Die wirtschaftliche Diversifizierung der Kamerahersteller Canon und Nikon - unter Berücksichtigung von Sony und Fujifilm.
Sie finden hier eine wirtschaftliche Analyse der Konzern- sowie Kamera-Bereichs-Ergebnisse der großen Kamerahersteller der letzten zwei Jahrzehnte.
Daraus lassen sich sehr gut die weiteren Entwicklungen, wirtschaftlichen Chancen und Risiken für die einzelnen Firmen ableiten. Das hat auch Auswirkungen auf jeden einzelnen Fotografen.
Ein Inhaltsverzeichnis mit direkten Sprungmarken und Überblick über alle bei Diversifizierung behandelten Themenbereiche finden Sie als Pop-Up.
Thesen
Viele Fotografen bewerten die Abhängigkeit der Kamerahersteller von ihren Kamera-Modellen zu hoch.
Zahlreiche Fotografen verwechseln ferner den Begriff Kamera mit ihren eigenen Pocket- oder System-Kameras.
Daraus folgt, dass viele Fotografen der falschen Ansicht sind, dass die Kamerahersteller in der seit 2010 unleugbar größten Wirtschaftskrise der Fotobranche alles tun werden, um diesen klassischen Kamerabereich zu retten.
De facto handelt es sich jedoch bei allen sogenannten Kameraherstellern bereits sehr diversifizierte Firmen.
Die größeren Firmen besitzen einen Schwerpunkt als optische Firma respektive bezeichnen sich insgesamt als optische Firma. Dies ist ein viel weitergehender Begriff.
Die massive Umstrukturierung und Diversifizierung der beiden großen Marktteilnehmer sind im vollen Gange.
Aber angesichts einer Vielzahl extrem ungünstiger ökonomischer Rahmenbedingungen sowie selbst verursachten Fehlern stehen sowohl allen Fotofirmen als auch deren Kunden noch schwere sowie harte Jahre bevor, um in ökonomisch sichere und ruhigere Fahrwasser zu gelangen.
Dieser Artikel beweist die Thesen an den zwei größten Marktteilnehmern: Canon und Nikon - und berücksichtigt dabei die Einflüsse von Sony sowie Fujifilm.
Zur leichteren Verständlichkeit der ökonomischen Fakten werden hier einfache Ausdrücke und zahlreiche erläuternde Diagramme verwendet, sodass sich der Artikel an alle interessierten Fotografen wendet.
Canon
Canon hat seinen Konzern mehrfach massiv umstrukturiert. U.a. kam es zu einer Veränderung 2008, in der viele Dinge mit dem früher selbständigen Kamera-Bereich zusammengelegt wurden. Deshalb finden Sie hier zwei Kurven, die allerdings gemäß den offiziellen Finanzdaten korrekt umgerechnet wurden.
Ökonomische Zahlen und Fakten - Canon
Jährlicher absoluter Konzern-Umsatz im Vergleich zu Camera-/Imaging-Umsatz 1998-2020 in Mio. Yen bei Canon.
Bereits bei den absoluten Zahlen der Umsätze in Mio. Yen erkennt man deutlich eine weitgehende Stagnation der Zahlen zwischen 2007 und 2013 im Kamerabereich (Camera und ab 2008 Imaging).
Auffällig ist allerdings der niedrige Startwert 1998. Dieser lag an einer jahrelangen Krise der Fotoindustrie in den 1990ern, weil sich damals zu viele Firmen auf einem stagnierenden analogen Fotomarkt die Preise und somit die Gewinne durch Rabatte zerstört hatten.
Jährlicher prozentualer Umsatz Camera-/Imaging-Umsatz am Konzern-Umsatz 1998-2020 bei Canon.
Deutlicher wird der Umstand in der prozentualen Vergleichsanalyse der Anteile des Kamerabereiches (Camera und ab 2008 Imaging) am Konzerngesamtumsatz.
Schon in den Jahren 2006-8 hatte der Kamerabereich (Camera) über 25% Anteil am Konzern-Gesamtumsatz. Bereits dies war viel.
Nach der Zusammenlegung mit anderen Consumer-Bereichen zum Imaging erreichte Umsatz 2009 und 2012 sogar über 40% Anteil am Konzern-Gesamtumsatz. Das ist sehr viel.
Da Canon sich mit der Veröffentlichung von Details (wie alle Kamerahersteller) schwer tut, kann ich es zwar nicht beweisen, vermute jedoch, dass der reine Anteil der Kameras damals auf ca. 30% anstieg. Dies errechne ich aufgrund der Tatsache, dass beim Zusammenschluss mit den anderen Consumer-Bereichen (vor allem Tintenstrahldruckern) der Anteil der Kameras und Objektive bei 71,6% lag. Ferner waren 2009 und 2012 die Spitzenjahre der neuen Kameras (Sportkameras 1DX und der 5D).
Dies ist extrem, wenn man vergleicht, woher der Bereich kam: Selbst 1998, als die Digitalisierung der (damals überwiegend Pocket-) Kameras bereits voll am Laufen war, hatte er nur einen Anteil von unter 10%.
Daraus folgt, dass der Kameraanteil bereits früher sehr gering war im weitgehend diversifizierten Canon-Konzern.
Mit der Digitalisierung verdreifachte sich sein Anteil am Konzernumsatz in rund 15 Jahren. - Ketzerisch kann man somit festhalten, dass Canon erst mit der Digitalisierung wieder eine (um 2010 herum) deutlich von Kameras geprägte Firma wurde.
Seit 2012 verringerte sich der prozentuale Anteil des Bereiches Imaging am Konzernumsatz jedoch auf 2019 22,5%.
Mit anderen Worten: mehr als 3/4 des Konzernumsatzes erwirtschaftete Canon 2019 mit anderen Geschäftsfeldern - war somit erstaunlich diversifiziert.
Dass der prozentuale Wert 2020 gleich blieb, lag ausschließlich daran, dass aufgrund der Weltwirtschaftskrise der Umsatz des Industriekundenbereiches und damit des Gesamtkonzerns insgesamt extrem einbrach (siehe oben die absoluten Zahlen).
Jährlicher Profit aller Bereiche absolut 1998-2019 bei Canon.
Es handelt sich hierbei um den Consolidated Operating Profit = konsolidierten operativen Gewinn, ohne Abschreibung.
Durch die Umstrukturierungen ist das Diagramm etwas schwieriger zu lesen aber korrekt umgerechnet.
Rot-orange und Orange-gelb: Business Machines, das überging zu Office. Es hat fast immer den größten Gewinn erzielt.
Dick-Hellgrün: Camera und später Imaging.
Grau und später Blau: Optical and other products sowie später: Industry and Others. Diese pendelten oft um die Nulllinie herum, erwirtschafteten somit auch zahlreiche Jahre Verlust.
Rot: Medical System
Zumindest in absoluten Zahlen fand ein steiler Anstieg des Gewinns des Bereiches Camera / Imaging bis 2007 statt.
Seit 2010 nimmt der Gewinn in Mio. Yen des Bereiches Imaging weitgehend kontinuierlich ab - seit 2017 steil.
Überdeutlich erkennt man an diesen Gewinn-Kurven, wie abhängig der Canon-Konzern von der Weltwirtschaft ist. 2008 und 2009 kam es zu massiven Gewinneinbrüchen in allen Teilbereichen.
Jährlicher Profit des Camera- / Imaging-Bereiches prozentual 1998-2020 bei Canon.
Es handelt sich hierbei um den Consolidated Operating Profit (ohne Berücksichtigung der Abschreibung) im Vergleich zu den jeweiligen Profiten des Gesamt-Konzerns.
Durch die Umstrukturierungen ist das Diagramm etwas schwieriger zu lesen aber korrekt umgerechnet, da die Werte für 2008 angepasst wurden.
Dass die Anteile derart schwanken, liegt daran, dass auch andere Konzern-Bereiche gleichzeitig extrem beim Umsatz und Gewinn schwankten.
Auch prozentual fand ein steiler Anstieg des Gewinns des Bereiches Camera / Imaging bis 2009 statt. Über 50% Gewinnanteil am Konzernergebnis wirken zwar beeindruckend positiv für den Bereich Camera / Imaging, sind jedoch für einen derart großen Konzern ungesund, weil er dadurch auch von diesem einen Bereich abhängig wird.
Seit 2009 nimmt der prozentuale Anteil des Gewinns des Bereiches Camera / Imaging am Konzernergebnis kontinuierlich ab, auf 18,6% - ohne Berücksichtigung der Abschreibung. - Vor allem 2018 und 2019 brachen die Gewinne bei Imaging ein.
Die unerwartete optische Kehrtwende 2020 lag leider an zwei Dingen, welche Prozentzahlen schnell beeinflussen können: Erstens brach der Industriesektor in der Weltwirtschaftskrise extrem stark ein - stärker als der Kamerabereich. Zweitens wurde der höhere Gewinn im Bereich Imaging gegenüber dem Vorjahr nur durch eine um fast diesen Betrag eingesparte Summe bei Forschung und Entwicklung erzielt. Siehe hierzu die Bilanzaufhübschung 2020.
Fazit Umsatz und Gewinn - Canon
Jährlicher Profit des Canon-Konzerns 1998-2020 nach Abschreibungen, aber vor Steuern etc. in Mio. Yen bei Canon.
Vorab: Der Canon-Konzern ist profitabel. Im ganzen Beobachtungszeitraum wies er jährlich einen erheblichen Gewinn aus.
Deutlich wird jedoch der drastische Einschnitt 2008 und 2009 durch die damalige Weltwirtschaftskrise.
Auch an der Seitwärtsbewegung seit 2009 erkennt man die erheblichen wirtschaftlichen Probleme, welche die ganze Branche trafen.
2020 wurde der geringste Gewinn meines Beobachtungszeitraumes erzielt.
Historisch gesehen muss man festhalten, dass sowohl der Umsatz als auch der Gewinn des Bereiches Camera später umbenannt in Imaging eigentlich nur durch die Digitalisierungswelle in die Höhe schoss.
Vorher lag er im bereits diversifizierten Gesamtkonzern Canon eher tief.
Auf dieses tiefe Niveau von unter 10% könnte er auch wieder sinken.
Selbstverständlich wäre es schmerzlich, einen gesamten Bereich komplett zu verlieren: 22,5% des Konzernumsatzes und 18,6% des Konzerngewinnes (2019) waren eine Menge. Aber selbst das könnte Canon überleben. Und so schlimm wird es auch unter Berücksichtigung der schlimmsten Szenarien nicht kommen.
Canon besitzt ebenfalls kleine resp. teilweise defizitäre Bereiche wie Industry and Others und Medical, die von einer prognostizierten Abschwächung der Wirtschaft vermutlich sofort negativ betroffen wären.
Aber insgesamt ist der Konzern relativ breit aufgestellt, sodass er sogar eine allgemeine Wirtschaftskrise mit der gleichzeitig niedergehenden Fotobranche überstehen kann.
Ökonomische Diversifizierung des Canon-Konzerns
Die Gründe dafür, dass es Canon nicht so schlimm erwischen wird, finden sich in einer nicht leicht anhand von Überschriften zu erkennenden Binnendiversifizierung innerhalb der vorhandenen Bereiche sowie der Integration neuer Divisionen in den Konzern.
Schon zu Beginn unseres Untersuchungszeitraumes (Ende der 1990er Jahre) war der Canon-Konzern erstaunlich diversifiziert. Er bestand damals aus 3 übergeordneten Bereichen:
Cameras umfasste: SLR cameras, Compact cameras, Digital cameras, Digital video camcorders und das Zubehör (vor allem Objektive).
Office imaging products umfasste: Office network digital multifunction devices (MFDs = Büro-Großkopierer), Color network digital MFDs, Office copying machines, Personal-use copying machines, Full-color copying machines etc.
Others umfasste den gesamten Rest an sonstigen Feldern, die irgendetwas mit Optik zu tun hatten.
Bereits 2002 kam es zu einer kleineren Umstrukturierung innerhalb des Großbereiches Business machines: Damals wurde der kleinste Bereich Business systems umbenannt in neu Business information products. Er wurden 2008 etwas verkleinert und musste Teile an Office imaging products sowie Office imaging products abgeben. Danach siechte er langsam dahin. Siehe hierzu die dunkelgrüne Linie im Diagramm unten.
Die beiden weiteren, selbständigen Bereiche Cameras sowie Optical and other products blieben damals unangetastet. Sie bildeten jedoch im Untersuchungszeitraum 1988 bis 2002 mit zusammen nur 1/5 bis 1/3 des Umsatzes des Großbereiches Business machines nur einen kleinen Anteil am Konzernumsatz.
Jährlicher Umsatz der Bereiche des Canon-Konzerns 1998-2008 vor Abschreibungen etc. in Mio. Yen.
Da sich diese Struktur jedoch organisationstechnisch nicht bewährte, wurde der Konzern 2008 grundlegend umgebaut:
Man unterschied nun rigoros zwischen Office, worunter man Firmenkunden verstand, und Consumer, worunter man Endkunden verstand. Dementsprechend wurden die Produkte in den eigenen Bereichen neu zugeordnet, was zu erheblichen Verschiebungen auch in der Bilanz führte. Siehe hierzu das Diagramm der Bereichsumsätze unten.
Der große Gesamtbereich Business machines mit seinen drei Unterbereichen Office imaging products, Computer peripherals, Business systems wurde komplett zusammengefasst zu nur noch einem Bereich namens Office. Alles, was nicht mehr an Produkten dort hineinpasste, wurde gnadenlos ausgegliedert in die beiden anderen neuen Bereiche: Consumer sowie Industry and Others.
Office umfasste seit 2008 nur noch:
Office network digital multifunction devices (MFDs) - vernetzte Büro-Großdrucker
Color network digital MFDs - vernetzte Büro-Farbdrucker
Large format inkjet printers - Großformat-Tintenstrahldrucker
Hinzu kamen: Digital production printing systems - ganze Druckerstraßen für z.B. Verlage - sowie High speed continuous feed printers - Hochgeschwindigkeitsdrucker für Konzerne (z.B. Rechnungsversand) und Rechenzentren.
Mit den Jahren wandelten sich die Produkte sowie deren Namen etwas in:
Office multifunction devices (MFDs)
Laser multifunction printers (MFPs)
Laser printers
Digital production printing systems
High speed continuous feed printers
Wide-format printers
Document solutions etc.
Im Prinzip handelt es sich hierbei um die klassischen vernetzten Bürogeräte der modernen großen Firmen / Großkunden.
Auch, wenn dieser Bereich sich damals aufgrund der Konzentration auf seine Kernkompetenzen als Gewinner sehen konnte, so sehe ich dies zwiespältig. Er stellt zu einem erheblichen Teil vernetzte Anlagen für große Konzerne her, die den Marktschwankungen unterliegen und diese fast verzögerungsfrei an Canon als Hersteller weiterreichen. Büroausstattung gilt in Krisenzeiten als Luxus. D.h. die Umsätze und Gewinne können je nach Weltwirtschaftslage erheblich schwanken. Dies erkennt man deutlich im Diagramm unten am (orangen) Kurvenverlauf 2007-09, als die Weltwirtschaftskrise gnadenlos durchschlug. Aber auch danach waren die Ausschläge beim Umsatz oft vehement.
Die anderen beiden Rest-Bereiche wurden etwas stiefmütterlich behandelt. Sie mussten - ketzerisch ausgedrückt - den ungeliebten Rest an Produkten aufnehmen, die man im Bereich Office nicht mehr haben wollte.
Consumer umfasste ab 2008:
Digital SLR cameras
Compact digital cameras
Interchangeable lenses
Digital video camcorders
Inkjet multifunction peripherals
Single function inkjet printers
Image scanners
Broadcasting equipment
Im Prinzip handelte es sich um die nicht vernetzten Einzelarbeitsplatz-/Klein-Geräte rund um Foto und Video.
Industry and Others Business Unit umfasste ab 2008:
Semiconductor production equipment
Mirror projection mask aligners for LCD panels
Medical equipment
Components
Computer information systems
Document scanners
Personal information products
Im Prinzip handelte es sich um ein wildes Sammelsurium, das die anderen beiden nicht haben wollten, weil es nicht so richtig passte, oder zu wenig Gewinn abwarf, oder bei Umsatz und Gewinn als zu unstetig bekannt war.
Wie jede andere Firmenstruktur war diese 2008 eingeführte neue mehr oder weniger sinnvoll. Sie zeigte jedoch klar, dass sich Canon neu aufstellen wollte:
vernetzte Firmenkunden
unabhängige / nicht-vernetzte Privatkunden.
Und dann noch den Rest, den man als optische Firma so mitschleppt, weil man sich
einerseits diversifizieren wollte sowie musste und
andererseits von einmal begonnenen Dingen / Bereichen in Japan nicht so leicht und schnell wieder trennt.
Überdies wurde das auch bewusst als Spielwiese für Versuche angesehen, auf der man auch einmal Neues ausprobiert.
Am unzufriedensten war der damals kontinuierlich weiter wachsende und immer höheren Umsatz sowie Gewinn erzielende Bereich Consumer und dort besonders die früher unabhängige Camera-Sparte. Deshalb folgten laufen kleinere Änderungen:
Am Offensichtlichsten wurde es 2012 mit der Umbenennung des gesamten Bereiches Consumer in ab nun Imaging System Business Unit.
Dies war in der Tat auch logischer und den Kunden leichter verständlich zu machen. Man muss bedenken, dass ein erheblicher Teil der Kunden dieses Bereiches keine Privatleute waren, sondern Berufsfotografen und Kleinunternehmer, die sich keinesfalls wie die herkömmlichen privaten Endverbraucher behandeln lassen wollten.
Imaging System Business Unit umfasste ab 2012:
Interchangeable-lens digital cameras
Compact digital cameras
Digital camcorders
Digital cinema cameras
Interchangeable lenses
Inkjet printers
Large-format inkjet printers - die hatte man sich vom Office-Bereich geholt, da sie eher zu Fotografen und kleinen Marketingfirmen passten als zu Großfirmen.
Commercial photo printers
Image scanners
Broadcast equipment
Calculators
Das klang zwar nach Machtzuwachs und Erfolg, war jedoch keiner, da man nun Produkte in dem Bereich zu verantworten hatte, die langfristig als Auslaufmodelle galten (Taschenrechner, Bild-Scanner). Auch die früher erfolgreichen Tintenstrahldrucker und digitale Camcorder zeigten bald Sättigungsgrenzen. D.h. man hatte zu dem bereits damals im Sturzflug sich befindenden Fotoprodukten auch noch andere - nennen wir sie vorsichtig - anspruchsvolle Produkte, die sich zumindest in einer Sättigungszone befanden.
2013 kamen Multimedia projectors hinzu. D.h. man öffnete sich weiter neuen Produkten rund um das Thema Bild/Imaging (Standfoto und Bewegtbild).
Mit den Jahren wandelten sich die Produkte sowie deren Namen und Reihenfolge in diesem Bereich Imaging etwas zu:
Interchangeable-lens digital cameras
Digital compact cameras
Digital camcorders
Digital cinema cameras
Interchangeable lenses
Compact photo printers
Inkjet printers
Large format inkjet printers
Commercial photo printers
Image scanners
Multimedia projectors
Broadcast equipment
Calculators
etc.
Was die wenigsten Fotografen jedoch bis heute wissen, ist die Tatsache, dass sich Canon - nach einem firmenweiten Diskussionsprozess - bereits 2011 systematisch auf eine Video-Zukunft umstellte und damit vom Standfoto und somit der klassischen Fotografie verabschiedete.
Letzteres hat einerseits seine Ursache in den lukrativen Video-Kameras und führte andererseits auch dazu, dass diese Profi-Film-Kameras im Videobereich sich gut am Markt behaupteten und Gewinne abwarfen, weil man fast alles daraufhin bei Forschung und Entwicklung ausrichtete resp. optimierte.
Im Gegenzug gelten viele andere Produkte in diesem Bereich Imaging heute als leidend bzw. sogar notleidend - vor allem die klassischen Fotoapparate.
Diesen Zwang zur kontinuierlichen Diversifizierung und Abwendung von der klassischen Fotografie sah auch das Top-Management und verbreiterte das Firmen- und Produktespektrum immer weiter:
Man besaß zwar schon lange eine eigene Medizinsparte, die jedoch im Bereich Industry and Others als Medical equipment mitlief.
2017 kaufte Canon vom kränkelnden Toshiba-Konzern dessen Medizinsparte und gliederte sie als eigenständigen Bereich Medical in den Gesamtkonzern ein.
Besonders erfreulich ist, dass dieser Medizinbereich sofort - zwar geringe aber kontinuierliche - Gewinne erwirtschaftete.
Die Medical Business Systems Unit umfasst u.a.:
Diagnostic X-ray systems - Röntgengeräte
Computed tomography - CTs
Magnetic resonance imaging - MRTs
Diagnostic ultrasound systems - Ultraschall-Geräte zur Diagnose
Clinical chemistry analyzers
Digital radiography systems
Ophthalmic equipment - für den Augenarzt / die Augenklinik
Mit den Jahren wandelten sich auch die Produkte sowie deren Namen der Abteilungen im ehemaligen Restebereich Industry and Others Business Unit erheblich bis heute in:
Semiconductor lithography equipment - Industriemaschinen zur Herstellung von Silizium-Halbleitern.
FPD (Flat panel display) lithography equipment - Industriemaschinen zur Herstellung von Flachbildschirmen jeglicher Art.
Vacuum thin-film deposition equipment - Industriemaschinen zur Beschichtung sehr dünner Schichten auf anderen Trägermaterialien.
Organic LED (OLED) panel manufacturing equipment - Industriemaschinen zur Herstellung von OLEDs.
Die bonders - Industriemaschinen zum Zusammenstellen und Zusammenlöten der Einzelbausteine auf komplexen Platinen.
Micromotors - Kleinstantriebe nicht nur für Optiken
Network cameras - Überwachungskameras
Handy terminals - das hat nichts mit dem falschen deutschen Wort Handy zu tun, sondern meint dank Funknetze mobile Eingabe- (z.B. Barcode und Handschrift) und Kontrollgeräte für die Warenwirtschaft. Vielleicht haben Sie so etwas schon einmal bei Lagerarbeitern oder im Lebensmitteldiscounter oder bei Ihrem Paket-Zusteller gesehen.
Document scanners - Digitalisierung großer analoger Datenmengen. - Man denke z.B. an Post, Warenversand, Behörden, Flughäfen, Archive...
Für den Nichteingeweihten handelt es sich vermutlich um böhmische Dörfer. Aber das sind hochmoderne und durchaus zukunftsträchtige Sektoren.
Network cameras umfasst z.B. alle Überwachungskameras, deren Markt in den letzten Jahren aufgrund der dramatisch steigenden Verbrechen und Terrortaten weltweit - aber besonders in Europa und den USA - geradezu explodierte. 2018 sollen weltweit rund 130 Millionen Sicherheitskameras von allen Herstellern ausgeliefert worden sein. Das ist eine höhere Stückzahl als im Spitzenjahr der Fotografie Kameras verkauft wurden (2010: 121 Mio.). Wie wichtig dieses neue und lukrative Segment z.B. Canon ist, zeigt sich bereits daran, dass der Konzern das Titelbild des Jahresabschlussberichtes über das Finanzjahr 2017 mit einer Überwachungskamera schmückte. - Nochmals: Eine vollautomatisch arbeitende vernetzte Überwachungskamera in einem Bahnhof als Symbol des Konzerns. - Früher dominierten Fotoapparate auf dem Titelbild des Jahresberichtes (Klicken Sie dazu auf der Canon-Seite unten den Link Archives an).
Auch, wenn manche Beobachter über diesen Restebereich des Konzerns noch immer lächeln, so enthält er mehr Zukunftstechnologie, als alle anderen Bereiche zusammen. So wie Medizin bereits aus diesem Bereich wegen Erfolges ausgegliedert wurde, könnten auch bald andere erfolgreiche Teilbereiche zu eigenen selbständigen Business Units des Konzerns werden. Schauen Sie sich nur einmal den Verlauf der rotbraunen Kurve seit 2014 im Diagramm unten an. - Mit dem schon ausgegliederten Bereich Medical hätte er Imaging beim Umsatz bereits überflügelt.
In diesem Reste-Bereich werden inzwischen auch die meisten Patente angemeldet. Imaging und vor allem der klassische Fotobereich ist hingegen bei Forschung und Entwicklung bei Canon schon lange abgeschlagen. Siehe hierzu: Sensor-Dilemma.
Auch, wenn dieser Bereich sich heute auf dem aufsteigenden Ast sieht, so sehe ich dies zwiespältig. Er stellt zu einem erheblichen Teil Großanlagen (in kleiner Stückzahl) für große Konzerne her, die den Marktschwankungen unterliegen und diese fast verzögerungsfrei an Canon als Hersteller weiterreichen. D.h. die Umsätze und Gewinne können je nach Weltwirtschaftslage erheblich schwanken.
2018/19 wurde der Bereich der beruflich / industriell genutzten Video-Kameras und Filmproduktionsgeräte aus dem Segment Imaging herausgenommen und in Industry and Others eingegliedert.
Jährlicher Umsatz der Bereiche des Canon-Konzerns 1998-2020 vor Abschreibungen etc. in Mio. Yen.
Da die Umstrukturierung 2008 mit einer schweren Weltwirtschaftskrise (2007-09) zusammenfiel, wird die Bruchstelle leicht erkennbar.
Zum Abschluss nochmals: Canon ist als optischer Großkonzern heute sehr breit aufgestellt. Kleinere Krisen und selbst den absehbaren Niedergang der klassischen Fotografie kann er finanziell verkraften. Aber auch er ist bei einer hinzukommenden Weltwirtschaftskrise - vor allem, wenn sie länger dauern sollte - nicht absolut sicher. Erstaunlicher Weise zeigt die Geschichte immer wieder, dass vor allem große Konzerne auch besonders hart getroffen werden. Was viele übersehen: Canon wird als Marktführer mit bis zu 50% Marktanteil in der Fotobranche in absoluten Zahlen vom Rückgang in der Tat auch besonders hart betroffen.
Nikon
Bei Nikon wurden die mir zur Verfügung stehenden Jahresberichte mit Zahlen ab dem Finanzjahr 1997 verwendet, da damals erstmals seit vielen Jahren wieder Gewinn mit der Kamerasparte erwirtschaftet wurde. Kein Scherz. Wie Canon litt auch Nikon in den 1990er Jahren unter dem harten Preiskampf aller Mitbewerber bei gleichzeitig starkem Yen. Im Finanzjahr 1993 musste der Nikon-Gesamtkonzern insgesamt (also über alle Sparten hinweg) sogar einen operativen Verlust verbuchen.
Zu beachten ist, dass das Finanzjahr bei Nikon vom 1. April bis zum 31. März des Folgejahres dauert. Das ist Quelle reichhaltiger Verwirrung: U.a. können die Jahresergebnisse nicht mit Canon direkt verglichen werden. Ferner ist die Jahresbezeichnung bei Nikon schlichtweg irritierend: Nikon bezeichnet den Zeitraum April 2018 bis März 2019 als das Finanzjahr 2019, obwohl 9 Monate im zurückliegenden Jahr 2018 lagen. Nicht ohne Grund gilt Nikon bei vielen Analytikern als bewusster Verwirrer.
Zur nochmaligen Klarstellung: Die in den Diagrammen verwendeten Zahlen für das Finanzjahr 2018 beziehen sich auf April 2017 bis Ende März 2018. Die neuen Jahreszahlen für das 2019 (01.04.2019 - 31.03.2020) reiche ich samt Analysen nach, sobald sie (evtl. ab Mai oder Juni 2020) verfügbar sein werden. Nikon gilt leider auch hier als Verschleierer, indem man die Daten erst spät in ihrer Gänze veröffentlicht.
Verwendet wurden hier die Total Sales sowie Segment profit (loss), ohne Abschreibungen, Rückstellungen (Reconciliations) etc.
Nikon - Ökonomische Zahlen und Fakten
Jährlicher absoluter Konzern-Umsatz im Vergleich zu Camera-/Imaging-Umsatz 1997-2020 in Mio. Yen.
Bereits bei den absoluten Zahlen der Umsätze in Mio. Yen erkennt man bei Nikon deutlich eine weitgehende Stagnation der Zahlen zwischen 2008 und 2012 im Kamerabereich (Camera und ab 2000 Imaging).
Nach dem Spitzenwert im Finanzjahr 2013 (D4 und D800 im Kalenderjahr 2012 sowie einer Produktschwemme bei APS-C-Kameras) kannte die Kurve beim Imaging - wie die gesamte Fotoindustrie - nur eine Richtung: nach unten.
Jährlicher absoluter Umsatz der Einzelbereiche im Nikon-Konzern 1997-2020 in Mio. Yen.
Beachten Sie die Umorganisationen im Jahr 2000 sowie 2016 und 2017.
In der vordigitalen Zeit - also den Geschäftsjahren 1998-2000, lag die Kamerasparte danieder und erzielte weniger Netto-Umsatz als Industrial Instruments / Precision Equipment.
Wie bei Canon begann dann ein kometenhafter Aufstieg, der im Finanzjahr 2013 mit über 752 Mrd. Yen Bereichseinnahmen geradezu erschreckende Ausmaße annahm.
Dagegen lässt sich bei den anderen Bereichen des Nikon-Konzerns eher eine - cum grano salis - Seitwärtsbewegung bei den Umsätzen erkennen.
Aufgrund drastischer Rückgänge (allein zwischen 2013 und 2020 wurde der Umsatz bei Kameras und Objektiven fast gedrittelt) dominiert der Bereich Imaging seit 2020 nicht mehr den Konzern.
Jährlicher prozentualer Umsatz des Bereiches Camera / Imaging 1997-2020.
Beachten Sie die Umorganisation im Jahr 2000.
Vor allem zwischen 2003 und 2016 dominierte der Umsatz des Bereiches Camera / Imaging den gesamten Konzern. 2013 erzielte der Bereich Imaging 71,8% des Gesamtumsatzes des Nikon-Konzerns.
Aber selbst die aktuellen Anteile (Geschäftsjahr 2020) von 38,2% sind hoch, angesichts der Tatsache, dass die gesamte Fotoindustrie sich im Sturzflug nach unten bewegt.
Man erkennt hieran, dass Nikon im Vergleich zu Canon noch ein deutlicherer auf klassische / dedizierte Kameras ausgerichteter Konzern ist.
Jährlicher absoluter Profit aller Bereiche 1997-2020 (Segment profit absolut).
Beachten Sie die Umorganisationen im Jahr 2000.
Abgesehen vom Geschäftsjahr 1997 erwirtschaftete der Bereich Camera / Imaging (beide fett orange) immer Gewinn. Aber die Gewinne gingen im Trend seit dem Geschäftsjahr 2014 deutlich zurück.
Der herbe Rückschlag kam 2020: Die Prognose für das Geschäftsjahr 2020 von plus 12 Mrd. Yen wurde mit -17,158 Mrd. Yen dramatisch unterboten. Es handelt sich um den schlimmsten Verlust seit über 20 Jahren. Und für das kommende Geschäftsjahr 2021 (April 2020 - März 2021) wurde bereits im Mai 2020 ein weiterer Verlust angekündigt.
Hingegen sieht es beim Bereich Industrial Instruments / Precision Equipment (beide rot) sehr rhapsodisch aus. Da er relativ geringe Stückzahlen von jedoch extrem hochwertigen Großgütern für die Industrie herstellt, ist er extremen Schwankungen unterworfen.
Die beiden Bereiche Instruments (hellblau) sowie Ophthalmic products / Other (violett) schwankten so um die Nulllinie herum. 2017/18 wurden sie zum Bereich Industrial, Metrology and Other (braun) zusammengefasst, der Gewinn erzielt.
Der seit ca. 2015 neue Bereich Medical / Healthcare (grün) erwirtschaftet bis heute - im Verhältnis zu seiner geringen Größe erhebliche und vor allem kontinuierliche Verluste.
Jährlicher prozentualer Profit aller Bereiche 1997-2020 (Segment profit prozentual) im Vergleich zum Konzern-Gesamtergebnis ohne Abschreibungen etc.
Diese Grafik ist derart bizarr, dass man sie eigentlich nicht verwenden sollte. Aber sie zeigt wie extrem die Ausschläge sind.
Vor allem der Bereich Industrial Instruments / Precision Equipment (beide rot) kann mit seinen extremen Verlusten den Konzern in die Tiefe ziehen.
Dann musste in den letzten Jahren die Sparte Image alles retten. Das gelang jedoch 2010 nicht, als Nikon einen operativen Verlust von fast 14 Mrd. Yen auswies.
Bedenklich ist, dass 2020 Imaging in die Verlustzone rutschte und vermutlich auch 2021 dort verweilt.
Fazit Umsatz und Gewinn - Nikon
Jährlicher Gewinn / Verlust des Nikon-Konzerns 1997-2020 nach Abschreibungen, aber vor Steuern etc. in Mio. Yen.
Vorab: Der Nikon-Konzern ist durchaus profitabel. Abgesehen von 2 Jahren wies er im ganzen Beobachtungszeitraum jährlich einen Gewinn aus.
2020 nutzte man einen relativ neuen Bilanzierungs-Trick, um das Cash-Flow-Management zu optimieren. Man bezahlte absichtlich für das zurückliegende Geschäftsjahr 2020 zu viel Steuern. Dadurch wurde der oben angegebene Profit before tax weiter reduziert und insgesamt ein Verlust (nach Steuern) ausgewiesen. Die Steuerrückzahlung benötigte man im 2. Quartal 2020 aufgrund drastischer Einnahmerückgänge, um solvent zu bleiben.
Deutlich wird jedoch der völlig unstete Verlauf. - So eine Achterbahnfahrt erfreut zwar Börsen-Spekulanten, schreckt hingegen langfristige konservative Aktienanleger eher ab. Deshalb steuert Nikon hier auch mit ggf. unerwartet hohen Dividendenzahlungen entgegen.
Nikon darf auf keinen Fall den gesamten Bereich Imaging komplett verlieren. Hier lastet ein viel höherer Druck auf deren Managern als bei Canon.
Das dürfte jedoch in einer sich im Sturzflug nach unten bewegenden gesamten Fotoindustrie nicht leicht fallen.
Dies erklärt auch die diversen Versuche zu Umstrukturierung des Konzerns.
Ökonomische Diversifizierung des Nikon-Konzerns
Die Gründe dafür, dass es Nikon angesichts der abstürzenden Fotobranche noch viel zu tun hat, zeigen sich an zahlreichen Details.
In unserem Analyse-Zeitraum fanden bei Nikon zwei große Umbrüche im Konzern statt: 2000/2001 sowie 2013/14.
Bis ca. 2000 untergliederte sich Nikon offiziell in zwei Hauptbereiche:
Consumer Products oder auch Camera Division - für Kleingeräte für Endkunden.
Industrial Instruments - für Großmaschinen für Firmenkunden.
Bis ca. 2001 umfasste der Consumer Products oder auch Camera Division genannte Bereich:
Kameras
Objektive
Ferngläser
Brillen(-Fassungen)
Teleskope
Ab 1999 kamen Projektoren, Aktuatoren (= Linear-Motoren) und ab 2001 Filmscanner hinzu.
2000/2001 wurde der Consumer Products oder auch Camera Division genannte Bereich umgebaut, etwas verkleinert und ab 2001 als imaging Products geführt. Dann umfasste er nur noch
analoge und digitale Kameras
Objektive (Interchangeable Camera lenses)
und Film-Scanner etc.
Der frühere Bereich Industrial Instruments umfasste im Jahr 2000 Stepper für Halbleiter (= Ausrüstung für die Halbleiter-Industrie), biologische Mikroskope und allgemeine Messinstrumente, ab 1999 auch Messinstrumente für die Infrastruktur-Instandhaltung (z.B. Brücken und Straßen).
Der ehemalige Bereich Industrial Instruments wurde ab 2001Precision Equipment genannt. Er umfasste dann:
IC Steppers
LCD Stepper
LCD-Scanner
Silizium-Wafer-Belichtungsautomaten
Maschinen zur LCD-Panel-Herstellung
Er konzentrierte sich somit ganz auf die speziellen Firmenkunden der IT-Hersteller, für die er große, hochspezialisierte Produktionsanlagen in geringer (meist nur zweistelliger) Stückzahl herstellte.
Spätestens 2013/14 unterteilte man diesen sehr großen Bereich aufgrund der neuen Entwicklung in die zwei Geschäftsfelder: Semiconductor Lithography (für die Silizium-Waver-Herstellung) und FPD Lithography (für die neu hinzugekommene LCD- und OLED-Display-Herstellung).
Fazit: Diese beiden Hauptbereiche wurden 2000/2001 reduziert und auf ihre Kernfunktionen verschlankt, auf die sie sich dann optimaler konzentrieren konnten.
Dafür entstanden zuerst zwei neue Bereiche:
Im Jahr 2000/2001 kam der neue Bereich Instruments hinzu, der im Grunde zuerst aus den Ausgliederungen der beiden anderen Bereiche bestand. Er umfasste:
Biologische Mikroskope
Industrie-Mikroskope
Messinstrumente z.B. für Silikon-Waver
Testinstrumente / Inspektionsinstrumente, etc.
Die Kunden bestanden überwiegend aus Institutionen (Universitäten, Schulen und Kliniken sowie Behörden) oder Firmen.
Ebenfalls im Jahr 2000/2001 kam der neue Bereich Other hinzu, der im Grunde zuerst ebenfalls aus den Ausgliederungen der beiden anderen Bereiche bestand. Er umfasste:
Ferngläser
Teleskope
Brillenfassungen (Ophthalmic frames)
Sonnenbrillen
Überwachungsinstrumente für die Infrastruktur (Surveying instruments), Triangulationsmessgeräte, Laser-Entfernungsmesser
Sport Optiken etc.
Die Kunden für diese Produkte kommen aus allen Bereichen der Ökonomie von Endkunden über Institutionen bis hin zu Firmen.
Aus diesem Grund wurde der Bereich Other 2010/11 auch für einige Jahre aus dem Kerngeschäft des Konzerns ausgegliedert.
2013 stieg Nikon in den Medizinsektor ein. Der neue Unter-Bereich wurde Other zugeordnet und Other wieder in den Kernbereich des Konzerns integriert.
2014 baute das Management den Nikon-Konzern komplett um in 6 Konzern-Bereiche:
Semiconductor Lithography Business - die erste Hälfte des bisherigen Bereiches Precision Equipment.
FPD Lithography Business für LCD und OLED-Displays - die zweite Hälfte des bisherigen Bereiches Precision Equipment.
Imaging Products Business - mehr oder weniger wie bisher, wobei man das etc. (insbesondere das Kamerazubehör) ersatzlos reduzierte.
Microscope Solutions Business besonders für Kliniken und Universitäten / Schulen - in großen Teilen der bisherige Bereich Instruments, aber ohne die Messinstrumente.
Industrial Metrology Business: Messgeräte für die Industrie, Laser, CT, Röntgengeräte für Untersuchungen an Produkten und Produktionsanlagen sowie Infrastruktur - der andere Teil des bisherigen Bereich Instruments: die Messinstrumente.
Other and Medical Business (Diagnosesysteme z.B. für die Retina-Untersuchung), Encoder, Brillen, Gläser, Sonderanfertigungen etc.
De facto wurde dies jedoch nicht so in den Bilanzen umgesetzt:
Man erweiterte erst einmal das Top-Management, wie man in den Fotos der Jahresberichte erkennen kann. Damals tummelten sich bis zu 15 Spitzenmanager (2014) statt früherer drei dort. Inzwischen hat man es wieder auf 11 reduziert.
Die ersten beiden Teilbereiche blieben de facto bilanztechnisch zusammen.
2015/16 wurde das Medical Business aus dem Bereich Other herausgelöst und verselbständigt.
Medical Business enthielt nun Diagnosesysteme z.B. für die Retina-Untersuchung, wobei es sich primär an Kliniken wandte.
Other umfasst seit damals: Encoder, Brillen, Gläser sowie Sonderanfertigungen u.a. für die Raumfahrt.
Deutlich wird, dass Nikon seine Geschäftsfelder ausweitete, den Konzern breiter aufstellte, sich diversifizierte.
Vieles war jedoch eher Augenwischerei. Man publizierte es nur in einer anderen Organisation nach außen. De facto gab es die Felder bereits viele Jahre zuvor.
Die große Ausnahme bildet der Medizinbereich. Dieser wurde in der Tat gezielt aufgebaut, um ein großes, tragfähiges, neues Standbein zu erhalten. Allerdings bewahrheitete sich dies bisher nicht, da die Medizinsparte seit ihrer Gründung nur Verluste einfährt.
Im Vergleich zum großem Mitbewerber Canon fehlt Nikon u.a. der große Bereich Office und die kleinen Sparten Video sowie Tintenstrahldrucker und Überwachungskameras ganz. Ansonsten fällt auf, dass sich beide optischen Konzerne in denselben oder zumindest vielen ähnlichen Feldern tummeln.
Mir fällt immer wieder auf, dass Nikon - wie bei Kameras (Retro-/Nostalgieprodukt Df) - sich immer wieder in ökonomischen Nischen engagiert. Vor allem im Bereich Other fanden sich auch Produkte wie Sport-Optiken und Sonnenbrillen. Diese Nischen existieren, und Nikon erkennt diese auch korrekt. Aber wie der Name Nische bereits sagt, handelt es sich um eher kleine Märkte, die wenige Produkte abnehmen, aber dennoch hohe Investitionen verlangen. D.h. die Gewinne dürften sich dabei in engen Grenzen halten. Vor allem scheinen zahlreiche dieser Nischen(-Produkte) der Mode unterworfen zu sein. Da kann es den Hersteller nach dem Aufbau aller erforderlichen Bereiche (von Entwicklung über Produktion bis Vertrieb) auch ganz schnell kalt erwischen, wenn der Markt sich - so schnell, wie er entstand - wieder auflöst.
Angesichts der extremen Abhängigkeit von Großkunden in den beiden Bereichen Semiconductor Lithography Business und FPD Lithography Business halte ich eine Abschwächung der Konjunktur für nachteilig. Falls es sogar zu der von vielen prognostizierten Wirtschaftskrise käme, sähe es sogar ganz ungünstig aus.
Hinzu kommt, dass sich der Fotobereich (Imaging) unaufhaltsam auf dem Weg nach unten befindet. Eine Talsohle mit stabiler Sockelbildung ist noch lange nicht erkennbar.
Wenn diese beiden großen Bereiche weniger Umsatz und Gewinne erwirtschaften, sieht es jedoch für die defizitären kleinen Bereiche ebenso schlecht aus.
Ergäben sich sogar gleichzeitige Defizite in den beiden großen Bereichen Industriekunden und Imaging, und es käme zu einer längeren allgemeinen Wirtschaftskrise, dann würde Nikon größten Problemen gegenüberstehen.
Andererseits kann das Management in kleineren Firmen - wie Nikon - auch schneller hart gegensteuern. Das fällt großen Tankern wie Canon bereits deutlich schwerer. Deshalb sehe ich auch hier für Nikon nicht schwarz. Dennoch sehe ich Nikon derzeit aufgrund der ökonomischen Rahmenbedingungen als etwas verletzlicher an. Darüber täuschen die oft erzielten und plakativ vermarkteten operativen Gewinne im Imaging-Bereich leider viele Analysten hinweg.
Ökonomische Rahmenbedingungen
Jährlich verschiffte Kameras 1970 bis heute (laut CIPA).
Hier die große Grafik bildschirmfüllend.
Allgemeine Faktoren
Die Fotowirtschaft befindet sich seit 2010 im rasanten Sturzflug.
Meine Prognosen - die bisher immer zu optimistisch waren - deuten auf eine weitere Halbierung des Gesamtmarktes in den kommenden Jahren hin. D.h. der Verkauf an klassischen Kameras wird unter die violette Linie von 10 Mio. Stück je Jahr abfallen.
Die Analysen des Canon-Top-Managements gingen 2019 sogar von einem jährlichen Absatz von bald nur noch ca. 5 Mio. Systemkameras im klassischen Fotobereich aus. Nikon ging seit November 2019 sogar nur noch von einem mittelfristigen Weltmarktbedarf von rund 3,5 Mio. Systemkameras aus.
Hinzu kommt eine von immer mehr Ökonomen analysierte Abschwächung der Weltkonjunktur mit Risiken bis hin zur Weltwirtschaftskrise, die durch den Corona-Virus 2020 verstärkt wurde.
Selbsterzeugte Faktoren
Zu diesen bereits eher bedrückenden allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommen hausgemachte Fehler der Kamerahersteller.
Als Sony vor allem ab 2014 mit seinen neuen spiegellosen Kameras in den Vollformat-Bereich eintrat, tat es dies über eine knallharte Dumping-Strategie im Preisbereich der 24-Mega-Pixel-Einsteigerkameras. Hier wurde die 2.000 US-Dollarmarke erstmals als Limit gesetzt.
Hätte man dies bei den beiden ersten Modellvarianten (A7 Mark I und II) noch aufgrund der minderwertigen Technik akzeptieren können, so wurde diese ökonomisch unsinnige Politik auch bei dem hochwertigen Modell Mark III im Jahr 2018 beibehalten, weil der Riesenkonzern Sony es sich leisten konnte. Allein die riesigen Gewinne aus dem Bereich der Sensorherstellung für die kleinen Kameras für Smartphones sanieren den Gesamtkonzern völlig und erlauben jede noch so riskante Strategie.
Sonys Ziel war und ist, im Sektor der spiegellosen Vollformat-Kameras die weltweit unangefochtene Nummer eins zu werden. Dafür nimmt man auch Verluste in Kauf.
Unglücklicher Weise hat sich auch Sony verkalkuliert und in zu großem Optimismus eine von Beginn an bis heute zu hohe Produktion der eigenen Kameras betrieben. Dies führte dazu, dass bis heute die Lager sogar mit den alten Modellen der ersten Modellvariante noch voll sind. Jene Mark-I-Modelle lassen sich nur noch mit unglaublichen Rabatten absetzen. So wurde Anfang 2019 in den USA die A7 Mark I für unter 1.000 US$ verkauft. Das waren weniger als 900 Euro für eine 24 MP-Vollformat-Kamera. In Deutschland wurde sie im Laufe des Jahres 2019 bis Anfang 2020 bei Media-Markt sogar für rund 500 Euro verramscht.
Das hat jedoch Einfluss auf die eigenen neuen Kameras bei Sony, die plötzlich - auch beim Dumping-Preis - mit 2.000 US$ teuer wirken. Aber vor allem trifft es die Mitbewerber hart, deren Produkte offiziell teilweise noch teurer sind.
Hinzu kommt der zweite Wieder-/Neu-Einsteiger / Aufsteiger der Fotobranche Fujifilm, der zuerst vor allem im APS-C-Bereich wilderte, dann aber feststellte, dass man hochwertige Kameras nur für viel Geld herstellen kann - welche Erkenntnis - siehe hierzu Sensor-Sterben. Da seine Spitzenkameras (trotz kleineren und somit physikalisch bedingt schlechteren Sensors) 2017 bereits bei 2.000 US$ und sogar darüber lagen, musste Fuji auf zwei Wegen gegensteuern:
Einerseits wurden die Preise für die APS-C-Spitzenmodelle X-T3 drastisch auf 1.500 US$ gesenkt. Nur so war man noch gegen die 2.000 US$-Vollformat-Kameras konkurrenzfähig.
Andererseits trat man als erste Firma konsequent die Flucht nach oben in das Luxussegment größerer Sensoren an. In Fujis Fall waren es die Mittelformat-Kameras.
Um dort jedoch Fuß zu fassen und andererseits aus schlichter Rache gegenüber den Mitbewerbern im Bereich Vollformat, betrieb Fujifilm im Mittelformat exakt dieselbe Niedrigpreis- oder Dumping-Politik wie Sony zuvor bei spiegellosen Vollformat-Kameras. Auch hier lautet der Grund ganz banal, dass der große und in anderen Bereichen hochlukrative Konzern Fuji sich Verluste eine erhebliche Zeit leisten kann.
In zahlreichen Aspekten erinnert die jetzige Situation an die 1990er Jahre. Auch damals führte Preisdumping zu Umsatz- und Gewinnrückgängen bis hin zu Verlusten, die zum Schluss manche Firmen nicht mehr tragen konnten. Aber damals gab es insgesamt noch ein ungebrochenes Wachstum der Fotoindustrie dank Digitalisierung. Letzterer stabilisierende Effekt fehlt heute.
Die Ergebnisse und Folgen sind jedoch vor allem für die beiden alten Platzhirsche Canon und Nikon in mehrerer Hinsicht ungünstig:
Auf der einen Seite müssen sie sowohl im seit einigen Jahren wegbrechenden Massenmarkt APS-C-Kameras die Preise senken, weil Fuji und zu einem gewissen Teil auch Sony das tun.
Hinzu kommt, dass sich beide durch den übereilten Eintritt 2018 in spiegellose Vollformat-Kameras den eigenen APS-C-Markt erheblich geschädigt haben. Das waren früher die Cash-Cows, die mit sehr großen Stückzahlen (5-10-mal so viel Kameras wie im Vollformatbereich) über ihre Skaleneffekte den Umsatz und Gewinn massiv bestimmten.
Auf der anderen Seite müssen beide Firmen auch bei Vollformat-Kameras die Preise senken, weil Sony das mit seinen inzwischen hochwertigen Modellen der Serie Mark III tut.
Hinzu kommt, dass sich beide durch den übereilten Eintritt 2018 in spiegellose Vollformat-Kameras den eigenen DLSR-Markt auch im Vollformat geschädigt haben. D.h. beide Firmen haben sich die früher (teilweise über-) großen Gewinnmargen im Vollformat-Bereich ebenfalls reduziert.
Durch Fuji von oben im Sektor Mittelformat bedrängt bleibt auch mittelfristig keine Chance, die Gewinnmarge selbst bei Luxusprodukten im Vollformat-Bereich zu erhöhen.
Hinzu kommt, dass auch Canon und Nikon in den letzten Jahren eine zu optimistische Überproduktion betrieben, die sich seit Herbst 2018 nur noch mittels großer Rabattschlachten absetzen ließ und 2019 zum offenen Preiskrieg eskalierte.
Dies alles gilt für Kameras. Den einzigen Ausweg, welchen im Grunde alle Firmen derzeit beschreiten, sind die neuen Objektive, die zumindest für die neuen spiegellosen Kameras sich drastisch verteuern.
Allerdings stellt sich hierbei heraus, dass viele der jubelnden Anhänger und Fanatiker unter den Fotografen, welche den Wechsel zu spiegellosen Kameras auch durch vorsätzliche Falschinformationen erzwangen, überhaupt nicht die finanziellen Mittel dafür besitzen. Sie werden zum größten Teil sich nur das jeweils billigste Zoom-Objektiv kaufen können. Mit dieser Zielgruppe werden die Hersteller die Krise kaum bewältigen. Das haben sie inzwischen auch erkannt und traten seit 2018 konsequent den Weg zum Profisegment an. Nur die letztere Kundenzielgruppe ist bereit, - vom Finanzamt durch Abschreibung und Umsatzsteuerrückerstattung subventioniert - den teuren Weg mitzugehen. Hinzu kommt ein je nach Firma unterschiedlich großer Anteil an wohlhabenden ambitionierten Amateuren, die sich so ein teures Hobby einfach gönnen.
Fazit und Auswirkungen
De facto finden sich alle Hersteller klassischer Fotokameras derzeit in einer unangenehmen Lage.
Die allgemeine Wirtschaft schwächt sich ab und wird sich auf die bereits diversifizierten Firmenbereiche der beiden Platzhirsche negativ auswirken, die sich direkt mit Firmenkunden befassen.
Nachlassende Konjunktur wirkt sich jedoch auch in gewissem Umfange auf die Endverbraucher aus, wenn auch oft verzögert.
Hinzu kommt der generelle Trend weg von klassischen Fotoapparaten hin zu Smartphones, der viele Ursachen hat und inzwischen kaum mehr zu stoppen ist.
Alles verschlimmert wird seit Jahren noch durch die aufgrund der zu optimistischen Überproduktion zu vollen Lager.
Anfang 2020 trat mit dem Corona-Virus Covid-19 schließlich der weltweite ökonomische GAU unerwartet schnell ein.
Bei beiden Platzhirschen werden somit Umsätze und Gewinne nicht nur im Fotobereich sinken, sondern auch in einigen anderen Firmenbereichen zumindest nicht steigen. D.h. unter den derzeitigen Rahmenbedingungen sind auch kaum größere neue Geldquellen zum Ausgleich des Niederganges im Fotobereich in Sicht.
Hinzu kommt die obige Überproduktion bei bereits vollen Lagern weltweit, die letztendlich in den kommenden Jahren zu weiteren Preisschlachten führen wird, ob dies die Hersteller wollen oder nicht. Ab einem bestimmten Punkt werden nämlich die Einzelhändler (die letzten in der oft langen Kette) die Ladenhüter loswerden wollen.
Angesichts weitgehend gleichwertiger Fototechnik bei DSLR und spiegellosen Kameras drücken Preisnachlässe im DSLR-Bereich jedoch auf die Einnahmen bei den neuen spiegellosen Produkten, wodurch die Umstellungsphase von DSLR zu spiegellosen Kameras für Canon und Nikon noch schwieriger und teurer wird. Seit 2018 fallen für fast jedes Detail doppelte Kosten für den Betrieb beider Linien (mit und ohne Spiegel) an.
Beide Firmen haben sowohl die Diversifizierung begonnen als auch den Umstieg auf spiegellose Kameras eingeleitet. Aber Canon und Nikon sowie deren Foto-Kunden stehen noch harte Zeiten des Umbruches bevor.
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