Carbon-Stative, Karbon-Stative, Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoff-Stative, Nutzen, Grenzen, Praxis, Tests
In diesem Artikel werden die Vorzüge und Nachteile der Carbon-Stative beschrieben, technische und physikalische Fakten erläutert und Empfehlungen ausgesprochen. Die Hauptzielgruppe ist der ambitionierte Fotograf, der für seine schwere Fotoausrüstung (Vollformat und dazu passende lichtstarke, schwere Teleobjektive) eine Übersicht als Entscheidungshilfe sucht. Als Nebenzielgruppe ist dieser Artikel auch für alle am Thema Carbon-Stativ interessierten Fotografen hilfreich.
Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle bei Carbon-Stative behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.
Nachtrag: Falls Sie reich sein sollten, bereits ein Metall-Stativ besitzen, bereit sind, ggf. alle paar Jahre einen neuen Ersatz für einen hohen Betrag zu erwerben, und ein Carbon-Stativ wünschen, so erfüllen Sie sich diesen Wunsch. Man kann in der Fotografie nicht viel falsch machen, wenn man immer das Neueste und Teuerste kauft. Hören Sie dann jedoch sofort auf zu lesen und gehen Sie fotografieren. Sie erfahren die Nachteile der Carbon-Stative in der Praxis.
Definition Carbon-Stative
- Carbon-Stative werden auch Karbon-Stative, Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoff-Stative, Kohlefaser-Stative, CFK-Stativ, Carbon-faserverstärkte Kunststoff-Stative, graphite fiber, carbon graphite oder CF-tripod genannt.
- Zu den physikalischen Eigenschaften des Faserverbundmaterials siehe Wikipedia Deutsch und
Wikipedia Englisch (wesentlich ausführlicher).
- Bei derartigen Stativen handelt es sich um eine mehrlagige Epoxidharz-Laminierung von Kohlenstoff-Geweben.
Vorteile der Carbon-Stative
Carbon gilt derzeit technisch als das absolute Spitzenmaterial im Stativbau:
- hohe Festigkeit, hohe Bruch- und Zugfestigkeit / Reißfestigkeit
- hoher Elastizitätsmodul (E-Modul)
- geringes Gewicht
- hohe Chemikalienbeständigkeit
- hohe Temperaturtoleranz
- geringer Wärmeausdehnungskoeffizient, d.h. es verzieht sich bei Kälte oder Hitze kaum
- hohe Steifigkeit / Verbiegungs- und Verwindungssteifigkeit / Torsionsfestigkeit
- hohe Schwingungsdämpfung
- sieht edel aus
- steht für Luxus
Grenzen / Einschränkungen / Nachteile der Carbon-Stative
Den in Labors unter ganz spezifischen Rahmenbedingungen gefundenen physikalischen Vorteilen stehen jedoch eine erhebliche Anzahl oft verschwiegener Nachteile gegenüber.
Schwerpunkt (Physik)
Definition Standfestigkeit
Carbon-Stative weisen aufgrund des niedrigen Eigengewichts eine geringe Standfestigkeit auf.
Meines Erachtens wird die Standfestigkeit eines Stativs bei Tests nicht genügend berücksichtigt.
Viele Fotografen und selbst Tester scheinen die Standfestigkeit sowieso mit der Stabilität zu verwechseln.
- Hier z.B. eine völlig falsche Definition aus einem Leitartikel eines anerkannten deutschen Fotoforums:
Stabilität (Standfestigkeit und Dämpfungseigenschaften)
.
- Allerdings ist der Oberbegriff Stabilität auch nicht sauber definiert und wird in dieser Form von Wissenschaftlern nicht verwendet.
Präzise spricht man eher von Festigkeit, Bruch- und Zugfestigkeit, Reißfestigkeit, Steifigkeit, Verbiegungs- und Verwindungssteifigkeit, Torsionsfestigkeit etc. D.h. diese Faktoren betreffen eher Materialeigenschaften an sich.
- Standfestigkeit hat jedoch eher etwas mit der Nutzung / dem Einsatz einer Konstruktion aus jedem Material zu tun.
Die Standfestigkeit eines Stativs bezieht sich jedoch auf die:
- Höhe des höchsten Objektes mit der daraus folgenden Hebelwirkung.
- Höhe des Gesamtschwerpunktes des Gesamtsystems: Stativ, Stativkopf, Kamera, Objektiv (ggf. auch noch (Winkel-) Schienen, Kreuzschlitten, Objektivfilter, Sonnenblende etc.)
- Standfläche: Diese wird durch die Standbeine und deren Abspreizwinkel definiert.
Einfach formuliert geht es darum, wie leicht ein Stativ von seitlichen Kräften umgeworfen oder auch nur an einem Bein angehoben oder erschüttert werden kann.
Systemgewicht
Viele Fotografen schätzen Ihr Systemgewicht falsch ein.
- Das Kamera-Gehäuse einer Vollformat-Kamera wiegt ca. 0,75 - 1,5 kg.
- Tele-Objektive wiegen bereits bei Zooms (70-200 mm) 1 - 2 kg. 500 oder 600 mm-Teleobjektive wiegen bis zu 4 kg (das NIKKOR 600 mm sogar über 5 kg).
- Stativköpfe: komfortable Kugelköpfe wiegen 300 bis 700 Gramm, komfortable Dreiwege-Neigeköpfe über 1 kg.
- System-Blitzgeräte erreichen durchaus über 400 Gramm.
- (Makro-) Schienen, Nodalpunkt-Winkel oder Panoramaköpfe erreichen durchaus über 1 kg.
Alles, was Sie auf das Stativ schrauben und klemmen, gehört zum Systemgewicht. Das reine Stativ hat prozentual meist einen unerwartet geringen Anteil am Gesamtgewicht.
Test Schwerpunkt
Führen Sie zum Test folgendes Experiment durch. Sie werden über das Ergebnis erstaunt sein.
- Nehmen Sie Ihr Stativ und ziehen Sie die Segmente in die volle Länge aus - aber lassen Sie die Beine zusammengeklappt eng beieinander, so dass Sie das Stativ anschließend horizontal auf den Boden legen können.
Falls Sie üblicherweise mit ausgezogener Mittelsäule fotografieren, dann fahren Sie auch diese aus. Ansonsten lassen Sie diese eingefahren.
- Schrauben Sie Ihr Kamera-Gesamt-System zusammen und befestigen Sie es am Stativkopf auf Ihrem ausgezogenen, am Boden liegenden Stativ.
- Bitten Sie zwei weitere Personen zu Hilfe. Eine Person sollte am Fußende des Stativs stehen und dieses halten, die andere am Kamera-System und jenes vorsichtig halten.
- Lassen Sie nun beide Personen langsam und vorsichtig das Gesamtsystem horizontal anheben.
- Stellen Sie sich dann an die Position, an der Sie den Schwerpunkt Ihres Gesamtsystems vermuten, halten Sie die Handkante Ihrer starken Hand (bei Rechtshändern meist die rechte) senkrecht von unten an den vermuteten Schwerpunkt des Gesamtsystems.
- Bitten Sie nun Ihre beiden Helfer, deren Traglast ganz langsam nach unten abzusenken.
- In allen meinen Tests - auch mit erfahrenen Fotografen - verschätzten sich die Probanden. Der tatsächliche Schwerpunkt lag meist weit höher - also näher an der Kamera - als vermutet.
Dies hat zur Folge, dass die meisten Fotografen die Standfestigkeit Ihres Stativs bei Seiteneinfluss überschätzen.
Schwerpunkt bei Carbon-Stativen
Bei Carbon kehrt sich der Vorteil des geringen Materialgewichtes der Beinsegmente in einen Nachteil um:
- Das Gewicht der Kamera und der Objektive bleibt gleich.
Erfahrungsgemäß nimmt es sogar zu, da viele Fotografen einem Carbon-Stativ viel mehr zumuten als einem Aluminium-Stativ.
- Das Gewicht des Stativkopfes bleibt gleich.
Erfahrungsgemäß nimmt es sogar zu, da viele Fotografen sich für ihr teures Carbon-Stativ - exakt aufgrund des eingesparten Gewichtes - nun auch einen qualitativ hochwertigeren und somit schwereren Metall-Stativkopf gönnen.
- Die technische Entwicklung hin zu mehr Komfort bei der Bedienung der Stativköpfe führte in den letzten Jahren sogar zu schwereren Stativköpfen.
- Der Durchmesser der Rohre der Beinsegmente ist unterschiedlich.
- Oben an der Stativschulter befinden sich die dicksten und somit schwersten Rohre.
- Unten befinden sich sehr schmale und extrem leichte Carbon-Rohre.
- Das führt dazu, dass der Gesamtschwerpunkt bei Carbon-Stativen nochmals nach oben wandert.
- Dies gilt umso mehr, wenn für Carbon-Rohre größere Durchmesser und besonders Wanddicken verwendet werden als für Aluminium-Rohre.
- Bereits das Carbon-Stativ an sich hat meist einen höheren Schwerpunkt, da die Verbindungsteile oben aus Metallschrauben (im Idealfall aus Magnesium oder Titan) bestehen, die Klemm- oder Schraubverschlüsse unten jedoch meist aus leichtem Plastik.
- Ferner nehmen Metallschrauben am Carbon-Stativ mit der Höhe der Beinsegmente an Volumen und Gewicht ebenfalls zu, um die Belastungen auszuhalten, was den Schwerpunkt weiter in die Höhe treibt.
- Noch deutlicher wird dies an der Stativ-Schulter, welche die gesamte Traglast verteilen muss, und deshalb immer massiv ist. Auch wenn sie aus Magnesium gefertigt ist, so ruht dieses Gewicht ganz oben am Stativ.
Physikalisch gesehen ist das ungünstig, da man die Gewichtsabnahme oben wünscht, um den schädlichen Hebel zu reduzieren. Hingegen sollte die Basis am Boden schwer sein.
Alles zusammen hat zur Folge, dass bei Carbon-Stativen das Gewicht unten abnimmt, aber oben zunimmt und so der Gesamtschwerpunkt des Gesamtsystems nach oben wandert. Mit anderen Worten: Solch ein Carbon-System besitzt eine geringe Standfestigkeit und kann leichter umgeworfen werden.
Umsturzgefahren
Wind
- Die meisten Menschen unterschätzen erfahrungsgemäß die Windkraft. Als Segler mit jahrzehntelanger Erfahrung weiß ich, wovon ich spreche.
- Der Windwiderstand eines Kamerasystems kann erheblich werden.
- Gehen Sie nicht davon aus, dass Sie immer Rückenwind haben und schützend vor Ihrer Kamera am Stativ stehen.
- Eine Kamera mit Teleobjektiv und Sonnenlichtblende bietet bereits in der exakten Seitenanstrahlung eine erhebliche Fläche mit einem zudem ungünstigen Luftwiderstandsbeiwert.
- Der Windwiderstand wird noch größer, wenn der Wind schräg von vorne angreift und sich somit sowohl die angeströmte Gesamtfläche des Kamerasystems erhöht, als auch der Luftwiderstandsbeiwert durch die nun extrem ungünstige Form der Sonnenschutzblende steigt.
- Auch die Dreiwegeneiger mit ihren zumindest zwei weit hinausstehenden und dick ummantelten Hebeln erhöhen den Windwiderstand.
- Die Windkraft nimmt im Quadrat der Geschwindigkeit zu. D.h. eine verdoppelte Windgeschwindigkeit ergibt eine vierfache Kraft auf Ihrer Kamera.
- Die Geschwindigkeit des Windes ist am Boden null. Von dort nimmt sie nicht linear, sondern parabelförmig nach oben zu.
- Folglich ist ein Stativsystem völlig unterschiedlich belastet:
- An der stabilsten Basis herrscht kein Seitendruck.
- Meist ist der Seitendruck jedoch bei der mit langem Hebel extrem hoch gelagerten Kamera mit Objektiv am größten.
- Da die meisten Fotografen hoffentlich vernünftig sind, und die instabile Mittelsäule nicht ausziehen sowie auch sonst nichts weiter montieren, sehe ich hier einmal vom Einsatz eines auf der Kamera montierten System-Blitzgerätes oder sonstigen Zubehörs bei Wind ab.
Dieses würde den Hebel nochmals verstärken.
- Aber bereits der Windwiderstand eines Carbon-Stativs ist bauartbedingt durch die oft größeren Rohrdurchmesser oben höher als bei einem Metall-Stativ.
- Das Problem bilden bei der Landschaftsfotografie auch weniger die konstanten Windgeschwindigkeiten, als die Böen, welche binnen Sekunden eine vielfache Kraft auf den hoch liegenden Kamera-Hebel ausüben können. Ich habe am Bodensee bei Gewitter bei einer Grundwindgeschwindigkeit von 4 Bft. binnen zwei Sekunden schon Böen mit 7-8 Bft. erlebt.
Anstößige Menschen
- Nicht nur in freier Natur, auch im Studio kommt es immer wieder vor, dass Personen aus Unachtsamkeit an das Stativ stoßen.
- Die meisten Fotografen behaupten zwar, dass Sie hinter dem Stativ stehen.
- Bei großen Stativen ist dies jedoch nicht der Fall. Dort steht man bereits zwischen zwei Stativ-Beinen.
- Deshalb kann es beim Drehen oder Weglaufen leicht vorkommen, dass man mit dem eigenen Knie oder Fuß ein Standbein berührt.
- Hierbei ist es allerdings von Vorteil, wenn durch das hohe Eigengewicht das Stativ nicht bei jeder Berührung verschoben wird.
Schutz vor Umsturz
Die Standfestigkeit eines Stativs kann man durch folgende Maßnahmen erhöhen:
- Beschweren: Man hängt im Mittelpunkt und möglichst tief unter dem Stativkopf den Rucksack mit allen anderen Objektiven etc. Dadurch senkt sich der Gesamtschwerpunkt ab.
- Anbinden des Stativs am Grund (mit einer Schnur am Dolendeckel oder am Zelt-Hering im Gras). Durch diese feste Verbindung wird die Statik verbessert.
- Beine in einem größeren Winkel abspreizen und somit die Basisfläche erhöhen.
- Manchmal reicht es bereits aus, ein Standbein weiter abzuspreizen. Allerdings muss man hierbei genau wissen, was und wie man es macht. Ansonsten kann sich die Stabilität des Stativs auch verringern.
- Allerdings reduziert sich bei größerem Abspreizwinkel der Beine die nutzbare Stativhöhe.
- Mittelsäule nicht verwenden.
- Die Beinsegmente so ausrichten, dass ein Bein genau in Windrichtung zeigt und zwei sich davon abwenden, um so die maximale Standfestigkeit zu erzeugen.
- Eine weitere Möglichkeit, die Standfestigkeit zu erhöhen, besteht darin, die Schulter (die obere Verbindung der drei Beinsegmente) als großflächige - meist kreisförmige - Platte zu fertigen.
- Dadurch wird sowohl oben beim Stativkopf als auch unten auf dem Boden die Auflagefläche deutlich erhöht.
- Diese Verbindungsscheibe / Platte muss allerdings sehr stabil gefertigt sein, da sie sonst selbst zur Schwach- und somit Bruchstelle werden kann.
- Eine weitere - aber sehr seltene - Möglichkeit besteht darin, vier statt drei Standbeine zu verwenden.
Nun haben Sie jedoch schon einige Dinge (Beschweren, Anbinden) anwenden müssen, die eigentlich die Aluminiumstativ-Besitzer verwenden, um ihre minimal schlechteren Dämpfungs- und Schwingungswerte auszugleichen.
Gewichtsvorteile der Carbon-Stative ?
Einbeinstativ
Vorab: Für den Gewichtsvergleich muss man baugleiche Stative aus zwei Materialien vergleichen. Davon existieren jedoch nur wenige.
- Der Gewichtsvorteil ist beim Einbeinstativ meist minimal.
40 Gramm: 540 g Aluminium gegenüber 500 g Carbon, bei identischer Traglast, Höhe und sonstigen Details.
Mit Neiger (270 Gramm) schrumpft der ohnedies geringe prozentuale Gewichtsvorteil des Carbon-Stativs auf 5 %.
Und dies bei deutlich höheren Preisen.
- 294 Aluminium Einbeinstativ 4 Segmente MM294A4 - Listenpreis 50 Euro (2014 - heute nicht mehr gefertigt) - bei Amazon für ca. 80 Euro - gegenüber
294 Carbon Einbeinstativ 4 Segmente MM294C4 - Listenpreis 90 Euro (2014 - heute nicht mehr gefertigt) - Amazon für 115 Euro (letzter Preis).
- oder 45 Gramm: 499 g gegenüber 454 g bei:
- 290 Aluminium Einbeinstativ 4 Segmente MM290A4 Listenpreis 51 Euro - bei Amazon für ca. 46 Euro
- gegenüber
290 Carbon Einbeinstativ 4 Segmente MM290C4 Listenpreis 95 Euro - Amazon für 59 Euro (zuletzt geprüft: 2023).
- Dass diese minimale Gewichts-Differenz für die Praxis der Fotografie relevant ist, wage ich zu bezweifeln.
Neue Stative sind nicht mehr baugleich und zudem liegen die Gewichte neuer Stative höher (kein Scherz). Aber dennoch will ich einen Vergleich wagen zwischen zwei anerkannt guten Modellen:
- XPRO Alu Foto-Einbeinstativ mit 4 Segmenten - Amazon MPMXPROA4 mit 0,75kg bei einer Maximalhöhe von 180 cm. Amazon gibt übrigens 907 Gramm Artikelgewicht an.
- XPRO Carbon Foto-Einbeinstativ mit 4 Segmenten - Amazon MPMXPROC4 mit 0,6kg bei einer Maximalhöhe von nur 165 cm. Amazon gibt übrigens 767 Gramm Artikelgewicht an.
- Maximal 150 Gramm weniger Gewicht bei allerdings auch 15 cm geringerer nutzbarer Höhe. Wohlgemerkt gilt dies nur für das Rohr selbst - ohne Neiger, Kugelkopf etc. - und das für den doppelten UVP: 213 gegen 106 Euro. Der Straßenpreis unterschied sich noch stärker: 203 zu 85 Euro.
- Nochmals zur Klarstellung, das sind die maximalen Gewichtsunterschiede, die ich bei auch nur annähernd ähnlichen Einbeinstativen (Aluminium/Carbon) finden konnte. Bei allen anderen Produkten aller Hersteller lagen die Gewichtsunterschiede sogar nur bei 50-80 Gramm.
Reisestativ
- Ein Reisestativ unter einem Kilogramm Gesamtmasse kann bereits keine ausreichende Standfestigkeit mehr erzielen, damit man eine Vollformat-Kamera darauf sicher befestigen kann.
- Die Standfestigkeit ist mit zu leichten Stativen beim Einsatz von Teleobjektiven nicht mehr gewährleistet. Beim geringsten Anstoßen oder stärkerem Wind besteht die Gefahr, dass das Stativ umstürzt.
- Verstärkt wird die mangelhafte Standsicherheit bei den leichten Reisestativen durch die extrem spitzen Winkel der Beine. Abspreizwinkel von 20 Grad und weniger sind heute bei Reisestativen in der ersten Rasterung üblich.
- Wenn man zur Stabilitätserhöhung die Beine weiter abspreizt (z.B. zweite Rasterung), sinkt die ohnedies geringe Stativhöhe nochmals auf ein dann völlig unergonomisches Maß ab.
- Meines Erachtens liegt bei ca. 1 Kilogramm Gesamtmasse die praktikable Grenze für meine Fotopraxis.
- Andere Fotografen empfehlen sogar ein Gewicht von 1,2 bis 1,8 kg für Reisestative (ohne Stativkopf).
- Einige wenige Carbon-Stative können zwar das Gesamtgewicht noch absenken.
- So gab es vor wenigen Jahren ein Carbon-Reise-Stative mit weniger als 500 g Eigengewicht.
- Siehe z.B. Fat Gecko Carbon Fiber Tripod von Delkin.
- Um den Gewichtsvorteil des Carbons ausspielen können, sind diese Stative dann fast ausschließlich aus Kunststoff gefertigt.
- Aber sie weisen exakt aus diesem Grund gravierende ergonomische Nachteile auf. - Siehe hierzu die Kritiken und Bewertungen im Internet.
- Der Hersteller Delkin scheint deshalb das Produkt im August 2013 wieder aus dem Vertrieb herausgenommen zu haben.
- Selbst kleinere Carbon-Reisestative besitzen als Vorteil oft Traglasten von 10 kg und mehr. Die Frage ist nur, ob man auf der Reise eine derartige schwere Kamera-Ausstattung mitnimmt. Falls ja, dann wird man auf der Reise auch den Platz für ein größeres und schweres Stativ haben.
- Selbst wenn man kleinere baugleiche Stative aus Aluminium und Carbon bei denselben Herstellern vergleicht, liegen oft nur 140 Gramm Unterschied dazwischen (z.B. Bilora Perfect Pro Alu Art.Nr. A 253 mit 1,59 kg und Perfect Pro Carbon Art.Nr. C 253 mit 1,350 kg).
- oder 300 Gramm: Bilora Perfect Pro II Art.Nr. PP-284A (Aluminium) mit 1,92 kg gegen Perfect Pro II Art.Nr. PP-284C (Carbon) mit 1,62 kg
- oder: Benro Versatile Transformer BRC2970F (Carbon 1,6 Kg) für £235, gegenüber der Aluminium-Version Benro Versatile Transformer BRA2970F, für £100 bei 400 Gramm mehr Gewicht.
- oder: Manfrotto 294 MT294C3 (Carbon 1,6 Kg), gegenüber der Aluminium-Version Manfrotto 190 Versatile Transformer MT190XPRO3 bei 400 Gramm mehr Gewicht.
- 10-20 % Gewichtsersparnis am Rohstativ sind m.E. nur beim Tragen des leeren Stativs spürbar - hingegen kaum spürbar mit Kugelkopf oder Neiger und absolut vernachlässigbar mit montierter Vollformat-Kamera.
- Hinzu kommt der für beide Stative gleichschwere Stativkopf, der den prozentualen Gewichtsvorteil des Carbon-Stativs weiter schrumpfen lässt.
- Vor allem bei Reisestativen, bei denen die Gewichtsabnahme beim Transport sinnvoll wäre, tritt jedoch das Phänomen des Grenzwertes ein.
- Die Gewichtsersparnis des Gesamtsystems ist eher gering.
- So spart die Firma Sirui bei ihrem T-025 Carbon im Vergleich zum relativ baugleichen Aluminium T-005 nur noch 18 % ein - 150 Gramm - und wiegt (laut Prospekt) nur 650 statt 800 Gramm.
- Wobei dieses Modell nicht für Vollformat-Kameras geeignet ist.
- D.h. bis heute benötigte ich für Vollformatkameras im Reisebereich keine leichteren Stative, als sie durch Aluminium erzielbar sind. Siehe mein Aluminium-Reise-Stativ.
Neue Stative, die inzwischen auch als Reisestativ empfohlen werden, sind nicht mehr baugleich. Aber dennoch will ich hier einen aktuellen Vergleich wagen zwischen zwei anerkannt guten Modellen:
- 190XPRO Alu Stativ QPL, 3 Segmente - Idealo MT190CXPRO3 mit 2kg bei einer Maximalhöhe von 135 cm.
- 190 Carbon Stativ QPL, 3 Segmente - Amazon MT190CXPRO3 mit 1,6kg bei einer Maximalhöhe von 135 cm.
- Maximal 400 Gramm weniger Gewicht. Wohlgemerkt gilt dies nur für das Rohr selbst - ohne Neiger, Kugelkopf etc. - und das für fast den doppelten UVP: 457 gegen 245 Euro. Der Straßenpreis unterschied sich weniger: 288 zu 152 Euro.
- Nochmals zur Klarstellung, das sind die maximalen Gewichtsunterschiede, die ich bei auch nur annähernd ähnlichen Dreibeinstativen (Aluminium/Carbon) finden konnte. Bei allen anderen Produkten aller Hersteller lagen die Gewichtsunterschiede darunter.
- Hinweis: Persönlich halte ich 135 cm Höhe für zu gering, um damit ergonomisch zu arbeiten.
Studiostativ
- Ein schweres / Studio-Stativ hingegen wiegt bereits 2-5 Kilogramm bei Metallausführung (ohne Stativkopf). Große Studiostative erreichen durchaus auch über 10 kg Eigengewicht.
- Eine Einsparung durch Carbon von maximal 500 Gramm bis 2 Kilogramm macht daraus noch immer kein Leichtgewicht (und keinesfalls ein Reisestativ). Denn bereits 2 Kilogramm Gesamtgewicht sind zu schwer zum langfristigen Tragen.
- Das Gesamtgewicht wird jedoch maßgeblich durch den schweren Stativkopf und die Kamera mit Objektiv bestimmt.
- Ferner nutzt man im Studio fast immer komfortable, hochwertige, massive und schwere Stativköpfe.
- Ein Studiostativ hingegen darf und soll meines Erachtens schwer sein.
Es soll weder bei einer Berührung verwackeln noch soll man es leicht umstoßen oder auch nur unbeabsichtigt verrücken können.
- Auch wenn ich das schwere Studiostativ im Pkw transportiere, ist das Gewicht nebensächlich.
- Selbst wenn man ein wirklich schweres / Studio-Stativ für ganz besondere Außenaufnahmen verwendet (z.B. mit einem großen Teleobjektiv für Naturaufnahmen), so wird es in der Regel einmal aufgestellt - und dann verbleibt es für Stunden oder sogar Tage dort, bis man die ideale Tieraufnahme machen kann. Erst danach wird es wieder abgebaut.
- Selbst wenn man ein schweres Studio-Stativ für Hochzeiten mobil verwendet, wird es normalerweise nur wenige Male korrekt aufgebaut und dann wieder abgebaut. An- und Abfahrt erfolgen mit dem Pkw. Die Tragestrecken auf einem Shooting sind meist sehr kurz. Der Gewichtsvorteil eines Carbon-Stativs beim manuellen Transport liegt angesichts des hohen Gesamtgewichtes des Fotogesamtsystems sowieso meist bei maximal 1 Kilogramm (bei dann aber ca. 10 kg Gesamtgewicht.
- Aber selbst mein schweres Studio-Stativ habe ich bereits mehrfach hunderte von Treppen auf so manches Münster hoch- und wieder heruntergetragen. Und dies obwohl ich weder gerne laufe noch trage. Aber wirklich perfekte Fotos kann man mit so einem schweren, stabilen Studiostativ einfacher erstellen, als mit einem leichten Stativ. Hier ging es mir wieder um die minimale Windempfindlichkeit in großer Höhe.
Aus demselben Grund habe ich es in so mancher Seilbahn auf so manchen Berg und Alpengipfel mitgenommen. Dort herrscht fast immer Wind!
- Bei besonderen Aufnahmen habe ich das Problem folglich noch nie im Gewicht des reinen Stativs, sondern immer im Gesamtgewicht des Foto-Gesamtsystems gesehen, das ich im mobilen Einsatz oft in meinem großen Rucksack transportiere.
- D.h. bis heute benötigte ich auch kein leichteres Studiostativ, als es durch Aluminium erzielbar ist.
Größeneffekte
- Die zweifellos vorhandenen physikalischen Vorteile der Carbon-Stative werden meines Erachtens erst bei höheren Traglasten (über ca. 10 kg) ausschlaggebend.
- Traglasten von bis zu 50 kg lassen sich nur mit Carbon-Stativen so erzielen, dass man das Stativ als Einzelperson auch noch über größere Strecken tragen kann.
- Dennoch möchte ich gleich vor unbegründeter Euphorie warnen: Die wirklich großen Studiostative mit hoher Traglast werden aus Aluminium hergestellt (siehe z.B. bis zu 140 kg Traglast Sachtler - oder bis 200 kg Cartoni).
- Für die meisten Fotografen, die immer unter der 10 kg Traglastgrenze bleiben - meist sogar wie ich mit 6 kg auskommen - wirken sich die Vorteile des Carbons nicht so gravierend aus.
- Falls Ihnen 6 kg als zu gering vorkommt, so lassen Sie uns doch einmal ein Supersystem zusammenstellen:
- Profi-Kamera Vollformat (1-1,5 kg),
- 2-fach-Telekonverter (500 g) und 600 mm-Teleobjektiv (4 kg) ergeben zusammen 6 kg.
- Ich bezweifle, dass die meisten Fotografen - selbst die meisten Naturfotografen - ständig mit solch einer teuren und schweren Ausstattung im Feld arbeiten.
- Ich kam bisher mit 6 kg Kamera-Objektiv-Gewicht und insgesamt 8 kg Traglast des Stativs immer gut hin.
- Mein größtes Stativ aus Aluminium besitzt 8 kg Traglast.
- Der komfortable Neiger wiegt ca. 1 kg.
- Da bleibt sogar noch ca. 1 kg Luft für einige Schienen, Winkel und Zubehörteile.
- Ferner kann man Aluminium-Stative bedenkenlos überlasten.
- Zum Vergleich sei hier auf die beiden als (auch heute noch) von ColorFoto am besten bewerteten Stative Cullmann Magnesit verwiesen
- 532C - Aber im Testbericht wird wieder einmal das falsche Gewicht angegeben. Deshalb finden Sie die korrekte Herstellerangabe hier: 532C und
- 532Q
- Das Aluminium-Stativ ist 2,7 kg schwer. Die Carbon-Variante wiegt 2,2 kg.
- Die Einsparung von 500 Gramm ist mit 23 % (von dem leichteren aus gerechnet) erheblich. Vom schwereren Aluminiumstativ aus gerechnet sind es nur 18%.
- Vanguard ALTA PRO 263AT mit 4,4 lb = 2.000 Gramm (Aluminium)
- Vanguard ALTA PRO 283CT mit 3,75 lb = 1.700 Gramm (Carbon - heute nicht mehr im Angebot)
- Auch hier ist die Einsparung von 300 Gramm mit 23 % (von dem leichteren aus gerechnet) erheblich. Vom schwereren Aluminiumstativ aus gerechnet sind es nur 18%.
- Manfrotto 190 XPRO Aluminium-Stativ (3 Segmente) mit 2.000 Gramm (Aluminium)
- Manfrotto 190 XPRO Carbon-Stativ (3 Segmente) mit 1.600 Gramm (Carbon)
- Auch hier ist die Einsparung von 400 Gramm mit 25 % (von dem leichteren aus gerechnet) erheblich. Vom schwereren Aluminiumstativ aus gerechnet sind es nur 20%.
- Von den in der Werbung jedoch immer zu hörenden bis zu 40 % Gewichtseinsparung bei Carbon ist hier (wie auch bei allen meinen sonst durchgeführten Vergleichen) nichts zu sehen.
- Zur Klarstellung: Ich halte 300-500 Gramm Gewichtseinsparung für eine enorme technische Leistung, aber für irrelevant bei Studiostativen.
- Und vor allem wird das Carbon-Stativ 532 C mit 2,2 kg (ohne Stativkopf) sowie selbst das 190 XPRO mit 1,6 kg (ohne Stativkopf) kein leichtes Reisestativ.
- Da alle Gewichte zu hoch sind, als dass ich sie ständig mit Freude mit mir tragen wollte, ist der minimale Gewichtsvorteil jedoch für mich irrelevant.
- Und im aufgebauten Zustand auf dem Boden oder als Ballast im Kofferraum des Autos kommen Eigengewichte im wahrsten Sinne des Wortes ebenfalls nicht zum Tragen.
- Überdies fehlen dem Carbon-Stativ zahlreiche Ausstattungsdetails des Aluminiumstativs wie die Quickshift-Mittelsäule (Querträger / Quickshift mit ca. 200 g.), und es bietet auch eine um 10 cm geringere maximale Höhe.
- So sparen im Übrigen viele Carbon-Stative Gewicht ein: Sie lassen schweres Zubehör einfach entfallen.
- Zum reinen Netto- / Leer-Gewicht des Stativs kommt jedoch noch der Stativkopf, wodurch der prozentuale Gewichtsvorteil des Carbons noch weiter schrumpft.
Ergonomische Stehhöhe erfordert Gewicht
- Will man bei einem Carbon-Stativ eine unter allen Umständen absolut bequeme Stehhöhe erzielen (normale Höhe ohne Mittelsäule 160-170 cm ohne Stativkopf), so liegt das Gewicht des reinen Carbon-Stativs (in guter Qualität mit mindestens 8-fach-Lagen) bereits bei 2 bis 2,5 kg (siehe z.B. Benro).
- Diese Stative bieten dann zwar z.T. Traglasten von weit über 20 kg, welche man allerdings oft nicht benötigt.
Prozentrechnung
Konkret kann man dies an meinem oben genannten Stativ nachrechnen:
Liste aller Testkriterien
Ausrüstung | Aluminium | Carbon | prozentualer Gewichtsvorteil |
Leeres Stativ |
2,7 kg |
2,2 kg |
- 18,5 % |
Stativ mit Stativkopf 1,3 kg |
4 kg |
3,5 kg |
- 12,5 % |
+ mit Vollformat-Kamera + leichtes Objektiv 1,5 kg |
4,2 kg |
3,7 |
- 12 % |
+ mit Vollformat-Kamera + 70-200 Telezoom Objektiv 2,5 kg |
5,2 kg |
4,7 kg |
- 9,6 % |
+ mit Vollformat-Kamera + 70-200 Telezoom Objektiv + 2-fach Konverter 3 kg |
5,7 kg |
5,2 kg |
- 8,7 % |
+ mit Vollformat-Kamera + 600 Tele-Objektiv 5 kg |
7,7 kg |
7,2 kg |
- 6,5 % |
Ich bezweifle, dass 10% Gewichtseinsparung (oder weniger) für die Fotopraxis relevant sind.
Fazit Gewichtsvorteile
- Ob die Beine aus Stahl, Aluminium, Holz, Basalt oder Carbon sind, spielt erst bei großen Stativen eine Rolle beim Gesamtgewicht.
- Bei kleinen Stativen ist der Gewichtsanteil der anderen Komponenten sehr hoch. Diese müssen jedoch aus Festigkeitsgründen fast immer aus schwerem Metall sein.
- Bei kleinen Reisestativen liegt der Gewichtsvorteil oft bei nur 100 Gramm oder 10%.
- Bei mittelgroßen Studio-Stativen liegt der Gewichtsvorteil meist bei 400-500 Gramm.
- Bei großen Studio-Stativen liegt der Gewichtsvorteil teilweise bei über einem Kilogramm.
- Das Hauptgewicht liegt bei dem Kernstativ (ohne Stativkopf) bei der Stativschulter.
- Selbst wenn hier Magnesium oder eine Aluminium-Magnesium-Legierung verwendet wird.
- Wird reines Aluminium verwendet, so ist sie noch etwas schwerer und nicht ganz so stabil.
- Auch die Verschlüsse und Schrauben sind heute bei Aluminium-Stativen und Carbon-Stativen identisch aus leichtesten Materialien wie Magnesium.
- Je kleiner die Stative sind, umso größer wird der prozentuale Anteil der meist metallenen Komponenten (Schulterkopf, Verschlüsse, Schrauben, Spikes).
- Liegen beim Studiostativ 2 bis 3 Beinsegmente vor, so kommen Reisestative auf bis zu 6 Beinsegmente mit dann 15 Metall-Verschlüssen.
- Noch höher wird der prozentuale Anteil des Gewichtes des zwangsweise aus Metall hergestellten Stativkopfes, selbst eines kleinen Kugelkopfes.
- Selbst wenn man den Kugelkopf aus Reisestativen auf 200 Gramm reduziert (bei dann auch geringer Traglast und Haltekraft sowie Komforteinbußen bei der Leichtgängigkeit), macht sein Anteil 20-30 % des Gesamtgewichtes eines Stativs aus.
- Dagegen Verblassen die geringen Einsparungen durch das Carbon.
- Den Hauptvorteil der bei gleichem Gewicht oft höheren Traglast werden die meisten Fotografen nicht nutzen können, da oberhalb von 8 kg auch hier ein Grenzwertphänomen greift.
Einsatzgebiete
Carbon-Fasern werden in vielen Bereichen verwenden, weil sie dort tatsächlich spürbare Vorteile erzielen:
- In der Luft- und Raumfahrt, im Fahrzeugbau oder für Sportgeräte wie Fahrradrahmen, Segelmasten ergibt der Einsatz von Carbon einen klaren Vorteil:
- Es wird permanent Energie (sei es Treibstoff oder Muskelkraft) eingespart,
- die Beschleunigung ist bei geringerer Masse größer,
- das Gewicht in der Höhe und somit die Hebelkräfte bei langen Segel-Masten sind spürbar geringer, was sofort zu höheren Bootsgeschwindigkeiten führt,
- usw.
- Allerdings spielen diese Vorteile in meiner Fotopraxis keine Rolle.
- Und die insgesamt geringe Gewichtseinsparung wiegt die sonstigen gravierenden Nachteile für mich nicht auf.
Selbstverständlich erkenne ich die Vorteile eines leichten Stativs für eine leichte Kamera: Z.B. auch eine spiegellose Kamera nur mit Normal- oder Weitwinkelobjektiven. Allerdings geht es in dieser Analyse um schwere Vollformat-Kameras und dazu passende lichtstarke, schwere Tele-Objektive.
Als neugieriger Wissenschaftler freue ich mich jedoch, wenn ein begeisterter Anhänger der Carbon-Stative mich mit verifizierbaren Sachargumenten von den Gewichts-Vorteilen für schwere Vollformat-Kamera- und -Objektivsysteme für die Praxis überzeugen kann.
Eigenschwingungen der Carbon-Stative
- Die immer wieder hoch gelobte Schwingungsfestigkeit bezieht sich ausschließlich auf das Material Carbon oder das Carbon-Rohr (den Holm) selbst. Dies macht jedoch nur einen geringen Teil des gesamten Stativs aus.
- Gemäß Test (u.a. Heise C't Foto 2013 / 3) schneiden Carbon-Stative bei Vibrationstests - insbesondere mit Kugelköpfen - erstaunlich schlecht ab.
- Zahlreiche Carbon-Stative (vor allem mit Kugelköpfen) zeigten in Tests wesentlich schlechtere Vibrationseigenschaften als Aluminiumstative (insbesondere mit Dreiwegeneigern).
- Für die Schwingungsresistenz kommt es somit einerseits auf die (neben dem Carbon) sonst verwendeten Materialien sowie andererseits insbesondere auf deren Konstruktion und Verarbeitung an.
- Bei seriösen Tests stellt sich immer wieder heraus, dass bei allen Stativen (inklusive Carbon) die Vibrationen durch kamerainterne (vor allem durch Spiegelauslöser und Verschluss) sowie externe Einflüsse derart hoch sind, dass es in kritischen Bereichen zu sichtbaren Verwacklungen kommt.
- D.h. sämtliche Stativarten benötigen in belichtungszeitkritischen Bereichen (je nach Objektiv und Kamera zwischen ca. 1/200 und 1 Sekunde) eine Spiegelvorauslösung sowie bei Wind eine Gewichtsbeschwerung - auch Carbon-Stative.
- Auch hier beweist sich wieder, dass es für die Fotopraxis sinnlos ist, nur die theoretische physikalische Eigenschaft des Carbonholmes zu messen. Man muss immer die Gesamtkonfiguration aus allen einzelnen Elementen vom Stativ über Stativkopf, Kamera bis hin zum Objektiv etc. in Betracht ziehen.
Qualität: Herstellungsverfahren der Carbon-Stative
- Das Herstellungsverfahren für Carbon ist sehr aufwändig, da Verunreinigungen und Luftbläschen beim Laminieren unter allen Umständen vermieden werden müssen.
- Einerseits liegen die Produktionskosten als Folge der relativ hohen Kosten für die Grundstoffe (insbesondere das spezielle Epoxidharz sowie die oft speziell gewebten Kohlenstoff-Matten / -Gewebe) und vor allem der personalintensiven (Hand-) Laminierung sehr hoch - höher als bei Metallen oder anderen Kunststoffen. Andererseits hat der erforderliche lückenlose Qualitätssicherungsprozess seinen Preis.
- Da die Stabilität von Kohlenstoff in Faserrichtung wesentlich höher ist als quer zur Faserrichtung, werden Fasern kreuzweise zu Matten gewebt und zahlreiche Matten wiederum in unterschiedlichster Richtung aufeinander laminiert, um Stabilität in vielen Richtungen zu gewährleisten.
- Bei speziellen Fertigungen werden die Belastungen im Computer vorher simuliert und dann die Faserlagen genau danach laminiert, um die geplante Festigkeit und Steifigkeit zu erreichen.
- Aufgrund der komplizierten und kostenintensiven Herstellung mittels Handauflegeverfahren im kaltgehärteten Carbon-Bau wurden andere Herstellungsweisen untersucht.
- Das Strangziehverfahren, Faserwickeln, Pultrusionsverfahren, pultrudieren, Strangpressen oder Pultrusion bzw. Pull Winding Technology, Zug- und Verdreh-Verfahren ist das heute für Stativrohre vermutlich am häufigsten eingesetzte Herstellungsverfahren.
- Dabei werden nur parallel ausgerichtete Carbon-Längsstränge laminiert.
- Diese werden dann - in jeder Schicht / Lage - in unterschiedlichen Winkeln nebeneinander und übereinander gelegt / gewickelt
- und bei hohen Härtungstemperaturen
- unter konstanten Bedingungen verklebt.
- Theoretisch kann so bei optimaler Anwendung ein höherer Anteil der für die Stabilität wichtigen Carbonfasern im Verhältnis zu den Klebstoffen erzielt werden. Dadurch lassen sich dann dünnwandigere Rohre herstellen als im Roll-/Auflegeverfahren mit ganzen Matten. - Aber die Marketing-technische Nennung des Pultrusionsverfahrens alleine sagt noch nichts über die tatsächliche Ausgestaltung desselben bei der Produktion aus.
- Bis zu zehn Lagen sind bei guten Carbon-Rohren keine Seltenheit.
- Zahlreiche Stativ-Hersteller fertigen die Carbon-Teile nicht selbst, sondern lassen sie fertigen und sind somit auf Massenware angewiesen. Dort werden die Rohre meist relativ unspezifisch im Prepreg-Verfahren, im Press- oder Autoklavverfahren sowie mit Faserwickeln hergestellt.
- Auch die Qualität der verwendeten Kunststoff-Harze zum Verkleben der Fasern schwankt und ist eine Preisfrage.
- Vor allem alte Stative leiden öfter unter den früher verbreiteten Fabrikationsfehlern. Deshalb sollte man sich einen Gebrauchtkauf gut überlegen.
- Auch die Zahl der verwendeten Carbon-Fasern und Faserstränge haben einen erheblichen Einfluss auf die letztendlich in der Produktion erzielte Qualität.
- Allerdings machen immer weniger Firmen Angaben zur Anzahl der verwendeten Fasern.
- Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass manche Hersteller die Faseranzahl - den Carbon-Anteil - in den Rohren verringern, wodurch die Qualität der Rohre zwangsweise leidet.
- Da bei der Fertigung von CFK ein hoher Faservolumenanteil erwünscht ist, hängen die physikalischen Eigenschaften des Carbon-Rohres im erheblichen Maße von der Faseranzahl ab.
- Hier wird zunehmend aus Kostengründen gespart.
- Dadurch werden die Rohre oft weich, oder brüchig, definitiv jedoch instabil.
- Manche Hersteller bieten inzwischen auch billig-Carbon-Dreibein-Stative an (unter 100 US $). Deren Beine sollen sich jedoch sogar durchbiegen, weil sie sehr wenig Kohlefasern enthalten.
- Ausnahmsweise ein längeres Zitat aus einem interessanten Artikel (Link nicht mehr verfügbar) zu Carbon und dessen Einsatz bei Fahrrädern:
Faserverbundwerkstoffe lassen sich nicht so einfach berechnen wie Konstruktionen aus Metall. Vor allem die komplexen Übergänge von einem Rohr auf das andere - dazu sind kaum realistische Berechnungen mittels einer Computersimulation möglich. Der Konstrukteur muss deshalb viel Know-how und Erfahrung mitbringen, sonst mutiert das fertige Carbon-Teil zum unkalkulierbaren Risiko.
- Allerdings kann man die Qualität der Verarbeitung von außen mit dem bloßen Auge nicht erkennen.
Einschlüsse, Delaminationen und Wanddickenunterschiede des Carbon-Rohres lassen sich nur mit teuren Spezialgeräten feststellen.
Qualität: Streitpunkt Lagenanzahl bei Carbon-Stativen
Mehr ist besser?
- Inzwischen streitet man sich in der Carbon-Szene über die erforderliche Anzahl der Lagen bei Carbon-Rohren.
- Mit steigendem Fortschritt gelingt es, zunehmend mehr Lagen aufeinander zu laminieren und dennoch eine noch ergonomische Rohrwanddicke zu erzielen.
- Waren früher 3- bis 4-lagige Stative oft zu finden, so werden heute 6 oder sogar 8-lagige Carbon-Rohre als Standard angeboten. Hochwertige Stative boten seit ca. 2017 mindestens 9 Lagen oder 10.
- Im Prinzip können mehr Lagen eine höhere Festigkeit erzeugen als wenige Lagen.
- Der Grund liegt darin, dass Kohlefasern nur in einer Richtung extreme Stabilität zeigen.
- Deshalb werden sie entweder kreuzweise zu Matten geflochten und diese Matten werden wiederum in mehrere Lagen in einem bestimmten Winkel zueinander aufeinander verklebt.
- Oder man verwendet Strangziehverfahren, bei dem die Fasern in bestimmten Winkeln übereinander gewickelt werden.
- Das bedeutet, dass ein 6 oder 8-lagiges Carbon-Rohr in einem Wickel-Verfahren wirklich nur aus 6 bzw. 8 Lagen besteht.
- Im Matten-Laminierverfahren besteht jede Matte jedoch bereits aus 2 gekreuzten Lagen. D.h. sie bieten die doppelte Lagenzahl an Carbon-Richtungen.
D.h. konkret, dass eine gleiche Lagenzahl Mattengewebe eine höhere Stabilität bietet gegenüber einfachen Linienstrukturen.
- Die höheren Verarbeitungstemperaturen und sonstigen Vorteile des Pultrusion-Verfahrens können dies nicht vollständig ausgleichen.
- Die Lagen müssen jedoch in exakt den erforderlichen Richtungen korrekt ausgelegt und sorgfältig laminiert oder im Strangziehverfahren hergestellt werden.
- 8 oder mehr in derselben Richtung orientierte Lagen, die dazu noch nachlässig laminiert wurden, bieten definitiv weniger Stabilität als 4 Lagen die perfekt aufeinander und auf die im Rohr verlaufenden tatsächlichen Kraftlinien ausgerichtet sind sowie sorgfältig laminiert wurden.
- Ferner spielen die Faseranzahl sowie das verwendet Harz eine wichtige Rolle.
- Allerdings kann man von außen derart wichtige Details nicht sehen.
- Hier muss man den Herstellern (der Rohre / Beinsegmente) vertrauen.
Bei Giottos können Sie in Aufrisszeichnungen die angeblichen Ausrichtungen der Fasern sehen.
Identische Stabilität
- Sowohl viele Hersteller als auch Anhänger der Carbon-Stative (inklusive mancher Tester) ziehen bei Stabilitätsvergleichen unsachliche Beispiele heran.
- Man vergleicht nach modernsten labortechnischen Herstellungsverfahren optimierte Carbon-Rohre mit uralten Aluminium-Herstellungsmethoden.
- So ergeben sich - in manchen Teilbereichen - im Labor bis zu 40 % bessere Werte.
- Allerdings hat sich auch die Metallverarbeitung in den letzten Jahrzehnten dramatisch verbessert.
- Ferner entsprechen labortechnische Ideal-Werte nie der in der Massenproduktion erzielbaren Güte.
- Folglich ergeben Praxis-Tests angesehener Magazine im angloamerikanischen Raum (z.B. Techradar 2012) ein ganz anderes Bild der Realität:
- Das Carbon-Stativ Benro FlexPod C297EX - mit 1,6 kg Eigengewicht bei 12 kg Traglast (aber 5 cm niedriger Gesamthöhe)
- und das Aluminium-Stativ A297EX 2 kg Eigengewicht bei 10 kg Traglast (aber 5 cm größerer Gesamthöhe).
- Der Test ergab, dass die Stabilität beider Stative identisch ist.
- Da das Aluminium-Stativ jedoch höher war, war de facto dessen relative Stabilität sogar größer.
Biegefestigkeit der Carbon-Stative
- Zum Begriff der Biegefestigkeit siehe Tests.
- Die wesentlich höhere Biegefestigkeit des Carbons führt nicht per se zu besseren Fotos.
- Bei Auslegerarmen (z.B. schwenkbare Mittelsäule), die in Tests bei Aluminium-Stativen gerne kritisiert werden, wird meines Erachtens zu viel verlangt.
- Selbstverständlich biegen sich lange Rohre durch.
- Will man diesen Effekt begrenzen, so muss man Doppelstative verwenden und sie am besten mit zwei Rohren verbinden, auf denen dann die Kamera zwischen beiden Stativen auf dieser Schiene befestigt wird.
- Jene physikalischen Gesetze betreffen alle Materialien - auch Carbon.
- Aber auch hier gilt: sobald sich der einarmige Ausleger einmal nach unten gebogen hat, ist die Position relativ stabil.
- Ein weiterer Aspekt liegt bei Auslegerarmen (z.B. schwenkbare Mittelsäule) bei den kritisierten Aluminium-Stativen auch darin, dass man einen Ausleger mit Kamera und schwerem Objektiv natürlich nur so weit zur Seite bewegen / von der zentralen Gewichtsachse entfernen darf, wie die Basisplattform (Dreieck der Stativ-Füße) es aufgrund der Stabilität erlaubt.
- Bei Carbon-Stativen liegt der Schwerpunkt jedoch höher und somit würden sie auch mit Auslegern schneller umstürzen als Aluminium-Stative.
Dies ist ein Grund, warum man Ausleger dort seltener findet.
Kälteschutz der Carbon-Stative
- Metall-Stative sind im kalten Winter nur mit Handschuhen oder Schaumstoffummantelung (Legwarmer) der oberen Beinsegmente verwendbar, da bei sehr tiefen Temperaturen die Finger sogar am kalten Metall anfrieren können.
- Im Winter ist Carbon aufgrund der Kälte nicht so gefährlich wie Metall.
- Allerdings ist es unzutreffend, dass Carbon-Stative temperaturneutral oder sogar nicht wärmeleitend wären.
- Selbstverständlich nehmen sie auch die Umgebungstemperatur an.
- Deshalb werden hochwertigere Carbon-Stative inzwischen ebenfalls mit Schaumstoffummantelung der oberen Beinsegmente angeboten.
- Wer trotzdem noch an die alten Märchen glaubt, kann es einfach mit seinem Carbon-Stativ bei minus 20 Grad im Winter in den Alpen mit bloßen Händen einmal ausprobieren. Es ist kalt.
- Allerdings werden Carbon Stative aus Gewichtsgründen nur sehr sparsam mit den relativ schweren Schaumstoffummantelungen ausgestattet:
- Noch immer werden die meisten Carbon-Stative ohne Kälteschutz verkauft.
- Wenn solche angebracht sind, dann findet sich meist nur ein Bein mit dieser Hülle.
- Oder es wird sogar nur der obere Teil (handbreit) - aber nicht das ganze obere Beinsegment damit umwickelt.
- Bei sehr teuren Carbon-Stativen findet man dann auch an zwei Beinsegmenten sehr kurze Schaumstoffhüllen - für nur ein Drittel bis zur Hälfte der Beinsegment-Länge.
- Wer einmal sehen möchte, wie heute hingegen ein sehr preiswertes Aluminiumstativ mit weichem, griffigem und dickem Neopren-Schutzmantel an allen Beinsegmenten auf voller Länge komplett umhüllt wird, der sehe sich mein Studiostativ an.
Hohe Bruch- und Zugfestigkeit / Reißfestigkeit ?
Fast alle hoch gelobten physikalischen Eigenschaften des Carbons gelten nur in der Längsrichtung der Fasern.
- Da Carbon bei perfekter Verarbeitung in vielschichtigen und damit dicken Lagen tatsächlich sehr stabil ist, werden seine Eigenschaften insgesamt oft überschätzt.
- Es kommt auf die perfekte Verarbeitung vieler unterschiedlich ausgerichteter Lagen an.
- Als Segler kann ich von Unfällen berichten, bei denen Carbon-Masten bereits bei nur 2 Windstärken einknickten und als Totalschaden ins Wasser fielen.
Der Grund war keineswegs der (hier nur minimale) Winddruck, sondern eine Belastung aus einer nicht erwarteten und somit nicht verstärkten Richtung. Das Carbon-Rohr wurde nur unglücklich verspannt.
- Carbon-Fasern sind nur in einer Richtung wirklich stabil. Deshalb werden hochwertige Stativrohre auch aus vielen multidirektional ausgerichteten Lagen verklebt.
- Dieser Aufwand ist teuer, was den Preis mancher wirklich hochwertigen Stative miterklärt.
- Ein hoher Preis alleine ist jedoch keine Garantie für Qualität.
- Angesichts der hohen Produktionskosten bleibt es mir ein Rätsel, wie manche vermeintlich hochwertigen Carbon-Stative zum Preis eines Aluminium-Stativs angeboten werden können.
- Allerdings erkennt man von außen nicht, wie sauber die Arbeiten im Innern des Rohres durchgeführt wurden.
- Die Eigenschaften von Metallen sind hingegen wesentlich einfacher zu erzeugen und lassen sich auch relativ einfach über die Dimensionen eines Statives konstant garantieren.
- Ferner ist es im Metallbereich einfacher, mit dem bloßen Auge Überlastungsschäden zu erkennen als bei Carbon.
Empfindlichkeit der Carbon-Stative
- Carbon-Rohe besitzen eine empfindliche Oberfläche und sind gegenüber seitlich einwirkenden Kräften überaus anfällig.
- Ferner verträgt es keine punktuellen Belastungen.
- Überdies verträgt Carbon keine Verletzungen durch spitze Gegenstände.
- Kleinere Unfälle muss ein Stativ meines Erachtens jedoch ohne Beschädigung überstehen.
- Z.B. Umfallen des Stativs aus der vollen Auszugshöhe mit dem montierten Stativkopf.
Auch ohne Kamera wirken enorme Kräfte bei einem Aufprall, da bereits ein Kugelkopf oben eine erhebliche Masse besitzt.
- Derartige Falltestes bei den Testkriterien fehlen jedoch.
- Warum eigentlich?
- Bei einem Stativ handelt sich um ein Arbeitsgerät wie ein Laptop.
- Und dort wird auch alles nach einem Sturz aus einem Meter Höhe getestet.
- Sorgen Sie dafür, dass die Carbon-Rohre nicht gegen harte Gegenstände prallen.
- Ferner darf man Carbon-Stative nicht auf einen steinigen oder felsigen Untergrund fallen lassen.
- Überdies sollte Ihnen das Stativ auf einer Treppe nicht in die Stufenkanten fallen. Die Beinsegmente vertragen derartige Schläge in Querrichtung nicht gut.
- Carbon-Stative sollte man nicht ungeschützt auf den Boden und definitiv nicht auf einen Felsen legen.
Dies könnte die empfindliche äußere Schicht erheblich zerkratzen.
- Die Oberfläche von Carbon ist so empfindlich, dass bereits Sand sie relativ schnell aufreiben kann.
- Ferner sollte nichts an den Rohren entlangscheuern, da die empfindliche Carbon-Oberfläche so schnell beschädigt werden kann.
Dies kann bereits durch einen Metallreißverschluss an Ihrem Anorak geschehen, falls Sie das Carbon-Stativ mit einem Schultertragegurt offen transportieren.
- Weder sollten Sie sich auf die am Boden liegenden Rohre des Stativs knien, noch sollten Sie die Rohre mit Riemen irgendwo (Auto, Motorrad etc.) festzurren, da die Rohre für derartigen Druck von der Seite nicht ausgelegt sind.
- Carbon-Rohre reagieren sehr empfindlich auf seitliche Klemmkräfte.
- Weil die Empfindlichkeit des reinen Carbons für seitliche Belastung (Quetschung, Schläge etc.) oder Verbiegung bekannt und hoch ist, mischen Hersteller wie z.B. Velbon dem Carbon seit einigen Jahren Basalt bei.
- Im Übrigen werden die Schaumstoffummantelungen (Legwarmer) bei Carbon-Stativen auch zum Schutz des Materials angebracht.
- Ein weiterer Nachteil ist:
Beschädigungen an Carbon-Rohren sind von außen oft nicht zu erkennen.
Denn Carbon-Fasern brechen häufig zuerst an der Rohrinnenwand.
Da heute die meisten Stativbeine nicht mehr lackiert sind, erkennt man auch keine Lackabsplitterungen an der Außenseite mehr, die einen Hinweis auf eine Beeinträchtigung geben könnten.
- Bei Metall-Stativen entsteht bei Unfällen hingegen oft nur eine kleine Delle bzw. ein Oberflächen-Kratzer, die bei einem Arbeitsgerät keinen Makel darstellt, sondern den Fotografen eher adelt. Zumindest werden die physikalischen Eigenschaften dadurch nicht beeinträchtigt.
- Angesichts der bekannten Empfindlichkeit gegenüber seitlichen Belastungen / Schäden bleibt es mir ein Rätsel, wie manche Hersteller über ihr Carbon-Stativ behaupten können:
speziell für extreme Outdoor Situationen entwickelt
.
- Die Empfindlichkeit des Carbons zeigt sich bereits darin, dass fast alle Hersteller eine Schutztasche / Tragetasche für das Carbon-Stativ anbieten.
- Erwerben Sie diese Tasche auf jeden Fall und benutzen Sie sie.
- Ansonsten werden Sie sich beim ersten Schaden ärgern.
- Vorsicht:
- Falls die Mittelsäule auch aus einem Carbon-Roh (Holm) besteht, so darf man Flügelschrauben niemals fest anziehen.
- Zu hoher Seitendruck würde das Rohr quetschen, wodurch ein innerer Bruch entstünde.
- Allerdings ist die Grenzbelastung eines Rohres für derartige Quetschkräfte kaum spürbar.
- Und selbst bei den hochwertigen und teuren Gitzo Mountaineer Stativen gibt es Kritik:
Den Gummiring am Befestigungshaken unten habe ich entfernt, weil sich nach kurzer Zeit leichte Abdrücke in den Stativbeinen bildeten (im Transportzustand)!
(15.05.2016 zum Gitzo GT3542L). D.h. auch bei rund 1.000 Euro darf man keinen Druck von der Seite auf die Rohre ausüben. P.S. Gitzo gilt als Rolls Royce unter Carbon Stativen mit einer Erfahrung in deren Herstellung seit 1994.
Schwingungsübertragung
- In der Tat ist Carbon relativ schwingungsarm, d.h. es überträgt auch fremde Schwingungen nicht so spürbar an die Kamera.
- Allerdings darf man dies auch nicht überbewerten. Die Erschütterungen eines am Gehweg vorbeifahrenden Lkws oder eines Zuges auf einer Brücke kann es nicht herausfiltern.
- Deshalb gelten alle meine generell für sämtliche Stative angemerkten Probleme selbstverständlich auch für Carbon.
- Wesentlich wichtiger scheint mir der ebenfalls bei Carbon sehr gute Wert der Eigenschwingung zu sein.
- Wenn folglich die Kamera den Spiegel hochklappt, dann wird dadurch das Carbon-Stativ weniger in Schwingung versetzt als ein Aluminium-Stativ. - Bei den modernen spiegellosen Kameras findet sich jedoch kein Spiegel mehr und damit auch keine spiegelinduzierte Schwingung.
- Dieser Schwingungsnachteil lässt sich bei Aluminium durch einige physikalische Maßnahmen eindämmen, aber nie ganz beseitigen.
- Allerdings kann man sie fotografisch leicht ausgleichen:
- Fernauslöser mit Spiegelvorauslösung mit mehreren Sekunden Pause vor dem eigentlichen Bild.
- Schweres Stativ aus massiven Aluminiumrohren.
- Erhebliche Beschwerung des Stativs durch Rucksack oder ähnlichem im Schwerpunkt unter dem Stativkopf.
- Dann sind dort die Bilder auch absolut scharf.
Angeblich hohe Schwingungsdämpfung
- Mit der in Forschungs-Labors gemessenen und von allen Carbon-Gläubigen immer wieder gelobten Schwingungsdämpfung ist es auch nicht so extrem gut bestellt. Denn Velbon mischt seinen Carbon-Rohren Basalt bei, um die Schwingungen zu reduzieren.
- Die besten Werte der Schwingungsdämpfung bieten jedoch Holzstative. - Erstaunlicherweise findet sich trotz der besseren Werte kein derartiger Hype um Holz wie bei Carbon. Hieran zeigt sich, wie einflussreich das Marketing für die angeblichen Vorteile des Carbons ist.
- In der Praxis konnte ich bei korrekt aufgestellten, mit Rucksack beschwerten Stativen jeglicher Bauart keinerlei spürbare Unterschiede bezüglich der Schwingung feststellen.
- Angesichts Spiegelvorauslösung, kabelgebundener Fernauslöser oder Funkfernauslöser bzw. 2-Sekunden-Zeitschaltuhr / Selbstauslöser an der Kamera werden die Bilder auf allen Stativen heute extrem scharf.
- Ich verwette 1.000 Euro, dass niemand in der Lage ist, anhand eines Ergebnisfotos - also eines ausbelichteten Fotos, das an der Wand hängt - treffsicher auf das verwendete Stativ-Material zu schließen.
Präzisionsfertigung ?
- Bei mehreren Segmenten kommt es auch auf das Spaltmaß an. D.h. wie groß ist der Unterschied des Innenrohrdurchmessers des dickeren Rohres im Vergleich zum Außendurchmesser des nächsten Einschubs.
- Viele Anwender freuen sich natürlich zuerst darüber, wenn die Beinsegmente von selbst nach unten gleiten, wenn sie entriegelt werden.
- Falls dies jedoch damit erkauft wird, dass das Spaltmaß (zu) groß ist, so wird die Gesamtkonstruktion instabil / wacklig.
- Insbesondere bei Carbon ist dies zu beachten, da man auf Carbon-Rohre keinen starken seitlichen Druck durch die Verschlüsse ausüben darf, um ein zu großes Spaltmaß zu verringern.
- Damit Carbon-Rohre nicht wackeln oder instabil werden sollten sie m.E. eher schwergängig sein. Darauf wird in Tests in den USA auch hingewiesen.
- Die grundsätzlich schwereren Metall-Beine können hingegen nach dem Entriegeln durchaus selbständig nach unten gleiten, sollten jedoch auch nicht völlig frei durchrauschen. Dann wäre auch hier das Spaltmaß zu groß und eine materialtechnisch mögliche Verengung der Rohrendstücke durch ein stärkeres Anziehen der Verschlüsse zwar möglich (und nötig). Aber eine übertriebene Quetschung belastet letztendlich auch dort das Material und reduziert die Lebensdauer.
Augenwischerei bei Carbon-Stativen
Immer öfter wird mit dem Wort Carbon-Stativ Augenwischerei betrieben:
- Oft sind nur die einzelnen Beinsegmente aus Carbon gefertigt.
- Bereits die Mittelsäule ist häufig aus Aluminium.
- Alle Verbindungsstücke und die Schulter bestehen sowieso meist aus anderen Stoffen.
- Falls es sich dann auch noch um billiges Druckgussaluminium handelt, kann das Stativ die theoretischen physikalischen Vorteile der Carbon-Beinsegmente m.E. in der Praxis nicht sinnvoll nutzen.
- Jedes Stativ wird immer durch sein schwächstes Glied beschränkt.
- Ferner werden Carbon-Stative mit geringer Carbon-Lagenanzahl angeboten, welche die erforderliche Stabilität hochwertiger Produkte nicht erbringen.
- Auch wenn die Anzahl der Carbon-Fasern gering ist, darf man das schwächelnde Stativ noch immer als Carbon-Stativ anbieten. Es existieren keine Mindeststandards.
- Vorsicht:
- Manche preiswerte Carbon-Stative sind mit nicht ganz so stabilen Druckguss-Aluminium-Bauteilen an Verbindungsstellen statt mit CNC-gefrästen Aluminium-Teilen gefertigt.
- Bei Carbon empfiehlt sich dort sowieso Magnesium oder Titan.
- Hier sollte man nicht an der falschen Stelle sparen.
- In Rezensionen im Internet wird zunehmend davon berichtet, dass manche Hersteller manche ihrer Carbon-Modelle mit unzutreffenden, d.h. deutlich zu geringen, Gewichtsangaben auszeichnen.
- Da finden sich z.B. bei einem (laut Katalog und Internet) angeblich 800 Gramm leichten Stativ dann nachgewogene Werte von 940 Gramm.
- Wiegen Sie folglich Ihr Carbon-System nach.
- Ich halte so eine Abweichung von weit über 17% zu Ungunsten des Kunden bei einem teuren Carbon-Stativ, das man hauptsächlich aufgrund der Gewichtsersparnis anschafft, für nicht akzeptabel.
Ausdünstungen
- Da Carbon-Stative aus Kunst-Harzen hergestellt werden, gelten auch die für sonstige Kunststoffe immer wieder kritisierten Punkte.
- Bei manchen Carbon-Stativen wurden negative Gerüche oder Ausdünstungen durch das verwendete Harz festgestellt.
- Diese können insbesondere bei Neuprodukten und in geschlossenen Raumen nicht nur stören, sondern auch schädlich sein.
- Zusatz für ökologisch bewusste Käufer: Epoxidharze sind nicht umweltfreundlich und Carbon ist kaum recyclebar.
UV-Strahlen
- Die einwirkende Sonne schädigt auf Dauer durch die UV-Strahlen das bei Carbon-Rohren verarbeitete Epoxidharz.
- Zumindest sollte man also das Carbon-Stativ nicht monatelang an exponierter Stelle direkter Sonneneinstrahlung aussetzen.
- Vermutlich ist auch dieses eines der den Kunden verschwiegenen zahlreichen Negativa, weshalb man dringend zu einer Schutztasche rät. - P.S. Hochwertige Schutztaschen wiegen mindestens 300 Gramm, manche auch über 500 Gramm, womit der angebliche Gewichtsvorteil des Carbon-Stativs dahinschmilzt.
Sprödbruch
- Carbon besitzt eine hohe Bruchfestigkeit: ja - aber.
- Überschreiten die Belastungen bei Carbon-Rohren jedoch die vorgegebenen Sollwerte, kann ein Carbon-Rohr völlig unvermittelt, teilweise sogar explosionsartig brechen.
- Solch ein Sprödbruch kündigt sich oft nur durch leichtes Knacken an, das man im Freien oder bei der Arbeit im Studio evtl. überhört.
- Metalle - wie Aluminium - verformen sich in der Regel jedoch zäher. D.h. einem Bruch geht meist eine sichtbare, plastische Verformung voraus. Deshalb wird dieses Bruchverhalten auch als gutmütiger bezeichnet.
Pflegeleicht ?
- Erstaunlicher Weise glauben viele, dass Carbon-Stative sehr pflegeleicht seien.
- Um Korrosion an den Verbindungsstellen zu Metallen (insbesondere alle Verschlüsse, Schulter, Spikes etc.) zu vermeiden, sollten diese Bereiche regelmäßig mit Wasser behandelt werden, damit sich dort keine Salze ansetzen.
- Danach muss man es gründlich trocknen.
- Radfahrer behandeln ihren Carbon-Rahmen übrigens regelmäßig mit einem Wachsspray, das die Oberfläche etwas schützen soll.
Bei Aluminium fahre ich nach dem Feldeinsatz nur mit einem feuchten Mikro-Faser-Lappen darüber. Fertig.
Ergonomie
In Tests wird die Ergonomie bei Carbon-Stativen meist aufgrund des durchschnittlich 10 % geringeren Eigengewichts hoch gepunktet. Das verkennt jedoch die vielschichtigen Facetten des Ergonomiebegriffes völlig.
- Die Schaumstoffummantelungen (Legwarmer) haben neben der Wärmeisolierung und der Material-Schutzfunktion auch noch den ergonomischeren Vorteil, dass sie eine weichere Grifffläche bieten, an der sich das Stativ leichter anfassen und tragen lässt.
- Bei meinem schweren Aluminium-Stativ wird dadurch der Tragekomfort erheblich erhöht.
- Versuchen Sie einmal ein Carbon-Stativ ohne weiche Schaumstoffummantelung an den Beinen bzw. mit einer viel zu kurzen Ummantelung auf der eigenen Schulter zu tragen. Dann erkennen Sie das Ergonomiedefizit sehr schnell.
- Falls dann aus Gewichts- oder Kostengründen beim Carbon-Stativ auch noch wichtige Standard-/Zusatzausrüstung (wie Libellen, Querstange etc.) entfällt, hat die Ergonomiedifferenz auch einen direkten Einfluss auf Ihre fotografische Arbeit.
- Schauen Sie sich deshalb diese Details genau an. Sie sind meines Erachtens wichtiger als 100 Gramm Gewicht.
Preisunterschiede bei Carbon-Stativen
Carbon-Stative sind meist teuer bis sehr teuer in der Anschaffung im Vergleich zu anderen Stativen. Das Doppelte bis Dreifache kann man ohne weiteres für ein Carbon-Stativ ausgeben im Vergleich zu einem Aluminium-Stativ.
Sonst weitgehend baugleiche Stative aus Aluminium und Carbon unterscheiden sich bei meinen Erhebungen im Straßenpreis durchaus um das Zweifache oder mehr. (Siehe oben.)
- Aluminium-Stative werden als Verkaufsargument gegen Carbon-Stative in den letzten Jahren mit immer umfangreicherer kostenloser Sonderausstattung geliefert.
- Carbon-Stative kommen jedoch oft sehr puristisch daher.
- Die Aufpreisliste bei vielen Carbon-Stativen hat es allerdings häufig in sich.
- Die Salami-Taktik über den psychologisch noch erträglichen Einstiegspreis kombiniert mit dem nachträglichen scheibchenweisen Verkauf des Zubehörs scheint eine besondere Kunst so mancher Carbon-Stativ-Verkäufer zu sein.
- Ich empfehle jedem Interessenten an Carbon-Stativen, auch einmal Ersatzteil- und Reparaturkosten anzufragen. Sie werden staunen.
2012 konstatierte ein umfangreicher und seriöser angloamerikanischer Stativtest: The carbon fibre tripods are relatively poor value for money.
2014 wiederholten die Tester bei einem Stativ in Carbon und Aluminium über die überteuerte Carbon-Version: Taking the considerable extra expense into account, the BRC2970F is relatively poor value.
(Quelle Techradar). Gemeint waren die beiden Stative Manfrotto 055 Aluminium Stativ mit 3 Segmenten MT055XPRO3 für 242 Euro Listenpreis und 055 Carbon Stativ mit 3 Segmenten MT055CXPRO3 für 475 Euro Listenpreis (Stand Ende 2016 - heute nicht mehr verfügbar). Derartige Preisverhältnisse treffen jedoch auch auf alle anderen Anbieter bis heute zu.
Allerdings muss man 2020 auch hinzufügen, dass es inzwischen kaum mehr wirklich vergleichbare (d.h. annähernd baugleiche und ausstattungsgleiche Aluminium- und Carbon-) Stative gibt. Inzwischen werden zunehmend Carbon-Stative angeboten. Hinzu kommt der Umstand, dass manche Anbieter einige Aluminiumstative bewusst im Ausstattungsumfang reduzieren.
Nutzbare Vorteile in der Fotopraxis ?
- Mir sind selbstverständlich die theoretischen, rein physikalischen Vorteile des modernen Carbon-Kunststoffes bekannt, die im Labor gemessen werden können.
- Ferner verstehe ich auch alle Fotografen, die mit der Zeit gehen wollen.
- Überdies kann ich auch alle Menschen verstehen, die sich so etwas als Statussymbol zulegen.
- Und für Vielflieger habe ich vollstes Verständnis, wenn sie lieber ein leichtes Stativ kaufen, statt immer extra Gebühren für das Übergewicht beim Reisegepäck zu bezahlen.
- In der Tat nimmt der Gewichtsvorteil bei modernen spiegellosen Kameras zu. Falls Sie also eine spiegellose Kamera (auch Vollformat, z.B. Sony A7RIV) verwenden und daran nur leichte Objektive der Brennweiten 10-100 mm hängen, so werden Sie den Gewichtsvorteil mancher Carbon-Stative eher spüren.
- Allerdings muss ich nach jahrelangem Studium der Carbon-Stative eingestehen, dass mir bis heute nicht klar geworden ist, wo die Vorteile eines Carbon-Statives für meine Foto-Praxis mit lichtstarken, schweren Objektiven liegen sollen.
Empfehlungen zu Carbon-Stativen
- Wenn Sie sich ein Carbon-Stativ gönnen wollen, so tun Sie dies. Letztendlich kommt es bei der Fotografie darauf an, dass es Ihnen immer Freude bereitet, mit Ihrer Ausrüstung zu arbeiten. Und Wünsche sowie Wunschbefriedigung sind hierbei oft wichtiger als technische Daten oder Fakten.
- Für die meisten Fotografen (inklusive mich) reicht jedoch faktisch auch ein gutes Aluminium-Stativ völlig aus.
- Ich investiere das gesparte Geld lieber in anderes Zubehör, welches mir das Fotografenleben im Praxiseinsatz wirklich dauernd und spürbar erleichtert.
- So besitze ich mehrere - einzeln eher preiswerte - Stative, die für jeden Einsatzzweck optimiert wurden.
- Ein einzelnes auch noch so gutes und teures Carbon-Stativ kann dies nicht. Es existiert auch im Carbon-Bereich keine eierlegende Wollmilchsau.
Video-Stative
- Ohne auf alle Details bei dem komplexen Thema Video hier nochmals wiederholend einzugehen, sollte man sich klar machen, dass Videografie und Fotografie zwei unterschiedliche Themen sind.
- Die signifikant anderen Bedingungen der Videografie erfordern auch andere Stative. - Punkt.
- Selbstredend können Sie ein Fotostativ mit Kugelkopf auch für rein statische Videos verwenden - Videos in der Art des bei YouTube seit 15 Jahren zu findenden Nachrichtensprechers hinter dem Tisch - á la Tagesschau der 1970er Jahre. Aber das ist definitiv keine gute Stativlösung - wie es im Übrigen m.E. kein Video ist. Ohne Bewegung im Film hätte eine Audio-Datei gereicht.
- Dass Fotostative nicht für Videos taugen, erkennen Sie selbst beim ersten horizontalen Schwenk. Dann rutscht Ihnen entweder die Kamera ruckelnd durch, oder das Stativ verwindet sich aufgrund der zu großen Friktion.
- Wollen Sie weiche Schwenks dann muss die Friktion einen gewissen spürbaren Widerstand aufbauen und gleichzeitig muss das Stativ verwindungssteif sein.
- Beides lässt sich nur mittels aufwändigen ölgedämpften Video-Neigern sowie dicken und breiten Einzelrohren oder gleich mittels zweirohrigen speziellen Video-Stativen erzielen. Hinzu kommt fast immer eine Spinne in der Mitte, um das Stativ weiter zu stabilisieren. Spinnen in der Mitte sind die bei Fotografen unbeliebtesten Teile am Foto-Stativ.
- Überdies verfügen hochwertige Video-Stative über Nivellierplatten, die mit Wasserwaagen ausgerichtet werden können. Ansonsten werden horizontale Schwenks schief. Das ist das klassische Problem bei den meisten Fotostativen, das sich dort nur sehr aufwändig beheben lässt.
- Unterschätzen Sie im Übrigen auch nicht die erheblichen Gewichte bei Video. So ein komfortabler Video-Neiger wiegt immer über 1 kg. Atomos Externer Recorder und Monitor, Mikrofone oder zumindest Eingänge für die Funkdekoder, Kabel etc. summieren sich schnell zu mehreren kg auf. Da spielen dann die kleine spiegellose Kamera und das Weitwinkelobjektiv kaum mehr eine Rolle.
- Hochwertige Video-Stative sind teuer und auch schwer. Vierstellige Beträge - jeweils für das Stativ und den flüssigkeitsgelagerten Neiger. Da kann sich dann Carbon lohnen, um das Gewicht zumindest in gerade noch von einer kräftigen Person tragbare Regionen abzusenken. Aber leicht sind diese Video-Stative (mit Kameraaufbau etc.) auch mit Carbon nicht. - Für Neugierige ein Link zu Sachtler - einem der führenden Video-Stativ-Hersteller.
- Sofern Sie des Englischen mächtig sind, empfehle ich Ihnen den einleitenden kurzen Film zu Video-Stativen bei dpreview.
- Ein Testvergleich von Die 10 besten Reisestative ab 63 Euro im Test (Carbon und Aluminium), Deutsch, 04.01.2022.
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