Hus im Inselthurm 1414 - 15

vg
Lage des Gemäldes im Kreuzgang

Bilddaten

Das zehnte Gemälde zur Geschichte der Insel in Konstanz besteht aus einem Bildbogen, der bereits bei Herstellung des Bildes rechts einen großen gotischen Torbogen besaß, wodurch die bemalbare Fläche eingeschränkt wird.

Die Dimensionen des Wand-Gemäldes betragen: 210 * 310 cm. Die historische Szene wird in einem einzigen Architektur-Bogen dargestellt.

Die Ersterstellung des Freskos wurde im Jahr 1890 durch den Stuttgarter Historienmaler Carl von Haeberlin ausgeführt.

Der Ort der Anbringung des Wandgemäldes: Das Fresko befindet sich auf der Nordwand des Kreuzganges des Inselhotels. - Bitte beachten Sie hierzu den Lageplan (rechts) mit der in Rot gehaltenen Hervorhebung des Standortes. Sie können dazu auch den Überblick mit der Anordnung aller im Kreuzgang angebrachten Gemälde einsehen.

Hus im Inselthurm 1414 - 15

Das Farb-Foto oben zeigt das Fresko mit dem Titel: Hus im Inselthurm 1414 - 15 - im Zustand des Jahres 2014.

Bildbeschreibung

Zusammen mit dem Fresko Susos handelt es sich um die zwei Gemälde, auf denen nur eine einzige Person abgebildet ist.

Die Szene spielt im Keller des Rundturmes an der Seeseite - also der Ostseite - des Klosters.

Der Kerker wird durch dicke nackte Mauern, eine dicke, mit Eisenbolzen verstärkte Tür, sowie durch das massive Eisengitter am winzigen Fenster verdeutlicht, durch das nur ein kleiner Lichtschein in die ansonsten dunkle Zelle fällt.

Dieses Sonnenlicht fällt gezielt auf den links in einer dunklen Kutte sitzenden Johannes Hus.

Der im Profil gemalte Hus mit Bart sitzt auf einem kalten Stein. Sein rechtes Bein ist an einen Holzpflock angekettet. Der Punkt des Bartes wird von einigen kritisiert, da Hus als Kleriker früher bewusst keinen Bart trug. Jedoch ist unklar, wie sich dies während seiner langen Inhaftierung verhielt. Im Übrigen wurde Hus auch sonst immer wieder mit Bart abgebildet. 1 

Er hält ein Buch in seiner rechten Hand, und weitere Bücher liegen links.

Ansonsten finden sich nur noch ein Wasserkrug und eine Breischüssel mit Löffel auf dem strohbedeckten Boden.

Häberlin zeigt hier einen furchtlosen Mann, der bereit ist, für seinen Glauben zu sterben.

Hierfür scheint Haeberlin vorab eine Skizze (linker Teil) gezeichnet zu haben, die Sie in der Galerie Nord, Galerie Arnaud Pagnier - 11 rue Gautherin 10000 Troyes sehen konnten. (Der Link dazu ist inzwischen nicht mehr verfügbar.)

Hus im Inselthurm 1414 - 15

Dieses Schwarz-Weiß-Foto oben zeigt Hus im Inselthurm 1414 - 15 - im Original-Zustand um das Jahr 1895 fotografiert.

Steigenberger Inselhotel Konstanz

Das Farb-Foto zeigt die Ostseite (also der Seeseite) des Steigenberger Inselhotels in Konstanz (2014), mit dem noch heute sichtbaren runden Kerker-Turm rechts unten.

Geschichtsfakten

Zum Kleriker Johannes Hus. 2  findet sich aus zahlreichen Gründen extrem viel Material. (Siehe hierzu auch das Kapitel unten.)

Laut Zeppelin wurde Hus vom 06.12.1414 bis 24.03.1415 auf der Insel in Kerkerhaft gehalten. Allerdings war er auch in der Burg Gottlieben inhaftiert. Laut Marmor 3  saß Hus 89 Tage neben dem Speisesaal gefangen und wurde am 24. oder 25 März 1415 nachts in einem Kahn nach Gottlieben gefahren. Beck vermutet, dass Hus eher im Anbau zum Turm saß. 4 

Ursprünglich war Johannes Hus unter Zusicherung freien Geleits zum Konzil geladen worden, wurde dann jedoch aufgrund der Ketzeranklage bereits im November 1414 inhaftiert und am 6.7.1415 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Die Motive dafür lagen jedoch nicht nur im kirchlichen Bereich, sondern auch im weltlich politischen, da Hus mit seiner Bewegung in Böhmen ein Kernland des König Sigismund zu destabilisieren drohte.

Der Bezug zu den Dominikanern auf der Insel besteht darin, dass sie eine ihrer Hauptaufgaben in der Bekämpfung des Ketzertums sahen.

Erstaunlicherweise wird dieser Rechtsbruch sofort und von fast jedem als erstes in direkten Zusammenhang mit dem Konstanzer Konzil gebracht. Allerdings wertet dies den Reformator zu sehr auf. Man kann mit Feger festhalten: Aber das Gericht über den böhmischen Professor,..., war eine ausgesprochene Nebenaktion. Zu einem Ketzerprozess hätten nicht alle kirchlichen und weltlichen Fürsten und alle Gelehrten des Abendlandes zusammenkommen müssen. 5  Ferner wird gerne vergessen, dass man 1416 auch den Philosophen, Theologen, Universitätsprofessor und Kirchenreformer Hieronymus von Prag verbrannte.

Hus galt vielen mit seinen Forderungen, u.a. nach der deutschen Sprache im Gottesdienst, als Vorbild für Luther und die Protestanten und hatte somit für Zeppelin eine wichtige Bedeutung. Im früher katholisch konservativen Konstanz hätte man Hus kein solches malerisches Denkmal gesetzt. Erst liberaler und protestantischer Einfluss im 19. Jahrhundert führten dazu. Wobei dies nicht so einfach war. So musste das Dampfschiff Hus 1841 noch in Helvetia umgetauft werden. 6  Und als zahlreiche liberale Bürger - unter ihnen Macaire - 1861/2 Geld spendeten, um den Hussenstein 1863 als Gedenkstein zu fertigen, war die Empörung der katholisch-konservativen Kreise groß. 7 

Hus im Inselthurm 1414 - 15
Hus im Inselthurm 1414 - 15

Der sogenannte Hussenturm beherbergt heute einen Kühlraum. Auch deshalb befindet sich links daneben die Eistheke. Allzu warm dürfte es in diesem Turm, der nachmittags sowieso im Schatten liegt, insbesondere im Winter nicht gewesen sein.

1 Siehe z.B. das Bildnis Jan Hus von Johann Agricola, 1562

2 Allgemein zu Johannes Hus siehe: Krzenck, Johannes Hus, Theologe, Kirchenreformer, Märtyrer; und Hilsch, Johannes Hus (um 1370 - 1415), Prediger Gottes und Ketzer.

3 Siehe dazu Beitrag zur Geschichte des Dominikaner- oder Predigerklosters auf der Insel. Ebenso Marmor, Geschichtliche Topographie der Stadt Konstanz und ihrer nächsten Umgebung, S. 31. - Anders sieht es hingegen die Riechental Chronik, Folio 39 1/2. Danach soll Hus nur auf der Insel inhaftiert worden sein.

4 Beck, Kostbarkeiten des Dominikanerklosters, S. 122.

5 Feger, Konstanz, Aus der Vergangenheit einer alten Stadt, S. 40.

6 Zang, Konstanz in der großherzoglichen Zeit 1806-1918, Restauration, Revolution, liberale Ära, Geschichte der Stadt Konstanz, Band 4.1, S. 118.

7 Siehe hierzu Zang, Konstanz in der großherzoglichen Zeit 1806-1918, Restauration, Revolution, liberale Ära, Geschichte der Stadt Konstanz, Band 4.1, S. 277.

Die Diskussion um Hus

Johannes Hus war nur einer von vielen, welcher Missstände in der Kirche sah und anprangerte. Ferner war er nur einer von sehr vielen, welcher von der katholischen Kirche aufgrund seiner Abweichungen von der erlaubten Lehre Roms des Ketzertums angeklagt und schließlich verbrannt wurde. Warum er zu einem wichtigen und oft diskutierten Thema der Geschichte wurde, liegt an vielen u.a. auch nationalistischen Motiven in seiner Heimat.

Juristisch umstritten ist bis heute die Zusicherung des freien Geleites durch König Sigismund (geboren am 15.02.1368 und verstorben am 09.12.1437) an Johannes Hus. Juristisch Spitzfindige argumentieren bis heute, dass sich die Zusicherung des freien Geleites nur auf den Hinweg nach Konstanz zum Konzil bezog - nicht jedoch auf den Rückweg. Dies widerspricht jedoch nicht nur unserem heutigen Begriff, sondern nach zahlreichen Historikern auch dem damaligen Gebrauch. Jedoch bereits zu Konzilszeiten gab es den Rechtsgrundsatz, dass Häretiker Gesetzlose waren. Immerhin war Hus bereits mit Exkommunizierung und dem gegen ihn ausgesprochenen Großen Kirchenbann ausgeschlossen worden und stand somit außerhalb des Gesetzes. Folglich konnte es keine legalen Verträge mit jenen Personen geben respektive diese Abmachungen waren per se nichtig. Andere argumentieren mit seinen Verhalten auf dem Konzil. Von sogenannten Häretikern erwartete man auch noch Jahrhunderte später den reumütigen Widerruf der geäußerten Lehren. Wer dies jedoch verweigerte, galt schnell als verstockter Häretiker. D.h. man konnte ihm dann seine neuen respektive erneuerten Vorwürfe gegen die Kirche als neue Anklagepunkte gegen ihn verwenden. Andere wiederum argumentieren schließlich damit, dass der Feuertod die Standardstrafe im Mittelalter für Ketzer war und jedem Abweichler dies selbstverständlich nach Jahrhunderten dieser kirchlichen Praxis bekannt war. D.h. nach Ansicht vieler war das Ende bereits vorher absehbar.

König Sigismund aus dem damals mächtigen Hause Luxemburg agierte politisch und diplomatisch sehr geschickt auf dem Konstanzer Konzil 1414-1418. Er wollte das aus innerkirchlichen Motiven entstandene Schisma der Kirche (causa unionis - die Einheit der Kirche aufgrund der Kirchenspaltung von 1378-1417) und das damit verbundene Problem der Gegenpäpste lösen (siehe hierzu das Abendländisches Schisma). Hinzu kamen die causa reformationis (also die Reformen innerhalb der Kirche) und die causa fidei, die sich auf die Ketzerei bezog. D.h. sein Ansatz war viel weiter gesteckt, als nur über einen einzigen unter Verdacht der Ketzerei stehenden Priester als oberster weltlicher Richter zu präsidieren. Dennoch kam ihm als König von Böhmen diese kirchliche Angelegenheit auch machtpolitisch gelegen, da er und seine Berater selbstverständlich wussten, wie wichtig Fragen des Glaubens damals auch tagespolitisch sein konnten. Sie konnten faktisch jede politische Macht erschüttern oder sogar zerstören.

Im Übrigen war die damalige Bevölkerung in Europa wirklich zu tiefst verunsichert, denn mehrere Päpste verwirrten den Glauben jedes einzelnen Gläubigen. Deshalb war es für viele Menschen damals ein wichtiges Anliegen, wieder eine Einheit in Glaubensfragen herzustellen. Dass dies die Mehrheit der westlichen europäischen Bevölkerung so sah, erklärt erst das trotz vieler politischer Wirren zustande gekommene Konzil. Offenbar war der Wunsch nach religiöser Einheit damals noch wichtiger als alle sonstigen Streitfragen. Deshalb regte sich damals auch kaum Widerstand gegen die Beendigung derartig abweichender Vorgänge. Immerhin hatte man vorher bereits drei amtierende Päpste abgesetzt - ein bis damals unerhörter Vorgang.

Bei Hus kam seine Verwurzelung als Lehrender bis hin zum Posten des Dekans in der damals wichtigen Prager Universität hinzu. Bereits seit 1398 soll er mit den Lehren des Theologen John Wyclif vertraut gewesen sein. In der Folge begann er, ab 1402 in tschechischer Sprache in der Bethlehemskapelle in der Prager Altstadt zu predigen und führte das gemeinsame Singen während des Gottesdienstes in der tschechischen Landessprache ein. Dies war ein klares Indiz dafür, dass er das dortige Nationalbewusstsein gezielt stärken wollte und sich so auch eine eigene Machtbasis aufbauen wollte. Da Böhmen bereits ein eigenes Königreich war, hatte dies selbstverständlich massive machtpolitische Auswirkungen, welche Kaiser Sigismund, der in Personalunion auch König von Böhmen war, direkt betrafen. Da Hus dort bis zu 200 Messen und Predigten im damaligen Tschechisch abhielt, wird er bis heute in der Tschechei auch als einer der Begründer des Nationalbewusstsein gefeiert. Daraus folgt, dass die damals von Sigismund respektive seinen Beratern gesehene rein machpolitische Gefahr durchaus real war. Das zeigte sich direkt im Anschluss in den sogenannten Hussitenkriegen. Und dies sollte sich später bei Luther dann auch im Extrem für die katholische Kirche und alle Staaten Europas bis hin zum 30-jährigen Krieg zeigen. Erstaunlich war deshalb eher, dass man Hus so lange gewähren ließ. Denn bei anderen Ketzern zögerten weder Herrscher noch die Kirche, die Situation ganz schnell in ihrem Sinne zu 'bereinigen'. Man darf vermuten, dass es auch an den damals viel größeren europaweiten politischen wie religiösen Wirren lag, welche man dann 1414 auf dem Konstanzer Konzil in einer großen europäischen Aktion mehrheitlich bis einstimmig klären und bereinigen wollte. Für einen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, der formal über viele Staaten herrschte und als Beschützer der 'einen' Kirche galt, musste es somit auf den Konsens ankommen. Selbstredend kam es ihm dabei gelegen, dass er auf dem Konzil auch seine machtpolitischen Probleme in Böhmen klären konnte. Aber bereits aus der Verurteilung der Lehren von John Wyclif ging klar hervor, dass das Konzil auch deren noch lebende Verfechter Jan Hus sowie Hieronymus von Prag bestrafen würden und logischer Weise geradezu bestrafen musste.

Hier geht es zum 11. geschichtlichen Ereignis auf der Insel - Provincialcapitel der Dominikaner im Inselkloster 1415.

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