Das Rauschen wird, zusammen mit Schärfe und Kontrast, gerne als eines der wichtigsten Qualitätskriterien für Bilder und Kameras verwendet. Sie erfahren hier - ganz einfach und verständlich erklärt -, welche Faktoren das Rauschen in Bildern erzeugen und wie Sie diese beeinflussen - insbesondere reduzieren - können. Sie werden erstaunt feststellen, dass das meiste Rauschen nicht durch Ihre Kamera, sondern durch Ihre eigene evtl. suboptimale Bedienung derselben erzeugt wird. U.a. erfahren Sie hier, wie man durch den optimierten Einsatz von Blende und Belichtungszeit das Rauschen drastisch verringern kann, und welchen - eher geringen - Einfluss die eingestellte ISO-Zahl tatsächlich hat. Sie lernen ferner, wie das in allen Tests so hoch bewertete Rauschen wirklich zu bewerten ist, und können dann selbst viele bis heute kolportierte Missverständnisse in der Fotografie aufklären.
Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle in Sensor-Rauschen behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.
Photonen - die Regentropfen des Lichts
Auch auf die Gefahr hin, dass nun einige Quantenphysiker in eine komatöse Schockstarre verfallen, muss man das komplexe Thema der quantisierten Photonen mit einfachen Vergleichen aus der Alltagswelt auch dem Laien halbwegs verständlich nahebringen.
Licht ist kein kontinuierlicher Strom, sondern besteht aus Quanten (Photonen), die aus allen Richtungen einfallen.
Obgleich Menschen (durch die Leistungen der Augen und des Gehirns) Licht als gleichmäßigen Strom von Strahlung wahrnehmen, handelt es sich um kleine, separate Licht-Einheiten, genannt Photonen, die als kleine Energie-Pakete (Quanten) reisen und ziemlich zufällig einschlagen.
Mit genauen Messinstrumenten kann man deren Einzel-Auftreten / -Auftreffen auch messen.
Man darf Photonen - cum grano salis - mit Regentropfen vergleichen.
Zwar fällt auf eine große genormte Fläche (z.B. eine Wanne mit einem Quadratmeter Fläche) über lange Zeit meist gleichviel Regen wie auf eine ebenso große Fläche daneben. Nimmt man jedoch ganz schmale Rohre (z.B. Reagenzgläschen), die senkrecht zum Himmel stehen, kann man nach dem Regen eine unterschiedliche Niederschlagsmenge in jedem Einzelrohr messen.
Noch extremer wird es, wenn man ganz schmale Testmessrohre verwendet, und jedes einzelne nur kurzzeitig öffnet - sagen wir für eine Sekunde. Dann erhielten wir weit voneinander abweichende Messwerte. Da Regen wie Licht quantisiert (als Tropfen) und zufällig fällt, wären manche Rohre innen trocken, andere hätten einen Tropfen, einige zwei Tropfen und so weiter aufgefangen.
Erst bei einer sehr langen Öffnungszeit wären alle Testmessrohre wieder ungefähr gleichmäßig gefüllt.
Diese zufälligen Abweichungen der Messergebnisse aller Testrohre stellen das Rauschen dar.
Als Rauschen bezeichnet man die Abweichung vom zu Grunde liegenden Signal. Das blaue Signal (mit dem Wert 100) entspricht somit in unserem Beispiel der großen Regenwanne und das rote Rauschen den Einzelmesswerten der kleinen Messrohre (mit Abweichungen von rein zufällig bis zu 20 nach oben und unten).
Definition Rauschen
Sehr allgemein ausgedrückt handelt es sich beim Rauschen um jede Abweichung des (in der Natur wahrgenommenen) Signals zu den (von der Kamera aufgezeichneten) Einzelergebnissen.
Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass es sich um ein zufälliges (also kaum im Detail vorhersagbares), statistisches (also relativ häufig auftretendes) Phänomen handelt, das falsche, störende und im Original nicht vorhandene Informationen dem Abbild hinzufügt. Früher sprach man deshalb beim Rauschen teilweise auch von einem ungewollten Signal.
Da Rauschen in optischen und elektronischen Geräten unvermeidbar ist, kommt es auf die Wahrnehmbarkeit an, d.h. auf die Schwelle, ab der es störend wirkt. Wie sich zeigen wird, ist die Wahrnehmung für das Rauschen in der Fotografie jedoch subjektiv und motivabhängig.
Rauschen kann - im Gegensatz zu vielen Behauptungen im Internet - nicht ganz entfernt, sondern nur reduziert werden.
Rauschen variiert u.a. in Abhängigkeit der Kameraeinstellungen, des Sensor- / Kameramodells und des aufgenommenen Motivs.
Man sollte bei Fotos zwei Entstehungs-Arten des Rauschens unterscheiden:
Das Photonen-Rauschen bei der und durch die Aufnahme selbst. Das ist der meist übersehene und viel einflussreichere Faktor, den jeder Fotograf beeinflussen kann.
Das Sensorrauschen - elektronische Rauschen - über das sich so viele selbsternannte Spezialisten der Fotografie auslassen und bis ins Detail - d.h. bis zur völligen Unverständlichkeit - darlegen, obwohl dessen Einfluss gering und vom Fotografen selbst nur wenig beeinflussbar ist.
Zu unterscheiden sind ferner zwei Rauscharten im sichtbaren Ergebnis des digitalen Fotos:
Das Farbrauschen und das Luminanzrauschen:
Das Farbrauschen, Chrominanzrauschen: unerwartete Farbveränderungen zwischen dem vom Fotografen gesehenen Objekt und dem von der Kamera aufgezeichneten. Dieses fällt den meisten Betrachten - insbesondere auf homogenen dunklen Flächen und bei starker Vergrößerung (auf Pixelebene) - oft sehr schnell als störend auf. Bei sehr detailreichen Bildern mit verschiedenen Farben, wie einem Herbstwald, kann es jedoch - trotz gemessener hoher absoluter Werte - auch relativ unauffällig sein.
Das Luminanzrauschen: eine unerwartete Abweichung der Helligkeit auf Pixelebene, welche meist als weniger störend empfunden und oft sogar als Körnung in künstlerischen Fotos bewusst hinzugefügt wird. Das sogenannte Helligkeitsrauschen kann jedoch in flächigen Bildteilen, wie einem strahlend blauen Himmel, durchaus auffällig sein und störend wirken. Vor allem das Salt-and-pepper noise - einzelne helle Pixel in dunklen Flächen und dunkle Pixel in hellen Flächen betreffen auch Schwarz-Weiß-Kameras.
Photonen-Rauschen bei der und durch die Aufnahme - Shot noise - Schrotrauschen - quantum noise - photon noise
Rufen wir uns das obige Experiment mit den vielen kleinen Testmessrohren in Erinnerung:
Als Ergebnis für die (Foto-) Praxis kann man festhalten, dass die Größe der Fläche des Messsensors sowie die Dauer der Öffnung einen massiven Einfluss auf die Menge der aufgefangenen Regentropfen / Photonen hat.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass die absolute Abweichung der Anzahl der Tropfen in den Messbechern bei einer langen Öffnungszeit zwar größer ist, deren relativer / prozentualer Anteil an der insgesamt aufgefangenen Regen-/Lichtmenge jedoch geringer.
Ein Beispiel: Bei einer Öffnungszeit von 1 Minute könnte die Variation (Abweichung zwischen niedrigstem und höchstem Messstand in allen Messbechern) 5 Tropfen bei insgesamt 10 Tropfen Gesamtregenmenge betragen. (Generell gilt, dass bei wenigen Regentropfen die Abweichung extrem sein kann.)
Bei einer Öffnungszeit von 1 Stunde wäre die maximale Abweichung hingegen ca. 158 Tropfen bei nun jedoch 10.000 Tropfen Regen. Kurzum der Unterschied fiele im zweiten Beispiel kaum mehr ins Gewicht.
Diese Abweichungen nehmen mit der Quadratwurzel der Regentropfen ab. Mit anderen Worten: Bei doppelter Lichtmenge nimmt das Rauschen nur auf das 1,4-fache zu. In unserem Beispiel ergäbe somit die 1.000-fache Licht-/Regenmenge nur ca. das dreißigfache Rauschen.
Physikalisch korrekt spricht man hier vom Signal-Rausch-Verhältnis (signal-to-noise ratio, SNR bzw. S/N ratio). Manchmal spricht man auch vom Rauschabstand bzw. Signal/Rauschabstand S/N und misst ihn in dB (Dezibel).
In den USA gelten 30 dB Rauschspannungsabstand als Mindestanforderung.
Die Sache wird jedoch dadurch verkompliziert, dass mehrere unterschiedliche Messmethoden des Signal-Rausch-Verhältnisses Verwendung finden. (Daraus folgt auch, dass man die Testergebnisse unterschiedlicher Messlabore für das Rauschen keineswegs unbesehen vergleichen kann.)
5 Einheiten Abweichung (Rauschen) von 10 (Signal) ist ein schlechter wert, während 150 (Rauschen) von 10.000 (Signal) ein deutlich besseres Signal-Rausch-Verhältnis (signal-to-noise ratio) darstellt. - Wichtig ist somit der prozentuale Anteil des Rauschens am Signal.
Deshalb werden dunkle Fotos immer verrauschter sein als helle. Bei weniger Licht ist es schwieriger, ausreichend Photonen auf dem Sensor einzufangen.
Dasselbe betrifft ebenso dunkle Flächen / Bereiche in ansonsten hellen Fotos.
Wie bereits erwähnt, finden sich in den dunklen Feldern zwar absolut gesehen weniger verrauschte Pixel, aber sie fallen dort prozentual gesehen stärker auf.
Dieses physikalische Phänomen ist völlig unabhängig davon, ob es sich um einen digitalen Sensor handelt oder einen analogen Film, und auch unabhängig von der Größe der Sensorfläche. Es betrifft also die kleinste und billigste Pocket-Kamera genauso, wie die teuerste größte Mittelformat-Kamera, ein Smartphone wie eine Profikamera.
Ferner gilt, dass das Signal-Rausch-Verhältnis der Aufnahme fest ist. D.h. man kann es nach der Aufnahme nicht mehr ändern. Man kann es zwar insgesamt anheben, aber dann wird alles verstärkt, auch das sichtbare Rauschen. Alternativ kann man es absenken auf Kosten der sonstigen Bildqualität.
Fotografiert man nun ein Bild mit der korrekten Belichtung, so werden dort helle, mittelhelle und dunkle Stellen vorhanden sein.
Fotografiert man nun ein Bild mit einer Belichtung von -1EV (also unterbelichtet), so werden dort helle, mittelhelle und dunkle Stellen vorhanden sein. Aber alles wird etwas ins Dunkle verschoben werden. In jedem Bereich wurden weniger Photonen aufgenommen. Diese Unterbelichtung kann man durch Erhöhung der ISO-Zahl wieder ausgleichen. Aber das Signal-Rausch-Verhältnis der ursprünglich unterbelichteten Aufnahme bleibt dabei erhalten. D.h. das so aufgehellte Bild rauscht stärker.
Daraus folgt, dass nicht der Sensor, sondern die vom Fotografen gewählte Belichtung das Rauschen maßgeblich beeinflusst.
Überdies folgt daraus, dass man mit jeder höheren ISO-Zahl zwar die Helligkeit erhöht, also das Signal verstärkt, aber auch das Rauschen.
Ferner ergibt sich mit dieser Signalverstärkung eine Verschiebung der hellen Flächen über den nutzbaren Gesamtbereich hinaus (im Histogramm nach rechts). Dies nennt man clipping / Beschneidung. Daraus folgt wiederum, dass (kameraunabhängig) der Dynamikumfang des Bildes mit höherer ISO-Zahl sinkt.
Einflussgrößen
Im Grunde finden sich drei Stellschrauben, mit denen man den Lichteinfall (die Menge des nutzbaren Lichtes für das Foto) beeinflussen kann:
Sensorgröße: Je kleiner die Sensorfläche ist, umso weniger Licht kann bei gleicher Blende, Belichtungszeit und ISO-Zahl für dasselbe Foto verwendet werden.
Daraus folgt, dass das Rauschen bei APS-C (crop 1,5-1,6) oder Micro-Four-Thirds-Kameras (Crop: 2) größer sein muss als bei Vollformat-Kameras.
Der Effekt ist sogar erheblich, da der Sensor einer Micro-Four-Thirds-Kamera nur ein Viertel des Lichtes erhält und daraus dasselbe Foto herstellen muss. Während in den hellen Bereichen und meist auch im Mitteltonbereich noch genug Photonen vorhanden sind, wird das Rauschen in den dunklen Bereichen unübersehbar.
Das ist auch der Grund, warum ich in fast allen Artikeln über Kameras / Sensoren explizit darauf hinweise, dass die Sensorgröße die Bildqualität bestimmt - und nicht so sehr das Kamera-Modell oder der Hersteller.
Blende
Belichtungszeit
Hinweis: Die ISO-Zahl / ISO-Einstellung an der Kamera hat keinen Einfluss auf die einfallende Lichtmenge.
Eine weitere Stellschraube liegt in der Sensoreffizienz, d.h. in der Fähigkeit der einzelnen Pixel auf dem Sensoren a) die gesamte Fläche des Sensors zu bedecken und dann b) auch noch alles dort eingefangene Licht zu verwerten. Dies liegt jedoch ausschließlich in der Hand der Sensorhersteller.
Bildoptimierung
Mit den folgenden Tipps können Sie in der Praxis rauschfreiere Fotos bei der Aufnahme erzeugen:
Belichten nach rechts, expose to the right, exposure to the right (ETTR), Nach-rechts-Belichten
Hier sehen Sie symbolhaft ein normales Histogramm eines durchschnittlich dynamischen Bildmotivs gemäß Belichtungsautomatik der Kamera. Das Histogramm ist nicht bis ganz nach rechts ausgefüllt und der Berg befindet sich typischer Weise etwa in der Mitte. Dadurch finden sich keine Information in den extrem detailreichen Speicherbereichen rechts mit 14, 13 und 12 Bit. Durch die Bit-Struktur der Dateispeicherung werden somit 50% aller möglichen Informationen (für 14 Bit), 25% aller möglichen Informationen (für 13 Bit) und 12,5% aller möglichen Informationen (für 12 Bit) nicht genutzt. D.h.: In diesem Beispiel verzichtet der Fotograf insgesamt auf 87,5% der möglichen Leistung seiner Kamera. - Dafür finden sich zahlreiche Schattentöne in den sehr detailarmen Speicherbereichen mit 1-4 Bit.
Da das Belichten nach rechts in der digitalen Foto-Praxis der wichtigste Aspekt ist, gebührt ihm ein eigenes Kapitel:
Aufgrund des binären Speichermusters der Digitalkameras findet sich extrem viel sichtbares Rauschen in den dunklen Bereichen (links im Histogramm), aber relativ gesehen sehr wenig in den hellen Bereichen (rechts im Histogramm). Die Methode ETTR meint im Prinzip nichts anderes, als dass man die rauschanfälligen linken Bereiche des Histogramms meidet, indem man - in erlaubten Grenzen - überbelichtet und nachträglich das so erzeugte Bild am PC wieder abdunkelt.
Das oben erklärte Schrot-Rauschen nimmt für alle Kameras nur mit der Quadratwurzel zu. D.h. doppelte Lichtmenge führt nur zu 1,4-fachem Schrotrauschen. Ziel des Belichtens nach rechts ist es somit, den Sensor möglichst in den höchsten Sättigungsbereich zu führen, wo er das meiste Licht aufnimmt, aber prozentual gesehen das geringste Rauschen besitzt. - D.h. im Gegensatz zu vielen anderen Dingen wie z.B. Automotoren - arbeitet jeder Fotosensor in seinem oberen Grenzbereich am besten.
Unabhängig von der Sensorgröße, dem Hersteller etc. belichten Sie Ihr Motiv immer so, dass das Histogramm am rechten Rand anstößt, aber nicht über diesen rechten Rand hinausgeht (Gefahr der Überbelichtung, wobei dann Teile abgeschnitten würden, Lichter ausfransen / ausbrennen).
Zahlreiche Motive werden von der Belichtungsautomatik der Kamera eher in das Mittelfeld des Histogramms gestellt. Hier hilft der manuelle Eingriff. Belichten Sie Ihr Motiv also so extrem über, bis Sie an diesem rechten Rand des Histogramms anstoßen.
So erhält der Sensor das maximal mögliche Licht dieses Motivs. Das Signal-Rausch-Verhältnis ist optimal.
Belichten nach rechts verwendet also die Belichtungsinformationen des Kamerahistogramms, um die bestmögliche Bildqualität (Image quality, IQ) zu erzielen.
Am effektivsten funktioniert dies im RAW-Modus, da JPEG - trotz manueller Eingriffe - oft anders belichtet wird. - Zur Klarstellung: Nach rechts belichten funktioniert bei Motiven mit geringem Dynamikumfang (siehe Beispielhistogramm oben) auch mit JPEG. Aber der Aufwand ist so hoch wie bei RAW und das Ergebnis nicht ganz so optimal. Bei Motiven mit hohem Dynamikumfang funktioniert das Nach-rechts-Belichten ausschließlich mit RAW.
Um den Sensor wirklich auszureizen, muss man für das Belichten nach rechts überdies mit der Basis-ISO der Kamera arbeiten (je nach Kameramodell heute meist ISO 64, 100 oder 200). Nur dann funktioniert die Histogramm-Anzeige der Kamera halbwegs brauchbar.
Dazu kann man bei suboptimalen Lichtverhältnissen z.B.:
Das vorhandene Licht erhöhen (mehr Lichtquellen oder stärkeres Blitzlicht verwenden, welche jedoch den Bildeindruck verändern können und nicht immer möglich sind).
Die Blende öffnen (das ändert jedoch die Schärfentiefe und hat meist auch Einfluss auf die maximal mögliche Bildschärfe des gewählten Objektivs).
Die Belichtungszeit erhöhen (was jedoch oft nur für Stillleben funktioniert und Rauschen durch Erhitzung des Sensors produziert, das man mit einer Dunkelaufnahme wieder herausrechnen muss).
Man erkennt schnell, dass die Verwendung der Basis-ISO nicht in allen fotografischen Situationen möglich ist.
Um es klar zu sagen: Wenn die Lichtbedingungen nicht ideal sind, dann zeichnet man durch Belichten nach rechts auch in der höchsten Bit-Stufe (bei Vollformatkameras derzeit meist 14-Bit) zwar viele aber eher sinnlose Bildinformationen auf, welche die Bildqualität nicht wirklich verbessern.
Eine Veränderung der ISO-Zahl verändert nichts an der Belichtung selbst, sondern multipliziert kameraintern nur die erhaltenen Werte. Deshalb erbringt die Erhöhung der ISO-Zahl meist wenig Vorteile, da sie nur dazu führt, dass alle Effekte des Schrot-Rauschens multipliziert werden, also gewünschte wie unerwünschte Informationen. - Allerdings hat die Erhöhung der ISO-Zahl - kameraabhängig - evtl. einen positiven Einfluss auf das Grundrauschen des Sensors, und kann dadurch zu einer höheren Bildqualität bei schlechten Lichtbedingungen führen (siehe hierzu ISO-invariante Sensoren).
Zahlreiche Fachleute empfehlen für das Belichten nach rechts die mittenbetonte Messung, da die Mehrfeldmessung teilweise empfindlich auf kleine Kamerabewegungen reagiert.
De facto nutzt man jedoch nur das Histogramm der Kamera, sowie ggf. vorhandene (blinkende) Überbelichtungs-Warnungen / -Anzeigen. Das kann im Live-View, oder mit Sucher (EVF), oder in der Betrachtung nach einer durchgeführten Testaufnahme am Kamera-Display erfolgen. Allerdings ist die Anzeige des Histogramms im Live-View meist sehr ungenau. D.h. eine Testbelichtung ist empfehlenswert, damit man an jenem Bild die Ergebnisse im Histogramm sehen kann.
Ein Missverständnis besteht bei Fotografen darin, dass viele behaupten, man dürfe kein einziges Pixel überbelichten. Das ist nicht zutreffend. Beim Belichten nach rechts geht es um den für den Fotografen wichtigen Bildteil. Dieser soll weit nach rechts im Histogramm verschoben werden. Selbstverständlich darf man gewisse für das Bildziel unwichtige Elemente überbelichten und ausbrennen lassen. Das erkennt man am einfachsten in der blinkenden Überbelichtungsanzeige. (So wird bei Gegenlichtaufnahmen eine direkt in die Kamera leuchtende Sonne immer überbelichtet sein.)
Der Modus ist gleichgültig: A(v), T(v) sind verwendbar. Überbelichtet wird dann mit der Belichtungskorrektur. M ist jedoch etwas sicherer, da die Halbautomatiken sich manchmal nachträglich unerwünscht ändern. Und im manuellen Modus kann man selbst die Überbelichtung intuitiver / verständlicher einstellen, indem man bewusst die Zeit oder die Blende verändert.
Eine weitere Möglichkeit besteht in der Spot-Messung des hellsten gewünschten Bildbereiches und der testweisen Zugabe von ca. 3 Lichtwerten / EV / Blenden.
Allerdings reicht für das Nach-Rechts-Belichten nicht die allgemeine Helligkeitsanzeige in einfachen (meist weißen) Histogrammen aus, sondern jeder einzelne Farbkanal (Rot, Grün, Blau) muss innerhalb der erlaubten Grenzen bleiben.
Als weiterer Nachteil gilt, dass die Kamerabelichtung auf mittleres Grau geeicht ist und vor allem für JPEG optimiert wurde. Deshalb wird die Anzeige nicht immer korrekt auf Überbelichtung reagieren. Man muss deshalb am Anfang i.d.R. ganze Belichtungsreihen aufnehmen, um in der Lernphase sicher zu gehen, eine optimal rechts belichtete Aufnahme zu erhalten. - Mit der Erfahrung sinkt der Aufwand jedoch bald auf meist nur eine Testaufnahme und eine Belichtungs-Korrektur.
Nachträglich muss man bei einer Belichtung nach rechts diese RAW-Dateien im RAW-Konverter meist wieder manuell auf die tatsächliche Helligkeit des Motivs korrigieren / herunterregeln / normalisieren. (Meist deshalb, weil einige wenige Ausnahmen existieren, wie der weiße Eisbär auf Schnee oder die weiße Katze auf dem Bettlaken, die trotz Überbelichtung optimal aussehen.)
Ferner gilt, dass nicht jedes Motiv und nicht jede Kamera sich perfekt dafür eignen: Manche Motive übersteigen in ihrem Dynamikumfang den jeder digitalen Kamera, und manche Kameras bieten insgesamt nur einen geringen Dynamikumfang. D.h. das Histogramm ist bereits bei normaler Belichtung von ganz links bis ganz rechts völlig ausgesteuert oder sogar übersteuert. - Vor allem Landschaftsaufnahmen mit heller Sonne, weißen Wolken, strahlend blauem Himmel und schneebedeckten Bergen oben und dunklem Wald oder Wasser unten oder Aufnahmen klassischer Automobile in der Sonne mit tiefschwarzen Reifen und auf Hochglanz polierten Chromteilen oder Architekturaufnahmen mit reflektierendem Glasflächen oben sowie tiefen, schattigen Galerien unten dürften jede denkbare Digitalkamera überfordern.
Bei manchen (kleineren) Motiven hilft hier jedoch ein Trick: Verringern Sie den Dynamikumfang des aufzunehmenden Bildausschnittes, damit Sie die bildwichtigen Elemente nach rechts belichten können.
Gemeint ist Folgendes: Wenn Ihre Kamera 10 Lichtwerte Dynamik aufnehmen kann, dann ist ein Motiv mit 10 Lichtwerten Dynamikumfang zwar aufnehmbar, aber nicht mehr im Histogramm nach rechts verschiebbar. D.h. Sie können das Rauschen nicht reduzieren.
Wenn Sie den Dynamikumfang des aufzunehmenden Motivs jedoch auf 6 Lichtwerte reduzieren, so können Sie das Bild um ca. 2 Lichtwerte aus der Mitte nach rechts verschieben / überbelichten.
Eine Reduktion des Dynamikumfanges des Motivs kann z.B. durch einen engeren Ausschnitt oder ausgleichende Lichteffekte erzielt werden (z.B. Abdunkeln der hellen Teile z.B. durch Transparentfolie und Aufhellen der dunkleren durch Reflektoren). Im professionellen Film- und Studio-Bereich arbeitet man fast immer so. - Im Freien kann man auch mit ND-Verlaufsfiltern arbeiten, welche die hellsten Stellen (z.B. Himmel) etwas abdunkeln.
Hier sehen Sie symbolhaft ein durch eine gemäßigte Überbelichtung nach rechts belichtetes Histogramm. Das Histogramm ist relativ weit nach rechts ausgefüllt. Dadurch finden sich alle Informationen in den extrem detailreichen Speicherbereichen mit 4-14 Bit. - Nach dem Abdunkeln in Lightroom oder Camera RAW werden die Schatten wesentlich detailreicher sein.
Belassen Sie die ISO-Zahl so niedrig, wie möglich (natürlich, ohne Verwacklungsunschärfe durch den Fotografen oder Bewegungsunschärfe des Objektes zu riskieren). Verzichten Sie also auf die beliebte ISO-Automatik.
Öffnen Sie im Zweifel die Blende maximal, damit möglichst viel Licht einfällt. Dies verringert jedoch die Schärfentiefe / Tiefenschärfe.
Erhöhen Sie die Belichtungszeit - im Zweifel mit Stativ. Allerdings ist dies nicht bei sich schnell bewegenden Motiven möglich. Gemeint ist hierbei auch nicht die klassische Langzeitbelichtung, bei der wieder erhebliches sensorbedingtes Rauschen entstehen kann.
Erhöhen Sie das verfügbare Licht, sei es durch einen Systemblitz, Lampen oder Studioblitzgeräte sowie Reflektoren.
Vermeiden Sie (abgesehen von gewollten künstlerischen Effekten) Unterbelichtungen. Eine nachträgliche Erhöhung der Belichtung oder auch ein Anheben der Tiefen im RAW-Konverter etc. führt zu deutlich mehr Rauschen im Bild als ein höherer ISO-Wert an der Kamera. Hier ist bei klassischen Sensoren die kamerainterne ISO-Erhöhung optimaler ausgesteuert. Ausnahmen existieren nur bei modernen ISO-invarianten Sensoren.
Ferner erleichtert der bereits beim Fotografieren korrekt eingestellte Weißabgleich das nachträgliche Korrigieren am PC und kann so das Rauschen etwas reduzieren. - Das klingt auf den ersten Blick verwirrend. Aber ein falsch eingestellter Weißabgleich an der Kamera führt im RAW-Konverter zu einem drastisch veränderten Histogramm, weil vor allem der blaue und rote Kanal je nach Weiß-Einstellung besonders verstärkt werden. Dieses erschwert wiederum die optimale Einpassung in das Zielbild. Und dadurch kann im Ergebnisbild etwas mehr Rauschen entstehen. - Wer es nicht glaubt, fotografiere eine Weißabgleichsreihe mit drei Aufnahmen: mit 2.500 Kelvin, ca. 5500K für Tageslicht und 10.000 Kelvin. Betrachten Sie dann in ACR oder Lightroom die jeweiligen Histogramme und passen Sie die zwei Extremwerte auf Tageslicht (5.500 Kelvin) an. Je nach Sensor / Kameramodell erkennen Sie dann mit geübtem Auge die Unterschiede mehr oder weniger deutlich.
Kurzum: Sorgfältiges Arbeiten beim Fotografieren lohnt sich noch immer für hochwertige Bildqualität.
Alte Fotohasen kennen die ersten Tipps, da man zu analogen Zeiten mit Film diese immer voll ausreizte. Erst seit der ISO-Automatik wissen viele neue Fotografen nichts mehr davon und müssen sich dieses Wissen neu erarbeiten.
Allerdings müssen alle ehemals analogen Fotografen bezüglich der Überbelichtung umlernen: Alle Motive - wirklich alle - (auch die schwarze Katze auf dem Kohlehaufen in der Nacht) muss man mit der Digitalkamera überbelichten, um das Rauschen zu reduzieren. - Das muss man auch beim Lesen alter Fotobücher beachten.
Dies gilt sogar für die bis heute übliche Unterbelichtung zur Erhöhung der Sättigung der Farben (z.B. beim Herbstwald oder Sonnenuntergang). So etwas macht man nicht mehr vor der Aufnahme an der Kamera, sondern nachträglich am PC.
Sensorrauschen
Über das sensorbedingte Rauschen (elektronische Hintergrundrauschen) lassen sich seit über 20 Jahren alle möglichen Leute in der Breite aus, obwohl dessen Einfluss auf das Bildergebnis und dessen Qualität eher gering ist.
Unglücklicherweise kann der Betrachter nicht zwischen Photonenrauchen (oben) und elektronisch bedingtem kameraabhängigen reinem Sensorrauschen unterscheiden. Er sieht nur ein mehr oder weniger verrauschtes Endergebnis, das er meist dem Sensor - also seiner Kamera und dessen Hersteller - zuschreibt.
Der Sensor und nachgelagerte Chips zur Bildverarbeitung
Bei den heute verwendeten elektronischen Bildsensoren (CCD, CMOS) besteht das Bildrauschen überwiegend aus dem zufälligen sogenannten Dunkelrauschen aller (funktionierenden) Einzelpixel. Hierbei senden - ohne, dass überhaupt Licht einfällt - entweder der Sensor aufgrund der erforderlichen elektrischen Grundspannung (Dunkelstrom) und / oder dessen Verstärker (Ausleserauschen) Signale, die in der Natur nicht vorhanden sind.
Da jeder Farbkanal unterschiedlich verstärkt werden muss, tritt je Farbkanal auch unterschiedlich starkes Rauschen auf. Vor allem die Farbe Blau muss verstärkt werden, wodurch dort das Ausleserauschen / Verstärkerrauschen meist am auffälligsten ist.
Ferner finden sich immer kleine Abweichungen in der Empfindlichkeit der einzelnen Pixel auf den Sensor. D.h. selbst direkt nebeneinander liegende, funktionierende Pixel werden bei gleicher Lichtmenge nicht selten unterschiedliche Werte an den Verstärker liefern.
Die Erhöhung der ISO-Zahl erhöht nicht - wie viele Fotografen vermuten - die Lichtempfindlichkeit des Sensors selbst. Diese ist nicht veränderbar. Tatsächlich erhöht man nur die nachrangig geschaltete Signalverstärkung der Fotodioden. Dadurch wird jedoch auch immer das Rauschen entsprechend verstärkt. Ferner kommen weitere Rauschanteile durch die größere Abwärme dieses Vorganges hinzu.
Die Pixelgröße sowie - davon abhängig - der Pixelabstand (Pixelpitch, Packungsdichte) des Bildsensors (der einzelnen Fotodiode) beeinflussen das Rauschen.
Je kleiner die Fotodioden sind, desto weniger Licht fällt auf jeden einzelnen Pixel. Dadurch muss das geringe Signal am Ausgang des Prozessors deutlicher verstärkt werden, als bei einer großen Diode, welche mehr Licht empfängt und somit ein größeres Signal zum Verstärker liefert.
Generell gilt, dass Sensoren mit großen Einzelpixeln meist weniger rauschen als kleine. Wobei dies die Betrachtung / Analyse auf Pixelebene meint. Eine 50-Mega-Pixel-Kamera rauscht bei gleicher Sensorgröße stärker als eine 16-Mega-Pixel-Kamera bei Betrachtung auf Einzel-Pixelebene. Betrachtet man die zwei Fotos jedoch auf einem gleichgroßen Ausdruck / auf gleicher Ausgabegröße (z.B. 30*20 Zentimeter) so ist der Bildeindruck derselbe. - Korrekt gelesen: Mehr Mega-Pixel führen im Ausdruck nicht zwangsweise zu höherem Rauschen.
Hinzu kommt ein kleiner Abwärmeeffekt dicht gepackter Fotodioden durch den anliegenden Grundstrom. D.h. je dichter die Fotodioden auf einem Sensor gepackt werden, desto höher ist die entstehende Abwärme, die trotz großer Anstrengungen nur eingeschränkt durch besondere Ableitungsvorkehrungen kompensiert werden kann.
Einige wenige dedizierte Kameras (und zunehmend neue Smartphones) können bei geringem Licht mehrere Pixel zusammenschalten. Dadurch reduziert sich das Rauschen etwas. Allerdings reduziert sich so auch die Auflösung.
Hinzu kommt noch ein Quantisierungsrauschen. Dies entsteht bei der Umwandlung des kontinuierlichen analogen Stroms des Pixels in einen digitalen Wert. - Sie haben richtig gelesen: Der Kamerasensor ist ein analoges Gerät, welches das einfallende Licht in ein analoges Signal proportional zur Lichtmenge wandelt (doppelte Lichtmenge ergibt die doppelte Stromstärke) und dann erst an den AD-Wandler weiterreicht. - Jeder Hersteller verwendet im Übrigen etwas abweichende Methoden zur Analog-Digital-Wandlung (nicht selten sogar in jedem Kamera-Modell), wodurch es zu verschiedenen Ergebnissen kommen kann.
Das Rauschen des Sensors ist prinzipiell wärmeabhängig (vor allem das Rauschen des Dunkelstroms). D.h. es nimmt generell zu, wenn der Sensor warm oder sogar heiß wird.
Jeder Sensor nimmt Wärme bereits im Leerlauf auf, da Strom durch ihn fließt. Diese Erwärmung ist zwar gering, kann jedoch in einer heißen Umgebung als zusätzlicher Faktor auschlaggebend werden. Im Übrigen ist das Dunkelstromrauschen meist von Pixel zu Pixel unterschiedlich, wodurch es ebenfalls zu einem Rauschen des gesamten Sensors kommt.
Hinzu kommt eine Erhitzung durch die Belichtung selbst, wobei besonders Langzeitbelichtungen, respektive viele Belichtungen direkt hintereinander (Serienbildaufnahmen, Dauerfeuer) den Sensor erheblich aufheizen können.
Am größten ist die Aufheizung jedoch durch den Live-View, bei dem der Sensor oft minutenlang (teilweise noch länger) dem Sonnenlicht ausgesetzt ist, nur, weil der Fotograf sich das aufzunehmende Motiv auf dem rückwärtigen Display anzeigen lassen will oder mangels Suchers anzeigen lassen muss. Dieses Phänomen betrifft selbstredend auch alle modernen spiegellosen Kameras, bei denen das Licht ständig direkt auf den Sensor fällt und diesen erhitzt. Noch deutlicher wird dies bei Videoaufnahmen, die auch bei modernen Kameras durchaus zur Zwangsabschaltung wegen Überhitzung führen können.
Das wärmeabhängige Rauschen nimmt übrigens mit der Belichtungszeit zu.
Hinzu kommt bei manchen Kamera-Modellen ein weiteres, zufälliges (meist wolkenartiges) Rauschmuster, das mit sehr niedriger Frequenz auftritt (very low frequency noise). Es zeigt sich vor allem auf homogenen Flächen und dort wiederum besonders in den mittleren und dunklen Bildbereichen.
Auch bei gleicher Gesamtlichtmenge und sonst identischen Rahmenbedingungen zeigen Sensoren tendenziell meist bei Langzeitbelichtungen (über 1 Sekunde) mehr Rauschen in dunkler Umgebung als bei Kurzzeitbelichtung in heller Umgebung.
Da es sich um ein Grundrauschen der elektronischen Bausteine handelt, wird es in mittleren und vor allem dunklen Bereichen, auf die wenig Licht fiel, schneller sichtbar. Dort wird das Verhältnis der von außen durch das Objektiv einfallenden Photonen zu den von der Elektronik in der Kamera selbst erzeugten Lichtpunkte immer kleiner. Mit anderen Worten: In dunklen Fotobereichen wird der prozentuale Anteil der störenden, durch die Elektronik fälschlicher Weise erzeugten Pixel immer größer. - In hellen Bereichen finden sich zwar absolut gesehen mehr störende Pixel. Aber sie fallen prozentual nicht mehr auf.
Man kann diese elektronischen Störfaktoren auch in zwei Gruppen unterteilen:
Störeinflüsse vor der Verstärkung (durch die ISO-Komponente). Gemeint sind die elektronischen Störfaktoren bei der Aufnahme der Photonen im Fotosensor selbst.
Und Störeinflüsse nach der Verstärkung (durch die ISO-Komponente). Gemeint sind die elektronischen Störfaktoren der kameraintern nachgelagerten Prozesse.
Festzuhalten bleibt, dass der Fotograf auf die meisten dieser Rausch-Faktoren kaum oder keinen Einfluss nehmen kann. Sie werden meist durch die Qualität des Sensors, der analogen Signalverarbeitung und der Analog-Digital-Wandlung der Kamera bestimmt. Tendenziell liegt die Qualität bei teuren Modellen höher als bei preiswerten. Aber eine Garantie besitzt man nicht, da die Serienstreuung erheblich ist.
Fakt ist auch, dass bei ISO 100 resp. der kameraspezifisch niedrigsten ISO-Stufe und dem Dateiformat JPEG bei fast keiner modernen Kamera Rauschen sichtbar ist. Dies liegt daran, dass JPEG sowieso bereits auf die für den Druck nur möglichen ca. 6-8 Blendenstufen / Lichtwerte reduziert wird. Dabei wird das Rauschen weitgehend eliminiert.
Weitere Qualitätskriterien
Es finden sich weitere Qualitätskriterien der Sensoren, die nichts mit dem zufälligen Rauschen zu tun haben, aber oft damit verwechselt oder vermischt werden:
So finden sich Hotpixel, einzelne defekte Pixel auf dem Sensor, die ständig falsche Signale senden. Im Grunde handelt es sich hierbei nicht um zufälliges Rauschen, es wird jedoch fast immer in dessen Zusammenhang beschrieben. Teilweise wird es auch als FPN (Fixed Pattern Noise) bezeichnet. Die Anzahl der defekten Pixel hängen von der Fertigungsgenauigkeit und dem Alter des Sensors sowie der Packungsdichte ab. Das Phänomen tritt besonders bei großer Hitze und Langzeitbelichtungen auf. Da es sich - im Gegensatz zu den anderen Rauscharten - um kein zufälliges, sondern ein stabiles Störmuster handelt, finden sich hierfür inzwischen manuelle und halbautomatische Erkennungsverfahren, welche derartige defekte Pixel bereits in der Kamera markieren und für das Foto aussondern. Meist handelt es sich hierbei um 2 hintereinander durchzuführende Aufnahmen: einem Normalbild und einem Dunkelbild. Die auf dem 2. Bild leuchtenden Bildpunkte werden dann von Original subtrahiert. Sie finden dies in vielen Kameras heute bei Langzeitaufnahmen, bei denen automatisch (oder einstellbar) ein gleich lange belichtetes Dunkelbild nach dem Foto aufgenommen wird.
Ein weiteres Phänomen ist das Banding Noise, eine Störung, die in Bändern / Mustern verläuft. Dieses scheint sehr vom Kameramodell abhängig zu sein. Einige Effekte scheinen beim Auslesen der Sensordaten zu entstehen. Manchmal treten diese Effekte bei hohen ISO-Zahlen und besonders im Schatten auf. Manchmal scheint es auch von der Weiß-Balance beeinflusst zu werden. Bei neueren spiegellosen Kameras aller Hersteller scheint eine weitere Art des Bandings durch die auf dem Sensor aufgebrachten Phasenautofokus-Messfelder verursacht zu werden.
Ferner hängt die Qualität auch von der Quantenausbeute ab. Darunter versteht man die Wahrscheinlichkeit, mit der ein auf das Pixel fallendes Photon ein Elektron auslöst. Sie hängt zwar von der Wellenlänge des Lichts ab, kann im optimalen Fall allerdings größer 90% sein.
Überdies hängt die Qualität auch vom Sensor fill factor ab. Damit meint man, wie viele Fotodioden auf einer bestimmten Fläche liegen. Fälschlicherweise nehmen die meisten Fotografen an, dass alle einzelnen Dioden auf einem Sensor dort nur zum Zweck der Lichtaufnahme angebracht wären und diese folglich eng beieinanderliegend den gesamten Sensor ausmachten. In der Realität befinden sich jedoch oft erhebliche Lücken zwischen den reinen Fotodioden, sodass bei weitem nicht alles auf die Sensorfläche einfallende Licht ausgenutzt wird.
Vor allem, wenn die dem Sensor nachgelagerte Elektronik keine unregelmäßigen Störungen erzeugt, sondern regelmäßige Muster (Pattern noise, Banding), kann man sie durch Größenveränderungen des Bildes nicht herausbekommen. Hinzu kommt, dass Menschen Muster und Kanten sehr gut erkennen. D.h. sie werden diese regelmäßigen Störfaktoren schnell wahrnehmen.
Einflussnahme auf das Sensorrauschen
Halten Sie Ihre Kamera kühl. Setzen Sie sie - vor allem im Sommer - nicht längere Zeit der direkten Sonneneinstrahlung aus.
Vermeiden Sie lange Serienaufnahmen (Dauerfeuer) bei großer Hitze (sei dies im Sommer oder in überhitzten Hallen / Räumen).
Schalten Sie die Kamera in Pausen ab und verstauen Sie sie im Schatten.
Reduzieren Sie den Einsatz der Live-Vorschau / des Live-Views an heißen Tagen.
Schalten Sie vor allem spiegellose Kameras (die quasi immer im Live-View arbeiten) zwischen Aufnahmeblöcken regelmäßig aus.
Ein aktives Herunterkühlen der Kamera (z.B. im Gefrierfach) ist jedoch zu vermeiden, da es dadurch beim Herausnehmen und Verwenden in der warmen Umgebung zur schädlichen Kondensation kommt (siehe Hitze und Kälte).
Dennoch lassen sich manche Aufnahmen auch auf kältere Temperaturen / Zeiten verlegen. So werden Langzeitaufnahmen des Sternenhimmels im kalten Winter rauschärmer als im warmen Sommer.
Vermeiden Sie Langzeitbelichtungen ohne Dunkelbildkorrektur.
Belichten Sie korrekt, und vor allem nicht (unbeabsichtigt) unter, da man dunkle Schattenpartien meist nur mit (mehr oder weniger sichtbarem) Rauschen aufhellen kann.
Vermeiden Sie (sofern möglich) hohe ISO-Stufen, da mit dieser kamerainternen Funktion auch das Grundrauschen drastisch verstärkt wird. So wird das Sensor-Grundrauschen von ISO 100 zu ISO 12.800 auch 128-mal vergrößert.
Nachträgliche Rauschreduzierung
Sowohl in der Kamera als auch am PC kann man nachträglich das Rauschen reduzieren.
Es finden sich hierzu viele Verfahren, die der Fotograf entweder manuell beeinflussen kann, oder die als sogenannte Blackbox anhand von inzwischen durchaus zutreffenden Erfahrungswerten ansehnliche Ergebnisse liefern.
Allerdings reduzieren alle Verfahren in irgendeiner Weise die ursprüngliche Bildqualität - meist bei den Punkten Bildschärfe und / oder Kontrastumfang. D.h. es gehen Bildinformationen verloren. Dies betrifft vor allem sehr feine Strukturen mit geringem Kontrast. Je umfassender der Einsatz von Weichzeichnern und Konturverstärkern ist, desto ungünstiger wirkt sich dies auf den Gesamteindruck des so nachbearbeiteten Bildes aus.
Da Farbfehler subjektiv als störender empfunden werden, wird das chromatische Rauschen meist viel aggressiver bekämpft als das Luminanzrauschen (Helligkeitsfehler). Allerdings ist diese Bewertung subjektiv und motivabhängig.
Ferner legt das Ursprungsbild die Grenzen der Optimierung deutlich fest. D.h. in puncto Rauschen lässt sich nicht alles nachträglich korrigieren.
In der Kamera laufen Korrekturverfahren meist als sogenannte Rauschfilter halb- oder vollautomatisch ab.
Am PC finden sich eher manuelle und halbautomatische Verfahren, welche je nach Dateiformat (RAW und JPEG) unterschiedlich weitreichende Eingriffe erlauben.
So lassen sich auch einzelne Bildteile separat behandeln (andere Bereiche maskieren).
Der Vorteil der Bearbeitung am PC liegt allerdings weniger in der angeblich besseren Entrauschung (das kann heute jeder Automatismus effizienter), als in der subjektiv dem Motiv angepassten Einflussnahme, d.h. dem individuell gestaltbaren künstlerischen Faktor.
Insbesondere lässt sich am PC die doppelte RAW-Entwicklung mit veränderten Entrauschungsparametern - einmal für Flächen, einmal für Details - durchführen. Danach kann man manuell die beiden Bilder mit Ebenenmasken verbinden.
Allerdings kosten diese manuellen Nachbearbeitungen auch erhebliche Zeit.
Jedoch scheinen zumindest viele RAW-Konverter immer eine Rauschreduzierung durchzuführen, auch wenn man manuell alle Werte auf 0 resp. neutral stellt.
Aber auch in vielen anderen Fällen reicht es bei heutigen hochwertigen Kameras oft aus, nur die dunklen Bildpartien (ggf. mit Masken) zu entrauschen.
Motivabhängigkeit
Abgesehen davon, dass jeder Fotograf eine andere persönliche (subjektive) Schmerzgrenze für das Rauschen besitzt, finden sich auch motivabhängige Unterschiede:
Nachtaufnahmen dynamischer Vorgänge (z.B. Sport) vertragen i.d.R. deutlich mehr Rauschen als Tagesaufnahmen.
Mitgezogene Sportaufnahmen (panning) vertragen oft mehr Rauschen als Aufnahmen statischer Objekte.
Vor allem Dämpfe (z.B. in Garküchen) und Wolken vertragen oft deutlich mehr Rauschen ohne den Bildeindruck zu beschädigen.
Die Größe des Ausdrucks sowie der Betrachtungsabstand bestimmen maßgeblich den Grad an tolerierbarem Rauschen.
Manche Aufnahmen (insbesondere in Schwarz-Weiß) können von einer gewissen Körnigkeit (Rauschen) sogar profitieren. Dies gibt ihnen ein filmartiges Aussehen.
Falls man das Foto für den Einsatz im Internet sogar verkleinert, muss man sich über Rauschen weniger Sorgen machen, da es durch die Kompression oft kaum mehr sichtbar ist.
Dampfende Küche auf einem Weihnachtsmarkt bei 25.600 ISO, f4, 33 mm, 1/50 Sek., aus der Hand in der Nacht auf dem Weihnachtsmarkt, Canon 5DIII, 2014.
1:1-Ausschnitt der Bildmitte: Persönlich kann ich mit dem Rauschen selbst bei 25.600 ISO leben, da es in diesem Bild den Eindruck nicht wirklich stört.
Höchste Ansprüche
Wer höchste Ansprüche an absolut gesehen möglichst rauscharme Fotos stellt, muss auch dementsprechende Maßnahmen ergreifen:
Je größer und damit teurer der Sensor ist (sowie in der Folge schwerer die Kamera), umso geringer fällt das Rauschen aus.
Je weniger Mega-Pixel der größtmögliche Sensor besitzt, desto weniger rauschanfällig ist er, da jede einzelne Fotodiode relativ groß ist.
Je neuer der Sensor und die dahinter geschalteten Auslese- und Verstärker-Einheiten sind, desto geringer ist aufgrund des technischen Fortschrittes (zumindest in den Spitzenprodukten der Hersteller) meist das Rauschen.
Aus diesen Gründen wird es verständlich, warum professionelle Sportkameras nur ca. 20-25 Mega-Pixel auf einem Vollformat-Sensor besitzen und über 6-7.000 Euro kosten (Z.B. Canon 1D X III, Nikon D6 und Sony A9II).
Je lichtstärker (somit auch teurer und schwerer) die Objektive sind, desto mehr Licht fällt auf den Sensor, desto geringer wird in der Folge das Rauschen.
Je größer die Belichtungszeiten sind (abgesehen von klassischen Langzeitbelichtungen), desto mehr Licht fällt auf den Sensor, desto geringer wird in der Folge das Rauschen.
Benutzen Sie nur Spiegelkameras und den Sucher (kein Live-View), um die Sensortemperatur niedrig zu halten. Sofern Sie moderne spiegellose Kameras verwenden wollen, dann müssen Sie diese vor wichtigen Aufnahmen lange ausschalten, damit der Sensor herunterkühlt.
Je kühler der Sensor und die elektronischen Teile sind, desto weniger Rauschen entsteht. Allerdings sind in Stickstoff auf unter minus 100 Grad Celsius gekühlte Systeme kaum mehr alltagstauglich, geschweige denn für Amateurfotografen bezahlbar.
Je geringer die faktisch nutzbaren realen ISO-Zahlen sind, desto geringer ist das Rauschen. Hier treten jedoch zwei gravierende Einschränkungen auf: ISO ist allerdings nicht gleich ISO, sondern sensorabhängig, und nutzbar meint ohne Qualitätsverluste durch irgendwelche dem Sensor nachgelagerten Verstärker- bzw. Dämpfer-Elemente resp. Filter-Elemente.
Je teurer die Nachbearbeitungssoftware und je höher der Zeitaufwand der Nachbearbeitung, umso detaillierter lassen sich die verschiedenen Rauschunterdrückungsmaßnahmen auf bestimmte Bildbereiche anwenden. In der Weltraumforschung werden so für Menschen völlig verrauschte Aufnahmen noch sinnvoll ausgewertet.
Für Fotografen hingegen sinnvoll ist der Umstieg auf eine Kamera mit einem modernen ISO-invarianten Sensor, welche dank direkt bei der Fotozelle angebrachter Wandlung das Rauschen reduzieren.
D.h. letztendlich muss jeder Fotograf für seine Anwendung den für ihn vertretbaren Kompromiss aus bezahlbarer Alltagstauglichkeit und Rauschfreiheit finden.
Allerdings ändert auch der höchste finanzielle Einsatz für die rauschärmste Hardware nichts daran, dass man Rauschen durch die optimale manuelle Einstellung an der Kamera (nach rechts belichten) effizienter reduziert.
Neue Software zur Rauschunterdrückung
2022 nahm ich nochmals jene alten Dateien und verwendete neuere Software zur Rauschunterdrückung:
Lightroom CC Classic - eine weit verbreitete professionelle Bildbearbeitungssoftware.
Topazlabs DeNoise AI - eine moderne Rauschunterdrückungs-Software, die mittels künstlicher Intelligenz arbeitet.
1:1-Ausschnitt der Bildmitte. Nachbearbeitet mit Lightroom CC Classic 2022 und linearem RAW-Profil für die Kamera. Es zeigt bereits deutlich weniger Rauschen als diese Vorgänger-Software 8 Jahre zuvor. - Hier das Gesamtbild auf 3.000*2.000 Pixel.
1:1-Ausschnitt der Bildmitte. Nachbearbeitet mit Topazlabs DeNoise AI 2022. Hier ist kaum mehr ein Rauschen sichtbar. - Hier das Gesamtbild auf 3.000*2.000 Pixel.
Die Bildbearbeitung hat in den 8 Jahren deutlich zugenommen und kann inzwischen fast jedes Rauschen auch von alten Kameras und alten Sensoren unter schlechten Lichtverhältnissen sehr gut beheben.
Praxistipps
Normalfotografen sollten es jedoch mit dem Rauschen auch nicht zu ernst nehmen:
Hochwertige Micro-Four-Thirds-Kameras vertragen 1.600 ISO, hochwertige APS-C-Kameras 3.200 ISO, hochwertige Vollformat-Kameras 6.400-12.800 ISO - sogar für einen anspruchsvollen DIN A 4-Druck. Mit Profikameras und aufwändiger Nachbearbeitung lassen sich sogar 25.600 ISO noch dafür verwenden.
Es gilt noch immer, dass ein scharfes Foto (Bewegungs- und Verwacklungsunschärfe vermeiden) meist wichtiger ist, als etwas Rauschen.
Bei privaten Partys oder Familienfeierlichkeiten darf man die obigen ISO-Grenzen durchaus nochmals um 1 Stufe erhöhen.
Kompaktkameras - auch sündhaft teure Edelkompakte - stoßen jedoch bereits oft bei ISO 800 an Grenzen. Da hilft dann in vielen Fällen nur noch der ungeliebte eingebaute Blitz.
Wer nachträglich etwas mehr Qualität bei hohen ISO-Zahlen herausholen will, sollte
mit RAW fotografieren, da dieses Format mehr Spielraum für Korrekturen bietet.
den Weißabgleich manuell präzise einstellen, da Farbkorrekturen im hohen ISO-Bereich schwieriger sind,
und evtl. 1/3 bis 2/3 Lichtwerte / Blenden überbelichten, da man unterbelichtete Fotos mit hohen ISO-Werten kaum aufhellen kann, ohne das Rauschen deutlich zu erhöhen.
Verwenden Sie bei schlechten Lichtverhältnissen ein gutes Systemblitzgerät. Selbst wenn es nur mit Teilleistung das Motiv etwas aufhellt, so ist die positive Wirkung oft deutlich sichtbar.
The TRUTH about High Megapixel Noise - 08.01.2023, Englisch. Er vergleicht Vollformat-Kameras mit niedriger und hoher Pixel-Zahl. Bei optimaler nachträglicher Korrektur beider Varianten am PC zeigt immer die Kamera mit der höheren Pixel Zahl das qualitativ hochwertigere Foto.
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