen hat eine irgendwie geartete Automatik potentielle Fehler bereits ohne jede Rückmeldung korrigiert.
- D.h. die Fotoergebnisse sind heute wesentlich besser als früher. Aber die meisten Fotografen können ein Ergebnis mangels Detailwissen nicht reproduzieren.
Diese Diskrepanz betrifft sowohl viele Berater als auch vor allem Kunden, da sich die Kundenbasis in der digitalen Fotografie erstaunlich ausgeweitet hat (vor allem, wenn man die Besitzer von Smartphones miteinbezieht).
- Viele Menschen hatten auch früher bereits Probleme damit, mit Beratern direkt zu kommunizieren. Sie fühlten sich dabei (zu Recht) unterlegen, wurden gestresst und sahen sich unter Druck gesetzt. Letztendlich befürchteten sie immer, zum Schluss etwas kaufen zu müssen, was sie eigentlich nicht wollten. Teile davon fühlten sich auch für die Beratung genötigt, zumindest eine Kleinigkeit dort zu erwerben. Das war bereits früher die Klientel der Versandhäuser (damals noch mit Katalog und Telefon).
- Heute geschieht dies - scheinbar elegant für alle - durch das Internet. Aber dort sind die sogenannten Informationen oft unvollständig, unverständlich, teilweise unseriös, von Firmen geleitet, direkt vom Marketing geschrieben oder zumindest erheblich gefärbt.
- Es bleibt ein Rätsel, warum trotz aller inzwischen bekannten Betrugsfälle im anonymen Netz noch immer viele Menschen blind dem Internet vertrauen. Nur weil es dort oft
Schwarz auf Weiß
steht?
Abbau des Service-Bereiches bzw. Bepreisung für bessere Leistungen
- Auch die Hersteller, Händler und Berater machen sich dies zunehmend zu Nutze und verweisen den potentiellen Kunden aktiv auf das Netz. Er solle ihnen gefälligst die Arbeit abnehmen und dort selbst auf eigene Zeit und Kosten recherchieren. Das gilt sowohl für die Neubeschaffung als auch für jegliche Probleme und den Service nach dem Kauf.
- Immer mehr Händler verlangen inzwischen für derartige Handlungen Geld vom Kunden, falls er sie dennoch bei ihnen sucht. So sind mir Händler bekannt, die trotz Gewährleistung / Garantie vom Kunden 30 und mehr Euro für die Kamera-Überprüfung (quasi als Kostenvoranschlag für die Reparatur) verlangten, obwohl der Kunde das dem Hersteller bekannte und bereits im Netz publizierte Problem verständlich beschrieb.
Neuprodukte
- Dass Händler Neuprodukte testen und jeweils eines als Vorführgerät benötigen, ist logisch. Früher wurden solche leicht gebrauchten Geräte dann jedoch auch als Vorführgeräte mit einem erheblichen Preisabschlag verkauft.
- Heute kommt es jedoch vor, dass Mitarbeiter nicht selten neue Ausrüstung (auch ohne Genehmigung des Geschäftsführers) über das Wochenende mit nach Hause nehmen, ausgiebig testen, evtl. durch unsachgemäße Behandlung sogar beschädigen, am Montag wieder in die Originalverpackung im Laden in das Regal schieben und eine viertel Stunde später einem ahnungslosen Kunden als original verpackte Neuware verkaufen. (In einem dieser Fälle war ich persönlich anwesend, und viele weitere wurden mir von überall aus der Welt berichtet).
- Dasselbe findet sich inzwischen überall (von Amazon bis hin zu den angeblich seriösesten Online-Händlern) bei Bestellungen im Internet.
- So werden Rückläufer mit geöffneten Siegeln, beschädigten Kartonverpackungen, aufgerissenen Plastiktüten, Fremdhaaren in der Verpackung, zerlesenen Handbüchern, Kratzern auf den Displays der Kamera und über 1.000 Auslösungen hemmungslos als geprüfte originalverpackte Neuware an den ahnungslosen Kunden versandt. - Erst auf meine Reklamation kam dann die völlig unglaubwürdige Ausrede, dass es sich dabei evtl. um eine versehentlich nicht erkannte Rücksendung handeln könnte, was man jedoch (trotz beigelegter Fotos) erst ausgiebig prüfen müsste. Ich solle die Kamera
auf eigene Kosten
zurück zum Händler senden. Erst mehrere weitere Schreiben und Wochen später konnte die rechtlich eindeutige Kostenübernahme geregelt werden. Es handelte sich dabei um eine über 3.000 Euro teure Kamera, kein billiges Ramschprodukt.
- Sowohl zahlreiche stationäre als auch Online-Händler verhalten sich somit nicht nur unseriös, sondern kriminell. Das Problem scheint zu sein, dass jedoch kein Verband mehr konsequent dagegen einschreitet, derartige Firmen öffentlich brandmarkt und so die ganze Branche leidet.
- Hinzu kommt bei den Angestellten das zunehmende Problem, eigene Fehler nicht mehr zugeben zu wollen oder zu können, weil man Konsequenzen befürchtet. So werden selbst verursachte Schäden an Neuwaren den Kunden resp. anschließend den Herstellern aufgebürdet. Hier fällt mir zunehmend ein immer weniger vorhandenes Unrechtsbewusstsein auf:
Schuld sind immer die anderen.
- Der Hersteller, wenn er ein Produkt vertreibt, das nicht absolut idiotensicher ist. Der Kunde, wenn er versteckte und (vorsätzlich) verdeckte Fehler nicht selbst sofort beim Kauf bemerkt.
Internet
- Die meisten Betreiber von Fotofachgeschäften haben den optimalen Umgang mit dem Internet bis heute nicht wirklich begriffen.
- Viele Auftritte von Fotofachgeschäften sind veraltet, ungepflegt (nicht aktuell), nicht zielgruppengerecht gestaltet, wimmeln von Programmierfehlern, zeigen erhebliche ergonomische Schwächen und sind nicht für mobile Endgeräte optimiert. Hier gilt es schnellstmöglich zu optimieren. - Aber dazu sollte man nicht mit den alten Internet-Partnern weiterarbeiten, welche die bisherigen Auftritte gestaltet haben, da diese offensichtlich nichts von der Fotobranche verstehen.
- Zahlreiche stationäre Fotofachgeschäfte bieten zusätzlich einen eher lieblosen Internet-Shop, der den modernen Anforderungen nicht entspricht. Hier muss man sich entscheiden: wirklich gut zu sein, oder den Online-Shop schließen.
- Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass über 90% der mir bekannten stationären Fotofachgeschäfte mit Ihrem suboptimalen Internet-Auftritt nur täglich wertvolles Geld verbrennen.
Marktbereinigung
Vor allem in Deutschland kam es zu einer Marktbereinigung, welche weiter fortschreiten wird.
- Sehr viele Fotografen verkauften früher auch Fotoapparate. Zunehmend zogen sie sich jedoch aus dem Verkauf zurück und beschränkten sich auf die praktische Fotografie.
- Die früher große Zahl der Optikgeschäfte, welche auch noch Fotoausrüstung verkauft, ist deutlich zurückgegangen. Manche vertreiben zusätzlich noch Ferngläser. Aber die meisten haben sich auf das eigentliche Brillen-Geschäft beschränkt. Die wenigen, welche noch Fotoapparate vertreiben, beschränken sich überwiegend auf Luxusmarken wie Leica und Zeiss, bei denen es nicht um Preis/Leistung geht, sondern das Produkt über den Markennamen (mit hohen Gewinnmargen) verkauft wird.
- Einzelhändler fällt das Überleben immer schwerer. Sie sehen sich der Einkaufsmacht der Elektronikketten (Media Markt, Saturn, Hartlauer, Fust etc.) gegenüber, welche Produkte in großer Stückzahl preiswerter erwerben und dann entweder mit größerer Marge oder zu einem geringen Verkaufspreis an den Endkunden abgeben können.
- Hinzu kommt das Problem, dass erfolgreiche Werbung für Einzelunternehmer immer teurer wurde. Im Prinzip können sich das heute nur noch große Firmen selbst im regionalen Rahmen leisten.
- Immer mehr Firmen schlossen sich deshalb zu Ketten zusammen, die jedoch meist nicht so optimal zusammenarbeiten, sodass sich der Nutzen für den Einzelunternehmer oft in Grenzen hält.
- Auch die ständigen Hersteller-Rabatte machen dem normalen Ladengeschäft zu schaffen. Sie haben die Geräte vorher teuer eingekauft und trotzdem die gleichen festen Kosten. Hinzu kommen bei sinkenden Absatzzahlen auch sinkende Margen der Händler. Ferner wird der Papierkrieg und Verwaltungsaufwand immer höher, obwohl die Umsätze sinken.
- Ein Großteil des Marketings wurde in den letzten 20 Jahren von den Herstellern und deren internationalen Vertriebswegen auf das Internet verlagert. Es finden sich nur noch wenige Marketing-Aktionen der Hersteller, welche potentielle Kunden zum Kauf in stationäre Foto-Läden ziehen/treiben.
- Noch viel härter werden aber alle Händler (stationäre wie online) vom dramatischen Rückgang der Verkaufszahlen in der Fotobranche seit 2012 betroffen. (Hier ein englischer Bericht über den prekären stationären Fotofachhandel in den USA aus dem Jahr 2017.)
Die drei deutschen Service-Affen
Auch auf die Gefahr hin, mich nun bei manchen Fotohändlern völlig unbeliebt zu machen, fiel mir vor allem in den letzten Jahren ein verstärkt auftretendes Symptom negativ auf, das den Händlern nachhaltig schadet: Es erinnert mich fatal an die drei Affen.
- Kann nicht:
Wir können diese Arbeiten leider nicht für Sie durchführen. Dafür besitzen wir weder die erforderlichen Werkzeuge, noch die Geräte, noch das Wissen. - Das kann nur der Hersteller selbst in seinem Service-Zentrum.
- Darf nicht:
Wir dürfen diese Arbeiten leider nicht durchführen. Das hat uns der Hersteller verboten. Das darf nur der Hersteller selbst in seinem Service-Zentrum.
- Will nicht:
Wir wollen diese Arbeiten nicht durchführen. Wir machen hier nur Verkauf und Beratung.
- Oder wie mir ein Geschäftsführer mitteilte:
Bitte haben Sie Verständnis dafür: Wir sind hier nur für den Vertrieb zuständig. Schäden und Reparaturen etc. kommen selten vor. Einen selten benötigten kompetenten Techniker dafür ständig anzustellen, würde mich etwa so viel kosten wie zwei Verkäufer, die einen Teil Ihres Gehaltes sowieso nur als Verkaufsprovision erhalten.
- Oder deutlicher aus dem Munde eines gereizten Abteilungsleiters:
Mit Mängelleistungen der Hersteller, Schäden der Herstellerprodukte und teilweise mehrfachen Reparaturen haben wir hier sowieso nur Scherereien. Wir wollen hier nicht auch noch diese Fehler der Hersteller ausbaden. Deshalb leiten wir alles an sie weiter. ... Auch den Unmut der genervten Kunden gegen uns selbst können wir so in Grenzen halten und auf die Hersteller umleiten. Denn im Zweifel weiß der Kunde ja selbst, wie machtlos man gegenüber den Herstellern ist.
Als Wissenschaftler mit jahrzehntelanger Erfahrung im Fotobereich kann ich alle diese Argumente logisch nachvollziehen und in gewissem Umfange sogar die Haltung mancher Händler verstehen. Aber die meisten betroffenen oder geschädigten Kunden besitzen jene sachliche Distanz im eingetretenen Ernstfall kaum. Übrig bleibt bei ihnen ein negatives Dienstleistungsbild mit nachhaltigem Schaden für die Firma vor Ort.
Dem Kunden wird damit klar vor Augen geführt, dass der Händler (auf einem extrem technikorientierten Gebiet wie der Fotografie) keinerlei technische Fachkompetenz vor Ort besitzt. - Das färbt auch auf die Bewertung der erhaltenen angeblichen Fach-Beratung ab.
Nach einer solchen Erfahrung sind fast alle Kunden bereit, direkt im Internet einzukaufen. Wenn man im Ernstfall keine Hilfe vor Ort erhält und sowieso immer alles selbst direkt mit dem Service-Zentrum des Herstellers abwickeln muss, dann kann man - zumindest beim zweiten vergleichbaren - Produkt auch gleich den niedrigeren Preis im Online-Handel nutzen. Ferner erzählen alle derart Geschädigten dies weiter (viel öfter, als sie Positives kommunizieren).
Lösungsansätze
Es gibt kein Zurück zur vermeintlich guten alten Zeit. Aber die stationären Fotohändler könnten einiges tun, um ihre missliche Lage zu verbessern.
- Rückbesinnung auf Qualität, sowohl bei den Wissensständen der eigenen Mitarbeiter, als auch der daraus resultierenden Beratung der Kunden.
- Abstellen aller oben geschilderten illegalen resp. den Kunden schädigenden Zustände und klare Auszeichnung gebrauchter Ware.
- Etwas weniger Hochnäsigkeit und Arroganz gegenüber älteren Interessenten, welche sich aus Naivität unglücklich formulieren oder vermeintlich
dumm anstellen
. Jeder hat in der Fotografie einmal mit wenig Wissen begonnen. Vor allem die herablassende Art wird jedoch von vielen Personen über 50 schärfsten kritisiert. Zahlreiche Rentner besitzen Vermögen und Zeit. Die geringe Investition an Geduld und sachlicher Höflichkeit kann sich somit hier wirklich lohnen.
- Neue Ansätze zur Kundenberatung, bei denen man den Kunden dort abholt, wo er wissenstechnisch aufgrund des Internets steht. D.h. Verknüpfung von Internet und Beratung im Laden, statt der Abgrenzung beider Bereiche.
- Wie bei Banken: Angebot einer kostenlosen Kurzberatung und einer kostenpflichtigen Tiefenberatung, welche dann ggf. auf den Preis der im Laden gekauften Ware (teilweise) angerechnet wird.
- Klare Vermittlung der Vorteile des lokalen Handels:
- Haptik: Der Kunde kann sofort austesten, ob er mit seinen Fingern mit der Ausrüstung klarkommt. Stichwort: Zeitersparnis für den Kunden.
- Ergonomie: Alles, was etwas mit dem menschlichen Körper zu tun hat, kann man nur im direkten Anpassen im Laden schnell austesten. Sich zehn Rucksäcke nach Hause schicken zu lassen, mag zwar erlaubt sein. Aber allein der Zeitaufwand für die Bestellung und Entgegennahme sowie das Auspacken und wieder Verpacken ist enorm im Vergleich zum Besuch im Fotofachgeschäft.
- Optimierte Interaktion: Nur der Berater vor Ort kann evtl. nicht gestellte Fragen erkennen und sofort beantworten.
- Service vor Ort, der den Namen auch verdient. - Dies gilt insbesondere in Zeiten, in denen sich die Hersteller immer weniger um den Support kümmern, und manche Marken sowieso unter einem eher mäßigen Hersteller-Support leiden.
- Entwicklung einer sinnvollen Kommunikations-Schnittstelle zwischen Kunden und Hersteller. Es wird viele Händler erstaunen, wie wenig die Hersteller tatsächlich über die Endkunden und deren Wünsche wissen. Die Behauptung, dass dies durch ein Datawarehouse über die Ermittlung der verkauften Waren durchgeführt werden könnte, ist ein Trugschluss. Es fehlen so z.B. die Hintergründe, warum sich ein Kunde für ein Produkt oder gegen ein anderes (welches?) entschieden hat, oder warum er vielleicht (noch) nicht kaufte.
- Wenn es die Hersteller nicht tun, dann sollten wenigsten die Händler sich auf wesentlich weniger Kamera-Modelle beschränken - und zwar auf diejenigen, welche wirklich in großer Stückzahl gekauft werden.
- Klassische immer wiederkehrende Dienstleitungen, wie die Überprüfung der Kamera und Objektive, sowie die Schmutzentfernung auf Linsen, in Objektiven und auf Sensoren resp. in der Kamera sollten vor Ort angeboten werden. Hierfür lassen sich Einmalgebühren oder sogar Jahres-(Wartungs-)Verträge abschließen. Auch wenn man diese Dienstleistungen nur zu den Selbstkostenpreisen durchführen würde, würde so ein enges Band zum Kunden geknüpft, das auch noch regelmäßig verstärkt würde. Das wäre - im Gegensatz zu lästigen Werbe-E-Mails - eine funktionierende Kundenbindung. Ferner spricht sich so etwas viel schneller herum als jede noch so teure Zeitungsanzeige. Man könnte diese Wartungskosten sogar als Werbung teilsubventionieren und sie dadurch für Interessenten noch attraktiver machen.
Allein ich kenne mehrere Personen, welche z.B. an einem Schmutzfleck im Objektiv einer Pocket- und oder Bridge-Kamera leiden. Da die Hersteller diese Kameras nicht gerne reparieren wollen und, sofern man dennoch darauf besteht, extrem hohe Preise dafür verlangen, die Kameras dann lange in der Herstellerwerkstatt liegen lassen, hohe Versandgebühren anfallen und so manches auf dem Versandweg verloren geht, schrecken die meisten Besitzer davor zurück. Aufgrund der gemachten negativen Erfahrungen kaufen sie keine neuen Kameras, sondern verwenden zukünftig nur noch das Smartphone, wo derartige Probleme kaum bekannt sind.
- Aufbau eines umfangreicheren Reparaturservices direkt vor Ort, damit die Kunden nicht immer jedes Teil in die oft weit entfernten Reparatur- und Service-Zentren senden müssen. Zumindest kleinere Reparaturen sollte man vor Ort erledigen können.
- Auch ein Angebot der Vermessung der Objektive und Einstellung der Kameras auf diese Objektive für die heute bei zahlreichen Modellen mögliche optimierbare Korrektur des Front- und Backfokus'. Diese Objektivanpassung an die Kamera stellt für viele Fotografen bereits bei Festbrennweiten, aber jedoch vor allem bei Zoom-Objektiven eine lästiges Unterfangen bis hin zu einem kaum zu lösenden Problem dar.
- Die Fotohändler müssten zukünftig jedoch nicht nur Partner der Kamera- und Zubehörhersteller sein, sondern sich auch wieder zu einem seriösen Partner der Kunden entwickeln und deren berechtigte Interessen vertreten. Als Bindeglied und Schnittstelle zwischen beiden werden sie dann auch von beiden Seiten ernst genommen.
Warnung an die Kunden
Selbst auf die Gefahr hin, mich wieder einmal unbeliebt zu machen: Auch manche Kunden müssen sich ändern.
- Inzwischen finden sich nicht nur in den USA, sondern auch im deutschsprachigen Raum wahre Hasstiraden pauschal gegen alle stationären Händler. Ohne Zweifel sind manche Gründe (siehe oben) durchaus berechtigt. Und es finden sich wirklich schwarze Schafe. Aber man sollte sich vor Pauschalierungen hüten und auch einmal an die Konsequenzen solcher Rundumschläge denken.
- Weltweiter Internet-Handel ist vorteilhaft für viele Menschen. Aber mit ihm sind auch einige drastische Nachteile gegenüber dem stationären Handel vor Ort verbunden:
- Auch viele oder 3D-Fotos ersetzen kein Anfassen der Kamera.
- Kein noch so langer und noch so neutraler Testbericht (auch kein YouTube-Video) ersetzt das eigene Bedienen, keine Gewichtsangabe das eigene Tragen, keine Maßangaben das direkte Sehen auf dem Tresen. - Ich bin z.B. immer wieder erstaunt, wie wenige Menschen heute noch Literangaben (z.B. Volumen für Rucksäcke) auch nur annährend richtig deuten können.
- Die Frage des Vertrauens ist im weltweiten Geldtransfer nicht immer gegeben oder gerechtfertigt.
- Haftungsfragen und Gewährleistung sowie Garantie sind oft länderspezifisch und wie bei Grauware keinesfalls geregelt oder auch nachträglich für Geld durch den Kunden regelbar. - Im Klartext: Trotz offizieller Rechnung erhalten Sie bei Grauware im eigenen Land - auch gegen Geld - keine Reparatur bei offiziellen Werkstätten. Und andere inoffizielle Werkstätten erhalten keine Ersatzteile! Da kann ein abgebrochenes 1 Euro Plastikteil schnell zum Totalschaden an der 3.000 Euro-Kamera führen.
- Sowohl der von den Herstellern als auch den Internet-Händlern immer weiter reduzierte Service lassen einen Endkunden ohne Unterstützung schnell verzweifeln.
- Vertrauen Sie Ihrem lokalen Zustelldienst noch? Mir ist das Vertrauen z.B. in DHL entschwunden, nachdem mein Zusteller korrekt adressierte Waren ohne Kommentar oder Hinweis als unzustellbar zurückschickte, andere Waren beschädigte, mehrfach Einträge im Warenwirtschaftssystem der DHL fälschte und schließlich sogar nachweislich mindestens einmal meine Unterschrift als Empfänger vorsätzlich fälschte. Andere Fotografen berichteten mir von unerklärlichen Diebstählen der bestellten Ware oder dem spurlosen Verschwinden der Ware auf dem Versandweg, sowie ebenfalls gefälschten Unterschriften. - Ich hoffe, dass Sie nie in eine solche unangenehme Situation geraten. Denn der Paketdienstleister hat sich bis heute nicht entschuldigt, sondern seine Mitarbeiter gedeckt, die Ermittlungen behindert und alles vertuscht, sodass es nicht einfach ist, seine eigene Unschuld zu beweisen. P.S.: Die deutsche Staatsanwaltschaft hat das Verfahren selbstverständlich eingestellt, weil der kriminelle A. in der Vernehmung angeblich mündlich zugesagt hat, diese Straftaten - zumindest bei mir - nicht mehr zu begehen.
- Wenn der stationäre Handel komplett entfallen sollte, wie es manche Analysten prognostizieren oder sogar wünschen, dann wird der Service der Online-Händler noch schlechter als ohnedies.
- Ferner sei ein meist völlig verkannter rechtlicher Aspekt erlaubt. Als Endkunde hat man in vielen Ländern (u.a. Deutschland) immer einen Vertrag mit dem Händler, bei dem man kauft - und, wenn überhaupt, dann nur indirekt einen Anspruch gegen den Hersteller. Geht der Händler (sei es ein lokaler oder ein Internet-Betreiber) in Insolvenz, dann wird es mit der Gewährleistung de facto sehr schwierig. - Auch, wenn einige Rechtsanwälte nun zu Recht einwenden, dass es da noch rechtliche Möglichkeiten gibt (an denen sie selbstredend profitieren), so sollte jedem Endkunden das Risiko immer bewusst sein.
- Ferner ist es ein Irrglaube, dass Sie als einzelner Endkunde bei den Herstellern im Direktkontakt etwas ausrichten können. Diese fahren fast alle aufgrund der miserablen Wirtschaftslage im Fotobereich seit Jahren den Endkunden-Service herunter. Und selbst gestandene vielsprachige Kommunikatoren laufen in computergesteuerten stundenlangen englischen oder japanischen Endlostelefonschleifen auf.
- Zahlreiche meiner Bekannten fuhren früher immer mit dem Auto in die preiswertesten Supermärkte, weil ihre Dorfläden angeblich zu teuer waren. - Die realen Pkw-Kosten wurden sowieso nie genau berechnet. Sie fielen ja immer unter die berüchtigten
Eh-da
-Kosten, die angeblich grundsätzlich immer vorhanden seien. Heute beklagen Sie es bitterlich, dass sie im Alter keinen Dorfladen mehr in der Nähe vorfinden.
- Solide Beratung und verlässlich guter Service vor Ort sind ihren (Auf-) Preis wert. Dies gilt insbesondere für extrem hochwertige Güter, wie bei Kameras und Objektiven, die zudem im Einzel- und Extremfall auf unerklärliche Weise ziemlich anfällig sein können.
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