Kamerahersteller Fuji: Wirtschaftsanalysen, technische Analysen - Geschichte, Gegenwart und Zukunft.
Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle bei Fujifilm behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.
Dieser Artikel über die Firma Fujifilm wendet sich an Fotografen mit Interesse an ökonomischen Hintergründen, welche die Fotografie bestimmten und noch immer mitbestimmen, historisch interessierte Personen, Börsen-Analytiker, die an langfristigen Analysen interessiert sind, und Fuji-Fans.
Fachspezifische Vorkenntnisse sind keine erforderlich, da alles verständlich erklärt wird respektive weitergehende Erklärungen verlinkt sind. So werden die ökonomischen Fakten rund um Fujifilm mit zahlreichen Grafiken verständlich erläutert.
Die Märchen und Legendenbildung der Neuzeit zu Fujifilm des jahrelangen CEO, der angeblich früheren analogen Film-Firma in der Sackgasse, der angeblichen Neugründung der Firma etc. werden auf allen Ebenen wissenschaftlich widerlegt.
Sie erhalten als Leser interessante und spannende Einblicke in eine große japanische Firma.
Zum Schluss zeige ich anhand der zahlreichen Ergebnisse die Risiken und Chancen der Zukunftsfähigkeit von Fujifilm auf.
Bei Fujifilm handelt es sich um einen Konzern, der seit 2006 eine Holding-Struktur besitzt - Fujifilm Holdings K.K. - Fuji Fuirumu Horudingusu Kabushiki kaisha oder auch: Fujifirumu Horudingusu kabushiki gaisha.
Die Firma wird oft auch mit der Kurzform Fuji bezeichnet.
Als öffentliche Aktiengesellschaft (weitere Aktienkurse) ist sie an der Tokioter Börse im Nikkei 225 gelistet. Der Nikkei gilt als der japanische Leitindex und der bedeutendste Aktienindex Asiens. Fujifilm gehört somit ökonomisch zu den besten Adressen Japans.
Der Konzern ist weit diversifiziert:
Healthcare and Material Solutions - Er unterteilt sich weiter in zwei Unterbereiche:
a) Medizinbereich im weitesten Sinne inklusive Kosmetikprodukte, wobei man bei radiologischen Geräten Weltmarktführer ist.
b) Unter Funktionalen Materialien versteht man überwiegend Grund- und Rohstoffe (auch aus dem Bereich Nano- und Biotechnologie) für medizinische Produkte bis hin zu Nahrungsergänzungstabletten.
Das Ziel der Ausbaupläne ist, ein Spektrum von der medizinischen Vorsorge über die Diagnose bis hin zur Therapie anbieten zu können.
Document Solutions - Firmen-/Büro-Bereich mit Produkten und Dienstleistungen rund und die Dokumentenverwaltung (Kopierer, Bürokommunikation, Digitaldruck).
Imaging Solutions - analoge (Bilderservice, Minilabore, Papier, Film sowie Sofortbildkameras) und digitale Fotografie (Kameras und Objektive) sowie professionelle Video-/Filmausrüstung.
Ferner besitzt die Holding weltweit mehr als 280 Tochtergesellschaften (Integrated Report 2018, S. 39) und rund 50 Beteiligungsunternehmen.
Als wichtigste Quelle werden die Quartals-, Halbjahres- und Jahres-Geschäfts-Berichte von Fujifilm verwendet. Erfreulicher Weise liegen sie seit dem Jahr 2004 offen publiziert im Internet vor. Für diejenigen Leser, welche so etwas nicht kennen: Da meist auch Vergleichsdaten aus dem Vorjahr sowie Projektionen für das kommende Jahr publiziert werden, kann man damit vereinzelt von 2003 bis in die nahe Zukunft manche Details betrachten.
Hinzu kommen die Integrated Reports / Hochglanzbroschüren der jährlichen Geschäftsberichte bis zum Jahr 1999, mit den wichtigsten Kernzahlen, die teilweise bis 1991 zurückreichen.
Wie viele Firmen verwendet Fujifilm seit 1995 das Geschäftsjahr April bis März. - Aber vor 1995 verwendete man ein Finanzjahr bis zum 20. Oktober. Deshalb legte man 1994/1995 ein kurzes Finanzjahr mit 5 Monaten und 11 Tagen zur Überbrückung ein.
Daraus ergeben sich massive Schwierigkeiten: Im Grunde sind viele Zahlen von 1995 und davor nur in gewissen Punkten verwendbar, da sie 1995 kein ganzes Jahr abdecken und davor einen anderen Berichtszeitraum.
Überdies führte vermutlich dieses Zwischenjahr 1995 zu einer absolut chaotischen Benennung der Finanzjahre / Geschäftsjahre und vor allem der Dateibenennungen:
Fujifilm bezeichnet in den offiziellen Titeln der Hochglanzbroschüren das Geschäftsjahr rückblickend z.B. Fiscal Year 2019 (April 1, 2019 - March 31, 2020)
- siehe Integrated Reports.
Fujifilm benennt aber die PDFs der für die Finanzwelt einzig relevanten Original-Finanzdaten vorausschauend z.B.: Fiscal Year 2019 (April 1, 2019 - March 31, 2020)
heißt dann folglich 2020: ff_20203q4_001.pdf)
Noch weiter verkompliziert wird alles, weil Fujifilm bewusst in den Berichten die folgende Bezeichnung verwendet: Financial Results (Consolidated) for the Fiscal Year ended March 31, 2020
damit aber das Geschäftsjahr 2019 meint.
Nochmals verkompliziert wird alles, weil Fujifilm in den PowerPoint-Präsentationen das Finanzjahr 2004-2008 vorausschauend bezeichnete: Fiscal 2004
meint somit das Finanzjahr 2003: 1. April 2003 - 31. März 2004. Seit 2009 nennt man es auch noch vorausschauend aber mit dem Zusatz /3 - also FY2009/3. Gemeint ist aber noch immer das Finanzjahr 2008: 1. April 2008 - 31. März 2009. Allerdings verwendet Fujifilm in fast jeder Publikation (selbst einer Serie) unterschiedliche Bezeichnungen für sein Wirtschaftsjahr, sodass man jedes Mal genau hinsehen muss.
Daraus folgt erstens, dass es sich bei allen Geschäftsjahresdaten nicht um Kalenderjahre handelt. Zweitens gibt es für alles zwei Bezeichnungen / Dateien, die zu wildesten Verwechslungen führen können. Falls Sie es nicht verstehen, dann lesen Sie die Sätze nochmals durch. Die Irreführung liegt bei Fujifilm.
Ferner muss man bei allen Daten genau prüfen, ob sie den Konzern, oder nur einen Geschäftsbereich davon, oder sogar einen Unterbereich, oder nochmals eingeschränkt nur eine Unter-Unter-Gruppe betreffen. So gibt es die Fujifilm Holding, dann darunter den Bereich Imaging und darunter den Teilbereich Electronic Imaging.
Überdies sind viele Werte anders zu betrachten als bei Mitbewerbern, da Fujifilm z.B. einen erheblichen Teil des Umsatzes nicht durch Verkäufe, sondern auch durch Vermietung (Rentals) erzielt. D.h. man sollte manche reinen Zahlenwerte (z.B. Umsatz, Gewinn etc.) nicht so einfach mit anderen Konzernen (auch im Optik-/Kamerabereich) vergleichen. Letzteres will ich dadurch vermeiden, dass ich hier einen weitgehend Fujifilm-zentrierten Ansatz wähle. Auch dieser wird Ihnen die Augen öffnen.
Überdies sind alle Angaben in japanischen Yen. Der Kurs schwankte zwar in dem sehr großen Betrachtungszeitraum über 30 Jahre. Aber man kann ihn grob durch 100 dividieren, um Euro zu erhalten, oder Yen einfach als Cent ansehen. Dies erklärt die oft riesigen Zahlen mit oft hunderten oder tausenden von Milliarden Yen.
Abrundend wurden weitere Interviews des Managements und sonstige offen zugänglichen Daten verwendet.
Nach langer Überlegung habe ich mich entschieden, die Jahreszahlen in meinen Grafiken rückwirkend zu verwenden, so wie das offizielle Finanzjahr von Fujifilm und wie Fujifilm es auch in seinem Integrated Report 2020 verwendete. Dies entspricht auch eher der Logik der meisten Menschen, da immerhin 9 der 12 Monate dann im korrekten
Kalenderjahr liegen. - Beispiel: Die Jahreszahl 2019 in den Grafiken meint somit das Finanzjahr 2020 von Fujifilm, das vom 01.04.2020 bis zum 31.03.2021 reichte.
Die verschiedenen Geschichtsdaten entnahm ich vor allem den Publikationen der Firma Fujifilm selbst. Aber seien Sie trotz der angeblich offiziellen Daten bitte vorsichtig. Die Firma treibt eine unglaubliche retrospektive Legendenbildung mit schamloser Übertreibung. Da wird gerne suggeriert, dass das erste Entwicklungsprodukt (im Forschungs-Labor) bereits die massenhafte Marktdurchdringung bedeutet hätte.
1934 begann Fujifilm mit der Produktion der ersten Kinofilmmaterialien (Positivfilme) in Japan. Ebenfalls 1934 begann man mit Filmen für Gravuren (Druckbereich). Ab 1939 drang man auf den Kunstdruckmarkt vor, den man nach dem Zweiten Weltkrieg weiter ausbaute. Bereits in den 1930er Jahren kamen fotografischer Film (1936) und Röntgenfilm (1936) als Produkte hinzu.
Angeblich stellte man ab 1940 erste Objektive her. 1944 wurde die Fuji Photo Optical Company gegründet, die als Fujinon bekannt wurde und Objektive, Linsen etc. herstellte. Ab 1948 kamen Farbfilme dazu - aber vermutlich zuerst eher für den (Kino-)Film-Bereich. Ab den 1940er Jahren bis in die 1980er Jahre vertrieb man unter dem Namen Fujica Kameras (u.a. Spiegelreflexkameras). Angeblich wurde die erste eigene Fotokamera 1948 entwickelt.
In den 1950er Jahren expandierte man auf den Computerbereich. Ebenfalls in den 1950er Jahren entwickelte man das erste Videoband, das man angeblich ab 1959 an Fernsehgesellschaften vermarktete. Seit 1965 stellte man Magnetbänder für die Datenspeicherung von Computern her. Ab 1971 folgten die ersten Videobänder für den Heimgebrauch. Bis in die 1980er Jahre expandierte Fuji in Bereiche wie Musikkassetten und Disketten.
1962 gründete Fuji mit Rank Xerox zusammen die Fuji Xerox Co. Ltd. und stellte den ersten Papier-Kopierer in Japan her. Damit gelang der große Einstieg in das B2B-Geschäft als weiteres Standbein und der Aufbau des zweiten Konzern-Bereiches Document Solutions. Diese frühe Kooperation halte ich für den strategisch wichtigsten Schritt in der Firmengeschichte des Konzerns. Ohne diese Firma Fuji Xerox und den vielen daraus entstandenen Produkten sowie Dienstleistungen inklusive der Umsätze und Erlöse hätte Fujifilm den Wandel zur Digitalisierung kaum (so reibungslos) vollzogen. Seitdem produziert Fuji Xerox auch digitale Drucksysteme für Xerox. Seit 1975 kamen Farbkopierer dazu. Ab 2000 wurde die Anteile an der Tochterfirma erhöht. Letzteres führte dazu, dass 2001 bilanztechnisch 'plötzlich' alles explodierte. Faktisch waren die Erlöse sowie Mitarbeiter jedoch bereits vorher vorhanden - tauchten allerdings in den Bilanzen nicht auf.
In den 1970er Jahren kamen die Produktion von Druckplatten und Produkte für grafische Systeme dazu. In den 1990er Jahren kamen CTP-Platten (Computer To Print) für die Druckindustrie hinzu. Aber auch zahllose andere Produkte wie z.B. Filteranlagen oder Tintenstrahldrucker (ab 1998) stellte die Firma her. Ferner stellte man als Auftragsunternehmen Stoffe und (Teil-)Fertigprodukte für andere Firmen her.
Vor allem seit den 1960er und 1970er Jahren drang die bisher überwiegend japanzentrierte Firma mit zahlreichen Produkten auf den Weltmarkt vor.
Seit es Fuji 1983 erstmals gelang, ein Röntgenbild zu digitalisieren, trieb man den Röntgenbereich voran. Fujifilm gilt als Erfinder der Computed Radiography (CR), welche die Strahlenbelastung für Patienten und Arzt verringerte.
Seit man in den 1990er Jahren erste LCD herstellte, baute man den Bereich systematisch aus und liefert heute viele Teile für LCD - Flachbildschirme und Anzeige-Elemente.
Während Fujifilm selbstredend früher viele analoge Labore zur Filmentwicklung herstellte und auslieferte, stellte man seit 1996 digitale Minilabore her, mit denen man in (größeren) Fotoläden vor Ort Fotos sofort ausdrucken / ausbelichten konnte.
Somit war Fujifilm bereits um die Jahrtausendwende ein weit diversifizierter Großkonzern mit einer für den außenstehenden Laien kaum mehr überschaubaren Anzahl an Produkten und Dienstleistungen.
Aber man hatte beim - damals noch Fuji Photo genannten - Konzern nicht immer Glück respektive ein gutes Händchen für die Produktauswahl und die Firmenausrichtung. So wurde - wie bei Kodak und AGFA - die Digitalisierung des Foto- und Filmbereiches nicht rechtzeitig als ernste Bedrohung wahrgenommen. Fujifilm hatte sich lange auf diesen analogen Filmbereich verlassen sowie (mental) konzentriert und in einem übertriebenen Wettkampf seit mindestens den 1980er Jahren sogar Kodak im Jahr 2000 vom Thron des Weltmarktführers bei analogen Filmen (35 mm) verdrängt. - Wie sich herausstellte ein Pyrrhussieg. Dieses analoge Foto-Filmgeschäft stagnierte bis 2005, stürzte danach regelrecht ab und erzeugte Verluste.
Nach der Jahrtausendwende konnte man nicht mehr umhin, und musste die Firma restrukturieren. Unter anderem geschah dies mit einer neuen Holdingstruktur und einer Umbenennung 2006.
Der neue CEO richtete den Konzern vor allem auf die Bereiche Kosmetik und Pharmaka um und neu aus. Das klingt zwar zuerst einmal merkwürdig, ergab sich jedoch über die Erfahrung im Bereich Feinchemie, aus zahlreichen chemischen Produkten, Erfindungen und Patenten im analogen Filmbereich, die man mit Abänderungen aufgrund des eigenen Know-Hows für erfolgreiche Produkte im Kosmetik- und Pharmabereich verwenden konnte. U.a. behauptet Fujifilm, über eine Datenbank mit rund 200.000 chemischen Komponenten zu verfügen. So hat man sich seit den späten 1930er Jahren z.B. mit dem Protein Kollagen als Gelatine für Filme beschäftigt. In einem Dokumentarfilm über Fujis Wandel wurde dies einmal mit den über 4.000 Antioxidantien in Sonnenschutzemulsionen gezeigt, welche die Filmalterung und vor allem das Verblassen der Farben reduzierten. Diese konnte man - nach einigen Anpassungen - als Bestandteil in Sonnenschutz- und Anti-Aging-Cremes verwenden. Denn die UV-Strahlung ist auch für die Haut schädlich.
Allerdings reichte die enorme Erfahrung mit Dünnschichten weiter: Aus der feinchemischen Präzisionsarbeit der (bis zu 20) Filmbeschichtungen entstanden früh bereits neue Anwendungen für z.B. Flachbildschirme und Touchscreens, die man nach der Jahrtausendwende ausbaute.
Man bezeichnet Fujifilm gerne als Produzenten von - und dann folgt eine lange Liste an Produkten. Das ist alles auch korrekt. Meines Erachtens bestand der Erfolg jedoch in der 2004 eingeleiteten Umstrukturierung in einen - zumindest zeitweise - Forschungskonzern mit völlig neuem Forschungslabor (Advanced Core Technology Laboratory) - weit entfernt von der Firmenzentrale, damit es unabhängig arbeiten konnte, für rund 600 meist neue Wissenschaftler. Der Forschungsetat war auch viele Jahre sehr groß, um den erforderlichen Wandel zu unterstützen.
Die Euphorie darf jedoch nicht so weit gehen, wie in den Interviews und Publikationen, denn so viel entwickelte Fujifilm nicht selbst. Man kaufte in den Jahren ab 2004 weltweit viele Firmen und deren Know-How auf. So sprach man im Geschäftsbericht vom 12. Juni 2017 sogar von conducting M&A aggressively
- man führte aggressive Firmenaufkäufe durch (Mergers and Acquisitions). Das war ein ökonomisch geschickter Schachzug - aber keine Eigenentwicklung. Daneben gründete man fast jährlich neue Firmen in zukunftsträchtigen Bereichen der Medizin, wobei man oft Kooperationen mit Spezialanbietern weltweit einging.
Neben Rohstoffen für Medikamente entwickelte und stellte man dann auch eigene Medikamente her und wurde zum Auftragsfertiger für verschiedene Pharmaunternehmen.
Rücksichtslos trennte man sich von Verlustbringern im eigenen Konzern und kaufte dafür für Milliarden weltweit fremde Firmen aus zukunftsträchtigen Bereichen hinzu.
Man geht auch knallhart vor, wenn man nicht alles bekommt, was man will: So gelang es nie, die Firma Xerox ganz in Fujifilm zu integrieren. Dann trennte man sich kompromisslos von unrentablen Teilen und ging seine eigenen Wege. - Nebenbei erwähnt: allein 2018-2020 entließ man in dieser Tochterfirma 10.000 Mitarbeiter, um Kosten zu sparen.
Dass der Umbau gelang, zeigt sich auch an der Aussage des CEOs 2012: Heute machen wir vielleicht noch 1 Prozent unseres Umsatzes mit traditionellen Fotofilmen.
(Quelle)
Ohne Übertreibung hing damals viel an der Auswahl des 2003 eingesetzten (und bis 2021 amtierenden) CEOs - Shigetaka Komori. Er wurde am 05. September 1939 geboren und zählte somit (mit 2021 immerhin 81 Jahren) zu den ältesten und erfahrensten Managern in japanischen Konzernen. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Tokio kam er 1963 zu Fujifilm und blieb dort. Von 1996 bis 2000 war er Managing Director der Fuji Photo Film (Europe) GmbH, in Düsseldorf, welche die Deutschland- und Europazentrale des Konzerns bildete. Danach stieg er sofort in die Top-Management-Ebene des Konzerns auf, wo er für mehrere Jahre einer von drei wichtigen Top-Managern war.
Wie ein General mit fast diktatorischer Machtfülle durchregierend krempelte er nach 2003 den Konzern über viele Jahre um. Er selbst sagte einmal über sich: Wer führen will, muss ein begnadeter Diktator sein.
Sein autoritärer Stil wäre in westlichen Firmen undenkbar gewesen. Und er entließ rücksichtlos auch tausende seiner Mitarbeiter. U.a. mussten 15.000 Beschäftigte aus dem analogen Filmbereich gehen. Da der Konzern Geld hatte, funktionierte dies in Japan zuerst mit Abfindungen: Dabei machte er zumindest seinen über 50-jährigen japanischen Angestellten ein Angebot über Abfindungen die Firma zu verlassen. Dennoch wurden allein in Japan über 5.000 Mitarbeiter entlassen. Die tausenden entlassenen Mitarbeiter weltweit verschweigt er aus gutem Grund. Damals wurden weltweit dutzende Tochterfirmen geschlossen - ohne Abfindungen etc. Aber nach der Lehman Brothers Finanzkrise 2008 griff er noch härter durch.
Als mit den Jahren des Umbaus der Erfolg eintrat, erhielt er immer mehr Positionen: CEO (Chief Executive Officer), Chairman, President (2012).
Für die Fotografen war Shigetaka Komori allerdings ein Glücksfall, da er als langjähriger Mitarbeiter der analogen Filmfirma Fuji bis heute ein überzeugter Fotoliebhaber war, der den kleinen Kamera-Bereich trotz aller Probleme am Leben hielt. Der CEO hatte nicht selten auch ein glückliches Gespür für Markttrends in manchen Bereichen. Aus dem Bereich Foto will ich nur den Aspekt der Retrokamera herausgreifen. Denn letztendlich war dies eine Marktlücke, welche zahlreiche ältere Fotografen ansprach, die von den neuen voll elektronisierten Hightech-Plastik-Computern der optischen Platzhirsche (Nikon und Canon) teilweise frustriert waren. Deshalb lenkte er die Entwicklung auf klassisch aussehende Metall-Gehäuse mit vielen Dreh- und Einstellrädern der analogen Kamerazeit mit moderner Technik im Innern.
Allerdings muss man festhalten, dass er seine Ideen auch gegen jeden Widerstand durchsetzte. Das kann funktionieren. Der Erfolg hängt jedoch mit einem wirklich stimmigen Marktgespür zusammen. Liegt man daneben, oder ändert sich der Marktgeschmack, oder die Zielgruppe verändert sich, dann birgt so eine absolute Machtposition - ohne ernstzunehmenden Widerspruch - auch Gefahren.
Bedauerlicherweise verstehen viele (bezahlte) Influencer diesen Romantiker der Fotografie miss, wenn sie behaupten, dass er sich angeblich am meisten für die Foto-Kunden interessiert und auf sie hört: Wir konnten es uns nicht leisten, die Realität weiter zu ignorieren
. - Über die eigenen Produkte: Wir verschonen nur, was unentbehrlich ist
. - Über den japanischen Führungsstil: Management ist keine Demokratie. Es ist Diktatur
. - Es ist genau wie im Krieg. Glauben Sie, der General ruft mitten im Gefecht alle zum Meeting zusammen?
(Alle Zitate aus der Reportage des ZDF über Fujifilm vom 30.08.2018). Dieser Manager strukturierte seinen Konzern bereits einmal um. Es wäre ein schwerer Irrtum, zu glauben, dieser Mann nähme irgendwelche Rücksichten auf die (Sonder-)
Wünsche der Fotografen, wenn die Sparte in ernste Schwierigkeiten geriete.
Allerdings gehört Fujifilm zu den Firmen, die das in Publikationen Erlaubte weit ausdehnen, und nicht selten am Rande der Seriosität und sogar Legalität publizieren.
Es finden sich immer wieder Tippfehler
: So wird z.B. der Konzernumsatz für das Geschäftsjahr 2003 (Fiscal Year ended March 31, 2004) mit 2.560.387.000 Yen angegeben. Im Jahr darauf (Fiscal Year ended March 31, 2005) verwendet man im Rückblick für den Umsatz des Geschäftsjahres 2003: 2.566.725.000 Yen.
Beim operativen Gewinn sieht es ähnlich aus: 180.427.000 für das Geschäftsjahr 2003 oder rückblickend aus dem Folgejahr dann plötzlich 184.900.000 Yen.
In den DETAILS OF CONSOLIDATED REVENUE zum Finanzjahr 2003 (Fiscal Year ended March 31, 2004) weist man z.B. den Umsatz des Bereiches Imaging mit 815,527 Mrd. Yen aus. In den für die Presse und Aktionäre gedachten gleichzeitig publizierten farbigen Power-Point-Seiten des Performance Summaries werden hingegen für exakt denselben Bereich in exakt demselben Jahr 816,5 Mrd. Yen angegeben. Das erste sind die echten Verkaufszahlen (external Customers), und die zweite Zahl ähnelt eher der Gesamtzahl mit intersegment
- also inklusive irgendwelcher (nicht näher definierter) konzerninterner Verrechnungen. Fuji verwendet gerne die für den Konzern besser aussehenden Zahlen - und zwar ohne diese Details anzugeben. Wer regt sich denn schon über 1 Mrd. Differenz auf?
Auch bei Zahlen werden z.B. die Kommastelle (respektive im Englischen natürlich der Punkt) vergessen
: So wird dann aus tatsächlichen 75,3 Mrd. Yen ohne Komma der zehnfache Wert 753 für den operativen Gewinn des Bereiches Information Solutions im Jahr 2002 (Year ended March 31, 2003).
Ferner macht Fujifilm, wenn es keine Details preisgeben will, gerne Prozentangaben, die man großzügig zu seinen Gunsten rundet
.
Um es klar zu sagen, diese Fehler
treten überall auf. Aber am häufigsten sind sie bei den für die Presse und die Aktionäre gedachten farbigen Publikationen der jeweiligen Geschäftsberichte der Presse-Konferenzen.
Da Fujifilm in seinen PDFs einen Kopierschutz verwendet, kann man die Zahlen nicht einfach herauskopieren, sondern muss sie händisch in mathematische Tabellen (Spreadsheets) übertragen. Deshalb habe ich alles mehrfach kontrolliert. Das wird dennoch wohl kaum verhindern, dass (bezahlte) Trolle und Fujifilm-Fans alle Fakten bezweifeln. Sie dürfen es gerne nachprüfen. Die Quellen sind alle öffentlich verfügbar. Ich habe für diesen Artikel nur über neun Wochen benötigt. Inklusive der Quartalsberichte handelt es sich nur um eine vierstellige Anzahl an Seiten, dichtgefüllt mit Zahlen. - Also, auf gehts.
Im Geschäftsbericht zum Geschäftsjahr 2011 (April 2011-März 2012) weichen die Angaben zwischen dem Blatt Financial Results
und der Präsentation in fast allen Punkten eklatant ab:
Fujifilms trickreiche Zahlen: Man gab völlig voneinander abweichende Werte in selbst wichtigsten Rubriken an. Die roten Hervorhebungen (Rechtecke) stammen vom Autor.
Dass auch die darunter stehenden Vergleichszahlen zum Vorjahr von den dortigen / damaligen Angaben (Geschäftsjahr 2010) abweichen, erstaunt wohl keinen Leser mehr.
Fujifilms trickreiche Zahlen: Man gab im Präsentationmaterial höhere Werte an. Die roten Hervorhebungen (gepunktete Rechtecke) stammen vom Autor.
Fujifilm gibt explizit an, dass in dem Berichtzeitraum keinerlei Änderungen der Berechnungsgrundlagen oder Firmenstruktur stattfanden.
Dasselbe wiederholte sich in den Folgejahren: Also sind die Bilanzen der Jahre 2011 - 2017 einschließlich betroffen, sowie die 2011 aufgelisteten rückwirkenden Vergleichs-Zahlen für das Geschäftsjahr 2010.
Deshalb halte ich hier bereits fest, dass die Zahlen zu den Geschäftsjahren 2010 bis 2017 mit Vorsicht zu genießen sind. Die Unterschiede sind zwar nicht groß und werden in den Grafiken keinen fundamentalen Unterschied machen. Aber bedenklich ist so etwas - ohne jegliche Erklärung der Firma - auf jeden Fall.
Als einziger Hinweis findet sich das Wort [Updated]
. Etwas wenig angesichts der Tatsache, dass Fujifilm sich jahrelang um Milliardenbeträge zu seinen Gunsten verrechnet hatte.
Bevor wieder ein paar bezahlte Trolle in den Foren lügen, dass Fujifilm doch Anmerkungen zu den Änderungen gemacht hätte, hier der Originaltext aus dem Geschäftsbericht zum Jahr 2013, Seite 17:
(7) Significant Accounting Policy Change
In June 2011, FASB issued ASU No.2011-05, 'Presentation of Comprehensive Income' ('ASU2011-05'). ASU2011-05 provides amendments to ASC220 and requires to present the total of comprehensive income, the components of net income, and the components of other comprehensive income either in a single continuous statement of comprehensive income or in two separate but consecutive statements. ASU2011-05 eliminated the option to present the components of other comprehensive income as part of the consolidated statement of changes in equity. In December 2011, FASB issued ASU No.2011-12, 'Deferral of the Effective Date for Amendments to the Presentation of Reclassifications of Items Out of Accumulated Other Comprehensive Income in Accounting Standards Update No. 2011-05' ('ASU2011-12') to defer the requirement in ASU2011-05 to present on the face of the financial statements, items that are reclassified from accumulated other comprehensive income to net income separately with their respective components of net income and other comprehensive income. ASU2011-05 and ASU2011-12 were effective for fiscal years, and interim periods within those years, beginning after December 15, 2011 and was adopted retrospectively by the Company in the year beginning April 1, 2012. The Company elected to present comprehensive income in two separate but consecutive statements. The adoption of ASU2011-05 and ASU2011-12 did not have an impact on the results of operations and financial condition of the Company.
Da mir bewusst ist, dass lügende Trolle kaum Englisch beherrschen, hier die Übersetzung der fett hervorgehobenen wichtigsten Passage: Die Anwendung der neuen Verordnung hatte keinen Einfluss auf die Ertrags- und Finanzlage des Unternehmens
.
Allerdings habe ich mit meinen Zahlenvergleichen festgestellt, dass Fujifilm jahrelang sowohl den Umsatz als auch den operativen Gewinn im Milliardenbereich zu hoch angegeben hatte. Das hat einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse.
Ferner erklärt obige Passage aus dem Jahr 2013 auf keinen Fall, warum dann in den folgenden Jahren ständig weitere falsche Zahlen angegebenen wurden, die man korrigieren musste - Entschuldigung: das nennt Fujifilm updaten
.
Was glauben Sie, was Ihre Bank sagt, wenn Sie für die Beantragung eines Kredites angeben, Sie verdienten sehr viel Geld im Jahr. Wenn die Falschangabe herauskommt, machen Sie nachträglich ein Update
/ eine Aktualisierung Ihres wahren (geringeren) Einkommens.
Die buchführenden und die Bilanzen erstellenden Spezialkräfte bei Fujifilm sind hoch kompetent und extrem gut bezahlt. Denen unterläuft nicht jahrelang ein zufälliger Fehler bei Umsatz und operativem Gewinn. Hinzu kommt, dass Bilanzen immer von externen Wirtschaftsprüfern / Revisoren nochmals überprüft werden. Das sind absolute Spitzenkräfte mit einem Tagesversdienst, der höher liegt als die meisten Menschen im Monat verdienen. Wie jedoch bei Wirecard als letztem Finanz-Skandal wieder herauskam, gilt wohl für viele Firmen weltweit noch immer der Spruch eines Rechnungsprüfers, dass die meisten derartigen externen Wirtschaftsprüfer nur für das Wegsehen und die Unterschrift bezahlt werden. Selbstredend erkennen diese Fachkräfte sofort, wenn Milliardenbeträge fehlen. Das gelang bei Wirecard ja auch einem einfachen, externen Journalisten bei der Financial Times. Wenn es mir gelingt, diese Unstimmigkeiten zu erkennen, dann definitiv jenen Wirtschaftsprüfern.
Manche kontinuierlichen Unterschiede in den Zahlen vor allem der Rückblickenden Statistiken der Jahresberichte mögen sich dadurch erklären, dass intern umstrukturiert wurde: So war z.B. der Bereich der Fernsehkameras früher in Office & Industries als Unterbereich des großen Konzernbereiches Information Solutions gelistet. Später kam er zu Imaging. Da wird dann gerne im Rückblick zum Vergleich das Segment angepasst und somit ändern sich auch die Zahlen. Aber das erklärt definitiv nicht Rechenfehler in Summen bei den Bereichen oder Zahlendreher oder Tippfehler. Es erklärt auch nicht die teilweise abweichenden Jahres-Werte des Forschungsetats des Gesamtkonzerns sowie beim Bereich Imaging über den gesamten Beobachtungszeitraum von 1991 bis heute.
Das folgende Beispiel zeigt, was eine Kombination aus übertriebenen Forderungen, blindem Gehorsam der Manager, übertriebenem Optimismus, kreativer Buchführung und Schlampigkeit in der Kontrolle und Korrektur von Zahlen bewirken können.
Im Juli 2017 publizierte Fujifilm einiges zu Issue Relating to Inappropriate Accounting Practices - Fuji Xerox (Link / Seite / Quelle nicht mehr vorhanden. - Es findet sich inzwischen nur noch ein Verweis auf die Gegenmaßnahmen). Auch im Integrated Report 2018, S. 24ff. wird das Thema erwähnt, wobei man sich sogar entschuldigte. Ebenso geht der Integrated Report 2018, S. 13ff. - allerdings oberflächlich und positiv - darauf ein. Damals kamen unsaubere Bilanzierungsdetails bei den Töchtern Fujifilm Xerox in Neuseeland und Australien an das Tageslicht.
Eigentlich waren Details den Zentraleinheiten bei Fujifilm (laut eigenem Eingeständnis) bereits 2009 bekannt und Kontrollorgane wurden auch weiterhin darüber informiert. Angeblich wurden diese Meldungen jedoch nicht weitergeleitet. Der Konzern reagierte erst ernsthaft, als eine Zeitung im September 2016 die Missstände publizierte. Es ging um overstated revenue
für verliehene Geräte. Sie erinnern sich? Ich schrieb am Anfang, dass Fujifilm sehr viel verleiht und dazu auch noch verbrauchs-/nutzungsabhängige Dienstleistungen anbietet. D.h. man hatte Umsätze und somit letztendlich auch Gewinne deklariert, die (zumindest zu dem Zeitpunkt noch) nicht vorhanden waren.
Fujifilm wies für die Geschäftsjahre 2010-2015 nachträglich 28,1 Mrd. Yen Verluste aus. Jedoch kann ich anhand der von Fujifilm bei den Jahresgewinnen 2010 bis 2015 angebrachten Korrekturen des operativen Gewinnes nie auf diese Zahl kommen. Wie so viele Zahlen, bleiben auch diese das Geheimnis der Firma Fujifilm.
Der Umstand mag die Fehler beim Konzernumsatz und dem ausgewiesenen operativen Konzern-Gewinn in manchen Jahren erklären. Hingegen erklärt es nicht die gleichzeitigen Abweichungen innerhalb der einzelnen Konzernbereiche inklusive vor allem im Bereich Imaging. 2017 schwanken die Ertragswerte je nach Fujifilm-Quelle: 55,787 oder 56,025 Mrd. Yen für den operativen Gewinn. - In jenem Dokument über die Fuji Xerox-Missstände wird auch das Wort Imaging kein einziges Mal erwähnt. Und zwischen 2010 und 2015 stimmt fast kein Wert beim Umsatz oder Gewinn im Imaging vor und nach der Xerox-Korrektur überein.
Der Hintergrund des Skandals ist schwieriger zu verstehen: Bilanztechnisch liegt es (stark vereinfachend dargestellt) daran, dass man Einnahmen aus Vermietungen, die erst zukünftig eintreffen, bei einer Soll-Veranlagung durchaus aufführen darf. Das ist für Laien, welche nur die Ist-Versteuerung kennen, nicht so einfach nachzuvollziehen. Der Haken hier war jedoch, dass man zukünftige Einnahmen aus Vermietungen viel zu optimistisch veranschlagte. In der Folge kam es zu erheblichen Einnahmeausfällen aus prognostizierten Vermietungen, die dann zu Verlusten führten. Da jene Einnahmen aber bereits in früheren Jahren verbucht waren, musste man sie rückwirkend berichtigen.
Die Ursachen für solch ein Verhalten lagen jedoch in der Firmenkultur begründet: Fujifilm machte in der Zentrale in Tokio extreme Vorgaben bezüglich Umsatz- und Gewinn-Erwartungen, welche die ausländischen Töchter - als Befehlsempfänger - zu erfüllen hatten - gleichgültig, ob diese Forderungen einen Bezug zur ökonomischen Realität vor Ort besitzen. Das ist bei abgehobenen japanischen / asiatischen Zentralen keine Seltenheit. Da man in Japan - wie ich anhand der Visionen (5-Jahres und dann kürzeren Strategien) zeige, sehr hochfliegende Ambitionen hegte, waren die Forderungen an die Töchter auch entsprechend unrealistisch. Dies galt insbesondere angesichts der Finanz-/Weltwirtschaftskrise ab 2008. Kombiniert wurde alles mit extrem hohen Gratifikationen an eigene Angestellte für ausgewiesene Erfolge. Das Ergebnis war erwartbar: Alle Beteiligten gingen mit zu großem Optimismus an die Sache, denn Optimismus wurde mindestens jährlich - teilweise sogar bei Quartalsergebnissen oder auftragsbezogen - mit hohen Sonderzahlungen (Boni bis zu Millionenhöhe je Manager) belohnt.
Aufgeklärt wurde alles anschließend wie immer: Bedauern, Unwissen, Entschuldigungen, kurzzeitige (nur für wenige Monate) Kürzungen der eigenen (Sonder-)Zulagen. Die Schuld wurde wie immer überwiegend auf die natürlich in den Tochterfirmen beschäftigten Personen und einzelne Manager abgeschoben. Strukturen wurden verändert und Kontrollen angeblich verbessert. Anschließend warb man um erneutes Vertrauen bei den Kunden, die jedoch gar nicht darunter gelitten hatten. Die Manager der Zentrale reisten dazu sogar zu den neuen Managern in den Tochterfirmen und hielten dort Vorträge über Compliance und klärten gemeinsam das neue Vorgehen. Das ist die höfliche Umschreibung für: die dortige Belegschaft norden
. So etwas verläuft meiner Erfahrung nach sehr einseitig, lautstark und unerquicklich für die Zuhörer ab. Da verlieren asiatische Manager nämlich hinter geschlossenen Türen ganz schnell ihre öffentlich gepflegte Freundlichkeit.
Geschädigt waren im Grunde nur die Aktionäre - meist japanische Banken. Da jene jedoch im Aufsichtsrat saßen und selbst nicht ihrer Aufsichtspflicht in vollem Umfange nachgekommen waren, dürfte sich der interne Ärger auch hier in Grenzen gehalten haben. - Wenn alle im selben Boot sitzen oder alle im gleichen Glashaus, dann hält man sich mit (Über-)Reaktionen zurück. - Dies gilt umso mehr, als der Schaden erst viele Jahre später publik wurde, als es Fujifilm wieder finanziell besser ging und die jährlichen Dividenden die Aktionäre großzügig entschädigten.
Halten wir jedoch abschließend sachlich fest, dass dies komplett in der Amtszeit des langjährigen CEO Shigetaka Komori fiel. Da hatte er keine Erblasten von Vorgängern übernommen. Siehe seine Amtsbewertung weiter unten.
Als neugieriger Wissenschaftler habe ich Fujifilm Japan zwar mit Fragen zu den vielen Unstimmigkeiten in den Bilanzzahlen höflich angeschrieben, aber keine Antwort erhalten. Ein weiterer Beleg für Wunsch und Wirklichkeit.
Hinweis: Diese Fehler in den Bilanzen bei Fujifilm führen dazu, dass in manchen Grafiken Brüche 2010-12 ersichtlich sind.
Auch sonst finden sich immer wieder Unstimmigkeiten: So wird die Anzahl der Aktien im Eigenbesitz für das Datum 31.03.2017 im selbigen Geschäftsjahr mit 76,898546 Mio. Stück angegeben, im Jahr darauf als Vergleichswert mit nur 76,869546 Mio. Das sind ja nur 29.000 Aktien Differenz. So ein kleiner Aktienposten kann schon einmal verlorengehen
.
Dass ich bei den Dividendenzahlungen zwischen den bilanzierten und den von mir anhand der frei verfügbaren Aktien errechneten in manchen Jahren Differenzen im Milliardenbereich feststellte, verwundert dann kaum mehr.
Vor allem im Abschluss des Geschäftsjahres 2017 finden sich viele unterschiedliche Zahlen in allen Unterlagen: So werden für Forschung und Entwicklung 166,331 oder 167,94 Mrd. Yen angegeben. Das hat nichts mit den Verkaufsmanipulationen bei Xerox in Australien und Neuseeland zu tun. Der Etat R&D (Research and Development) zeigt auch in den Jahren 2013 und 2014 extrem unterschiedliche Zahlen je nach verwendeter Unterlage an. Im Bereich Imaging weichen die ausgewiesenen Etats für Forschung und Entwicklung in den Jahren 2009 (8,5 oder 13,6) und 2010 7,6 oder 7,9 Mrd. Yen) je nach offizieller Firmen-Quelle deutlich ab. - Man könnte noch lange mit Aufzählungen gefundener Unterschiede bei Bilanzzahlen so fortfahren.
Aber auch sonst finden sich zu fast allen Themen die wildesten Zahlenbehauptungen. Im Annual Report 2015 wird auf Seite 19 tatsächlich behauptet, man hätte alleine im Geschäftsjahr 2014/15 387 Mio. Instax-Kameras verkauft. Es waren ein Hundertstel davon: 3,87 Mio. Das Schöne an derart falschen Grafiken ist, dass ich mittels Umrechnungen dann doch wertvolle Zahlen herausbekomme, die Fujifilm so nicht publizieren wollte.
Fehler im Diagramm und in den Zahlen: Man verwendete den 100-fachen Wert. Rote Hervorhebungen (Kästchen) durch den Autor.
Im 3. Quartalsbericht zum Geschäftsquartal Oktober bis Dezember 2020 schrieb Fujifilm: In the electronic imaging business, despite the severe climate in the entire digital camera market, favorable sales of mirrorless cameras, including the FUJIFILM X-T4, ..., and FUJIFILM X-S10, ..., allowed revenue for the third quarter to recover to the same level as last year.
Dank der beiden neuen Kameras X-T4 und X-S10 gelang es im Weihnachtsquartal, den Umsatz des Vorjahresquartals zu erzielen. - Eine Nachprüfung der Einzelzahlen durch mich ergab jedoch, dass diese Aussage schlichtweg falsch ist. Der Umsatz im Electronic Imaging lag im Weihnachtsquartal 2019 bei 20,7 Mrd. Yen und im Jahr 2020 bei nur 20,5. Der Umsatz ist also zurückgegangen. So eine Verdrehung der Tatsachen geht schon über das gewöhnliche Maß der Trickserien hinaus. - Aber so viel Mühe wie ich mit dem Nachprüfen der Zahlen wird sich kaum jemand machen. - Dennoch bleibt das Faktum, dass Fuji es offensichtlich als unabdingbar notwendig erachtet, hier im Digitalkamerabereich gezielt zu beschönigen.
Hinzu kommt bei den Konzernzahlen ein leicht zu übersehender Umstand: Es handelt sich hierbei um Verschiffungszahlen, die jedoch sofort dem Mutterkonzern gutgeschrieben werden. D.h. die japanische Zentrale verschifft diese Waren an die selbständigen Töchter weltweit - unabhängig davon, ob diese Töchter die Lieferung benötigen, oder nicht. An reale, bezahlende Endkunden ausgeliefert / verkauft sind bei 4-6 Wochen Verschiffungszeitraum definitiv nur ein Teil der Ware. Bei Fujifilm kommt noch dazu, dass dieses firmenpolitische Instrument der Bilanzaufhübschung anscheinend gerne verwendet wird. Mir liegen Informationen vor, dass sich die japanische Zentrale nicht sonderlich dafür interessiert, wie die Töchterunternehmen mit der zu viel gelieferten Ware klarkommen.
Vor allem bei Grafiken für die Presse und dummen
Aktionäre, die sich durch einfallsreiche Schaubilder täuschen lassen, wird am meisten getrickst.
Da hätten wir komplexe Diagramme, bei denen der Nullpunkt nach oben verschoben wurde. So werden negative Werte (Verluste) in das Positive angehoben.
Fujifilms trickreiche Diagramme: Man legt die Quartalsverluste (in Q4/2019 und Q1/2020 also Januar bis Ende Juni 2020) einfach über die links sichtbare Null-Linie respektive führt rechts eine signifikant hochgesetzte (+26 Mrd.) neue Null-Linie ein, deren anderer Nullpunkt geschickt unter weiteren Zahlenwerten versteckt wird. Und schon sieht die Statistik sowie die grafische Darstellung des lausigen Ergebnisses (orange Kurve) des leidenden Bereiches Imaging viel schöner aus. Die roten Hervorhebungen (gestricheltes Rechteck und Ellipsen) stammen vom Autor.
Oder es werden einzelne Balkendiagramme verkürzt - natürlich nur die schlechten
Werte und selbstredend zu Gunsten der Firma, indem man die Balken mit den Verlusten (nach unten) verkürzt.
Fujifilms trickreiche Diagramme: Die roten Hervorhebungen (Rechtecke) stammen vom Autor.
Oder es werden im Balkendiagramm falsche Zahlen verwendet und die richtigen - viel negativeren Details - nur im Text irgendwo an zweiter Stelle angegeben.
Fujifilms trickreiche Diagramme: falscher operativer Verlust verwendet, und die wahren negativen Zahlen nur an zweiter Stelle im Text erwähnt. Die roten Hervorhebungen (gestrichelte Rechtecke) stammen vom Autor.
Auffällig ist überdies, dass man exakt in jenem Fall bei den mündlichen Erklärungen zum Diagramm den Punkt bewusst überging.
Man kann somit festhalten, dass sich die Mitarbeiter der Firma Fujifilm intensiv mit dem Standardwerk englisch Huff, Darrell and Geis, Irving, How to Lie with Statistics, (1954), Harmondsworth, England, Penguin: 1974, beschäftigt haben und die dort geschilderten Methoden auch anwenden.
Schon jetzt kann ich die zwei schriftlichen Einwände der Fuji-Fanboys vor meinem Auge sehen: 'He, nun. Was soll's. Schwamm drüber.' Und: 'Die anderen Firmen werden es sicherlich alle gleich machen.'
Darauf lautet die Antwort zweimal ein entschiedenes Nein.
Fangen wir mit dem zweiten Argument an: Die anderen Firmen halten sich wesentlich genauer an die Vorgaben und Richtlinien. Überdies publizieren die meisten viel genauer und ausführlicher. Als ein Vorbild sei Canon genannt. Selbst Nikon in der aktuellen Weltwirtschaftskrise trickst nicht so wie Fujifilm.
Nun zum ersteren Laissez-Faire-Einwand: Das sind hier offizielle Börsenangaben, die zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können. - Deshalb muss sich jeder die ernsthafte Frage stellen: Wenn eine Firma schon mit diesen Tricks ihre Aktionäre in die Irre führt, wie ernst und vertrauenswürdig sind dann z.B. technische Angaben zu Produkten gegenüber den eigenen Kunden zu bewerten? - Siehe hierzu die Fakten weiter unten.
Fakt bleibt, dass man den Zahlenangaben der Firma Fujifilm selbst in Börsenberichten nicht hundertprozentig trauen kann. Sofern es mir möglich war, habe ich deshalb immer wieder die Angaben in den Berichten miteinander verglichen. Bei Unstimmigkeiten im Einzelfall habe ich mich im Zweifel für die jeweils aktuellen Angaben des Einzeljahres zum Publikationszeitpunkt in den für Börsenanalytiker eher relevanten (staubtrockenen) Schwarz-Weiß-Zahlentabellen entschieden, die angeblich von Fujifilm ja auch mit einem korrekten Update
versehen wurden.
Lassen Sie uns nun die Konzernentwicklung in unserem Beobachtungszeitraum von teilweise 1991 bis heute genauer analysieren. D.h. wir schreiten bei der Analyse von außen von den großen Einheiten Konzern über Bereiche zu Unterbereichen und von den allgemeinen großen wichtigen Finanz-Kennzahlen zu den kleineren und detaillierteren Kennzahlen.
In der glorreichen Selbstdarstellung des neuen Fujifilm Konzerns und seines (seit 2003) neuen Geschäftsführers wird gerne der Vergleich mit Kodak (Kodak Englisch) und AGFA (AGFA Englisch) gezogen, mit denen sich Fujifilm bis zum Jahr 2000 den Weltmarkt an analogen Fotofilmrollen im Format 35 mm quasi aufteilte. Beide Konkurrenten litten extrem.
Die Heroisierung hält bis heute an. Integrated Report 2020, S 4: In particular, the photography market, which had been the main business, fell into steep decline beginning in 2000 due to rapid advances in digitization. The Fujifilm Group faced the crisis of losing its core business, but we managed to boldly transform our business structure and expand our business domain by further developing and innovating the technologies we had cultivated, thereby making a successful transformation.
Insbesondere der Fotomarkt, der das Hauptgeschäft gewesen war, stürzte ab dem Jahr 2000 aufgrund der raschen Fortschritte bei der Digitalisierung steil ab. Die Fujifilm-Gruppe war mit der Krise konfrontiert, ihr Kerngeschäft zu verlieren. Wir haben es jedoch geschafft, unsere Geschäftsstruktur mutig zu transformieren und unseren Geschäftsbereich zu erweitern, indem wir die von uns gepflegten Technologien weiterentwickelten und erneuerten, um so eine erfolgreiche Transformation durchzuführen.
Aber Fujifilm stieg angeblich nach dem Kurswechsel 2006 durch den neuen CEO kometenhaft auf. Lassen Sie uns dies sachlich nachprüfen.
Die Datenlage der Finanz-/Geschäftsberichte seit 2003 ist deshalb sehr erfreulich, da der neue Geschäftsführer Shigetaka Komori exakt in dem Jahr die Leitung bei Fujifilm übernahm.
Lassen Sie uns einmal - nur zum Spaß und aus reiner wissenschaftlicher Neugier - diese Ausganglage genau betrachten.
Der Konzernumsatz im Geschäftsjahr 2002, das am 31. März 2003 endete, betrug: 2.505,703 Mrd. Yen. Dieser beachtliche Konzernumsatz konnte bis zum Geschäftsjahr 2008 sogar auf über 2.846 Mrd. Yen gesteigert werden. Danach lag er jedoch immer signifikant tiefer - auch unter dem Wert von 2003.
Fujifilms Konzernumsatz in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung).
Das Loch
mit Namen 1994-95H meint das Halbjahr (genau 5 Monate und 11 Tage), welches Fujifilm zur Überbrückung des alten Geschäftsjahres bis 20. Oktober zum neuen bis Ende März im Zeitraum 1994/95 einlegte. Da die nominalen Zahlen nur bei ca. 5/12 liegen, würden sie optisch einen falschen Eindruck erwecken und wurden deshalb bewusst weggelassen. Korrekt auf 12 Monate extrapoliert liegt der Wert sogar etwas höher als die Umsätze des Jahres davor und danach. Daraus folgt, dass man das Loch durchaus gedanklich mit einer Geraden überbrücken kann.
Der steile Anstieg zwischen 2000 und 2001 liegt fast ausschließlich an der Bilanzierung der Tochter Fuji Xerox. Diese Firma existierte seit 1962. Aber erst als mehrheitliche Tochter des Konzerns wurde sie ab 2001 bilanziert. D.h. die Umsätze und Gewinne traten erst 2001 sichtbar in Erscheinung, obwohl sie selbstredend vorher bereits vorhanden waren.
Unbestreitbares Faktum ist, dass der Umsatz zwischen 2001 und 2007 anstieg. - Der steile Einbruch in den Geschäftsjahren 2008 und 2009 lag an der weltweiten Finanzkrise (nicht am Geschäft mit analogen Filmen für Fotokameras).
Beim größten Optimismus und Wohlwollen kann man danach (also ab 2008) nur eine sogenannte Seitwärtsbewegung feststellen - die höfliche Umschreibung für Stagnation.
Kritisch betrachtet ist der Trend für den Zeitraum des neuen CEOs (ab 2003) sogar eindeutig negativ.
Obwohl Fujifilm behauptet, bereits 1937 seine erste Auslandbasis eröffnet zu haben (Details werden außer Asien keine genannt, weil es evtl. das damals von Japan besetzte China oder Korea war), war der Konzern sehr lange schwerpunktmäßig im Heimatland Japan tätig.
Auffällig war beim Umsatz jenes großen Konzerns im Geschäftsjahr 2003 der noch hohe Anteil von 53,1% Inland / Japan und nur 46,9% restliche Welt / Exporte. Wie Sie anhand der Grafik erkennen können, änderte sich das Verhältnis bald. Aber mit der zunehmenden Abhängigkeit vom Export wuchsen die Abhängigkeiten von Währungskursschwankungen, die auch oft negative Einflüsse auf Umsätze in Yen und vor allem die operativen Gewinne in der japanischen Landeswährung hatten.
Fujifilms Konzernumsatz in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung) - getrennt nach Märkten Japan und Weltweit (overseas).
Das Loch
mit Namen 1994-95H meint das Halbjahr (genau 5 Monate und 11 Tage), welches Fujifilm zur Überbrückung des alten Geschäftsjahres bis 20. Oktober zum neuen bis Ende März im Zeitraum 1994/95 einlegte. Da die nominalen Zahlen nur bei ca. 5/12 liegen, würden sie optisch einen falschen Eindruck erwecken und wurden deshalb bewusst weggelassen. Korrekt auf 12 Monate extrapoliert liegt er sogar etwas höher als die Umsätze des Jahres davor und danach. Daraus folgt, dass man das Loch durchaus gedanklich mit einer Geraden überbrücken kann.
Der steile Anstieg zwischen 2000 und 2001 liegt fast ausschließlich an der Bilanzierung der Tochter Fuji Xerox. Diese Firma existierte seit 1962. Aber erst als mehrheitliche Tochter des Konzerns wurde sie ab 2001 bilanziert. D.h. die Umsätze und Gewinne traten erst 2001 sichtbar in Erscheinung, obwohl sie selbstredend vorher bereits vorhanden waren.
Unbestreitbares Faktum ist, dass der Export bereits in den Jahren 1997 bis 2000 überwog.
Durch die Bilanzierung von Fujifilm Xerox, deren Geschäfte deutlich auf Japan konzentriert waren, kehrte sich das Verhältnis wieder um, sodass die japanischen Inlandsumsätze erneut höher lagen.
Aber ab dem Geschäftsjahr 2006 lagen auch im Gesamtkonzern die Exporte deutlich höher als der Umsatz auf dem japanischen Heimatmarkt.
Diese schon lange angelegte Bewegung der Exportorientierung verfestigte sich somit unter dem neuen CEO und darf zurecht als sein Verdienst angesehen werden. Verdienst deshalb, weil der japanische Markt mit seiner seit den 1980er Jahren fast kontinuierlich andauernden Wirtschaftskrise bis hin zur Deflation dem Konzern keine größeren Expansionsmöglichkeiten mehr geboten hätte.
Noch deutlicher tritt die Entwicklung im prozentualen Vergleich in Erscheinung:
Fujifilms Konzernumsatz prozentual - getrennt nach Märkten Japan und weltweiter Export (overseas).
Im Zeitraum 1991 bis 2019 ist eindeutig ersichtlich, dass der Konzern heute deutlich mit bis zu 60% Umsatz auf den Weltmarkt orientiert ist. Im Grunde hatten sich die Verhältnisse Inlandsgeschäft zu Export in den 20 Jahren 1994 bis 2015 komplett umgekehrt.
Die Kurven verlaufen spiegelsymmetrisch um die 50%-Linie. Die prozentuale Grafik ist zwar logisch spiegelbildlich, aber dennoch auffällig. Zu fast allen Zeiten gelang es dem Konzern, wirtschaftliche Probleme in Japan mit Gewinnen im Ausland oder schwere weltweite Wirtschaftskrisen durch den meist deutlich stabileren japanischen Binnenmarkt abzufedern.
Der Umsatz der Einzelbereiche betrug im Jahr 2003 in der früheren Reihenfolge (ohne Intersegment-Leistungen):
Im Bereich Imaging Solutions waren es: 830,990 Mrd. Yen = 33,2% des Konzernergebnisses.
Im Bereich Information Solutions waren es: 724,299 Mrd. Yen = 28,9% des Konzernergebnisses.
Im Bereich Document Solutions waren es: 950,414 Mrd. Yen = 37,9% des Konzernergebnisses.
Auch beim operativen Gewinn der Einzelbereiche in der früheren Reihenfolge betrug das Ergebnis:
Im Bereich Imaging Solutions waren es: 56,709 Mrd. Yen = 30,9% des Konzernergebnisses.
Im Bereich Information Solutions waren es: 75,287 Mrd. Yen = 41,1% des Konzernergebnisses.
Im Bereich Document Solutions waren es: 51,369 Mrd. Yen = 28% des Konzernergebnisses.
Wir sehen also bereits 2003 einen weit diversifizierten Konzern vor uns. Der Bereich Imaging Solutions machte bereits im Geschäftsjahr 2003 nur noch ein Drittel des Konzernumsatzes aus. Zwei Drittel wurden aus den beiden anderen extrem großen Konzern-Bereichen Information und Document Solutions erzielt. Auch beim operativen Gewinn hatte der Bereich Imaging Solutions bereits seinen ersten Platz abgegeben.
Um es noch schärfer zu formulieren: Der Bereich Document Solutions war bereits bei Antritt der Stelle durch den neuen CEO bedeutend größer als Imaging.
Ohne die tatsächlichen Leistungen des Geschäftsführers schmälern zu wollen. Vieles, was er immer wieder in mündlichen Interviews gesagt hat und auch in seinem Buch geschrieben hat, sowie andere seit über 10 Jahren kolportieren, ist schlichtweg unzutreffend. Fujifilm war nicht Kodak. Fujifilm war bereits seit Jahrzehnten ein weit diversifizierte Großkonzern, der nur noch zu einem Teil vom Gesamtbereich Imaging abhängig war.
Fujifilm erklärt in seinem Integrated Report 2020, auf Seite 3 selbst, dass der Umstrukturierungsprozess bereits im Jahr 2000 einsetzte. Damals war noch der Vorgänger des CEOs Shigetaka Komori im Amt.
Und noch geringer war die immer wieder so hervorgehobene angebliche Abhängigkeit von den 35 mm Filmrollen für Fotografen. Denn bereits 2003 umfasste der Großbereich Imaging Solutions: Color films, film cameras, digital cameras, photofinishing equipment and color paper, chemicals and services for photofinishing, etc.
- Farbfilme (für Fotokameras und Videokameras, analoge Foto- und Filmkameras, Digitalkameras (korrekt gelesen), Ausbelichter, Fotopapiere, Chemikalien (meist für den Fotobereich), Dienstleistungen rund um die Fotoausbelichtung als Hauptgeschäftsfelder in diesem Bereich. Weitere Produkte wie Objektive werden nicht einmal erwähnt.
Für dieses Start-Jahr 2003 errechne ich aus Angaben im Bericht 2004 folgende Anteile der Untergruppen für Imaging am Bereichsumsatz: Color Films: ca. 29%, Electronic Imaging (Digitalkameras): 20%, Color Paper: 20%, Photofinishing-Equipment: 10% - Das waren u.a. bereits weitgehend automatisierte Vor-Ort-Sofort-Bild-Labore für große Fotofachgeschäfte (vor allem zuerst in den USA - Frontier digital minilab series) - und Photofinishing-Services: 19%.
Dass es als Summe keine 100% ergibt, liegt an den zweifach gerundeten Zahlen von Fujifilm sowie dem Umstand, dass ein weiterer Sektor Sonstiges
im Kuchendiagramm nicht in Zahlen aufgelistet wird.
Die 29% des Umsatzes des Bereiches Imaging waren somit rund 241 Mrd. Yen. Das waren jedoch nur noch 9,6% des Konzernumsatzes. Über den operativen Gewinn machte Fujifilm bereits damals keine Aussagen. Der Sektor Filme dürfte jedoch schon hart am Limit gewesen sein, denn in Interviews betonte man immer, dass man damit aufgrund des Marktdruckes kaum mehr Gewinne erwirtschaftete. Einige Jahre später erwirtschaftete man exakt damit sogar schwere Verluste.
Fassen wir also zusammen: Der Bereich analoge Filme machte bei Amtsantritt des neuen CEO nicht einmal mehr 10% des Konzern-Umsatzes aus. Der meiste Gewinn kam sowieso bereits aus den anderen Bereichen.
Der Vollständigkeit halber seien auch die beiden anderen großen Bereiche etwas beleuchtet, die es angeblich früher nicht gab, die aber schon 2003 vorhanden waren:
Der Groß-Bereich Information Solutions mit u.a.: Systems devices for graphic arts, medical imaging, and information systems, flat panel, display materials, recording media, etc.
- Grafiksysteme (Druckvorstufen, CTP - Computer to Plate, Drucker und Druckmaschinen, Druckplatten etc.), Medizinische Abbildungen (Röntgen, CR), Informationssysteme, Flachbildschirme, Display-Materialien, Aufzeichnungsmaterialien (Datenspeicher) etc.
Und der Groß-Bereich Document Solutions mit u.a.: Office copiers/MFPs; printers, production systems and services, paper, consumables, office services, etc.
- Kopierer für Firmen und Büros (u.a. gehörte die kleine
Firma Fuji Xerox dazu), Firmendrucker, Produktionssysteme für Firmen, analoge (Microfilm) und digitale Archivierungssysteme, Produktions-Dienstleistungen für Großfirmen, Papiere, Verbrauchsgüter für Firmen, Dienstleistungen für Großfirmen, etc.
Bei Amtsantritt 2003 erhielt der neue CEO einen bereits weit diversifizierten Konzern. Das war nicht mit Kodak oder AGFA zu vergleichen.
Ferner lautete die Unternehmensstrategie schon damals (2004):
(1) Basic Management Policies: Fujifilm has set itself the fundamental goal of constantly striving to develop superior technologies and to continue to cultivate an imaging and information culture. As a global company fully trusted by both customers and society itself, we aim to make innovative use of the most advanced technologies to create beautiful images and wide ranging information and provide the imaging, information, and document solutions that will best meet the increasingly sophisticated needs of today's society.
Fujifilm hat sich das grundlegende Ziel gesetzt, ständig nach überlegenen Technologien zu streben und weiterhin eine Kultur rund um Bilder und den Informationsbereich zu pflegen.
Als globales Unternehmen, dem sowohl Kunden als auch die Gesellschaft vertrauen, sind wir bestrebt, die fortschrittlichsten Technologien innovativ einzusetzen, um schöne Bilder und weitreichende Informationssysteme zu erzeugen sowie Lösungen für die Bilderzeugung, das Informationswesen und den Dokumentenbereich anzubieten, die den zunehmend anspruchsvolleren Bedürfnisse der modernen Gesellschaft gerecht werden.
Zugegeben, so eine Strategie klingt immer etwas abgehoben, allgemein und hochtrabend. Aber halten wir folgendes schlicht fest:
Es geht um viele Bereiche, wobei man weiträumig und unspezifisch Bilder und Informationssysteme sowie Dokumentenlösungen nennt.
Es geht um technologischen Vorsprung. - Das bedeutet kontinuierlich schnellen Wandel. Für Fotografen beinhaltet dies hohen Wertverlust.
Es geht um Lösungen - nicht primär Produkte. - Das sollten sich Anhänger klassischer, dedizierter Fotoapparate genau merken. Da steht kein Wort von Kameras.
Auch wenn manche jetzt schmunzeln: Dies ist zeitlos und gilt noch heute.
Überdies hatte man im Jahr 2004 bereits die VISION75
formuliert: Dies betraf die Mittelfristplanung 2004 bis 2009. Der Name bezog sich auf die 75-Jahrfeier der Firma im Jahre 2009.
So eine Mittelfriststrategie stampft man nicht kurzerhand aus dem Boden. Die war schon länger in Vorbereitung. Somit erntete auch hier der neue CEO - zumindest zum Teil - die Früchte seines Vorgängers. Er selbst war jedoch seit Jahren im Vorstand und somit natürlich an allen Details beteiligt. - Angedeutet hatte sich dieser Wandel auch bei Fujifilm bereits seit vielen Jahren. Man verwies im Strategiepapier ausdrücklich auf den digital impact
- die Digitalisierung - das Schlagwort der 1990er Jahre. Deshalb hatte Fujifilm bereits 1998 seinen Vorstand umgestaltet: 2004 bestand er aus 14 Direktoren und 28 Officers (Stellvertretende Direktoren).
Es ging um die Eroberung neuer Wachstums-Felder und -Märkte. Dazu wollte man den Forschungs- und Entwicklungsetat umstrukturieren - hin zu neuen Ertragsfeldern. - Ganz so selbstlos war die Entscheidung nicht gefallen. Man erwähnt explizit 2004: and tax effects that resulted from R&D tax credit
- staatliche steuerliche Vergünstigungen, für Investitionen in Forschung und Entwicklung. Japan galt bereits damals nicht mehr als wirklich fortschrittlich und drohte (nicht nur bei der Digitalisierung und dem Internet) technologisch abzurutschen.
Ferner wollte man neue Märkte erobern wie China und die Dritte Welt. Bei ersterem Land war Fuji in der Tat etwas spät dran, und letzteres scheiterte wie bei allen Firmen kläglich. Darüber darf auch nicht hinwegtäuschen, dass Fujifilm das lange dadurch kaschierte, indem man von den NIEs (Newly Industrializing Economies) oder BRICS-Staaten sprach: Brasilien, Russland, Indien, China, South-Africa. De facto florierte bis heute nur China nachhaltig.
Abgerundet werden sollte alles durch das in Strategiepapieren unabdingbare Wort Effizienzsteigerungen
: Das ist meist die Umschreibung für endlose Umstrukturierungen mit dem Ziel der Kostenreduzierungen und Einsparungen in allen Bereichen, Entlassungen, Auslagerungen der Produktion in Billiglohnländer gemäß dem Prinzip des Subventions-Tourismus': Das Entwicklungsland, das die niedrigsten Steuern erhob, die geringsten Sozialstandards für Arbeiter verlangte, aber dafür die meisten Zuschüsse für Fabriken etc. anbot, erhielt den Zuschlag für eine Fabrik für ein Paar Jahre. Dann zog man weiter in ein noch attraktiveres Entwicklungsland.
Verfeinert wurde diese Strategie - wie immer - mit den zwei Feigenblättern soziales Engagement (corporate social responsibility - CSR) und Verantwortung für die Umwelt. Wie ernst man letzteres meinte, erkennt man u.a. daran, dass 2004 die neuen analogen Einwegkameras (QuickSnap mit integriertem Film / in den USA teilweise als Smart Flash vermarktet) ein großer Erfolg waren. Die erste derartige QuickSnap-Wegwerfkamera stammte sowieso bereits aus dem Jahr 1986.
Im Übrigen waren die Ziele der Vison75 sehr ambitioniert: 3.500 Mrd. Yen Umsatz bis 2009 und 350 Mrd. Yen operativer Gewinn. (Annual Report 2004, S. 6.) Keines dieser Finanz-Ziele wurde bis heute erreicht. (Dies galt auch für die Zeit der drastischen Währungsabwertungen des Yen in den frühen 2020er Jahren.)
Sogar bei den Digitalkameras wollte man hoch hinaus: Regarding digital cameras, we are greatly strengthening our R&D, manufacturing, and marketing systems with the aim of being among the top three companies in terms of worldwide market share.
- Man wollte einer der drei größten Kamerahersteller überhaupt werden. Selbst dieses Ziel konnte bis heute nicht erreicht werden.
Auch wenn es im Nachhinein umgedeutet wurde, die Vision75 stand im Zeichen der Sicherung und Expansion (strengthen and expand
waren die Wörter, die - mindestens seit 2003 - immer wieder auftauchten) auf weitere neue Felder, und nicht im Zeichen einer Firmenneugründung, weil die alte Firma angeblich am Ende gewesen wäre.
Glasklar formulierte Fujifilm bereits 2004, worum es dem Konzern ausschließlich geht: (3) Basic Policy Regarding Distribution of Profits: Fujifilm's basic policy regarding the distribution of profits is to provide shareholders with stable dividends and thereby meet shareholders' expectation as well as to maintain sufficient internal reserves to strengthen the management foundation, permitting it to support an aggressive expansion of its business activities while being prepared for sudden changes in the business environment.
Es geht nur um die Dividende der Aktionäre. Das war in Japan bei allen Firmen seit Jahrzehnten ganz wichtig, weil die Banken als Anleger den größten Teil der Aktien halten und man im Niedrigzinsland (bis hin zu jahrelanger Deflation seit den 1980er Jahren) Gewinne überwiegend über Aktiendividenden erwirtschaftete.
Die Fotografen seien in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass bei Fujifilm nichts von Kunden steht. Das ist bei vielen japanischen Firmen so. Erst kommt die Firma. Geht es der Firma gut und kann sie die Aktionäre bedienen, dann bleibt evtl. auch etwas übrig, womit man die Kunden nachträglich erfreuen kann. Das ist ein völlig anderer Ansatz als z.B. bei den US-Internet-Giganten, die zuerst einmal (mit Verlusten) Lösungen für Probleme der Kunden suchen und dadurch im zweiten Schritt Firmengewinne erzielen, indem man die eigenen Produkte und Dienstleistungen irgendwie bepreist.
Zugegeben, langfristig einen Teilbereich - eigentlich nur die Produktklasse der analogen Filme - mit fast einem Zehntel des Konzern-Umsatzes zu verlieren, war keine schöne Aussicht. Aber angesichts der Tatsache, was andere Firmen in der Optik- und Kamerabranche seit 2010 an Verlusten hinnehmen mussten (2010-2020: -93% der Gesamtproduktion), doch handhabbar.
Dies gilt umso mehr, als man bereits in den 1990er Jahren auf Digitalkameras umgeschwenkt war. 2004, also im ersten Jahr der Geschäftsführung des neuen CEOs, betrug der Anteil der digitalen Kameras am Umsatz des Bereiches Imaging bereits 25% - exakt so viel wie die 25% der 2004 verkauften analogen Filme. Hier durfte der neue Geschäftsführer die Früchte seines Vorgängers ernten. Glück gehört auch zum persönlichen Erfolg.
Aber der neue CEO setzte die neue Strategie keineswegs sofort oder konsequent um. Die Geschäftsberichte der hier betrachteten Anfangszeit erwähnen immer noch ständig neue analoge Filmprodukte, die Fujifilm entwickelte und auf den drastisch schrumpfenden Markt warf. Das war / ist in vielen Firmen so.
Fakt bleibt jedoch: Fujifilm war nie in einer ähnlich prekären Lage wie Kodak oder AGFA, weil es zumindest in dem von mir mit harten Geschäftszahlen belegbaren Zeitraum keineswegs derart abhängig von analogen Filmen war.
Fazit: Wirtschaftswissenschaften und mathematische Zahlen können sehr ernüchternd sein. Zumindest bei Fujifilm eignen sie sich nicht zur Heroisierung des CEO oder des vermeintlich gigantischen Wandels. Selbst der Medizinbereich (siehe oben) war bereits vorhanden, worin man mit CR (digitale Röntgengeräte) sogar schon seit vielen Jahren Weltmarktführer war.
Faktisch ist der Verlauf des Konzernumsatzes sogar eher ernüchternd. Die Grafik zeigt reine Bruttowerte an - also ohne Inflationsausgleich. Selbst so ist der Trend eher negativ. Inflationsbereinigt sähe es noch schlechter aus.
Auf das Strategiepapier Vision75 folgte 2012 die VISION80
, ein 3-jähriger Mittelfristplan vom 1.4.2012 bis zum 31.03. 2014. Nach den durch die weltweite Finanzkrise erzwungenen Sparplänen 2009-2011 ging man in dieser neuen Vision wieder auf Expansionskurs.
Auf den Vision80 folgte 2014 der VISION 2016
, ein 3-jähriger Mittelfristplan vom 1.4.2014 bis zum 31.03. 2017. Der Expansionskurs wurde konkretisiert auf die Zukunftsbereiche (growths drivers
) Information (Healthcare und Highly functional Materials) und Document Solutions. Das war zwar aus meiner Sicht logisch. Aber erstmals wurde 2015 explizit Imaging nicht erwähnt, da man es nicht mehr als irgendwie zukunftsträchtig einstufte. Das sollte man bedenken, wenn wir später zum Aufbau der Mittelformatkameras kommen. Das wurde nicht als Wachstumsbereich gesehen. Daraus darf man schließen, dass es nur noch eine Notlösung im Sinne des seit Jahren praktizierten (erforderlichen) preislichen Ausweichens nach oben gesehen wurde.
Darauf folgte im August 2017 der VISION2019
, ein 3-jähriger Mittelfristplan vom 1.4.2018 bis zum 31.03.2020.
... for further enhancement of the business portfolio by reinforcing each of the business segments to achieve sustainable growth. Under the plan, 'Imaging', 'Healthcare & Material' and 'Document' solution businesses are placed to one of three business stages: 'improving the profitability', 'further accelerating the growth' and 'investments to build for the future'. After clarifying the respective stage of its business, these businesses will work on their respective goals: improving the profitability to generate stable cash-flow, accelerating the growth of main business areas to expand revenues and profits, and developing the cornerstones of its future profit generating business operations. Solidifying and expanding the operations of each business and achieving a more robust business portfolio will lead the Company into strategic leaps forward. The Company will also pursue further growth by enhancing its overseas sales foundation, established through existing business operations, while accelerating overseas deployment of healthcare products and new highly functional products.
... [Plan] zur weiteren Verbesserung des Geschäftsportfolios durch Stärkung der einzelnen Geschäftsbereiche, um ein nachhaltiges Wachstum zu erzielen. Im Rahmen des Plans werden die Geschäftsbereiche 'Imaging', 'Healthcare & Material' und 'Document' in eine von drei Geschäftsphasen eingeteilt: 'Verbesserung der Rentabilität', 'weitere Beschleunigung des Wachstums' und 'Investitionen in die Zukunft'. Nach Klärung der jeweiligen Phase ihres Geschäfts werden diese Geschäftsbereiche an ihren jeweiligen Zielen arbeiten: Verbesserung der Rentabilität, um einen stabilen Cashflow zu erzielen. Die Beschleunigung des Wachstums der Hauptgeschäftsbereiche zur Steigerung von Umsatz und Gewinn sowie die Entwicklung der Eckpfeiler des künftigen gewinnbringenden Geschäftsbetriebs. Die Festigung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs jedes Geschäftsbereiches sowie die Erzielung eines robusteren Geschäftsportfolios werden das Unternehmen in strategischen Sprüngen voranführen. Das Unternehmen will auch dadurch weiter wachsen, indem es seine Vertriebsbasis in Übersee verbessert, die durch bestehende Geschäftsaktivitäten aufgebaut wurde. Beschleunigung des Einsatzes von Gesundheitsprodukten und neuen hochfunktionellen Produkten in Übersee.
Erstens wurde 2018 wieder einmal Imaging überhaupt erwähnt und zwar als Zukunftsfeld, das aber noch stabilisiert werden muss, damit es einen stabilen Cash-Flow erzeugt. Aber, immerhin. Dennoch sollte dies nicht in Sicherheit wiegen oder Anhänger der APS-C-Digitalkameras zur Euphorie bewegen. Der Wandel in der Strategie kam durch die analogen Instax-Kameras, die damals unerwartet riesige Umsätze und Gewinne einspielten. Daneben entwickelte sich der Absatz der neuen teuren Mittelformatkameras sehr gut.
Zur Zielerreichung wollte man 500 Mrd. Yen in Firmenaufkäufe investieren. Allerdings waren die anvisierten Ziele hoch und wurden verfehlt: Im Geschäftsjahr 2019 (01.04.2019-31.03.2020) wollte man 2.600 Mrd. Yen Umsatz und 230 Mrd. Yen operativen Gewinn erzielen. Es wurden 2.315 und 186 Mrd. Yen. Ganz schlimm war es beim Umsatz, der im Geschäftsjahr 2019 sogar unter der Ausgangsbasis 2017 lag. Stopp: Das war weitgehend vor der Pandemie / Weltwirtschaftskrise.
Wie sehr sich Fujifilm 2018 - auf dem Höhepunkt seiner digitalen Machtposition bei Kameras - auf externe Einflüsterer und die Fortschreibung der bisherigen steilen Wachstumszahlen (ein genereller Kardinalfehler) bei digitalen Kameras verließ, erkennt man an den völlig unrealistischen Plänen 2018 für die APS-C-Digitalkameras: In digital cameras, work toward capturing No.1 market share in the premium mirrorless camera market
- Bei [APS-C-] Digitalkameras daran arbeiten, den Spitzenplatz (Nr. 1) beim Marktanteil im Premium-Markt für spiegellose Kameras zu erreichen.
Allen Ernstes strebte man die Marktführerschaft gegen alle anderen Konzerne an. - Man ging wirklich davon aus, dass es niemals eine ernsthafte Konkurrenz im spiegellosen Kamerabereich geben würde, obwohl Canon bei APS-C und Sony bei APS-C und Vollformat schon seit Jahren Produkte anboten. Das alles änderte sich im Sommer 2018 (wenige Monate nach Publikation jener Strategie - Vision2019) grundlegend, als Nikon und wenige Wochen darauf Canon ihren Großeinstieg bei spiegellosen Kameras zelebrierten. Die Gerüchte dazu waren mindesten ein halbes Jahr vorher allen Interessierten weltweit bekannt. - Das meine ich mit der eigener Informationsblase, in welcher Fujifilm lebte. - Hybris kommt vor dem Fall.
Dass der Bereich Imaging de facto im Konzern abgewirtschaftet hatte, wurde in den Folien und Grafiken ab dem Geschäftsbericht 2020 sichtbar: Der früher immer an erster Stelle aufgeführte Bereich Imaging wurde nur noch als dritter Punkt aufgelistet.
Ferner wurde im Jahresbericht 2019 (also 1 Jahr nach der neuen Strategie) deutlich, wie man sich die Stabilisierung vorstellte. Man entließ netto über 5.000 Mitarbeiter. Das senkte die Kosten.
In jenem Geschäftsbericht vom Frühjahr 2018 änderte man auch erstmals den Namen des früheren Bereiches Information Solutions (bis 2017) in nun Healthcare & Material Solutions (ab 2018), um den Wandel der dort nun erzeugten Produkte und Dienstleistungen besser zu beschreiben - respektive nachzuvollziehen, was man die letzten ca. 10 Jahre dort umstrukturiert hatte. Immerhin erzielte nur der Unterbereich Healthcare im Geschäftsjahr 2017 bereits rund 44% des Umsatzes des Gesamtbereiches. Die Medizinsparte war somit ein wichtiger Pfeiler des Konzerns geworden. Aber der andere Teilbereich Material Solutions dominierte noch immer etwas. Dennoch konnte man 2018 festhalten, dass die lange Umstrukturierung durchaus Erfolge zeigte.
Ferner lockte man die Börse im Februar 2021 mit einem weiteren Zweijahres-Sparplan (VISION2023), der ab April 2021 umgesetzt werden sollte.
Inflationsbereinigt konnte selbst der operative Gewinn des Fujifilm-Konzerns nicht wirklich gesteigert werden. Die folgende Grafik zeigt reine Bruttowerte an - also ohne Inflationsausgleich.
Fujifilms operativer Gewinn in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung).
Das Loch
mit Namen 1994-95H meint das Halbjahr (genau 5 Monate und 11 Tage), welches Fujifilm zur Überbrückung des alten Geschäftsjahres bis 20. Oktober zum neuen bis Ende März im Zeitraum 1994/95 einlegte. Da die nominalen Zahlen nur bei ca. 5/12 liegen, würden sie optisch einen falschen Eindruck erwecken und wurden deshalb bewusst weggelassen. Korrekt auf 12 Monate extrapoliert liegt der Wert fast so hoch wie die Gewinne des Jahres davor und danach. Daraus folgt, dass man das Loch durchaus gedanklich mit einer Geraden überbrücken kann.
Sofern man einmal den Verlust im Geschäftsjahr 2010 als Folge der Finanzkrise ausblendet, so wurde im Beobachtungszeitraum immer ein Gewinn erwirtschaftet.
Aber kritisch betrachtet handelt es sich inflationsbereinigt doch eher um eine Seitwärtsbewegung.
Um genau zu arbeiten, habe ich mir die Mühe gemacht, die Gewinne der Geschäftsjahre 1991-2003 (inklusive extrapoliertem Zwischenhalbjahr) und 2004-2020 (neuer CEO) aufzusummieren und dann auf arithmetische Jahresdurchschnitte umzurechnen: Der erste Zeitraum 1991-2003 ergibt rund 156 Mrd. Yen jährlicher Gewinn. Der zweite Zeitraum 2004-2020 des neuen CEO ergibt hingegen nur rund 131 Mrd. Yen jährlicher Gewinn. - Das ist selbst Brutto - ohne Inflationsausgleich - nicht berauschend.
Dennoch wird es positiv bewertet, denn der Umsatz des Konzerns war im Beobachtungszeitraum gesunken (siehe Grafik oben). D.h. die Rendite wuchs. Oder?
Unter der Umsatzrendite einer Firma versteht man den Bruch zwischen Umsatz und (in unserem Beispiel) erzieltem operativen Gewinn.
Fujifilms Umsatz-Rendite in Prozent.
Hier gibt es im Halbjahr 1994-95H kein Loch, da sich der Bruch aus zwei Zahlen zum identischen Zeitraum errechnen lässt.
Sofern man einmal den Verlust im Geschäftsjahr 2010 als Folge der Finanzkrise ausblendet, so wurde im Beobachtungszeitraum immer eine positive Rendite erwirtschaftet.
Aber kritisch betrachtet handelt es sich selbst im Zeitraum des neuen CEO bestenfalls um eine Seitwärtsbewegung.
Um genau zu arbeiten, habe ich mir die Mühe gemacht, die einzelnen Renditen der Geschäftsjahre 1991-2003 (inklusive Zwischenhalbjahr) und 2004-2020 (neuer CEO) aufzusummieren und dann auf arithmetische Jahresdurchschnitte umzurechnen: Der erste Zeitraum 1991-2003 ergibt rund 11,3% jährliche Umsatzrendite. Der zweite Zeitraum 2004-2020 des neuen CEO ergibt hingegen nur rund 5,4% jährliche Umsatzrendite. - Das ist nicht berauschend.
Seit der neue CEO durchregierte, erzielte die Firma - wenn man einmal die extremen Ausschläge ignoriert respektive mittelt - in einer weitgehenden Seitwärtsbewegung ca. 6% Umsatzrendite. Das ist meiner Meinung nach sicherlich gut. Aber im internationalen Vergleich ist es weder atemberaubend noch entspricht es den früheren Werten der Firma.
Nun könnte man Trends berechnen und Trendkurven hineinlegen. Dann ergäbe dies - bei sehr wohlwollener Betrachtung - einen aufsteigenden Trend von 2005-2020. Aber auch dann lösten im Geschäftsjahr 2020/21 ca. 7% Umsatzrendite keine Jubelstürme aus. Das gilt insbesondere, wenn man bedenkt, dass ein erheblicher Teil der Umsätze und Gewinne beim Fujifilm-Konzern inzwischen aus dem Medizinbereich stammen, in dem geradezu unglaublich hohe zweistellige Renditen erzielt werden.
Sämtliche Ziele zur Umsatz- und Renditesteigerung wurden regelmäßig verfehlt. Man darf nur an die erste Strategieplanung erinnern, in welcher der neue CEO bis 2009 den Umsatz auf 3.500 Mrd. Yen und die Rendite auf 10% also 350 Mrd. Yen operativen Gewinn schrauben wollte.
Fakt ist, dass die Umsatzrendite der Firma Fujifilm in den Jahren des neuen CEOs Shigetaka Komori nicht überragend war.
Der Konzern Fujifilm rühmte sich gerne, ein Forschungskonzern mit dem größten Forschungsetat im Verhältnis zum Umsatz zu sein.
Fujifilms Etat für Forschung und Entwicklung in Mrd. Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung).
Das Loch
mit Namen 1994-95H meint das Halbjahr (genau 5 Monate und 11 Tage), welches Fujifilm zur Überbrückung des alten Geschäftsjahres bis 20. Oktober zum neuen bis Ende März im Zeitraum 1994/95 einlegte. Da die nominalen Zahlen nur bei ca. 5/12 liegen, würden sie optisch einen falschen Eindruck erwecken und wurden deshalb bewusst weggelassen. Korrekt auf 12 Monate extrapoliert liegt der Wert fast so hoch wie Zahlen des Jahres davor und danach. Daraus folgt, dass man das Loch durchaus gedanklich mit einer Geraden überbrücken kann.
Der große Sprung zwischen dem Jahr 2000 und 2001 liegt einerseits an der Integration der Tochter Fuji Xerox, die viel forschte, und andererseits an einer tatsächlichen Erhöhung des allgemeinen Forschungsetats. Daraus folgt, dass der Konzern bereits Jahre vor dem neuen CEO die Gelder für die Forschung und Entwicklung erhöhte.
Bis 2009 ging es mit den Geldern für Forschung und Entwicklung bergauf. Aber seitdem ging es selbst ohne Berücksichtigung der Inflation stetig mit dem Etat für Forschung und Entwicklung des Gesamtkonzerns bergab. D.h. so weit her ist es mit dem angeblichen Forschungs-Konzern nicht mehr. Das war ein weiterer Bereich, in dem (medial publiziertes) Wunschbild und Wirklichkeit nicht übereinstimmen. - Diese immer wieder in den Medien gemachte Aussage ist sowieso unzutreffend. Schauen Sie sich einfach einmal die Forschungsetats der anderen Kamerahersteller / Konkurrenten an.
Nur die Aktiendividende für die Anteilseigner wurde seit 2009 - von einem allerdings geringen Startwert - kontinuierlich erhöht.
Fujifilms Dividende in Yen je Aktie als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung).
Das Loch
mit Namen 1994-95H meint das Halbjahr (genau 5 Monate und 11 Tage), welches Fujifilm zur Überbrückung des alten Geschäftsjahres bis 20. Oktober zum neuen bis Ende März im Zeitraum 1994/95 einlegte. Da die nominalen Zahlen nur bei ca. 5/12 liegen, würden sie optisch einen falschen Eindruck erwecken und wurden deshalb bewusst weggelassen. Korrekt auf 12 Monate extrapoliert liegt der Wert sogar etwas höher als die Zahlen des Jahres davor und danach. Daraus folgt, dass man das Loch durchaus gedanklich mit einer Geraden überbrücken kann.
Das dürfte der Grund sein, warum die Aktionäre den CEO lange so weitermachen ließen. Die Dividende liegt über der Inflationsrate und sonstigen Zinsen für Anlagen und macht somit die Aktionäre (meist Banken) reich.
Selbst als Fujifilm 2010 einen Verlust ausweisen musste, zahlte man eine Dividende aus. Das ist in Japan oft üblich, um die Aktionäre bei Laune zu halten. Entweder wird das aus dem Vermögen bezahlt, oder auch über Kredite finanziert.
So schrieb man 2013 ganz deutlich: The Company has the policy of shareholders' return that puts emphasis on cash dividends, settling the dividend payout ratio at over 25%.
- Die Aktionäre mit Dividenden zu versorgen, ist Firmenpolitik bei Fujifilm. - Aktionäre genießen in Japan immer Vorrechte. Eher entlässt man ein paar tausend Mitarbeiter.
Auch der Aktienkurs ist wieder erfreulich. Zwar hatte man hohe Werte schon einmal zwischen 1997 und 2007. Aber danach sah es auch schon viel schlechter aus. Der Anstieg des Börsenkurses im Jahr 2020 lag an dem Zuliefermaterial für Impfstoffe.
Nach Anklicken des Reiters Date Range
können Sie den gewünschten Betrachtungs-Zeitraum (auf z.B. 2000 bis heute) einstellen.
Aber zum Aktienkurs kommt ein umstrittenes Instrument: die Aktienrückkäufe durch den Konzern selbst.
Befürworter der Aktienrückkäufe durch die Aktiengesellschaft sprechen von sinnvoller Kurspflege für den Konzern und die Aktionäre, wodurch extreme Ausschläge der Börsenkurse in beide Richtungen vermieden werden können.
Kritiker sehen darin eher die Gefahr der Kursmanipulation bis hin zum Insider-Handel. Dies gilt umso mehr, als Fujifilm Geldinstitute besitzt (Fujifilm Finance USA, Inc., Fuji Xerox Finance Limited Australia, Fuji Xerox Finance Limited New Zealand, Geschäftsbericht 2008, S. 91. Im Jahr 2006 wurde auch noch eine Fuji Photo Film Finance Netherlands B.V. aufgelistet.).
In Japan waren Aktienrückkäufe schon lange ein Instrument der Konzerne, das jedoch in den letzten Jahren immer öfter und in immer größeren Ausmaßen angewandt wurde. Seriöse Firmen wie z.B. Nikon geben im Voraus klar und deutlich an, in welchem Zeitraum sie an der Börse für welches Geldvolumen Aktien zurückkaufen werden. Darauf kann sich jeder einstellen. Fujifilm gehört jedoch zu den Firmen, die ihre eigenen Aktien je nach Bedarf (oder Belieben) unangekündigt und mit nicht vorher publiziertem Volumen selbst an der Börse verkaufen oder zurückkaufen.
As a means of supplementing dividends, the Company will also flexibly move to employ surplus cash flow to acquire treasury stock in a manner that contributes to greater capital efficiency.
(z.B. Jahresgeschäftsbericht 2008).
Als Mittel zur Ergänzung der Dividenden wird das Unternehmen auch flexibel überschüssigen Cashflow [frei verfügbares Bargeld] einsetzen, um eigene Aktien in einer Weise zu erwerben, die zu einer höheren Kapitaleffizienz beiträgt.
Fujifilms Aktienrückkäufe in Mrd. Yen. Netto bedeutet, dass ich Aufkäufe und Verkäufe des Fujifilm-Konzerns aus dem Bereich Treasury (der eigenen Schatzkiste) zusammengezählt habe, so wie es der Konzern in den ersten Jahren (bis 2007) auch nur pauschal angegeben hat.
Die Zahlen für die Jahre 2009 (ca. -40 Mio. Yen), 2011 (ca. -77 Mio. Yen) und 2020 (ca. -20 Mio. Yen = verkaufte Aktien) sind zu klein, als dass sie grafisch angezeigt werden.
Bis zum Geschäftsjahr 2006 einschließlich kann man noch von einem vertretbaren Aktienrückkaufprogramm zur Kurspflege sprechen.
In den Geschäftsjahren 2007-2010 stütze man allerdings durch massive Käufe von Aktien in der weltweiten Finanzkrise den eigenen Kurs und kaufte billig eigene Aktien auf.
Aber ab dem Geschäftsjahr 2015 kann man nur noch schwer von einer üblichen Kurspflege sprechen. Bei einem Kauf von Aktien im Wert von 100 Milliarden Yen im Geschäftsjahr 2018 oder sogar für 150 Mrd. Yen im Geschäftsjahr 2015 hat man den Börsen-Kurs massiv beeinflusst. Mit derartigen Massenrückkäufen trieb man den eigenen Aktienkurs nach oben.
Fujifilms Aktien im Eigenbestand in Mio. Stück.
Die Aktienrückkaufaktionen führten dazu, dass Fujifilm, bereits am 31.03.2020 114,914288 Mio. eigene Aktien selbst hielt. Fujifilm kann maximal 800 Mio. Aktien ausgeben (authorized shares). Tatsächlich Ausgegeben (issued - including treasure stock) waren im gesamten Beobachtungszeitraum allerdings nur überhaupt 514,625728 Mio. Aktien. D.h. der Konzern hatte bis dahin über 22,3% seiner ausgegebenen Aktien wieder zurückgekauft. Das ist entschieden mehr, als man unter der üblichen Kurspflege versteht.
Bis zum Ende des Geschäftsjahres 2020 - also zum April 2021 - sank der Eigenbestand um 91.041 Aktien auf 114,823247 Mio. Aktion. nur minimal ab.
Mit 22,3% Aktienanteil war Fujifilm 2020 und 2021 sein größter eigener Anteilseigner. Erst weit abgeschlagen folgt mit 8,5% The Master Trust Bank of Japan (Angaben aus dem Geschäftsbericht 31.03.2020, u.a. S. 69). Insgesamt besaßen Finanzinstitute als größte Gruppe 32,9% aller ausgegebenen Aktien. Zwar bilden die selbst gehaltenen Anteile von 22,3% noch nicht die 1/3 Sperrminorität. Aber so war es auch in der Gesellschaftsrechtsreform 2007 nicht gedacht, dass der CEO und das Management durch Aktienrückkäufe quasi die eigene Machtposition in der AG sichert.
Die Aktienrückkäufe führten dazu, dass man immer höhere Dividenden ausbezahlen konnte, ohne real mehr zu bezahlen, da diese Dividenden nur an die tatsächlich frei verfügbaren Aktien gezahlt werden. D.h. nur weniger als 77,7% erhalten Dividenden. Oder mit anderen Worten: Faktisch schüttet Fujifilm 1/4 weniger Dividende aus, als man anhand der insgesamt ausgegebenen Aktienzahl vermuten könnte.
Oder aus Sicht Aktionäre dargestellt: Je mehr Aktien der Konzern ständig zurückkauft, umso höher kann die gezahlte Jahres-Dividende je freier Aktie - für die dann noch übrig gebliebenen Aktionäre - ausfallen.
Aktionäre genießen in Japan immer Vorrechte. Eher entlässt man ein paar tausend Mitarbeiter.
Fujifilms Mitarbeiterzahlen in Tausend - ganzer Zeitraum. Bitte beachten Sie, dass die Tabelle unten bereits bei 20.000 beginnt.
Der große Sprung zwischen dem Jahr 2000 und 2001 liegt vor allem an der Integration der Tochter Fuji Xerox, die viele Mitarbeiter mitbrachte.
Dennoch erkennt man sehr deutlich, dass Fujifilm bereits früh einen fast kontinuierlichen Wachstumskurs eingeschlagen hatte.
Einerseits ist dies positiv zu sehen, da die Firma dank zunehmender Aufträge und Einnahmen immer mehr Personen Arbeit gab. Andererseits waren es aber eher teure japanische Facharbeiter. Automatisierung war bei Fujifilm nicht so angesagt wie bei manchen Mitbewerbern, wodurch die Produktionskosten und auch die Vertriebsgemeinkosten immer sehr hoch lagen. Siehe dazu unten mehr.
Allerdings vertuschen die Geschäftsjahresendzahlen die wahren Verhältnisse. So hat Fuji im Geschäftsjahr 2020 mindestens 2.400 eigene (meist alte) Mitarbeiter entlassen (Anfang April 2020: 73.906 gegenüber Ende Dezember 2020: 71.474). Aber dafür durch Firmenzukäufe allein im ersten Quartal 2021 ca. 1.800 neue (junge) Mitarbeiter dieser gekauften Neufirmen übernommen.
Fujifilms Mitarbeiterzahlen in Tausend, ab dem Jahr 2000.
Betrachtet man nun die Zeit des neuen CEO genauer, so wird das Bild sehr uneinheitlich.
Deutlich erkennt man 2009 und 2018 sowie 2020 den Mitarbeiterrückgang durch Massenentlassungen. Aber auch in anderen Jahren wurden tausende alte, langgediente, erfahrene, aber teure Mitarbeiter aus leidenden Bereichen wie Imaging gekündigt, während man gleichzeitig tausende junge, billigere, neue Mitarbeiter anstellte, oder durch - wie man selbst schreibt - aggressive Firmenaufkäufe
deren Mitarbeiter übernahm.
Definitiv kann man die (eher US-amerikanische) Personalpolitik des Fuji-Konzerns unter dem CEO Shigetaka Komori nicht in der japanischen Ruhmeshalle des Sozialministeriums anführen.
Ja, so etwas darf man - im Vergleich zu unter wesentlich schlimmeren Umständen versagenden Firmen wie Kodak und AGFA - einen Erfolg nennen.
Aber der gesamte übertriebene Medienrummel, den alle um diese Firma mit ihren angeblich einmaligen und weltweit gefeierten Umschwung machen, kann ich nach all den Fakten nicht mehr nachvollziehen. Bereits im Vergleich zu anderen härter betroffenen Kameraherstellern schneidet Fujifilm nicht so gut ab. Mit modernen Konzernen wie Apple, Google etc., die alle auch Hardware herstellen, will ich die Performance überhaupt nicht vergleichen.
Kommen wir nun zu den Detailbetrachtungen des Bereiches Imaging, der die Fotografen direkter betrifft.
Im Jahr 2000 war Fujifilm Weltmarktführer bei analogen Filmen geworden. Dennoch wurde dieser Bereich Imaging mindestens seit 1998 umstrukturiert. Spätestens 2004 wurde die neue Mittelfriststrategie VISION75 bei 2009 offiziell publiziert. Aber erst 2005/2006 ergriff man massive und teure Umstrukturierungsmaßnahmen im Bereich analoger Filme. Allein im Geschäftsjahr April 2005 - März 2006 kosteten die Umstrukturierungen über 77,4 Mrd. Yen und im Folgejahr nochmals 60,1 Mrd. Yen. Laut Geschäftsberichten waren die Umstrukturierungen Ende März 2007 im Bereich Imaging abgeschlossen.
Wie sehr sich der Konzern auch danach wandelte, erkennt man anhand der Reihenfolge der im Geschäftsbericht genannten drei großen Bereiche: imaging, information, and document businesses
. Dies kippte zur auch in der Auflistung der Jahresergebnisse geänderten Reihenfolge seit 2020: An oberster Stelle steht seitdem Healthcare & Material Solutions, gefolgt von Information Solutions sowie erst an dritter Stelle Imaging Solutions.
Faktisch kann man an meinen Grafiken jedoch erkennen, dass der Umsatz und Gewinn des Bereiches Imaging schon früher nicht mehr die Nummer eins im Konzern spielten. Daraus folgt, dass man lange Zeit im Management noch vom Ruf der Filmbranche zehren wollte, respektive sich nicht zur ökonomischen Realität durchringen konnte.
Mit dem Rückgang der analogen Filme gingen selbstredend auch die Ausbelichtungen / Entwicklungen von Negativ- und Diafilmen zurück. D.h. die Anzahl der Chemikalien und der dazu verkauften Entwicklungs-Maschinen bis hin zu ganzen Entwicklungslaboren sank kontinuierlich. - Vorsicht: Ich spreche hier von der abnehmenden Ausbelichtung nur der analogen Filme und Dias.
Zuerst konnte man im Bereich Fotopapier die Umstellung von Analog- auf Digitalkameras relativ gut überstehen, da noch immer sehr viele Fotografen ihre digitalen Bilder ausbelichteten. Durch die Möglichkeit, digitale Fotos online (über den Versand über das Internet) bequem von zu Hause aus ausbelichten zu lassen, stieg sogar dieser Bereich der (fälschlich oft als digitalen Ausbelichtung bezeichneten) Papier-Fotos.
Teilweise gelang es sogar mit Fotobüchern (quasi eine gebundene Ansammlung von Fotopapieren) eine Zeit lang sehr gut zu verdienen. Dies brach erst viel später, dann aber heftig ein, als immer weniger Fotografen vorhanden waren und diese kaum mehr ausbelichteten, da sie entweder die Fotos auf dem Monitor ansahen oder im Smartphone-Zeitalter sowieso fast nur noch auf dem jährlich größeren Smartphone-Display betrachteten.
Ab ca. 2015 konnte Fujifilm als Ausgleich zuerst einmal die sogenannten Wall Decors
vermarkten - ziemlich große Ausdrucke auf Aluminium, Papier, Leinwand etc., die man z.T. sogar in großen Rahmen für Wandposter oder Panoramen für sehr viel Geld für die Wohlhabenden anbot. Aber auch dieser Trend lief sich nach einer typischen Euphoriewelle aus, als die meisten Wände der Luxusvillen und großen Wohnungen damit vollgehängt waren.
Obwohl manche Analytiker von einem wieder gestärkten Interesse an der Analogfotografie sprachen, musste Fujifilm vor allem in den letzten Jahren und insbesondere 2020 auch die Produktion immer mehr analoger Filme einstellen, da die Nachfrage wegbrach. Wie gesagt, hatte Fujifilm mit seinen externen Beratern und deren Prophezeiungen nicht immer Glück. Die von vielen prophezeite Retrowelle betraf nur ganz wenige, ausgesuchte Produkte.
Langer Absturz gefolgt von weitgehender Stagnation.
Der Umsatz des Bereiches Imaging wird hier als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung) in Mrd. Yen - im Vergleich zum Konzernumsatz (oben) dargestellt:
Die zwei Datenreihen mit der Unterbrechung beim Imaging-Bereich erklären sich aus den unterschiedlichen Zahlenangaben Fujifilms in den Geschäftsberichten. Siehe dort.
Aufgrund mehrere (bilanztechnisch von Fujifilm nicht sauber aufgearbeiteten) Konzern-Umstrukturierungen ist es nicht praktikabel, Grafiken vor dem Jahr 2001 zu verwenden.
Man erkennt bereits um die Jahrtausendwende die Kappenbildung beim Imaging (rote Kurve). D.h. es war schon länger eine Sättigungskurve erkennbar.
Bereits rein brutto wurde der Umsatz im Bereich Imaging seit 2003 in etwa gedrittelt.
Wer jetzt aber glaubt, dass die modernen Umsätze von den Digitalkameras stammen, irrt. Der größte Anteil der grauen Kurve stammt aus dem Analogbereich der Fotografie.
Der Umsatz des Bereiches Imaging wird hier getrennt in analogen und digitalen Bereich als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung) in Mrd. Yen aufgezeigt.
Vor dem Jahr 2002 wies Fujifilm seinen digitalen Bereich nicht separat aus. Faktisch wurden auch erst seit 1998 digitale Kompakt-Kameras verkauft. Zur Legendenbildung mit frühen digitalen Kameras siehe weiter unten.
Selbst in den schlechtesten Zeiten des analogen Unter-/Teil-Bereiches (2011) war er immer noch etwa doppelt so umsatzstark wie alle Digitalkameras. Aktuell liegt der analoge Bereich beim Faktor 2-3 im Vergleich zum digitalen.
Imaging Operativer Gewinn / Verlust in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung).
Bereits bis zum Jahr 2003 einschließlich schwankten die Gewinne deutlich und waren keineswegs sehr groß.
Die schweren Rückschläge 2004 bis 2006 kamen vor allem durch horrende interne Umstrukturierungskosten zustande. - Deshalb schreibe ich auch in anderen Artikeln immer wieder, dass eine Veränderung zuerst einmal sehr teuer wird und die ausgewiesenen Verluste drastisch verschlimmern kann.
Wer jetzt denkt, dass die Verluste 2007 bis einschließlich 2012 alle vom analogen Filmbereich stammten, und die Gewinne aber ganz sicher doch
von den Digitalkameras, der irrt wieder:
Es waren auch die abstürzenden Kompaktkameras in Kombination mit eigener Überproduktion und dem Preiskrieg bei billigen Einsteigerkameras, welche horrende Verluste einfuhren. Siehe dazu Details weiter unten.
Und die Gewinne in den 2010er-Jahren gehen überwiegend auf die analoge Sofortbildkamera Instax zurück. Siehe auch dazu Details weiter unten beim Kapitel Instax-Wunder.
Viel bedenklicher als die Aufteilung der Gewinne / Verluste zwischen Analog und Digital sehe ich allerdings die seit 2017 wieder rückläufige Gewinnsituation insgesamt. - Dies geschah trotz nun 15 Jahren drastischer Sparmaßnahmen und Umstrukturierungen sowie Effizienzsteigerungen.
Bevor wieder Einwände kommen: Der erneute Niedergang begann lange vor der Pandemie und deutet somit auf strukturelle respektive generelle Probleme.
Im Imaging spiegelte sich die abnehmende Bedeutung, wenn man den Vergleich des Umsatzes Imaging zum Konzern in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung) zieht.
In keinem Jahr in unserem Beobachtungszeitraum dominierte der Imaging-Bereich. Der Umsatz des Bereiches Imaging nahm sogar ab - absolut wie prozentual.
Somit ist die Kernaussage der Heroisierung des CEO und der Umstrukturierung ab 2006 falsch: Imaging war schon lange nicht mehr das Hauptgeschäft des Konzerns.
Imaging im Vergleich zu den beiden anderen Bereichen - Umsatzes nur external Customers - also ohne interne Querverrechnungen im Konzern, in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung).
In keinem Jahr in unserem Beobachtungszeitraum dominierte der Imaging-Bereich. Selbst zu Beginn lag er nur auf dem zweiten Platz, den er jedoch bereits 2004 abgeben musste.
Imaging im Vergleich zu den beiden anderen Bereichen - prozentualer Umsatz nur external Customers - also ohne interne Querverrechnungen im Konzern.
Während man beim Bereich Document Solutions zumindest eine Seitwärtsbewegung auf sehr hohem Niveau erkennen kann, konnte der Bereich Information Solutions - 2017 umbenannt in Healthcare & Material Solutions - seinen Anteil am Konzernumsatz deutlich steigern. Dort sieht Fujifilm seit ca. 2005 die Zukunft. Aber ganz gewiss nicht mehr beim kontinuierlich sinkenden Einfluss des Bereiches Imaging.
Um es ganz klar hervorzuheben: Die digitalen Kameras konnten niemals einen entscheidenden Beitrag liefern. Denn die relevanten Umsätze und Gewinne kommen bis heute aus den analogen Instax-Sofortbild-Kameras.
Somit kann auch keine Rede davon sein, dass die Digitalkameras an die (früheren) analogen Erfolge anschließen konnten.
Imaging im Vergleich zu den beiden anderen Bereichen - operativer Gewinn in Mrd. Yen.
Es bedarf wohl keine Erläuterung, dass die beiden anderen Bereiche fast kontinuierlich sehr solide Gewinne erwirtschafteten, während es beim Sorgenkind Imaging eine Achterbahnfahrt war.
Imaging abnehmende Bedeutung: Vergleich des Umsatzes Imaging zum Konzern in Prozent.
Von über 33% Anteil am Konzernumsatz im Geschäftsjahr 2002 auf unter 13% im Geschäftsjahr 2020 war eine bittere Entwicklung.
Und wie ich oben zeigte, liegt der Anteil der digitalen Kameras nochmals deutlich darunter - bei ca. 4% (2020) des Konzernumsatzes.
Fakt ist: Auf die 13% Umsatz des Bereichs Imaging Solutions (und ganz gewiss auf die ca. 4% des Unterbereiches Digitalkameras) kann der Konzern verzichten. Das gilt insbesondere, wenn der Bereich Imaging wieder in die Verlustzone rutscht. Siehe Olympus.
Die Behauptung aus dem Annual Report 2020, Seite 4 ist somit falsch:
To fully maximize synergy effects between Fujifilm and Fuji Xerox, we established a holding company to take control of both companies in 2006. At the same time, we changed the name of Fuji Photo Film Co., Ltd. to FUJIFILM Corporation, the name change symbolizing our determination to broadly expand our operations beyond the photography business.
Um die Synergieeffekte zwischen Fujifilm und Fuji Xerox vollständig zu maximieren, haben wir 2006 eine Holdinggesellschaft gegründet, welche die Kontrolle über beide Unternehmen übernimmt. Gleichzeitig [=2006] haben wir den Namen Fuji Photo Film Co., Ltd. in FUJIFILM Corporation geändert. Dies symbolisiert unsere Entschlossenheit, unsere Geschäftstätigkeit über das Fotobusiness hinaus auszuweiten.
Nein, die Umbenennung war nicht der Anfang der Umstrukturierung - es war keine vorausschauende Handlung -, sondern nur noch das nachträgliche Nachvollziehen des seit Jahren sichtbaren Wandels. Der gesamte Imaging-Bereich spielte bereits 2006 nur noch die dritte Geige. Und der reine analoge Filmbereich war noch viel geringer.
Imaging abnehmende Bedeutung der digitalen Kameras absolut in Mrd. Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung):
Bitte beachten Sie, dass die Werte für die ersten 5 Jahre von mir rückwärts aus Prozentangaben errechnet wurden und mit Fehlern behaftet sein können, da Fujifilm bekanntermaßen generell Rechenfehler unterlaufen und sehr grob rundet.
Fakt ist jedoch, dass der Bruttoumsatz mit allen digitalen Kameras tendenziell zurückging - obwohl Fujifilm die Preise (von den frühen Kompaktkameras von ca. 100 Euro bis hin zu dem Mittelformatkameras für rund 10.000 Euro) drastisch erhöhte.
Deutlich erkennt man den Einfluss der Mittelformatkameras in den Geschäftsjahren 2017 und 2018, die zu sehr hohen Preisen eine erstaunlich hohe Nachfrage erzeugten.
Allerdings erkennt man am Geschäftsjahr 2019, das nur bis zum Ende März 2020 reichte - also weitgehend vor-pandemisch war -, dass es dann mit den digitalen Kameras erneut abwärts ging. Das deutet auf eine Markt-Sättigung und strukturelle / generelle Probleme hin, die unabhängig von der pandemiebedingten Weltwirtschaftskrise waren.
Geradezu erschreckend war der Umstand, dass die Digitalkameras und deren Objektive im Geschäftsjahr 2019 (01.04.2019 - 31.03.2020) mit nur 72 Mrd. Yen nicht einmal ein Drittel des Umsatzes des analogen Bereiches (rund 229 Mrd. Yen) erwirtschafteten. - Der analoge Bereich erwirtschaftete noch immer dreimal so viel Umsatz.
Die graue Kurve der Optical Devices umfasst Profiausstattungen für u.a. das Fernsehen und Kinoproduktionen sowie Kameras für Automobile, Überwachungskameras und Linsen für Projektoren. Auffällig ist hier ebenfalls ein fast kontinuierlicher Rückgang des Umsatzes, seit Zahlen explizit aufgelistet werden. Auch das ist nicht positiv zu bewerten. Denn es besagt, dass Fujifilms Umsatz mit Digitalausrüstung sowohl bei den Amateuren als auch bei den Profis tendenziell rückläufig ist.
Der Bereich Imaging zeigte in den letzten Jahren immerhin einen leicht wachsenden Etat für Forschung und Entwicklung.
Fujifilms Etat für Forschung und Entwicklung nur für den Bereich Imaging in Mrd. Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung):
Es finden sich nur für wenige Jahre offizielle Zahlen. Und diese widersprechen sich zum Teil bei Fujifilm.
Vorsicht: Imaging umfasst analog und digital. D.h. viel Geld wird auch für die analogen Produkte wie Fotos, Papier, Instax-Kameras etc. verwendet. D.h. die Summe steht nicht komplett für die Entwicklung von Digitalkameras zur Verfügung.
Nach dem absoluten Tiefstand 2013 nahm der Etat für Forschung und Entwicklung im Teilbereich Imaging wieder zu. Aber die vormaligen Höchstwerte der frühen digitalen Ära erreichte er nie mehr.
Selbst, wenn sich die Zahlen so nicht eindeutig vergleichen lassen, so kann man dennoch festhalten, dass Canon auch nach allen drastischen Kürzungen 2020 noch einen fünfmal so hohen Forschungsetat für seinen Bereich Imaging hatte. Selbst, wenn man vermutet, dass die Hälfte davon für den Teilbereich Tintenstrahldrucker verwendet würde (das ist sehr unwahrscheinlich), ist er noch immer deutlich größer als der von Fujifilms Imaging insgesamt.
Der Imaging-Forschungsetat von Nikon ist mindestens doppelt so groß. Dabei gilt jedoch, dass er ausschließlich für Digitalkameras und Objektive verwendet wird.
Bei Sony liegt allein der Forschungsetat für Sensoren um ein Vielfaches höher. (Zu den Forschungsetats der anderen Imaging-Bereiche der anderen Konzerne siehe: Sensor-Dilemma.)
Fakt war somit, dass Fujifilm zumindest im Bereiche Imaging definitiv nicht mehr der angebliche 'Forschungskonzern' war. Dies erklärt zumindest zum Teil auch den zunehmenden technischen Rückstand der Fujifilm-Kameras. Siehe weiter unten.
Der Bereich Imaging verzeichnete ziemlich hohe Abschreibungswerte - auch für zu große Lagerbestände.
Fujifilms Abschreibungen und Wertminderungen nur für den Bereich Imaging in Mrd. Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung).
Die zwei Kurven mit den unterschiedlichen Zahlen ergeben sich wie immer aus den fehlerhaften Angaben von Fujifilm selbst in den jeweiligen Geschäftsberichten.
Zwar werden keine Details aufgeschlüsselt. Aber darin befinden sich auch die Abschreibungen und Wertminderungen für zu viel produzierte digitale Kameras.
In der ersten Dekade erzeugte neben den analogen Produkten auch die viel zu viel produzierten digitalen Kompaktkameras hohe Abschreibungen und Wertminderungen. Aber ab seit 2012 waren es vor allem die neuen Digitalkameras.
Ungünstig ist ferner der (gegen Ende des Beobachtungszeitraumes) wieder steigende Trend.
Da der Imaging-Bereich 2020 von den Pandemiefolgen - der faktischen Weltwirtschaftskrise besonders hart getroffen wurde, musste man reagieren und änderte kurzfristig die Strategie. Am 13.08.2020 schrieb Fujifilm im Quartalsbericht: The Imaging Solutions is the area most affected by COVID-19... . While thoroughly controlling costs and expenses, we will strive to recover revenue by introducing new attractive products including instax and digital cameras, and by enhancing online sales. In addition, we will promote the development of products utilized [utilizing?] our unique technology such as ultra-short throw projectors and long throw security cameras, and expand our business into new areas.
Zu den Anforderungen sparen sowie stationäre Händler rauswerfen und dafür mehr online verkaufen passte auch der bereits 2019 bekanntgewordene Rückzug von großen / teuren Messen, wie der photokina.
Ferner wird die jährliche Produkterneuerung fortgesetzt - mit entsprechendem Wertverlust der Altgeräte.
Angesichts sinkender Etats für Forschung und Entwicklung sowie ausgereizter Technik wird da jedoch bei APS-C kaum mehr viel signifikant Neues kommen.
Ferner suchte auch Fuji (wie andere optische Firmen) seitdem den Ausweg bei Überwachungskameras sowie anderen optischen Bereichen.
Das sind ökonomisch teilweise erwartbare Konsequenzen. Aber die meisten sind für die Fotografen eher nachtteilig.
Fujifilm publizierte nur offizielle Zahlen in den Geschäftsberichten, als es erfolgreich war: Geschäftsjahr 2003 - 2011 und indirekt 2015:
Fujifilms Marktanteil im Prozent am Weltmarkt der digitalen Fotokameras je Geschäftsjahr.
Die Zahl für das Geschäftsjahr 2015 stammt aus einem Interview, das Fuji mit dem Wall Street Journal 2016 führte.
Bitte beachten Sie: Fujifilm gibt bestenfalls auf eine Stelle nach dem Komma gerundete Millionen-Werte an.
Dabei dürfte es sich - wie bei allen Firmen - um Verschiffungszahlen handeln. Zumindest schreibt Fujifilm nirgendwo etwas Abweichendes von diesem CIPA-Standard.
Da Fujifilm jedoch ein von Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr (April bis März) verwendet, muss man erhebliche Umrechnungen an den Jahreszahlen der CIPA vornehmen. So muss man die Jahreszahlen verwenden, davon die ersten drei Monate abziehen und dann die 3 Monate des Folgejahres hinzuzählen, um die im Fujifilm-Geschäftsjahr erfolgten Gesamtverschiffungen aller Firmen zu erhalten. Es macht nichts, wenn Sie dies so schnell und abstrakt nicht verstehen. Ich habe es bereits alles umgerechnet.
Der Marktanteil schwankte 2003-2011 erheblich, lag jedoch zwischen erstaunlichen rund 7,3 und 12,9%. Allerdings wurde dies damals fast ausschließlich mit Kompaktkameras erzielt.
2015 waren es allerdings nur noch 4,1% Marktanteil.
Ab 2011 kamen zwar kleine Mengen an APS-C-Kameras dazu (siehe weiter unten). Aber in den vier Jahren 2012-2015 stürzte das Verschiffungsvolumen durchschnittlich um 2,5 Mio. Kameras pro Jahr ab - auf den Zielwert von nachweislich nur noch 1,4 Mio. Stück oder knapp 4% Marktanteil 2015. Dadurch wurde Fujifilm viel härter getroffen als alle anderen Kamerahersteller zu jener Zeit.
Festhalten kann man allerdings auch, dass Fujifilms Marktanteil zu Beginn der Digitalisierung deutlich höher war als selbst heute. Das relativiert auch den angeblich kometenhaften Aufstieg aus dem Nichts
zu (ohne Quellen von Interessierten oft publizierten angeblichen) ca. 10% Marktanteil heute.
Fujifilm publizierte nur Zahlen, als es erfolgreich war: Geschäftsjahr 2003 - 2011 und indirekt 2015:
Fujifilms verschiffte digitale Fotokameras je Geschäftsjahr.
Das waren früher sehr große Zahlen - zwischen 6,1 und 11,7 Mio. Kameras - aber fast ausschließlich Kompaktkameras.
Überdies zeigte die Kurve in den Geschäftsjahren 2010 und 2011 die völlige Fehleinschätzung des Managements. Als weltweit die Verkaufszahlen und die Produktion der anderen Hersteller bereits zurückgingen, erhöhte Fujifilm die Produktion und die Verschiffung weiter. Das landete zu einem erheblichen Teil in den Lagern der Groß- und Einzelhändler weltweit. Daraus erklären sich dann die heftigen Verluste, weil diese Kameras in den Folgejahren nur noch mit Preisabschlag verkauft werden konnten.
Im Übrigen stürzten die Zahlen nach 2011 dramatisch ab: Im Geschäftsjahr 2015 waren es laut Wall Street Journal noch 1,4 Mio. Digitalkameras insgesamt.
Dass Fujifilm nichts mehr publizierte, erklärt sich dadurch, dass man bereits im Geschäftsjahr 2012 die Reißleine ziehen musste und die Produktion seitdem jährlich um durchschnittlich über 2,5 Mio. drosselte. Aber all diese Kürzungen liefen dem wahren Rückgang des Kundeninteresses hinterher (-93% zwischen 2010 und 2020), sodass die Lagerbestände und Verluste wuchsen. - Nochmals: Die digitalen Kameras (respektive deren Überproduktion) erzeugten in jenen Jahren Verluste.
Auch die Zahl der X-Kameras wird immer maßlos überschätzt: So gab die New York Times an, Fujifilm hätte (laut eigenen Aussagen in einem Interview) vom Start Anfang 2011 bis Ende 2013 knapp über 700.000 X-Kameras hergestellt. Für 3 Jahre ist dies erstaunlich wenig. Zumindest rückt es die illusionären (Millionen-) Zahlen im Internet zurecht. - Selbst wenn man großzügig aufrundet auf 250.000 Kameras je Jahr, befand sich Fujifilm bereits damals in der bezüglich der Skaleneffekte gefürchteten Todeszone weit unterhalb von Olympus. Derartig niedrige Produktionszahlen / Verschiffungszahlen / Verkaufszahlen reichen (zumindest Fujifilm) nicht zur langfristigen Gewinnerzielung aus.
Das änderte sich bis heute kaum: Eine dubiose Quelle DC Life gab an, dass Fujifilm im Geschäftsjahr (oder Kalenderjahr) 2023 angeblich 430.000 digitale Kameras jeglicher Art verschifft hätte. Letzteres war für alle Analysten eine unerwartet hohe Gesamtzahl. Dennoch wären das auch nur 6,0% des Gesamtmarktes gewesen. D.h. man lag tief in der sogenannten Verlustzone unter 10% Marktanteil.
Damit die Träume nicht in den Himmel wachsen, hier ein paar Zahlen, die zwar nicht von den einzelnen Firmen bestätigt wurden, aber überall zitiert werden und mehr oder weniger zutreffen:
Die Finanzzeitung Nikkei Shimbun publizierte online hinter einer Bezahlschranke im Jahr 2020 Zahlen zur Fotowirtschaft im Jahr 2019.
Sie wissen, dass ich diesen Zahlen generell misstraue: Erstens werden immer sonderbare Zahlen verwendet, die definitiv angebliche Verkäufe an Endkunden mit reinen Verschiffungen der Hersteller an Tochterunternehmen verwechseln. Zweitens werden die Quellen nicht genannt. Drittens weichen die Zahlen immer etwas bis deutlich von den offiziellen Angaben der CIPA ab. Viertens sind sie immer auffällig gerundet.
Da jedoch alle sie inzwischen besprechen, gehe auch ich darauf ein. Die englischen Quellen finden Sie hier.
Alle Systemkameras = DSLR und Spiegellose sollen zusammen angeblich 8,66 Mio. Stück betrage. - Der japanische CIPA verzeichnete für das Jahr 2019 hingegen 8.240.717 produzierte und 8.461.490 verschiffte Systemkameras. Dennoch könnte diese Zahl bei Verkäufen zutreffen, da damals die Lager weltweit bis hin zu den Einzelhändlern voll waren. 2019 berichtete ich sowohl über den Preiskrieg bei Vollformat, als auch die damit verbunden heftigen Preisschlachten bei fast allen anderen Kameras, weil viele Fotofachgeschäfte begannen, die eigenen alten Lagerbestände mit Verlust abzuverkaufen. D.h. die Verkäufe an Endkunden können tatsächlich höher gewesen sein, als die gleichzeitige Produktion und Verschiffung. Canon hatte mit 4,16 Mio. = 48% Marktanteil, Nikon hatte mit 1,73 Mio. = 20% Marktanteil, Sony hatte mit 1,66 Mio. = 19,2% Marktanteil, Fujifilm hatte mit 500.000 = 5,8% Marktanteil, Olympus besaß mit 330.000 = 3,8% Marktanteil, und andere (Panasonic, Leica, Sigma, Pentax etc.) besaßen mit 280.000 = 3,2% Marktanteil.
Davon waren spiegellose Systemkameras zusammen angeblich 3,94 Mio. Stück. - Die CIPA verzeichnete hingegen 3.822.724 produzierte und 3.956.503 verschiffte spiegellose Systemkameras für das Jahr 2019. Sony hatte mit 1,65 Mio. Stück = 41,9% Marktanteil, Canon mit 940.000 = 23,9% Marktanteil, Fujifilm besaß mit 500.000 Stück 12,7% Marktanteil, Olympus hatte mit 330.000 = 8,4% Marktanteil, und Nikon besaß mit 280.000 = 7,1% Marktanteil. Alle anderen Hersteller wie Panasonic, Leica, Sigma etc. hatten mit 240.000 Stück 6,1% Marktanteil.
Für 2023 publizierte eine noch dubiosere Quelle DC Life, dass Canon 3,34 Millionen Einheiten (46,5%), Sony 2 Millionen Einheiten (27,9%), Nikon 810.000 Einheiten (11,3%), Fujifilm 430.000 Einheiten (6,0%), Panasonic 260.000 Einheiten (3,6%), OM Digital 180.000 Einheiten (2,5%) und Ricoh Imaging / Pentax 60.000 Einheiten (0,8%) 2023 verschifft hätten.
Bitte seien Sie vorsichtig mit derartig genauen Zahlen. Dennoch werden jene Marktverhältnisse ganz grob betrachtet im Verhältnis der Firmen untereinander in etwa zutreffen.
Rund 500.000 Systemkameras sind eine beachtliche Zahl. Aber das ist weit entfernt von den Millionenproduktionen der früheren Jahre.
Laut allen mir vorliegenden Berichten, konnte Fujifilm seinen Marktanteil in den 2010er-Jahren im Bereich APS-C von null kommend deutlich ausbauen. Aber Vorsicht: Prozentualer Anteil bedeutet in einem schrumpfenden Markt nicht höheren Umsatz oder größere Stückzahlen. Der APS-C-Bereich litt Ende der letzten Dekade in mehrjähriger Folge dramatisch. Alle Hersteller verkauften hier weniger.
In dem für Fujifilm noch guten Jahr 2019 lag der Anteil aller Systemkameras unter 6%.
Vorsicht: Diese Statistik macht keine Aussagen über die Kompaktkameras mit fest verbautem Objektiv. Da Fujifilm abgesehen von je nach Region nur noch ein bis zwei uninteressantes kleinen Kompaktkameras eher sündhaft teure Luxus-Modelle bei APS-C-Kameras mit fest verbautem Objektiv verkauft, sind die Gesamtmarktanteile über alle Kameraklassen noch viel tiefer anzusetzen. 2019 wurden von allen Herstellern insgesamt noch 6,75 Mio. Kameras mit fest verbautem Objektiv verschifft. Mehr als 4% Weltmarktanteil an allen verkauften Digitalkameras aller Klassen räume ich Fujifilm somit nicht ein.
Da Fujifilm nur spiegellose Kameras produziert, lag der Anteil bei spiegellosen Systemkameras 2019 bei bestenfalls 13%.
Aber ganz vorsichtig: 2020 haben sowohl Canon (R5, R6) als auch Nikon (Z5, Z6 II, Z7 II) komplett neue Vollformatkameras herausgebracht, die alle früheren Schwächen ausglichen. Weitere folgten 2021 (Canon R3, Sony A7IV, Nikon Z9). Ferner hat Sony 2020 und 2021 neue spiegellose Kameras herausgebracht, die faszinierten: A7SIII, A7C, Sony A1. Seitdem sind die Verkaufszahlen und Verhältnisse komplett gekippt - und zwar zuungunsten von Fujifilm: Fujifilms Verkaufszahlen sanken, während gleichzeitig die der anderen Firmen drastisch anstiegen.
Selbst beim besten Wohlwollen schätze ich Fujifilms Marktanteil inzwischen selbst bei real an Endkunden verkauften spiegellosen Kameras nur noch bei maximal 7%.
Wenn Fujifilm gute Zahlen hätte, dann würde es diese auch publizieren. Aber das scheint (wie u.a. bei Leica) exakt das Problem zu sein: Diese Kameras für Nischen und Randgruppen erzielen nicht die Verkaufszahlen, wie Kameras für die Kernzielgruppen der durchschnittlichen Fotografen.
Das Kalenderjahr 2020 führte bei allen Kameraherstellern durchschnittlich zu über 40% Rückgang bei der Produktion, der Verschiffung und Verkäufen an Endkunden. Selbst im unwahrscheinlichen optimalsten Fall, muss auch Fujifilm mindesten -20% verkraften. Das wären dann nur noch 400.000 Kameras als Jahresgesamtproduktion. Das ist jedoch produktionstechnisch bedenklich nah an der Todeszone von Olympus. Unter einer gewissen Mindest-Produktion werden die Fixkosten jedem zur Falle.
Nachdem wir den Konzern und den Bereich Imaging analysiert sowie entmystifiziert haben, kommen wir nun zu den Details, wie Managemententscheidungen, Technik, Marketing etc. für die Fotografie:
Nachdem die CCD-Kamerasensoren (CCD Charge Coupled Device) bereits 1969/1970 erfunden wurden und erste Prototypen digitaler Kameras vor allem von Kodak publik wurden, war es erstaunlicher Weise auch Fujifilm, welche eine der ersten Digitalkameras für Verbraucher
(Fujix DS-X) 1989 vorstellten. Aber nicht nur der Preis von 20.000 US$ beschränkte den Verkauf. Es war damals schlichtweg noch kein digitales Umfeld (Ökosystem aus leistungsfähigen PCs und Software) vorhanden, das digitale Fotos sinnvoll bearbeiten und verwalten konnte. Es ist sogar umstritten, ob dieses digitale Kamera-Modell überhaupt verkauft werden konnte. Aber das Modell belegt, dass Fujifilm sehr früh bereits (wie auch viele andere Firmen) an der Digitalisierung der Fotografie arbeitete. D.h. man wusste durchaus, wo die Zukunft lag - beim 2/3-Zoll-Sensor. Ferner belegt die Kamera auch klar den späteren Weg von Fujifilm hin zu digitalen Kompaktkameras. Man war folglich bereits Ende der 1980er Jahre nicht mehr an Systemkameras interessiert. Das zeigte auch die zweite damals vorgestellte digitale Kamera FUJIX DS-1P - ebenfalls eine Pocket-Kamera. Schauen Sie sich bitte auch einmal das Werbefoto an, das die neue Zielgruppe zeigte: Eine junge Frau bediente diese einfache, kleine und leichte Kamera.
Im Juli 2003 kaufte Fuji kurzerhand eine Waver-Fabrik und stellte seit 2004 eigene CCD-Sensoren her. CCD galten damals als die Zukunftstechnologie für digitale Kameras. Auch so ein Flop, weil sich der Markt bald nicht mehr für Qualität oder angebliche zukunftssichere Technologien interessierte, sondern nur für den Preis. Im Übrigen schrieb man 2005 (S. 13) dazu explizit, dass man die Fabrik auch deshalb gekauft hatte, um Kameramodule für Mobiltelefone herzustellen. Soviel zu der späteren Legende, das man die Bedrohung der dedizierten Kameras durch Smartphones lange vorausgesehen hätte. Das Gegenteil war der Fall: Fujifilm arbeitete selbst daran mit und ahnte die Langzeitfolgen für seine Kompaktkameras etc. nicht.
Obwohl Fujifilm bereits beim mindestens seit 2003 existierenden (ursprünglichen) Four-Thirds-Standard / -Konsortium Mitglied war, beteiligte es sich nicht beim 2008 daraus folgenden Micro-Four-Thirds-Standard (Englisch MFT). Die Gründe scheinen mir auf mehreren Ebenen gelegen zu haben:
Das Fujifilm- Management erkannte, dass nicht unbedingt die Standardisierung selbst das Problem war, sondern die Umsetzung mit derart vielen beteiligten Firmen, welche sich in der damaligen Konstellation auf nur wenig einigen konnten und viel zu unflexibel waren, um erforderliche Änderungen in jenen komplexen Abstimmungsprozessen zeitnah umzusetzen. Ferner erwiesen sich alle beteiligten Firmen als viel zu inkonsequent bei der Produktentwicklung, so dass bereits der Start des Four-Thirds-Systems misslang und danach auch nicht mehr viele Produkte folgten. - Das alles band wichtige Ressourcen bei Fujifilm, die selbst nicht eigenständig vorangehen konnten.
All dies schien sich mit Micro-Four-Thirds ab 2008 zu wiederholen. Letztendlich war auch jener Standard nicht flexibel genug respektive zukunftssicher definiert worden. Das zeigte sich z.B. an dem von Olympus ab spätestens 2015 beschrittenen Eigen-/Sonderweg des Phasen-Autofokus mit eigenen, neuen Objektiven, die dann nicht optimal bei auf dem weiterentwickelten Kontrastautofokus (DFD) der Panasonic-Kameras arbeiteten. Und alle auf Kontrastfokus optimierten Objektive der anderen Hersteller funktionierten dann an den neuen Kameras von Olympus nur sehr langsam und nicht immer zuverlässig. Letztendlich sah auch Panasonic ein, dass der MFT-Sensor für ihr Ziel 8K-Video nicht zukunftssicher war. Man hätte 8K-Video zwar technisch irgendwie auf dem kleinen Sensor erzeugen können. Aber der Markt hätte den erforderlichen Preis dafür bei diesen kleinen Kameras nicht bezahlt. Deshalb wechselte Panasonic 2018 mit dem neuen System S zu Vollformat, wo 8K-Video leichter und preiswerter herzustellen ist und der Markt der Profis den erforderlichen Preis auch bedenkenlos bezahlt.
Ferner entpuppte sich der kleine Sensor im für die professionellen Fotografie merkwürdigen Format 4:3 bereits damals als technisch beschränkt und kaum weiterentwickelbar.
Überdies litten die kleinen Sensoren bei Fujifilm in der Kompaktklasse bereits damals unter dem Fujifilm-eigenen Kosten-Problem der geringen Gewinnmarge, was sich besonders in der Einsteigerklasse nachteilig bemerkbar machte. D.h. es war absehbar, dass irgendwann von unten her auch die (Micro-)Four-Thirds-Sensoren preislich bedrängt würden. Man darf nicht vergessen, dass 2007 Apple mit seinen ersten Smartphone (iPhone, iPhone Englisch) eine neue Zeit auch für die Fotografie einläutete. - Dies ist aus heutiger Rückschau logisch. Aber damals weigerten sich viele Analytiker im Fotobereich, das anzuerkennen. (Manche Fotografen leugnen es noch heute ab.) D.h. zumindest einige Manager bei Fujifilm waren damals bereits etwas weitsichtiger.
Ein weiterer Effekt scheint mir Canon mit seiner 2005 herausgebrachten ersten ernstzunehmenden Vollformatkamera 5D gewesen zu sein. Plötzlich waren größere Sensoren nicht nur technisch, sondern auch preislich möglich. Damit wurden kleinere Sensoren weiter entwertet. Ganz deutlich wurde dies mit der sensationellen Canon 5D Mark II, welche 2008 auch erstmals Video in Full-HD anbot.
Fujifilm analysierte korrekt, dass es sich bei den hausinternen Kostentreibern nicht um die ständig weiter gedrückten Materialkosten der geknebelten Zulieferer handelte, sondern die eigenen Produktions- und Vertriebskosten das eigentliche Problem darstellten. Man hätte alleine deshalb nicht mit den anderen MFT-Firmen konkurrieren können. Man benötigte bei Fujifilm - trotz aller Umstrukturierungen, Effizienzsteigerungsprogrammen und Sparmaßnahmen - immer eine höhere Gewinnmarge.
Neben technischen Beschränkungen waren es somit die bereits existente Produktionsfixkostenfalle bei Fujifilm, der deshalb nicht mehr für Fujifilm gewinnbare Preiskrieg bei Billigkameras, die absehbare Kostenentwicklung bei immer preiswerter werdenden großen Sensoren, die allgemeine Marktentwicklung der Fotografen hin zu größeren Sensoren und die Unlust, sich wieder in langen Abstimmungsprozessen aufreiben und vor allem ausbremsen zu lassen, warum sich Fujifilm gegen Micro-Four-Thirds und für APS-C-Sensoren entschied.
Um es auch ganz klar zu sagen: Fujifilm stellt heute keine eigenen Sensoren für seine dedizierten Kameras mehr her. Die meisten Sensoren stammen nachweislich von Sony. Auch wenn Fujifilm alles tut, um in seinen offiziellen Broschüren dies zu verschleiern:
Unique lineup of products equipped with two types of sensors (APS-C size and large format) that are small, lightweight, and achieve superior color reproducibility owing to in-house developed key devices and unique imaging design technology
Einzigartige Produktpalette mit zwei Arten von Sensoren (APS-C-Größe und Großformat [gemeint ist Mittelformat - Fuji übertreibt in jedem Detail]), die klein und leicht sind und dank eigenentwickelter Schlüsselgeräte und einzigartiger Bildgebungstechnologie eine überlegene Farbreproduzierbarkeit erzielen.
Abgesehen von der Fujifilm X-Trans-Matrix, die man ständig weiterentwickelt, scheint fast alles von extern bezogen zu werden. Das ist im Übrigen auch der Normalzustand in Japan. Die Sensorentwicklung und vor allem Produktion liegt in der Hand ganz weniger Firmen. Fujifilm darf da nur in Details mitbestimmen - und nur, sofern es jene Firmen bezahlt.
Man wollte lieber allein etwas schneller entwickeln, das man für längerfristig auch unter Produktionskostengesichtspunkten als erfolgreicher / sicher bei den Gewinnmargen ansah.
Fujis Neueinstieg gelang seit Anfang 2011 mit spiegellosen APS-C-Modellen mit fest verbautem Objektiv (X Series Englisch / X Serie (Deutsch) - meist ohne Bindestrich. (Vorsicht: Wie so oft gibt Wikipedia Deutschland falsche Jahreszahlen an. Die englischen sind hingegen korrekt, weil sie die Lieferdaten / Marktverfügbarkeit verwenden und nicht irgendwelche Firmenankündigungen.) Da man damit nur ein Nischensegment bedienen konnte, kam es 2012 zur konsequenten Ergänzung mit dem Objektiv-Wechselsystem auf Basis des neuen X-Bajonetts - und nur mit spiegellosen Modellen (X-Serie mit Bindestrich).
Das Ergebnis war der sicherlich schon länger vorher entwickelte, aber erst 2012 angekündigte Vorstoß mit dem APS-C-Bajonett: Fujifilm X-mount respektive Fujifilm-X-Bajonett. Da man 2012 bereits erste Objektive und Kameras vorstellte, gehe ich von mindestens 3 Jahren Vorbereitung aus - also einem internen Firmenbeschluss etwa im Jahre 2009. Das schließe ich auch aufgrund der schweren Folgen der Finanzkrise 2008, welche Fujifilm bereits 2008 hart traf und 2009 in die Verlustzone zog. Solch dramatische Krisen erleichtern und beschleunigen harte Veränderungen. Überdies gibt Fujifilm selbst im zu dem Jahr 2009 passenden Geschäftsbericht an, dass man alles auf den Prüfstand stellte. Ferner war es das 75-jährige Jubiläum und das Ende der VISION75-Mittelfriststrategie. D.h. vieles sprach 2009 für einen Wandel / Wechsel.
Das Vollformat war damals bereits mit den Platzhirschen Canon und Nikon sowie den kleineren Mitbewerbern Sony und Pentax hart umkämpft.
Die Beteiligten waren auch technisch viel weiter. Es ist eine enorme Herausforderung, aus dem Stand null sowohl ein neues Bajonett, neue Kameras und neue Objektive im Bereich Vollformat herzustellen. Dazu benötigt man nicht nur die Patente, sondern auch die große Anzahl an Technikern sowie die langjährige Erfahrung, um das dann in hochwertige Produkte umsetzen zu können. - Fakt bleibt bis heute, dass Fuji das weder besaß noch besitzt.
Der Rückstand Fujifilms oder - anders herum - der Vorsprung der Platzhirsche bei Vollformat betrug Jahrzehnte. Dies galt besonders bei den mechanischen und optischen Systemen: Spiegel, Verschluss, separatem Phasen-Autofokus. Es hätte sehr viel Zeit und Geld gekostet, das aufzuholen. Selbst im besten Fall wäre man jahrelang der belächelte Nachzügler geblieben. Aber für schlechtere Technik hätte man nicht die erforderlichen Gewinnmargen erzielen können.
Ferner war bei der Beschlussfindung im Jahr 2009 Vollformat noch wirklich ein kleines Segment. Das sollte man aus heutiger Sicht nicht vergessen. Ich schätze einmal, dass es sich damals nur um ca. 5% Marktanteil bei Systemkameras handelte. Daneben dominierte bei Systemkameras (mit Wechselobjektiven) der APS-C-Markt mit mindestens 90%. Das war definitiv das lukrative Brot- und Buttergeschäft aller Firmen - und zwar bis vor wenigen Jahren.
Erstaunlicher Weise vernachlässigten die meisten der oben genannten Platzhirsche diesen APS-C-Sektor jedoch bei den Objektiven - bis heute -, da man diesen Bereich ketzerisch formuliert nur als Anfütterungszone
für den lukrativen Vollformat-Bereich ansah. Daraus folgte, dass es zwar erstaunlich viele DSLR-Kameras (mit Spiegel) für APS-C gab, aber kaum hochwertige Objektive. Eine eklatante Marktlücke, die später auch Sigma erkannte und dann hochwertige Objektive für diesen APS-C-Bereich offerierte. Aber selbst in der späteren Zeit, als ihnen die APS-C-Kunden in Scharen davonliefen - wollten die Platzhirsche diesen eindeutigen Fehler nicht wirklich mit aller Macht korrigieren. Für die meisten Kamerahersteller war APS-C keine ernstzunehmende selbstständige Klasse für sich selbst. Letztendlich erkannten nur wenige Firmen die APS-C-Fotografen als eigene Zielgruppe, die mehrheitlich nicht zu Vollformat aufsteigen wollte oder es finanziell konnte.
Offensichtlich erkannte Fuji dies früh. Später folgte Sony mit seinen spiegellosen Kameras.
Überdies erkannten die Manager bei Fujifilm ihre technischen Schwächen und umgingen sie: Extrem aufwändige mechanische und optische Systeme schloss man einfach aus: Daraus folgten spiegellose Kameras. Der Vorteil lag neben der einfacheren Technik in der geringeren Teileanzahl und somit in den geringeren Produktionskosten.
Wenn man selbst schwach ist und dies selbst erkennt, ist es klug, sich nicht auf dem Schlachtfeld der Stärkeren (Vollformat) mit diesen zu messen, sondern andere Tätigkeitsfelder zu suchen. Das ändert letztlich jedoch nichts an der Tatsache, der eigenen Schwäche. D.h. Fujifilms Ausweichen auf Marktfelder, welche von den Platzhirschen vernachlässigt wurden, respektive auf denen sie trotz Anwesenheit nichts Sinnvolles geboten haben, war kein Zeichen der eigenen Stärke, sondern notgedrungene Konsequenz.
Aber das ging trotz hoher Investitionen in Forschung und Entwicklung nicht schnell: Beim APS-C-Sensor hing Fujifilm bis zu den 2016 erschienenen X-Pro2 und der X-T2 den Mitbewerbern auch bezüglich der Mega-Pixel-Auflösung deutlich hinterher. 2016 bot man erstmals halbwegs aktuelle 24 Mega-Pixel-Sensoren.
Dadurch stiegen allerdings auch die Kamerapreise: Vor allem am damaligen Topmodel X-T2, das trotz eines Einführungspreises mit Batteriegriff von über 2.000 Euro zahlreiche Dinge nicht bot, entstand weltweite, teilweise heftige Kritik an Fujifilm. Jedoch benötigte Fujifilm dieses Geld aufgrund seiner deutlich höheren Fixkosten sowie den aufgrund der geringen Produktionszahlen miserablen Skaleneffekte im Vergleich zu den Konkurrenzfirmen.
Das 2018 erschienene neue Top-Modell X-H1 - die neue Spitzenklasse bei Fujifilm - bot zwar wirklich ansprechende Technik - neben IBIS (in body image stabilization) auch Video-Funktionen und erstmals Electronic First Curtain (EFC) - war jedoch nochmals teurer.
Wenn man dann die sehr schnell herausgebrachten weiteren Modelle X-T3 (Ende 2018) und X-T4 (Anfang 2020) als die Modelle ansieht, mit denen man zu den Mitbewerbern aufschloss, dann dauerte die Aufholjagd (von der ersten Entwicklung ausgehend) dennoch rund 10 Jahre. Dies soll kein Vorwurf sein, sondern zeigt schlichtweg nur, wie aufwändig so etwas ist, selbst wenn man Geld investiert.
Die meisten Menschen (vor allem die etwas älteren Fotografen) wünschen für die Reise- und allgemeine Fotografie eine Kamera in dieser Größen- und Gewichtsklasse mit dieser Sensorgröße (sogenannter Crop-Sensor) und entsprechend hoher Bildqualität. Sie wünschen nicht die immer wieder in den Medien hervorgehobenen noch kleineren sowie leichteren Micro-Four-Thirds-Modelle. Ferner sind die meisten Fotografen auch nicht auf die noch höhere Bildqualität des Vollformat-Sensors aus. - APS-C entspricht in vielen Fällen seit 2012 dem Gut-genug-Prinzip.
Hinzu kam ein gewisses Retro-Styling (mit Metall) zumindest der X-Pro- und X-T-Modelle (nicht jedoch zu finden an den Video-Kameras X-H), das zahlreiche ältere Fotografen ansprach.
Die Platzhirsche der Fotoindustrie nahmen exakt diese Kamera-Klasse nicht ernst und vernachlässigten die APS-C-Klasse vor allem bei den Objektiven sträflich. - Fuji erkannte dies alles nicht nur, sondern füllte dann auch konsequent diese Lücke - mit Kameras und Objektiven.
Bei den Kameramodellen setzte man auf kontinuierliche Verbesserungen. D.h. Fuji war viele Jahre über die Firma, welche während der eigenen Aufholjagd mit Abstand die größte Zahl an Firmware-Updates nachträglich herausgab. Einerseits hilft dies den Kunden, ihre Kamera weiterzuentwickeln. Andererseits war es Fuji jahrelang auch nicht möglich, sofort wirklich hochwertige Kameras anzubieten, sodass man ständig nachrüsten musste.
Auf Kundenseite führte dies zu lästigen ständigen Arbeiten an der Kamera. Ein Update einzuspielen, ist für viele Fotografen kein Kinderspiel. Allerdings zeigt es auch, dass Fuji auf Kritik seiner Kunden erstaunlich schnell reagierte und dann kostenlos nachlieferte. Persönlich halte ich dieses Verhalten der Firma für lobenswert, da es auch zeigte, wie wichtig bereits in den 2010er-Jahren die Software-Seite war und wie leicht man durch etwas Software die Kameraleistung nachträglich erhöhen kann - und die Kunden bei der Stange halten kann.
Andere Analytiker entgegnen hier ökonomisch, dass Fuji als sehr kleinem, neu einsteigenden Marktteilnehmer überhaupt nichts anderes übrigblieb, um sich so eine Kundenbasis erst aufzubauen.
Dennoch darf man nicht verkennen, dass Fuji zwischen 2012 und 2017 15 Kameramodelle (inklusive der X-T2S) herausbrachte. 2018 folgten weitere Modelle. Bei fast 3 neuen Modellen je Jahr, oder einem Nachfolger nach teilweise nur einem halben Jahr, ist der Wertverlust entsprechend hoch. - Verschärft wurde dieser Preisverfall = Wertverlust für Altgeräte 2019, als der Preiskrieg der Vollformat-Kameras zwangsläufig auch den APS-C-Bereich unter Druck setzte. Die neuen APS-C-Kameras mussten billiger angeboten werden und 2020 entfiel das viel zu teure Top-Modell X H1 aus Kostengründen.
So trat Fujifilm auf diesen APS-C-Nebenkriegsschauplätzen auf und war dank vollem Einsatz viele Jahre auch relativ erfolgreich. So nahm es vor allem Nikon viele unzufriedene Kunden weg. Aber - wie oben geschildert - reichte dies alles nie aus, um in die durch den Skaleneffekte großer Produktionszahlen wichtigen Bereich über 10% Marktanteil und über 500.000 APS-C-Systemkameras je Jahr zu gelangen.
Fuji wagte bereits 2016/2017 den Schritt zu Mittelformat. Mit anderen Worten floh die Firma erneut nach oben. Der ökonomische Grund ist einfach: Die Kosten - vor allem für Forschung und Entwicklung - liegen in der APS-C-Klasse fast so hoch wie bei Vollformat. Aber die erforderlichen Preise lassen sich dort mit dieser High-Tech nicht erzielen. Bei 2.000 Euro war zumindest Ende der 2010er-Jahre bei vielen Kunden das Limit erreicht. Diesen Preis konnte Fuji 2018 bei seinem Spitzenmodell X-H1 sowieso nur durch das Ausgliedern wichtigster Bauteile wie des Batteriegriffes halten, den man jedoch für 300 Euro nachkaufen muss, damit die Kamera überhaupt so funktioniert, wie im Prospekt angegeben.
Technisch wählte man das spiegellose System, das damals bei Mittelformat eine Neuerung war. Ohne größere Altlasten an Objektiven war dieser Weg für Fuji auch einfach beschreitbar. - Hier nochmals ein klares Nein an alle Fuji-Fanboys. Man orientierte sich nicht an den alten eigenen Mittelformat-Objektiven von vor über 40 Jahren.
Ab der offiziellen Ankündigung 2016 betrat man 2017 mit einer 50-Mega-Pixel-Kamera das Segment der Mittelformat-Kameras, wobei man alle Objektive dafür neu konzipieren, entwickeln und produzieren musste. Das neue G-Bajonett (G-Mount) erforderte viele Jahre Aufbauzeit und band fast alle Entwicklungskapazitäten der Optiker, die dann bei APS-C fehlten. - Siehe hierzu die Liste und die Erscheinungsdaten der Mittelformat GF-Objektive und der XF-Objektive für APS-C
Wichtig sind für die Analyse der GFX 50S (Englisch) jedoch die genauen Daten: Vorgestellt wurde diese Kamera als Studie im Herbst 2016 auf der photokina. Die Produktion begann Anfang 2017, und ab Ende Februar wurden die ersten Kameragehäuse ausgeliefert. Daraus kann man zurückrechnen, dass spätestens seit 2015, vermutlich bereits 2014 Arbeiten daran durchgeführt wurden.
Als bei APS-C-Kameras und Objektiven der Preisverfall immer deutlicher wurden, trat auch hier das Fujifilm-eigene Problem der hohen Kosten auf. Es war absehbar, dass man langfristig die erforderlichen hohen Gewinnmargen in der APS-C-Klasse nicht würde halten können.
Hinzu kam der generell steigende Aufwand bei Forschung und Entwicklung (gleichgültig für welche Sensorgröße) sowie die verfallenden Sensorpreise im Bereich Vollformat. Überdies näherten sich die Mitbewerber dank Reduktionen bezüglich des Gewichts und des Volumens ihrer Vollformatkameras immer mehr an die APS-C-Kameras von Fujifilm an. D.h. die sogenannte Unique Selling Propositon - das Alleinstellungsmerkmal - schmolz dahin. Es war absehbar, dass irgendwann (siehe Preiskrieg 2019) Vollformat-Kameras gleichteuer oder sogar billiger sein würden als die eigenen hochpreisigen APS-C-Kamera-Modelle. Jedem klar denkenden Menschen leuchtet es ein, wie die Kaufentscheidung der Massen dann ausfällt. Das Zauberwort Vollformat
sticht immer. Denn physikalisch ist es zweifelsfrei überlegen.
Dass Fujifilm die Vollformat-Klasse übersprang und 2017 direkt eine Mittelformat-Kamera anbot, hatte weitere Gründe: Offensichtlich sah man bei Fujifilm damals im Vollformat ein langfristig nicht mehr lukratives Auslaufsegment. Ferner wären die Investitionen sehr hoch bei nur etwa einem Lichtwert Gewinn im Vergleich zur von Fujifilm besetzen APS-C-Sensor-Größe. D.h. man hat bewusst eine Sensorgröße ausgelassen, um die technischen Vorteile dem Kunden leichter verkaufen zu können. Überdies wäre dann der Unsinn bei ISO und im Marketing deutlich geworden, dass die eigenen APS-C-Kameras angeblich so gut wie oder besser wären als Vollformat-Kameras. Kurzum Fujifilm musste Vollformat auf jeden Fall meiden.
Bei Mittelformatkameras erkannte man ein unfassbares De-facto-Kartell von wenigen kaum engagierten Firmen, welche für minimale technische Leistung einen (abgesehen von Pentax) geradezu unverschämten Preis verlangten. D.h. die Gewinnspannen waren dort jahrzehntelang ähnlich hoch wie in der Pharma-Branche. Als Antwort bot Fujifilm hochwertige Technik zu geringerem Preis. Davon profitierten die dortigen Kunden.
Fujifilm mischte den gesamten Bereich der Mittelformat-Hersteller erfolgreich auf. Der alte Hersteller-Clan bei Mittelformat-Kameras wurde in wenigen Jahren weitgehend vom Markt gedrängt. So bot sogar Hasselblad im September 2019 800 Euro Preisvorteil (bei 6.490 Euro) für die absolut neue Einsteiger-Hasselblad mit einem neuen Objektiv an. Dies bestätigte die Gerüchte, dass Fujifilm mit seinen neuen Mittelformat-Kameras im Bereich 50 und 100 Mega-Pixel den dortigen Platzhirschen den Markt abgrub. Auch in der Kaiser- oder Luxus-Klasse Mittelformat begann somit 2019 ein Preiskrieg im Kampf um Marktanteile.
Aber dennoch reichte es Fujifilm bis heute nicht zur absoluten Spitzenqualität der 150 Mega-Pixel-Kameras und Sensoren. D.h. das in Broschüren und Geschäftsberichten immer wieder genannte Ziel der superior technologies
- überlegenen Technik
wurde nicht erreicht. Man übernahm bei Mittelformat erfolgreich nur den Einsteigerbereich:
Der 151 MP-Sensor von Sony (IMX411, PDF von Sony) hat die Maße von 60,3 * 47,9 mm, einen Diagonalen-Durchmesser von 66,7 mm und eine Fläche von 2.888 Quadratmillimetern. Der G-Mount - also das G-Bajonett für das kleine Mittelformat von Fuji - besitzt hingegen einen Innen-Durchmesser von nur 65 mm. Daraus folgt, dass es technisch zumindest sehr schwierig würde, derart große Sensoren zu verwenden. D.h. im Klartext: Fuji kann mit diesem Bajonett überhaupt nicht in die Spitzenklasse aufsteigen.
Mehrere Quellen geben auch explizit an, dass alle Fuji GF-Objektive ausdrücklich für Sensoren der maximalen Maße von 43,8 mm * 32,9 mm konzipiert wurden. Ob man sich ein weiteres neues Bajonett mit dann neuen Objektiven für die Spitzenklasse wirklich leisten kann und will?
Damit man mich korrekt versteht: Sofern Sony enger bepackte Sensoren im kleinen Format herausbringt, sind zukünftig höhere Mega-Pixel-Zahlen auch mit dem kleinen Mittelformat-Sensor möglich. Aber das ergibt niemals dieselbe Bildqualität, wie mit der größeren Fläche.
Fakt ist, dass Fujifilm sowieso nur den kleinen Sensor bei Mittelformat-Kameras verwendet und dass es damit bei der Technik wie der Zielgruppe deutlich eingeschränkt ist.
Im Integrated Report 2018 (Hochglanz-Jahresbericht, S. 5) hielt man sich auch noch an die Konventionen der Fotografie: 2017: Launched Medium-Format Mirrorless Digital Camera Equipped with a Large-Sized Sensor FUJIFILM GFX 50S. The FUJIFILM GFX 50S is a medium-format mirrorless digital camera that delivers the best image quality Fujifilm has ever offered ...
. Man bezeichnete die Kamera als Mittelformat.
Aber seit dem Integrated Report 2019 (Hochglanz-Jahresbericht, S. 3) übertreibt man gnadenlos mit technisch unhaltbaren Behauptungen: 2019: Launched FUJIFILM GFX100, equipped with a large format sensor ...
. Man bezeichnete die Kamera und deren kleinen Mittelformat-Sensor plötzlich als Großformat. Seitdem fälschen (bezahlte) Trolle, Influencer, (bezahlte) Agenturen, Fanboys und Mitarbeiter weltweit in allen Foren und bei Wikipedia Artikel dazu: Fujis Mittelformat wird jetzt als Großformat bezeichnet. Technisch ist dies völliger Unsinn, da es selbstredend noch immer wirkliche Großformat-Kameras und sogar viel größere Sensoren in diversen Anwendungen gibt.
Somit gab Fujifilm spätestens 2016 mit der Ankündigung des neuen Mittelformat-Bajonettes seine alte APS-C-Linie weitgehend auf.
Es bleibt allerdings rätselhaft, warum viele Hersteller auch Ende der 2010er-Jahre noch davon ausgingen, dass jeder Kunde angeblich ständig zu noch größeren Sensorformaten aufsteigen will.
Während sich tatsächlich einige wohlhabende Privatfotografen und einige Profifotografen für jene Mittelformat-Kamera von Fuji interessieren, halte ich den Markt insgesamt für wesentlich kleiner, als ihn der weltweite Medien-Rummel seit Herbst 2016 vermuten lässt.
Nun könnte der Eindruck entstehen, dass Fujifilm mit seiner Diversifizierung auf zwei Sensorformate besonders gut aufgestellt und damit zukunftssicher sei. Das sehe ich jedoch sehr eingeschränkt.
Auch wenn bezahlte Influencer ständig behaupten, dass Mittelformatkameras in allen Punkten jeder anderen Kamera jeder anderen Sensorklasse (insbesondere Vollformat) überlegen seien, ist dies falsch. Physikalisch gilt eindeutig, dass Mittelformatkameras nur in einem einzigen Punkt kleineren Sensoren überlegen sind - der höheren Bildqualität, die man allerdings auch nur in manchen Randbereichen des Lichtes wirklich nutzen kann.
Um diesen physikalischen Vorteil nutzen zu können, muss jedoch auch das Gesamtsystem dazu passend sein. Eine Mittelformat-Kamera (mit einem typischen Sensor des Formfaktors 1,7-facher Größe) mit einem Objektiv mit Offenblende von 5,6 ist einem System aus Vollformat-Kamera mit Objektiv mit Offenblende von f2,8 unterlegen. Von den heutigen lichtstarken Festbrennweiten bei Vollformat von f1,4, f1,2 oder unter Offenblende f1 ganz zu schweigen. Zu den physikalischen Details siehe u.a. Crop-Faktor.
Bevor man mich wieder absichtlich missversteht: Die physikalischen Vorteile der Mittelformatkameras mit ihren größeren Sensoren und dem dadurch entstehenden geringeren Photonenrauschen sind eindeutig nachweisbar, unleugbar und je nach verwendetem Ausgabemedium sogar sichtbar.
Es stellt sich nur die Frage, ob angesichts der fehlenden großen Flächen zum Ausbelichten sowie der fehlenden großen Monitore zur 1:1 Darstellung derartiger Foto-Endergebnisse dies noch erforderlich ist.
Bereits bei Vollformat-Sensoren sehen sehr viele Amateur- wie Berufs-Fotografen schon lange einen Gut-genug-Effekt. Es finden sich selbst heute nur wenige Kunden, die wirklich 50 oder mehr Mega-Pixel Auflösung verlangen. Daraus folgt, dass 100 oder mehr Mega-Pixel nur in einem sehr geringen Anforderungsbereich zu finden sind. Hinzu kommt noch der leidige Punkt, dass manche Kunden so etwas zwar fordern, aber nicht bezahlen wollen.
Sie werden es kaum glauben, wie viele anstrengende Diskussionen (auch in Schriftform) ich in den letzten Jahren sogar mit ambitionierten Amateuren und Berufsfotografen sowie Pseudotechnikern führen musste, die rundweg behaupten, dass man
mehr als 24/36 Mega-Pixel überhaupt nicht sehen könnte, weil angeblich das menschliche Auge oder das Totschlagargument die Nyquist-Transformation das überhaupt nicht erlauben würde. Das verallgemeinernde Wort Man
ist selbstredend falsch. Aber offensichtlich kann eine erhebliche Zahl an als relevanten Fachkräften zu bezeichnende Kerngruppe in der Fotografie den Unterschied selbst nicht erkennen. D.h. sie leugnen einen Vorteil von 50 oder mehr Mega-Pixeln. Nicht unterstelle ich diesen Menschen, dass sie vorsätzlich lügen würden. Vermutlich können Sie es auf ihren (eingeschränkten) Medien tatsächlich nicht mehr unterscheiden. Ich kann es auf entsprechenden digitalen Medien oder im Großausdruck, gehöre damit jedoch bereits offensichtlich zu einer Minderheit. Der Endeffekt ist für Berufsfotografen allerdings derselbe: Der (Mehr-) Aufwand lohnt sich nur bedingt für wenige Kunden.
Noch im Jahre 2015 hätte ich mich in einer Diskussion nicht klar auf eine Seite der Entwicklung gestellt, wie die Tendenz zu immer größeren Sensoren sich auswirkt - mit anderen Worten: welcher der Sensoren Vollformat oder Mittelformat zukunftssicher wäre.
Allerdings hat sich seit 2017 mit der Computational Photography und Künstlichen Intelligenz vor allem bei Smartphones gezeigt, wohin der Trend geht. Bei Smartphones dominieren heute bereits mehrere kleine Sensoren, welche zusammengeschaltet arbeiten, bis zu 1.000 Fotos je Sekunde aufnehmen, die von neuronalen Prozessoren zu einem Foto zusammengerechnet werden. Da hat sich ein nicht mehr abänderbarer Standard entwickelt, der zukünftig dominieren wird. Bereits heute sind winzige 200- bis 600-Mega-Pixel-Sensoren für Smartphones in der Entwicklung, die man in Arrays / Blöcken / Clustern von bis zu 16 Kameras verwenden will. Im gleichen Zuge werden alle Sensorklassen der dedizierten Kameras leiden, indem immer mehr Kunden zu Smartphones abwandern.
Daraus folgt, dass ich inzwischen keinen Trend mehr zu immer noch größeren Sensoren in einem Massenmarkt der dedizierten Kameras sehe.
Es geht somit langfristig nicht darum, was fotografisch sinnvoll, oder von vielen Fotografen gewünscht wird, sondern was ökonomisch noch realistisch angeboten werden kann.
Sofern es überhaupt eine langfristige Zukunft für dedizierte (Foto-) Kameras gibt, so könnte sich der Vollformat-Sensor langsam als die einzige für Hersteller lohnende Klasse herauskristallisieren. Das war übrigens bei dem äquivalenten Kleinbildformat in der analogen Fotografie sehr ähnlich. Sensoren der Größe 36*24 Millimeter könnten sich als der sogenannte Sweet-Spot herausstellen, bei dem alle Anforderungen von Seiten der Hersteller wie der dann noch übrig bleibenden Kunden - am besten erfüllt werden. Dies gilt definitiv nicht, weil alle oder auch nur die Mehrheit der Fotografen das wünschen, sondern eher, weil die insgesamt steigenden Entwicklungs- und Produktionskosten diese Sensorgröße bevorzugen. Es geht vor allem um die ökonomischen Skaleneffekte bei ständig sinkender Kundenzahl. Da lohnen sich irgendwann bestimmte Sensorklasse und Produkte nicht mehr. (Siehe Sensor-Sterben.)
Es handelt sich selbstredend nicht um ein Naturgesetz. Die Firmen hätten auch das APS-C-Format oder Micro-Four-Thirds oder Mittelformat als Zielgröße definieren können. Aber sie haben sich spätestens 2018 erneut auf das Vollformat festgelegt. Der Hauptgrund dürfte darin liegen, dass die großen Firmen mit den alten / neuen Bajonetten für spiegellose Kameras darin die meiste und längste Erfahrung besitzen.
Das sehe ich ähnlich wie bei den zweitürigen Autos, die früher der Standard waren. Für mehr Türen musste man damals drastische Aufpreise bezahlen. Heute ist es genau umgekehrt: vier respektive fünf Türen sind der Standard. Es sei denn, man schafft sich ein teures Cabriolet oder Coupe an. Das gilt, obwohl heute fast alle Autos nur noch mit einer oder zwei Personen unterwegs sind. - Es geht somit bei Marktentwicklungen nicht immer um Logik.
Letztendlich wird dies auch von den Sensorherstellern mitentschieden. Denn die Forschungs- und Entwicklungskosten für Mittelformat-Kameras sind nochmals höher als die für Vollformat, bei drastisch geringerem Marktsegment. Selbst der größte Sensorhersteller Sony reist sich nicht darum, ständig neue Mittelformat-Sensoren zu entwickeln.
Hinzu kommt der Umstand, dass bereits Vollformat-Sensoren nicht aus einem Stück hergestellt werden können und Mittelformat-Sensoren in der Regel aus mindesten 4 kleinen Sensoren zusammengeschweißt werden - siehe Stitched Sensor. Daraus folgen erhebliche Anpassungsprobleme und vor allem eine meist erstaunlich geringe Auslesegeschwindigkeit. Letzteres beschränkt jene Sensoren wieder bei der Serienbildgeschwindigkeit, was vor allem beim Zukunftsthema Video zum Tragen kommt.
So sehr ich noch immer den Standpunkt vertrete, dass nicht jeder Fotograf Vollformat benötig. Die meisten Fotografen sind mit Sensoren der Klassen Micro-Four-Thirds und APS-C für 90-95% aller fotografischen Aufgaben sehr gut bedient. Umso mehr gilt dies jedoch für das Mittelformat: Das ist die Kaiserklasse, die man sich gönnen kann, sofern man das Geld hat. Aber wirklich zwingend erforderlich ist sie nur für ganz wenige Einsatzgebiete der Fotografie.
Diese Sonderaufgaben umfassen fast ausschließlich a) gestellte Aufnahmesituationen im b) großen Studios bei denen man mit c) perfekt eingestelltem künstlichen Licht mit der Kamera auf dem d) Stativ arbeitet. Diese Anforderungen müssen alle zusammen mit einer Und-Verknüpfung gleichzeitig erfüllt sein. Nur dann lassen sich mit 16-Bit-Farbtiefe am mittels Tetherings mit der Kamera verbundenen Hochleistungs-PC mit mindestens 32-Zoll-Monitor die Vorteile wirklich ausnutzen.
Weder das große Volumen, noch Gewicht des Gesamtsystems, noch irgendeine fehlende oder schlecht implementierte Funktion der Mittelformat-Kamera rechtfertigen den Einsatz für Normalfotografen handgehalten im Freien. Wie ein Formel-1-Rennwagen oder ein Sattelschlepper sein spezielles Einsatzgebiet hat, auf dem er brillieren kann, so gilt dies auch für eine Mittelformatkamera. Nur um schnell die täglichen, kleinen Lebensmittleinkäufe im Laden um die Ecke durchzuführen, lohnen sie sich nicht.
Wer dies nicht glaubt, sollte - trotz aller heutigen Verbesserungen - die Ergonomiedefizite und eingeschränkten sonstigen Leistungen dieser Mittelformatkameras auf einer eintägigen Wanderung mit mehreren Objektiven und ggf. Sonderzubehör einfach einmal ausprobieren.
Auch wenn durch zahlreiche Fotomagazine und vor allem bezahlte Influencer (insbesondere bei Kamera-Modellen von Fuji) gerne der Eindruck erweckt wird, dass jeder Berufsfotograf nur mit Mittelformatkameras arbeiten würde, so ist deren tatsächliche Anteil eher gering. Man schätzt ihn auf maximal 10% (siehe weiter unten). Die meisten Berufsfotografen arbeiteten immer und auch bis heute mit Vollformat, weil dafür schlichtweg die meisten Zubehörteile und dazu noch zu einem vertretbaren Preis erhältlich sind. Bei Mittelformat ist alles gleich deutlich teurer.
Selbst, wenn man den großen Anteil der bei Fujifilm auf die GFX-Kameras umsteigenden reichen, ambitionierten (oder irregeleiteten) Amateure hinzurechnet, so sprechen wir definitiv von einem kleinen Marktsegment mit nur einer niedrigen fünfstelligen Anzahl an verkauften Kameras je Jahr - weltweit.
Das lohnt sich dennoch, angesichts der Preise zwischen 5.000 und 10.000 US$ / Euro je Kamera bei Fujifilm und oft drastisch höheren Preisen der Mitbewerber.
Dennoch darf die Kundenbasis nicht überschützt werden. Es hat durchaus seinen Grund, dass man die Vollformatklasse immer als Königsklasse bezeichnete und das Mittelformat als Kaiserklasse. Die Luft wird oben immer dünner
- respektive die Zielgruppe wird nach oben hin immer kleiner.
Daran dürfen von den Fachzeitschriften gepuschte Artikel über das Thema Mittelformat angesichts pandemie-bedingten Fehlens anderer interessanter Fotothemen nicht hinwegtäuschen. Medienaufsehen ist - wie im Autobereich bei den Sportwagen - nicht einfach mit Kundenzahl gleichzusetzen.
Generell haben sich die Einnahmen der meisten Berufsfotografen in den letzten 20 Jahren drastisch verringert und nehmen tendenziell sogar noch verstärkt weiter ab.
Vor allem Berufsfotografen mit teurem Studio und Großkunden verwenden Mittelformat-Kameras. Da sind als Auftraggeber zum einen die Automobilhersteller und der Bereich Mode sowie Beauty / Pharmazie mit den davon abhängigen Zeitschriften.
Aber diese Großkunden unterliegen nicht nur selbst den immer einschneidenderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, was man an Sparmaßnahmen vor allem bei Werbeetats erkennt, sondern auch dem Markttrend der Digitalisierung der Endkundenzielgruppe. War früher Papier in Form von großen Plakatflächen, Hochglanzbroschüren und vor allem Ganzseiten (DIN A4) oder sogar Doppelseiten-Anzeigen (DIN A3) in hochwertigen Zeitschriften das primäre Medium, so sind dies heute nicht nur das Fernsehen, sondern vor allem soziale Netzwerke im Internet. Mit 4K-Video oder 12 Mega-Pixeln Fotoauflösung ist derzeit der Markt jener Nutzer zu weit über 95% abgedeckt.
Hinzu kommt die Mobilität und damit der Abruf der meisten Informationen / Werbung durch ein Smartphone, das selbst in der höchsten Display-Qualitätsstufe maximal 4K darstellt. D.h. jede 12 Mega-Pixel-Kamera kann das Zielpublikum beliefern.
Überdies findet sich seit vielen Jahren ein massiver Trend weg vom Standfoto in der Werbung hin zum (Action-) Video.
Zu guter Letzt sehe ich ein langsames Sterben der Papierwerbung auf Litfaßsäulen und Plakatwänden. Zunehmend wird auf digitale Displays umgestellt oder die Plakatfläche zumindest verkleinert / reduziert. Selbst die hochwertigsten und teuersten Displays dafür zeigen eine derart geringe Auflösung, dass man dafür wirklich keine Mittelformat-Kamera benötigt.
Autofirmen werden selbstverständlich weiterhin Pkw produzieren und dadurch die Umwelt belasten. Selbstredend werden sie dies zukünftig vermehrt mit Elektro- und Wasserstoff-Modellen durchführen. Deshalb werden solche Firmen ihr (Lippenbekenntnis) Umweltbewusstsein im Marketing und der Kundenwerbung zeigen: Hochglanzbroschüren, für die man noch immer Mittelformatkameras mit großen Studios in diesem Sektor verwendet, werden folglich abnehmen.
Dasselbe gilt natürlich für die gesamte Produktfotografie. Wer sein Produkt als umweltgerecht oder gar biologisch anpreist, wird zukünftig keine Hochglanzbroschüren erstellen oder doppelseitige Anzeigen in Hochglanz-Highend-Zeitschriften mehr schalten, wofür man Mittelformatkameras bisher oft verwendete.
Das betrifft auch zunehmend den Kosmetik- und Pharma-Bereich, die bisher lukrative Aufträge für die Mittelformat-Fotografen boten. Natürlichkeit etc. verträgt sich in den Augen der neuen Zielgruppen immer weniger mit gestellten Posen im Studio, die dann mit giftigen Farben auf Papier gedruckt werden.
Vielen finanziell bedrängten Zeitschriften kommt der Umweltschutz als Ausrede sowieso gerade recht, um Fotografen zu entlassen und Fotoaufträge zu stornieren: So gab u.a. die Vogue Italien am 03. Januar 2020 als erste Modezeitschrift bekannt, im ganzen Monat Januar keine Fotos mehr zu veröffentlichen, um damit gegen die von Fotografen in großem Umfange mitverursachte Klimakatastrophe zu demonstrieren. Bald werden sich andere Magazine anschließen. Jedem ist natürlich bewusst, dass es sich hier nur um eine Erpressung der Fotografen handelt. Hier geht es um generelle Kosteneinsparungen unter dem Deckmantel des Umweltschutzes. Dennoch sind die Fotografen auf dem besten Wege, hier wertvolle Einnahmen zu verlieren.
D.h. ihr Pseudo-Umweltverhalten zeigen viele Firmen darin, dass sie zunehmend an den Berufsfotografen sparen.
Selbst, wenn die Werbetreibenden weiterhin hohe Qualität wünschen, ist dazu inzwischen kaum mehr eine Mittelformat-Kamera erforderlich. Das Vollformat kann spielend bis 60 Mega-Pixel mithalten. Wobei dies für die meisten Werbemedien sowieso bereits Overkill ist.
Aus diesem Grund waren bereits 2020 Mittelformatkameras von Fujifilm mit nur
50 MP auch keine Kaufempfehlung mehr wert.
Hinzu kamen Vergrößerungsprogramme, welche Fotos hochwertig auf das Doppelte, Vierfache, Sechsfache oder Achtfache vergrößern können, sowie Mehrfachbelichtungen in modernen Kameras, welche um bis zu einen Pixel versetzt ebenfalls die Auflösung eines Fotos hochwertiger erhöhen können. Zwar kann man beides auch für Mittelformat anwenden. Aber der potentielle Nutzerkreis, welcher von derartigen Vorteilen profitiert und sie bezahlt, wird immer kleiner, weil es Vollformat eben auch zu mindestens 99% abdecken kann.
Den Markt der Berufsfotografen sehe ich als gefährdet und dort wiederum ganz besonders denjenigen der Mittelformatkameras von Fujifilm, die nur den Einsteigerbereich im Mittelformatsektor (derzeit bis 100 Mega-Pixel) abdecken. Dann bleiben überwiegend nur noch die ambitionierten reichen Fotografen, die sich so eine Kamera- und Objektiv-Ausrüstung im höheren fünfstelligen Bereich samt Studio als Hobby gönnen.
Fuji sieht es ähnlich, denn die Mittelformat-Modelle mit dem 50 Mega-Pixel-Sensor verkaufen sich inzwischen schlecht. Und selbst das Erfolgsmodell mit 100 Mega-Pixeln blieb nach furiosem Start hinter den erwarteten Verkaufszahlen, sodass man Anfang 2021 ein abgespecktes preiswerteres Modell für 6.500 US$ / Euro anbieten musste. D.h. der Markt derjenigen reichen Amateure, die 10.000 Euro für eine Fotokamera ausgeben, ist zumindest begrenzt.
Noch nachteiliger ist, dass Fujifilm bisher nicht im Berufsumfeld groß Fuß fassen konnte. Das dürfte schlichtweg an den bereits getätigten hohen Investitionen der Altfotografen in deren andere Mittelformat-Systeme liegen, die nicht einfach zu Fujifilm wechseln. D.h. es bleiben nur die geringen Zahlen der neueinsteigenden Berufsfotografen mit hohen Studio-Ambitionen aber wenig Geld.
Allerdings sollten selbst die Neueinsteiger ihre Rechnung einmal klar darlegen. Denn in Wahrheit sind die Kamerakosten eher gering. Berufsfotografen in jenem Spitzensegment berichten von 5.000-10.0000 Euro Kosten je Tag Fotoshooting, sofern man ehrlich alles vom großen Studio, den teuren Models, dem eigenen Personal, den externen Spezialisten für Hairstyling, Kosmetik, Kleidung, special effects sowie die erforderliche High-Tech-Computer-Hardware und Software etc. einberechnet. Bei konservativ gerechnet 200 Arbeitstagen kommt da schon ein Millionenbetrag zusammen und selbst bei nur 100 Tagen Arbeit sind es hunderttausende Euro je Jahr. Da spielt dann der Preis der Mittelformatkamera keine signifikante Rolle mehr.
Allerdings sehe ich es als problematisch an, dass Fuji über seine zukünftige Strategie im Bereich Digital-Imaging sehr wenig verlauten lässt. Berufsfotografen müssen längerfristig planen können. Ohne Planungssicherheit werden nur wenige solide rechnende Berufsfotografen zu Fujifilm umsteigen. Denn ein misslungener Wechsel des Kamerasystems kann einen Berufsfotografen im heutigen ökonomischen Umfeld ruinieren.
Zahlreiche Analytiker sehen bei Fujifilm inzwischen grundlegende technische Probleme auf mehreren Feldern.
Weil es immer wieder zu emotionalen Missverständnissen kommt: Persönlich halte ich die meisten digitalen Kameras aller Hersteller seit 2012 für technisch ziemlich ausgereift und für die praktische Fotografie gut geeignet. Auf jeden Fall kann man damit hochwertige Fotos machen. Selbst habe ich mehrere Fujifilm-Kameras besessen und besitze noch immer eine. Ferner habe ich viele weitere Modelle zu Testzwecken kurzfristig besessen. - Aber in einer ökonomischen Untersuchung geht es um marktgerechte Vergleichbarkeit. Und da zählen dann technisch-ökonomische Fakten und keine Glaubensbekenntnisse. Sofern ein Hersteller etwas Gleichgutes zu einem geringeren Preis anbietet, oder etwas Besseres zum gleichen Preis, dann verschieben sich (langsam) Marktanteile. Darum geht es in der folgenden Analyse.
Das Retro-Design mit vielen Schaltern und Drehknöpfen oben auf den beiden Schultern der Kameras hat Vorteile. Der Autohersteller BMW erkannte bereits vor Jahrzehnten, wie wertvoll - weil treffend - der Slogan Freude am Fahren
ist. Fuji setzte es beim Retro-Layout vieler Kameras erfolgreich um, und ich schreibe seit vielen Jahren unter viele Artikel sowie E-Mails Viel Freude beim Fotografieren
. Die Kamera-Hersteller sollten diesen Aspekt nicht aus den Augen verlieren. Sonst werden viele bisher treue Kunden die Konsequenzen ziehen. Exakt das passierte bei Fujifilm: Sie konnten viele Kunden von anderen Kameraherstellern abwerben, weil sie diesen Freude-Aspekt am Bedienen der Kamera beherzigten. Allerdings hat das auch technische sowie ergonomische Nachteile, und vor allem reicht es als einzige langfristige Strategie nicht aus.
Fujifilm verwendete bei seinen Kompaktkameras mit kleinem Sensor bereits sehr früh (kurz nach der Jahrtausendwende) fortschrittliche Funktionen wie Gesichtserkennung (im Grunde: Künstliche Intelligenz). Die Gesichtserkennung arbeitete zuerst bei Menschen und ab 2009 auch für Hunde und Katzen. Aber danach kam lange nichts mehr. Diese Technik wurde erst spät und bei weitem nicht so perfekt in die teureren Kameras mit größerem Sensor eingebaut.
Vor allem auf dem Feld Künstlichen Intelligenz, die sich heute insbesondere auf dem Gebiet des Autofokus-Systems zeigt, hinkt Fuji technisch um Jahre hinter Sony und Canon und sogar hinter Nikon und Panasonic hinterher.
Insbesondere die noch immer geringe Treffergenauigkeit des Autofokussystems oder mit anderen Worten die oft hohen Fehlerraten, welche zu unscharfen Fotos führen, fallen zunehmend deutlicher auf. Dies gilt umso mehr, als bedingt durch den Crop-Faktor von 1,5 die APS-C-Kameras sogar wesentlich genauer die Schärfeebene treffen müssten, weil die Schärfentiefe / Tiefenschärfe dort größer ist als bei den Vollformatkameras.
Das finanzielle Problem hierbei liegt allerdings darin, dass die Entwicklung der KI-Funktionen für alle Sensorgrößen im Prinzip gleich ist. D.h. mit einem APS-C-Sensor hat man keine spürbaren Vorteile in der Entwicklung.
Es ist erfreulich, dass Fujifilm 2020 noch rund 10 Mrd. Yen für Forschung und Entwicklung im Bereich Imaging insgesamt ausgab. Aber das Geld war auch für den analogen Bereich. Um es klar zu sagen: Der Rückstand bei KI bei Fujifilm ist derart groß, dass ich eine Summe von mindestens 100 Mio. Euro = 10 Mrd. Yen alleine dafür jährlich in den nächsten zwei bis drei Jahren als erforderlich sehe, nur um den Rückstand aufzuholen und wieder zu den Mitbewerbern aufzuschließen. - Ohne hochwertige künstliche Intelligenz (auf dem Niveau der besten Vollformatkameras) ist die APS-C-Klasse langfristig nicht zu halten.
Alles, was ich in den vielen Hochglanz-Broschüren der Firma Fujifilm zu KI finden konnte, bezieht sich überwiegend auf den Medizinbereich, oder Industriekunden, oder beim Imaging auf Software für z.B. das Sortieren von Fotos in Fotoalben zum Druck etc. Wer sich dafür interessiert, findet im Hochglanzgeschäftsbericht zum Jahr 2018 ab S. 28ff. ausführliche Informationen. Wie immer gilt es, genau hinzusehen, in welche Anwendungen die Forschungsgelder fließen. Als Medizinkonzern sind KI-Investitionen im Gesundheitswesen viel ertragreicher als bei ein paar Fotografen.
In den Anfangsjahren konnte Fujifilm als eine der ersten Firmen mit elektronischen Suchern brillieren. Aber in den letzten Jahren fiel es beim EVF weit hinter die neuen Modelle von Sony und Canon zurück. Selbst die Kameras von Nikon und Panasonic bieten inzwischen aufgrund des wesentlich höherwertigen und feiner abgestimmten optischen Systems vor dem elektronischen Sucher deutlich überlegene Gesamtsysteme beim elektronischen Sucher.
Der ökonomische Haken dabei liegt aber im Preis. Denn die hochwertigen elektronischen Sucher werden von Sony hergestellt und sind für alle Kunden ziemlich gleich teuer. Aber Fujifilm geriet bereits vor Jahren mit der faktisch mit zwingend für die Leistung erforderlichem zusätzlichen Batteriegriff bei der X-H1 weit über die 2.000 US$/Euro-Schallmauer für eine APS-C-Kamera. Die Folgen waren absehbar. Das Modell verkaufte sich nach dem üblichen furiosen Start, der durch die Reichen finanziert wurde, insgesamt nur schleppend. In den USA wurden die Lagerbestände zum Schluss verramscht als man die X-T4 mit höheren Leistungen herausbrachte.
Fazit: Fujifilm kann den Preis im APS-C-Segment nicht unbegrenzt erhöhen, nur um gleichgute (EVF-) Technik anzubieten.
Stattdessen hat man mit den Metallgehäusen einen Metall-Mythos geschaffen, der inzwischen nicht nur beim Volumen, sondern vor allem beim Gewicht die APS-C-Kameras von Fuji gegenüber vielen Vollformat-Kameras schlecht aussehen lässt. Zumindest kann man so dem Überalterungstrend der Gesellschaft und dem Wunsch nach leichteren Kameras nur bedingt nachkommen.
Selbstredend fanden sich nach der Jahrtausendwende hochwertige Kunststoffe. Aber zwei der zumindest in Europa wichtigen Kriterien für die Kamerabewertung sind Langlebigkeit und Haptik. Das wurde selbst von Testern bei vielen preiswerten Kameras zunehmend moniert (resp. bei Fuji-Kameras mit viel Metall hoch gelobt). Hochwertige Kunststoffe sind teuer in der Anschaffung und Verarbeitung und werden deshalb sehr gerne von den Bereichen Produktion/Vertrieb/Einkauf (oft gegen den ausdrücklichen Wunsch der Entwickler) gegen nur minimal preiswertere aber deutlich minderwertigere Plastikteile ersetzt, was man oft bei den APS-C-Einsteigermodellen der Platzhirsche beobachten konnte. Das robustere Metall wurde bei Fujifilm eher als unerwarteter Pluspunkt zum Retrodesign erkannt und erst nachträglich beworben. Aber Metall hat auch seine Nachteile in der praktischen Fotografie (siehe Mythos Metall).
Überdies kommt es bei Sensoren zunehmend zu einer Preisangleichung. Schon 2019 waren die Unterschiede der Sensorgrößen beim Einkaufspreis gering: 50-200 Euro. D.h. der Preisvorteil von den etwas kleineren APS-C-Sensoren wird bei ständig abnehmenden Stückzahlen vor allem im APS-C-Bereich und gleichzeitig steigenden Produktionszahlen bei Vollformat - auch weiterhin immer geringer werden. In ein paar Jahren wird der Sensorpreisunterschied irrelevant sein. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass Fujifilm für seine eigenwillige X-Trans-Filter einen erheblichen Aufpreis bezahlen muss.
Entweder reicht Fujifilm jenen Aufpreis an die Kunden weiter, oder es wird sich zunehmend von dieser Sondermatrix trennen müssen. Bei preiswerteren Einsteigerkameras hat man dies bereits getan und verwendet die Standard-Bayer-Matrix. - Übrigens verwendete man auch bei den Mittelformat-Kameras die Bayer-Matrix, weil Berufsfotografen den physikalischen 'Sonderweg' von Fujis Spezialmatrix nicht akzeptierten.
Schlecht sieht es beim Verwacklungsschutz IBIS in der Kamera aus. Die meisten Kameramodelle Fujifilms bieten ihn lange nicht an. Dort, wo er vorhanden ist, hinkt er im APS-C-Bereich den Mitbewerbern im Vollformatbereich hinterher. Dies erstaunt umso mehr, als hier APS-C-Sensoren eindeutige Vorteile ausspielen können: Sie sind kleiner. D.h. die Sensoren müssen um weniger Millimeter verschoben werden. Und sie sind signifikant leichter, wodurch die Masseträgheit viel geringer ist. Deshalb sollte der Verwacklungsschutz bei den APS-C-Systemen signifikant hochwertiger sein als bei Vollformatsensoren. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Selbst die neuesten Systeme sind den Mitbewerbern im Vollformat deutlich unterlegen.
Noch schlechter sieht es bei der Kombination von Verwacklungsschutz (IBIS) in der Kamera und demjenigen im Objektiv aus. Alte Objektive bieten keinen Verwacklungsschutz an und die neuen können nicht mit dem IBIS in der Kamera sinnvoll zusammenarbeiten. Dazu müsste man vermutlich das alte Bajonett mit zumindest 1-2 weiteren elektronischen Pins versehen, damit man überhaupt die Datenbandbreite für den notwendigen Datenverkehr erhielte. Aber dann müsste man die neuen Objektive erst noch konzipieren, konstruieren und produzieren. Das ist definitiv nicht kurzfristig zu erledigen.
Da die alten Fuji X-Objektive (vor allem die weitwinkligen Festbrennweiten) auf Schärfe optimiert wurden, zeigen sie oft ein sehr langsames Autofokus-Verhalten und sind für die bei Bewegtmotiven erforderlichen kontinuierlichen Autofokus-Verfolgungen der modernen Kamera-Modelle kaum geeignet. D.h. die Anzahl der einsetzbaren Objektive für z.B. die Sportfotografie an den neuen Kameras reduziert sich deutlich, obwohl sie rein mechanisch an das Bajonett passen. (Siehe das bis heute von vielen missverstandene Bajonett).
Überhaupt leidet Fujifilm unter vielen alten Objektiven, die für Kontrastautofokus konzipiert und mit langsamen Fokussiermotoren ausgestattet wurden. Derartige Unterschiede Schärfe gegen Geschwindigkeit finden sich auch bei anderen Herstellern. Aber Fuji und deren Influencer verschweigen das Problem gerne. Diese alten Objektive bremsen nun die neuesten schnellen Kameras mit Phasenautofokus drastisch aus. Da muss man sicherlich mindesten ein Dutzend neuer Objektive anbieten.
Erschwerend kommt hinzu, dass der APS-C-Bereich bis heute nicht alle - vor allem für Berufsfotografen wichtigen und sinnvollen - Objektive mit großer Lichtstärke anbietet.
Überdies fehlt bei vielen älteren Objektiven auch ein moderner Wetterschutz.
Angesichts des sterbenden APS-C-Bereiches bei den DSLRs geht es jetzt nicht mehr darum, nur ein paar Objektive mehr als diese Auslaufklassen von Canon und Nikon anzubieten. Nun rächt sich die von Fujifilm gegen jegliche Physik beworbene Vergleichbarkeit mit dem Vollformat. Jetzt geht es darum, gegen die neuen spiegellosen Vollformatsysteme anzutreten. Dort ist Sony mit seinem sehr großen Objektivsortiment meilenweit voraus. Canon folgt mit enormer Geschwindigkeit mit neuesten High-Tech-Objektiven. Selbst Nikon hat bereits vieles im spiegellosen Bereich zu bieten. Während die Mitbewerber die Geschwindigkeit erhöhten, verlangsamte Fujifilm seine Neukonzeptionen bei APS-C-Objektiven. Die Entwicklung wurde jahrelang auf Mittelformat-Objektive konzentriert. Das war bereits 2020 als Nachteil erkennbar. Erst 2021 kündigte Fujifilm wieder einige neue Objektive an.
Aber vor allem im Mittelformat klagten jahrelang viele Nutzer bei Fujifilm über eine extreme Serienstreuung. Da fanden sich sehr viele dejustierte teure Objektive, welche jeden theoretischen Vorteil einer Mittelformat-Kamera bei der Bildqualität wieder zunichtemachten.
Hinzu kommt der Rückstand bei Video, obwohl der Trend nun wirklich seit mindestens 15 Jahren dorthin geht. Überhitzung und zusätzliche Zeitbeschränkungen von z.T. 15-20 Minuten sind für ernsthafte Videografen nicht mehr marktkonform. Im Übrigen ist der Autofokus im Videobereich noch schlechter als im Fotobereich. Da ist die gesamte Konkurrenz inzwischen weit überlegen.
Fujifilm Retro-Kameras zielten immer auf ältere und reine Fotografen. Folglich wurde das Segment Video lange Zeit weitgehend vernachlässigt. Die Videofunktionen waren deshalb vor allem in den frühen Systemkameras eher etwas versteckt. D.h. man kann damit auch Videos aufnehmen. Aber die Ergonomie ist eingeschränkt. Das Problem ist die komplette Ausrichtung der vielen oben auf der Kamera angebrachten Schalter und Drehknöpfen auf die Fotografie. - Ich nenne dies das Retro-Dilemma.
Prinzipiell bieten sich zwei Bedien-Konzepte an: Entweder benutzt man auch für Video die obigen Schalter und Drehknöpfe, dann sind die meisten Einstellungen beim Wechsel in der Regel falsch
eingestellt und müssen bei jedem Wechsel (in jede Richtung) zuerst manuell umgestellt werden, bevor man Videos oder Fotos aufnehmen kann. D.h. dies eignet sich nicht zum (heute üblichen) schnellen Wechsel zwischen Foto und Video und wieder zurück. Oder man macht die Video-Funktionen nicht über die obigen Direktschalter zugänglich und versteckt die Video-Funktionen in einem Menü, was ebenfalls die Bedienergonomie einschränkt. Ferner verwirrt dies dann den Anwender, wenn oben manuell ISO 400 (für Foto) eingestellt ist, das Video aber z.B. ISO 800 verwendet. Die Mitbewerber haben dies bei Hybridkameras dadurch gelöst, dass sie (mindestens) zwei Dreh-Regler (einen vorne und einen hinten) verwenden, die ohne Beschriftung sind, und somit beliebig belegt werden können, wobei man beim Wechsel zwischen Foto und Video die gespeicherten Einstellungen elektronisch übergibt. D.h. Foto und Video behalten ihre separaten Voreinstellungen. Das ist ein klarer ergonomischer Vorteil für die Elektronik und Multifunktions-Bedienelemente gegenüber der fest vorbelegten Mechanik.
Hinzu kamen bei Fujifilm bei fast allen Kameras massive Einschränkungen bei z.B. der Aufnahmedauer. Dennoch überhitzen fast alle Modelle im Sommer. Dass man dies bis heute nicht völlig im Griff hat, erstaunt, da es sich um Metallgehäuse handelt, welche die Wärme im Innern theoretisch schneller und leichter nach außen ableiten sollten, als die stark isolierenden Kunststoffgehäuse der Mitbewerber.
Dass moderne Video-Funktionen wie 8K mit APS-C-Sensoren erst im Herbst 2022 mit der teuren FUJIFILM X-H2 möglich wurden, sollte auch nicht verschwiegen werden. Dazu benötigte man mit IBIS als Verwacklungsschutz mindestens 40 Mega-Pixel.
Da der Trend vor allem bei jungen Menschen eindeutig zu Video geht, sehe ich in dem signifikanten Rückstand der Fujifilm-Kameras hier ein weiteres Risiko. Darüber dürfen ein paar in den letzten Jahren nachgereichte (teure) Video-Objektive nicht hinwegtäuschen.
Letztendlich wird Fujifilm die 8K-Video-Leistung vermutlich bei einer der nächsten Mittelformat-Kameras anbieten müssen. Aber dies wird dann auch jedem APS-C-Fotografen und -Videografen verdeutlichen, wohin die Reise geht - technisch sowie preislich.
Selbst das eindeutig 2018 auf Video ausgerichtete neue Top-Modell X-H1 zeigte zahlreiche (vor allem bei Video) sehr lange Bedienmenüs, die unübersichtlich gescrollt werden müssen, was die Arbeit verlangsamt. Zitat eines seriösen US-Tests zur Ergonomie vor allem bei Video: Everywhere I look I find details that make the camera feel like its not been fully thought through.
(Quelle) - Nicht wirklich durchdacht
ist ein eindeutiger Hemmschuh.
Bevor die X-T4-Besitzer jetzt einen Herzkasper bekommen: Zwar bewirbt Fujifilm vor allem auf der deutschen Internet-Seite die X-T4 als (sogar professionelle) Video-Kamera. Natürlich kann man damit erstmals Videos auch etwas leichter und in höherer Qualität aufnehmen. Aber selbst dieses Modell ist weit von z.B. einer A7SIII oder einer Panasonic S1H oder selbst einer Z6 II oder einer R5 entfernt. Selbst vorher an anderen eigenen Kameramodellen vorhandene Dinge fehlten: So hat man bei der X-T4 den Kopfhöreranschluss entfallen lassen. Und auch die Nachfolgerin X-T5 konnte 2022 bei Weitem nicht zum erneut vorangeschrittenen Feld der Vollformat-Video-Kameras aufschließen.
Auf fast allen relevanten Gebieten sehe ich technische Probleme bei Fujifilm, die in der nahen Zukunft bereits Marktauswirkungen haben werden.
Ob Fujifilm wirklich die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten besitzt (es geht hier nicht nur um Geld, sondern um das Fachpersonal), um APS-C und Mittelformat parallel weiterzuentwickeln, bezweifeln viele Analytiker.
Die nahe Zukunft wird Klarheit verschaffen, denn lange darf Fujifilm angesichts der schnell voranschreitenden Konkurrenz nicht warten. Ansonsten gilt auch für APS-C der alte Liedtext der Kölner Musikgruppe Höhner: Die Karawane zieht weiter, der Aktionär hat Durst.
Auch in der folgenden Analyse geht es um ökonomische Auswirkungen - nicht um persönliche Vorlieben einzelner Fotografen, die mit ihrer Kamera (zurecht) zufrieden sind.
Seit 1998 stellte Fujifilm Kompaktkameras mit kleinen Sensoren her.
Zuerst wurde der Preisdruck durch Mitbewerber unangenehm groß, sodass man zu höherpreisen Modellen auswich.
Fujifilm hatte bereits früh Probleme aufgrund der eigenen hohen Produktionskosten bei digitalen Kameras. 2005 erwähnte man explizit, dass die Konkurrenz die Preise (vor allem im heiß umkämpften US-Markt) senken konnte, wodurch Fujifilm in Schwierigkeiten geriet, weil man die eigene damals große Gewinnspanne nicht aufrechterhalten konnte. Im Geschäftsbericht 2007 (u.a. S. 15) räumte Fujifilm explizit das ein, was ich in den Zahlen SG&A in allen Jahren bemerkte - Die VwGK - Vertriebsgemeinkosten (Selling, General and Administrative Expenses) waren bei dieser Firma immer auffällig hoch, und sogar Fujifilm selbst wollte sie immer wieder drastisch senken. Daraus folgten ein geringerer Umsatz und geringerer Gewinn. Man machte zuerst keine Verluste. Aber man war offensichtlich früher gewohnt, extreme Gewinne mit digitalen Kameras aufgrund der auch von der CIPA dargestellten völlig übertriebenen Preise und Gewinnspannen zu machen. Von 1999 bis 2011 fielen die durchschnittlichen Kamerapreise im Kompaktbereich auf weniger als ein Viertel. Fazit: Fuji lebte bereits in der digitalen Fotofrühzeit nur wirklich gut von hochpreisigen / überteuerten Produkten. Einem Preiskrieg wollte man sich nicht aussetzen.
Hier eine allgemeine Grafik über die Preisentwicklung bei Kompakt und Bridge-Kameras - aller japanischen Hersteller (laut CIPA).
Wert in 1.000 Yen je verschickter Kompakt- und Bridge-Kamera. So wertvoll / teuer waren die Kompakt- und Bridge-Kameras im Durchschnitt wirklich.
Man erkennt den Preiskrieg / Preisverfall in der ersten Dekade. Von 1999 bis 2011 verfielen die Preise fast auf ein Fünftel.
Nur das war Fujis Problem. Fujifilm konnte mit seinen eigenen hohen Produktions- und Vertriebskosten nicht mithalten. Deshalb stieg man kontinuierlich in höhere Preis- und damit verbunden auch Qualitäts-Bereiche sowie Sensorklassen auf.
Als Konsequenz des Preiskrieges begann man 2006, die Produktion mancher Digitalkameras von Japan nach China auszulagern: ... as well as such initiatives as those to shift manufacturing operations to China and improve supply-chain management systems.
Ferner optimierte man ständig die Beschaffung (bezahlte weniger an die Zulieferer) und optimierte die gesamten Lieferprozessketten für die Produktion.
Bis auf das APS-C-Top-Modell X-H# wurde die Produktion der kleineren
Kameras ins Ausland auslagerte. Das ist üblicherweise der erste Schritt zum mittel- bis langfristigen Exit von den zunehmend defizitären unteren APS-C-Modellen.
Bereits 2005 wurde ein Zug des langjährigen CEOs Shigetaka Komori bei Fotoapparaten erkennbar: Regarding digital cameras, the Company worked to promote domestic sales of its digital camera products, placing special emphasis on stylish models in Japan as well as entry-level and family-use models overseas.
- Neben praxisorientierten Entwicklungen legte Fujifilm seitdem zunehmend Wert auf modische Kameras.
Im Geschäftsbericht 2013 räumte man erstmals für das Kalenderjahr 2012 Einbrüche aufgrund der Smartphones ein: ... but the backdrop of a decrease in overall demand for compact digital cameras, reflecting the spread of smartphones, caused the consolidated revenue to decline.
- Fujifilm benötigte 6 Jahre (nach Apples Smartphone), um den Effekt endlich einzusehen und zuzugeben. Focus on differentiated products by fully reviewing model assortment for compact digital cameras, including the reduction of the number of models
. Man krempelte einiges im Kompaktbereich 2013 um. - Der Einbruch / Schaden muss bereits im Laufe des Kalenderjahres 2012 so dramatisch gewesen sein, dass man seit damals aufhörte, Zahlen über produzierte, verschiffte, verkaufte Kameras zu publizieren. Siehe hierzu meine Grafik und Berechnungen oben.
Nachdem das Kompaktgeschäft bereits vor allem im Einsteigerbereich aufgrund des Preisdruckes schwächelte, konzentrierte man sich auf höherwertige Bridge-Kameras wie etwa die Anfang 2012 herausgebrachte Fujifilm FinePix X-S1, für die man mehr Geld verlangen konnte.
Nachdem man bereits Ende 2005 die erste Edelkompaktkamera Fujifilm FinePix E900 mit kleinem Sensor (SuperCCD-Sensor 1/1,6 Zoll) herausgebracht hatte, um höhere Preise und Gewinnmargen zu erzielen, war der Weg geebnet für zahlreiche weitere hochpreisige Modelle.
Als auch dieser Markt der Edelkompaktkameras mit kleinem Sensor wegbrach, wechselte man zu einem größeren Sensor über und übersprang gleich die Micro-Four-Thirds-Klasse.
Im April 2011 (nicht 2010, wie oft angegeben) brachte man die FinePix X100 heraus, mit der man mit einem APS-C-Sensor und einem festeingebauten Objektiv (35 mm) eine neue Serie von Edel-Kompaktkameras startete. Jene blieb bis heute sehr beliebt und auch erfolgreich. Jedoch war der Wertverlust für Käufer hoch, da Fujifilm im Jahresrhythmus Nachfolgemodelle herausbrachte.
Since the arrival of digital cameras, market growth was driven by compact digital cameras. However, global demand peaked in 2011 and turned to decline due to intensifying price competition and the impact of the spread of smartphones and their ever-improving camera functions. Anticipating that change, in 2011 Fujifilm released the FUJIFILM X100, a premium compact digital camera equipped with an optical / electronic viewfinder which showed our commitment to image quality and design. Not only was this model very well received by the market, it also marked a change of course to the high-end route.
(Integrated Report 2020, Seite 5.)
Seit der Einführung von Digitalkameras wurde das Marktwachstum von kompakten Digitalkameras angetrieben. Die weltweite Nachfrage erreichte jedoch 2011 ihren Höhepunkt und ging aufgrund des verschärften Preiswettbewerbs und der Auswirkungen der Verbreitung von Smartphones und ihrer sich ständig verbessernden Kamerafunktionen zurück. Diese Änderung voraussehend, brachte Fujifilm 2011 die FUJIFILM X100 auf den Markt, eine Premium-Kompakt-Digitalkamera mit einem optisch / elektronischen Sucher, die unser Engagement für Bildqualität und Design unter Beweis stellt. Dieses Modell wurde nicht nur vom Markt sehr gut angenommen, sondern markierte auch eine Kursänderung auf dem Weg zu High-End-Produkten.
So etwas nannte man früher reine Geschichtsklitterung aus der Retrospektive: Fujifilm sah nichts voraus. Ganz im Gegenteil. Dass der Höhepunkt der Produktion und Verschiffung bei Kompaktkameras bereits 2010 war, belegen offizielle Zahlen der CIPA. Nur Fujifilm führte die Überproduktion der inzwischen drastisch rückläufigen Kompaktkameras fort. Geschäftsjahr 2010: 11,2 Mio. Kompaktkameras. Diese Zahlen wollte man auf bestätigte Anfrage sogar nochmals um 25% für 2011 steigern. Es wurden +4% und 11,7 Mio. Stück im Geschäftsjahr 2011 - als alle anderen Hersteller die Produktion der ungeliebten Kompakt-Kameras reduzierten. Bei Fujifilm führte diese Ignoranz des Marktes und vor allem die damalige völlige Verkennung der Smartphones zu übervollen Lagern und heftigen Abschreibungs-Verlusten.
Ferner taucht bei der Vorstellung der X100 im Hochglanz-Geschäftsbericht 2011 nirgendwo das Wort Smartphone oder smart phone auf, sondern man hob bei der X100 auf die Bildqualität ab:
... and the FinePix X100 high-grade compact digital camera, which earned high praise for its image quality and expressive power that outstrips those of digital SLR cameras even prior to its launch.
und die hochwertige Kompakt-Digitalkamera FinePix X100, die bereits vor ihrer Einführung ein hohes Lob für ihre Bildqualität und Ausdruckskraft erhielt, welche die von digitalen Spiegelreflexkameras übertrifft
.
Es ging darum, eine angeblich höhere Bildqualität als alle anderen Systemkameras im Bereich mit Spiegeln zu produzieren, um den drastisch höheren Preis von 1.000 Euro zu rechtfertigen.
Das Wort Smartphone wird erstmals im Hochglanz-Geschäftsbericht 2012 (S. 19) und zwar damals noch positiv erwähnt, weil Fujifilm dafür Zulieferteile anbot. Erst im Annual Report 2013 schrieb man erstmals negativ (keine offiziellen Seitenzahlen, ca. S. 7):
The Fujifilm Group ... is now confronted with ... a reduction in the demand for compact digital cameras brought about by the widespread popularity of smartphones.
Die Fujifilm Group ... ist nun mit ... einer Verringerung der Nachfrage nach kompakten Digitalkameras konfrontiert, die durch die weit verbreitete Beliebtheit von Smartphones verursacht wird.
Also erst ganze zwei Jahre nach der Einführung der X100 erkannte das Management die Gefahr durch Smartphones. Das Jahr 2013 war jedoch bereits 6 Jahre nach Apples Smartphone. Das ist ziemlich spät und definitiv nicht voraussehend
.
Aber das ist wie bei den Biopharmaceuticals
, für die sich Fujifilm seit 2011 interessierte und sich dort einkaufte. Auch das hat man nicht - wie später immer behauptet - vorausgesehen, sondern ziemlich spät nachvollzogen. Solche Firmen haben deutsche Banken schon um die Jahrtausendwende an die Börse gebracht. Aber wer prüft derart wilde Behauptungen von Fujifilm zur Legendenbildung schon nach. - Allerdings sollte man bei Fujifilm bei jeder Aussage jedes einzelne Wort, Detail und jede Zahl nachprüfen.
Abschließend noch ein Wort zu der behaupteten der guten Marktaufnahme
der X100. Fujifilm räumte 2013 selbst ein, dass die Produktionszahlen aller dieser Kameras nur im Hunderttausenderbereich lagen.
Im Februar 2012 folgte mit der Fujifilm FinePix X10 die erste Edel-Kamera mit einem (allerdings fest verbauten) Zoom-Objektiv. Jedoch wurde in dieser Serie mit einem kleinen 2/3-Sensor gearbeitet. Darauf folgten 5 weitere Modelle bis 2015 mit der XQ2. (Die X-S1 war eine Bridge-Kamera mit ebensolch kleinem Sensor). Siehe hierzu Wikipedia Englisch. Das deutsche Wikipedia gibt wie so oft völlig falsche Zahlen an.
Die Tester bei Digitalkamera.de schrieben zum Testbericht dieser ersten Kamera bereits 2011: Damit hält Fujifilm dieses totgeglaubte Sensorformat mit seinem vierfachen Cropfaktor weiter am Leben...
Die Tester bei Digitalkamera.de schrieben zum Testbericht der verbesserten letzten Kamera dieser Serie X30 2014: Misst man die tatsächlich erzielte Auflösung des Sensors, so gewinnt die X30 hier keinen Blumentopf. In den Offenblenden kratzt sie noch an den 40 Linienpaaren pro Millimeter, darüber kommt sie aber nie und bei den großen Blenden sieht das Bild sehr mau aus. Hier ist die Auflösung am Rand höher als in der Mitte - was den oben erwähnten Verdacht der selektiven Randnachschärfung erhärtet - und die Werte liegen allesamt im Keller.
Aus der Verwendung des kleinen Sensors mit nur 12 MP folgt eindeutig, dass es Fujifilm selbst in den Jahren 2011 bis 2016 (Einstellung der X30-Produktion) nicht um wirklich höhere Bildqualität ging oder um die Konkurrenz der Smartphones, welche ebensolche kleinen Sensoren verwenden. Es ging nur darum, für die durch die Sensorfläche physikalisch bedingt gleiche Leistung des kleinen Sensors der Pocket-Kameras einen höheren stolzen Preis
von damals 520 EUR (X10) bis 550 Euro (X30) durch das Edeldesign zu erzielen. Deshalb frotzelte man in den USA damals auch, dass das X bei den Kameras nur für eXpensive (teuer) steht.
Die Edel-Kompakt-Kamera verkauften sich nur relativ gut, aber als absolute Nischenprodukte keineswegs extrem gut. Fujifilm erkannte bald, dass es nachlegen musste im Kampf gegen die Mitbewerber bei APS-C. Anfang 2012 brachte man deshalb die Fujifilm X-Pro1 und die ersten zwei Fujinon FX-Objektive für APS-C-Sensoren heraus. Im Februar 2014 wurde schließlich die erste X-T1 herausgebracht.
Immer wieder wird erwähnt, dass Gewinne bei digitalen Kameras hauptsächlich aus High-End-Models
bestanden. Ferner wurde auch immer wieder in den Geschäftsberichten ausdrücklich erwähnt, dass man die Werbung für diese High-End-Modelle verstärkte. Es handelte sich somit um eine jahrelange gezielte Vorgehensweise des Managements - und keineswegs um einen angeblich weitverbreiteten Kundenwunsch nach immer teureren Kameras.
Bei der Analyse des Produktportfolios der Firma Fujifilm bei Digitalkameras trifft einen der Schlag: Vor allem seit 2017 nahm die Anzahl an Produkten / Kameras zu, welche aber fast identische Hardware enthalten. Das mag zwar die Skaleneffekte erhöhen, sowie die Produktionskosten je Einzelkamera (-Modell) senken. Aber auf einen schrumpfenden Markt immer weitere neue, technisch fast identische Modelle zu werfen, erhöht die Unübersichtlichkeit und erschwert die Entscheidungsfindung der eigenen Kunden.
Im März 2021 waren es im deutschen / europäischen Angebot: 2 Kompaktkameras (in den USA war es nur 1, da man dort die alte XP130 nicht mehr listete), 3 APS-C-Edel-/Premium-Kompaktkameras, 14 APS-C-Systemkameras, 4 Mittelformat-Kameras (GFX 50S, GFX 50R, GFX 100, GFX 100S). - 23 offizielle Modelle waren mehr, als die meisten Konkurrenten (mit viel größerem Marktanteil) boten.
Hinzu kamen noch weitere, immer noch nicht abverkaufte Altmodelle, die bei zahlreichen Händlern noch als Neuware / unbenutzt zu erwerben waren, wie z.B.: X100S, X-T1, X-T2 etc.
Für eine so kleine Firma mit einem derart geringen Marktanteil waren dies in der Pandemie und Wirtschaftskrise definitiv zu viele Modelle. Hier musste man ganz schnell drastisch reduzieren.
Aber selbst Ende 2024 waren alleine im offiziellen deutschen Internet-Auftritt noch 4 Mittelformat-Kameras und 11 APS-C-Kameras im Angebot. 15 offizielle neue Modelle waren sehr viel für eine derart kleine Firma. Hinzu kamen über ein Dutzend weiterhin am Markt (als Neuprodukte erwerbbare) angebotene (veraltete) Vorgängermodelle.
Positiv kann man dies als technischen Aufstieg zu immer höherer Bildqualität und immer ergonomischeren und für viele Fotostile und Alltagssituationen verwendbare Kameras bezeichnen.
Negativ kann es jedoch auch als schlichte Fluchtbewegung vor der Konkurrenz nach oben in das Hochpreissegment sehen, da die Mitbewerber viele Produkte nach kurzer Zeit preiswerter anbieten konnten. Fujifilm gelang es trotz aller Anstrengungen bei Sparmaßnahmen, Auslagerungen und Umstrukturierungen dennoch nie, seine produktionstechnischen Skaleneffekte in signifikant niedrigere Marktpreise umzusetzen. Deshalb gab man nach und nach die unteren, nicht mehr (für Fujifilm) lohnenden Produkte auf.
Schon so manches Produkt - auch im Fotobereich - wurde von Fuji kurzfristig sowie sang- und klanglos eingestellt, wenn es den erwarteten ökonomischen Erfolg für die Zentrale nicht (mehr) erzielte: Pocket-Kameras, Bridge-Kameras, Fachkamera GX680, xD-Picture-Card ... - Wie viele andere Firmen auch sieht Fujifilm das Wort Kundenbindung und Kundentreue einseitig: Der Kunde bindet sich an die Firma, aber nicht umgekehrt.
Ab den 1940er Jahren bis in die 1980er Jahre vertrieb Fuji Photo unter dem Namen Fujica u.a. analoge Spiegelreflexkameras. Diese ließ man genauso auslaufen wie die Mittelformat-Kameras und die Objektive.
Obwohl man bereits 1988 die erste Digitalkamera mit auswechselbaren Datenspeicher vorstellte, gelang es nie richtig, in diesem Zukunftsmarkt Fuß zu fassen.
1998 brachte Fujifilm seine erste erschwingliche digitale Kompaktkameras auf den Massenmarkt, die man nach und nach aufgab.
Dann folgte ab ca. 2003 das Debakel mit den Four-Thirds Kameras - Korrekt gelesen nicht Micro- (MFT), sondern der Vorläufer davon. Das waren große System-Kameras mit eigenen Objektiven mit besonderem Bajonett, die nur alle Nachteile (hohes Gewicht, sperriges Volumen, hoher Preis) aller anderen Systeme verbanden und deshalb nie einen Markt erobern konnten. (Wikipedia Deutsch und Wikipedia Englisch). Als Fujifilm sah, dass daraus nichts wurde, ließ man es ab 2006 einfach kommentarlos sterben. Eine völlige Fehlinvestition für alle Fotografen.
Bei den eigenen Datenspeichern sah es nicht besser aus. Diese xD-Picture Card Speicherkarten wurden in allen Kameras zwangsweise eingeführt. Als die Nachfrage und die Gewinne sanken, gab man das Speichermedium einfach auf. Erneut eine Fehlinvestition für hunderttausende, wenn nicht Millionen Fotografen. (Wikipedia Deutsch und Wikipedia Englisch).
Lange Zeit versuchte man, alles selbst herzustellen: Wir machen bei Fujifilm vom Sensor bis zur Software bei den wichtigen Komponenten alles selbst.
(CEO 2012)
Erinnert sich noch jemand an die Fujifilm FinePix S1 Pro (Wikipedia)? Das war eine Spiegel-Kamera (DSLR) mit Nikon-Bajonett und APS-C-Sensor die 1999 entwickelt wurde und Anfang 2000 weltweit auf die Märkte kam. Fujifilm hatte sie gemeinsam mit Nikon entwickelt. Bis 2006 mit der S5 Pro folgten weitere exotische Modelle (u.a. Infrarot und Ultraviolett-Modelle). Spätestens 2010 ließ man alles sterben. Der Hintergrund lag in dem (Super-) CCD-Sensor von Fujifilm, der schlichtweg marktfern war. Er erzeugte eine Auflösung zwischen 3,4 und 6 MP. Kein Scherz. So genau weiß man das nicht, weil der Sensor Fujifilm-typisch ziemlich exotisch mit diagonalen Photozellen hergestellt war. Da wurde das Bild dann interpoliert, was zu mäßiger Qualität führte, aber zu typisch Fujifilm marketing-technisch gigantischen Mega-Pixel-Werten aufgebauscht wurde. Ferner benötige man bei der S1 zwei Stromquellen in Form unterschiedlicher Akkus und Batterien. Dazu besaß die S1 noch eine absolut glatte Oberfläche, was ziemlich unergonomisch war. Da nie eigene Objektive von Fujifilm dafür hergestellt wurden, konnten die Fotografen zumindest bei den Kameras anschließend auf Nikon teuer umsteigen.
Bereits 2004 wurden CCDs als Module für Mobil-Telefone erwähnt: an increase in the supply of CCD camera modules and lens units for incorporation in camera phones
. Dafür entwickelte man auch eigene Linsen, um das komplette Kameramodul anzubieten. 2004 verschiffte / verkaufte man 6,25 Mio. CCD-Kameras. 2004 wird dafür die eigene Izumi Firma FUJIFILM Microdrives Co., Ltd. in Miyagi, Japan, erwähnt, welche damals angeblich eigene CCD-Sensoren herstellte. Jedoch bereits im Jahr 2011 scheinen die CCDs bei Smartphones deutliche Nachfrageschwächen gezeigt zu haben. Aber noch 2014 verdiente Fujifilm einen Teil seiner Gewinne mit Camera-Modulen für Smartphones (CCDs). Aber erst 2011 erwähnte Fujifilm explizit die Verwendung eines neuen Sensors CMOS (von einem Fremdhersteller) in der FinePixF550EXR.
Fujifilm hat schon oft Fehler begangen und auf sinnlose Technologien und Techniken gesetzt. Bei den CCD-Sensoren handelte es sich zwar um die aus meiner Sicht damals hochwertigere Technologie. Aber die großen Smartphone-Hersteller - allen voran Apple - bevorzugten die schlechte, aber preiswertere Technologie des CMOS. Das mag erstaunen. Aber aus Gewinn- und Kostengesichtspunkten spielt es eine Rolle, ob man bei einer Jahresproduktion von hunderten von Millionen Smartphones ein paar Dollar mehr im Einkauf je Stück bezahlen muss. Das sollte den Fotografen eine Lehre sein. Nicht immer setzt sich das hochwertigere Produkt durch.
Dasselbe sollten sich die Manager bei Fujifilm merken, deren Strategie es angeblich ist, nur an der technologischen Spitze zu investieren. Fujifilm hat damit schon mehrfach mit seinen Alleingängen auf das falsche
Pferd gesetzt. Denn zum weltweiten Trendsetter eignet sich die Firma nicht. Dazu ist sie u.a. viel zu klein und völlig falsch aufgestellt. Hier spielt die eigene Politik eine Rolle, denn Fujifilm hat in vielen fotografischen Bereichen sich nur Nischen ausgesucht und besetzt. Damit kann man keine marktbeeinflussenden allgemeinen Trends auslösen.
Das ist auch der Grund, warum Fujifilm niemals die eigene Sensormatrix X-Trans, X-Trans Englisch, welche sie seit Anfang 2012 bei einigen eigenen Kameras einführte, gegen die Bayer-Matrix durchsetzen konnte. Der Unterschied liegt in der verwendeten Sondermatrix, welche mehr grüne Filter aufweist als die ohnedies die Farbe Grün bereits überbetonende Bayer-Matrix.
Das ist auch ein Grund, warum viele Software den Fuji-Sensor nicht korrekt auslesen kann. D.h. es entstehen nicht nur messbar, sondern für jeden sichtbar andere Farben - von grünen Rändern an filigranen Strukturen und matschigen Wiesen, Wäldern und Büschen ganz abgesehen. - Bevor sich nun wieder Fuji-Fans aufregen: Es geht hier nicht um das, was Ihnen persönlich besser gefällt, sondern um den wissenschaftlich belegbaren Unterschied der Darstellung der Welt durch den Fuji-Sensor.
Ganz im Gegenteil hat Fujifilm selbst sowohl bei preiswerten eigenen Kameras als auch bei allen Modellen im Mittelformat-Bereich wieder die Bayer-Matrix verwendet. Einerseits spielen hier Kostengründe eine Rolle, da auch Fujifilm für Sonderkonstruktion beim Sensorhersteller Sony selbstredend hohe Preisaufschläge bezahlen muss. Andererseits wollte im professionellen Bereich der Mittelformat-Kameras kein Anwender solch eine Technik, die von fast keiner brauchbaren professionellen Software unterstützt wird.
Fujifilm selbst erschwerte sich jedoch noch alles, da es wie beim X-Trans-Filter, diesen auch noch ständig ändert: 2018 führte man bereits die vierte Version ein. - Letzteres dürfte mit ein Grund sein, warum die meiste Software zur Bildnachbearbeitung am PC damit nicht klarkommt, respektive unterdurchschnittliche Bildergebnisse liefert. Es erklärt auch, warum die Software-Hersteller dazu auch kaum mehr Lust haben: Die marktbeherrschende Bayer-Matrix wurde seit Einführung nicht geändert. Exakt das ist der Vorteil eines Standards: Er ist fest definiert. - Deshalb musste Fujifilm u.a. mit der X-T5 eine weitere Version 5 einführen, um nachzubessern.
Oder erinnern Sie sich noch an die e-picture Technologie / Initiative von Fujifilm 2001? In February 2001, Fujifilm unveiled its new imaging solution tailored to the network age, 'e-Picture Solution: FinePix & FDi on the Web' (currently offered in Japan and several other countries). This system further expands the capabilities of digitized high-quality color e-Picture images, offering the user new options, more fun, and more beautiful images.
- So gut war aber damals die Verbindung der Kameras zum Internet nicht. Vor allem war es zu kompliziert. Im Prinzip handelte es sich um eine gute Idee. Aber es war ein proprietäres System, das dem Grundgedanken des offenen sowie freien Internets widersprach. Vor allem war Fujifilm nicht Apple und konnte keine eigenen Standards durchsetzen. Also ging die Sache ein. E-Picture war eines der vielen Produkte der sogenannten Total Imaging Solution
, einer Strategie aus den 1990er Jahren bei Fujifilm sowie des damit verbunden dortigen Picture the Future
-Konzeptes.
Oder kennt jemand noch das FinePix REAL 3D-System vom August 2009, für dreidimensionale Fotografien, das wieder in der Versenkung verschwand, oder das FinePix Z700EXR Dual-Image Display 2009, das unterging.
Dies alles belegt, wie schnell Fuji schon mehrfach die Pferde wechselte - ohne Rücksicht auf Kunden oder eigene Mitarbeiter.
Im Grunde zeigte die Firmengeschichte, dass Fujifilm eher wie eine gewinnorientierte US-Firma betrieben wird: früh und schnell in einen neuen Markt einsteigen, kurzfristig genau auf die Kundenwünsche hören und aggressiv vorgehen, sowie bei drohenden Verlusten wieder aussteigen.
Die vielen klammheimlich eingestellten Produkte werfen ein bezeichnendes Licht auf die Vision der Firmenphilosophie: open, fair and clear
. - Offen, gerecht und klar
war zumindest die Kommunikation zu den Produkten nie. Das sind die üblichen leeren Worthülsen, die vor allen für japanische Firmen nur auf dem Papier stehen. Siehe hierzu: Wunsch und Wirklichkeit. Sobald Fujifilm keinen Gewinn mehr mit einem Produkt erzielte, ließ es die Kunden ohne Vorankündigung im Regen stehen und zog weiter.
Selbstverständlich kann man alle obigen Produkte, die man kurz einführte und dann wieder sterben ließ, auch ebenso gut als Fehleinschätzungen eines neuen (Teil-) Marktes ansehen. Aber da gab es auch richtige Fehleinschätzungen des existierenden (Foto-) Marktes:
So gab das Management in den Fragen und Antworten zum Geschäftsbericht am 28. April 2011 an, man wolle die Zahl der produzierten / verschifften / verkauften Kameras um 25% auf über 14 Millionen Stück anheben: We are planning to increase our digital camera sales volume to above the 14 million unit level, up 25% compared with the previous fiscal year. Having created a general framework for handling component procurement, we are continuing to undertake production operations in line with our plans.
Nun gut, viele hochbezahlte Foto-Analytiker waren damals der falschen Auffassung, dass der Markt der dedizierten Kameras - insbesondere der Kompakt- und Bridge-Kameras grenzenlos in den Himmel weiterwachsen würde. Aber bereits der einfache Blick auf die CIPA-Grafik hätte jeden belehren sollen, dass 2008 bis 2010 bereits eine Marktsättigung mit einem sichtbaren Kappeneffekt eingetreten war. Vor allem war das vier Jahre nach Apples Smartphone-Erfolg blanker Unsinn. Das hatten zahlreiche Analytiker bereits seit Jahren anders gesehen und so auch publiziert. Dies macht einen wichtigen Punkt japanischer Zentralen deutlich: Sie leben nicht selten in einer eigenen Welt, einer eigenen Informationsblase, in der negative oder überhaupt unerwünschte Wahrheiten nicht eindringen durften. Dafür sorgten alle Beteiligten. So etwas nennt man Pippi-Langstrumpf-Prinzip / -Syndrom. Dieser Fachausdruck beruht auf dem Standardspruch der Kinderbuch-Heldin: ich mach mir die Welt, widewide wie sie mir gefällt
. - Mit verheerenden Folgen. Effektiv kamen damals nur +4% mehr Kameras heraus, die zum erheblichen Teil sogar in den Lagern landeten und später unter Verlusten verramscht werden mussten.
Von nun an musste man jährlich den drastischen Rückgang der Kompakt- und Bridge-Kameras zumindest unbestimmt verbal im Geschäftsbericht auflisten, wobei es sich um Millionen-Rückgänge je Jahr handelte. Ich errechnete über 10 Millionen Stück in vier Jahren bis 2015 - von 11,7 auf 1,4 Mio. Das ist ein Rückgang um -88%. Gleichzeitig hielt man das große (prozentuale) Wachstum bei den neuen teuren Systemkameras dagegen, verschwieg aber, dass deren Ausgangsbasis (mit nur tausenden) sehr tief lag. Dann sind große prozentuale Wachstumsraten nichts Besonderes.
Ganz im Gegenteil hoben ab ca. 2010 die mehr oder weniger alten, analogen Instax-Sofortbildkameras ab und erzielten Traumwerte bei Umsatz und Gewinn. Man erwähnte sie in den folgenden Jahren ständig unter dem Stichpunkt unerwartetes weiteres Wachstum. Nur dadurch konnten die horrenden Umsatz-Rückgänge und Verluste des Digitalbereiches aufgefangen werden.
Ferner waren über einige Jahre die Zunahmen der Umsätze und Gewinne bei Fotobüchern unerwartet, da viele Digitalkamera-Besitzer und vor allem -Besitzerinnen so etwas als Weihnachtsgeschenk sahen. Hier profitierte Fujifilm von allen anderen Kameraherstellern, da jene keine vergleichbaren Fotobuch-Angeboten unterbreiteten. D.h. Fujifilm profitierte von dem gigantischen Bestand an ab ca. 2010 vorhandenen digitalen (vor allem Pocket-) Kameras, der weltweit zu geringen Preisen verfügbar war - und zwar auch noch, als deren Neuverkäufe schon lange jährlich um 20-40% zurückgingen.
Zuerst dachte man, dass sich derselbe Effekt bei Fotobüchern auch für Smartphones zeigen würde. Aber dort trat er, wenn überhaupt nur schwach in Erscheinung und konnte die Rückgänge in den späten 2010er-Jahren bei den Besitzern der Kompaktkameras nicht mehr ausgleichen.
Auch diese Beispiele zeigen, wie sehr Fujifilm immer wieder auf im Grunde doch sehr kurzzeitigen Wellen mitschwamm und dabei den Rahm abschöpfte. Aber es gelang in den meisten Fällen nicht, daraus wirklich eigene Langzeittrends zu gestalten. Sobald die Welle abebbte und sich das Geschäft nicht mehr lohnte, ließ man diese Dinge dann mehr oder weniger sterben.
Einerseits muss man es loben, dass man - irgendwann - so eine Welle erkannte. Aber exakt dieses Aufspringen auf lukrative Wellen und dann wieder Abspringen führte beim Image auch zum negativen Eindruck des Hüpfens von einem Goldgräber-Claim zum nächsten. Und in der Tat erkannten die Manager die Trends oft nicht selbst oder früh genug, sondern hatten einfach Glück, durch die breite eigene Angebotspalette mit bereits vorhandenen Produkten mitschwimmen zu können.
Glück ist natürlich immer wichtig. Aber als Stratege hätte ich zur Beurteilung der Zukunftsfähigkeit lieber Strategien gesehen zur frühen Bedürfniserkennung oder sogar Bedürfnisweckung. Man denke hierbei nur an den sendungsbewussten Steve Jobs, der als neuer, religiös zu verehrender Heilsbringer mit seinen jährlich live übertragenen Eucharistiefeiern, in deren Verlauf er schnödes Silizium und Plastik in sein Fleisch und Blut verwandelte und hunderte Millionen blind gläubiger Jünger weltweit an sich band, die dann nachts stundenlang in Schlangen vor Apple Stores in der Kälte standen, um als erste ihr Erspartes für völlig überteuerte Produkte ausgeben zu dürfen.
Eine weitere Fehleinschätzung sehe ich beim Fotomarkt bezüglich der Modellpolitik. Fujifilm kam eindeutig aus dem Bereich Kompaktkameras und stieg Sensortechnisch sowie preislich immer weiter auf. Aber es hat den jährliche Modell-Zyklus der Kompaktkameras weitgehend beibehalten. Jährlich einen minimal verbesserten Nachfolger auf den Markt zu werfen, mag bei 100-200 Euro- Kamera funktionieren. Aber bei Systemkameras für über 1.000 Euro erzeugte dies einen hohen Wertverlust bei Bestandskunden und stieß folglich an Grenzen. Überdies versuchte Fujifilm, wirklich jede denkbare Nische der Fotografie mit einer eigenen Kamera abzudecken, was zu einer sehr großen Modellpalette führte. Jene Fehler wurden allerdings lange Zeit nicht erkannt, da immer mehr Umsteiger von Nikon und Canon zu Fuji wechselten und so die neuen Modelle zumindest zum Teil aufnahmen. So wurden quasi der schnelle Zyklus und die Produktfülle sogar als Erfolg angesehen. Aber spätestens 2019 schlug dieses verkannte Phänomen plötzlich ganz hart zu. Siehe Beispiel X-T3 unten.
Im März 2011 brachte man die FinePix X100 heraus, mit der man mit einem APS-C-Sensor und einem festeingebauten Objektiv (35 mm) eine neue Serie von Edel-Kompaktkameras startete. Dabei übertrieb man dreist:
Fujifilm launched the FinePix X100 premium compact digital camera, which offers image quality and expressive power superior to that of digital SLR cameras.
Ab nun setzte sich diese Täuschung systematisch Fort. Jede Kamera von Fujifilm wäre angeblich jeder Systemkamera überlegen.
Das war bereits bei dieser ersten APS-C-Kamera im Jahr 2011 nachweislich in fast allen Punkten falsch. Denn schon damals gab es weit überlegene Vollformat-Kameras mit weit überlegenen Objektiven für fast jeden Anwendungszweck in der Fotografie. So entsprach die angebotene F2 Offenblende bei APS-C aufgrund des Crop-Faktors nur F3 bei Vollformat. Aber damals gab es für 50 mm-Objektive (das ist die äquivalente Größe von 35 mm bei APS-C) bereits F1,2 Offenblende und weniger. Vor allem waren jene Objektive bei Nikon und Canon auch an den billigsten APS-C-Kameras anschließbar.
Aber angesichts des extrem hohen Preises von 2011 999 Euro für eine unflexible Kompaktkamera mit nur einer einzigen dazu noch fest eingebauten Festbrennweite mit nur einem APS-C-Sensor glaubte Fujifilm offensichtlich, derart tief in den Sumpf der Übertreibungen greifen zu müssen. Da man damit Erfolg hatte, beschritt man diesen abschüssigen Weg weiter.
Der wahre Erfolg dieser Kamera lag jedoch in dem Retro-Metallgehäuse mit den alten Dreh- und Einstellknöpfen oben sowie dem schicken Lederetui mit Ledergurt etc. Faktisch kauften seitdem viele Personen (auch Frauen) diese Kameras als Schmuck / Mode-Accessoire. Die Retrowelle war gerade am Anlaufen und diese kleinen und relativ leichten Kameras passten für viele als teures Statussymbol dazu. Fotografiert wurde von den meisten dieser Käufer(innen) selten und dann fast ausschließlich mit JPEG. Dies erkannte Fujifilm korrekt und bot dutzende Farbfiltereffekte in der Kamera an, die absolut retro (und somit farbverschoben) sich an den eigenen alten Fujicolor-Dia- und Negativ-Film-Farben orientierten. Es kam jenen Fotografen somit überhaupt nicht auf die Bildqualität an.
Am dreisteten trieb man es bei der ISO-Zahl. Der Hintergrund ist ganz einfach zu verstehen: Fujifilm wollte Kunden aus der Vollformat-Klasse aller Mitbewerber beeindrucken und zu sich abziehen. Also behauptete man, der eigene (nur halb so große) APS-C-Sensor böte eine gleichgute wie oder sogar bessere Bildqualität als die Vollformat-Sensoren aller Konkurrenten. Das ist physikalisch unmöglich.
Technisch gelingt der Trick allerdings ganz einfach: Man gibt die ISO-Zahl falsch an. Also gibt man die realen ISO 100 als ISO 200 aus. Letzterer Wert war lange Zeit die geringste Einstellung, welche Fujifilm-Kameras anboten. Daraus folgte, dass Fachmagazine und Tester die Bildqualität der Fujifilm-Kameras bei real ISO 100 aber falsch benannt ISO 200 mit den realen ISO 200 der Mitbewerber verglichen. Dabei schnitten erwartungsgemäß die Konkurrenten immer schlechter ab. Physikalisch ist dies auch ganz logisch nachvollziehbar: Bei realen ISO 200 fällt nur halb so viel Licht auf den Sensor. Dadurch wird das Rauschen höher.
Tatsächlich führt so eine vorsätzlich falsch justierte Kamera dazu, dass - bei vorgegebener Blende, Belichtungszeit und ISO-Zahl - das Bild der Fuji-Kamera deutlich dunkler ausfällt, als das jeder exakt identisch eingestellten anderen Kamera. Der Kunde wird somit gezwungen zur Erzielung der gleichen Bildhelligkeit doppelt so lange zu belichten, was in vielen fotografischen Situationen nicht funktionieren kann. D.h. dann muss er den höheren / doppelten ISO-Werte verwenden, was nun auch bei der Fuji-Kamera das Rauschen erhöht. - Alle Details dazu werden bei Der betrogene Fotokunde sowie bei RAW-Betrug erklärt.
Das ist auch kein Zufall oder technisches Versehen. Das ist, wie wenn ein Autohersteller den Tacho manipuliert, sodass er das doppelte anzeigt, um anschließend behaupten zu können, dass sein Pkw-Modell bei 200 km/h so wenig Benzin verbraucht, wie andere Vergleichsmodelle bei 100 km/h. Die Techniker wissen ganz genau, was sie da machen.
Glaubt im Ernst jemand, dass Sony eine komplett neue, weltweit überragende Sensor-Technologie, die doppelt so gut ist, wie alles bisher Dagewesene, mit mindestens einer Milliarde Euro Entwicklungskosten nur für die wenigen Sensoren von Fuji-Kameras entwickelt hätte, ohne sie selbst für eigene Kameras vom Smartphone bis zum Mittelformat-Sensor zu verwenden? Oder glaubt im Ernst jemand, dass die anderen Kunden (wie z.B. Nikon), die viel größere Sensormengen von Sony abkauften, auf diese Wundertechnologie verzichtet hätten? Oder glaubt im Ernst jemand, dass Fujifilm Jahre später selbst auf diese Wundertechnologie für seine Mittelformatsensoren verzichtet hätte?
Bei der Sensortechnik kochen alle mit Wasser. Folglich erhalten alle Kunden von Sony auch dieselbe Technologie. Die Unterschiede sind derart minimal, dass bereits die produktionstechnische Serienstreuung größer ist als irgendwelche hineinkonzipierten Merkmale der einzelnen Produkte.
Auch bei Objektiven rundet Fujifilm gerne die Offenblende (Lichtwerten) zu seinen Gunsten ab. Bei den Transferwerten - also den Lichtwerten, die tatsächlich durch die Linsen bis nach hinten zum Sensor durchgehen, - ist man noch großzügiger. Auch die Brennweite gibt man bei manchen Objektiven großzügig zum eigenen Vorteil an.
Selbst bei Mittelformat wird dreist die Unwahrheit publiziert: 2019 Launched FUJIFILM GFX100, equipped with a large-format sensor with the world's highest 102 million pixels
(Geschäftsbericht 2020, Integrated Report, S. 3). Falsch: Z.B. Phase One verwendet den noch größeren 150 Mega-Pixel-Sensor von Sony.
Fakt ist, dass Fujifilm es mit Zahlen und Angaben zu Kameras nicht genau nimmt. Was soll man jedoch erwarten, wenn es die Firma schon bei den Bilanzzahlen nicht so genau nimmt.
Auf der einen Seite steht Fujifilm in Japan mit einem guten Sozialimage da, weil man den Opfern des großen Ostjapanischen Erdbebens 2011 (mit damit verbundenem Tsunami - über die Reaktorkatastrophe von Fukushima spricht man in Japan ungern) großzügig half, ihre in den Trümmern der Wohnungen und Häusern verlorengegangenen Fotos zu retten sowie zu restaurieren und somit die Erinnerungen an ihr früheres Leben wieder zu geben.
Auf der anderen Seite steht der Konzern als rücksichtsloser und skrupelloser Goldgräber, der die Naturschätze und Menschen ausbeutet, solange es Gewinn verspricht. Nachdem der Rahm abgeschöpft ist, zieht er hingegen weiter, unter Zurücklassung der Schäden und der Menschen.
Bei Fragen zum Image schwingt somit immer ein Ja, aber...
mit. Das Bild der Firma ist - höflich ausgedrückt - zwiespältig.
In Japan, das - im Vergleich zu vielen westlichen Ländern - noch immer viel Wert auf Tradition, Stetigkeit, Verlässlichkeit und gegenseitige Rücksichtnahme legt, gilt Fujifilm eher als das exakte Gegenteil: eine der am weitesten westlichen Firmen, die nach dem US-Prinzip des Hire-and-Fire rücksichtlos mit eigenen Angestellten verfährt, wobei dies - wie meine Statistiken und Grafiken belegen - sogar gleichzeitig geschieht: Fujifilm entließ tausende treue, alte, aber teure Mitarbeiter und stellte gleichzeitig tausende neue, junge, billigere Kräfte ein. Fujifilm gilt bei vielen allgemein als unstetes Unternehmen, das gewinnorientiert wechselt, die Altkunden mit aufgegebenen Produkten im Regen stehen lässt, und von vielen Traditionen und alten Verpflichtungen wenig hält, sowie sich überhaupt nicht an irgendetwas binden lässt. Das maximale Gewinnstreben mag die Aktionäre erfreuen, hat jedoch auch zu dem gespaltenen Image beigetragen.
Nicht nur die Firma, sondern vor allem der langjährige CEO Shigetaka Komori woben - vor allem seit ca. 2012 - gerne an dem großen Teppich der Legendenbildung.
Gerne rühmt sich Fujifilm und vor allem seine (bezahlten) Influencer einer langen optischen und kameratechnischen Erfahrung: Viele Menschen arbeiten bis heute an der Legendenbildung von der jahrzehntelangen kontinuierliche Erfahrung Fujifilms im Bereich Kameraherstellung und Objektiverzeugung respektive von der großen Kamera- und Optikfirma.
Selbstverständlich hat Fujifilm früher auch analoge Kameras hergestellt. Aber man sollte sich diese einmal genau ansehen. Unter dem Namen Fujica wurden zwischen 1948 und 1985 mehrere Modelle vertrieben. Bei den meisten handelte es sich jedoch um Sonder-/Nischenmodelle respektive Kompaktkameras. Und die eher einfachen Spiegelreflex / Systemkameras wurden ebenfalls 1985 sang- und klanglos eingestellt, als es sich nicht mehr richtig lohnte.
Ähnlich sieht es bei den Fujinon-Objektiven aus, die von der Unterfirma Fuji Photo Film Co., Ltd. hergestellt wurden. Auf den ersten Blick sieht das Angebot für das analoge M42-Bajonett riesig aus. Wenn man allerdings die ganzen Profi-Objektive für den Filmbereich der Fernsehsender und Kinofilmproduzenten abzieht, dann bleiben nur wenige für die Amateurfotografen übrig. Vorsicht, da werden gerne sehr lange Listen mit allen jemals seit 1940 hergestellten Objektiven für alle Kamera- und Film-Modelle (analog und digital) bis heute aufgeführt, um zu beeindrucken.
Hinzu kamen Objektive für Mittelformat und Großformat. - Wieder die Randbereiche, weil man sich in den hart umkämpften 35 mm-Bereich der damaligen analogen Kleinbild-Kameras gegen die Übermacht der damals noch weltweiten Konkurrenz (zu Recht) keine Chancen ausrechnete.
Das klingt alles so beeindruckend. Aber angesichts der Produktion seit 1940 ist es wenig und vor allem waren die produzierten Stückzahlen eher gering. Das darf alles auch nicht verwundern, denn Fujifilm war im Fotobereich primär eine filmerzeugende und Fotopapier produzierende Firma, die nebenher auch Kameras etc. unter dem Gesichtspunkt herstellte, den Absatz dieser Primärprodukte Film und Fotopapier sowie der dazu erforderlichen Entwicklerchemikalien sowie Ausbelichtungs-/Entwicklungs-Maschinen zu steigern. Das beste Beispiel ist bis heute die insgesamt preiswert vertriebene Instax-Kamera, die den Absatz der teuren Sofortbildfilme ankurbelt.
Niemals konnte man sich mit den wahren Kamera- und Optik-Firmen messen: Pentax vor allem in den 1960er Jahren, Nikon bis in die 1970er und ab Mitte der 1970er Jahre langsam Canon sowie Minolta (später von Sony aufgekauft) spielten sowohl qualitativ als auch quantitativ in einer ganz anderen Liga.
Das wollte Fujifilm auch nie: Denn man gab in der schweren Wirtschaftskrise der späten 1980er Jahre den Bereich Kameras und Objektive weitgehend auf. Wenn überhaupt, so kann man Fujifilm eher als chemisches Unternehmen bezeichnen, das neben Filmen und Fotopapieren auch zahlreiche weitere Roh- und Teilfertigprodukte erzeugte, die man für andere Zwecke weiterverwendete. Dies gilt bis heute für große Teile des Bereiches Information Solutions. Das ist ganz positiv gemeint, weil es dem Konzern jährlich gesicherte große Einnahmen und Gewinne beschert. Vor allem war von der chemischen Basis ausgehend der Ausbau des Konzerns in die hochlukrativen Bereiche Biochemie und Pharmazie sowie Medizin naheliegend. Fujifilm ist eher ein weit diversifizierter Gemischtwarenhersteller, der alles produziert, was Gewinn verspricht.
Wie sehr man sich von den Systemkameras (aller Formate) überhaupt abgewandt und in den späten 90er Jahren dem Massenmarkt der (digitalen) Kompaktkameras zugewandt hatte, zeigte sich als kurz nach der Jahrtausendwende Leica zum Verkauf stand. Gemäß Interviews überlegte auch Fujifilm kurz, ob man die Firma Leica übernehmen sollte, entschied sich jedoch bewusst dagegen, weil Vollformat- und Mittelformat-Kameras nicht mehr in das Firmenkonzept passten. Das ist eine Aussage jenes CEOs Shigetaka Komori, der an der Entscheidung beteiligt war.
Dies wirft auch ein bezeichnendes Licht auf die Entwicklung ab ca. 2005 in immer höhere Preisregionen und damit in höhere Sensorklasse und somit letztendlich auch zu höheren APS-C- und Mittelformat-Kameras. Diese Rückkehr zu Systemkameras war keine langfristig geplante Strategie und kein Anschluss an alte Traditionen und definitiv keine bruchlose Wiederaufnahme (de facto schon lange verschütteter) Kenntnisse und Erfahrungen, sondern schlichtweg eine vom Markt erzwungene Notmaßnahme. Deshalb fing man digital bei Systemkameras komplett bei null an und baute alles neu dafür auf. - Nur, weil man keine Altlasten besaß, auf die man hätte Rücksicht nehmen müssen (wie z.B. die anderen Kamera- und Objektivhersteller), gelang der jeweilige Neuaufbau (APS-C und Mittelformat) bei Fujifilm in einer derart kurzen Zeit.
Der langjährige CEO Shigetaka Komori schilderte sich seit Jahren in Interviews und seinem eigenen Buch selbst gerne oder lässt sich so schildern, als der kühne Visionär und Stratege, der alles lange voraussah, sowie dadurch einen ausschließlich von der Produktion analoger Farbfilme lebenden und somit von einem veralteten analogen Produkt völlig abhängigen Konzern, der sich in die absolut ausweglose Sackgasse manövriert hatte, durch geniale Schachzüge nicht nur umbaute, sondern sogar die eigentlich nur noch abgebrannten Reste der Firma - wie ein Phönix aus der Asche - neu gründete und dann zu ungekannten Höhen emporführte.
In einer Zeit, in der Harry Potter und Herr der Ringe sowie viele andere SciFi-Märchen sich besonderer Beliebtheit erfreuten, war es erwartbar, dass auch ökonomische Legenden wieder Anklang fanden. Nachahmer finden sich ja bis heute auch in der Politik. Lassen Sie uns jedoch die Punkte einmal etwas auf Faktizität abklopfen
.
Beginnen wir mit der Legende, dass der CEO bei seinem Antritt im Jahre 2003 einen in die Sackgasse manövrierten Konzern erbte, der von einem einzigen Produkt (analoger Farbfilm) abhängig war.
Wie ich bereits bei der Analyse des Konzerns und des Bereiches Images mit harten Zahlen belegte, traf dies in keinem Punkt zu. Verwenden wir zum Beleg nur die wichtigsten Kernzahlen des Konzerns zum Jahr 2003:
Der Konzernumsatz betrug 2003: 2.560 Mrd. Yen - und 2020 nur noch 2.180 Mrd. Yen. Sauber heruntergewirtschaftet, sagte man früher zu solch einer Leistung.
Davon entfielen 2003: 989,701 Mrd. Yen oder 38,7% auf den größten Bereich Document Solutions, 815,525 Mrd. Yen oder 31,9% auf den zweitgrößten Bereich Imaging, und 755,159 Mrd. Yen oder 29,5% auf den Bereich Information Solutions.
Nochmals die Ergebnisse zum Umsatz langsam zum Verstehen:
Es gab bereits drei große Bereiche im Konzern. Zwei Bereiche davon - Information Solutions und Document Solutions - machten 2003 bereits 68,2% des Konzernumsatzes (mehr als 2/3) mit hunderten von Produkten aus, die nicht das geringste mit analogen Farbfilmen zu tun hatten.
Und der angeblich rein analoge Bereich Imaging produzierte 2003 schon 6,25 Millionen digitaler Kameras. Allein der Umsatz dieser Digitalkameras des Unterbereiches Electronic Imaging machte 2003 bereits 203,9 Mrd. Yen aus, 25% des Bereichsumsatzes Imaging. D.h. maximal 75% der Bereichsumsatzes Imaging konnten noch irgendwie auf den im weitesten Sinne analogen Bereich Photo-Imaging entfallen.
Der kleine Unter-Unter-Bereich Color Films - also Farbfilme - machte jedoch 2003 sogar nur noch ca. 29% des Bereichsumsatzes Imaging aus - rund 241 Mrd. Yen. Das waren jedoch nur noch 9,6% des Konzernumsatzes. Beim besten Willen, kann ein Konzern, der nur weniger als ein Zehntel seines Umsatzes mit einem - nur langsam auslaufenden - Produkt erwirtschaftete, nicht derart negativ dargestellt werden. Mit anderen Worten wurden 90% des Umsatzes bereits 2003 mit anderen Produkten und Dienstleistungen als analogen Filmen erzielt.
Der Operative Gewinn des Konzerns betrug 2003: über 180 Mrd. Yen - und 2020 nur noch 160 Mrd. Yen. Können Sie den Höhenflug erkennen?
Der operative Gewinn verteilte sich aber bereits 2003 wie folgt auf die drei Großbereiche des Konzerns: Nur 24% des operativen Gewinnes entfielen 2003 auf den Bereich Imaging und 76% auf die beiden anderen Bereiche Information Solutions (ca. 42,3%) und Document Solutions (ca. 33,6%). Nachweislich hat aber der analoge Teil des Imagings damals kaum mehr Gewinne erwirtschaftet, sondern die Digitalkameras. Hinzu kam, dass man mit der Teilproduktgruppe analoge Filme aufgrund des steigenden Marktdruckes seit den 1990er Jahren sowieso immer weniger operativen Gewinn erzielte. Mit anderen Worten: Der Konzern war von diesem Segment bezüglich des Gewinnes noch weniger abhängig, als der geringe Umsatz bereits andeutete.
Die Umsatzrendite des Konzern betrug 1991-2003: durchschnittlich 11,275% - und 2004-2020: 5,4%. So eine beeindruckende
Halbierung der Rendite führte bei anderen Konzernen zur Entlassung des CEOs.
Die Mitarbeiter-Zahl des Konzerns betrug 2003: 73.164 - und 1.1.2021: 71.474. Der neue CEO hat also massiv entlassen. Die offiziellen Daten des Konzerns erwähnen unter anderem zwei große Entlassungswellen von 15.000 in der ersten Dekade und nochmals 10.00 Mitarbeiter in der zweiten Dekade. Welch kreative Leistung.
Aber, wenn er schon alte, teure Mitarbeiter entlassen hat, dann haben sich sicherlich die Produktivität und Effizienz erhöht?
2003 erwirtschaftete jeder Mitarbeiter rund 35 Mio. Yen Umsatz. 2020 waren es nur noch 30,5 Mio. Yen Umsatz. In manchen Jahren dazwischen lagen die Werte noch viel tiefer.
2003 erwirtschaftete jeder Mitarbeiter rund 2,47 Mio. Yen Gewinn. 2020 waren es nur noch 2,24 Mio. Yen operativer Gewinn. In manchen Jahren dazwischen lagen die Werte noch viel tiefer.
Weil sicherlich wieder jemand kritisiert, dass es unfair sei, nur Einzeljahre herauszugreifen, im Folgenden die ganzen vorliegenden Zeiträume:
Von 1991-2003 erwirtschaftete jeder Mitarbeiter als arithmetischen Durchschnitt rund 37,5 Mio. Yen jährlichen Umsatz. Von 2004-2020 waren es nur noch 31,4 Mio. Yen Umsatz.
Von 1991-2003 erwirtschaftete jeder Mitarbeiter als arithmetischen Durchschnitt rund 4,3 Mio. Yen jährlichen Gewinn. 2004-2020 waren es nur noch 1,7 Mio. Yen operativer Gewinn.
Selbst mit dem größten Wohlwollen kann man da maximal eine Seitwärtsbewegung (Stagnation) erkennen. Und dies alles gilt sowieso nur, wenn man wie ich hier die Inflation nicht berücksichtigt.
Beim Umsatz des Imaging, des Bereiches, den der CEO in der ersten Dekade angeblich komplett umgebaut und saniert hatte, sah es nach dem Umbau im Jahre 2010 folgendermaßen aus: weit über 391 Mrd. Yen - und 2020 nur noch 280 Mrd. Yen. - Welch gigantischer Höhenflug?
Der neue CEO hat somit ab 2003 weder Fujifilm neu gegründet, noch hat er einen vermeintlich lahmen Laden endlich auf Trab gebracht. Ganz im Gegenteil war Fujifilm schon immer ein hochdynamisches Unternehmen, das ständig neue Produkte und neue Märkte eroberte und dafür alte Produkte aufgab. Folglich habe ich - ganz im Gegensatz zur Firmenlegende der Neuzeit - in den obigen ökonomischen Analysen belegt, dass es unter dem neuen CEO auf manchen Gebieten sogar schlechter voranging als früher.
Die Heroisierung gewann in den letzten Jahren einen neuen Zug - Integrated Report 2020, S 4:
In particular, the photography market, which had been the main business, fell into steep decline beginning in 2000 due to rapid advances in digitization. The Fujifilm Group faced the crisis of losing its core business, but we managed to boldly transform our business structure and expand our business domain by further developing and innovating the technologies we had cultivated, thereby making a successful transformation.
Insbesondere der Fotomarkt, der das Hauptgeschäft gewesen war, stürzte ab dem Jahr 2000 aufgrund der raschen Fortschritte bei der Digitalisierung steil ab. Die Fujifilm-Gruppe war mit der Krise konfrontiert, ihr Kerngeschäft zu verlieren. Wir haben es jedoch geschafft, unsere Geschäftsstruktur mutig zu transformieren und unseren Geschäftsbereich zu erweitern, indem wir die von uns gepflegten Technologien weiterentwickelten und erneuerten, um so eine erfolgreiche Transformation durchzuführen.
Der neue CEO als der wahre ökonomische Supermann?
Allerdings gab es keinen Absturz nach dem Jahr 2000. Wie ich bereits in der Grafik Imaging - Operativer Gewinn / Verlust zeigte, stürzte der Gewinn erst 2004 steil ab in die Verlustzone. Das will man jedoch bei Fujifilm heute nicht mehr so schreiben. Denn diese Zeit fällt bereits unter die Amtszeit des neuen CEO.
Auch Fujifilm selbst publizierte eine Grafik, die eindeutig widerlegt, dass es ab 2000 bergab ging. Das analoge Filmgeschäft stürzte sogar erst ab dem Geschäftsjahr 2007 ab (Siehe Grafik Seite 4).
Der Konzern erlebte nach der Übernahme der Geschäftsführung durch den neuen CEO auch keinen kometenhafter Aufstieg - auch nach 2006 nicht. Ganz im Gegenteil traf die Finanzkrise den Fujifilm-Konzern unvorbereitet und hart. Und danach ging es beim Konzernumsatz bestenfalls in einer Seitwärtsbewegung weiter. Siehe die Grafik Konzernumsatz die blaue obere Linie seit 2001. Ganz im Gegenteil lagen die meisten Umsatzwerte unter dem neuen CEO ab 2008 deutlich unter denjenigen seiner Vorgänger im Jahr 2002.
Seit der neue CEO sein Amt antrat, wurden alle ambitionierten Finanzvorgaben verfehlt. Man denke nur an die Ziele des Fünfjahresplanes für 2009 von 3.500 Mrd. Yen Umsatz und 350 Mrd. Yen Gewinn. Bis heute wurde beide Werte der ersten Vorgaben des neuen CEO aus dem Jahr 2003 - trotz Inflation - nicht annähernd erreicht.
Unter seiner Führung konnte auch die Umsatzrendite keineswegs an frühere Zeiten anschließen.
In seiner Amtszeit lagen auch die durchschnittlichen operativen Gewinne keineswegs auf früherem Niveau.
Die Unterstellung, dass Fujifilm früher langsam oder träge war und nichts Neues - außer analoge Farbfilme - versucht hätte, sind rundweg unzutreffend. Auch hatte es sich um die Jahrtausendwende nicht in die angebliche analoge Film-Sackgasse manövriert. Ganz im Gegenteil. In jedem Jahresbericht - auch vor dem neuen CEO - stehen Sätze wie jener aus dem Jahr 2000 zum Geschäftsjahr 1999:
Fujifilm launched a variety of new products, systems, and services and endeavored to further develop its dynamic marketing operations and reinforce its service network both in Japan and overseas. As a result, the Company was able to steadily strengthen its performance...
Fujifilm brachte eine Vielzahl neuer Produkte, Systeme und Dienstleistungen auf den Markt und bemühte sich, seine dynamischen Marketing-Aktivitäten weiterzuentwickeln und sein Service-Netz sowohl in Japan als auch in Übersee zu stärken. Infolgedessen konnte das Unternehmen seine Leistung stetig verbessern.
So hatte sich Fujifilm bereits in den 1990er Jahren vermehrt auf die Produktion von Folien zur Herstellung von Flachbildschirmen spezialisiert. Fujifilm hat somit die Technisierung und Digitalisierung nicht nur erkannt, sondern sogar früh mitgestaltet - lange vor dem neuen und gefeierten CEO Shigetaka Komori. Z.B. schrieb man zum Jahr 1999:
Moreover, Fujifilm has, over many years, developed a broad array of technologies, including technologies for precision thin-layer coatings, highly functional materials, and precision optics. The Company is using these technologies to develop diverse new products, systems, and services for the industrial field. Among these new offerings are numerous products that are the only products of their type in the world. These products are far more advanced than those of other companies, such as WV FILM and other materials with applications related to liquid crystal displays (LCDs) and a variety of high-density data storage media. These new products have won extremely high evaluations in their respective markets, and their sales are continuing to grow rapidly.
Darüber hinaus hatte Fujifilm bereits über viele Jahre eine breite Palette von Technologien entwickelt, darunter Technologien für Präzisions-Dünnschichtbeschichtungen, hochfunktionelle Materialien und Präzisionsoptiken. Das Unternehmen nutzt diese Technologien, um verschiedene neue Produkte, Systeme und Dienstleistungen für den industriellen Bereich zu entwickeln. Unter diesen neuen Angeboten befinden sich zahlreiche Produkte, die weltweit die einzigen ihrer Art sind. Diese Produkte sind weitaus fortschrittlicher als die anderer Unternehmen, wie z.B. WV-FILM und andere Materialien für Anwendungen im Zusammenhang mit Flüssigkristallanzeigen (LCDs), und eine Vielzahl von Datenspeichermedien mit hoher Dichte. Diese neuen Produkte haben in ihren jeweiligen Märkten bereits extrem hohe Bewertungen erhalten und ihr Umsatz wächst weiterhin schnell.
Bereits 1962 gründete man mit Rank Xerox die Firma Fuji-Xerox, die so erfolgreich war, dass man ständig weitere Anteile erwarb und sie im Jahr 2000 bilanztechnisch in den Fuji-Konzern integrierte. Diese gerne bei der Legendenbildung unterschlagene Tochterfirma führte maßgeblich zum dann bilanztechnisch ausgewiesenen Umsatzsprung vom Jahr 2000 mit 1.440 Mrd. Yen zu dann 2.401 Mrd. Yen im Jahr 2001 (plus 1.000 Mrd. Yen). So vorausschauend waren die früheren Geschäftsführer von Fujifilm bereits Jahrzehnte vorher gewesen, indem sie den Konzern weit diversifizierten.
Gerne rühmt sich der langjährige CEO Shigetaka Komori, dass er und seine Manager alles vorausgesehen haben. Als er jedoch 2004 CEO war, ließ er im Jahresbricht zu Imaging (S. 12) drucken:
Fujifilm is moving ahead with measures to further expand the scope of silver-halide photography, which makes it easy to obtain high-quality prints.
Fujifilm treibt Maßnahmen voran, um den Umfang der Silberhalogenid-Fotografie weiter auszubauen [das sind Analog-Filme], wodurch es einfach wird, qualitativ hochwertige Drucke zu erhalten.
Dann folgen die Namen neuer Analogfilme, die man herausgebracht hat.
Das ist alles in Ordnung und absolut zeitgemäß. Aber es ist nicht die 10 Jahre später behauptete weite Voraussicht.
Ganz im Gegenteil belegen die Aussagen im ersten Geschäftsbericht des neuen CEO, dass man digitale Kameras und deren Produkte bis hin zum analog-digitalen Ausbelichten als Ergänzung zu analogen Produkten sah. Das soll kein Vorwurf sein, denn das sahen damals noch sehr viele Analytiker so. Der technische Hintergrund lag vor allem in der damals noch eher geringen digitalen Bildqualität im Vergleich zur Analogfotografie.
Es belegt jedoch, dass der neue CEO zu seinem Start auch ein (analoges) Kind seiner Zeit war und kein Visionär á la Steve Jobs, Elon Musk etc. Er war im analogen Fuji-Konzern über 4 Jahrzehnte aufgezogen und assimiliert worden.
Bei dieser neuen / Teillegende der angeblichen Bedeutung der analogen Filme wird maßlos übertrieben. So schrieb man im Integrated Report 2020 auf Seite 4 direkt unter dem farbigen Foto eines analogen Farbfilmes folgendes:
In 2000, at the peak of global demand for photographic film, the photography business, which manufactured photographic film and photographic printing paper and other related products, accounted for roughly 60% of Fujifilm's sales and generated around two-thirds of operating income.
Im Jahr 2000, auf dem Höhepunkt der weltweiten Nachfrage nach Fotofilmen, machte das Fotobusiness, das Fotofilme, Fotodruckpapier und andere verwandte Produkte herstellte, rund 60% des Umsatzes von Fujifilm aus und erzielte rund zwei Drittel des Betriebsergebnisses.
Also drei Mal der unmissverständliche Hinweis Farb-Foto-Film
.
Die Überprüfung und Widerlegung der Aussagen zum Jahr 2000 gestalten sich etwas schwieriger, da man 2001 umstrukturierte. Bis März 2001 umfasste Imaging Systems: The Imaging Systems segment includes businesses related to photographic materials, motion picture films, digital cameras, and videotapes.
- alle Filme für Foto und Kino und Röntgen etc. alle analogen und digitalen Kameras, sowie Video-Bänder aller Art. Keinesfalls handelte es sich somit nur um die analogen Farbfilme. Jene spätere Behauptung ist rundum unzutreffend.
Und selbst dieser große Bereich umfasste offiziell nur 33,1% des Umsatzes des Konzernes im Jahr 2000. Exakt sind es laut meiner Recherchen und Nachrechnungen: 477,429 Mrd. Yen Umsatz (34,5% des Konzernumsatzes) und 41,015 Mrd. Yen operativer Gewinn (=27,4% des Konzerngewinnes) im Jahr 2000 (bis Ende März 2001) gewesen.
Nach längeren Analysen kam ich auch darauf, wie man diese Untervariante der alten Legende / diese neue Farb-Film-Legende falsch zusammenzählte: Man hat vermutlich einfach die beiden großen Bereiche aus dem Jahr 2000 Imaging Systems und Photofinishing System zusammengezählt, ohne Berücksichtigung aller Umstrukturierungen und internen Veränderungen. Dann kommt man offiziell auf rund 58% Umsatz (ich errechne 60,6%) und von mir errechnet 45,4% des Konzern-Gewinnes.
Nochmals: Das geht so natürlich nicht, weil das ja nicht die immer wieder behaupteten Farbfilme sind. Da stecken viel mehr Produkte dahinter. Viele davon respektive deren Nachfolgeprodukte existieren noch heute. So einfach darf man sich das nicht machen bei angeblichen Vergleichen. Aber selbst, wenn man alles falsch macht und zwei komplette Bereiche mit Farbfilmen gleichsetzt, kommt man nicht auf die angeblichen 2/3 des Konzerngewinnes, sondern auf weniger als die Hälfte.
Letztlich hat man bei der Wahl des Jahrs 2000 Vorsatz zu unterstellen. Denn damals wurde die Tochterfirma Xerox noch nicht bilanziert. D.h. es fehlten schlappe 1.000 Mrd. Yen Umsatz und riesige Gewinne. Mit diesen - korrekt rückwirkend im Vergleich bilanziert - Werten, sähe das Ergebnis kaum anders aus als für das Jahr 2003. Jene Legenden habe ich oben aber bereits in allen Punkten widerlegt.
Fakt ist, dass Fujifilm sich kategorisch weigert, konkrete Zahlen zu den analogen Filmen zu publizieren. D.h. Fujifilm kann primär alles behaupten. Aber ohne jeglichen Beweis.
Fujifilm hat im Integrated Report 2017 auf Seite 4 eine Grafik dazu publiziert. Es soll sich um die Farb-Filme für den ganzen Weltbedarf handeln. Aber es wird nicht gesagt, ob es Yen Umsatz oder Filmrollen etc. sind. Es wird noch nicht einmal gesagt, ob es sich um Fujis Anteil daran handelt oder wirklich den gesamten Weltbedarf, der von allen Firmen damals gedeckt wurde. Ferner hat man - wie immer trickreich - einen Prozentverlauf verwendet, der zudem die Spitze als 100% von Fujis Finanzjahr 2000 annimmt. Bereits deshalb vermute ich, dass es sich nur um die von Fujifilm für den Weltmarkt produzierten Filmrollen handelt - also nur dessen Anteil am Weltmarkt.
Wenn man also alle Einschränkungen berücksichtigt: nur Farbfilme, nur Fuji, Umsatz oder Produktionszahlen, nur dessen Anteil daran und dann noch Prozentzahlen, erhält man folgende schwache Aussagen:
Fujis Spitzenwert (unklar ob Umsatz oder Anzahl an Filmrollen) lag im Geschäftsjahr 2000 (April 2000 - März 2001).
Aber im Geschäftsjahr 1993 lag der Wert bei ca. 70% und im Geschäftsjahr 2005 lag er immer noch bei ca. 70%. D.h. es lag eine Kappenbildung über 12 Jahre vor. Also eine langsame Sättigungskurve war bereits in den 1990er Jahren jedem ökonomischen Analytiker (auch im eigenen Konzern) erkennbar.
Aus urheberrechtlichen Gründen darf ich die Grafik nicht verwenden. Aber Sie können Sie ja selbst nachschlagen (Grafik Seite 4).
Erst danach - also zwischen 2006 und 2011 - ging es (laut Fujifilms früheren Quellen - mit den analogen Farbfilmen steil auf unter 10% zurück.
Halt, Stopp: Das waren nur die analogen Farbfilme. Alles andere, was man im Bereich analoges Imaging produzierte, konnte man weiterhin verkaufen. Vor allem im Bereich Ausbelichtung - viele Chemikalien, Fotopapier, Vorort-Schnellentwickler etc. - feierte man sogar bis Ende der 2010er-Jahre jährliche Rekorde. D.h. diese anderen analogen Bereiche gingen nicht zurück, oder nicht in dem Maße. Fujifilm räumte es immer wieder selbst bei seiner Beschreibung des Imaging-Bereiches ein:
A wide range of technologies and know-how related to images cultivated in photographic film development
.
Eine breite Palette an Technologien und Know-how rund um Bilder, die in der fotografischen Filmentwicklung kultiviert wurden.
Nun, ja, wenn man den gesamten Imaging-Bereich damit meint, dann kommt das in etwa hin. - Nun gut. Fujifilm selbst behauptete im Annual Report 2016 auf Seite 4, dass es nur 54% des Umsatzes waren. Aber wir wissen ja, dass Fujifilm mit den Jahren immer deutlicher aufrundete. Also sind es bei Fujifilm 2020 60% geworden.- Aber beide Zahlen sind nachweislich für analoge Farbfilme falsch.
Hinzu kommt, dass es 2000 nur zwei ausgewiesene Bereiche im Konzern gab (Information und Imaging), unter die man alle Produkte gliederte: Ein bunter Strauß, der oft nicht unter das jeweilige Dach passte. Letzteres ist immer so in expandierenden Konzernen. Aber irgendwann trennt man die Bereiche auf und strukturiert die Inhalte (= Unterbereiche) um. Und dann muss man die Einzelteile bei historischen Vergleichen auch korrekt zurückrechnen. Das machen viele Konzerne auch korrekt - nicht jedoch Fujifilm.
Dennoch machten die Farbfilme bereits 2000 nur einen kleinen Teil des analogen Imagings aus. Da war noch die riesige Gruppe der trickreich zusammengefassten other related products / andere verwandte Produkte
, die Umsatz und Gewinn erzielten.
Auch sonst gibt Fujifilm an: Imaging Solutions: Providing photo-related products and services ranging from photo-taking to printing
.
Lösungen rund um das Bild
- Exakt so umfassend lautet die Übersetzung des Bereichsnamens: Bereitstellung von bildbezogenen Produkten und Dienstleistungen, die von der Aufnahme bis zum Drucken / Ausbelichten reichen
.
Das ist wohl etwas mehr als nur analoge Farbfilme.
Daneben gab es im Jahr 2000 bereits die erfolgreichen eigenen digitalen Kameras im digitalen Imaging, das damals noch nicht explizit ausgegliedert war. D.h. auch die sehr erfolgreichen Digitalkameras (mit Millionenstückzahlen) liefen damals bilanztechnisch unter den verwandten
Analogprodukten des Imaging.
Das war ein weiterer Beweis dafür, dass Fujifilm generell und mit allen Mitteln bei der Legendenbildung trickst.
Im Annual Report 2008 für das Geschäftsjahr 2007 schrieb Fujifilm explizit auf Seite 29:
However, the growth in sales of digital cameras and camera phones is steadily driving up the volume of digital photo prints. Under these circumstances, Fujifilm has maintained robust sales in the color paper field, supported by an increased market share in principal countries, expanded 'Print at Retail' services and sales promotion for 'photo book' and other high-value-added printing services. ... Meanwhile, the online photo service market boasts significant growth potential.
Allerdings führten die gestiegenen Verkaufszahlen bei Digitalkameras und Mobiltelefonen mit Kamera zu einer stetigen Steigerung der Anzahl digitaler Fotodrucke. Unter diesen Umständen hat Fujifilm einen robusten Umsatz im Bereich Farbpapier erzielt, der durch einen erhöhten Marktanteil in den wichtigsten Ländern, erweiterte Dienstleistungen im Bereich 'beim Fotohändler ausdrucken' und Verkaufsförderung für Fotobücher und andere Druckdienste mit hohem Mehrwert unterstützt wurde. ... Inzwischen bietet der Druck über das Internet [gemeint sind all die Online-Ausbelichter in Drogerieketten wie CeWe etc.] signifikante Wachstumschancen.
Fujifilm räumt also selbst ein, dass die analogen Filme litten, aber andere große und wichtige Teilbereiche des sogenannten analogen Imaging (wie die Ausdrucke) sogar profitierten. - So widerlegt Fuji selbst mit eigenen früheren offiziellen Verlautbarungen die neuzeitliche Legendenbildung. Aber wer - außer mir - liest schon ältere Geschäftsberichte?
Ferner werden in den Geschäftsberichten der ersten Dekade nach der Jahrtausendwende immer wieder die steigenden Rohstoff- insbesondere Silberpreise als die Kosten treibenden Faktoren angeführt. Silber wird als ein Rohstoff für Filme etc. verwendet. Hätte man nach 2000 keine Filme mehr produziert, dann hätte man auch keine teuren Rohstoffe dafür einkaufen müssen. Und wenn die Anzahl der Filme gering gewesen wäre (z.B. die immer wieder behauptete Zahl von nur noch 1%), dann hätte kein Mensch das dann auch winzige Rohstoff-Problem im Geschäftsbericht ausführlich erwähnt.
Ein weiterer Grund für den Niedergang des Imaging lag in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts in der Abwertung des US-Dollars und der gleichzeitigen Aufwertung des japanischen Yen. D.h. die Stückzahlen gingen nicht so zurück wie der Umsatz und Gewinn in Yen. Das sind jedoch generelle Währungsrisiken - vor allem weil der Imaging-Bereich sich zunehmend auf exakt jenen ausländischen Währungsraum konzentriert hatte.
Fazit: Es ist sicherlich unangenehm, ein wichtiges Produkt wie die analogen Filme langsam zu verlieren. Aber Fakt ist, dass dies bereits im Jahr 2000 bei weitem nicht das einzige Produkt des analogen Imaging-Bereiches war, und schon gar nicht des ganzen Fuji-Konzerns.
Der immer wieder verwendete Slogan a second Foundation
eine zweite Firmengründung, war somit deutlich übertrieben. Es handelte sich um einen Firmenumbau. Der CEO entließ zehntausende eigene Mitarbeiter in Konzernbereichen mit geringerem Umsatz und kaufte dafür neue Firmen im weiten Pharmazie- und Medizinbereich. Eine vergleichbare Diversifizierung haben viele andere Kamerahersteller auch durchgemacht - ohne eine derartige Legendenbildung.
Selbstredend unterliefen dem vorherigen Management um das Jahr 2000 auch Fehler. Gemeint sind damit das damalige Führungstriumvirat und später Führungsduo. Aber einer jener Mitentscheider war damals bereits der spätere CEO - Shigetaka Komori. - Korrekt gelesen: Der spätere CEO war bereits Jahre vorher in der Konzernführung tätig. Sie erkennen dies ganz leicht an den Fotos der Führungskräfte der Jahresberichte seit 1999.
Noch im Jahre 2000 baute man massiv die Produktionsstätten für Analogfilme aus: Regarding our product supply system, at Fuji Photo Film, Inc., a manufacturing subsidiary in South Carolina, we expanded facilities at our color film and color print paper production plant and built a new factory for producing medical X-ray films.
Der Grund für den sinnlosen Bau der Fabriken in den USA lag in einem jahrzehntelangen Streit um die regionale Marktmacht mit Kodak in den Vereinigten Staaten. Das begann spätestens mit dem großen Marketing-Coup der Firma Fuji als man Kodak das Haupt-Sponsoring der Olympischen Sommer-Spiele 1984 in Los Angeles wegschnappte. Allerdings gelang es damals Kodak mittels sogenanntem Ambush-Marketings, für weniger Geld als Programmsponsor der Übertragung der Olympischen Spiele auf dem wichtigen Fernsehsender ABC und als offizieller Filmpartner des amerikanischen Leichtathletik-Teams ein größeres Aufsehen auf dem Heimatmarkt zu erregen.
Die ganze Angelegenheit wurde danach ziemlich unsachlich und persönlich ausgetragen: Zum Schluss prügelten sich zwei Blinde verbissen um ein sterbendes Pferd, dessen wahren Zustand sie nicht mehr erkannten.
Als zweite Fehleinschätzung sei die Digitalisierung angeführt. Noch im Jahresbericht 2001 (S. 2) sah man PC, das Internet und die ganze Digitalisierung inklusive Digitalkameras als sehr positiv sowie als Chance an:
IMAGING & INFORMATION: AN UNLIMITED CHALLENGE: The rapid advance of information technology (IT) is bringing major changes in the needs of customers and users. With image information now taken by digital cameras, edited on PCs, and relayed electronically through the Internet and via e-mail, there has been rapid expansion in the range of applications and functions demanded of such image information.
We regard these developments as an ideal business opportunity.Wir betrachten diese Entwicklungen als ideale Geschäftsmöglichkeit.
Fujifilm glaubte damals noch, dass es die Digitalisierung kontrollieren und mitgestalten könnte. An wirklich kreative, bahnbrechende und vor allem disruptive Erfindungen, welche die alten Hersteller verdrängen könnten, dachte man nicht, obwohl es bereits in den 1990er Jahren viele Mahner gab, welche sogar Bücher publizierten.
Ganz nebenbei erwähnt, hielt ich bereits 1998 einen Vortrag in einer deutschen Großbank über die Entwicklung der Mobiltelefone, wobei ich prognostizierte, dass wir bis spätestens 2020 Mobiltelefone mit großen, aufklappbaren Bildschirmen erhalten würden. Aber auch ich wurde damals als Utopist (offiziell höflich als weit vorausdenkender Stratege
) belächelt: Wer benötigt schon Mobiltelefone mit einem großen Bildschirm - und vor allem, wozu?
Fazit: Diese groteske (und aus meiner Sicht unnötige) Legendenbildung wirft allerdings einen erheblichen Schatten des Zweifels auch auf die tatsächlichen Leistungen des langjährigen CEOs Shigetaka Komori.
Man ging ab 2011 zu einer übertreibenden, reißerischen und unseriösen Bewerbung der Produkte über. Ein Stichwort ist hierbei das gefürchtete Fußnotenmarketing, bei welchem oben fett etwas angepriesen wird, das man unten kleingedruckt in der Fußnote drastisch einschränkt, bis es für die praktische Fotografie irrelevant wird. Siehe hierzu u.a. die 30 Bilder in der Sekunde der Technik X-T4. Diese lassen sich nur mit einem Crop-Faktor von 1,25 mit bestimmten schnellen, lichtstarken, teuren Objektiven und ohne saubere Autofokusnachführung verwenden. Wer will jedoch eine Statue oder ein Haus mit verringerter Auflösung mit 30 Bildern in der Sekunde fotografieren. Mit kontinuierlichem Autofokus liegt der Wert eher bei noch immer sehr guten ca. 12 Bildern in der Sekunde. Aber die Wahrheit reicht dem Marketing offensichtlich nicht.
Fuji besitzt ein sehr wirksames und aggressives Marketing, dem es in den letzten Jahren gelang, die eigenen Produkte gut bei Fotomedien und Kunden zu platzieren.
Allerdings geschah dies - wie zahlreiche Kritiker es sehen - u.a. auch mit fragwürdigen Mitteln, welche die Grenzen der guten Sitten im Fotobereich ausloten oder überschreiten.
U.a. wirbt das Marketing dreist mit der Qualität der eigenen APS-C-Kameras als ebenbürtig zu Vollformat-Kameras, was bereits physikalisch unmöglich ist, da der Sensor nur halb so groß ist und folglich auch nur halb so viel Licht erhält.
Ferner wird diese unzutreffende Behauptung durch die eigenen Techniker unterstützt, welche ziemlich konsequent die ISO-Zahl der Kameras - zugunsten der Firma - falsch einstellen. Siehe hierzu u.a. ISO-Betrug.
Überdies hat man sich eine in Foren und dem Internet tätige Schar an eingeschworenen Anhängern herangezogen, welche jede noch so sachliche Kritik mit übelster Polemik niederschlagen.
Hinzu kommen weltweit Influencer, welche teilweise unseriös mit Fakten umgehen und auf derart gehässige Art und Weise gegen alle Andersdenken oder vermeintlichen Gegner sowie Gegnerfirmen austeilen respektive auf sie einprügeln, dass dies in Deutschland bereits zu strafrechtlichen Schritten ausreichen würde. - Diese aggressive Marketing-Strategie wird sicherlich fortgesetzt und bei Bedarf sogar noch weiter verschärft. Somit geht Fuji - angesichts der wachsenden, teilweise völlig intoleranten und gläubigen Anhängerschaft - einer beeindruckenden Zukunft entgegen.
Vorab: Die meisten Fotografen, welche Kameras von Fujifilm verwenden, sind vernünftige und höfliche Menschen. Aber diese sind mit dem Kapitel auch nicht gemeint.
Influencer galten überall als notwendig und gelten dies bei vielen Firmen noch heute - auch, wenn erste Hersteller inzwischen die damit verbundenen Nachteile erkennen und sie als eher notwendiges Übel ansehen.
Waren früher die Fan-Boys von Pentax die fanatischsten Schreihälse, die weder vor Lügen, Beleidigungen, noch Bedrohungen und Erpressungen Halt machten, so haben die Influencer und Trolle von Fujifilm denen schon lange den Rang als aggressivste Pest des Internets abgelaufen.
Selbst als hartgesottener Internet-Nutzer erstaunten mich seit Jahren die Fujifilm-Influencer: Da werden jegliche mathematischen Grundkenntnisse und die gesamte Physik für die Fotografie geleugnet. Da wird die Existenz von Licht-Wellen verneint sowie die Existenz von subatomaren Teilchen wie Photonen und sogar Elektronen in Abrede gestellt. Da wird in einem unfassbaren Ausmaß wild behauptet, ohne dass man Belege beibringt. Oder es werden noch schlimmer angebliche Belege gefälscht.
Wäre dieses völlig unwissenschaftliche Vorgehen nicht schon schlimm genug, werden wildeste Falschaussagen über Mitbewerber verbreitet, technische Details anderer Kameras wissentlich falsch dargestellt, vorsätzlich übertrieben oder schlichtweg rundum zu Fremdprodukten gelogen.
Abgerundet wurde dies in den letzten Jahren durch eine abfällige, gehässige, ja nicht nur Firmen, sondern auch alle andersdenkenden (Fotografen) beleidigende Wortwahl, die selbst Anhänger von Fujifilm verhöhnt, wenn sie nicht hundert Prozent mit der neuen (oft völlig absurden) Meinung des Influencers übereinstimmen. Insgesamt mündete dies dann in einer Online-Hetze gegen jeden Fotografen, der nicht fanatischer Fuji-Anhänger ist, wobei man auch vor eindeutig illegalen Verleumdungen und schwerer Rufschädigung nicht zurückschreckte.
Um es klar zu sagen, nicht wenige sehen eine Mitverantwortung bei Fujifilm, die laut Aussagen zahlreicher Quellen mehrere dieser Influencer finanziell unterstützt haben oder es noch immer tun.
Und um es noch klarer zu formulieren: Von keinen Kunden eines anderen Kameraherstellers und zu keinen Produkten anderer Firmen erhalte ich derart viele Hilferufe der von Influencern getäuschter Kunden wie von Fujifilm. Das ist angesichts des geringen Marktanteiles erschreckend.
Fujifilm und deren Influencer müssen nun endlich Farbe bekennen und einräumen, dass es sich bei allen Kameramodellen im APS-C-Bereich um Liebhabermodelle für eine ganz enge fotografische Zielgruppe / Randgruppen handelt. Es handelt sich um Spezial- (Sucher-, Range-Finder) und Retrokameras, die für den edlen Look auch einige technische sowie ergonomische Einschränkungen mit sich bringen. So finde ich selbst die X-T4 nach einem weiteren Test im kalten Winter ein Randprodukt - eine interessante Kamera, mit der man schöne Fotos machen kann. Aber bei -10 Grad zeigen sich ganz schnell mit kalten Fingern die Grenzen des Metallgehäuses und der Einstellmöglichkeiten. Testen Sie das auf jeden Fall erst einmal aus, bevor Sie mehrere tausend Euro ausgeben. Deshalb muss man auch deutlich sagen, dass der Grund, warum Fujifilm nur bei maximal 5-10% Marktanteil liegt, darin begründet ist, dass diese Kameras für über 90% der Normalfotografen nicht ideal geeignet sind. Es hat seinen wissenschaftlich nachvollziehbaren Grund, warum über 90% der Fotografen Kameras von Canon, Sony und Nikon erwerben.
Das Fazit zum Thema Influencer ist jedoch auch für Fujifilm niederschmetternd: Zunehmend wird diese Firma und werden ihre Produkte mit jenen unseriösen Influencern in Verbindung gebracht. Zunehmend wird der Effekt der Brandrodung jener Influencer sichtbar, die von einem Produkt zum nächst neueren von Fujifilm ziehend nur verbrannte Erde hinterlassen: Viele enttäuschte getäuschte Käufer, die ihre Kameras und Objektive bald wieder auf den Gebrauchtmarkt werfen, und noch Jahre später miserabel über die gesammelten negativen Erfahrungen mit jenen Influencern, jener Firma und jenen Produkten erzählen. - Somit stehen den Spontanumsätzen jener Influencer Langzeitschäden gegenüber, die sich spätestens ab 2020 weltweit zeigten.
Zum Selbstschutz sollte sich Fujifilm nun endlich und eindeutig von jenen Influencern distanzieren. Aber das ist angesichts der gesamten Firmenpolitik des Konzerns kaum zu erwarten. Einen mäßigenden Einfluss kann man (oder will man?) offensichtlich nicht mehr ausüben, sodass eine Reparatur des Schadens unmöglich erscheint. So ist das nun einmal mit den Geistern, die man selbst rief.
Da viele der obigen ökonomischen und technischen Analysen abstrakt sind, will ich im Folgenden zahlreiche Probleme der Firma Fujifilm anhand des Kameramodelles X-T3 darlegen, das im Herbst 2018 herauskam.
Die Produktionskosten der X-T3 waren in Japan zu hoch geworden. Angesichts der sinkenden Preise bei Vollformat sah sich Fuji bereits 2018 gezwungen, seine Produktion für die X-T3 nach China auszulagern, um das Modell deutlich preiswerter anbieten zu können. Der alte Preis des Vorgängermodells war am Markt (insbesondere für APS-C) nicht mehr erzielbar. Das Auslagern wurde inoffiziell auch damit begründet, dass es sich bei der X-T3 nicht mehr um das Spitzenmodell handelt. Das war die X-H1.
Meines Erachtens war die x-T3 die erste Fotokamera, die ernstzunehmend zu den Mitbewerbern aufschloss, weil sie rundum sinnvolle Funktionen in guter Qualität zeigte. Vor allem zielte Fujifilm damit auf die Berufs- / Sportfotografen, die man als Zielgruppe nicht nur wünschte, sondern zum Überleben benötigt. Deshalb waren die Verkaufszahlen am Anfang auch gut, jedoch nicht überwältigend. Das schrieb sogar Fujifilm im Geschäftsbericht am 8. Mai 2019: In the electronic imaging business, the sales of FUJIFILM X-T3 and FUJIFILMX-T30, launched in March 2019, contributed to the revenue.
- 'Trugen zum (Brutto-) Umsatz bei' klingt wirklich schwach - vor allem, wenn man den direkt anschließenden Satz zur neuen Mittelformatkamera bedenkt: FUJIFILM GFX 50R, launched in November 2018, showed strong sales ...
Sofern man starken Absatz hat, erwähnte man dies auch. Folglich ist bei derartigen Verlautbarungen oft das Verschwiegene sehr aufschlussreich.
Aber bald brachen die Verkaufszahlen der X-T3 weg, während Fujifilm die Produktion dennoch auf hohem Niveau weiterlaufen ließ. Hier zeigte sich die Marktferne der Zentrale, welche entweder keine Rückmeldungen über reale Verkaufszahlen erhielt, oder diese Zahlen missachtete, weil die Meinungsblase der eigenen Influencer ständig weiter Falschmeldungen herausbrachte. Das reichte bis hin zu vorsätzlichen Lügen, dass diese Kamera weiterhin der Verkaufsschlager schlechthin wäre.
Im Geschäftsbericht über das Jahr 2019 schrieb Fujifilm explizit: a sales decrease in the photo imaging business, optical device and electronic imaging business ...
- Verkaufsrückgänge nicht nur beim analogen Imaging-Bereich, sondern insbesondere bei den Digitalkameras. Und nochmals ganz deutlich: In addition, sales of consumer products such as the instax series of instant photo system and the X series of mirrorless digital cameras were affected by the decrease in the number of customers at retail stores and the closure of stores.
Die X-Kameras werden im Geschäftsbericht extra bei den Rückgängen genannt. Vielleicht hören jetzt endlich einmal die Lügen der bezahlten deutschen Influencer auf, dass die Verkäufe 2019 bei Fujis APS-C-Kameras noch hoch lagen oder sogar zugenommen hätten.
Wie immer wurde die Kamera von den dafür bezahlten Fuji-Influencern mit völlig unzutreffenden Aussagen kritiklos in den Himmel gelobt. D.h. viele Interessenten fielen auf Falschaussagen herein. Als sich nach ein paar Monaten (spätestens Anfang 2019) die niederschmetternden Fakten nicht mehr vertuschen ließen, waren dann doch sehr viele Fotografen massiv enttäuscht. Dass z.B. der verbesserte Autofokus der X-T3 in der Fotopraxis oft schwächelte (wie übrigens auch der nochmals verbesserte Autofokus der X-T4) und noch immer hinter der mehrere Jahre älteren Nikon D500 hinterherhinkte, war nicht mehr zu leugnen und erstaunte.
Im Vergleich mit den Mitbewerbern war der Preis der X-T3 sowohl in den USA als auch in Europa im APS-C-Bereich mit 1.500 US$/Euro sehr hoch.
Wenige Monate darauf kam das Modell X-T30 heraus, das fast dieselben Eigenschaften / Leistungen bot, aber signifikant preiswerter war. Dies verärgerte nicht nur viele X-T3-Besitzer, die zu viel Geld ausgegeben hatten, sondern ließ einen erheblichen Teil des gesamten Käuferpotentials danach zum preiswerteren Modell greifen.
Ferner erstaunte das Fehlen des IBIS, das man in dem bereits ein Jahr vorher herausgebrachten Modell X-H1 angeboten hatte. Alle Lügen der Influencer, dass angeblich niemand einen Verwacklungsschutz (IBIS) benötige, zeigten keine Wirkung, da wie Fujifilm in der X-H1 nun auch alle Mitbewerber das anboten und vor allem Fotofachzeitschriften Ende 2019 dazu übergegangen waren, das Fehlen eines kamerainternen Verwacklungsschutzes zukünftig bei Bewertungen zu bestrafen. Ferner konnte diese Lügenkampagne nicht greifen, da die Mehrheit der Fujifilm-Kunden älter ist und wie die alten Kunden der anderen Kamerahersteller ebenfalls an der zunehmenden Senioren-Oszillation leidet.
Hinzu kam nach dem durch Sony veranstalteten jahrelangen Preisdumping der Vollformatkameras Anfang 2019 ein von Canon inszenierter Preiskrieg, der letztendlich dazu führte, dass die Canon RP als Vollformatkamera an Weihnachten bereits für unter 1.000 US$ und kurz darauf für unter 900 angeboten wurde. Gleichgültig, welche Einwände technischer Art man anbringen will. Diesen Preiskrieg konnte Fujifilm nicht gewinnen. Kaum jemand gibt fast das doppelte für eine APS-C-Kamera aus, wenn er für knapp den halben Preis eine Vollformat-Kamera erhalten kann.
Im Prinzip war der Preiskrieg bei Vollformat jedoch nur ein weiterer - von Fuji nicht einkalkulierter - Aspekt der inzwischen gestoppten Abwanderungspolitik der früher frustrierten Fotografen von Canon und vor allem Nikon. Aber seit Ende 2018 wanderte kaum jemand mehr zu Fujifilm. D.h. die ständige Überproduktion der Fujifilm-Kameras fand keine neuen Käufer / Wechselkunden mehr.
Zudem versagte 2019 erstmals der bisher hochgelobte Service bei Fujifilm komplett. Während man früher die Strategie des Kaizen vertrat und ständig mit kostenloser Software oder z.T. auch Hardware-Teilen die Modelle nachbesserte, glich sich Fuji auch beim Service nach unten an die Konkurrenz an. Seit 2019 kamen kaum mehr signifikante Software- / Firmware-Updates für ältere Kameras heraus. Die Kunden sollten - wie bei den Konkurrenten - eine neue Kamera für neue Funktionen erwerben. D.h. die X-T3 wurde nicht mehr weiter verbessert. Dazu gleich mehr.
Dann warf Fujifilm in der üblichen Routine von maximal eineinhalb Jahren den Nachfolger auf den Markt, der vorher schon monatelang in Rumor / Gerüchte-Kanälen besprochen wurde. D.h. die alte
X-T3 sank bereits vorab weiter im Käuferinteresse. Dies galt umso mehr, als die X-T4 plötzlich für nur etwas mehr Geld alles das bot, was angeblich niemand brauchte, wie z.B. Verwacklungsschutz.
Jetzt kam aber der Hammer: Da Fujifilm sich mit der Produktion völlig übernommen hatte, waren die Lager mit X-T3 weltweit voll. Ganz offiziell musste man bekanntgeben, dass die alte X-T3 deshalb auf viele Jahre hinaus als Parallelmodell zur neuen X-T4 weiterhin verkauft werden soll / eigentlich muss. Das verstand kein Kunde, denn der alte Preis des Auslaufmodelles wurde weiterhin hoch gehalten.
Als dieses Vorgehen Fujifilms mangels Nachfrage 2020 scheiterte, lieferte man plötzlich und nur für diese Kamera ein Firmware-Update nach, das fast alle rein technischen Leistungen der X-T4 auch für die X-T3 anbot. - Damit verärgerte man jedoch manche Kunden, welche ihre alte X-T3 unter Wertverlust bereits verkauft hatten, und dann für einen (zum geringen Gebrauchterlös) erheblichen Aufpreis zur X-T4 aufgestiegen waren.
Aber noch mehr verärgerte man die neuen Käufer der per Software aufgefrischten X-T3, als sich herausstellte, dass diese Leistungen fast nur mit sündhaft teuren, wenigen neuen Objektiven zu erzielen waren. D.h. die meisten alten Objektive bremsten diese Kameras (X-T3 und X-T4) gnadenlos aus. Den Gipfel leisteten sich dann manche Fuji-Influencer, die jene (zum Teil von ihnen selbst vorher) getäuschten Kunden nachträglich sogar noch verhöhnten, dass sie diese komplexen technischen Zusammenhänge zwischen Elektronik und Mechanik nicht vor dem Kauf selbst begriffen hätten.
Nun rächte sich auch die jahrelange Vernachlässigung der Objektive im APS-Bereich durch Fujifilm, deren Entwicklungsabteilung sich auf das Mittelformat konzentrieren musste. Folglich bot Fujifilm offensichtlich erstmals einem Dritthersteller Tokina eine Lizenz für X-Objektive an. - Dennoch konnte man bis heute das weitgehende Fehlen lichtstarker Teleobjektive für die Berufs- / Sport-Fotografen nicht beheben. Darüber dürfen einzelne Objektive wie das sündhaft teure XF200 mm F2 nicht hinwegtäuschen.
Durch das aus Managementsicht unerklärbare Vorgehen schädigte man sich sowohl die X-T3 als auch die X-T4. Beide Modelle werden jedoch noch mehr leiden, falls Fujifilm bei dem Erneuerungszyklus bleibt und im Herbst 2021 tatsächlich bereits den Nachfolger X-T5 herausbringt. Das muss man wohl, denn die schwache Gesichtserkennung und Augenerkennung sowie die fehlende Tieraugen-Erkennung (vor allem bei Vögeln) muss behoben werden, will man mit den bei künstlicher Intelligenz weit davongeeilten Konkurrenten mithalten. Und das gesamte Autofokussystem bedarf dringend einer gravierenden Verbesserung, um auch nur zur davongeeilten Konkurrenz aufzuschließen. - Nachtrag: Fujifilm beschloss im Frühjahr 2021 für das laufende Jahr keine neue X-T5 herauszubringen. Die X-T5 kam (auch durch pandemiebedingte Verzögerungen), erst Ende 2022 heraus.
Um es zusammenzufassen: Während die meisten Analysten stur auf das Pandemiejahr 2020 schauten und die Probleme dort suchten sowie als vorübergehend bezeichneten, sah ich das strukturelle Grundproblem bereits 2019 deutlich in Erscheinung treten. Die Mitbewerber im Bereich spiegellose Vollformatkameras hatten Fujifilms APS-C-Klasse auf fast allen relevanten Gebieten eingeholt sowie überholt - und unterboten sie auch noch im Preis.
Kommen wir nun zum Märchen, dass Fujifilm spätestens seit 2010 seine Gewinne vorwiegend aus dem Bereich digitale Kameras erzielt, während der gesamte analoge Bereich sowieso schon vorher ausgestorben war.
Wenn Sie als seriöser Fotograf die Instax-Kamera nicht kennen, so ist dies keine Schande.
Die Geschichte der Instax reicht weit in die analoge Zeit der Sofortbildkameras zurück, als Polaroid so etwas kurz nach dem zweiten Weltkrieg entwickelte. Das war schon damals eine absolute Nischenkamera. Spätestens 1986, als Kodak nach Gerichtsentscheid die Produktion seiner Sofortbildkameras einstellen musste, war das Interesse daran sehr gering, weil Polaroid sein Marktmonopol mit völlig überhöhten Preisen missbrauchte. Aber Fujifilm hatte bereits seit mindestens den 1980er Jahren dafür Filme hergestellt. Angeblich will es auch 1981 eine eigene Sofortbild-Kamerahergestellt haben.
1998 griff Fujifilm das Projekt wieder auf und lizenzierte es aus Angst vor dem gerichtsbekannten Streithansel Polaroid von dieser Firma. Die ersten zusammen mit Polaroid erzeugten Produkte, die ab 1998/9 auf den US-Markt kamen, waren kaum modernisierte Remakes der Polaroid Sofortbildkamera der 1970er Jahre und weltweit erwartungsgemäß ein Flop. Sie wurden folglich von Fujifilm typisch wieder eingestellt. In Japan hielt sich das Interesse daran jedoch auf geringem Niveau. - Japan hatte sich spätestens seit den 1980er Jahren zu einem Trendsetter für ziemlich schräge Modezyklen herauskristallisiert.
Als sich Polaroid zurückzog und 2008 alle Patente Polaroids (Englisch) definitiv ausliefen, konnte Fujifilm die Kamera und die Filme so weiterentwickeln, wie man dies wollte. Es entstand eine noch mehr in die Nische platzierte Retro-Kamera für Jugendliche. Auch hier ging es Fujifilm nicht um die Kamera, sondern um die damit teuer zu verkaufenden Filme und Sonder-Dienstleistungen.
Die Fotogrößen der Sofortbilder liegen zwischen 62*46 mm und 99*62 mm. Daneben gab es seit 2017 ein quadratisches Format mit 62*62 mm. Hinzu kam 2024 eine Instax Wide mit größerem Bild (62 * 99 mm). Das sind alles winzige bis (2024: wide) kleine Fotoformate (mit zusätzlichem weißem Rand um das eigentliche Bild) weit unterhalb der in Deutschland beliebten Standard-Formate 10*15 cm. Es finden sich dazu Schwarz-Weiß- und Farbfilme.
Hinzu kam die damals weltweit langsam einsetzende Retro-Welle, sodass die fast jährlich weiterentwickelten Analog-Sofortbildkameras plötzlich ein weltweiter Trend wurden. Ab 2017 digitalisierte man einige Elemente der Kamera.
Etwa Mitte der 2010er-Jahre explodierte die Nachfrage geradezu, und Fujifilm konnte jahrelang mit diesen eigentlich alten Kameras riesige Umsätze und Gewinne erwirtschaften, die alle Defizite der anderen Teilbereiche des Imaging mehr als ausglichen.
Allein im Geschäftsjahr 2016 lieferte man 6,6 Mio. 2017 verkaufte man davon 7,7 Mio. Stück. Im folgenden Geschäftsjahr 2018 waren es bereits 10,02 Mio. Stück. Das waren mehr als jemals zu den analogen Zeiten der Fotografie. Insgesamt will Fujifilm bis Sommer 2020 laut ihrem hochglanz-Geschäftsbericht (Integrated Report, S. 7) über 50 Mio. Instax-Kameras verkauft haben. So viel zum Marketing-Mantra: Alle Menschen wollen bessere Digitalkameras. Gleichzeitig belegt es die Flexibilität und Kundenorientierung der Firma Fujifilm.
Aber die Euphorie wurde bereits 2019 gedämpft, als man in den USA aufgrund viel zu großer Lagerbestände durch die Überproduktion erhebliche Abschreibungen durchführen musste. Auf dem US-Markt war bereits ein Jahr vor der Pandemie zumindest das Wachstum bei diesen Sofortbildkameras gedeckelt.
Nochmals langsam: Diese zu tiefst analoge Technologie brachte - selbst für Fujifilm unerwartet - die Umsätze und Gewinne zu einer Zeit, als Fujifilm mit seinem digitalen Imaging-Bereich keineswegs erfolgreich war, sondern jährlich Rückgänge von über 2 Mio. verkaufter Kompaktkameras hinnehmen musste.
Bevor Sie nun in wilder Hektik sich für bis zu 200 Euro so eine Instax-Kamera mit ein paar analogen Filmen zulegen, beachten Sie bitte folgendes: Persönlich halte ich dies für einen Party-Gag für Jugendliche und Kinder, die sowieso schon alles besitzen. Unergonomisches Billig-Plastik-Layout und kitschige Farben zeigen die Zielgruppe auf den ersten Blick an.
Anspruchsvolle Fotografen werden von der Bildqualität enttäuscht werden, da die Auflösung und die Bildschärfe (trotz des kleinen Bildformates) unterdurchschnittlich gering sind und die Farben alle verschoben. Hinzu kommen bei einigen (vor allem neueren digitalen) Modellen sogar Fokussierprobleme hinzu. Abgerundet wird es schließlich durch eine offensichtlich unerwartet hohe Serienstreuung, welche die weit auseinanderliegenden Testergebnisse und Rezensionen erklärt. Bei fast allen ernsthaften Fotografen landet die Kamera nach einer Anwendung meist in der Schublade, wo der Film sich durch Alterung weiter verschlechtert.
Dass Jugendliche dieses Produkt so hypen, zeigt, dass die meisten keinerlei Ansprüche an die Bildqualität stellen. Das ist ein netter Party-Gag. - Folglich sehe ich diese Spaß-Retro-Welle auch langsam auslaufen. Das wird Fujifilm spätestens 2025 auch bemerken.
Fazit: Ein Gespür für einen aufkommenden Trend in Japan hat man sehr früh erkannt. Aber der Rest war eher eine Mischung aus Zufall, Stolpersteinen, Geduld und Glück - keine Strategie. Fujifilm hat den Retro-Trend weder erfunden noch selbst gefördert. Man nahm die allgemein sich offerierende Welle aufgrund des breiten eigenen Produktangebotes einfach mit.
Verschiffung Instax-Kameras seit 2008.
Die Zahlen 1998 bis 2001 sowie 2004-2007 wurden geschätzt anhand der übrigen Werte und der publizierten Gesamtzahl an produzierten Geräten. Ich habe sie mit den aufgrund der bekannten Zahlen erwartbaren Zwischenwerte angesetzt, weil die Kamera-Modelle vor 2008 nur in Japan und insgesamt einen sehr geringen Erfolg verzeichneten. Die realen Zahlen mögen in jenen einzelnen Jahren etwas höher gelegen haben. Aber dann wäre der Absturz 2019 noch drastischer ausgefallen.
Die Zahlen 2009 bis 2013 wurden aus einer von Fuji publizierten Grafik errechnet. Die Zahlen 2014 bis 2018 wurden von Fujifilm offiziell in Jahresberichten etc. publiziert, aber wie immer grob von der Firma gerundet.
Die signifikant niedrigere Zahl für 2019 ergibt sich aus den anderen Zahlen und der publizierten Gesamtzahl an produzierten Geräten. Sie ist hier von mir definitiv zu hoch angesetzt. Da Fujifilm nichts mehr darüber berichtet, sind die Verschiffung und der Verkauf bereits 2019 weggebrochen. Man kann sich pauschal bei Fujifilm merken: Wenn der Konzern Zahlen verschweigt, dann sind sie wirklich schlecht.
Für das Geschäftsjahr 2020 (bis Ende März 2021) rechne ich aufgrund der Pandemie und Weltwirtschaftskrise mit einem weiteren drastischen Rückgang der Zahlen für die Verschiffung / Verkäufe bei Instax-Kameras. Sie waren 2021 dann auch derart schlecht, dass Fujifilm nichts mehr publizierte.
Gleichgültig, was Fujifilm selbst in seinen Geschäftsberichten (z.B. 2012) schrieb, oder die bezahlten Influencer behaupteten, Fujifilm gelang es bis heute nicht, einen Fuß bei den Berufsfotografen in die Tür zu bekommen.
Da hörte man in der japanischen Zentrale zu sehr auf die selbst mit viel Geld erzeugte (Fehl-)Informationsblase, der jeglicher Bezug zur Realität fehlte. Vor allem Fuji-Influencer verbreiteten in ihren Kanälen und in Foren seit Jahren mit tiefster Inbrunst (zum Teil mit gefälschten Zahlen), dass angeblich fast alle (Berufs-)Fotografen aus Gewichtsgründen zu leichteren APS-C-Kameras von Fuji gewechselt wären.
Im Sommer 2020 wurde eine Studie von Suite 48 Analytics publiziert (2. Quelle), welche dieses Gerede und einige subjektive Eindrücke zurechtrückte. Dazu wurden 881 Berufsfotografen aus den USA und Europa befragt. Das ist eine sehr große Anzahl Befragter.
83% der Berufsfotografen nutzten Vollformat-Kameras (53% DSLR und 30% spiegellose Systeme). 10% nutzten Mittelformat-Kameras. - Nur 5% benutzten APS-C-Kameras (3% spiegellose und 2% mit Spiegel). - Fakten
Keineswegs entfallen alle 3% der APS-C-Kameras bei Berufsfotografen im Übrigen auf Fujifilm. Da gab es nämlich noch Sony und Canon als Produzenten. Selbst im optimalen Falle von ca. 2% Marktanteil bei Berufsfotografen für Fujifilm, ist dies lächerlich. Die APS-C-Klasse schafft es definitiv nicht mehr in den Berufsfotografen-Alltag.
Wer etwas Kleineres und Leichteres wünscht, der griff auch als Berufsfotograf 2020 zum Smartphone. Bereits 11% der Berufsfotografen nutzten Smartphones für ca. 50% der beruflich erstellten Fotos. Ferner gaben 31% an, dass sie Smartphones immer öfter für berufliche Fotos verwenden. Auch der Trend der Berufsfotografen, ihre eigenen privaten Fotos mit Smartphones aufzunehmen, nahm zu: Bereits 29% nutzten für 50% der eigenen privaten Fotos lieber das Smartphone. Das Smartphone wird auch von Berufsfotografen für das Internet inklusive des eigenen Auftrittes, für alle sozialen Medien und vor allem dann verwendet, wenn keine Kunde zusieht.
Dies gilt auch für Mittelformat, da dort bis heute eher berufliche Neueinsteiger die GF-Mittelformatkameras und deren Objektive von Fujifilm kaufen. Die alten Berufsfotografen besitzen noch zu viel Zubehör der anderen Marken, als dass sie deshalb zu Fujifilm wechselten. Dazu sind die Wechselkosten viel zu hoch. Die meisten Mittelformat-Kameras verkaufte Fujifilm bisher an eigene treue Altkunden - wohlhabende Amateure, welche endlich eine bessere Bildqualität als das physikalisch beschränkte APS-C auch von Fujifilm haben wollten.
Berufsfotografen konnte man prozentual nur mit den neuen 100 Mega-Pixel-Modellen der spiegellosen Mittelformat-Kameras anziehen, die sehr erfolgreich sind. Aber dieser Markt der anspruchsvollen Berufsfotografen schrumpft schneller als gedacht und ist im Übrigen immer sehr klein gewesen.
Nachdem wissenschaftlich geklärt ist, dass kaum Berufsfotografen mit Fujifilm-Kameras insbesondere den Modellen der APS-C-Klasse arbeiten, stellt sich die Frage, wer die Käufer oder die Zielgruppen jener Crop-Sensoren waren / sind.
Die Schätzungen gehen zwar etwas auseinander, aber die meisten gehen von 2/3 bis 3/4 an älteren, frustrierten, ehemaligen Nikon-Fotografen aus, welche vor allem aus dem APS-C-Bereich zu Fujifilm abwanderten. Hierbei handelt es sich um die vermögendste Kundenschicht, die bis zu den teuersten APS-C-Kameras stetig weiter aufrüstete.
Ca. 1/5 bis 1/4 sollen aus älteren frustrierten ehemaligen Canon-APS-C-Fotografen bestehen, welche zu Fujifilm abwanderten. Diese sind meist nicht ganz so vermögend. (Die meisten frustrierten Canon-Fotografen wanderten eher zu Sony ab.)
Auf unter 5% wird der Anteil der ehemaligen Pentax und Sony-Fotografen vermutet, die zu Fujifilm wechselten.
Fuji selbst konnte von den früheren Fotokunden aus seinem eigenen großen Bereich Kompakt- und Bridge-Kameras nur wenige mit in die höherpreisigen Segmente der heute noch angebotenen Systemkameras mitnehmen. Die meisten jener Kunden wanderten - wie bei allen Firmen - zu Smartphones ab.
Der Anteil der jungen Neu-/Erst-Einsteiger in die Fotografie ist bei Fujifilm ebenso gering wie bei anderen Firmen. Das darf auch nicht verwundern, da jene jungen Neueinsteiger in die Fotografie in der Regel mit modernen High-Tech-Smartphones mehr als gut genug bedient sind.
Ein erstaunlicher Anteil der Käufer/innen besteht aus modebewussten Personen, die sich eine Kamera als Schmuck / Accessoire zulegen, um damit in der Stadt flanieren zu gehen. Dies gilt vor allem in Asien und den USA. Im letzteren Land wird sie ganz offen von Männern in der Midlife-Crisis mit Lederetui und Lederband zum Anbaggern von jungen Frauen verwendet - quasi eine Leica für Arme.
Dass es jenen Menschen, welche sich eine Fujifilm-Kamera als Accessoire anschaffen, nicht um die Fotografie geht, erkennt man daran, dass sie für die Lederetuis und Lederriemen mehr Geld ausgeben als für das nur eine einzige (meist kleine und leichte) Objektiv - teilweise sogar mehr als für die gesamte Kamera mit Objektiv.
Aus diesem Accessoire-Grund sowie aufgrund der Enttäuschung durch Influencer besitzt Fujifilm auch den höchsten Anteil an Einmalkäufern. Die ist als nachteilig zu bewerten. Denn Systemkameras machen einen Hersteller vor allem durch die kontinuierlichen Nachkäufe innerhalb des eigenen Fotosystems reich.
Insgesamt hat dieser Abwanderungsprozess - insbesondere von Nikon - jedoch in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Das lag sicherlich auch am Wechsel der relevanten anderen Firmen zu spiegellosen Kameras seit spätestens 2018. Deshalb nahm der Zufluss von außen für Fujifilm auch stetig ab.
Alle Kamerahersteller leiden unter der Überalterung der Kunden. Aber Fuji ist durch das Wechselphänomen vieler älterer Kunden von Nikon mit einem besonders hohen Anteil an älteren Fotografen versehen. Das birgt langfristig Risiken.
Bei Mittelformat-Kameras sind die Zielgruppen über das frei verfügbare Einkommen klar definiert: Da gibt es die sehr große Gruppe der wohlhabenden Amateure, die sich so etwas leisten können, und die wenigen neueinsteigenden Berufsfotografen, die sich nicht die großen Mittelformatkameras der Mitbewerber mit 150 MP mit dem teuren Zubehör leisten können.
Genau wie alle anderen Firmen hat auch Fujifilm seit 2019 große Probleme bei den sogenannten Einsteigerkameras (preiswertere APS-C-Modelle), weil soziologisch da kaum jemand von den Jugendlichen etc. nachkommt und, weil sie technisch keinen Vorteil zu Smartphones bieten: a decline in the demand of entry-level mirrorless digital cameras
sowie In the electronic imaging field of the optical device and electronic imaging business, sales decreased due to the decline in sales of entry-level digital cameras ... However, sales were strong for the FUJIFILM GFX100 ... and the FUJIFILM XI00V
. Häufig gekauft wurden nur noch die teuersten Modelle.
Unter Geschäfts-Chancen stand 2020 (Integrated Report, S. 33): Single-lens reflex camera and smartphone users switching over to or purchasing mirrorless digital cameras due to enhanced performance
. - Benutzer von Spiegelreflexkameras und Smartphones wechseln zu spiegellosen Digitalkameras oder kaufen diese aufgrund der verbesserten Leistung.
Wirklich?
Dass DSLR-Fotografen zu spiegellosen Systemen wechseln, ist nachvollziehbar. D.h. aber nicht, dass diese von den anderen Herstellern zukünftig noch zu Fujifilm abwandern.
Dass Smartphone-Benutzer zu Fujifilms spiegellosen Kameras wechseln, ist vermutlich reines Wunschdenken. Fragen Sie einmal einen (jungen oder weiblichen) Smartphone-Besitzer, wie er/sie eine Retro-Kamera á la Fujifilm bedienen will. Im Übrigen entwickelt sich die Bildqualität bei Smartphones dank KI viel schneller weiter. Aber den meisten Smartphone-Nutzern geht es überhaupt nicht um eine vermeintlich bessere Bildqualität. Da liegt ein grundlegender Denkfehler vor (nicht nur bei Fujifilm).
Der Imaging-Bereich erzielte auch im Geschäftsjahr bis Ende März 2021 Gewinne. Das ist positiv zu bewerten. Aber ein Großteil (ca. 2/3) des Umsatzes und der Gewinne wurden vom analogen Bereich erzielt.
Jener analoge Bereich zeigte jedoch nach allen meinen obigen Analysen sowohl bei Fotopapier, bei den Fotobüchern, bei den Wall Decors, bei den analogen Filmen, und vor allem bei den Instax-Kameras seit 2018 generelle respektive strukturelle Probleme die einen eindeutigen Trend nach unten zeigen. Zumindest bei meinen Dienstleistern kann ich dies auch persönlich nachweisen: Die Anzahl der Fotos und Fotobücher ging deutlich zurück. - Es war so schlimm, dass mehrere Firmen seit Dezember 2016 sogar teure Werbung für Fotobücher im Fernsehen schalteten. Fujifilm musste zum 1. April 2019 auch die Preise für Fotopapier und alle Filme sowie Film- und Foto-Materialien drastisch erhöhen. Die gelieferte Begründung der steigenden Materialkosten beim Einkauf war nur teilweise korrekt. Ein wichtiger (verschwiegener) Grund lag im rückläufigen Absatz. D.h. die Skaleneffekte griffen nicht mehr. Wenn die Nachfrage sinkt, muss der Kunden-End-Preis steigen. Das ist die Logik der Ökonomie.
Da in manchen Ländern auch ganze Fotofachgeschäfte-Ketten die Vor-Ort-Sofort-Entwicklung mit den von Fujifilm angebotenen teuren Druckstationen 2020/21 aufgaben, sieht es auch auf diesem lukrativen analogen Feld eher düster aus. Selbst Smartphone-Besitzer belichten offensichtlich kaum mehr hochwertige Papierbilder aus.
Bei digitalen APS-C-Bereich trat spätestens 2019 eine Kehrtwende ein mit eindeutig negativen und sich verstärkenden Trend. Um die Klasse APS-C- noch zu retten, müsste der Konzern bis 2023 hohe Investitionen in digitale Forschung und Entwicklung - vor allem in KI und neue Objektive - tätigen. Ob diese jedoch bei sinkenden Verkäufen jemals zu amortisieren sein werden, ist zumindest unklar.
Selbst bei Mittelformat ist aufgrund des hohen Preises zumindest das Wachstum gedeckelt.
Daraus folgen für den analogen als auch den digitalen Unterbereich des Imaging seit 2019 strukturelle Probleme, welche 2020 durch die Pandemie und die Weltwirtschaftskrise nochmals verstärkt wurden.
Dem Bereich Imaging Solutions bei Fujifilm stehen somit sehr harte Jahre bevor. Zumindest die völlig überquellende Produktpalette muss drastisch reduziert werden.
Auch wenn viele Analysten dies anders sehen: Persönlich halte ich die Performance des Fujifilm-Konzerns nicht für überragend gut. Somit sehe ich auch die Leistungen des CEO, Präsidenten und faktischen Alleinherrschers dort als gut, aber nicht wie in den Medien dargestellt als überragend an.
Im Prinzip erfreut der Konzern seine Aktionäre nur damit, dass er jährlich höhere Dividenden ausschüttet und durch Aktienrückkäufe die Kurse erhöht.
Fakt ist, dass der CEO alt ist. Fakt ist ferner, dass 2020 ein schlechtes Jahr war, das sich im Geschäftsbericht im Sommer 2021 niederschlagen wird.
Zur Gesichtswahrung wird der Aufsichtsrat dem CEO ein weiteres Jahr (2021) zur Bereinigung der misslichen Situation einräumen. Gelingt ihm dies, dann wird sein Vertrag vermutlich bis 2023 verlängert. Das wäre sein 20-jähriges Jubiläum als Vorsitzender. Aber spätestens mit 85 wird man ihn vermutlich in Pension schicken.
Falls er den Konzern jedoch 2021 nicht sanieren kann und endlich auf einen sichtbaren Expansionskurs bei Umsatz und Gewinn bringt, dann wird man sich evtl. bereits 2022 von ihm trennen. Dankbarkeit und Geduld kennen auch in Japan Grenzen.
Das hätte massive Auswirkungen auf die Fotografen. Denn bei Olympus begann der undenkbare Ausstieg aus der Fotografie ebenfalls mit dem Wechsel des CEO. Neue Besen kehren gut.
Tja, die Zukunft tritt oft schneller ein, als erwartet: Am 31. März 2021 kündigte Fujifilm eine Änderung des Managements an: Notice of Change of Chairman and President. Der bisherige Chairman and CEO sowie Representative Director Shigetaka Komori wird abgelöst. Er bleibt (vorläufig) in der unklaren Position als Chief Advisor dem Konzern zwar erhalten. Aber die echte Führung wurde komplett umgebaut: Kenji Sukeno wurde Chairman, Representative Director and Board Chairman. Teiichi Goto wurde President and CEO sowie Representative Director. - Kurz darauf publizierte man auch eine neue Vision 2023, ein Strategiepapier bis zum Jahr 2023, das knallharte Vorgaben für den hohen Umsatzanstieg und vor allem den mehr als verdoppelten Gewinn sowie die Gewinnmarge für die kommenden Jahre macht. Alle drei Punkte halte ich für unrealistische Szenarien.
Und nur weil da etwas Vages im 2030-Plan Sustainable Value Plan 2030 Priority Issues and Targets
steht: 2. Contribute to enriching humanity and relationships between people. - Photo Imaging, Electronic Imaging Offer opportunities to enjoy photographs that give forms to memories.
- Nachhaltiger Wertplan 2030 Vorrangige Themen und Ziele: 2. Beitrag zur Bereicherung der Menschheit und der Beziehungen zwischen Menschen. - Photo Imaging, Electronic Imaging: Bieten die Möglichkeit, Fotos zu genießen, die Erinnerungen eine Form geben.
Nur wegen dieser nichtssagenden Floskel sollten sich Fotografen nicht entspannt zurücklehnen. Da steht nichts von digitalen APS-C-Kameras. Oder? So eine unverbindliche Zukunfts-Vision steht überall, bei jeder Firma. Das steht sogar noch in den Broschüren, wenn eine Firma in Konkurs geht.
Nur weil sich früher in der Strategie der Hinweis fand: sustaining operations in consumer photography materials and preserving photographic culture
- Aufrechterhaltung des Betriebs im Bereich Materialien für die Verbraucherfotografie und Erhaltung der Fotokultur
- stellt dies keine absolute Zukunftsgarantie für einzelne fotografische Produkte dar.
Der Konzern wird überleben.
Alle Analysen deuten jedoch darauf hin, dass Fujifilms Imaging-Bereich und dort vor allem der Unterbereich Electronic Imaging mit den Digitalkameras in den kommenden Jahren eine schwere Zeit mit erheblichen Umbrüchen bevorsteht. Da kommt auch Ungemach auf die Fotografen zu.
Die Imaging-Sparte (analog wie digital) wird schrumpfen und die Anzahl der Kameramodelle wird schrumpfen.
Fujifilm gibt selbst zwei Risikofaktoren (Link / Seite / Quelle nicht mehr vorhanden) für das digitale Imaging an: Escalation of competition in the mirrorless digital camera market
und Enhancement of smartphone camera performance (driving users away from cameras)
- verschärfter Preiskrieg bei spiegellosen Kameras und Smartphones.
Das neue spiegellose System im Bereich Mittelformat ist noch immer im Aufbau und benötigt auch noch einige Jahre bis alles als System wirklich komplett und hochwertig ist.
Fujifilm muss einen höheren Markt-Anteil (vor allem bei den lukrativen Berufsfotografen) erringen, um langfristig mit digitalen Foto-Kameras erfolgreich zu sein.
Als Quellen, Belege, weitere Daten und Informationen wird hier explizit verwiesen auf: die offiziellen Quartals-, Halbjahres- und Jahres-Geschäfts-Berichte Fujifilm (Englisch) sowie die Integrated Reports / Annual Reports - Fujifilm Jahresberichte in Hochglanzbroschüren (Englisch), die offiziellen Erklärungen zu den Business Activities (3 Bereiche - jeweils findet sich dort nur die aktuellste Version des Konzerns) sowie die IR Sitemap mit einem Inhaltsverzeichnis aller Finanzinformationen bei Fujifilm.
Als halboffizielle und halbseriöse Daten wird verwiesen auf Fujifilm (Englisch) bei Wikipedia.org sowie Fujifilm (Deutsch), bei Wikipedia.de. - Vorsicht: Zu diesen Artikeln bei Wikipedia gelten die in dem verlinkten eigenen Artikel gemachten Einschränkungen vor allem für Deutschland, wo das überwiegend unkritische Firmen-Werbung ist.
Zahlreiche interessante Wirtschaftsartikel finden sich bei Wir haben dieses Geschäft neu definiert (2012, FAZ), Die Kunst des Comebacks: Fujifilm (Capital, 22. September 2015), Weiter nach dem Film (Spiegel, 19.09.2015, bedauerlicherweise inzwischen hinter einer Bezahlschranke), Fujifilm's Instax Instant Film Business is Booming (Englisch, 04.04.2016), MarketScreener: FUJIFILM HOLDINGS CORPORATION (Englisch), Mr. Fujifilm Komori blendet sich aus (31.05.2021, Börsenzeitung zum Rücktritt des CEO.)
Zur Selbstverherrlichung des Konzerns unter dem alten CEO siehe insbesondere Innovating Out of Crisis: How Fujifilm Survived (and Thrived) As Its Core Business Was Vanishing - Strategie-Buch des CEO Shigetaka Komori - Kauf bei Amazon.de.
Zum Geschäftsfeld der analogen Instax-Kameras finden sich zahlreiche Quellen, wie: Fujifilm Zooms In on Instax's Retro Appeal in Digital Age (The Wall Street Journal, 01.04.2016, gibt 1,4 Mio. Digitalkameras für das Geschäftsjahr 2015 an), The Rise of Instax: From 100k units sold in 2004 to 5 million in 2015 : Expected 1.4 million digital camera sales in 2015 (Englisch, 02.04.2016).
Zur Technik der Kameras etc. finden sich Hinweise bei: Fujifilm X series (Wikipedia Englisch, APS-C-Kameras), Instax (Wikipedia Englisch, Sofortbild-Kameras).
Zum digitalen Bereich der Fuji-Kameras finden sich weiterführende Hinweise bei: The New York Times says: '700,000 X-series cameras sold' (Englisch, 20.11.2013), Fujifilm Finds Niche With Old-Style Cameras That Mask a High-Tech Core (Englisch, 19.11.2013. The company says it has sold more than 700,000 X-series cameras since the first model, the X100, was introduced in 2011.
), Interview - Fujifilm: 'We are not just a camera company, we are an imaging company' (Englisch, DPReview, 07.03.2021. Interview, in welchem die Techniker viele der oben beschriebenen Mängel an den APS-C-Kameras und Objektiven sowie Video erstaunlich offen einräumen), Is Fujifilm's Color Science Really as Good as They Say?, 20.04.2021, Englisch, Kurzform: Nein. Z.B. die Hauttöne werden unnatürlich dargestellt. Die Kameramodelle X-T2 und X-T3 sind ferner völlig farbverschoben nach Magenta. Auch die GFX 100 ist nach Magenta verschoben, nur mit Pixel-Shift kommt sie den Originalfarben näher.)
Schließlich sei noch zu der Meinungsmache auf das Fuji X Forum sowie auf den eigenen Artikel über Influencer verwiesen.
Hyperventilierende Kritiker sollten folgendes beachten:
Selbstverständlich dürfen Sie die hier vorgebrachten wissenschaftlichen Fakten und Analysen kritisieren. Aber beschränken Sie sich dabei bitte ausschließlich auf mit seriösen Quellen belegte Fakten, die Sie dann auch bitte beibringen / verlinken.
Die von Fujifans typischen E-Mails á la: Das glaube ich nicht
werden nicht beantwortet. Für Glaubensfragen wenden Sie sich bitte an die jeweiligen Religionsgemeinschaften / Fuji-Foren oder die Fuji-Influencer Ihres Vertrauens.
Den obigen Artikel verfasste und publizierte ich Anfang 2021. Danach veränderte sich einiges, was ich bereits nachträglich in den Artikel einarbeitete. Den Rest bis Ende 2024 habe ich hier zusammengefasst.
Wie bereits in den Quartalsberichten erläutert, ging es auch der Imaging-Sparte bei Fuji 2021 miserabel. Ständig wurden weitere analoge Produkte eingestellt. Im Januar traf es den Pro 400H Farb-Negativ-Film.
Den Quartalsbericht vom 13. Mai zum ersten Quartal 2021 und den Geschäftsjahr April 2020 bis Ende März 2021 finden Sie hier ausführlich besprochen. Kurzfassung: Die Gesamt-Zahlen für den Konzern waren vor allem dank der Medizinsparte etwas besser als befürchtet. Der geringere Gewinn beruhte überwiegend auf Umsatzsteigerungen im Bereich Healthcare sowie den highly functional materials
, wobei es sich um Roh- und Zulieferstoffe für Impfstoffe und Medikamente handelte, welche in der Pandemiebekämpfung verwendet werden können. Der Imaging-Bereich litt jedoch wie erwartet erheblich. Alle neuen Zahlen wurden bereits oben im Text und in den obigen Diagrammen und Grafiken berücksichtig.
Unerwartet und kommentarlos kündigte Fujifilm am 31. März 2021 eine Änderung des Managements an: Notice of Change of Chairman and President. Der bisherige Chairman and CEO sowie Representative Director Shigetaka Komori wurde (ohne Dank) abgelöst. Er verblieb kurzzeitig in der unklaren (aber sicherlich einflusslosen) Position als Chief Advisor dem Konzern zwar erhalten. Aber die echte Führung wurde komplett umgebaut: Kenji Sukeno wurde Chairman, Representative Director and Board Chairman. Teiichi Goto wurde President and CEO sowie Representative Director. So war es auch bei Olympus. Ein Jahr später verkaufte man dort den gesamten Kamerabereich.
Der Bereich Imaging sollte intern erneut umstrukturiert werden. Dabei wird jedes Produkt genauestens auf Gewinn und Zukunftspotential hin untersucht. Das führt sicherlich wieder zu weiteren Einsparungen. Die bisherige X-Trans-Matrix (derzeit Version 4) für manche Sensoren der APS-C-Kameras wird nicht weitergeführt. Über den Nachfolger, Version V, hüllte man sich 2021 noch in Schweigen. Aufgrund der Überproduktion und voller Lager sowie geringerer Nachfrage nach vielen APS-C-Produkten wollte Fujifilm angeblich 2021 keine neuen APS-C-Kameras mehr herausbringen.
Sowohl die Strategie (Vision 2023) als auch mir zugespielten internen Informationen deuteten darauf hin, dass man den Bereich Imaging bis März 2024 komplett sanieren / umgestalten will, damit er endlich wieder mehr Umsatz und mehr Gewinn erzielt. Die neuen Ziele wurden oben bereits aufgezeigt: Überwachungskameras und Video. Falls dies - auch mit drastischen Maßnahmen - nicht gelingen sollte, so stehen nicht nur einzelne Produkte, sondern sogar der Bereich zur Disposition.
Im Juni wurde Fujifilm Opfer von Hackerangriffen. Der Angriff war so schwer, dass Server ausfielen respektive heruntergefahren werden mussten. Kamerahersteller wurden zunehmend zum Ziel krimineller Erpresser. Denn letztendlich geht es bei Hackerangriffen immer um Geld.
Zum 01.07.2021 wurden drei Instax-Modelle bei Aldi verramscht. Anders ließen sich -46% und -34% Preisnachlass kaum interpretieren. Dies belegte, wie schlecht es auch der analogen Branche bei Fujifilm ging. Das waren bis vor wenigen Jahren sehr beliebte, erfolgreiche und somit profitable Produkte.
Ebenfalls im Juli 2021 brachte Nikon die neue APS-C-Kamera Z fc als Retro-Modell heraus, um Fujifilm direkt in diesem Segment anzugreifen. Auch wenn das Nikon-Modell eher schwachbrüstig war, so wurde der Markt für Fujifilm härter.
Die neue Fujifilm-Führung machte bereits im Frühsommer Ernst: Unproduktive Teile werden geschlossen und die Mitarbeiter entlassen. So traf es am 1. Juli die USA, wo vier komplette Fabriken geschlossen wurden und 400 Mitarbeiter entlassen wurden. 80%-Kahlschlag: In den USA blieben nur eine Firma mit 100 Mitarbeitern erhalten - vorläufig. - So sah die Restrukturierung und Optimierung des Bereiches Imaging gemäß der neuen Strategie in Wahrheit aus.
Wenige Tage darauf wurde Fujifilm erneut hart getroffen: Die US-Umweltschutzbehörde erzwang die Einstellung des Verkaufs und der Produktion von Filmen der Marke Fujichrome Velvia 100. Das wird bald weltweit gelten und auch andere Filme betreffen. Das hat Auswirkungen auf die analoge Fotografie und deren Fotografen. Die dazu erforderliche Chemie wird zunehmend verboten. Aber auch ökonomisch ist das hart, denn bei Fujifilm subventioniert der große analoge Filmbereich den viel kleineren digitalen Kamerabereich.
Laut Reuters, vom 09.07.2021, wollte Fujifilm weitere 11 Milliarden US$ in die Medizinsparte investieren. Allerdings wurde wieder einmal der aus dem Japanischen übersetzte einzelne Satz des CEO falsch bewertet: Still, Fujifilm doesn't plan to leave the 'film' behind in either name or strategy. Decades of experience in photo chemicals and layering technology are still paying off in other business segments, Goto said, adding that film will remain a lodestone for the company.
- Fujifilm plant jedoch nicht, den 'Film' im Namen oder in der Strategie hinter sich zu lassen. Die jahrzehntelange Erfahrung in der Fotochemie und der Schichttechnik zahle sich auch in anderen Geschäftsfeldern noch aus, sagte Goto und fügte hinzu, dass Film ein Magnet für das Unternehmen bleiben werde.
- Das Wort Film meint weder Digitalkameras noch analoge Filme für die alten Fotokameras, sondern chemische Produkte dieser Filmsparte - z.B. für Kosmetik, wie seit rund 15 Jahren. Jeder, der hier bewusst trickst, will irreführen. Hätte der neue CEO, der seit Amtsantritt überall im Filmbereich des Konzerns massiv kürzt, wirklich sagen wollen, dass weder analoge Filme noch digitale Kameras betroffen sind und definitiv beibehalten werden, dann hätte er das auch explizit gesagt. Es ist bei hohen Managern und besonders in Japan wichtig, das zu lesen und hören, was nicht gesagt oder geschrieben wird. - Bewerten Sie eher die von den Firmenmanagern getroffenen Entscheidungen und die für Fotografen spürbaren Fakten. Fakt ist jedoch, dass weder der neue CEO noch sonst ein Manager seit dem Führungswechsel zum 01.04.2021 etwas von weiteren Investitionen in Digitalkameras sagten. Das Einzige, was der neue CEO in einem Interview für die Zeitung Asahi (deutsche Übersetzung) gesagt haben soll, dass er [vorläufig] ohne Verkauf des Geschäfts fortfahren werde. Aber wer wollte denn in der Weltwirtschaftskrise der Pandemie noch eine Fotosparte kaufen?
Am 30. Juni gab Fujifilm bekannt, dass es seine in den Vorjahren (unter dem alten CEO) extrem aggressive Aufkaufpolitik der eigenen Aktien reduzieren musste.
Die Finanzzeitung Nikkei publizierte Anfang August 2021 hinter der heute üblichen Bezahlschranke eine Analyse zum weltweiten Fotomarkt im Jahr 2020 in Stück (also nicht den immer wieder genannten irreführenden Umsätzen) Originalzahlen von digicame-info (deutsche Übersetzung)
, US-Auswertung DPReview, US-Auswertung PetaPixel - Major Product and Service Share Survey. Danach soll Fujifilms Weltmarktanteil 5,6% betragen haben und angeblich sogar um +0,9% gewachsen sein.
Meine Bewertung der Zahlen waren die Folgenden: Da die absoluten Zahlen der weltweit verschifften Kameras weitgehend mit denjenigen der CIPA übereinstimmen, könnten auch die Marktanteile erstaunlich zutreffend sein. Dennoch bleibt bei derartigen Angaben ohne genannte Quellen immer eine gewisse Vorsicht geboten. - Große Vorsicht rate ich bei den angeblichen Wachstumszahlen anzuwenden. Wenn sich der Markt - wie im Jahre 2020 - um insgesamt ca. -40% verkleinerte, dann sind +0,9% noch immer absolut gesehen ein dramatischer Rückgang. Bitte verwechseln Sie nicht absolute Zahlen mit Marktanteilen. So hatten alle Hersteller sich einen drastisch kleineren Kuchen zu teilen. D.h. die Einzelstückchen waren für alle viel kleiner als noch im Vorjahr 2019. Da machen ein paar Krümel mehr das Kuchenstück auch nicht mehr fett.
Persönlich bleibe ich bei meiner jahrealten Einschätzung: In einem derart geringen (Nischen -) Markt (seit 2020 unter 9 Mio. Kameras je Jahr), wird der Überlebenskampf für alle hart. Aber für diejenigen mit einem Marktanteil unter 10% wird es sehr hart.
Rechnet man die Marktanteile der Jahre 2019 und 2020 in absolute Verschiffungszahlen zurück, sah das Ergebnis für Fujifilm verheerend aus. 2019 waren es noch ca. 715.000 Kameras (aller Modelle und Sensor-Klassen), aber 2020 waren es nur noch ca. 498.000. Da bleibt eine Differenz von ca. -128.000 Kameras. - Alle Werte wurden stark auf Tausender gerundet, weil die obigen prozentualen Ausgangsdaten bereits von Nikkei gerundet waren.
In absoluten Zahlen ausgedrückt befand sich somit Fujifilm 2020 in der ehemaligen Todeszone von unter 500.000 Kameras je Jahr der Firma Olympus. Olympus gelang es nie, sich aus dieser Todeszone zu befreien und verkaufte seinen Imaging-Bereich.
Dies belegt, dass Marktanteile in Prozent nicht ganz so wichtig sind, wie die absoluten Zahlen. Prozentzahlen können einen Leser sogar völlig in die Irre leiten. Ein größerer Marktanteil bei Fujifilm 2020 bedeutete 2020 dennoch drastische Einbrüche bei den Stückzahlen.
Eine weitere Publikation der Financial Times (hier die freie Version bei Sony Alpha Rumors) gab - nach meiner detaillierten Rückrechnung und Analyse - einen tiefen Einblick in die wahre Situation bei Fujifilms Digital-Kamera-Bereich:
Im ersten Kalender-Quartal 2020 waren es ca. 11,9 % Produktionsanteil bei spiegellosen Systemkameras = ca. 72.000 Stück. Im zweiten Quartal waren es ca. 14,7 % = ca. 55.000 Stück. im dritten Quartal waren es ca. 10,8 % = ca. 90.000 Stück. Im vierten Quartal waren es ca. 12,7 % = ca. 138.000 Stück.
Der erste Blick bei Fujifilm täuscht. Das waren miserable Zahlen, denn Fuji stellt nur spiegellose Kameras her. Daraus ergeben sich für Fujifilm folgende Gesamt-Jahresproduktionszahlen und prozentuale Anteile für das Kalenderjahr 2020 bei spiegellosen System-Kameras: ca. 12,2 % = ca. 355.000 Stück. - Auch aus diesen Produktionszahlen ergibt sich, dass sich Fujifilm, welche überhaupt nur spiegellose Kameras herstellt, sich tief in der Todeszone unter 500.000 Stück produzierter Kameras je Jahr befand.
Die im Spätsommer 2021 vorgestellten neuen
Kameras waren nur Update (Mark II) bereits vorhandener Modelle: X-T30 II, X-T3 WW und GFX 50SII. Alle waren selbst mit den minimalen Neuerungen nicht mehr marktgerecht. Fujifilm belegte mit diesen Nachfolgegeräten, dass es technisch nicht mehr mit der Spitze der Kameraindustrie mithalten wollte. Es machte sich der Verdacht breit, dass man - wie Olympus - nur noch bei den bestehenden Altkunden Geld abschöpfen wollte.
Dass der neue CEO bei Fujifilm inzwischen die klassische Fotosparte als sinkenden Schiff erkannte, wurde Mitte September deutlich, als eine strategische Wende bekannt wurde: Fujifilm hatte ein faltbares Smartphone entworfen. Bereits 2015 habe ich im grundlegenden Artikel Foto-Wirtschaft bereits vorausgesagt, dass alle Kamerahersteller zukünftig vor allem als Zulieferer für andere, größere Hersteller eine Chance zum Überleben haben. Olympus, Zeis, Leica etc. beschritten diesen Weg, sich als optische Zulieferer für Smartphone-Hersteller eine goldene Nase zu verdienen. Denn dort sind die Skaleneffekte angesichts der Stückzahlen im Vergleich zu den wenigen dedizierten Fotokameras noch gigantisch.
Am 04. November 2021 publizierte Fujifilm seine Quartalszahlen für das Sommerquartal Juli bis September 2021. Die Kurfassung lautet: Dem Konzern geht es blendend: Er hat sich von der Pandemie erholt - oder besser gesagt durch die Pandemie, weil er Grundstoffe für Impfmittel liefert. Der Imaging-Bereich hat sich stabilisiert und schreibt wieder Gewinne, dank des deutlich reformierten analogen Bereiches. Dem digitalen Bereich ging es miserabel. Die Zahlen waren schlechter als im vorausgehenden Frühjahrsquartal (April bis Ende Juni): Sie waren so schlecht, dass man dies mit allen möglichen Tricks vertuschen musste. Vor allem die weitere Kürzung der Forschungsgelder zeigt den Weg in das Abseits. Man will offenbar nicht mehr mit den großen drei Platzhirschen bei KI etc. mithalten. Alle Details dazu.
Am 09. Februar 2022 publizierte Fujifilm seine noch besseren Quartalszahlen für das Weihnachtsquartal. Die Kritikpunkte bei den dedizierten Kameras bleiben allerdings erhalten.
Die Firma Fujifilm beschloss im März, die Preise für Analogfilme um 20-60% sowie für Labormaterialien um 8-94% und für Minilabor-Verbrauchs-Materialien um 15-164% bereits ab April 2022 zu erhöhen. Als Begründung gab man ganz offen gegenüber japanischen Fotohändlern an: kontinuierlich abnehmende Nachfrage nach analogem Film, Fotopapier und Foto-Druckerzeugnissen
. Deshalb bleibe ich bei meiner fundierten Wirtschaftsanalyse über Fujifilm: Dem Konzern geht es gut, aber der gesamte Imaging-Bereich (analog und digital) litt noch immer und schrieb zunehmend untragbare Verluste, die man verstärkt an die Kunden weiterreichte.
Alle diejenigen, welche sich für die Details der Jahre 2021ff. interessieren, werden auf die Wirtschaftsanalysen 2021, 2022, 2023 und 2024 verwiesen, für die rein ökonomischen Daten insbesondere auf die jeweiligen Quartalsberichte zu den Kalenderquartalen: Q2/2021, Q3/2021, Q4/2021, Q1/2022, Q2/2022, Q3/2022, Q4/2022, Q1/2023, Q2/2023, Q3/2023, Q4/2023, Q1/2024, Q2/2024. Vor allem in den einzelnen Quartalsberichten erkennt man sehr gut das unstete Auf und Ab sowohl des Konzerns als auch vor allem des Bereiches Imaging.
Als der alte CEO zum Ende des Geschäftsjahres 2020/2021 (zum 31.03.2021) ziemlich unrühmlich als (einflussloser) Berater in die zweite Linie abgeschoben wurde, begann zwar ein neues Management, das sich allerdings zuerst mit der pandemie-mitverursachten Wirtschaftskrise und danach in der durch die größten Wirtschaftssanktionen der Geschichte gegen Russland, China und andere vom Westen (vor allem jedoch den USA und den deutschen Grünen) verhassten Drittstaaten richtete.
Für alle wirtschaftlichen Analysen wichtig ist, dass bereits ab 2021 der Yen langsam abwertete und die Abwertung ab 2022 deutlich zunahm. D.h. die in allen Statistiken, Tabellen und Grafiken / Schaubildern angegebenen Brutto-Werte in Yen klingen zwar gut, waren aber in Fremdwährung deutlich weniger als die früheren Zahlen in den Bilanzen wert. Noch schlimmer wurde es ab 2022, als eine drastische Inflation weltweit, aber auch im japanischen Inland alles weiter verzerrte. Im Extremfall muss man die Werte der Folgejahre somit um 5-15% herunterrechnen, um sie mit den Bilanzwerten der Vorjahre vergleichen zu können.
Alle Konzern-Bereiche wurden umgestaltet, wobei Imaging auf den vierten Platz zurückfiel: An erster Stelle stand nun Healthcare, dann folgte Materials und schließlich Business Innovation. Danach kam erst der ausgediente und herabgestufte Bereich Imaging.
Zudem wurde das Imaging sofort zum 01.04.2021 umgestaltet in nur noch zwei Gruppen: Consumer Imaging (alles rund um die analoge Fotografie) und Professional Imaging (alles rund um digitale Fotografie, wobei vor allem die hochlukrativen Film- und Fernseh-Kameras dazu kamen. Ferner nahm man aus dem analogen Bereich digitale Einheiten, Produkte und Dienstleistungen heraus und steckte sie ebenfalls zum Professional Imaging. Das heißt der sowieso niedergehende digitale Bereich rund um APS-C- und Mittelformat-Kameras wurde vertuscht, indem man die wertvollen Profikameras dazu steckte. So kaschierten seit spätestens der Pandemie viele Firmen ihren niedergehenden Kamera-Bereich.
Deshalb sind die Kurven für den Umsatz der Unterbereiche auch neu und versetzt. Gewinn erzielte sowieso nur der analoge Bereich und die Film- sowie Fernseh-Kameras. Aber mit der neuen Struktur konnte man das ganze Desaster um die APS-C- und Mittelformat-Kameras komplett verschleiern, und so als undurchsichtiges Gesamtpaket seinen Aktionären 'darbieten', welche sich seit Jahrzehnten derartige Manipulationen kritiklos gefallen lassen.
Der Konzernumsatz im Geschäftsjahr 2008 betrug über 2.846 Mrd. Yen. Danach lag er jedoch immer signifikant tiefer - unter 2.500 Mrd. Yen. Zum Ende des Geschäftsjahres 2023/24 erreichte er 2.960,916 Mrd. abgewertete Yen.
Fujifilms Konzernumsatz in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung und ohne Bereinigung der Yen-Abwertung).
Das Loch
mit Namen 1994-95H meint das Halbjahr (genau 5 Monate und 11 Tage), welches Fujifilm zur Überbrückung des alten Geschäftsjahres bis 20. Oktober zum neuen bis Ende März im Zeitraum 1994/95 einlegte. Da die nominalen Zahlen nur bei ca. 5/12 liegen, würden sie optisch einen falschen Eindruck erwecken und wurden deshalb bewusst weggelassen. Korrekt auf 12 Monate extrapoliert liegt der Wert sogar etwas höher als die Werte des Jahres davor und danach. Daraus folgt, dass man das Loch durchaus gedanklich mit einer Geraden überbrücken kann.
Das sieht hervorragend für den neuen CEO aus. Als er das Ruder übernahm, also im Geschäftsjahr ab dem 01.04.2021, stieg der operative Gewinn des Konzerns sofort drastisch an. Aber das lag an mehreren Faktoren: Zuerst wären da einmal die milliardenschweren Subvention des japanischen Staates und der USA für den Medizinbereich und den Material-Bereich, da beide essentiell für die Herstellung der weltweit benötigten Impfstoffe in der Pandemie waren. Hinzu kam bereits ab 2021 die steigende Inflation und der drastische Währungsverfall. Ohne diese drei begünstigenden Faktoren sähe es ganz anders aus. Dann wäre es mehr oder weniger eine Seitwärtsbewegung.
Der operative Gewinn des Konzerns stieg zum Ende des Geschäftsjahres 2023/24 auf 276,725 Mrd. abgewertete Yen.
Fujifilms operative Gewinn im Gesamt-Konzern in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung und ohne Bereinigung der Yen-Abwertung).
Das Loch
mit Namen 1994-95H meint das Halbjahr (genau 5 Monate und 11 Tage), welches Fujifilm zur Überbrückung des alten Geschäftsjahres bis 20. Oktober zum neuen bis Ende März im Zeitraum 1994/95 einlegte. Da die nominalen Zahlen nur bei ca. 5/12 liegen, würden sie optisch einen falschen Eindruck erwecken und wurden deshalb bewusst weggelassen. Korrekt auf 12 Monate extrapoliert liegt der Wert sogar etwas höher als die Werte des Jahres davor und danach. Daraus folgt, dass man das Loch durchaus gedanklich mit einer Geraden überbrücken kann.
Das sieht hervorragend für den neuen CEO aus. Als er das Ruder übernahm, also im Geschäftsjahr ab dem 01.04.2021, stieg der operative Gewinn sofort im Gesamt-Konzern drastisch an. Aber das lag an mehreren Faktoren: Zuerst wären da einmal die milliardenschweren Subvention des japanischen Staates und der USA für den Medizinbereich und den Material-Bereich, da beide essentiell für die Herstellung der Impfstoffe in der Pandemie waren. Hinzu kam bereits ab 2021 die steigende Inflation und der drastische Währungsverfall. Ohne diese drei begünstigenden Faktoren sähe es ganz anders aus. Dann wäre es mehr oder weniger eine Seitwärtsbewegung. Um es ganz klar zu sagen: Die riesigen Gewinne wurden vor allem von den hochlukrativen Bereichen im Zusammenhang mit den Impfstoffen erzielt. Hinzu kamen allerdings durch den neuen CEO gleichzeitig eingeleitete drastische Sparmaßnahmen und Restrukturierungen sowie Entlassungen, um die Kosten in vielen Bereichen zu senken. Auch das erhöhte die Gewinne.
Hier machte der Konzern deutlich, für wen er sich wirklich interessiert: seine Aktionäre.
Fujifilms Dividenden in Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung und ohne Bereinigung der Yen-Abwertung).
Das Loch
mit Namen 1994-95H meint das Halbjahr (genau 5 Monate und 11 Tage), welches Fujifilm zur Überbrückung des alten Geschäftsjahres bis 20. Oktober zum neuen bis Ende März im Zeitraum 1994/95 einlegte. Da die nominalen Zahlen nur bei ca. 5/12 liegen, würden sie optisch einen falschen Eindruck erwecken und wurden deshalb bewusst weggelassen. Korrekt auf 12 Monate extrapoliert liegt der Wert sogar etwas höher als die Werte des Jahres davor und danach. Daraus folgt, dass man das Loch durchaus gedanklich mit einer Geraden überbrücken kann.
Auch das sieht hervorragend für den neuen CEO aus. Nachdem er das Ruder übernahm, stiegen die Dividenden für die Aktionäre immer weiter. Allerdings handelte es sich um abgewertete Yen und bei für Japan hoher Inflation. Zudem wurde zum 01.04. auch noch eine Sonderdividende von 20 Yen bezahlt für das 90-jährige Firmenjubiläum (Commemorative Dividend). Als normale Dividende waren nur 130 Yen vorgesehen. - Vorsicht: Hierbei handelt es sich um alte Aktien. Fujifilm führte unter dem neuen CEO einen Aktiensplit (Halbierung) durch.
Hier machte der Konzern deutlich, wie man trotz Expansion spart.
Fujifilms Mitarbeiter-Zahlen. - Vorsicht: Die X-Achse beginnt bei 70.000, um die Unterschiede deutlich zu machen.
Trotz massiver Expansion durch vor allem Einkauf (Mergers and Acquisitions) in den Jahren unter dem neuen CEO sanken die Mitarbeiterzahlen sogar unter den Stand von 2018. So spart man Geld für die Aktionäre. Und so besserte der neue CEO auch die miserablen Bilanzwerte in mehreren schwächelnden Bereichen unter anderem dem leidenden (vor allem digitalen) Imaging auf.
Der Umsatz im Großbereich Imaging zum Ende des Geschäftsjahres 2023/24 bei 469,658 Mrd. abgewerteten Yen.
Der Umsatz im Großbereich Imaging in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung und ohne Bereinigung der Yen-Abwertung). - Es liegen erst Daten zu diesem Bereich seit 1998 vor.
Das sieht hervorragend für den neuen CEO aus. Sofort nachdem er das Ruder übernahm, also im Geschäftsjahr ab dem 01.04.2021, stieg der Umsatz des Imaging-Bereiches drastisch an. Aber das lag an mehreren Faktoren: Zuerst war die Ausgangslage 2020/21 sehr tief aufgrund der Pandemie und Misswirtschaft. Durch Umstrukturierungen und Entlassungen löste er das größte Problem. Dazu hatte er Glück, weil manche im ersten Jahr der Pandemie 2020 leidenden Produkte 2021ff. durch die Lockdowns stärker gefragt waren. Zudem kamen knallharte Preiserhöhungen bei fast allen Produkten des Imagings - im analogen Bereich bis zu +60%. Hinzu kam bereits ab 2021 die steigende Inflation und der drastische Währungsverfall. Ohne alle diese begünstigenden Faktoren sähe es nicht ganz so positiv aus.
Hier kam es zu einer kompletten Umstrukturierung zur Verschleierung.
Der Umsatz in den Unterbereichen des Imaging in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung und ohne Bereinigung der Yen-Abwertung). - Zu diesen Unterbereichen liegen erst Daten seit 2002 vor.
Sofort wurden die früher drei Unter-Bereiche vom neuen CEO zusammengeworfen und komplett umstrukturiert: Der frühere analoge Unter-Bereich Photo Imaging musste u.a. (profitable) digitale Produkte, Dienstleistungen und Abteilungen etc. an den digitalen abgeben. Zudem wurde der extreme Not leidende Unterbereich Electronic Imaging (digital mit den APS-C- und Mittelformat-Kameras) aufgestockt um den hoch-lukrativen Bereich der Fernseh- und Film-Kameras sowie Objektive (früher Optical Devices). Daraus wurde der alles völlig verschleiernde neue Unterbereich Professional Imaging gemacht - also die digitale Fotografie.
An der Schnittstelle - dem Umbau - erkennt man sehr deutlich, anhand der alten und neuen Kurven, wie man den profitablen analogen Unter-Bereich oben (blaue Linie) reduzierte und den notleidenden digitalen Unter-Bereich (orange Linie) damit und mit den teuren Kino-Ausrüstungen aufblähte.
Insbesondere die Faktoren Entlassungen, Preiserhöhungen, Inflation und Yen-Abwertung ließen die Kurven ansteigen.
Vor allem bleibt die Aussage bestehen, dass Fujifilm auch mit allen diesen Tricks noch immer keinen Gewinn im digitalen Bereich erzielt. Ansonsten würde man dies publizieren. Vor allem der Unter-Unter-Bereich mit den APS-C- sowie Mittelformat-Kameras ist defizitär und wird von Fujifilm eben als 'Hobby' querfinanziert, weil man es (derzeit noch) so will.
Der Operativer Gewinn im Imaging in Milliarden Yen als reine Bruttowerte (ohne Inflationsbereinigung und ohne Bereinigung der Yen-Abwertung). - Zu diesem operativen Gewinn im Imaging liegen erst Daten seit 1997 vor.
Dank Entlassungen, Rationalisierungen, Umstrukturierungen und vor allem massiven Preiserhöhungen gepaart mit Glück bei Produkten im analogen Bereich gelang es, den Gewinn des Gesamtbereiches Imaging auf immerhin brutto 101,085 Mrd. Yen im Geschäftsjahr 2023 (bis Ende März 2024) zu erhöhen. Aber davon müsste man im Grunde die Inflation und die Yen-Abwertung herausrechnen. Aber das will keine Firma, da es dann eher schlecht aussähe. Fujifilm gibt an mehreren Stellen in seinen Quartalsberichten an, dass bereits währungsbereinigt oft nur eine schwarze Null herauskam. Und davon müsste man dann noch die Inflation abziehen.
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